Youcat Jugendkatechismus Der Katholischen Kirche

September 29, 2017 | Author: Kriste Shtufi | Category: Old Testament, Bible, New Testament, Faith, Creed
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DEUTSCH

deutsch

J u g e nd k at e c hi s mu s de r k at h o l i s c he n K ir c he

Mit einem Vorwort von Papst Benedikt XVI.

pat tloch

Bibliographische Information: Deutsche Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation

inhalt

in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

VORWORT

Brief von Papst Benedikt XVI. an die Jugendlichen Herausgegeben von der Österreichischen Bischofskonferenz mit Zustimmung der Deutschen Bischofskonferenz (29.11.2010) und der Schweizer Bischofskonferenz (06.12.2010). Die Österreichische Bischofskonferenz erteilte dem Werk am 3. März 2010 das Nihil obstat.

Hinweise zum Gebrauch

Die Zeichen und ihre Bedeutung:

Warum wir glauben können 14 | Wir Menschen sind offen für Gott 14 Gott geht auf uns Menschen zu 16 | Menschen antworten Gott 25 Das christliche Glaubensbekenntnis 28 | Ich glaube an Gott, den Vater 31 Ich glaube an Jesus Christus 51 | Ich glaube an den Heiligen Geist 73 ZWEITER TEIL

Wie wir die christlichen Mysterien feiern 101 Gott handelt an uns in heiligen Zeichen 102 | Gott und die heilige Liturgie 104 Wie wir die Geheimnisse Christi feiern 108 | Die Sakramente der Initiation (Taufe, Firmung und Eucharistie) 116 | Die Sakramente der Heilung (Buße und Krankensalbung) 133 | Die Sakramente der Gemeinschaft und Sendung (Weihe und Ehe) 143 | Andere liturgische Feiern 156 DRITTER TEIL

Wie wir in Christus das Leben haben 161 Wozu wir auf der Erde sind, was wir tun sollen und wie uns dabei Gottes Heiliger Geist hilft 162 | Die Würde des Menschen 162 | Die menschliche Gemeinschaft 180 | Die Kirche 190 | Die Zehn Gebote 193 | Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken 194 | Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst 202

Zitat aus der Heiligen Schrift V IERTER TEIL

Zitat eines Heiligen oder eines Autors Definition Hinweis auf weiterführende Texte im YOUCAT

Wie wir beten sollen 257 Das Gebet im christlichen Leben 258 | Beten: Wie Gott uns seine Nähe schenkt 258 | Die Quellen des Gebets 270 | Der Weg des Betens 274 Das Gebet des Herrn: Das „Vaterunser“ 280 Regi s t er

© Pattloch Verlag GmbH & Co. KG, München im Auftrag des Herausgebers. Alle Rechte vorbehalten. Umschlaggestaltung, Layout, Illustrationen und Satz: Alexander von Lengerke, Köln

Stichwortverzeichnis 288 Definitionen 298

Verlegerische Koordination: Bernhard Meuser

Abkürzungen 299

Printed in Germany

Danksagung 300

Druck und Bindung: Firmengruppe APPL, Wemding ISBN: 978-3-629-02194-6

Bildnachweis 301

Inhalt

Der Jugendkatechismus behandelt in jugendgemäßer Sprache das Ganze des katholischen Glaubens, wie er im „Katechismus der Katholischen Kirche“ (KKK von 1997) vorgelegt wurde, ohne die dort gegebene Vollständigkeit anzustreben. Das Werk ist in Frage-und-Antwort-Form aufgebaut und verweist in den Zahlen im Anschluss an die jeweilige Antwort auf die weiterführenden und vertiefenden Darlegungen im KKK. Ein sich daran anschließender Kommentar soll eine zusätzliche Hilfe zum Verständnis und zur existenziellen Bedeutung der behandelten Fragen geben. Überdies bietet der Jugendkatechismus in einer durchlaufenden Randspalte ergänzende Elemente wie Bilder, zusammenfassende Definitionen, Zitate aus der Heiligen Schrift, Zitate von Heiligen und Lehrern des Glaubens, aber auch von Schriftstellern, die nicht gläubig sind. Am Ende des Werkes findet sich ein Sachverzeichnis, mit Hilfe dessen sich konkrete Punkte leicht auffinden lassen.

ERSTER TEIL

Was wir glauben 13

4 5

vorwort papst Benedikt X V I .

Liebe junge Freunde! Heute empfehle ich Euch ein ungewöhnliches Buch zur Lektüre. Ungewöhnlich ist es von seinem Inhalt und auch von der Weise seiner Entstehung her. Von dieser seiner Entstehung möchte ich ein wenig erzählen, weil dann zugleich deutlich wird, worin das Besondere dieses Buches liegt.

6 7 Papst B enedikt X V I .

Papst Johannes Paul II. hat damals einen kühnen Entschluss gefasst. Er entschied, dass Bischöfe aus aller Welt zusammen ein Buch schreiben sollten, in dem sie auf diese Fragen Antwort geben würden. Er vertraute mir die Aufgabe an, die Arbeit der Bischöfe zu koordinieren und dafür Sorge zu tragen, dass aus den Beiträgen der Bischöfe ein Buch würde – ein richtiges Buch, nicht eine Zusammenstellung von vielerlei Texten. Dieses Buch sollte den altmodischen Titel Katechismus der Katholischen Kirche tragen, aber durchaus etwas Aufregendes und Neues sein. Es sollte zeigen, was die Katholische Kirche heute glaubt und wie man vernünftigerweise glauben kann.

Vorwort

Es ist sozusagen aus einem anderen Werk heraus entstanden, dessen Werden in die 80er Jahre zurückreicht. Es war eine für die Kirche wie für die Weltgesellschaft schwierige Zeit, in der neue Orientierungen nötig wurden, um den Weg in die Zukunft zu finden. Nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962 bis 1965) und in der veränderten kulturellen Situation wussten viele Leute nicht mehr recht, was nun die Christen eigentlich glauben, was die Kirche lehrt und ob sie überhaupt etwas lehren kann und wie sich das Ganze in die von Grund auf veränderte Kultur einfügt. Hat sich nicht das Christentum als solches überholt? Kann man vernünftigerweise heute noch gläubig sein? Das waren die Fragen, die sich auch gute Christen stellten.

Ich war erschrocken über diesen Auftrag. Ich muss gestehen, ich zweifelte, ob so etwas gelingen könne. Denn wie sollte das zugehen, dass Autoren, die über die ganze Welt verstreut sind, gemeinsam ein lesbares Buch zustande bringen? Wie sollten Menschen, die nicht nur geographisch, sondern auch intellektuell und spirituell auf verschiedenen Kontinenten leben, zusammen einen Text schaffen, der eine innere Einheit bilden sollte und auch über alle Kontinente hin verstehbar ist? Dazu kam, dass ja auch diese Bischöfe nicht einfach als individuelle Autoren schreiben sollten, sondern im Kontakt mit ihren Mitbrüdern, mit ihren Ortskirchen. Ich muss gestehen, dass es mir auch heute noch als ein Wunder erscheint, dass dieser Plan schließlich gelungen ist.

Manche Leute sagen mir: Junge Menschen von heute interessiert das nicht. Ich bestreite das und bin sicher, recht zu behalten. Junge Menschen von heute sind nicht so oberflächlich, wie man ihnen unterstellt. Sie wollen wissen, worum es im Leben wirklich geht. Ein Kriminalroman ist spannend, weil er uns in das Schicksal anderer Menschen hineinzieht, das auch das uns-

8 9 Papst B enedikt X V I .

In den Weltjugendtagen seither – Rom, Toronto, Köln, Sydney – sind sich die jungen Menschen aus aller Welt begegnet, die glauben wollen, die nach Gott suchen, die Christus lieben und Weggemeinschaft wollen. In diesem Kontext ist der Gedanke entstanden: Sollten wir nicht versuchen, den Katechismus der Katholischen Kirche in die Sprache der Jugend zu übersetzen? Seine großen Aussagen in die Welt der jungen Menschen von heute hineinzuholen? Natürlich gibt es auch in der Jugend der Welt von heute wieder viele Unterschiede. So ist nun unter der bewährten Stabführung des Erzbischofs von Wien, Christoph Schönborn, ein Youcat für die jungen Menschen entstanden. Ich hoffe, dass viele junge Menschen sich von dem Buch faszinieren lassen.

Vorwort

Wir trafen uns etwa drei- oder viermal im Jahr eine Woche lang und diskutierten leidenschaftlich über die einzelnen Stücke, die in der Zwischenzeit gewachsen waren. Zunächst freilich war der Aufbau des Buches festzulegen. Er musste einfach sein, damit die einzelnen Autorengruppen, die wir festlegten, einen klaren Auftrag erhalten konnten und ihre Aussagen nicht in ein kompliziertes System einzwängen mussten. Es ist der gleiche Aufbau, den Ihr in diesem jetzigen Buch findet. Er ist einfach aus der katechetischen Erfahrung der Jahrhunderte genommen: Was wir glauben – Wie wir die christlichen Mysterien feiern – Wie wir in Christus das Leben haben – Wie wir beten sollen. Ich will jetzt nicht erzählen, wie wir uns dann langsam durch die Fülle von Fragen durchgekämpft haben, bis schließlich wirklich ein Buch daraus wurde. Man kann natürlich manches oder auch vieles an einem solchen Werk kritisieren: Alles, was Menschen machen, ist unzulänglich und kann verbessert werden. Trotzdem ist es ein großes Buch: ein Zeugnis der Einheit in der Verschiedenheit. Aus vielen Stimmen konnte sich ein gemeinsamer Chor bilden, weil wir die gemeinsame Partitur des Glaubens hatten, der von den Aposteln her die Kirche durch die Jahrhunderte getragen hat.

Warum erzähle ich das alles? Wir hatten schon damals bei der Komposition des Buches feststellen müssen, dass nicht nur die Kontinente und die Kulturen ihrer Völker verschieden sind, sondern dass auch innerhalb der einzelnen Gesellschaften noch einmal verschiedene „Kontinente“ existieren: Der Arbeiter denkt anders als der Bauer, ein Physiker anders als ein Philologe, ein Unternehmer anders als ein Journalist, ein junger Mensch anders als ein alter. So mussten wir uns in Sprache und Denken etwas oberhalb all dieser Unterschiede ansiedeln, sozusagen den Raum der Gemeinsamkeit zwischen den verschiedenen Denkwelten suchen. Dabei wurden wir uns immer mehr bewusst, dass der Text „Übersetzungen“ braucht in die verschiedenen Lebenswelten hinein, um dort die Menschen in ihrem eigenen Denken und Fragen anzurühren.

rige sein könnte. Dieses Buch ist spannend, weil es von unserem eigenen Schicksal redet und darum einen jeden von uns zutiefst angeht. So lade ich Euch ein: Studiert den Katechismus! Das ist mein Herzenswunsch. Dieser Katechismus redet Euch nicht nach dem Mund. Er macht es Euch nicht leicht. Er fordert nämlich ein neues Leben von Euch. Er legt Euch die Botschaft des Evangeliums vor wie die „kostbare Perle“ (Mt 13,46), für die man alles geben muss. So bitte ich Euch: Studiert den Katechismus mit Leidenschaft und Ausdauer! Opfert Lebenszeit dafür! Studiert ihn in der Stille Eurer Zimmer, lest ihn zu zweit, wenn Ihr befreundet seid, bildet Lerngruppen und Netzwerke, tauscht Euch im Internet aus. Bleibt auf jede Weise über Euren Glauben im Gespräch!

Ich segne Euch und bete jeden Tag für Euch alle.

10

Benedictus pp XVI.

11 Papst B enedikt X V I .

Wenn Ihr Euch nun voll Eifer dem Studium des Katechismus zuwendet, möchte ich Euch ein Letztes mit auf den Weg geben: Ihr wisst alle, wie tief die Gemeinschaft der Glaubenden in letzter Zeit verwundet wurde durch Attacken des Bösen, durch das Eindringen der Sünde selbst in das Innere, ja das Herz der Kirche.

Als Israel am tiefsten Punkt seiner Geschichte war, rief Gott nicht die Großen und Angesehenen, sondern einen Jugendlichen namens Jeremias zu Hilfe. Jeremias fühlte sich überfordert: „Ach, mein Gott und Herr, ich kann doch nicht reden, ich bin ja noch so jung“ (Jer 1,6). Doch Gott ließ sich nicht beirren: „Sag nicht: Ich bin noch so jung. Wohin ich dich auch sende, dahin sollst du gehen, und was ich dir auftrage, das sollst du verkünden“ (Jer 1,7). Vorwort

Ihr müsst wissen, was Ihr glaubt. Ihr müsst Euren Glauben so präzise kennen wie ein IT-Spezialist das Betriebssystem eines Computers. Ihr müsst ihn verstehen wie ein guter Musiker sein Stück. Ja, Ihr müsst im Glauben noch viel tiefer verwurzelt sein als die Generation Eurer Eltern, um den Herausforderungen und Versuchungen dieser Zeit mit Kraft und Entschiedenheit entgegentreten zu können. Ihr braucht göttliche Hilfe, wenn Euer Glaube nicht austrocknen soll wie ein Tautropfen in der Sonne, wenn Ihr den Verlockungen des Konsumismus nicht erliegen wollt, wenn Eure Liebe nicht in Pornographie ertrinken soll, wenn Ihr die Schwachen nicht verraten und die Opfer nicht im Stich lassen wollt.

Nehmt es nicht zum Vorwand, Gottes Angesicht zu fliehen! Ihr selbst seid der Leib Christi, die Kirche! Bringt das unverbrauchte Feuer Eurer Liebe in diese Kirche ein, sooft Menschen ihr Antlitz auch entstellt haben! „Lasst nicht nach in eurem Eifer, lasst euch vom Geist entflammen und dient dem Herrn!“ (Röm 12,11).

Was wir glauben rage

n

f

ERStER tEil

12 13

Warum wir glauben können 14 Wir Menschen sind offen für Gott 14 Gott geht auf uns Menschen zu 16 Menschen antworten Gott 25 Das christliche Glaubensbekenntnis 28 Ich glaube an Gott, den Vater 31 Ich glaube an Jesus Christus 51 Ich glaube an den Heiligen Geist 73

Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. 1 Tim 2,4

Blaise Pascal (1623–1662, französischer Mathematiker und Philosoph)

Gott ist die Liebe. 1 Joh 4,16b

1

Mensch sein heißt: von Gott kommen und zu Gott gehen. Wir kommen von weiter her als von unseren Eltern. Wir kommen von Gott, in dem alles Glück des Himmels und der Erde zu Hause ist, und wir werden in seiner ewigen, grenzenlosen Seligkeit erwartet. Dazwischen leben wir auf dieser Erde. Manchmal spüren wir die Nähe unseres Schöpfers, oft spüren wir gar nichts. Damit wir den Weg nach Hause finden, hat Gott uns seinen Sohn geschickt, der uns von der Sünde befreit hat, uns erlöst von allem Bösen und uns unfehlbar ins wahre Leben führt. Er ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). 285

Die Liebe ist Freude am Guten; das Gute ist der einzige Grund der Liebe. Lieben heißt: jemandem Gutes tun wollen. Hl. Thomas von Aquin (1225–1274, wegweisende geistige Gestalt des Mittelalters, Kirchenlehrer und größter Theologe der Kirche)

Die Quelle der christlichen Freude ist diese Gewissheit, von Gott geliebt zu sein, persönlich von unserem Schöpfer geliebt zu sein …, mit leidenschaftlicher und treuer Liebe, einer Liebe, die größer ist als unsere Treulosigkeit und unsere Sünden, mit verzeihender Liebe.

Warum schuf uns Gott?

Gott schuf uns aus freier und uneigennütziger Liebe. [1–3]

Wenn ein Mensch liebt, fließt ihm das Herz über. Er möchte seine Freude mit anderen teilen. Das hat er von seinem Schöpfer. Obwohl Gott ein Geheimnis ist, dürfen wir doch menschlich von ihm denken und sagen: Aus dem „Überschuss“ seiner Liebe heraus hat er uns geschaffen. Er wollte seine endlose Freude mit uns, die wir Geschöpfe seiner Liebe sind, teilen.

Benedikt X V I., 01.06.2006

Es ist natürlich für einen Menschen, dass er nach Gott sucht. Sein ganzes Streben nach Wahrheit und Glück ist zuletzt eine Suche nach dem, was ihn absolut trägt, absolut befriedigt, absolut in Dienst nimmt. Ein Mensch ist erst dann ganz bei sich, wenn er Gott gefunden hat. „Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht“ (hl. Edith Stein). 5, 281–285

er s t e s K api t el

Wir Menschen sind offen für Gott 3

Warum suchen wir nach Gott?

Gott hat in unser Herz ein Verlangen gelegt, ihn zu suchen und zu finden. Der hl. Augustinus sagt: „Du hast uns auf dich hin geschaffen, und ruhelos ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir.“ Dieses Verlangen nach Gott nennen wir Religion. [27–30]

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Können wir die Existenz Gottes mit unserer

Vernunft erkennen?

Ja. Die menschliche Vernunft kann Gott mit Sicherheit erkennen. [31–36, 44–47] Die Welt kann ihren Ursprung und ihr Ziel nicht in sich selber haben. In allem, was es gibt, ist mehr, als man sieht. Die Ordnung, die Schönheit und die Entwicklung

Sie (die Menschen) sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern. Denn in ihm leben wir, bewegen wir uns und sind wir. Apg 17,27–28a

14 15 [ I ] 1 . K apitel – W ir menschen sind offen für G ott

Hl. Franz von Sales (1567–1622, bedeutender Bischof, genialer Seelsorger, Ordensgründer und Kirchenlehrer)

Wozu sind wir auf der Erde?

Wir sind auf der Erde, um Gott zu erkennen und zu lieben, nach seinem Willen das Gute zu tun und eines Tages in den Himmel zu kommen. [1–3, 358]

2 Das Maß der Liebe ist die Liebe ohne Maß.

Unter Religion kann man allgemein eine Beziehung zum Göttlichen verstehen. Ein religiöser Mensch erkennt etwas Göttliches als die Macht an, die ihn und die Welt geschaffen hat, von der er abhängig und auf die er hingeordnet ist. Er will dem Göttlichen durch seinen Lebensstil gefallen und es verehren.

Warum wir glauben können

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Menschen und menschliche Dinge muss man kennen, um sie zu lieben. Gott und göttliche Dinge muss man lieben, um sie zu kennen.

Religion

er s t eR ABSCHNITT

Die vornehmste Kraft des Menschen ist die Vernunft. Das höchste Ziel der Vernunft ist die Erkenntnis Gottes. Hl. Albert der GroSSe (um 1200–1280, Dominikaner, Universalgelehrter, Kirchenlehrer und einer der größten Theologen der Kirche)

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mit ihrer Vernunft erkennen können?

Den unsichtbaren Gott zu erkennen ist eine große Herausforderung für den menschlichen Geist. Viele schrecken davor zurück. Manche wollen auch deshalb Gott nicht erkennen, weil sie dann ihr Leben ändern müssten. Wer sagt, die Frage nach Gott sei sinnlos, weil unlösbar, macht es sich zu einfach. [37–38] 357

Pius X I I, Humani Generis

6



Blaise Pascal

Zwischen dem Schöpfer und dem Geschöpf kann man keine so große Ähnlichkeit feststellen, dass zwischen ihnen nicht eine noch größere Unähnlichkeit festzustellen wäre. Viertes Laterankonzil, 1215

Kann man Gott überhaupt in Begriffe fassen?

Kann man sinnvoll von ihm sprechen?

Obwohl wir Menschen begrenzt sind und die unendliche Größe Gottes niemals in endliche menschliche Begriffe passt, können wir dennoch richtig von Gott sprechen. [39–43, 48] Um etwas von Gott auszusagen, benutzen wir unvollkommene Bilder und begrenzte Vorstellungen. Jedes Wort über Gott steht also unter dem Vorbehalt, dass unsere Sprache der Größe Gottes nicht gewachsen ist. Deshalb müssen wir unser Sprechen von Gott immer wieder reinigen und verbessern. zwe i t e s K api t el

Gott geht auf uns Menschen zu 7



Warum musste Gott sich zeigen, damit wir wissen,

8

Wie offenbart sich Gott im Alten Testament?

Gott zeigt sich im Alten Testament als Gott, der die Welt aus Liebe geschaffen hat und den Menschen auch dann noch treu bleibt, wenn sie in der Sünde von ihm abfallen. [54–64, 70–72] Gott macht sich in der Geschichte erfahrbar: Mit Noach schließt er einen Bund zur Rettung aller Lebewesen. Den Abraham ruft er, um ihn zum „Stammvater einer Menge von Völkern“ (Gen 17,5b) zu machen und in ihm „alle Geschlechter der Erde“ (Gen 12,3b) zu segnen. Das aus Abraham hervorgegangene Volk Israel wird sein besonderes Eigentum. Dem Mose stellt er sich namentlich vor. Sein geheimnisvoller Name , ausgeschrieben meist Jahwe, bedeutet „Ich-bin-da“ (Ex 3,14). Er befreit Israel aus der Sklaverei in Ägypten, schließt am Sinai einen Bund und gibt ihm durch Mose das Gesetz. Immer wieder schickt Gott seinem Volk Propheten, um es zur Umkehr und zur Erneuerung des Bundes aufzurufen. Die Propheten verkünden, dass Gott einen neuen und ewigen Bund schließen wird, der eine radikale Erneuerung und endgültige Erlösung bewirken wird. Dieser Bund wird allen Menschen offen stehen.

wie er ist?

Der Mensch kann mit der Vernunft erkennen, dass es Gott gibt, nicht aber, wie Gott wirklich ist. Weil aber Gott gerne erkannt werden möchte, hat er sich geoffenbart. [50–53, 68–69] Gott musste sich uns nicht offenbaren. Er hat es getan – aus Liebe. Wie man in der menschlichen Liebe nur dann

9



Was zeigt Gott von sich, wenn er seinen Sohn

zu uns schickt?

Gott zeigt uns in Jesus Christus die ganze Tiefe seiner barmherzigen Liebe. [65–66, 73] Durch Jesus Christus wird der unsichtbare Gott sichtbar. Er wird Mensch wie wir. Das zeigt uns, wie weit die Liebe

Es hat Gott in seiner Güte und Weisheit gefallen, sich selbst zu offenbaren und das Geheimnis seines Willens bekannt zu machen, dass die Menschen durch Christus, das fleischgewordene Wort, im Heiligen Geist Zugang zum Vater haben und der göttlichen Natur teilhaftig werden. Zweites Vatikanisches Konzil, Dei Verbum (DV)

Offenbarung Offenbarung bedeutet: Gott öffnet sich, zeigt sich und spricht zur Welt aus freien Stücken.

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Das Glück, das Ihr sucht, das Glück, auf das Ihr ein Anrecht habt, hat einen Namen, ein Gesicht: Es ist Jesus von Nazareth. Benedikt X V I., 18.08.2005

Ink arnat ion (von lat. caro, carnis = Fleisch, Fleischwerdung): Menschwerdung Gottes in Jesus Christus. Sie ist die Grundlage christlichen Glaubens und der Hoffnung auf Erlösung des Menschen.

17 [ I ] 2 . K apitel – G ott geht auf uns M enschen zu

Was unbegreiflich ist, ist darum nicht weniger wirklich.

Warum leugnen Menschen Gott, wenn sie ihn doch

etwas von einem geliebten Menschen wissen kann, wenn er uns sein Herz öffnet, so wissen wir nur darum etwas von den innersten Gedanken Gottes, weil der ewige und geheimnisvolle Gott sich aus Liebe zu uns geöffnet hat. Von der Schöpfung an über die Väter und Propheten bis hin zur endgültigen Offenbarung in seinem Sohn Jesus Christus hat Gott immer wieder zu den Menschen gesprochen. In ihm hat er uns sein Herz ausgeschüttet und sein innerstes Wesen auf immer für uns anschaulich gemacht.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Darum reden sich Menschen in diesen Dingen gerne ein, es sei das falsch oder zweifelhaft, was sie nicht wahrhaben möchten.

der Welt weisen über sich selbst hinaus und auf Gott hin. Jeder Mensch ist offen für das Wahre, das Gute und das Schöne. Er hört in sich die Stimme des Gewissens, die ihn zum Guten hindrängt und vor dem Bösen warnt. Wer dieser Spur vernünftig nachgeht, findet Gott.

In Jesus Christus hat Gott ein menschliches Antlitz angenommen und ist unser Freund und Bruder geworden. Benedikt X V I., 06.09.2006

Gottes geht: Er trägt unsere ganze Last. Er geht alle Wege mit uns. Er ist in unserer Verlassenheit, unseren Leiden, unserer Angst vor dem Tod. Er ist dort, wo wir nicht mehr weiterkönnen, um uns die Tür ins Leben aufzumachen. 314 10

Hebr 1,1–2

Außerhalb von Jesus Christus wissen wir nicht, was Gott, das Leben, der Tod und wir selbst sind.

Mission (lat. missio = Sendung): Mission ist das Wesen der Kirche und der Auftrag Jesu an alle Christen, in Wort und Tat das Evangelium zu verkünden, so dass alle Menschen sich in Freiheit für Christus entscheiden können.

Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich Euch dann überliefert habe… Paulus in 1 Kor 11,23

Ist mit Jesus Christus alles gesagt, oder wird nach

ihm die Offenbarung noch fortgesetzt?

In Jesus Christus ist Gott selbst zur Welt gekommen. Er ist Gottes letztes Wort. Im Hören auf ihn können alle Menschen aller Zeiten wissen, wer Gott ist und was zu ihrem Heil notwendig ist. [66–67] Mit dem Evangelium Jesu Christi ist die Offenbarung Gottes vollkommen und vollständig da. Damit sie uns einleuchtet, führt uns der Heilige Geist immer tiefer in die Wahrheit ein. In das Leben mancher Menschen bricht das Licht Gottes so stark ein, dass sie „den Himmel offen“ sehen (Apg 7,56). So sind auch die großen Wallfahrtsorte wie Guadeloupe in Mexiko oder Lourdes in Frankreich entstanden. Die „Privatoffenbarungen“ der Seher können das Evangelium Jesu Christi nicht verbessern. Sie sind nicht allgemein verbindlich. Sie können uns aber helfen, es besser zu verstehen. Ihre Wahrheit wird von der Kirche geprüft. 11

Benedikt X V I., 22.02.2006

Strom durch uns hindurchfließen zu lassen und so das Licht der Welt zu erzeugen: JESUS – oder uns zu weigern, gebraucht zu werden und damit der Dunkelheit zu erlauben, sich auszubreiten.“ 123

Warum geben wir den Glauben weiter?

Wir geben den Glauben weiter, weil Jesus uns aufträgt: „Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern“ (Mt 28,19). [91] Kein echter Christ überlässt die Weitergabe des Glaubens allein den Spezialisten (Lehrern, Pfarrern, Missionaren). Christ ist man für andere. Das heißt: Jeder echte Christ möchte, dass Gott auch zu den anderen kommt. Er sagt sich: Der Herr braucht mich! Ich bin getauft, gefirmt und dafür verantwortlich, dass die Menschen in meinem Umfeld von Gott erfahren und „zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4b). Mutter Teresa hat einen guten Vergleich gebraucht: „Oft kannst du Drähte sehen, die die Straße säumen. Bevor nicht Strom durch sie hindurchfließt, gibt es kein Licht. Der Draht, das sind du und ich! Der Strom ist Gott! Wir haben die Macht, den

12 Woher wissen wir, was zum wahren Glauben gehört?

Den wahren Glauben finden wir in der Heiligen Schrift und in der lebendigen Überlieferung der Kirche (= Tradition). [76, 80–82, 85–87, 97, 100] Das Neue Testament ist aus dem Glauben der Kirche heraus entstanden. Schrift und Tradition gehören zusammen. Die Weitergabe des Glaubens läuft nicht in erster Linie über Texte. In der alten Kirche sagte man, die Heilige Schrift sei „eher in das Herz der Kirche als auf Pergament geschrieben“. Schon die Jünger und Apostel erfuhren das neue Leben vor allem über die lebendige Gemeinschaft mit Jesus. In diese Gemeinschaft, die nach der Auferstehung auf andere Weise weiterbestand, lud die junge Kirche Menschen ein. Die

Die Heilige Überlieferung und die Heilige Schrift sind eng miteinander verbunden und haben aneinander Anteil. Demselben göttlichen Quell entspringend, fließen beide gewissermaßen in eins zusammen und streben demselben Ziel zu. Zweites Vatikanisches Konzil, DV

18 19 [ I ] 2 . K apitel – G ott geht auf uns M enschen zu

Blaise Pascal



E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn.

Es ist dringend notwendig, dass eine neue Generation von Aposteln entsteht, die im Wort Christi verwurzelt sind, in der Lage, eine Antwort zu geben auf die Herausforderungen unserer Zeit, und bereit, überall das Evangelium zu verkünden.

Apostel (griech. apostolos = Gesandter, Bote): Im Neuen Testament zunächst die Bezeichnung für jene zwölf Männer, die von Jesus zu seinen engsten Mitarbeitern und Zeugen berufen wurden. Auch Paulus durfte sich als von Christus berufener Apostel verstehen.

Bezeichnung für die Aufgabe der Katholischen Kirche, den Glauben darzulegen, ihn unter dem Beistand des Heiligen Geistes auszulegen und ihn vor Verfälschungen zu schützen.

Benedikt X V I., 22.02.2006

Kann sich die Kirche in Glaubensfragen irren?

Die Gesamtheit der Gläubigen kann im Glauben nicht irren, weil Jesus seinen Jüngern zugesagt hat, dass er ihnen den Geist der Wahrheit senden und sie in der Wahrheit halten werde (Joh 14,17). [80–82, 85–87, 92, 100] Wie die Jünger Jesus von ganzem Herzen geglaubt haben, so kann sich ein Christ ganz auf die Kirche verlassen, wenn er nach dem Weg zum Leben fragt. Da Jesus Christus selbst seinen Aposteln den Auftrag zum Lehren erteilt hat, hat die Kirche ein Lehr amt (Amt = Auftrag) und darf nicht schweigen. Zwar können einzelne Glieder der Kirche irren und sogar schlimme Fehler machen, aber als ganze kann die Kirche niemals aus der Wahrheit Gottes herausfallen. Die Kirche trägt eine lebendige Wahrheit durch die Zeit, die größer ist als sie selbst. Man spricht vom depositum fidei, dem zu bewahrenden Gut des Glaubens. Wenn eine solche Wahrheit öffentlich bestritten oder entstellt wird, ist die Kirche aufgefordert, wieder zum Leuchten zu bringen, „was überall, immer und von allen geglaubt worden ist“ (hl. Vinzenz von Lérins, † 450). 14

Ist die Heilige Schrift wahr?

„Die Heiligen Schriften lehren sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit, weil sie inspiriert sind, d.h. auf Eingebung des Heiligen Geistes geschrieben wurden und deshalb Gott zum Urheber haben“ (Zweites Vatikanisches Konzil, DV). [103–107] Die Bibel ist weder fertig vom Himmel gefallen, noch hat Gott sie menschlichen Schreibautomaten diktiert. Vielmehr hat Gott „zur Abfassung Menschen erwählt, die

15



Wie kann die Heilige Schrift „Wahrheit“ sein,

wenn nicht alles, was in ihr steht, richtig ist?

Historische Präzision oder naturwissenschaftliche Erkenntnisse will uns die Bibel nicht vermitteln. Auch waren die Autoren Kinder ihrer Zeit. Sie teilten die kulturellen Vorstellungen ihrer Umwelt und waren manchmal auch ihren Irrtümern verhaftet. Doch alles, was der Mensch über Gott und den Weg seiner Erlösung wissen muss, findet sich mit unfehlbarer Sicherheit in der Heiligen Schrift. [106–107, 109] 16

Wie liest man die Bibel richtig?

Die Heilige Schrift liest man richtig, wenn man sie betend, das heißt mit Hilfe des Heiligen Geistes, liest, unter dessen Einfluss sie entstanden ist. Sie ist Wort Gottes und enthält die entscheidende Mitteilung Gottes an uns. [109–119, 137] Die Bibel ist wie ein langer Brief Gottes an jeden Einzelnen von uns. Deshalb muss ich die Heiligen Schriften mit großer Liebe und Ehrfurcht in Empfang nehmen: Zunächst gilt es, den Brief Gottes wirklich zu lesen, d.h. nicht Einzelheiten herauszupicken und das Ganze außer Acht zu lassen. Das Ganze muss ich dann auf sein Herzstück und Geheimnis hin deuten: auf Jesus Christus, von dem die ganze Bibel spricht, auch das Alte Testament. Ich soll also die Heiligen Schriften im gleichen lebendigen Glauben der Kirche lesen, aus dem heraus sie entstanden sind. 491

Inspirat ion (lat.: inspiratio = Einhauchung): Der Einfluss Gottes auf die menschlichen Verfasser der Bibel, so dass er selbst als Urheber der Heiligen Schriften anzusehen ist.

K anon (lat. canon = Messschnur, Richtlinie): Verbindliche Zusammenstellung der Heiligen Schriften in der Bibel des Alten und Neuen Testaments.

Bibel Als Bibel (griech. biblos = Buch) bezeichnen Juden und Christen eine über 1000 Jahre hinweg entstandene Sammlung von Heiligen Schriften, die für sie die Urkunde ihres Glaubens ist. Die christliche Bibel ist wesentlich umfangreicher als die jüdische, weil sie außer deren Schriften auch die vier Evangelien, die Briefe des Hl. Paulus und weitere Schriften der frühen Kirche enthält.

20 21 [ I ] 2 . K apitel – G ott geht auf uns M enschen zu

Meditiert oft über das Wort Gottes, und erlaubt dem Heiligen Geist, euer Lehrer zu sein. Dann werdet ihr entdecken, dass Gottes Gedanken nicht die der Menschen sind; ihr werdet dahin geführt werden, den wahren Gott zu betrachten und die Ereignisse der Geschichte mit seinen Augen zu lesen; ihr werdet in Fülle die Freude kosten, die der Wahrheit entspringt.

13

ihm durch den Gebrauch ihrer eigenen Fähigkeiten und Kräfte dazu dienen sollten, all das und nur das, was er geschrieben haben wollte, als echte Verfasser schriftlich zu überliefern“ (Zweites Vatikanisches Konzil, DV 11). Zur Anerkennung bestimmter Texte als Heiliger Schrift gehörte auch die allgemeine Akzeptanz in der Kirche. In den Gemeinden musste es einen Konsens geben: „Ja, durch diesen Text spricht Gott selbst zu uns – das ist vom Heiligen Geist inspiriert!“ Welche der vielen urchristlichen Schriften wirklich vom Heiligen Geist inspiriert sind, ist seit dem 4. Jahrhundert im sogenannten Kanon der Heiligen Schriften festgelegt.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Lehramt

ersten Christen hielten „an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten“ (Apg 2,42). Sie waren untereinander einig und hatten doch Raum für andere. Das macht den Glauben bis heute aus: Christen laden andere Menschen ein, eine Gemeinschaft mit Gott kennenzulernen, die sich seit den Zeiten der Apostel in der Katholischen Kirche unverfälscht erhalten hat.

Die Bibel ist der Liebesbrief Gottes an uns. SØren K ierkegaard (1813–1855, dänischer Philosoph)

ALTES TESTAMENT

Neues TESTAMENT

(46 Bücher)

Die Geschichtsbücher Genesis (Gen), Exodus (Ex), Levitikus (Lev), Numeri (Num), Deuteronomium (Dtn), Josua (Jos), Richter (Ri), Rut (Rut), 1 Samuel (1 Sam), 2 Samuel (2 Sam), 1 Könige (1 Kön), 2 Könige (2 Kön), 1 Chronik (1 Chr), 2 Chronik (2 Chr), Esra (Esra), Nehemia (Neh), Tobit (Tob), Judit (Jdt), Ester (Est), 1 Makkabäer (1 Makk), 2 Makkabäer (2 Makk) Die Weisheitsbücher Ijob (Ijob), Psalmen (Ps), Sprichwörter (Spr), Kohelet (Koh), Hohelied (Hld), Weisheit (Weish), Jesus Sirach (Sir) Die Propheten Jesaja (Jes), Jeremia (Jer), Klagelieder (Klgll), Baruch (Bar), Ezechiel (Ez), Daniel (Dan), Hosea (Hos), Joël (Joël), Amos (Am), Obadja (Obd), Jona (Jona), Micha (Mi), Nahum (Nah), Habakuk (Hab), Zefania (Zef), Haggai (Hag), Sacharja (Sach), Maleachi (Mal) Neue s T e s tamen t

(27 Bücher)

Die Evangelien Matthäus (Mt), Markus (Mk), Lukas (Lk), Johannes (Joh)

Die Bibel ist nicht dazu da, dass wir sie kritisieren, sondern dazu, dass sie uns kritisiert. SØren K ierkegaard

Die Geheime Offenbarung Offenbarung des Johannes (Offb) 17



Welche Bedeutung hat das Alte Testament

für Christen?

Im Alten Testament zeigt sich Gott als Schöpfer und Erhalter der Welt und als Führer und Erzieher der Menschen. Auch die Bücher des Alten Testaments sind Wort Gottes und Heilige Schrift. Ohne das Alte Testament kann man Jesus nicht verstehen. [121–123, 128–130, 140] Im Alten Testament fängt eine große Lerngeschichte des Glaubens an, die im Neuen Testament eine entscheidende Wende nimmt und mit dem Ende der Welt und der Wiederkunft Christi ans Ziel kommt. Dabei ist das Alte Testament weit mehr als ein bloßes Vorspiel für das Neue. Die Gebote und Prophezeiungen für das Volk des Alten Bundes und die Verheißungen, die darin für alle Menschen enthalten sind, wurden nie widerrufen. In den Büchern des Alten Bundes findet sich ein unersetzlicher Schatz an Gebeten und Weisheit; insbesondere die Psalmen gehören zum täglichen Gebet der Kirche.

Gott Abrahams, Gott Isaaks, Gott Jakobs – nicht der Philosophen und Gelehrten! Gott Jesu Christi. Man findet und bewahrt ihn nur auf den Wegen, die im Evangelium gelehrt werden. Der französische Philosoph Blaise Pascal, nachdem er eine Gotteserfahrung gemacht hatte

Erst wo wir dem lebendigen Gott in Christus begegnen, lernen wir, was Leben ist. Es gibt nichts Schöneres, als vom Evangelium, von Christus gefunden zu werden. Benedikt X V I., 24.04.2005

Die Apostelgeschichte (Apg) Die Paulusbriefe Römerbrief (Röm), 1. Korintherbrief (1 Kor), 2. Korintherbrief (2 Kor), Galaterbrief (Gal), Epheserbrief (Eph), Philipperbrief (Phil), Kolosserbrief (Kol), 1. Thessalonicherbrief (1 Thess), 2. Thessalonicherbrief (2 Thess), 1. Timotheusbrief (1 Tim), 2. Timotheusbrief (2 Tim), Titusbrief (Tit), Philemonbrief (Phlm), Hebräerbrief (Hebr)

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Welche Bedeutung hat das Neue Testament

für Christen?

Im Neuen Testament vollendet sich die Offenbarung Gottes. Die vier Evangelien nach Matthäus, Markus, Lukas und Johannes sind das Herzstück der Heiligen Schrift und der kostbarste Schatz der Kirche. In ihnen zeigt sich der Sohn Gottes, wie er ist und uns begegnet. In der Apostelgeschichte erfahren wir von den Anfängen der Kirche und vom Wirken des Heiligen Geistes. In den Apostolischen Briefen wird das Leben der Menschen mit all seinen Facetten in das Licht Christi gestellt. In der Geheimen Offenbarung sehen wir das Ende der Zeiten voraus. [124–127, 128–130, 140]

Die Schrift nicht kennen heißt Christus nicht kennen. Hl. Hieronymus (347–419, Kirchenvater, Exeget und Bibelübersetzer)

22 23 [ I ] 2 . K apitel – G ott geht auf uns M enschen zu

Der zweite Teil der gesamten Bibel. Er beinhaltet die Eigentexte des Christentums, nämlich die vier Evangelien, die Apostelgeschichte, vierzehn Paulusbriefe, sieben katholische Briefe und die Geheime Offenbarung.

Alt e s T e s tamen t

Die Katholischen Briefe Jakobusbrief (Jak), 1. Petrusbrief (1 Petr), 2. Petrusbrief (2 Petr), 1. Johannesbrief (1 Joh), 2. Johannesbrief (2 Joh), 3. Johannesbrief (3 Joh), Judasbrief (Jud)

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

(lat. testamentum = Vermächtnis): Der erste Teil der gesamten Bibel und die Heilige Schrift der Juden. Das Alte Testament der Katholischen Kirche umfasst 46 Bücher: Geschichtliche Schriften, Prophetische Schriften und die Weisheitsliteratur mit den Psalmen.

Die Bücher der Bibel ( Kanon)

Dr i t t e s K api t el

Menschen antworten Gott 20 Wie können wir Gott antworten, wenn er uns anspricht?

Gott antworten heißt: ihm glauben. [142–149]

Benedikt X V I., 29.03.2006

Die Heilige Schrift lesen heißt von Christus Rat holen. Hl. Franziskus von Assisi (1182–1226, „der größte Christ nach Christus“, Ordensgründer, Mystiker)

Jesus ist alles, was Gott uns sagen möchte. Das ganze Alte Testament bereitet die Menschwerdung des Sohnes Gottes vor. Alle Verheißungen Gottes finden in Jesus ihre Erfüllung. Christ sein heißt sich immer tiefer mit dem Leben Christi verbinden. Dazu muss man die Evangelien lesen und leben. Madeleine Delbrêl sagt: „Durch sein Wort sagt uns Gott, was er ist und was er will; er sagt es endgültig und sagt es für jeden einzelnen Tag. Wenn wir unser Evangelium in Händen halten, sollten wir bedenken, dass das Wort darin wohnt, das in uns Fleisch werden will, uns ergreifen möchte, damit wir an einem neuen Ort, zu einer neuen Zeit, in einer neuen menschlichen Umgebung sein Leben aufs Neue beginnen.“ 19 Welche Rolle spielt die Heilige Schrift in der Kirche?

Die Kirche schöpft ihr Leben und ihre Kraft aus der Heiligen Schrift. [103–104, 131–133, 141] Außer der Gegenwart Christi in der heiligen Eucharist ie verehrt die Kirche nichts ehrfurchtsvoller als die Gegenwart Gottes in der Heiligen Schrift. In der Heiligen Messe empfangen wir das Evangelium stehend, denn in den menschlichen Worten, die wir hören, spricht Gott selbst zu uns. 128

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Glaube – was ist das?

Glaube ist Wissen und Vertrauen. Er hat sieben Merkmale: Der Glaube ist ein reines Geschenk Gottes, das wir erhalten, wenn wir innig darum bitten. Der Glaube ist die übernatürliche Kraft, die wir notwendig brauchen, um unser Heil zu erlangen. Der Glaube erfordert den freien Willen und den klaren Verstand des Menschen, wenn er sich auf die göttliche Einladung einlässt. Der Glaube ist absolut gewiss, weil Jesus dafür bürgt. Der Glaube ist unvollständig, solange er nicht in der Liebe wirksam wird. Der Glaube wächst, wenn wir immer besser auf Gottes Wort hören und durch das Gebet in lebendigem Austausch mit ihm stehen. Der Glaube gibt uns jetzt schon einen Vorgeschmack auf die Freude des Himmels. [153–165, 179–180, 183–184] Viele sagen, glauben sei ihnen zu wenig, sie wollten wissen. Das Wort „glauben“ hat aber zwei ganz unterschiedliche Bedeutungen: Wenn ein Fallschirmspringer

Wenn euer Glaube auch nur so groß ist wie ein Senfkorn, dann werdet ihr zu diesem Berg sagen: Rück von hier nach dort!, und er wird wegrücken. Nichts wird euch unmöglich sein. Mt 17,20

24 25

Glauben heißt: Die Unbegreiflichkeit Gottes ein Leben lang aushalten. K arl R ahner (1904–1984, deutscher Theologe)

Ich würde nicht glauben, wenn ich nicht einsehen würde, dass es vernünftig ist zu glauben. Thomas von Aquin

[ I ] 3 . K apitel – M enschen antworten G ott

Die Heilige Schrift ist nicht etwas, das der Vergangenheit angehört. Der Herr … spricht in der Gegenwart, er spricht heute mit uns, er schenkt uns Licht, er zeigt uns den Weg des Lebens, er schenkt uns Gemeinschaft und bereitet und öffnet uns so für den Frieden.

Sel. John Henry Newman (1801–1890, Konvertit, später Kardinal der Katholischen Kirche, englischer Philosoph und Theologe)

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Wer glauben will, braucht ein „hörendes Herz“ (1 Kön 3,9). Gott sucht in vielfacher Weise den Kontakt zu uns. In jeder menschlichen Begegnung, in jeder berührenden Naturerfahrung, in jedem scheinbaren Zufall, in jeder Herausforderung, jedem Leid steckt eine verborgene Botschaft von Gott an uns. Noch deutlicher spricht er zu uns, wenn er sich in seinem Wort oder in der Stimme des Gewissens an uns wendet. Er redet uns an wie Freunde. Darum sollen wir auch wie Freunde antworten und ihm glauben, ihm ganz vertrauen, ihn immer besser verstehen lernen und seinen Willen vorbehaltlos annehmen.

Glauben ist seinem Wesen nach Annahme einer Wahrheit, die unsere Vernunft nicht erreichen kann; einfach und unbedingt auf Zeugnis hin.

An einen Gott glauben heißt sehen, dass es mit den Tatsachen der Welt noch nicht getan ist. An einen Gott glauben heißt sehen, dass das Leben einen Sinn hat. Ludwig W ittgenstein (1889–1951, österreichischer Philosoph)

Benedikt X V I., 28.05.2006

Credo, ut intelligam – Ich glaube, um zu verstehen.

Ich habe keine Phantasie. Ich kann mir Gott den Vater nicht vorstellen. Alles, was ich sehen kann, ist Jesus. Sel. Mutter Teresa (1910–1997, der „Engel von Kalkutta“, Ordensgründerin, Friedensnobelpreisträgerin)

Glauben – wie geht das?

Wer glaubt, sucht nach einer persönlichen Bindung an Gott und ist bereit, Gott alles zu glauben, was er von sich zeigt (offenbart). [150–152] Am Anfang des Glaubens steht oft eine Erschütterung oder eine Unruhe. Der Mensch spürt, dass die sichtbare Welt und der normale Lauf der Dinge nicht alles sein können. Er fühlt sich von einem Geheimnis angerührt. Er geht den Spuren nach, die ihn auf die Existenz Gottes verweisen, und findet nach und nach das Vertrauen, Gott anzusprechen und sich schließlich in Freiheit an ihn zu binden. Im Johannesevangelium heißt es: „Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.“ (Joh 1,18) Deshalb müssen wir Jesus, dem Sohn Gottes, glauben, wenn wir wissen wollen, was Gott uns mitteilen möchte. Glauben heißt darum Jesus zustimmen und das ganze Leben auf seine Karte setzen. 23 Gibt es einen Widerspruch zwischen Glauben und Naturwissenschaft?

Einen unauflöslichen Widerspruch zwischen Glauben und Naturwissenschaft gibt es nicht, weil es keine doppelte Wahrheit geben kann. [159]

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Was hat mein Glaube mit der Kirche zu tun?

Niemand kann für sich allein glauben, so wie auch niemand für sich allein leben kann. Wir empfangen den Glauben von der Kirche und leben ihn in Gemeinschaft mit den Menschen, mit denen wir unseren Glauben teilen. [166–169, 181] Der Glaube ist das Persönlichste eines Menschen, aber er ist dennoch keine Privatsache. Wer glauben will, muss sowohl „ich“ als auch „wir“ sagen können, denn ein Glaube, den man nicht teilen und mitteilen kann, wäre irrational. Der einzelne Gläubige gibt seine freie Zustimmung zum „Wir glauben“ der Kirche. Von ihr hat er den Glauben empfangen. Sie war es, die ihn durch die Jahrhunderte zu ihm herübergetragen, vor Verfälschungen bewahrt und immer wieder zum Leuchten gebracht hat. Glauben ist daher Teilnahme an einer gemeinsamen Überzeugung. Der Glaube der anderen trägt mich, wie auch das Feuer meines Glaubens andere entzündet und bestärkt. Das „Ich“ und das „Wir“ des Glaubens betont die Kirche dadurch, dass sie zwei Glaubensbekenntnisse in ihren Gottesdiensten verwendet: Das Apostolische Glaubensbekenntnis, das mit „Ich glaube“ ( Credo) beginnt, und das Große Glaubensbekenntnis von NizäaKonstantinopel, das in seiner ursprünglichen Form mit „Wir glauben“ (Credimus) eröffnet wurde.

Niemand vermag zur Erkenntnis göttlicher und menschlicher Dinge gelangen, der nicht zuvor die Mathematik gründlich erlernt hat. HL. Augustinus (354–430, Kirchenlehrer, bedeutendster Schriftsteller und Theologe der frühen Kirche)

Zwischen Gott und Naturwissenschaft finden wir nirgends einen Widerspruch. Sie schließen sich nicht aus, wie heute manche glauben und fürchten, sie ergänzen und bedingen einander. Max Planck (1858–1947, Physiker, Nobelpreisträger, Begründer der Quantentheorie)

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Credo (lat. credo = Ich glaube): Das erste Wort aus dem Apostolischen Glaubensbekenntnis wurde zum Namen für verschiedene Bekenntnisformeln der Kirche, in denen die wesentlichen Inhalte des Glaubens verbindlich zusammengefasst sind.

Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen. Mt 18,20

27 [ I ] 3 . K apitel – M enschen antworten G ott

Hl. Anselm von C anterbury (1033/34–1109, Kirchenlehrer, bedeutender Theologe des Mittelalters)

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Es gibt nicht eine Wahrheit des Glaubens, die in Konkurrenz stünde zu einer Wahrheit der Wissenschaft. Es gibt nur eine Wahrheit, auf die sich sowohl der Glaube als auch die wissenschaftliche Vernunft beziehen. Gott hat die Vernunft, mit der wir die vernünftigen Strukturen der Welt erkennen können, ebenso gewollt, wie er den Glauben gewollt hat. Deshalb fordert und fördert der christliche Glaube die (Natur-)Wissenschaft. Der Glaube ist dazu da, dass wir Dinge erkennen, die sich zwar der Vernunft nicht verschließen, aber über die Vernunft hinaus real sind. Der Glaube erinnert die Naturwissenschaft daran, sich nicht an die Stelle Gottes zu setzen und der Schöpfung zu dienen. Naturwissenschaft muss die menschliche Würde respektieren, statt sich an ihr zu vergreifen.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Woran wir glauben, ist wichtig, aber noch wichtiger ist, wem wir glauben.

den Angestellten am Flughafen fragt: „Ist der Fallschirm sicher gepackt?“, und der antwortet beiläufig: „Och, ich glaube ja“, dann wird ihm das nicht reichen; das möchte er schon wissen. Wenn er aber einen Freund gebeten hat, den Fallschirm zu packen, dann wird der ihm auf die gleiche Frage antworten: „Ja, ich habe das persönlich gemacht. Du kannst mir vertrauen!“ Und darauf wird der Fallschirmspringer antworten: „Ja, das glaube ich dir." Dieser Glaube ist viel mehr als Wissen, er bedeutet Gewissheit. Und das ist der Glaube, der Abraham ins Gelobte Land ziehen ließ, das ist der Glaube, der die Märt yrer bis zum Tod ausharren ließ, das ist der Glaube, der noch heute Christen in Verfolgung aufrecht erhält. Ein Glaube, der den ganzen Menschen erfasst.

Zwe i t er Abschni t t

Das christliche Glaubensbekenntnis 25

Wozu braucht der Glaube Definitionen und

Formeln? Im Glauben geht es nicht um leere Worte, sondern um die Wirklichkeit. In der Kirche verdichteten sich im Lauf der Zeit Glaubensformeln, mit deren Hilfe wir diese Wirklichkeit anschauen, ausdrücken, lernen, weitergeben, feiern und leben. [170–174]

Was sind Glaubensbekenntnisse?

Glaubensbekenntnisse sind Kurzformeln des Glaubens, die ein gemeinsames Bekenntnis aller Gläubigen ermöglichen. [185–188, 192–197] Derartige Kurzformeln finden sich schon in den Paulusbriefen. Das frühchristliche Apostolische Glaubensbekenntnis hat eine besondere Würde, weil es als Zusammenfassung des Glaubens der Apostel gilt. Das Große Glaubensbekenntnis hat hohes Ansehen, weil es aus den großen Konzilien der noch unzerteilten Kirche (Nizäa 325, Konstantinopel 381) hervorging und bis auf den heutigen Tag die gemeinsame Basis der Christen in Ost und West ist. 27

Wie sind die Glaubensbekenntnisse entstanden?

Die Glaubensbekenntnisse gehen auf Jesus zurück, der seine Jünger aufforderte zu taufen. Dabei sollten sie den Menschen das Bekenntnis zu einem bestimmten

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Wie lautet das Apostolische Glaubensbekenntnis?

Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde. Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige katholische Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

Hl. Irenäus von Lyon (ca. 135– ca. 202, Kirchenvater)

Dein Credo sei für dich wie ein Spiegel! Betrachte dich in ihm, um zu sehen, ob du all das, was du zu glauben erklärst, auch wirklich glaubst. Und erfreue dich jeden Tag in deinem Glauben. Augustinus

Kein Mensch lebt allein, kein Mensch glaubt allein. Gott spricht sein Wort zu uns, und indem er es spricht, ruft er uns zusammen, schafft er eine Gemeinde, sein Volk, seine Kirche. Nach dem Weggang Jesu ist die Kirche das Zeichen seiner Gegenwart in der Welt. Basilius von Seleukia (5. Jh., Bischof)

28 29 [ I I ] D as christliche G laubensbekenntnis

26

Die Urzelle aller späteren Glaubensformeln ist das Bekenntnis zu Jesus, dem Herrn, und sein Missionsauftrag. Er lautet: „Geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). Alle Glaubensbekenntnisse der Kirche sind Entfaltungen des Glaubens an diesen dreifaltigen Gott. Sie beginnen jeweils mit einem Bekenntnis zum Vater, Schöpfer und Erhalter der Welt, beziehen sich dann auf den Sohn, durch den die Welt und wir selbst Erlösung gefunden haben, und münden im Bekenntnis zum Heiligen Geist, der die Gegenwart Gottes in der Kirche und in der Welt ist.

Die Kirche … bewahrt diesen Glauben, wie sie ihn empfangen hat, als ob sie in einem einzigen Haus wohnte, glaubt so daran, als ob sie nur eine Seele und ein Herz hätte, und verkündet und überliefert ihre Lehre so einstimmig, als ob sie nur einen Mund hätte.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Ohne feste Formen zerfließt der Inhalt des Glaubens. Deshalb legt die Kirche großen Wert auf bestimmte Sätze, deren genauer Wortlaut meist mühsam errungen wurde, um die Botschaft Christi vor Missverständnissen und Verfälschungen zu schützen. Glaubensformeln sind zumal dann wichtig, wenn der Glaube der Kirche in unterschiedliche Kulturen übersetzt werden und doch in seinem Wesen erhalten bleiben soll. Denn der gemeinsame Glaube ist das Fundament für die Einheit der Kirche.

Glauben abverlangen, nämlich dem Glauben an den Vater, den Sohn und den Heiligen Geist ( Trinität). [188–191]

29

Wie lautet das Große Glaubensbekenntnis von

er s t e s K api t el

Ich glaube an Gott, den Vater

Nizäa-Konstantinopel? Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, der alles geschaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt.

Wir glauben an nur einen Gott, weil es nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift nur einen Gott gibt und nach den Gesetzen der Logik auch nur einen geben kann. [200–202, 228] Gäbe es zwei Götter, so wäre der eine Gott die Grenze des anderen; keiner von beiden wäre unendlich, keiner vollkommen; insofern wäre keiner von beiden Gott. Die grundlegende Gotteserfahrung Israels lautet: „Höre, Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig“ (Dtn 6,4). Immer wieder rufen die Propheten dazu auf, von den falschen Göttern zu lassen und sich zu dem einen Gott zu bekehren: „Ich bin Gott, und sonst niemand“ (Jes 45,22). 31

Warum gibt sich Gott einen Namen?

Gott gibt sich einen Namen, weil er ansprechbar sein möchte. [203–213, 230–231] Gott möchte nicht inkognito bleiben. Er will nicht als ein bloß gefühltes oder erahntes „Höheres Wesen“ verehrt werden. Gott möchte bekannt sein und als der Wirkliche und Wirksame angerufen werden können. Im brennenden Dornbusch gibt Gott dem Mose seinen heiligen Namen preis: Jhwh (Ex 3,14). Gott macht sich für sein Volk ansprechbar, aber er bleibt doch der verborgene Gott, das anwesende Geheimnis. Aus Ehrfurcht vor Gott sprach (und spricht) man in Israel den Gottesnamen nicht aus und ersetzt ihn durch die Anrede Adonai (Herr). Eben dieses Wort benutzt das Neue Testament, wenn es Jesus als wahren Gott verherrlicht: „Jesus ist der Herr!“ (Röm 10,9). 32

Was heißt: Gott ist die Wahrheit?

„Gott ist Licht, und keine Finsternis ist in ihm.“ (1 Joh 1,5) Sein Wort ist Wahrheit (Spr 8,7; 2 Sam 7,28), und sein Gesetz ist Wahrheit (Ps 119,142). Jesus selbst verbürgt sich für die Wahrheit Gottes, indem er vor

Mk 12,29–30

Monotheismus (von griech. monos = das Einzige und theos = Gott). Die Lehre von Gott als einem einzigen, absoluten und personalen Wesen, das der letzte Grund von allem ist. Monotheistische Religionen sind das Judentum, das Christentum und der Islam.

JHWH/JAHWE ist der wichtigste Name Gottes im Alten Testament (Ex 3,14). Er kann übersetzt werden mit „Ich bin da“. Für Juden wie für Christen bezeichnet er den einzigen Gott der ganzen Welt, ihren Schöpfer, Erhalter, Bundespartner, Befreier aus der Knechtschaft Ägyptens, Richter und Erretter.

30 31 [ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Wir glauben an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten, und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt. Amen.

Warum glauben wir an nur einen Gott?

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen. Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen, hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden. Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und ist begraben worden, ist am dritten Tag auferstanden nach der Schrift und aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein.

30

Der Herr, unser Gott, ist der einzige Herr. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen und ganzer Seele, mit all deinen Gedanken und all deiner Kraft.

Jesus Christus ist die Person gewordene Wahrheit, die die Welt zu sich hinzieht. Das von Jesus ausstrahlende Licht ist Glanz der Wahrheit. Jede andere Wahrheit ist ein Fragment der Wahrheit, die er ist, und weist auf ihn hin. Benedikt X V I., 10.02.2006

Keine andere Religion sagt, was das Christentum sagt: „Gott ist die Liebe“ (1 Joh 4,8.16). Der Glaube hält an diesem Wort fest, obwohl die Erfahrung von Leid und Bosheit in der Welt Menschen daran zweifeln lässt, ob Gott wirklich lieb ist. Schon im Alten Testament teilt Gott durch den Mund des Propheten Jesaja seinem Volk mit: „Weil du in meinen Augen teuer und wertvoll bist und weil ich dich liebe, gebe ich für dich ganze Länder… Fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir“ (Jes 43,4–5a), und lässt ihm sagen: „Kann denn eine Frau ihr Kindlein vergessen, eine Mutter ihren leiblichen Sohn? Und selbst wenn sie ihn vergessen würde: Ich vergesse dich nicht. Sieh her: Ich habe dich eingezeichnet in meine Hände.“ (Jes 49,15–16a) Dass die Rede von der göttlichen Liebe nicht aus leeren Worten besteht, beweist Jesus am Kreuz, wo er sein Leben hingibt für seine Freunde. 34

Pilatus bekennt: „Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege.“ (Joh 18,37) [214–217] Gott kann man keinem Beweisverfahren unterziehen, da ihn die Wissenschaft nicht zum überprüfbaren Objekt machen kann. Und doch unterzieht sich Gott selbst einem Beweisverfahren eigener Art. Dass Gott die Wahrheit ist, wissen wir aufgrund der absoluten Glaubwürdigkeit Jesu. Er ist „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Das kann jeder herausfinden und erproben, der sich auf ihn einlässt. Wäre Gott nicht „wahr“, so könnten Glaube und Vernunft nicht miteinander ins Gespräch kommen. Eine Verständigung ist aber möglich, weil Gott die Wahrheit und die Wahrheit göttlich ist. 33

Was heißt: Gott ist die Liebe?

Wenn Gott die Liebe ist, gibt es nichts Geschaffenes, das nicht getragen und umfangen ist von endlosem

Was muss man tun, wenn man Gott erkannt hat?

Wenn man Gott erkannt hat, muss man ihn an die erste Stelle in seinem Leben setzen. Damit fängt ein neues Leben an. Christen soll man daran erkennen, dass sie sogar ihre Feinde lieben. [222–227, 229] Gott zu erkennen bedeutet ja: Er, der mich geschaffen und gewollt hat, der mich jede Sekunde mit Liebe anschaut, der mein Leben segnet und es erhält, der die Welt und die Menschen, die ich liebe, in seiner Hand hat, der sehnsüchtig auf mich wartet, der mich erfüllen und vollenden und mich für immer bei sich wohnen lassen möchte – er ist da. Mit dem Kopf dazu nicken, genügt nicht. Christen müssen den Lebensstil Jesu übernehmen. 35

Glauben wir an einen Gott oder an drei Götter?

Wir glauben an einen Gott in drei Personen ( Trinität). „Gott ist nicht Einsamkeit, sondern vollkommene Gemeinschaft.“ (Benedikt XVI., 22.05.05). [232–236, 249–256, 261, 265–266]

Gott ist wahrhaft unsere Mutter, wie er unser Vater ist. Sel. Juliana von Norwich (ca. 1342 – ca. 1413, englische Mystikerin)

Wahre Liebe tut weh. Sie muss immer weh tun. Es muss schmerzlich sein, jemand zu lieben; schmerzhaft, ihn zu verlassen, man möchte für ihn sterben. Wenn Menschen heiraten, müssen sie alles aufgeben, um einander zu lieben. Die Mutter, die einem Kind das Leben schenkt, leidet viel. Das Wort "Liebe" ist so missverstanden und so missbraucht.

32

Mutter Teresa

33

Mein Herr und mein Gott, nimm alles von mir, was mich hindert zu dir. Mein Herr und mein Gott, gib alles mir, was mich fördert zu dir. Mein Herr und mein Gott, o nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir. Hl. Niklaus von der Flüe (1417–1487, Schweizer Mystiker und Einsiedler)

[ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Ex 3,13–15

Wohlwollen. Gott erklärt nicht nur, dass er Liebe ist, sondern er beweist es: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,13) [218–221]

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Da sagte Mose zu Gott: Gut, ich werde also zu den Israeliten kommen und ihnen sagen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt. Da werden sie mich fragen: Wie heißt er? Was soll ich ihnen darauf sagen? Da antwortete Gott dem Mose: Ich bin der "Ich-bin-da". Und er fuhr fort: So sollst du zu den Israeliten sagen: Der "Ich-bin-da" hat mich zu euch gesandt. Weiter sprach Gott zu Mose: So sag zu den Israeliten: Jahwe, der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt. Das ist mein Name für immer, und so wird man mich nennen in allen Generationen.

von Ewigkeit her lieben. Von Jesus erleuchtet, finden wir schon im Alten Testament (z.B. Gen 1,2; 18,2; 2 Sam 23,2), ja sogar in der ganzen Schöpfung Spuren der Dreifaltigkeit Gottes.

Gott kommt an erster Stelle. Hl. Jeanne d'Arc (1412–1431, französische Freiheitskämpferin und Nationalheilige)

37

Sel. Charles de Foucauld (1858–1916, frz. Priester, Mönch und Eremit)

Trinität

36 Wo es die Liebe gibt, gibt es eine Dreifaltigkeit: einen Liebenden, einen Geliebten und eine Quelle der Liebe. Augustinus



Kann man logisch erschließen, dass Gott

dreifaltig ist?

Nein. Gottes Dreifaltigkeit( Trinität) ist ein Geheimnis. Wir wissen nur durch Jesus Christus von der Dreifaltigkeit Gottes. [237] Menschen können die Dreifaltigkeit Gottes mit den Mitteln ihrer eigenen Vernunft nicht erschließen. Sie erkennen aber die Vernünftigkeit dieses Geheimnisses, wenn sie die Offenbarung Gottes in Jesus Christus annehmen. Wäre Gott allein und einsam, könnte er nicht

Benedikt X V I., 09.07.2006

38

Wer ist der „Heilige Geist“?

Der Heilige Geist ist die dritte Person der Heiligen Dreifaltigkeit ( Trinität)und von gleicher göttlicher Größe wie der Vater und der Sohn. [243–248, 263–264] Wenn wir die Realität Gottes in uns entdecken, haben wir es mit dem Wirken des Heiligen Geistes zu tun. Gott sandte „den Geist seines Sohnes in unser Herz“ (Gal 4,6), damit er uns ganz erfülle. Im Heiligen Geist findet ein Christ tiefe Freude, inneren Frieden und Freiheit. „Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fürchten müsstet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,15b). Im Heiligen Geist, den wir in Taufe und Firmung empfangen, dürfen wir zu Gott „Vater“ sagen. 113–120, 203–206, 310–311

Komm, Schöpfer Geist, kehr bei uns ein, besuch das Herz der Kinder dein; die deine Macht erschaffen hat, erfülle nun mit deiner Gnad. Hymnus „Veni creator spiritus” (Hl. Hrabanus Maurus, 9. Jh.)

34 35 [ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Christen beten nicht drei verschiedene Götter an, sondern ein einziges Wesen, das sich dreifach entfaltet und doch eins bleibt. Dass Gott dreifaltig ist, wissen wir von Jesus Christus: Er, der Sohn, spricht von seinem Vater im Himmel („Ich und der Vater sind eins“, Joh 10,30). Er betet zum ihm und schenkt uns den Heiligen Geist, der die Liebe des Vaters und des Sohnes ist. Getauft werden wir deshalb „auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19).

Verschiedene vorchristliche Religionen kennen schon die Gottesanrede „Vater“. Schon vor Jesus sprach man in Israel Gott als den Vater an (Dtn 32,6; Mal 2,10) und wusste dabei, dass er auch wie eine Mutter ist (Jes 66,13). Vater und Mutter stehen in der menschlichen Erfahrung für Ursprung und Autorität, für das Bergende und Tragende. Wie Gott als Vater wirklich ist, zeigt uns Jesus Christus: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9). Im Gleichnis vom verlorenen Sohn spricht Jesus die tiefsten menschlichen Sehnsüchte nach einem barmherzigen Vater an. 511–527

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Gott verehren wir schon allein deshalb als Vater, weil er Schöpfer ist und sich voller Liebe seiner Geschöpfe annimmt. Jesus, der Sohn Gottes, hat uns darüber hinaus beigebracht, seinen Vater als unseren Vater anzusehen und als „Vater unser“ anzusprechen. [238–240]

Nachdem ich erkannt habe, dass es einen Gott gibt, war es mir unmöglich, nicht für ihn allein zu leben.

(lat. trinitas = Dreiheit): Gott ist nur einer, aber er ist in drei Personen da. Dass wir im Deutschen die zwei Begriffe Dreieinigkeit und Dreifaltigkeit für dieselbe Wirklichkeit haben, von denen einer die Einheit, der andere den Unterschied in Gott betont, ist ein Hinweis auf das unergründliche Geheimnis der Trinität.

Wieso ist Gott „Vater“?

Die Erinnerung an diesen Vater erhellt die tiefere Identität der Menschen: woher wir kommen, wer wir sind und wie groß unsere Würde ist. Natürlich kommen wir von unseren Eltern und sind ihre Kinder; wir kommen aber auch von Gott, der uns nach seinem Abbild geschaffen und uns berufen hat, seine Kinder zu sein. Daher steht am Anfang jedes Menschen nicht der Zufall oder eine Fügung des Schicksals, sondern ein Plan der göttlichen Liebe. Das hat uns Jesus Christus, wahrer Sohn Gottes und vollkommener Mensch, offenbart. Er wusste, woher er kam und woher wir alle kommen: aus der Liebe seines Vaters und unseres Vaters.

Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Joh 13,13

Apg 4,12

Ja, das weiß ich: Groß ist der Herr, unser Herr ist größer als alle Götter. Alles, was dem Herrn gefällt, vollbringt er, im Himmel, auf der Erde, in den Meeren, in allen Tiefen.

Vater, alles ist dir möglich. Gebet Jesu im Garten Getsemane (Mk 14,36)

Du liebst alles, was ist, und verabscheust nichts von allem, was du gemacht hast; denn hättest du etwas gehasst, so hättest du es nicht geschaffen. Weish 11,24

(Trinität)? Jesus von Nazareth ist der Sohn, die zweite göttliche Person, von der gesprochen wird, wenn wir beten: Im „Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ (Mt 28,19). [243–260] Jesus war entweder ein Hochstapler, als er sich zum Herrn über den Sabbat machte und sich mit der Gottesanrede „Herr“ ansprechen ließ – oder er war wirklich Gott. Zum Skandal kam es, als er Sünden vergab. Das war in den Augen seiner Zeitgenossen ein todeswürdiges Verbrechen. Durch Wunder und Zeichen, insbesondere aber durch die Auferstehung, erkannten die Jünger, wer Jesus ist, und beteten ihn als den Herrn an. Das ist der Glaube der Kirche. 40

Kann Gott alles? Ist er allmächtig?

„Für Gott ist nichts unmöglich“ (Lk 1,37). Er ist allmächtig. [268–278] Wer Gott in seiner Not anruft, glaubt an seine All-Macht. Gott hat die Welt aus dem Nichts geschaffen. Er ist der Herr der Geschichte. Er lenkt alle Dinge und kann alles. Wie er freilich seine Allmacht gebraucht, ist ein Geheimnis. Nicht selten fragen Menschen: Wo ist Gott denn gewesen? Durch den Propheten Jesaja sagt er zu uns: „Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege“ (Jes 55,8). Oft zeigt sich Gottes Allmacht dort, wo Menschen nichts mehr von ihr erwarten. Die Ohnmacht des Karfreitags war die Voraussetzung der Auferstehung. 51, 478, 506–507 41

Macht die Naturwissenschaft den Schöpfer

überflüssig? Nein. Der Satz „Gott hat die Welt erschaffen“ ist keine überholte naturwissenschaftliche Aussage. Es handelt sich um eine theo-logische Aussage, also eine Aussage über den göttlichen Sinn (theos = Gott, logos = Sinn) und Ursprung der Dinge. [282–289] Der Schöpfungsbericht ist kein naturwissenschaftliches Erklärungsmodell für den Anfang der Welt. „Gott hat die

Welt geschaffen“ ist eine theologische Aussage, in der es um die Beziehung der Welt zu Gott geht. Gott hat die Welt gewollt; er begleitet sie und wird sie vollenden. Geschaffen sein ist eine bleibende Qualität an den Dingen und eine elementare Wahrheit über sie. 42



Kann man von der Evolution überzeugt sein und

doch an den Schöpfer glauben?

Ja. Der Glaube steht Erkenntnissen und Hypothesen der Naturwissenschaften offen gegenüber. [282–289] Die Theologie hat keine naturwissenschaftliche Kompetenz; die Naturwissenschaft hat keine theologische Kompetenz. Die Naturwissenschaft kann nicht dogmatisch ausschließen, dass es in der Schöpfung zielgerichtete Prozesse gibt; der Glaube kann im Gegenzug nicht definieren, wie sich diese im Entwicklungsgang der Natur konkret vollziehen. Ein Christ kann die Evolutionstheorie als hilfreiches Erklärungsmodell annehmen, sofern er nicht dem Irrglauben des Evolutionismus verfällt, der den Menschen als Zufallsprodukt biologischer Prozesse sieht. Evolut ion setzt voraus, dass etwas da ist, was sich entwickeln kann. Über das Woher dieses „Etwas“ ist damit nichts ausgesagt. Auch Fragen nach Sein, Wesen, Würde, Auftrag, Sinn und Warum von Welt und Menschen lassen sich nicht biologisch beantworten. Wie der „Evolutionismus“ nach der einen, so ist der Kreat ionismus nach der anderen Seite hin eine Grenzüberschreitung. Kreationisten nehmen biblische Daten (z.B. wie alt die Erde ist, Sechstagewerk) naiv wörtlich. 43

Evolut ion (lat. evolutio = eigentlich das Aufschlagen, die Entwicklung): Das Wachsen der Endgestalt von Organismen über Jahrmillionen. Christlich betrachtet geschieht Evolution als fortwährende Schöpfung Gottes in den Naturprozessen.

Kreat ionismus (von lat. creatio = Erschaffung): Die Vorstellung, dass Gott, als wäre das Buch Genesis ein Tatsachenprotokoll, durch direktes Handeln die Erde auf einmal erschaffen hat.

36

Kein Wissenschaftler verfügt auch nur über ein einziges Argument, … mit dem er einer solchen Annahme [eines Schöpfers] widersprechen könnte. Hoimar von Ditfurth (1921–1989, dt. Naturwissenschaftler)

Ist die Welt ein Produkt des Zufalls?

Nein. Gott, nicht der Zufall, ist die Ursache der Welt. Sie ist weder, was ihre Herkunft, noch, was ihre innere Ordnung und Zielgerichtetheit betrifft, ein Produkt „sinnlos“ wirkender Faktoren. [295–301, 317–318, 320] Christen glauben, dass sie die Handschrift Gottes in seiner Schöpfung lesen können. Wissenschaftlern, die vom Ganzen der Welt als einem zufälligen, sinn- und ziellosen Prozess sprechen, hielt Johannes Paul II. 1985 entgegen: „Angesichts eines Universums, in dem eine

Das [die unerhörte Präzision der Vorgänge beim „Urknall“] soll durch Zufall entstanden sein!? Was für eine absurde Idee! Walter Thirring (* 1927, österreichischer Physiker)

37 [ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Ps 135,5–6

Ist Jesus Gott? Gehört er zur Dreifaltigkeit

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen.

39

gut ist, wenn wir Christus kennenlernen und verstehen, dass die Welt auf ein Ziel hinausläuft: die Wahrheit, Güte und Schönheit des Herrn. Der Heilige Geist hält alles zusammen; er ist es, „der lebendig macht“ (Joh 6,63).

Denn du bist es, der die Welt erschaffen hat, durch deinen Willen war sie und wurde sie erschaffen. Offb 4,11

45



Stammen die Naturgesetze und natürlichen

Ordnungen auch von Gott?

Ja. Auch die Naturgesetze und natürlichen Ordnungen gehören zu Gottes Schöpfung. [339, 346, 354]

Benedikt X V I., 28.04.2005

Wer sollte nicht durch die Beobachtung und den sinnenden Umgang mit der von der göttlichen Weisheit geleiteten herrlichen Ordnung des Weltgebäudes zur Bewunderung des allwirkenden Baumeisters geführt werden! Nikolaus Kopernikus (1473–1543, Naturforscher und Astronom)

solch komplexe Organisation seiner Elemente und eine so wunderbare Zielgerichtetheit in seinem Leben vorhanden ist, von Zufall zu sprechen, würde gleichbedeutend damit sein, die Suche nach einer Erklärung der Welt, wie sie uns erscheint, aufzugeben. In der Tat würde dies gleichbedeutend sein damit, Wirkungen ohne Ursache anzunehmen. Es würde die Abdankung des menschlichen Verstandes bedeuten, der auf diese Weise sich dem Denken und der Suche nach einer Lösung für die Probleme verweigern würde.“ 49 44

Wer hat die Welt erschaffen?

Gott allein, der jenseits von Zeit und Raum ist, hat die Welt aus dem Nichts heraus erschaffen und alle Dinge ins Dasein gerufen. Alles, was ist, hängt von Gott ab und hat nur deshalb Bestand im Sein, weil Gott will, dass es ist. [290–292, 316] Die Erschaffung der Welt ist gewissermaßen ein „Gemeinschaftswerk“ des Dreifaltigen Gottes. Der Vater ist der Schöpfer, der Allmächtige. Der Sohn ist der Sinn und das Herz der Welt: „Alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen“ (Kol 1,16). Wir wissen erst, wozu die Welt

46



Warum schildert das Buch Genesis die Schöpfung

als ein „Sechstagewerk“?

Im Sinnbild der Arbeitswoche, die von einem Ruhetag gekrönt wird (Gen 1,1–2,3), kommt zum Ausdruck, wie gut, schön und weise geordnet die Schöpfung ist. [337–342] Aus der Symbolik des „Sechstagewerks“ kann man wichtige Grundsätze erschließen: 1. Es gibt nichts, was nicht durch den Schöpfer ins Dasein gerufen wurde; 2. Alles, was ist, ist auf seine Art gut; 3. Auch das, was schlecht geworden ist, hat einen guten Kern; 4. Die geschaffenen Wesen und Dinge sind aufeinander bezogen und füreinander da; 5. Die Schöpfung in ihrer Ordnung und Harmonie spiegelt die überragende Güte und Schönheit Gottes wider; 6. In der Schöpfung gibt es eine Rangfolge: Der Mensch steht über dem Tier, das Tier über der Pflanze, die Pflanze über der unbelebten Materie; 7. Die Schöpfung läuft auf das große Fest hinaus, wenn Christus die Welt heimholt und Gott alles in allem ist. 362

GENESIS (griech. = Ursprung, Entstehung): Erstes Buch der Bibel, das u. a. die Erschaffung der Welt und des Menschen beschreibt.

Glaubt nicht, Gott wolle uns alle Liebe zur Welt verbieten. Nein, wir sollen sie lieben, da alles, dem er Dasein gab, unserer Liebe wert ist. Hl. K atharina von Siena (1347–1380, Mystikerin und Kirchenlehrerin)

38 39 [ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Wir sind nicht das zufällige und sinnlose Produkt der Evolution. Jeder von uns ist Frucht eines Gedankens Gottes. Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder ist gebraucht.

Hl. Bernhard von Clairvaux (1090–1153, zweiter Gründer des Zisterzienserordens)

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Der Mensch ist kein unbeschriebenes Blatt. Er ist geprägt von der Ordnung und den Wesensgesetzen, die Gott in seine Schöpfung eingeschrieben hat. Ein Christ macht nicht einfach, „was er will“. Er weiß, dass er sich und seiner Umwelt schadet, wenn er die natürlichen Gesetze negiert, die Dinge gegen ihre Ordnungen gebraucht und klüger sein will als Gott, der sie schuf. Es überfordert den Menschen, wenn er sich von Grund auf selbst entwerfen will.

Bäume und Sterne werden dich lehren, was du niemals von Meistern lernen kannst.

47

Warum ruhte Gott am siebten Tag?

Die Ruhe Gottes von der Arbeit weist auf die Vollendung der Schöpfung hin, die jenseits aller menschlichen Anstrengungen liegt. [349]

48 Die Ehre Gottes ist der lebendige Mensch. Das Leben des Menschen aber ist es, Gott zu sehen. Irenäus von Lyon

„Die Welt ist zur Ehre Gottes geschaffen.“ (Erstes Vatikanisches Konzil) [293–294, 319] Es gibt keinen anderen Grund für die Schöpfung als Liebe. In ihr erscheint Gottes Herrlichkeit und Ehre. Gott zu loben heißt deshalb nicht, dem Schöpfer zu applaudieren. Der Mensch ist ja kein Zuschauer des Schöpfungswerkes. Für ihn heißt Gott „loben“, zusammen mit der ganzen Schöpfung dem eigenen Dasein dankbar zuzustimmen. 489

Augustinus

Mt 10,30

50 Welche Rolle spielt der Mensch in der Vorsehung Gottes?

Die Vollendung der Schöpfung durch die Vorsehung Gottes geschieht nicht über unsere Köpfe hinweg. Gott lädt uns ein, an der Vollendung der Schöpfung mitzuarbeiten. [307–308] Der Mensch kann sich dem Willen Gottes verweigern. Besser tut er daran, ein Werkzeug der göttlichen Liebe zu werden. Mutter Teresa bemühte sich zeit ihres Lebens, so zu denken: „Ich bin nur ein kleiner Bleistift in der Hand unseres Herrn. Er mag den Bleistift schneiden oder schärfen. Er mag schreiben oder zeichnen, was und wo immer er will. Wenn das Geschriebene oder eine Zeichnung gut ist, würdigen wir nicht den Bleistift oder das benutzte Material, sondern denjenigen, der es benutzt hat.“ Wenn Gott auch mit uns und durch uns wirkt, so dürfen wir jedoch niemals unser eigenes Denken, Planen und Tun mit dem Wirken Gottes verwechseln. Gott braucht nicht unsere Arbeit, als würde ihm ohne sie etwas fehlen.

Gottes Vorsehung Vertrauen auf die göttliche Vorsehung ist der feste, lebendige Glaube, dass Gott uns helfen kann und helfen wird. Dass er uns helfen kann, ist offenkundig, denn er ist allmächtig. Dass er uns helfen wird, ist sicher, weil er es an vielen Stellen der Heiligen Schrift versprochen hat und all seine Versprechen treu hält. Mutter Teresa

49

Lenkt Gott die Welt und mein Leben?

51



Wenn Gott alles weiß und alles kann, warum

verhindert er dann nicht das Böse?

Ja, aber auf geheimnisvolle Weise; Gott führt alles auf Wegen, die nur er kennt, seiner Vollendung entgegen. Zu keinem Zeitpunkt fällt das, was er geschaffen hat, aus seinen Händen. [302–305]

„Gott lässt das Böse nur zu, um etwas Besseres daraus entspringen zu lassen.“ (Hl. Thomas von Aquin) [309–314, 324]

Gott wirkt sowohl auf die großen Ereignisse der Geschichte als auch auf die kleinen Ereignisse unseres persönlichen Lebens ein, ohne dass er deshalb unsere Freiheit beschneiden würde und wir nur Marionetten seiner ewigen Pläne wären. In Gott „leben wir, bewegen wir uns und sind wir“ (Apg 17,28). Gott ist in allem, was uns in den Wechselfällen unseres Lebens entgegenkommt, auch in den schmerzlichen Ereignissen und den scheinbar sinnlosen Zufällen. Gott will auch auf den

Das Böse in der Welt ist ein dunkles und schmerzliches Geheimnis. Selbst der Gekreuzigte hat seinen Vater gefragt: „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mt 27,46) Vieles daran ist unbegreiflich. Eines wissen wir jedoch sicher: Gott ist hundertprozentig gut. Er kann niemals der Urheber von etwas Bösem sein. Gott hat die Welt gut erschaffen, doch sie ist noch nicht vollendet. In heftigen Verwerfungen und schmerzhaften Prozessen bildet sie sich auf ihre endgültige Vollendung hin aus. So kann man besser einordnen, was die Kirche physisches

Was nicht in meinem Plan lag, das hat in Gottes Plan gelegen. Und je öfter mir so etwas begegnet, desto lebendiger wird in mir die Glaubensüberzeugung, dass es – von Gott her gesehen – keinen Zufall gibt. Hl. Edith Stein (1891–1942, jüdische Christin, Philosophin und Karmelitin, KZ-Opfer)

Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut. Gen 1,31

Ich bin überzeugt, dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll. Röm 8,18

Kein Leid ist sinnlos. Immer gründet es in der Weisheit Gottes. Thomas von Aquin

40 41 [ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Der dich gemacht hat, weiß auch, was er mit dir machen will.

Wozu hat Gott die Welt erschaffen?

Bei euch aber sind sogar die Haare auf dem Kopf alle gezählt.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Sosehr der arbeitende Mensch der Juniorpartner seines Schöpfers ist (Gen 2,15), so wenig kann er die Erde durch seine Mühe erlösen. Das Ziel der Schöpfung ist „ein neuer Himmel und eine neue Erde“ (Jes 65,17) durch eine Erlösung, die uns geschenkt wird. So steht die sonntägliche Ruhe, die ein Vorgeschmack der himmlischen Ruhe ist, höher als die Arbeit, die uns darauf vorbereitet.

krummen Linien unseres Lebens gerade schreiben. Was er uns wegnimmt und was er uns schenkt, worin er uns stärkt und worin er uns prüft – all das sind Fügungen und Zeichen seines Willens.

Gott flüstert in unseren Freuden, er spricht in unserem Gewissen. In unseren Schmerzen aber ruft er laut. Sie sind sein Megaphon, eine taube Welt aufzuwecken. Clive Staples Lewis (1898–1963, englischer Schriftsteller, Autor der „Narnia-Chroniken“)

Alles, was nicht ewig ist, ist in der Ewigkeit wertlos. C. S. Lewis

52

Was ist der Himmel?

Der Himmel ist das Milieu Gottes, die Wohnung der Engel und Heiligen und das Ziel der Schöpfung. Mit den Worten „Himmel und Erde“ bezeichnen wir das Ganze der geschaffenen Wirklichkeit. [325–327] Der Himmel ist kein Ort im Weltraum. Er ist ein Zustand im Jenseits. Himmel ist dort, wo Gottes Wille ohne jeden Widerstand geschieht. Himmel ist dann, wenn Leben in höchster Dichte und Seligkeit da ist – Leben, wie man es auf der Erde nicht findet. Wenn wir mit Gottes Hilfe einmal in den Himmel kommen, dann wartet etwas auf uns, „was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben“ (1 Kor 2,9). 158, 285 53

Was ist die Hölle?

Unser Glaube nennt „Hölle“ den Zustand der endgültigen Ferne von Gott. Wer im Angesicht Gottes die Liebe klar sieht und sie dennoch nicht will, der entscheidet sich für diesen Zustand. [1033–1036]

C. S. Lewis

Jesus, der die Hölle kennt, spricht von ihr als der „äußersten Finsternis“ (Mt 8,12). In unseren Begriffen gesagt, ist sie eher kalt als heiß. Mit Schaudern erahnt man einen Zustand der völligen Erstarrung und hoffnungslosen Abgeschiedenheit von allem, was Hilfe, Linderung, Freude und Trost ins Leben bringen könnte. 161–162 54

Was sind Engel?

Engel sind rein geistige Geschöpfe Gottes, die Verstand und Willen haben. Sie sind nicht körperlich, nicht sterblich und für gewöhnlich nicht sichtbar. Sie leben ständig in der Gegenwart Gottes und vermitteln den Menschen Gottes Willen und Gottes Schutz. [328–333, 350–351] Ein Engel, schrieb Kardinal Joseph Ratzinger, „ist gleichsam der persönliche Gedanke, mit dem Gott mir zugewandt ist“. Gleichzeitig sind die Engel ganz ihrem Schöpfer zugewandt. Sie brennen vor Liebe für ihn und dienen ihm Tag und Nacht. Nie endet ihr Lobgesang. Von Gott abgefallene Engel werden in der Heiligen Schrift Teufel oder Dämonen genannt. 55

Kann man zu Engeln in Beziehung treten?

Ja. Engel kann man um Hilfe anrufen und sie um Fürsprache bei Gott bitten. [334–336, 352]

Jesus ist gekommen, um uns zu sagen, dass er uns alle im Paradies haben will und dass die Hölle, von der man in unserer Zeit wenig spricht, existiert und ewig ist für alle, die ihr Herz vor seiner Liebe verschließen. Benedikt X V I., 08.05.2007

42 43

Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen. Sie tragen dich auf ihren Händen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Ps 91,11–12

Einem jeden der Gläubigen steht ein Engel als Beschützer und Hirte zur Seite, um ihn zum Leben zu führen. Hl. Basilius der GroSSe (um 330–379, Kirchenvater)

[ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Mutter Teresa

Der Himmel und die himmlischen Geschöpfe

Am Ende werden nur zwei Gruppen von Menschen vor Gott stehen – jene, die zu Gott sagen: „Dein Wille geschehe“, und jene, zu denen Gott sagt: „Dein Wille geschehe“. Alle, die in der Hölle sind, haben sie sich erwählt.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Wir sehnen uns nach der Freude des Himmels, wo Gott ist. Es steht in unserer Macht, schon jetzt mit ihm im Himmel zu sein, in eben diesem Augenblick glücklich mit ihm zu sein. Aber jetzt mit ihm glücklich sein heißt: helfen, wie er hilft, geben, wie er gibt, dienen, wie er dient, retten, wie er rettet, lieben, wie er liebt. Vierundzwanzig Stunden bei ihm sein, ihm in seiner erschreckendsten Verkleidung begegnen. Denn so hat er gesagt: „Was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“

Übel nennt, z.B. eine angeborene Behinderung oder eine Naturkatastrophe. Die moralischen Übel hingegen kommen durch den Missbrauch der Freiheit in die Welt. Die „Hölle auf Erden“ – Kindersoldaten, Selbstmordanschläge, Konzentrationslager – ist zumeist von Menschen gemacht. Die entscheidende Frage heißt deshalb nicht: „Wie kann man an einen guten Gott glauben, wenn es so viel Böses gibt?“ – sie lautet: „Wie könnte ein Mensch mit Herz und Verstand das Leben in dieser Welt ertragen, wenn es Gott nicht gäbe?“ Tod und Auferstehung Christi zeigen uns: Das Böse hatte nicht das erste Wort, es hat auch nicht das letzte. Aus dem bösesten Bösen ließ Gott das absolut Gute hervorgehen. Wir glauben daran, dass Gott im Jüngsten Gericht allem Unrecht ein Ende setzt. Im Leben der kommenden Welt hat das Böse keinen Platz mehr und das Leiden ein Ende. 40, 286–287

Der Mensch ist weder Engel noch Tier, und das Unglück will es, dass, wer einen Engel aus ihm machen will, ein Tier aus ihm macht. Blaise Pascal

Jeder Mensch bekommt von Gott einen Schutzengel. Für sich und andere zum Schutzengel zu beten ist gut und sinnvoll. Engel können sich im Leben eines Christen auch von sich aus bemerkbar machen, z.B. als Überbringer einer Botschaft oder als helfende Begleiter. Mit den falschen Engeln der Esoterik hat der Glaube nichts zu tun.

Es ist dem Menschen zwar erlaubt, Pflanzen und Tiere zu nutzen und zu essen, es ist ihm jedoch nicht erlaubt, Tiere zu quälen oder sie artfremd zu halten. Das widerspricht der Würde der Schöpfung genauso wie die Ausbeutung der Erde aus blinder Habgier. 58

Das Geschöpf Mensch 56

Hat der Mensch eine Sonderstellung in der

Schöpfung? Ja. Der Mensch ist der Gipfel der Schöpfung, weil Gott ihn nach seinem Abbild (Gen 1,27) geschaffen hat. [343–344, 353]

Ps 8,4-6

Franziskus von Assisi

Anders als die unbelebten Dinge, Pflanzen und Tiere ist der Mensch eine mit Geist begabte Person. Diese Eigenschaft verbindet ihn mehr mit Gott als mit seinen sichtbaren Mitgeschöpfen. [355–357, 380] Der Mensch ist nicht ein Etwas, sondern ein Jemand. Wie wir von Gott sagen, er sei Person, so sagen wir es auch vom Menschen. Ein Mensch kann über seinen unmittelbaren Horizont hinaus denken und die ganze Weite des Seins ermessen; er kann sogar sich selbst in kritischer Distanz erkennen und an sich arbeiten; er kann andere als Person wahrnehmen, in ihrer Würde begreifen und sie lieben. Unter allen sichtbaren Geschöpfen ist allein der Mensch dazu in der Lage, „seinen Schöpfer zu erkennen und zu lieben“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Gaudium et Spes [GS] 12,3). Der Mensch ist dazu bestimmt, in Freundschaft mit ihm zu leben (Joh 15,15). 59

Die Erschaffung des Menschen wird deutlich von der Erschaffung anderer Lebewesen unterschieden. Der Mensch ist Person, das heißt, er kann sich mit Willen und Verstand für oder gegen die Liebe entscheiden. 57



Wie soll sich der Mensch zu Tieren und anderen

Mitgeschöpfen verhalten?

Der Mensch soll in den Geschöpfen den Schöpfer ehren und achtsam und verlässlich mit ihnen umgehen. Menschen, Tiere und Pflanzen haben den gleichen Schöpfer, der sie aus Liebe ins Dasein rief. Daher ist Tierliebe zutiefst menschlich. [344, 354]

geschaffen wurde?

Wozu hat Gott den Menschen geschaffen?

Gott hat alles für den Menschen gemacht. Den Menschen aber, die „einzige von Gott um ihrer selbst willen gewollte Kreatur“(Zweites Vatikanisches Konzil,GS), hat er geschaffen, damit er selig wird. Das geschieht, indem er Gott erkennt, ihn liebt, ihm dient und in Dankbarkeit gegenüber seinem Schöpfer lebt. [358] Dankbarkeit ist anerkannte Liebe. Wer dankbar ist, wendet sich in Freiheit an den Urheber des Guten und tritt in eine neue, tiefere Beziehung zu ihm ein. Gott möchte, dass wir seine Liebe erkennen und jetzt schon unser ganzes Leben in Beziehung mit ihm leben. Diese Beziehung hält ewig.

Erkenne dich als Bild Gottes und erröte darüber, dass du es mit einem fremden Bild überdeckt hast. Bernhard von Clairvaux

Misstraue jeder Freude, die nicht auch Dankbarkeit ist. Theodor Haecker (1879–1945, deutscher Schriftsteller)

44

Wenn das einzige Gebet, das du in deinem Leben sprichst, aus dem „Ich danke dir“ bestünde, würde das schon genügen. Meister Eckhart (um 1260–1328, Dominikaner, Mystiker)

Vom Glauben getragen, kann der Dank auch in das Schwere vordringen, und in dem Maße, als das gelingt, wird es verwandelt. Romano Guardini (1885-1968, katholischer Religionsphilosoph)

45 [ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Alle Geschöpfe der Erde fühlen wie wir. Alle Geschöpfe streben nach Glück wie wir. Alle Geschöpfe der Erde lieben, leiden und sterben wie wir, also sind sie uns gleichgestellte Werke des allmächtigen Schöpfers – unsere Brüder.

Was heißt es, dass der Mensch als „Abbild Gottes“

1 Joh 4,7

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Seh ich den Himmel, das Werk deiner Finger, Mond und Sterne, die du befestigt: Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, des Menschen Kind, dass du dich seiner annimmst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, hast ihn mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt.



Die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott.

Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung … alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen. Kol 1,15.16b

„Ecce homo!“

Er wurde, was wir sind, damit er aus uns machen könne, was er ist.

Öffne deinen Mund für den Stummen, für das Recht aller Schwachen!

Jesus Christus ist einzigartig, weil er uns nicht nur das wahre Wesen Gottes zeigt, sondern auch das wahre Ideal vom Menschen. [358–359, 381] Jesus war mehr als ein idealer Mensch. Selbst scheinbar ideale Menschen sind Sünder. Deshalb kann kein Mensch das Maß des Menschen sein. Jesus aber war ohne Sünde. Was Menschsein bedeutet und was den Menschen im wahrsten Sinn des Wortes unendlich liebenswert macht, erkennen wir erst in Jesus Christus, der „in allem wie wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat“ (Hebr 4,15b). Jesus, der Sohn Gottes, ist der eigentliche und wahre Mensch. An ihm erkennen wir, wie Gott den Menschen gewollt hat. 61

Worin besteht die Gleichheit aller Menschen?

Alle Menschen sind darin gleich, dass sie den gleichen Ursprung in der einen schöpferischen Liebe Gottes haben. Alle Menschen haben in Jesus Christus ihren Retter. Alle Menschen sind dazu bestimmt, ihr Glück und ihre ewige Seligkeit in Gott zu finden. [360–361] Daher sind alle Menschen Brüder und Schwestern. Christen sollen nicht nur Solidarität mit anderen Christen, sondern mit allen Menschen üben und rassistischen, sexistischen und ökonomischen Aufspaltungen der einen Menschheitsfamilie energisch widerstehen. 280, 517

Benedikt X V I. Deus Caritas est

geistiges Prinzip geben, das an den Leib gebunden, jedoch nicht identisch mit ihm ist. Wir nennen es „Seele“. Obwohl die Seele naturwissenschaftlich nicht „bewiesen“ werden kann, kann man ohne die Annahme dieses geistigen, die Materie übersteigenden Prinzips den Menschen nicht als geistiges Wesen begreifen. 153–154, 158–160, 163 63

Woher hat der Mensch seine Seele?

Die menschliche Seele wird unmittelbar von Gott geschaffen und nicht von den Eltern „hervorgebracht“. [366–368, 382]

Spr 31,8

62

Tu deinem Leib etwas Gutes, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen. Hl. Teresa von Ávila (1515–1582, spanische Mystikerin und Kirchenlehrerin)

Was ist die Seele?

Die Seele ist das, was jeden einzelnen Menschen zum Menschen macht: sein geistiges Lebensprinzip, sein Innerstes. Die Seele bewirkt, dass der materielle Körper ein lebendiger, menschlicher Leib wird. Durch seine Seele ist der Mensch das Wesen, das „Ich“ sagen kann und als unverwechselbares Individuum vor Gott steht. [362–365, 382] Menschen sind körperliche und geistige Wesen. Der Geist des Menschen ist mehr als eine Funktion des Leibes und nicht aus der materiellen Verfasstheit des Menschen heraus zu erklären. Die Vernunft sagt uns: Es muss ein

Die Seele eines Menschen kann weder das Produkt einer evolutiven Entwicklung aus der Materie noch das Ergebnis einer genetischen Verbindung von Vater und Mutter sein. Das Geheimnis, dass mit jedem Menschen eine einmalige, geistige Person in die Welt kommt, drückt die Kirche darin aus, dass sie sagt: Gott gibt ihm eine Seele, die nicht stirbt, auch wenn der Mensch im Tod seinen Leib verliert, um ihn in der Auferstehung wiederzufinden. Zu sagen: Ich habe eine Seele, heißt: Gott hat mich nicht nur als Wesen, sondern als Person geschaffen und in eine nicht mehr endende Beziehung zu ihm berufen.

Der Mensch ist mit allen Lebewesen durch seine irdische Herkunft verbunden, aber erst durch seine von Gott „eingehauchte“ Seele ist er Mensch. Das verleiht ihm seine unverwechselbare Würde, aber auch seine einmalige Verantwortung. Christoph K ardinal Schönborn (*1945, Erzbischof von Wien)

46 47 [ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Hl. Athanasius der GroSSe (um 295–373, Kirchenvater)

Der Mensch wird dann ganz er selbst, wenn Leib und Seele zu innerer Einheit finden … Wenn der Mensch nur Geist sein will und den Leib sozusagen als bloß animalisches Erbe abtun möchte, verlieren Geist und Leib ihre Würde. Und wenn er den Geist leugnet und so die Materie, den Körper, als alleinige Wirklichkeit ansieht, verliert er wiederum seine Größe.

Warum ist Jesus das größte Vorbild der Welt?

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

(Joh 19,5: „Seht, da ist der Mensch!“) Mit diesem Wort stellte Pilatus den gefolterten und mit einer Dornenkrone gekrönten Jesus dem Volk vor.

60

Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie. Gen 1,27

Gen 2,18

Frau erschaffen?

Gott, der die Liebe und das Urbild der Gemeinschaft ist, hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen, damit sie gemeinsam ein Abbild seines Wesens sind. [369–373, 383] Gott hat den Menschen so gemacht, dass er Mann oder Frau ist und sich nach Erfüllung und Ganzheit in der Begegnung mit dem jeweils anderen Geschlecht sehnt. Männer und Frauen haben absolut die gleiche Würde, bringen aber in der kreativen Entfaltung ihres Mann- und Frauseins unterschiedliche Aspekte der Vollkommenheit Gottes zum Ausdruck. Gott ist nicht Mann und nicht Frau, aber er hat sich doch als der Väterliche (Lk 6,36) und Mütterliche (Jes 66,13) gezeigt. In der Liebe von Mann und Frau, besonders in der Gemeinschaft der Ehe, in der Mann und Frau „ein Fleisch“ (Gen 2,24) werden, dürfen Menschen etwas vom Glück der Vereinigung mit Gott ahnen, in der jeder Mensch seine endgültige Ganzheit findet. Wie Gottes Liebe treu ist, so sucht auch ihre Liebe treu zu sein; und sie ist nach Gottes Art schöpferisch, denn aus der Ehe entsteht neues Leben. 260, 400–401, 416–417 65 Was ist mit Menschen, die homosexuell empfinden?

es eigentlich der Natur des Menschen und der göttlichen Schöpfungsordnung entspricht. Oft führt Gott jedoch auf ungewöhnlichen Wegen zu sich: Ein Mangel, ein Verlust oder eine Verwundung – angenommen und bejaht – können zum Sprungbrett werden, sich in die Arme Gottes zu werfen, jenes Gottes, der alles gut macht und größer noch in der Erlösung als in der Schöpfung zu entdecken ist. 415 66



Lag es in Gottes Plan, dass Menschen leiden

Sel. Johannes Paul I I. (1920–2005) Erster Papst aus dem Osten, Begründer der Weltjugendtage, spielte eine bedeutende Rolle beim Zusammenbruch des Ostblocks. Apost. Schreiben Mulieris Dignitatem

und sterben?

Gott will nicht, dass Menschen leiden und sterben. Die ursprüngliche Idee Gottes für den Menschen war das Paradies: Leben für immer und Frieden zwischen Gott, den Menschen und ihrer Umwelt, zwischen Mann und Frau. [374–379, 384, 400] Manchmal spüren wir, wie das Leben sein sollte, wie wir sein sollten, aber wir leben faktisch im Unfrieden mit uns selbst, sind von Angst und unkontrollierten Leidenschaften bestimmt und haben die ursprüngliche Harmonie mit der Welt und letztlich mit Gott verloren. In der Heiligen Schrift kommt die Erfahrung dieser Entfremdung in der Geschichte vom „Sündenfall“ zum Ausdruck. Weil sich die Sünde einschlich, mussten Adam und Eva das Paradies verlassen, in dem sie in Harmonie waren mit sich und mit Gott. Die Mühsal der Arbeit, das Leid, die Sterblichkeit und die Versuchung zur Sünde sind Anzeichen für den Verlust des Paradieses.

Die Kirche glaubt, dass Mann und Frau in der Schöpfungsordnung auf Ergänzungsbedürftigkeit und wechselseitige Beziehung hin angelegt sind, damit Kindern das Leben geschenkt werden kann. Deshalb können homosexuelle Praktiken von der Kirche nicht gutgeheißen werden. Christen schulden aber allen Menschen, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung, Achtung und Liebe, weil alle Menschen von Gott geachtet und geliebt sind. [2358–2359]

Sünde ist im Kern eine Ablehnung Gottes und die Weigerung, seine Liebe anzunehmen. Dies zeigt sich in der Missachtung seiner Gebote. [385–390]

Kein Mensch ist auf der Erde, der nicht aus einer Verbindung von Mutter und Vater stammt. Darum ist es für manche homosexuell orientierte Menschen eine schmerzliche Erfahrung, sich nicht zum anderen Geschlecht erotisch hingezogen zu fühlen und die leibliche Fruchtbarkeit ihrer Verbindung vermissen zu müssen, wie

Sünde ist mehr als ein fehlerhaftes Verhalten; sie ist auch keine psychische Schwäche. In ihrem tiefsten Wesen ist jede Ablehnung oder Zerstörung von etwas Gutem die Ablehnung des Guten schlechthin, die Ablehnung Gottes. Sünde in ihrer tiefsten und schrecklichsten Dimension ist Trennung von Gott, und damit Trennung von

Der gefallene Mensch 67

lebendige Einheit in der Gemeinschaft von Vater, Sohn und Heiligem Geist.

Wir haben das Paradies verloren, aber den Himmel empfangen, darum ist der Gewinn größer als der Verlust. Hl. Johannes Chrysostomus (349/350–407, Kirchenvater)

48

Menschliche Schwachheit kann die Pläne der göttlichen Allmacht nicht umstoßen. Ein göttlicher Baumeister kann auch mit fallenden Steinen arbeiten. Michael K ardinal von Faulhaber (1869–1952, Erzbischof von MünchenFreising)

Was ist Sünde? Gott, von dir sich abwenden heißt fallen. Zu dir sich hinwenden heißt aufstehen. In dir bleiben heißt sicheren Beistand haben. Augustinus

49 [ I I ] 1 . K apitel : I ch glaube an G ott, den V ater

Wir lesen dort [in Gen 2,18-25] dass der Mensch „allein nicht existieren kann; er kann nur als Einheit von zweien“, in Beziehung also zu einer anderen menschlichen Person, existieren. Es handelt sich hier um eine gegenseitige Beziehung: des Mannes zur Frau und der Frau zum Mann. Personsein nach dem Abbild Gottes bedeutet also auch Existenz in Beziehung, in Beziehung zum anderen „Ich“. Das lässt uns die endgültige Selbstoffenbarung des dreieinigen Gottes vorausahnen:



Wieso hat Gott den Menschen als Mann und

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht.

64

Wo jedoch Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden. Röm 5,20b

Léon Bloy (1846–1917, französischer Schriftsteller)

Gen 3,4–5

Ein moralisches Verhalten zur Welt ist nur dann möglich und förderlich, wenn man die Schweinerei des Lebens, die Mitschuld an Tod und Sünde, kurz, die ganze Erbsünde auf sich nimmt und darauf verzichtet, die Schuld immer bei anderen zu sehen. Hermann Hesse (1877–1962, dt. Schriftsteller)

Erbsünde? Was haben wir mit dem Sündenfall von

Adam und Eva zu tun?

Sünde im eigentlichen Sinn ist eine persönlich zu verantwortende Schuld. Das Wort „Erbsünde“ meint daher nicht eine persönliche Sünde, sondern den unheilvollen Zustand der Menschheit, in den der Einzelne hineingeboren wird, noch bevor er aus freier Entscheidung selbst sündigt. [388–389, 402–404] Beim Sündenfall, sagt Benedikt XVI., muss man verstehen, „dass wir alle einen Tropfen des Giftes von jener Denkweise in uns tragen, wie sie in den Bildern aus dem Buch Genesis veranschaulicht wird. … Der Mensch vertraut nicht auf Gott. Von den Worten der Schlange verführt, hegt er den Verdacht, dass … Gott ein Konkurrent sei, der unsere Freiheit einschränke, und dass wir erst dann im Vollsinn Menschen sein würden, wenn wir Gott zurückgesetzt haben … Der Mensch will seine Existenz und die Fülle seines Lebens nicht von Gott empfangen … Und indem er das tut, vertraut er der Lüge statt der Wahrheit und stürzt so mit seinem Leben ins Leere, in den Tod“ (Benedikt XVI., 08.12.05). 69 Sind wir durch die Erbsünde gezwungen zu sündigen?

Nein. Der Mensch ist aber durch die Erbsünde tief verletzt und neigt dazu zu sündigen. Er ist dennoch mit der Hilfe Gottes fähig, Gutes zu tun. [405] Wir müssten in keinem einzigen Fall sündigen. Tatsächlich aber sündigen wir immer wieder, weil wir schwach, unwissend und verführbar sind. Eine erzwungene Sünde wäre im Übrigen keine Sünde, da zur Sünde immer die freie Entscheidung gehört.

Wie entzieht uns Gott dem Sog des Bösen?

Gott schaut nicht zu, wie der Mensch durch die Kettenreaktion der Sünde nach und nach sich selbst und seine Mitwelt zerstört. Er schickt uns Jesus Christus, den Retter und Erlöser, der uns der Macht der Sünde entreißt. [410–412, 420–421] „Mir kann keiner helfen“ – dieser Satz der menschlichen Erfahrung stimmt nicht mehr. Wohin auch immer der Mensch durch seine Sünden gerät, dorthin hat Gott, der Vater, seinen Sohn geschickt. Die Folge der Sünde ist der Tod (vgl. Röm 6,23). Die Folge der Sünde ist aber auch die wunderbare Solidarität Gottes, der uns Jesus als Freund und Retter schickt. Daher wird die Erbsünde auch felix culpa (= glückliche Schuld) genannt: „O glückliche Schuld, was für einen großen Erlöser hast du gefunden!“ (Liturgie der Osternacht).

zwe i t e s K api t el

Ich glaube an Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn 71



Warum heißen die Berichte über Jesus

„Evangelium“, also „Frohe Botschaft“?

Ohne die Evangelien wüssten wir nicht, dass Gott uns Menschen aus unendlicher Liebe seinen Sohn schickt, damit wir trotz unserer Sünden zurückfinden zur ewigen Gemeinschaft mit Gott. [422–429] Die Berichte über das Leben, Sterben und die Auferstehung Jesu sind die beste Nachricht der Welt. Sie bezeugen, dass der in Betlehem geborene Jude Jesus von Nazareth der menschgewordene „Sohn des lebendigen Gottes“ (Mt 16,16) ist. Er wurde vom Vater gesandt, damit „alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4).

Das ist einer der Gründe, weshalb ich an das Christentum glaube: Es ist eine Religion, die man sich nicht hätte ausdenken können. C. S. Lewis

Als Christi Hände an das Kreuz genagelt wurden, nagelte er auch unsere Sünden an das Kreuz. Bernhard von Clairvaux

Und das Wort ist Fleisch geworden, und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit. Joh, 1,14

Sind das Leben und der Tod des Sokrates das Leben und der Tod eines Weisen, so sind das Leben und der Tod Christi das Leben und der Tod eines Gottes. Jean-Jacques Rousseau (1712–1778, französischer Aufklärer)

50 51 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Darauf sagte die Schlange zur Frau: … Sobald ihr davon esst, gehen euch die Augen auf; ihr werdet wie Gott.

68



70

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Das Schlimmste ist nicht, Verbrechen zu begehen, sondern das Gute, das man hätte tun können, nicht vollbracht zu haben. Es ist die Sünde der Unterlassung, welche nichts anderes ist als die Nicht-Liebe, und niemand klagt sich ihrer an.

der Quelle des Lebens. Deshalb ist auch der Tod die Folge der Sünde. Erst durch Jesus verstehen wir die abgründige Dimension der Sünde: Jesus erlitt die Ablehnung Gottes an seinem eigenen Leib. Er nahm die tödliche Gewalt der Sünde auf sich, damit sie uns nicht trifft. Dafür haben wir das Wort Erlösung. 224–237, 315–318, 348–468

74

Was heißt: Jesus ist „Gottes eingeborener Sohn“?

Wenn Jesus sich selbst als „Gottes eingeborenen Sohn“ (einziger Sohn oder einzig geborener Sohn, Joh 3,16) bezeichnet und von Petrus und anderen so bezeugt wird, kommt darin zum Ausdruck, dass unter allen Menschen nur Jesus mehr als ein Mensch ist. [441–445, 454]

72

Was bedeutet der Name „Jesus“?

[430–435, 452]

In der Apostelgeschichte sagt Petrus: „Es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen“ (Apg 4,12). Alle Missionare brachten den Menschen im Kern diese Botschaft. 73

Warum trägt Jesus den Beinamen „Christus“?

In der Kurzformel „Jesus ist der Christus“ kommt der Kern des christlichen Glaubens zum Ausdruck: Jesus, der einfache Zimmermannssohn aus Nazareth, ist der erhoffte Messias und Retter. [436–440, 453] Sowohl das griechische Wort „Christos“ wie das hebräische Wort „Messias“ bedeuten „Gesalbter“. In Israel wurden Könige, Priester und Propheten gesalbt. Die Apostel erfuhren, dass Jesus „mit dem Heiligen Geist“ (Apg 10,38) gesalbt ist. Nach Christus heißen wir Christen – zum Ausdruck unserer hohen Berufung.

Warum sprechen Christen Jesus mit „Herr“ an?

„Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es.“ (Joh 13,13) [446–451, 455] Die frühen Christen sprachen von Jesus mit Selbstverständlichkeit als von dem „Herrn“, wissend, dass diese Bezeichnung im Alten Testament als Anrede Gott vorbehalten war. Durch viele Zeichen hatte Jesus ihnen gezeigt, dass er göttliche Macht über die Natur, die Dämonen, die Sünde und den Tod hat. Der göttliche Ursprung von Jesu Sendung offenbarte sich in der Auferstehung von den Toten. Thomas bekennt: „Mein Herr und mein Gott!“ (Joh 20,28) Für uns bedeutet dies: Wenn Jesus „der Herr“ ist, darf ein Christ vor keiner anderen Macht seine Knie beugen. 76

Warum wurde Gott in Jesus Mensch?

„Für uns Menschen und um unseres Heiles willen ist er vom Himmel gekommen“ ( Credo von Nizäa/ Konstantinopel). [456–460]

Man kritisiert Christus nicht. Man kritisiert die Christen, weil sie ihm nicht ähnlich sind. François Mauriac (1914–1996, französischer Romancier)

Wo Gott nicht den ersten Platz einnimmt, … wird die Menschenwürde aufs Spiel gesetzt. Daher ist es dringend geboten, den heutigen Menschen dazu zu führen, das wahre Antlitz Gottes, der sich uns in Jesus Christus offenbart hat, zu entdecken. Benedikt X V I., 28.08.2005

Gott ist so groß, dass er klein werden kann. Gott ist so mächtig, dass er sich wehrlos machen kann und als wehrloses Kindlein auf uns zugeht, damit wir ihn lieben können. Benedikt X V I., 24.12.2005

52 53 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Jesus bedeutet auf Hebräisch: „Gott rettet“. In römischen Katakomben findet sich ein altchristliches Geheimzeichen, das ein Bekenntnis zu Christus war – das Wort ICHTHYS (= Fisch). Löst man das Wort in einzelne Buchstaben auf, so ergeben sich die Anfänge der griechischen Worte I esus, CH ristos, TH eou (= Gottes), hYos (= Sohn) und S oter (= Erlöser). Ichthys Zonton bedeutet: Fisch des Lebens.

75

Paul Claudel (1868–1955, französischer Dichter und Dramatiker)

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

An vielen Stellen des Neuen Testaments (Joh 1,14.18; 1 Joh 4,9; Hebr 11,7 u.a.) wird Jesus „Sohn“ genannt. Bei der Taufe und der Verklärung bezeichnet die himmlische Stimme Jesus als „geliebten Sohn“. Jesus eröffnet seinen Jüngern seine einzigartige Beziehung zum Vater im Himmel: „Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.“ (Mt 11,27) Dass Jesus Christus wirklich der Sohn Gottes ist, tritt bei der Auferstehung zutage.

Rede über Christus nur dann, wenn du gefragt wirst. Aber lebe so, dass man dich nach Christus fragt!

Tatsächlich klärt sich nur im Geheimnis des fleischgewordenen Wortes das Geheimnis des Menschen wahrhaft auf. Zweites Vatikanisches Konzil, GS

Römische Liturgie vom 1. Januar

Blaise Pascal

Eine Religion ohne Mysterium muss eine Religion ohne Gott sein. Jeremy Taylor (1613–1667, englischer geistlicher Schriftsteller)

Was bedeutet es, dass Jesus Christus wahrer Gott

und wahrer Mensch zugleich ist?

In Jesus ist Gott wirklich einer von uns und damit unser Bruder geworden; er hörte jedoch nicht auf, gleichzeitig Gott und damit unser Herr zu sein. Das Konzil von Chalkedon lehrte im Jahr 451, dass das Gottsein und das Menschsein in der einen Person Jesu Christi „ungetrennt und unvermischt“ verbunden sind. [464–467, 469] Die Kirche hat lange darum gerungen, wie das Verhältnis von Gottheit und Menschheit in Jesus Christus zum Ausdruck gebracht werden kann. Gottheit und Menschheit stehen nicht zueinander in Konkurrenz, so dass Jesus nur teilweise Gott und nur teilweise Mensch wäre. Es ist auch nicht so, dass sich das Göttliche und Menschliche in Jesus vermischen würden. Gott hat in Jesus nicht nur zum Schein einen menschlichen Leib angenommen (Doketismus), sondern er wurde wirklich Mensch. Auch handelt es sich beim Göttlichen und Menschlichen nicht um zwei verschiedene Personen (Nestorianismus). Schließlich ist es auch nicht so, dass in Jesus Christus die menschliche Natur in der göttlichen Natur ganz aufgehen würde (Monophysitismus). Gegen all diese Irrlehren hat die Kirche an dem Glauben festgehalten, dass Jesus Christus in einer Person zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch ist. Die berühmte Formel „ungetrennt und unvermischt“ (Konzil von Chalkedon) versucht nicht zu erklären, was für den menschlichen Verstand zu hoch ist, sondern hält sozusagen die Eckpunkte des Glaubens fest. Sie bezeichnet die „Richtung“, in der das Geheimnis der Person Jesu Christi gesucht werden kann.

78 Warum können wir Jesus nur als „Mysterium“ begreifen?

Da Jesus in Gott hineinragt, kann man ihn nicht unter Ausschluss der unsichtbaren göttlichen Wirklichkeit verstehen. [525–530, 536] Die sichtbare Seite an Jesus verweist auf die unsichtbare. Wir sehen in Jesu Leben zahlreiche Wirklichkeiten, die machtvoll da sind, die wir aber nur als Geheimnis verstehen können. Solche Mysterien ( Mysterium) sind etwa die Gottessohnschaft, die Menschwerdung, das Leiden und die Auferstehung Christi. 79



MYSTERIUM (griech. mysterion = Geheimnis): Ein Mysterium ist eine Wirklichkeit (oder ein Aspekt an einer Wirklichkeit), welche der rationalen Erkenntnis grundsätzlich entzogen ist.

Jesus leuchtet ein. Hans Urs von Balthasar (1905–1988, Schweizer katholischer Theologe)

Hatte Jesus eine Seele, einen Geist und einen Leib

wie wir auch?

Ja. Jesus „hat … mit seinen menschlichen Händen … gearbeitet, mit dem menschlichen Geist gedacht, mit einem menschlichen Willen gehandelt, mit einem menschlichen Herzen geliebt“ (Zweites Vatikanisches Konzil, GS 22, 2). [470–476]

Jesus aber wuchs heran, und seine Weisheit nahm zu. Lk 2,52

54 55 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Das Wissen um Gott ohne Kenntnis unseres Elends zeugt den Dünkel. Das Wissen unseres Elends ohne Kenntnis von Gott zeugt die Verzweiflung. Das Wissen um Jesus Christus schafft die Mitte, weil wir in ihm sowohl Gott als auch unser Elend finden.

77



E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Er blieb, was er war, und er nahm an, was er nicht war.

Gott hat in Jesus Christus die Welt mit sich versöhnt und die Menschen aus der Gefangenschaft der Sünde erlöst. „Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab“ (Joh 3,16). In Jesus nahm Gott unser sterbliches menschliches Fleisch an ( Inkarnat ion), teilte unser irdisches Schicksal, unsere Leiden und unseren Tod und wurde in allem einer von uns, außer in der Sünde.

denn einen solchen vater / wie er einer sein müsste / gibt es nicht / unter den vätern / der menschen … W ilhelm W illms, Ave Eva (1930–2002, Priester und Schriftsteller)

Zum vollen Menschsein Jesu gehört auch, dass Jesus eine Seele besaß und sich seelisch entwickelte. In dieser Seele waren seine menschliche Identität und sein besonderes Selbstbewusstsein beheimatet. Jesus wusste um die Einheit mit seinem himmlischen Vater im Heiligen Geist, von dem er sich in allen Situationen seines Lebens führen ließ. 80

KKK 487

Konzil von Ephesus, 431 (*) In Mt 1,23 heißt es: „Seht, die Jungfrau wird ein Kind empfangen, einen Sohn wird sie gebären, und man wird ihm den Namen Immanuel geben, das heißt übersetzt: Gott ist mit uns.“

Die Jungfräulichkeit Marias ist keine überholte mythologische Vorstellung, sondern grundlegend für das Leben Jesu. Er wurde von einer Frau geboren, hatte aber keinen menschlichen Vater. Jesus Christus ist ein von oben gestifteter neuer Anfang in der Welt. Im Lukasevangelium fragt Maria den Engel: „Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?“ (= mit keinem Mann schlafe, Lk 1,34); der Engel antwortet darauf: „Der Heilige Geist wird über dich kommen“ (Lk 1,35). Obwohl die Kirche seit ihren ersten Zeiten wegen ihres Glaubens an die Jungfräulichkeit Marias verspottet wurde, hat sie immer geglaubt, dass es sich dabei um eine reale und nicht bloß symbolische Jungfräulichkeit handelt. 117 81

Hatte Maria noch andere Kinder außer Jesus?

Nein. Jesus ist der einzige leibliche Sohn Marias. [500, 510] Schon in der frühen Kirche ging man von der dauernden Jungfräulichkeit Marias aus, was leibliche Geschwister Jesu ausschließt. Im Aramäischen, der Muttersprache Jesu, gibt es nur ein Wort für Bruder und Schwester, Vetter und Cousine. Wo in den Evangelien von „Brüdern und Schwestern“ Jesu (etwa Mk 3,31–35) gesprochen wird, handelt es sich um nahe Verwandte Jesu.

nennen? Nein. Wer Maria Mutter Gottes nennt, bekennt damit, dass ihr Sohn Gott ist. [495, 509] Als die frühe Christenheit darum stritt, wer Jesus war, wurde der Titel Theotokos („Gottesgebärerin“) zum Erkennungszeichen der rechtgläubigen Interpretation der Heiligen Schrift: Maria hat nicht nur einen Menschen geboren, der dann nach seiner Geburt Gott „geworden“ wäre, sondern schon in ihrem Leib ist ihr Kind der wahre Sohn Gottes. Es geht bei dieser Frage nicht zuerst um Maria, sondern wieder um die Frage, ob Jesus wahrer Mensch und wahrer Gott zugleich ist. 117 83

Wo der Glaube an die Mutter Gottes sinkt, da sinkt auch der Glaube an den Sohn Gottes und den Gott Vater. Ludwig Feuerbach (1804–1872, atheistischer Philosoph, in „Das Wesen des Christentums“)

Was bedeutet „unbefleckte Empfängnis Marias“?

Die Kirche glaubt, „dass die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch ein einzigartiges Gnadenprivileg des allmächtigen Gottes, im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi, des Erretters des Menschengeschlechtes, von jedem Schaden der Erbsünde unversehrt bewahrt wurde“ (Dogma von 1854; DOGMA). [487–492, 508] Den Glauben an die „unbefleckte Empfängnis“ gibt es seit dem Beginn der Kirche. Der Begriff ist heute missverständlich. Er macht eine Aussage darüber, dass Gott Maria vor der Erbsünde bewahrte, und zwar von Anfang an. Er macht keine Aussage über die Empfängnis Jesu im Leib Marias. Schon gar nicht ist er eine Abwertung der Sexualität im Christentum, so als würden Mann und Frau sich „beflecken“, wenn sie ein Kind zeugen. 68–69 84

War Maria nur ein Werkzeug Gottes?

Maria war mehr als nur passives Werkzeug Gottes. Auch durch ihre aktive Zustimmung ereignete sich die Menschwerdung Gottes. [493–494, 508–511] Dem Engel, der ihr sagte, sie werde den „Sohn des Höchsten“ gebären, antwortete Maria: „Mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Die Erlösung der

56 57

1858 hatte die hl. Bernadette Soubirous in Lourdes eine Begegnung mit Maria, in der sie sich als die "Unbefleckte Empfängnis" zu erkennen gab.

Die Antwort Marias … ist das entscheidungsschwerste Wort der Geschichte. Reinhold Schneider (1903–1958, deutscher Schriftsteller)

[ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Wenn jemand nicht bekennt, dass der Immanuel (*) in Wahrheit Gott und die heilige Jungfrau deshalb Gottesgebärerin ist … so sei er ausgeschlossen.

Gott wollte, dass Jesus Christus eine wahre menschliche Mutter, aber nur Gott selbst zum Vater hat, weil er einen Neuanfang machen wollte, der nicht irdischen Kräften, sondern allein ihm zu verdanken ist. [484–504, 508–510]

Ist es nicht anstößig, Maria „Mutter“ Gottes zu

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Was die Katholische Kirche von Maria glaubt und lehrt, gründet auf dem Glauben an Christus.

Warum ist Maria Jungfrau?

82

Maria ist die zärtlichste Mutter des Menschengeschlechtes, sie ist die Zuflucht der Sünder. Hl. Alphons von L iguori (1696–1787, Gründer der Redemptoristen, Mystiker und Kirchenlehrer)

Menschheit durch Jesus Christus beginnt so mit einer Anfrage Gottes, der freien Zustimmung eines Menschen – und einer Schwangerschaft, bevor Maria mit Josef verheiratet war. Auf so ungewöhnlichen Wegen wurde Maria für uns die „Pforte des Heiles“. 479 85

Wieso ist Maria auch unsere Mutter?

Maria ist unsere Mutter, weil Christus, der Herr, sie uns zur Mutter gab. [963–966, 973]

Frère Roger Schutz (1915–2005, Gründer und Prior der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé)

Vatikanische Verlautbarung „Über die Zusammenarbeit von Mann und Frau“, 31.05.04

86



Warum trat Jesus 30 Jahre seines Lebens

öffentlich überhaupt nicht in Erscheinung?

Jesus wollte das normale Leben mit uns teilen und unseren Alltag damit heiligen. [531–534, 564] Jesus war ein Kind, das von seinen Eltern Liebe und Zuneigung empfing und von ihnen erzogen wurde. „Seine Weisheit nahm zu und und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen“ (Lk 2,52); er gehörte einer jüdischen Dorfgemeinschaft an und nahm an den religiösen Ritualen teil; er erlernte einen Handwerksberuf und musste sich darin bewähren. Dass Gott in Jesus in eine menschliche Familie hineingeboren werden und darin aufwachsen wollte, hat die Familie zu einem Ort Gottes und zu einem Urbild der helfenden Gemeinschaft gemacht. 87



Warum ließ sich Jesus von Johannes taufen,

obwohl er ohne Sünde war?

Taufen heißt tauchen. In seiner Taufe tauchte Jesus hinab in die Sündengeschichte der ganzen Menschheit. Er hat dadurch ein Zeichen gesetzt. Um uns von unseren Sünden zu erlösen, würde er eines Tages in den Tod untergetaucht, aber durch die Macht seines Vaters wieder zum Leben erweckt werden. [535–537, 565]

88 Warum wurde Jesus in Versuchung geführt? Konnte er überhaupt wirklich in Versuchung geführt werden?

Zum wahren Menschsein Jesu gehört seine wahre Versuchbarkeit. In Jesus Christus haben wir nicht etwa einen Erlöser, „der nicht mitfühlen könnte mit unserer Schwäche, sondern einen, der in allem wie wir in Versuchung geführt worden ist, aber nicht gesündigt hat“ (Hebr 4,15). [538–540, 566] 89

Wem verspricht Jesus das „Reich Gottes“?

Gott will, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4). Das „Reich Gottes“ beginnt bei den Menschen, die sich von Gottes Liebe verwandeln lassen. Das sind nach der Erfahrung Jesu vor allem die Armen und die Kleinen. [541–546, 567] Selbst Menschen, die der Kirche fernstehen, finden es faszinierend an Jesus, dass er sich mit einer Art parteiischer Liebe zuerst an die gesellschaftlich und sozial Ausgegrenzten wendet. In der Bergpredigt sind es die Armen und die Trauernden, die Opfer von Verfolgung und Gewalt, alle, die Gott mit reinem Herzen suchen, alle, die seine Barmherzigkeit, seine Gerechtigkeit und seinen Frieden suchen, die einen vorrangigen Zugang zum Reich Gottes haben. Besonders eingeladen sind auch die Sünder: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten.“ (Mk 2,17)

Gertrud von Le Fort (1876–1971), deutsche Schriftstellerin

Jeden Tag … muss der Christ einen Kampf bestehen, der dem gleicht, den Christus in der Wüste von Judäa durchgestanden hat, wo er vierzig Tage lang vom Teufel versucht wurde. … Es geht um einen geistlichen Kampf, der gegen die Sünde und letztlich gegen den Satan gerichtet ist. Es ist ein Kampf, der die ganze Person einbezieht und ständig aufmerksame Wachsamkeit erfordert. Benedikt X V I., 01.03.2006

Jesus sagt von seinem Vater: „Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe; damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Blinden das Augenlicht; damit ich die Zerschlagenen in Freiheit setze und ein Gnadenjahr des Herrn ausrufe.“ Lk 4,18–19

58 59 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Kinder lernen in der Familie „lieben, weil sie selber umsonst geliebt werden; sie lernen jede andere Person achten, weil sie selber geachtet werden; sie lernen das Antlitz Gottes kennen, weil sie dessen erste Offenbarung von einem Vater und einer Mutter erhalten, die ihnen ihre ganze Zuwendung schenken“.

„Frau, siehe, dein Sohn … Siehe, deine Mutter!“ (Joh 19,26b–27a) Diese Worte, die Jesus vom Kreuz herab zu Johannes sprach, sind von der Kirche immer als ein Anvertrauen der ganzen Kirche an Maria verstanden worden. So ist Maria auch unsere Mutter. Wir dürfen sie anrufen und um Fürbitte bei Gott bitten. 147–149

Zwischen Sündern und Gerechten gibt es eine Gemeinschaft; denn es gibt überhaupt keine Gerechten.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Je mehr die Kirche nach dem Bild Marias lebt, desto mütterlicher wird sie, desto mehr kann man in ihr neu aus Gott geboren werden, eine Versöhnung vollziehen.

Sünder – Soldaten, Dirnen, Zöllner – zogen zum Täuferpropheten Johannes hinaus, weil sie die „Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden“ (Lk 3,3) suchten. Eigentlich brauchte Jesus diese Taufe nicht, da er ohne Sünde war. Dass er sich dieser Taufe unterzog, zeigt uns zweierlei: Jesus nimmt unsere Sünden auf sich. Jesus versteht seine Taufe als Vorausdeutung auf sein Leiden und seine Auferstehung. Auf dieses Zeichen seiner Bereitschaft, für uns zu sterben, öffnet sich der Himmel: „Du bist mein geliebter Sohn.“ (Lk 3,22b)

Ein Wunder passiert nicht gegen die Natur, sondern gegen unser Wissen von der Natur. Augustinus

Thomas von Kempen (1379/1380–1471, deutscher Mystiker, Autor der „Nachfolge Christi“)

Mk 7,37

fromme Märchen?

Jesus hat wirkliche Wunder gewirkt, ebenso die Apostel. Die neutestamentlichen Autoren beziehen sich auf reale Ereignisse. [547–550] Schon die ältesten Quellen berichten von zahlreichen Wundern, sogar Totenerweckungen als Bestätigung der Verkündigung Jesu: „Wenn ich aber die Dämonen durch den Geist Gottes austreibe, dann ist das Reich Gottes schon zu euch gekommen.“ (Mt 12,28) Die Wunder geschahen im öffentlichen Raum; die betroffenen Personen waren teils namentlich bekannt, etwa der blinde Bartimäus (Mk 10,46–52) oder die Schwiegermutter des Petrus (Mt 8,14–15). Auch gab es Wunder, die für die jüdische Umgebung schockierende Freveltaten darstellten (z.B. die Heilung eines Gelähmten am Sabbat, die Heilung Aussätziger). Dennoch wurden sie vom zeitgenössischen Judentum nicht bestritten. 91

Wieso wirkte Jesus Wunder?

Die Wunder, die Jesus wirkte, waren Zeichen des beginnenden Reiches Gottes. Sie waren Ausdruck seiner Liebe zu den Menschen und bekräftigten seine Sendung. [547–550] Jesu Wunder waren nicht magische Selbstdarstellung. Er war erfüllt von der Macht der heilenden Liebe Gottes. Durch Wunder zeigte er, dass er der Messias ist und das Reich Gottes in ihm beginnt. So wurde der Anbruch der neuen Welt erfahrbar: Er befreite von Hunger (Joh 6,5–15), Unrecht (Lk 19,8), Krankheit und Tod (Mt 11,5). Mit der Austreibung von Dämonen begann er seinen Siegeszug gegen den „Herrscher dieser Welt“ (Joh 12,31; gemeint ist Satan). Dennoch nahm Jesus nicht alle Übel und alles Böse aus der Welt. Er legte sein Hauptaugenmerk auf die Befreiung des Menschen aus der Sklaverei der Sünde. Es kam ihm zentral auf den Glauben an, den er auch durch Wunder hervorrief. 241–242

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Wozu berief Jesus Apostel?

Jesus hatte einen großen Kreis von Jüngern um sich, Männer und Frauen. Aus diesem Kreis erwählte er zwölf Männer, die er Apostel nannte (Lk 6,12–16). Die Apostel wurden von ihm besonders ausgebildet und mit verschiedenen Aufgaben betraut: „Er sandte sie aus mit dem Auftrag, das Reich Gottes zu verkünden und zu heilen“ (Lk 9,2). Jesus nahm nur diese zwölf Apostel mit zum Letzten Abendmahl, wo er ihnen den Auftrag gab: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (Lk 22,19b). [551–553, 567] Die Apostel wurden zu Zeugen der Auferstehung Jesu und Garanten seiner Wahrheit. Sie führten den Auftrag Jesu nach seinem Tod weiter. Sie erwählten Nachfolger für ihren Dienst: die Bischöfe. Die Nachfolger der Apostel nehmen noch heute die von Jesus erteilte Vollmacht wahr: Sie leiten und lehren und feiern Gottesdienst. Der Zusammenhalt der Apostel wurde zur Grundlage für die Einheit der Kirche ( Apostolische Sukzession). Unter den Zwölfen ragte noch einmal Petrus hervor, dem Jesus besondere Autorität verlieh: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ (Mt 16,18) Aus der besonderen Stellung des Petrus unter den Aposteln ging das Papstamt hervor. 137 93

Wieso wurde Christus auf dem Berg verklärt?

Der Vater wollte schon im irdischen Leben Jesu die göttliche Herrlichkeit seines Sohnes offenbaren. Die Verklärung Christi sollte den Jüngern später helfen, seinen Tod und seine Auferstehung zu verstehen. [554–556, 568] Drei Evangelien berichten, wie Jesus auf dem Gipfel eines Berges vor den Augen seiner Jünger zu leuchten beginnt („verklärt“ wird). Die Stimme des himmlischen Vaters nennt Jesus den „geliebten Sohn“, auf den man hören müsse. Petrus möchte „drei Hütten bauen“ und den Augenblick festhalten. Jesus ist jedoch auf dem Weg in das Leiden. Seine Jünger sollen nur gestärkt werden.

Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Joh 20,21b

Wenn einem die Gnade einer starken Gotteserfahrung geschenkt wird, dann ist es so, als würde man etwas Ähnliches wie die Jünger bei der Verklärung erleben: Einen Augenblick lang hat man einen Vorgeschmack auf das, was die Seligkeit des Paradieses sein wird. Normalerweise handelt es sich um kurze Erfahrungen, die Gott manchmal gewährt, vor allem im Hinblick auf harte Prüfungen. Benedikt X V I., 12.03.2006

60 61 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Außer sich vor Staunen sagten sie: Er hat alles gutgemacht; er macht, dass die Tauben hören und die Stummen sprechen.



Hat Jesus Wunder gewirkt, oder sind das nur

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Nirgendwo in der Welt ist ein so großes Wunder geschehen wie in jener kleinen Hütte zu Betlehem; hier sind eins geworden: Gott und Mensch.

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er s t er t e il – WA S W IR GL AUBEN

Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahrheit.

62 63 [I I] 2. K A P I T E L : I C H GL AUBE A N JE S US C HR I S T US

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Joh 1,14

Dann begann er, sie darüber zu belehren, der Menschensohn müsse vieles erleiden und von den Ältesten, den Hohepriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden. Mk 8,31

94



95

Lk 22,14–16

Paschafestes für seinen Tod und seine Auferstehung?

Jesus wählte das Paschafest seines Volkes Israel als Sinnbild für das, was in Tod und Auferstehung mit ihm geschehen sollte. Wie das Volk Israel aus der Sklaverei Ägyptens befreit wurde, so befreit uns Christus aus der Sklaverei der Sünde und von der Macht des Todes. [571–573] Das Paschafest war das Fest der Befreiung Israels aus der Versklavung in Ägypten. Jesus ging nach Jerusalem, um uns auf noch tiefere Weise zu befreien. Er feierte mit seinen Jüngern das Paschamahl; statt jedoch das traditionelle Paschalamm zu schlachten, machte er sich selbst zum Opferlamm. Als „unser Paschalamm ist Christus geopfert worden“ (1 Kor 5,7b), um ein für alle Mal die endgültige Versöhnung zwischen Gott und den Menschen zu stiften. 171 96



Wieso verurteilte man einen Mann des Friedens

wie Jesus zum Tod am Kreuz?

Jesus stellte seine Umwelt vor die Entscheidungsfrage: Entweder wirkte er in göttlicher Vollmacht, oder er war ein Hochstapler, Gotteslästerer und Gesetzesbrecher und musste nach dem Gesetz zur Rechenschaft gezogen werden. [574–576] In vieler Hinsicht war Jesus eine einzige Provokation für das traditionelle Judentum seiner Zeit. Er hat Sünden vergeben, was nur Gott allein tun kann; er hat das Sabbatgebot relativiert, sich des Verdachts der Gotteslästerung ausgesetzt und den Vorwurf auf sich gezogen, ein falscher Prophet zu sein. Dies alles sind Vergehen, für die das Gesetz die Todesstrafe vorsah.

Sind die Juden schuld an Jesu Tod?

Niemand darf „den Juden“ eine Kollektivschuld am Tod Jesu geben. Was die Kirche mit Sicherheit bekennt, ist hingegen die Mitschuld aller Sünder am Tod Jesu. [597–598] Der greise Prophet Simeon sah voraus, Jesus werde „ein Zeichen sein, dem widersprochen wird“ (Lk 2,34b). So gab es die entschiedene Ablehnung Jesu durch jüdische Autoritäten, aber unter den Pharisäern beispielsweise auch heimliche Anhänger Jesu, wie Nikodemus und Josef von Arimathäa. Am Prozess Jesu waren verschiedene römische und jüdische Personen und Institutionen (Kajaphas, Judas, der Hohe Rat, Herodes, Pontius Pilatus) beteiligt, deren individuelle Schuld nur Gott kennt. Die These, alle damals oder heute lebenden Juden seien schuld am Tod Jesu, ist unvernünftig und biblisch nicht haltbar. 135 98

Wollte Gott den Tod seines eigenen Sohnes?

Zum gewaltsamen Tod Jesu kam es nicht durch tragische äußere Umstände. Jesus wurde „nach Gottes beschlossenem Willen und Vorauswissen hingegeben“ (Apg 2,23). Damit wir Kinder der Sünde und des Todes das Leben haben, hat der Vater im Himmel „den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht“ (2 Kor 5,21). Die Größe des Opfers, das Gott, der Vater, von seinem Sohn verlangte, entsprach aber der Größe der Hingabe Christi: „Soll ich sagen: ‚Vater, rette mich aus dieser Stunde?’ Aber deshalb bin ich in diese Stunde gekommen.“ (Joh 12,27) Von beiden Seiten ist es Liebe, die sich im Äußersten des Kreuzes bewährte. [599–609, 620] Um uns aus dem Tod zu retten, begab sich Gott auf eine gefährliche Mission: Er schleuste ein „Medikament der Unsterblichkeit“ (Ignatius von Antiochien) in unsere Welt des Todes ein – seinen Sohn Jesus Christus. Vater und Sohn waren untrennbare Verbündete in dieser Mission, bereit und voller Sehnsucht, aus Liebe das Äußerste für den Menschen auf sich zu nehmen. Gott wollte einen Tausch vollziehen, um uns immer zu retten. Er wollte

Dämonen sind nicht die, die ihn gekreuzigt haben, sondern du, der du ihn zusammen mit ihnen gekreuzigt hast und immer noch kreuzigst, indem du dich in Lastern und Sünden vergnügst. Franziskus von Assisi

Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung. Joh 13,1

Es gibt keine andere Leiter, um zum Himmel emporzusteigen, als das Kreuz. Hl. Rosa von L ima (1586–1617, peruanische Nationalheilige, erste Heilige Amerikas)

64 65 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Als die Stunde gekommen war, begab er sich mit den Aposteln zu Tisch. Und er sagte zu ihnen: Ich habe mich sehr danach gesehnt, vor meinem Leiden dieses Paschamahl mit euch zu essen. Denn ich sage euch: Ich werde es nicht mehr essen, bis das Mahl seine Erfüllung findet im Reich Gottes.

Warum wählte Jesus das Datum des jüdischen

97

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Mk 10,33–34

Jerusalem einzog?

Ja. Dreimal hatte Jesus sein Leiden und seinen Tod angekündigt, ehe er bewusst und freiwillig (Lk 9,51) zum Ort seines Leidens ging. [557–560, 569–570]

Er sagte: Wir gehen jetzt nach Jerusalem hinauf; dort wird der Menschensohn den Hohepriestern und den Schriftgelehrten ausgeliefert; sie werden ihn zum Tod verurteilen und den Heiden übergeben; sie werden ihn verspotten, anspucken, geißeln und töten. Aber nach drei Tagen wird er auferstehen.

Wusste Jesus, dass er sterben würde, als er in

Nur wer ernsthaft darüber nachgedacht hat, wie schwer das Kreuz ist, kann begreifen, wie schwer die Sünde wiegt. Anselm von C anterbury

uns sein ewiges Leben geben, damit wir seine Freude genießen, und wollte unser Sterben, unsere Verzweiflung, unsere Verlassenheit, unseren Tod erleiden, um in allem mit uns Gemeinschaft zu haben. Um uns bis zum Ende zu lieben und darüber hinaus. Christi Tod ist der Wille des Vaters, aber nicht sein letztes Wort. Seit Christus für uns gestorben ist, können wir unseren Tod gegen sein Leben tauschen.

Mit denselben menschlichen Kräften, die wir alle besitzen, musste Jesus um innere Zustimmung zum Willen des Vaters kämpfen, sein Leben für das Leben der Welt zu geben. In seiner schwersten Stunde von aller Welt und sogar seinen Freunden verlassen, rang sich Jesus zu einem Ja durch. „Mein Vater, wenn dieser Kelch an mir nicht vorübergehen kann, ohne dass ich ihn trinke, geschehe dein Wille“ (Mt 26,42) 476

Was geschah beim Letzten Abendmahl?

Jesus wusch seinen Jüngern am Abend vor seinem Tod die Füße; er setzte die Eucharistie ein und begründete das Priestertum des Neuen Bundes. [610–611] Jesus zeigte seine Liebe bis zur Vollendung in dreifacher Weise: Er wusch seinen Jüngern die Füße und zeigte, dass er unter uns ist wie der, der bedient (vgl. Lk 22,27). Er nahm sein erlösendes Leiden zeichenhaft voraus, indem er über die Gaben von Brot und Wein die Worte sprach: „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird…“ (Lk 22,19ff). Auf diese Weise setzte er die Heilige Eucharist ie ein. Indem Jesus die Apostel aufforderte: „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor 11,24b), machte er sie zu Priestern des Neuen Bundes. 208–223

Nachdrücklicher konnte Gott uns seine Liebe nicht zeigen, als sich für uns in Gestalt des Sohnes ans Kreuz schlagen zu lassen. Das Kreuz war das schändlichste und grausamste Hinrichtungsmittel der Antike. Römische Bürger durften nicht gekreuzigt werden, was immer sie sich zuschulden kommen ließen. Damit trat Gott in die abgründigsten Leiden der Menschheit ein. Seitdem kann niemand mehr sagen: „Gott weiß nicht, was ich leide.“ 102 Wieso sollen auch wir das Leid in unserem Leben



akzeptieren und so „das Kreuz auf uns nehmen“ und damit Jesus nachfolgen?

Christen sollen das Leid nicht suchen, aber wo sie mit unausweichlichem Leid konfrontiert sind, kann es für sie einen Sinn bekommen, wenn sie ihre Leiden mit den Leiden Christi vereinigen: „Christus hat für euch gelitten und euch ein Beispiel gegeben, damit ihr seinen Spuren folgt“ (1 Petr 2,21). [618]

Eine der ältesten Kreuzesdarstellungen ist ein Spottkreuz aus dem Palatin (200), mit dem der Erlöser der Christen verspottet werden sollte. Die Inschrift lautet: „Alexamenos betet seinen Gott an.“

Passion (lat. passio = Krankheit, Leiden): Bezeichnung für das Leiden Christi.

66

Gott breitet am Kreuz seine Hände aus, um die äußersten Enden des Universums zu umarmen. Hl. C yrill von Jerusalem (um 313–386/387, Kirchenvater)

Wir Christen gehen nur deshalb in den Stürmen der Welt nicht unter, weil wir vom Kreuzesholz getragen werden. Augustinus

67 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Das Kreuz, an dem Jesus schuldlos grausam hingerichtet wurde, ist der Ort der äußersten Erniedrigung und Verlassenheit. Christus, unser Erlöser, wählte das Kreuz, um die Schuld der Welt zu tragen und das Leid der Welt zu leiden. So hat er die Welt durch seine vollkommene Liebe wieder zu Gott heimgeholt. [613–617, 622–623]

99

Benedikt X V I., 15.03.2006

Da Jesus wahrer Mensch war, empfand er am Ölberg wahrhaft menschliche Todesangst. [612]

101 Warum musste uns Jesus ausgerechnet am Kreuz erlösen?

Joh 13,12–15

In gewissem Sinne können wir sagen, dass gerade das Letzte Abendmahl der Gründungsakt der Kirche ist, weil Er selbst sich hingibt und auf diese Weise eine neue Gemeinschaft schafft, eine Gemeinschaft, die vereint ist in der Gemeinschaft mit Ihm selbst.

Tod, wirklich Todesangst?

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Als er ihnen die Füße gewaschen, sein Gewand wieder angelegt und Platz genommen hatte, sagte er zu ihnen: Begreift ihr, was ich an euch getan habe? Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so, denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.

100 Hatte Jesus am Ölberg, in der Nacht vor seinem



Man muss sein Kreuz tragen und nicht schleppen, und man muss es wie einen Schatz fassen, nicht wie eine Last. Durch das Kreuz allein können wir ja Jesus ähnlich werden. François Fénelon (1651–1715, französischer Schriftsteller)

Jesus hat gesagt; „Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach“ (Mk 8,34). Christen haben den Auftrag, das Leid in der Welt zu mildern. Dennoch wird es weiterhin Leid geben. Wir können im Glauben unser eigenes Leid annehmen und fremdes Leid teilen. Auf diese Weise wird menschliches Leiden eins mit der erlösenden Liebe Christi und damit Teil der göttlichen Kraft, die die Welt zum Guten verändert.

Christi zu glauben?



Jesus auferstanden ist?

Die Jünger, die zuvor jede Hoffnung verloren hatten, kamen zum Glauben an Jesu Auferstehung, weil sie ihn nach seinem Tod auf unterschiedliche Weise sahen, mit ihm sprachen und ihn als lebend erfuhren. [640–644, 656] Die Osterereignisse, die sich um das Jahr 30 in Jerusalem abspielten, sind keine erfundene Geschichte. Unter dem Eindruck des Todes Jesu und der Niederlage ihrer gemeinsamen Sache flohen die Jünger („Wir aber hatten gehofft, dass er der sei, der Israel erlösen werde“, Lk 24,21) oder verbarrikadierten sich hinter verschlossenen Türen. Erst die Begegnung mit dem auferstandenen Christus löste sie aus ihrer Erstarrung und erfüllte sie mit einem begeisterten Glauben an Jesus Christus, den Herrn über Leben und Tod.

Johannes Paul I I., Salvifici Doloris

Das Ereignis des Todes und der Auferstehung Christi ist das Herz des Christentums, der tragende Mittelpunkt unseres Glaubens, der mächtige Antrieb unserer Gewissheit, der starke Wind, der alle Angst und Unsicherheit, jeden Zweifel und jede menschliche Berechnung vertreibt. Benedikt X V I., 19.10.2006

106 Gibt es Beweise für die Auferstehung Jesu? 103 War Jesus wirklich tot – oder konnte er vielleicht



deshalb auferstehen, weil er nur scheinbar den Tod erlitten hatte?

Jesus Christus starb wirklich am Kreuz; sein Leichnam wurde bestattet. Das bezeugen alle Quellen. [627] In Joh 19,33 ff. stellen die Soldaten sogar ausdrücklich den Tod Jesu fest: Sie öffnen dem toten Jesus mit einer

Für die Auferstehung Jesu gibt es keine Beweise im naturwissenschaftlichen Sinn. Es gibt aber sehr starke individuelle und kollektive Bezeugungen durch eine Vielzahl von Zeitgenossen der Jerusalemer Ereignisse. [639–644, 647, 656–657] Das älteste schriftliche Zeugnis für die Auferstehung ist ein Brief, den der hl. Paulus ca. 20 Jahre nach Christi Tod an die Korinther schrieb: „Vor allem habe ich euch

Wer Ostern kennt, kann nicht verzweifeln. Dietrich Bonhoeffer (1906–1945, evangelischer Theologe und Widerstandskämpfer gegen Hitler, der im KZ Flossenbürg umgebracht wurde)

68 69 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

Indem er die Erlösung durch das Leiden bewirkte, hat Christus gleichzeitig das menschliche Leiden auf die Ebene der Erlösung gehoben. Darum kann auch jeder Mensch durch sein Leiden am erlösenden Leiden Christi teilhaben.

Das Grabtuch von Turin ist ein Leinentuch aus dem 1. Jh. 1898 wurde es von einem Turiner Fotografen erstmals aufgenommen. Bei der Betrachtung der Fotonegative entdeckte man im Leinengewebe das geheimnisvolle Bildnis eines antiken Folteropfers, dessen Wundmale genau den Berichten der Evangelien entsprechen.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

105 Wie kamen die Jünger dazu, zu glauben, dass

Thomas von Kempen

Mutter Teresa

104 Kann man Christ sein, ohne an die Auferstehung



Nein. „Ist Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“ (1 Kor 15,14) [631, 638, 651]

Wenn du dein Kreuz freudig trägst, wird es dich tragen.

Wenn wir auf das Kreuz schauen, verstehen wir die Größe seiner Liebe. Wenn wir auf die Krippe schauen, verstehen wir die Zärtlichkeit seiner Liebe zu dir und zu mir, zu deiner Familie und jeder Familie.

Lanze die Seite und sehen, dass Blut und Wasser austritt. Zudem heißt es, dass den Mitgekreuzigten die Beine gebrochen wurden – eine Maßnahme, um den Sterbeprozess zu beschleunigen, die bei Jesus zum fraglichen Zeitpunkt nicht mehr erforderlich war, da bei ihm der Tod schon eingetreten war.

Frère Roger Schutz

überliefert, was auch ich empfangen habe: Christus ist für unsere Sünden gestorben, gemäß der Schrift, und ist begraben worden. Er ist am dritten Tag auferweckt worden, gemäß der Schrift, und erschien dem Kephas, dann den Zwölf. Danach erschien er mehr als fünfhundert Brüdern zugleich; die meisten von ihnen sind noch am Leben, einige sind entschlafen.“ (1 Kor 15,3–6) Paulus berichtet hier von einer lebendigen Überlieferung, die er in der Urgemeinde vorfand, als er zwei oder drei Jahre nach Jesu Tod und Auferstehung selbst Christ wurde – aufgrund seiner eigenen umwerfenden Begegnung mit dem auferstandenen Herrn. Als ersten Hinweis auf die Wirklichkeit der Auferstehung begriffen die Jünger die Tatsache des leeren Grabes (Lk 24,5–6). Ausgerechnet Frauen – sie waren nach damaligem Recht zeugnisunfähig – entdeckten es. Obwohl es vom Apostel Johannes bereits am leeren Grab heißt, er „sah und glaubte“ (Joh 20,8b), festigte sich die Gewissheit, dass Jesus lebt, erst durch eine Fülle von Erscheinungen. Die Vielzahl der Begegnungen mit dem Auferstandenen endete mit Christi Himmelfahrt. Dennoch gab es danach und gibt es bis heute Begegnungen mit dem lebendigen Herrn: Jesus Christus lebt.

Jesus erscheint Maria von Magdala, die ihn nicht gleich erkennt. „Jesus sagte zu ihr: Maria! Da wandte sie sich ihm zu und sagte auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt: Meister.“ Joh 20,16

körperlichen Zustand zurück, den er während seines irdischen Lebens hatte?

Der auferstandene Herr ließ sich von den Jüngern berühren, er aß mit ihnen und zeigte ihnen die Wunden seiner Leiden. Dennoch gehörte sein Leib nicht mehr nur der Erde, sondern dem göttlichen Bereich des Vaters an. [645–646] Der auferstandene Christus, der die Wunden des Gekreuzigten trägt, ist nicht mehr an Raum und Zeit gebunden. Er konnte durch verschlossene Türen eintreten und seinen Jüngern an verschiedenen Orten und in einer Gestalt erscheinen, in der sie ihn nicht unmittelbar erkannten. Seine Auferstehung war also keine Rückkehr ins normale irdische Leben, sondern der Eingang in eine neue Seinsweise: „Wir wissen, dass Christus, von den Toten auferweckt, nicht mehr stirbt; der Tod hat keine Macht mehr über ihn.“ (Röm 6,9)

verändert? Weil mit dem Tod nun nicht mehr alles aus ist, ist Freude und Hoffnung in die Welt gekommen. Nachdem der Tod „keine Macht mehr“ (Röm 6,9) über Jesus hatte, hat er auch keine Macht mehr über uns, die wir zu Jesus gehören. [655, 658]

Wer die Osterbotschaft gehört hat, der kann nicht mehr mit tragischem Gesicht herumlaufen und die humorlose Existenz eines Menschen führen, der keine Hoffnung hat. Friedrich Schiller (1759-1805, deutscher Dichter und Dramatiker)

109 Was heißt: Jesus ist in den



Himmel aufgefahren?

Mit Jesus ist einer von uns bei Gott angekommen und für immer da. In seinem Sohn ist Gott uns Menschen menschlich nah. Zudem sagt Jesus im Johannesevangelium: „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde alle zu mir ziehen.“ (Joh 12,32) [659–667] Im Neuen Testament markiert die Himmelfahrt Christi das Ende einer vierzigtägigen besonderen Nähe des Auferstandenen zu seinen Jüngern. Am Ende dieser Zeit geht Christus mit seinem ganzen Menschsein in die Herrlichkeit Gottes ein. Die Heilige Schrift bringt dies zum Ausdruck durch die Sinnbilder von „Wolke“ und „Himmel“. „Der Mensch“, sagt Papst Benedikt XVI., „findet Raum in Gott“. Jesus Christus ist nun beim Vater, von wo er eines Tages kommen wird, „zu richten die Lebenden und die Toten“. Christi Himmelfahrt bedeutet, dass Jesus nicht mehr sichtbar auf der Erde ist, aber dennoch gegenwärtig und da.

Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel empor? Dieser Jesus, der … in den Himmel aufgenommen wurde, wird ebenso wiederkommen, wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen. Apg 1,11

Denn in ihm wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten; alles ist durch ihn und auf ihn hin geschaffen. Kol 1,16

110 Warum ist Jesus Christus der Herr der ganzen Welt?

Jesus Christus ist Herr der Welt und Herr der Geschichte, weil alles auf ihn hin geschaffen wurde. Alle Menschen sind von ihm erlöst worden und werden durch ihn gerichtet. [668–674, 680]

70 71 [ I I ] 2 . K apitel : I ch glaube an J esus C hristus

107 Kehrte Jesus durch die Auferstehung in den



108 Was hat sich durch die Auferstehung in der Welt

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Strahlend zieht die Liebe Gottes vorüber, der Heilige Geist durchquert wie ein Blitz jeden Menschen in seiner Nacht. Bei diesem Vorüberkommen ergreift dich der Auferstandene, er belädt sich mit allem, er nimmt alles auf sich, was unerträglich ist. Erst hinterher, manchmal erst sehr viel später, wird dir klar: Christus kam vorüber und schenkte aus seiner Überfülle.

Parusie (griech. = persönliche Gegenwart) Die Wiederkunft Christi beim Jüngsten Gericht.

111 Wie wird das sein, wenn die Welt zu Ende geht?

Wenn die Welt zu Ende geht, kommt Christus – für alle sichtbar. [675–677]

Lk 21,26.28

112 Wie wird das sein, wenn Christus uns und die

Gott wirft keine Seele weg, sie werfe sich denn selber weg: Eine jede ist sich selbst Gericht. Jakob Böhme (1575–1624, Mystiker, Pantheist)

ganze Welt richtet?

Wer von der Liebe nichts wissen will, dem kann auch Christus nicht helfen; er richtet sich selbst. [678–679, 681–682] Weil Jesus Christus „der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6) ist, wird sich an ihm zeigen, was vor Gott Bestand hat und was nicht. Am Maßstab seines Lebens wird die volle Wahrheit über alle Menschen, Dinge, Gedanken und Ereignisse zutage treten. 157, 163

Ich glaube an den Heiligen Geist 113 Was heißt: Ich glaube an den Heiligen Geist?

An den Heiligen Geist glauben heißt, ihn ebenso als Gott anzubeten wie den Vater und den Sohn. Es heißt daran glauben, dass der Heilige Geist in unser Herz kommt, damit wir als Kinder Gottes unseren Vater im Himmel erkennen. Vom Geist Gottes bewegt, können wir das Angesicht der Erde verändern. [683–686] Vor seinem Tod hatte Jesus den Jüngern versprochen, ihnen einen „anderen Beistand“ (Joh 14,16) zu schicken, wenn er nicht mehr bei ihnen sein würde. Als dann über die Jünger der Urkirche der Heilige Geist ausgegossen wurde, erfuhren sie, was Jesus gemeint hatte. Sie erlebten eine tiefe Sicherheit und Freude im Glauben und erhielten bestimmte Charismen; d.h., sie konnten prophezeien, heilen und Wunder wirken. Bis heute gibt es in der Kirche Menschen, die solche Gaben haben und diese Erfahrungen machen. 35–38, 310–311 114 Welche Rolle spielt der Heilige Geist im Leben Jesu?

Ohne den Heiligen Geist kann man Jesus nicht verstehen. Wie nirgends sonst zeigte sich in seinem Leben die Anwesenheit des Geistes Gottes, den wir den Heiligen Geist nennen. [689–691, 702–731] Es war der Heilige Geist, der Jesus im Schoß der Jungfrau Maria ins Leben rief (Mt 1,18), ihn als geliebten Sohn bestätigte (Lk 4,16–19), ihn leitete (Mk 1,12) und ihn belebte bis ans Ende (Joh 19,30). Am Kreuz hauchte Jesus den Geist aus. Nach seiner Auferstehung spendete er seinen Jüngern den Heiligen Geist (Joh 20,20). Damit ging der Geist Jesu auf seine Kirche über: „Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.“ (Joh 20,21). 115 Unter welchen Namen und Zeichen erscheint



der Heilige Geist?

Auf Jesus kommt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube herab. Die ersten Christen erfahren den Heiligen

CHARISMEN (von griech. charis = Anmut, Gnade, Huld, Liebesgabe) nennt man Gnadengaben des Heiligen Geistes, wie z.B. in 1 Kor 12,6 ff.: Heilung, Wunderkräfte, Prophetie, Zungenrede und die Gabe, sie zu deuten, Weisheit, Erkenntnis, Glaubenskraft u.a. Dazu gehören auch die Sieben Gaben des Heiligen Geistes; es sind besondere Gaben zur Leitung, Verwaltung, Nächstenliebe und Verkündigung des Glaubens.

Wer also bittet: „Komm Heiliger Geist“, muss auch bereit sein zu bitten: „Komm und störe mich, wo ich gestört werden muss!“ W ilhelm Stählin (1883–1975, evangelischer Theologe)

Er treibt uns an, den anderen zu begegnen, er entzündet in uns das Feuer der Liebe, er macht uns zu Missionaren der Liebe Gottes. Benedikt X V I. über den Heiligen Geist, 20.07.2007

72 73 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an den heiligen G eist

Die Menschen werden vor Angst vergehen in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden … Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe.

Die dramatischen Erschütterungen (Lk 18,8; Mt 24,3– 14), die in der Heiligen Schrift angekündigt sind: die Bosheit, die sich unverstellt zeigen wird, die Prüfungen und Verfolgungen, die den Glauben vieler auf die Probe stellen werden – sie sind nur die dunkle Seite der neuen Wirklichkeit: Gottes endgültiger Sieg über das Böse wird sichtbar. Die Herrlichkeit, Wahrheit und Gerechtigkeit Gottes wird strahlend hervortreten. Mit dem Kommen Christi wird es „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ geben. „Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen.“ (Offb 21,2.4) 164

Dr i t t e s K api t el

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Er ist über uns, als der Einzige, vor dem wir anbetend die Knie beugen; er ist bei uns als Haupt seiner Kirche, in der schon jetzt das Reich Gottes beginnt; er ist uns voraus als der Herr der Geschichte, indem die Mächte der Finsternis endgültig überwunden werden und sich die Geschicke der Welt nach Gottes Plan vollenden; er kommt uns entgegen in Herrlichkeit, an einem Tag, den wir nicht kennen, um die Welt zu erneuern und zu vollenden. Seine Nähe kann man vor allem im Wort Gottes, im Empfang der Sakr amente, in der Sorge für die Armen und dort erfahren, wo „zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind“ (nach Mt 18,20). 157, 163

der letzte dieser Propheten, sah nicht nur das Kommen des Messias voraus. Er ist ihm noch begegnet und hat ihn als den Befreier von der Macht der Sünde verkündigt. 117 Wie konnte der Heilige Geist in, mit und durch



Maria wirken?

Benedikt X V I., Pfingstvigil 2006

Geist wie eine heilende Salbe, wie lebendiges Wasser, wie brausenden Sturm oder wie flammendes Feuer. Jesus Christus selbst spricht vom Beistand, Tröster, Lehrer und Geist der Wahrheit. In den Sakramenten der Kirche wird der Heilige Geist durch Handauflegung und Salbung mit Öl geschenkt. [691–693] Der Frieden, den Gott mit den Menschen nach der Sintflut schloss, wurde Noach durch das Erscheinen einer Taube angezeigt. Auch die heidnische Antike kannte die Taube als Sinnbild für Liebe. So verstanden die frühen Christen sofort, warum der Heilige Geist, die Person gewordene Liebe Gottes, in Gestalt einer Taube auf Jesus herabkam, als er sich im Jordan taufen ließ. Heute ist die Taube das weltweit anerkannte Zeichen für Frieden und eines der großen Symbole für die Versöhnung des Menschen mit Gott (vgl. Gen 8,10–11). 116 Was heißt: Der Heilige Geist hat „gesprochen

Viele Male und auf vielerlei Weise hat Gott einst zu den Vätern gesprochen durch die Propheten; in dieser Endzeit aber hat er zu uns gesprochen durch den Sohn. Hebr 1,1–2

durch die Propheten“?

Gott hat schon im Alten Bund Männer und Frauen mit Geist erfüllt, so dass sie ihre Stimme für Gott erhoben, in seinem Namen sprachen und das Volk auf das Kommen des Messias vorbereiteten. [683–688, 702–720] Im Alten Bund suchte Gott Männer und Frauen aus, die bereit waren, sich von ihm zu Tröstern, Führern und Mahnern für sein Volk machen zu lassen. Es war der Geist Gottes, der durch den Mund von Jesaja, Jeremia, Ezechiel und anderen Propheten sprach. Johannes der Täufer,

118 Was geschah an Pfingsten?

Fünfzig Tage nach seiner Auferstehung schickte der Herr vom Himmel her den Heiligen Geist auf seine Jünger herab. Die Zeit der Kirche begann. [731–733] Am Pfingsttag machte der Heilige Geist aus angstbesetzten Aposteln mutige Zeugen Christi. In kürzester Zeit ließen sich Tausende taufen: Es war die Geburtsstunde der Kirche. Das Sprachenwunder von Pfingsten zeigt, dass die Kirche von Anfang an für alle da ist; sie ist universal (lat. für das griech. katholisch) und missionarisch. Sie spricht zu allen Menschen, überwindet ethnische und sprachliche Grenzen und kann von allen verstanden werden. Bis heute ist der Heilige Geist das Lebenselixier der Kirche.

Lk 1,35

Pf ingsten (von griech. pentecoste = „der Fünfzigste“ [Tag] nach Ostern): ursprünglich ein Fest, an dem Israel den Bundesschluss mit Gott am Sinai feierte. Durch das Jerusalemer Pfingstereignis wurde es für die Christen zum Fest des Heiligen Geistes.

Alle wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt und begannen in fremden Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab … jeder hörte sie in seiner Sprache reden. Apg 2,4.6b

74 75 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an den heiligen G eist

In Jesus Christus ist Gott Mensch geworden und hat uns gestattet, einen Blick in das Innere Gottes zu werfen. Und dort sehen wir etwas völlig Unerwartetes: Der geheimnisvolle Gott ist keine unendliche Einsamkeit; er ist ein Ereignis der Liebe. Es gibt den Sohn, der mit dem Vater spricht. Und beide sind eins im Geist, der sozusagen die Atmosphäre des Schenkens und des Liebens ist, das aus ihnen einen einzigen Gott macht.

Maria ermöglichte dem Heiligen Geist das Wunder aller Wunder: die Menschwerdung Gottes. Sie gab Gott ihr Jawort: „Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe, wie du es gesagt hast“ (Lk 1,38). Vom Heiligen Geist gestärkt, ging sie mit Jesus durch dick und dünn, bis unter das Kreuz. Dort hat Jesus sie uns allen zur Mutter gegeben (Joh 19,25–27). 80–85, 479

Der Heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Maria war total ansprechbar und offen für Gott (Lk 1,38). So konnte sie durch das Wirken des Heiligen Geistes die „Mutter Gottes“ werden – und als Mutter Christi auch die Mutter der Christen, ja die Mutter aller Menschen. [721–726]

Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in die ganze Wahrheit führen. Joh 16,12–13a

Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung. (Gal 5,22–23)

Die Werke des fleisches

Auch wenn die Kirche in ihrer langen Geschichte oft „von allen guten Geistern verlassen“ schien, so ist der Heilige Geist trotz aller Fehler und menschlichen Unzulänglichkeiten in ihr am Werk. Allein ihre 2000-jährige Existenz und die vielen Heiligen aller Epochen und Kulturen sind der sichtbare Beweis seiner Gegenwart. Der Heilige Geist ist es, der die Kirche als ganze in der Wahrheit hält und sie immer tiefer in die Erkenntnis Gottes führt. Es ist der Heilige Geist, der in den Sakr amenten wirkt und die Heilige Schrift für uns lebendig macht. Menschen, die sich ihm ganz öffnen, beschenkt er auch heute mit seinen Gnadengaben ( Charismen). 203–206

121 Was bedeutet „Kirche“?

Kirche heißt im Griechischen „ekklesia“ = die Herausgerufenen. Wir alle, die wir getauft sind und an Gott glauben, werden vom Herrn herausgerufen. Miteinander sind wir die Kirche. Christus ist, wie Paulus sagt, das Haupt der Kirche. Wir sind sein Leib. [748–757]

Unsere Auffassungsgabe ist begrenzt; daher besteht die Sendung des Geistes darin, die Kirche immer wieder neu, von Generation zu Generation, in die Größe des Geheimnisses Christi einzuführen. Benedikt X V I., 07.05.2005

Kirche (von griech. kyriake = dem Herrn gehörig) sind die aus allen Völkern Herausgerufenen (von griech. ex kaleo, ekklesia, Kirche) die durch die Taufe zum Leib Christi gehören.

76

120 Was tut der Heilige Geist in meinem Leben? Er (Christus) ist das Haupt des Leibes. Der Leib aber ist die Kirche.

Der Heilige Geist öffnet mich für Gott; er lehrt mich beten und hilft mir, für andere da zu sein. [738–741] „Der stille Gast unserer Seele“ – so nennt Augustinus den Heiligen Geist. Wer ihn spüren will, muss still werden. Oft spricht dieser Gast sehr leise in uns und mit uns, etwa in der Stimme unseres Gewissens oder durch andere innere und äußere Impulse. „Tempel des Heiligen Geistes“ sein heißt: mit Leib und Seele da sein für diesen Gast, für Gott in uns. Unser Leib ist also gewissermaßen das Wohnzimmer Gottes. Je mehr wir uns dem Heiligen Geist in uns öffnen, desto mehr wird er zum Lehrmeister unseres Lebens, desto eher schenkt er uns auch heute seine Charismen zum Aufbau der Kirche. So wachsen in uns, statt der Werke des Fleisches, die Früchte des Heiligen Geistes. 290–291, 295–297, 310–311, 517

Kol 1,18a

Wenn wir die Sakr amente empfangen und das Wort Gottes hören, ist Christus in uns und wir sind in ihm – das ist die Kirche. Die enge persönliche Lebensgemeinschaft aller Getauften mit Jesus beschreibt die Heilige Schrift in immer neuen Bildern: Einmal spricht sie vom Volk Gottes, ein andermal von der Braut Christi; einmal wird die Kirche Mutter genannt, dann ist sie die Familie Gottes oder sie wird mit einer Hochzeitsgesellschaft verglichen. Nie ist die Kirche eine bloße Institution, nie nur „Amtskirche“, die man von sich wegschieben könnte. Wir werden uns über Fehler und Makel in der Kirche ärgern, aber wir können uns niemals von ihr distanzieren, weil Gott sich für sie unwiderruflich entschieden hat und sich trotz aller Sünden nicht von ihr distanziert. Die Kirche ist Gottes Gegenwart unter uns Menschen. Deshalb müssen wir sie lieben.

Die Kirche ist eine alte Frau mit vielen Runzeln und Falten. Aber sie ist meine Mutter. Und eine Mutter schlägt man nicht. Der Theologe P. K arl R ahner S J, als er von unangemessener Kritik an der Kirche hörte

77 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Nach Gal 5,19 ff. zählen zu ihnen: Unzucht, Unsittlichkeit, ausschweifendes Leben, Götzendienst, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen, Parteiungen, Neid und Missgunst, Trink- und Essgelage und Ähnliches mehr.

Der Heilige Geist baut die Kirche auf und treibt sie an. Er erinnert sie an ihre Mission. Er beruft Menschen in ihren Dienst und schenkt ihnen die nötigen Gaben. Er führt uns immer tiefer in die Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott. [733–741, 747]

Ich glaube … die heilige katholische Kirche

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

DIe Früchte des Heiligen Geistes

119 Was tut der Heilige Geist in der Kirche?

würde. Sie führt die heiligen Zeichen Jesu ( Sakr amente) fort. Sie trägt Jesu Worte weiter. Deshalb ist die Kirche, in all ihrer Schwäche, ein starkes Stück Himmel auf Erden. 124 Warum ist die Kirche mehr als eine Institution?

Da sprach der Herr zu Kain: Wo ist dein Bruder Abel? Er entgegnete: Ich weiß es nicht. Bin ich der Hüter meines Bruders? Gen 4,9

Charles Péguy (1873–1914, französischer Dichter)

Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Joh 20,21b

Gott will die Kirche, weil er uns nicht einzeln, sondern gemeinsam erlösen will. Er will die ganze Menschheit zu seinem Volk machen. [758–781, 802–804] Keiner kommt auf die asoziale Tour in den Himmel. Wer nur auf sich und sein eigenes Seelenheil bedacht ist, lebt a-sozial. Das ist im Himmel wie auf Erden unmöglich. Gott selbst ist nicht a-sozial; er ist nicht ein einsames, sich selbst genügendes Wesen. Der dreifaltige Gott ist in sich „sozial“, eine Gemeinschaft, ein ewiger Austausch der Liebe. Nach dem Modell Gottes ist auch der Mensch auf Beziehung, Austausch, Teilhabe und Liebe hin angelegt. Wir sind füreinander verantwortlich. 123 Was ist die Aufgabe der Kirche?

Die Aufgabe der Kirche ist es, das Reich Gottes, das mit Jesus schon begonnen hat, in allen Völkern zum Keimen und Wachsen zu bringen. [763–769, 774–776, 780] Wo Jesus hinkam, berührte der Himmel die Erde: Das Reich Gottes brach an, ein Reich des Friedens und der Gerechtigkeit. Die Kirche dient diesem Reich Gottes. Sie ist kein Selbstzweck. Sie muss weiterführen, was mit Jesus begonnen hat. Sie soll handeln, wie Jesus handeln

Mt 28,19 f.

Die Kirche kann sich nicht wie ein Unternehmen verhalten, das sein Angebot verändert, wenn die Nachfrage nachlässt. K arl K ardinal Lehmann b. 1936, Bischof von Mainz

125 Was ist das Einzigartige am Volk Gottes?

Der Gründer dieses Volkes ist Gott, der Vater. Sein Anführer ist Jesus Christus. Seine Kraftquelle ist der Heilige Geist. Das Eingangstor zum Volk Gottes ist die Taufe. Seine Würde ist die Freiheit der Kinder Gottes. Sein Gesetz ist die Liebe. Wenn dieses Volk Gott treu bleibt und zuerst das Reich Gottes sucht, verändert es die Welt. [781–786] Mitten unter allen Völkern der Erde gibt es ein Volk, das wie kein anderes ist. Es ordnet sich niemandem unter als Gott allein. Es soll sein wie Salz, das Geschmack gibt; wie Sauerteig, der alles durchdringt; wie Licht, das Dunkelheiten vertreibt. Wer zum Volk Gottes gehört, muss damit rechnen, in offenen Widerspruch zu Menschen zu geraten, die Gottes Existenz leugnen und seine Gebote missachten. In der Freiheit der Kinder Gottes muss man aber nichts fürchten, nicht einmal den Tod.

Tut alles ohne Murren und Bedenken, damit ihr rein und ohne Tadel seid, Kinder Gottes ohne Makel mitten in einer verdorbenen und verwirrten Generation, unter der ihr als Lichter in der Welt leuchtet. Phil 2,14-15

78 79 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Wir müssen miteinander selig werden. Wir müssen miteinander zu Gott gelangen, miteinander vor ihn hintreten. Wir sollen nicht einer ohne den anderen dem guten Gott begegnen. Was würde er wohl sagen, wenn wir einer ohne den anderen zurückkehrten?

122 Wozu will Gott die Kirche?

Wahre Liebe macht nicht blind, sondern sehend. Mit dem Blick auf die Kirche ist es genauso: Von außen betrachtet ist die Kirche nur eine geschichtliche Institution (= Einrichtung), mit historischen Leistungen, aber auch Irrtümern und sogar Verbrechen – eine Kirche der Sünder. Das ist aber nicht tief genug gesehen. Denn Christus hat sich so sehr auf uns Sünder eingelassen, dass er die Kirche nie verlässt, selbst wenn wir ihn täglich verraten würden. Diese untrennbare Verbindung von Menschlichem und Göttlichem, von Sünde und Gnade, ist das Geheimnis der Kirche. Mit den Augen des Glaubens gesehen, ist die Kirche deshalb unzerstörbar heilig. 132

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Die Kirche ist mehr als eine Institution, weil sie ein Geheimnis ( Mysterium) ist, das menschlich und göttlich zugleich ist. [770–773, 779]

Darum geht zu allen Völkern und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt.

Mehr als umbringen können sie mich nicht. Und selbst wenn sie mich umbringen, bringt mich das noch lange nicht um. Robert Prinz von Arenberg (1898–1972, Mitverschwörer des Attentates gegen Hitler am 20.7.1944)

126 Was heißt: „Die Kirche ist der Leib Christi“?

Vor allem durch die Sakramente der Taufe und der Eucharistie entsteht eine unauflösbare Verbindung zwischen Jesus Christus und den Christen. Die Verbindung ist so stark, dass sie ihn und uns wie Haupt und Glieder eines menschlichen Leibes zusammenfügt und uns zu einer Einheit verbindet. [787–795] 146, 175, 179, 208, 217 127 Was heißt: „Die Kirche ist die Braut Christi“?

Du meinst also, dass die Schwächen der Kirche Christus veranlassen werden, sie aufzugeben? Die Kirche verlassen wäre dasselbe wie seinen eigenen Leib verlassen.

Wer einmal verliebt war, ahnt, was Liebe ist. Jesus weiß es und nennt sich selbst einen Bräutigam, der in sehnsüchtiger Liebe um seine Braut wirbt und das Fest der Liebe mit ihr feiern möchte. Seine Braut – das sind wir, die Kirche. Schon im Alten Testament wird die Liebe Gottes zu seinem Volk mit der Liebe zwischen Mann und Frau verglichen. Wenn Jesus um jeden von uns wirbt, wie oft ist er dann sozusagen unglücklich verliebt – in alle nämlich, die von seiner Liebe nichts wissen wollen und sie nicht erwidern!?

Dom Helder C amara (1909–99, bras. Bischof)

Wir sind doch der Tempel des lebendigen Gottes; denn Gott hat gesprochen: Ich will unter ihnen wohnen und mit ihnen gehen. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein. 2 Kor 6,16

128 Was heißt: Die Kirche ist der „Tempel des Heiligen Geistes“?

Die Kirche ist der Raum in der Welt, in dem der Heilige Geist ganz da ist. [797–801, 809] Das Volk Israel verehrte Gott im Tempel von Jerusalem. Diesen Tempel gibt es nicht mehr. An seine Stelle ist die Kirche getreten, die nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist. „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20) Was sie lebendig macht, ist der Geist Christi: Er wohnt im Wort der Heiligen Schrift und ist anwesend in den heiligen Zeichen der Sakr amente. Er lebt in den Herzen der Gläubigen und spricht aus ihren Gebeten. Er führt sie und beschenkt sie mit Gaben ( Charismen) – schlichten wie außergewöhnlichen. Wer sich auf den Heiligen Geist

129 Warum kann es nur eine Kirche geben?

Wie es nur einen einzigen Christus gibt, so kann es nur einen einzigen Leib Christi, eine einzige Braut Christi, also nur eine einzige Kirche Jesu Christi geben. Er ist das Haupt, die Kirche der Leib. Zusammen bilden sie den „ganzen Christus“ (Augustinus). Wie der Leib viele Glieder hat, aber nur einer ist, so besteht auch die eine Kirche in und aus vielen Teilkirchen (Bistümern). Zusammen bilden sie den ganzen Christus. [811–816, 866, 870] Jesus hat seine Kirche auf das Fundament der Apostel gebaut. Dieses Fundament trägt bis heute. Der Glaube der Apostel wurde unter der Leitung des Petrusamtes, das „den Vorsitz in der Liebe führt“ (Ignatius von Antiochien), von Generation zu Generation in der Kirche weitergegeben. Auch die Sakr amente, die Jesus dem Apostelkollegium anvertraut hat, wirken noch immer in ihrer ursprünglichen Kraft. 130 Sind auch nichtkatholische Christen unsere



Schwestern und Brüder?

Alle Getauften gehören zur Kirche Jesu Christi. Deshalb werden auch die Getauften, die sich von der vollen Gemeinschaft der Katholischen Kirche getrennt finden, zu Recht Christen genannt und sind deshalb unsere Schwestern und Brüder. [817–819] Die Trennungen von der einen Kirche Christi entstanden wegen Verfälschungen der Lehre Christi, menschlicher Verfehlungen und mangelnder Versöhnungsbereitschaft – meist bei Vertretern beider Seiten. Die Christen von heute trifft keine Schuld an den historischen Spaltungen der Kirche. Der Heilige Geist wirkt auch in den von der Katholischen Kirche getrennten Kirchen und kirchlichen Gemeinschaf ten zum Heil der Menschen. Alle dort

Hl. Ignatius von Loyola (1491–1556, Gründer der Jesuiten)

Ein Leib und ein Geist, wie euch durch eure Berufung auch eine gemeinsame Hoffnung gegeben ist; ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der über allem und durch alles und in allem ist. Eph 4,4–6

80

Aufgrund ihrer besonderen Vorrangigkeit muss mit dieser Kirche [der Gemeinde von Rom] jede Kirche in Einklang stehen, das heißt die Gläubigen überall auf der Welt, weil in ihr die Tradition der Apostel immer bewahrt worden ist. Irenäus von Lyon

81 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Frère Roger Schutz

Jesus Christus liebt die Kirche wie ein Bräutigam seine Braut. Er bindet sich für immer an sie und gibt sein Leben für sie hin. [796]

Ich glaube … die eine heilige, katholische und apostolische Kirche

Die meisten Menschen ahnen nicht, was Gott aus ihnen machen würde, wenn sie sich ihm nur zur Verfügung stellen würden.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Christus und die Kirche lieben, das ist eins.

einlässt, kann auch heute wahre Wunder erleben. 113–120, 203–205, 310–311

Kirchen und kirchliche Gemeinschaf ten

Ökumene

In jener Zeit hob Jesus seine Augen zum Himmel und sprach: … Alle sollen eins sein: Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns sein, damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast. Joh 17,1.21

Wir müssen in Wort und Tat auf Christus hören, dessen erklärter Wille es ist, „dass alle eins“ sind (Joh 17,21). [820–822] Egal, wie jung oder alt Christen sind – die Einheit der Christen geht alle an. Einheit war eines der wichtigsten Anliegen Jesu. Er betete zum Vater: „Alle sollen eins sein … damit die Welt glaubt, dass du mich gesandt hast“ (Joh 17,21). Spaltungen sind wie Wunden am Leib Christi, sie tun weh und eitern. Spaltungen führen zu Feindschaften und schwächen den Glauben und die Glaubwürdigkeit der Christen. Damit der Skandal der Trennung aus der Welt kommt, bedarf es der Bekehrung aller Beteiligten, aber auch der Kenntnis der eigenen Glaubensüberzeugungen und der Auseinandersetzungen mit denen der anderen, vor allem aber des gemeinsamen Gebetes und des gemeinsamen Dienstes der Christen an dem Menschen. Die Verantwortlichen der Kirche dürfen den theologischen Dialog nicht abbrechen lassen. 132 Warum ist die Kirche heilig?

Heilig ist die Kirche nicht etwa, weil alle ihre Glieder heilig wären, sondern weil Gott heilig und in ihr am Werk ist. Alle Glieder der Kirche sind durch die Taufe geheiligt. [823–829] Wo immer wir uns vom dreifaltigen Gott anrühren lassen, wachsen wir in der Liebe, werden geheiligt und heil. Heilige sind Liebende – nicht weil sie es so gut können, sondern weil Gott sie berührt hat. Sie geben die Liebe, die sie von Gott erfahren haben, auf ihre eigene, oft originelle Weise an die Menschen weiter. Bei Gott angekommen, heiligen auch sie die Kirche, weil sie „ihren Himmel damit verbringen“, uns zu unterstützen auf dem Weg zur Heiligkeit. 124

„Katholisch“ (griech. katholon) heißt auf das Ganze hin bezogen sein. Die Kirche ist katholisch, weil Christus sie berufen hat, den ganzen Glauben zu bekennen, alle Sakramente zu bewahren, sie zu spenden und die frohe Botschaft allen zu verkünden; und er hat sie zu allen Völkern gesandt. [830–831, 849–856] 134 Wer gehört zur Katholischen Kirche?

Zur vollen Gemeinschaft der Katholischen Kirche gehört, wer sich in Einheit mit Papst und Bischöfen durch das Bekenntnis des katholischen Glaubens und den Empfang der Sakramente an Jesus Christus bindet. [836–838] Gott wollte eine Kirche für alle. Leider sind wir Christen diesem Wunsch Christi untreu geworden. Dennoch sind wir durch den Glauben und die gemeinsame Taufe auch jetzt noch tief miteinander verbunden. 135 In welchem Verhältnis steht die Kirche zu



den Juden?

Die Juden sind die „älteren Geschwister“ der Christen, weil Gott sie zuerst geliebt und zuerst zu ihnen gesprochen hat. Dass Jesus Christus als Mensch ein Jude ist, verbindet uns. Dass die Kirche in ihm den Sohn des lebendigen Gottes erkennt, trennt uns. Im Warten auf das endgültige Kommen des Messias sind wir eins. [839–840] Der jüdische Glaube ist der Wurzelstock unseres Glaubens. Die Heilige Schrift der Juden, von uns das Alte Testament genannt, ist der erste Teil unserer Heiligen Schrift. Das jüdisch-christliche Menschenbild, dessen Ethik von den Zehn Geboten geprägt ist, ist die Grundlage der westlichen Demokratien. Es ist beschämend, dass Christen jahrhundertelang diese enge Verwandtschaft mit dem Judentum nicht wahrhaben wollten und mit pseudotheologischen Begründungen einen oft genug tödlich wirkenden Judenhass mit geschürt haben. Dafür hat Papst Johannes Paul II. anlässlich des Heiligen Jah-

Heiligkeit ist die Ureigenschaft Gottes. Im Lateinischen gibt es das Wort Fanum für das Göttliche, das Reine, für das, was geschieden ist vom Profanen, Alltäglichen. Gott ist der ganz Andere, der „Heilige Israels“ (Jes 30,15); Jesus kommt in die Welt als der „Heilige Gottes“ (Joh 6,69). An ihm lässt sich ablesen, was heilig ist: zu lieben, grenzenlos, erbarmend, helfend und heilend, bis zur Vollendung in Kreuz und Auferstehung.

Alles hat er ihm zu Füßen gelegt und ihn, der als Haupt alles überragt, über die Kirche gesetzt. Sie ist sein Leib und wird von ihm erfüllt, der das All ganz und gar beherrscht. Eph 1,22 f

82 83 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

(griech. oikumene = die bewohnte Erde, der Erdkreis): die Bemühungen um die Einheit der getrennten Christenheit.

131 Was müssen wir für die Einheit der Christen tun?

133 Warum heißt die Kirche katholisch?

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Viele christliche Gemeinschaften auf der Erde nennen sich Kirchen. Nach katholischer Auffassung sind „Kirche“ nur jene, in denen die Sakramente Jesu Christi vollständig erhalten geblieben sind. Das gilt vor allem für die orthodoxen und orientalischen Kirchen. In den „kirchlichen Gemeinschaften“, die aus der Reformation hervorgegangen sind, haben sich die Sakramente nicht vollständig erhalten.

vorhandenen Gaben, wie z.B. die Heilige Schrift, Sakr amente, Glaube, Hoffnung, Liebe und andere Charismen stammen von Christus. Wo der Geist Christi lebt, gibt es eine innere Dynamik in Richtung „Wiedervereinigung“, weil zusammenwachsen will, was zusammengehört.

Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.

res 2000 ausdrücklich um Vergebung gebeten. Das Zweite Vatikanische Konzil stellt klar, dass den Juden als Volk keine kollektive Schuld am Kreuzestod Christi angelastet werden darf. 96–97, 335

nicht nachfolgen will, der findet auf anderen Wegen nicht zum Heil. Das ist mit dem Satz „Extra ecclesiam nulla salus“ (außerhalb der Kirche ist kein Heil zu finden) gemeint. 199

Mt 5,17

Religions­ freiheit Das Recht jedes Menschen, bei der Wahl und Ausübung seiner Religion seinem Gewissen zu folgen. Die Anerkennung der Religionsfreiheit besagt ausdrücklich nicht, dass alle Religionen gleich und gleich wahr sind.

Zwölf Apostel

136 Wie sieht die Kirche die übrigen Religionen?

137 Warum heißt die Kirche apostolisch?

Die Kirche respektiert alles, was in anderen Religionen gut und wahr ist. Sie achtet und fördert die Religionsfreiheit als Menschenrecht. Dennoch weiß sie, dass Jesus Christus der einzige Erlöser aller Menschen ist. Er allein ist „der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). [841–845, 846–848]

Die Kirche heißt apostolisch, weil sie, von den Aposteln gegründet, an deren Überlieferung festhält und von deren Nachfolgern geleitet wird. [857–860, 869, 877]

Wer immer Gott sucht, ist uns Christen nahe. Ein besonderer Grad der „Verwandtschaft“ besteht zu den Muslimen. Wie Judentum und Christentum gehört auch der Islam zu den monotheistischen Religionen ( Monotheismus). Auch die Muslime verehren den Schöpfergott und Abraham als Vater ihres Glaubens. Jesus gilt dem Koran als großer Prophet; Maria, seine Mutter, als Prophetenmutter. Die Kirche lehrt, dass alle Menschen, die ohne eigene Schuld Christus und seine Kirche nicht kennen, aber aufrichtig nach Gott suchen und der Stimme ihres Gewissens folgen, das ewige Heil erlangen. Wer jedoch erkannt hat, dass Jesus Christus „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ ist, ihm aber

Jesus berief die Apostel als seine engsten Mitarbeiter. Sie waren seine Augenzeugen. Nach seiner Auferstehung erschien er ihnen mehrfach. Er spendete ihnen den Heiligen Geist und sandte sie als seine bevollmächtigten Boten in alle Welt. In der jungen Kirche waren sie Garanten der Einheit. Ihre Sendung und Bevollmächtigung gaben sie durch Handauflegung an ihre Nachfolger, die Bischöfe, weiter. So ist es bis heute. Diesen Vorgang nennt man Apostolische Sukzession. 92 138 Wie ist die eine, heilige, katholische und



apostolische Kirche aufgebaut?

In der Kirche gibt es Laien und Kleriker ( Klerus). Als Kinder Gottes sind sie von gleicher Würde. Sie haben gleichwertige, jedoch unterschiedliche Aufgaben. Die Sendung der Laien ist es, die ganze Welt auf das Reich Gottes hin auszurichten. Ihnen sind geweihte

(griech. apostolos = Gesandter, Bote): „Die Namen der zwölf Apostel sind: an erster Stelle Simon, genannt Petrus, und sein Bruder Andreas, dann Jakobus, der Sohn des Zebedäus, und sein Bruder Johannes, Philippus und Bartholomäus, Thomas und Matthäus, der Zöllner, Jakobus, der Sohn des Alphäus, und Thaddäus, Simon Kananäus und Judas Iskariot, der ihn später verraten hat.“ (Mt 10,2–4)

84 85 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Johannes Paul I I. beim Besuch der Großen Synagoge in Rom, 1986

Benedikt X V I., 07.05.2006

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Die jüdische Religion ist für uns nicht etwas Äußerliches, sondern gehört in gewisser Weise zum Inneren unserer Religion. Zu ihr haben wir somit Beziehungen wie zu keiner anderen Religion. Ihr seid unsere bevorzugten Brüder und, so könnte man gewissermaßen sagen, unsere älteren Brüder.

Die Kirche darf sich nie mit der Schar derer begnügen, die sie nun einmal erreicht hat, und sagen, dass es den anderen – den Muslimen, den Hindus und so weiter – auch so gutgehe. Die Kirche kann sich nicht bequem ins bloß Eigene zurückziehen. Die Sorge um das Ganze, um alle, ist ihr aufgetragen.

Apostolische Sukzession

L aien (von griech. laos = Volk): allgemeiner Stand in der Kirche: die dem Volk Gottes zugehörigen Getauften und nicht geweihten Christen.

(von griech. kleroi = Hirten): Stand der Geweihten in der Kirche.

Ich bin berufen, etwas zu tun oder zu sein, wofür kein anderer berufen ist; ich habe einen Platz in Gottes Plan und auf Gottes Erde, den kein anderer hat. Sel. John Henry Newman

139 Worin besteht die Berufung der Laien?

Die Laien sind gesandt, sich in der Gesellschaft zu engagieren, damit das Reich Gottes unter den Menschen wachsen kann. [897–913, 940–943] Ein Laie ist kein Christ zweiter Klasse, denn er hat am Priesteramt Christi teil (allgemeines oder gemeinsames Priestertum). Er sorgt dafür, dass die Menschen seines Umfeldes (in Schule, Ausbildung, Familie und Beruf) das Evangelium kennen- und Christus lieben lernen. Er prägt durch seinen Glauben die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Politik. Er unterstützt das kirchliche Leben, indem er etwa Ministranten- und Lektorendienste übernimmt, sich als Gruppenleiter zur Verfügung stellt, sich in kirchlichen Gremien und Räten (z.B. im Pfarrgemeinderat und Kirchenvorstand) einbringt. Gerade junge Menschen müssen intensiv darüber nachdenken, an welchem Platz Gott sie haben möchte.

(von griech. hieros und arché = heiliger Ursprung): der gestufte Aufbau der Kirche von Christus her, von dem alle Macht und Autorität ausgeht.

Papst

von Christus aus. Deshalb hat die Kirche einen hierarchischen Aufbau. Gleichzeitig gab ihr Christus jedoch auch eine kollegiale Struktur. [874–879] Das hierarchische Element in der Kirche besteht darin, dass es Christus selbst ist, der in ihr handelt, wenn geweihte Amtsträger durch Gottes Gnade etwas tun und geben, was sie von sich aus nicht tun und geben könnten, d.h., wenn sie an Stelle Christi die Sakr amente spenden und in seiner Vollmacht lehren. Das kollegiale Element in der Kirche besteht darin, dass Christus das Ganze des Glaubens einer Gemeinschaft von zwölf Aposteln anvertraut hat, deren Nachfolger unter dem Vorsitz des Petrusamtes die Kirche leiten. Von diesem kollegialen Ansatz her gehören die Konzilien unverzichtbar zur Kirche. Aber auch in den anderen Gremien der Kirche, in Synoden und Räten, können die Vielfalt der Geistesgaben und Universalität der Weltkirche fruchtbar werden. 141 Welche Aufgabe hat der Papst?

Organisation?

Als Nachfolger des heiligen Petrus und Haupt des Bischofskollegiums ist der Papst Garant der Einheit der Kirche. Er hat die höchste seelsorgerliche Vollmacht und oberste Autorität in Lehr- und Disziplinarentscheidungen. [880–882, 936–937]

Das Prinzip der Demokratie lautet: Alle Macht geht vom Volke aus. In der Kirche aber geht alle Macht

Jesus gab Petrus eine einzigartige Vorrangstellung unter den Aposteln. Das machte ihn zur obersten Autorität

140 Warum ist die Kirche keine demokratische

(von griech. pappas = Vater): Nachfolger des Apostels Petrus, Bischof von Rom. Weil schon Petrus der Erste unter den Aposteln war, hat der Papst als dessen Nachfolger den Vorsitz des Bischofskollegiums. Als Stellvertreter Christi ist er oberster Hirte und Lehrer der Kirche.

86 87

Bischof (von griech. episkopein = auf etwas sehen): Nachfolger der Apostel; Leiter einer Diözese (Teilkirche); als Mitglied des Bischofskollegiums hat der Bischof unter der Leitung des Papstes teil an der Sorge für die Gesamtkirche.

[ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Klerus

Jeder Christ hat die Aufgabe, das Evangelium mit dem eigenen Leben zu bezeugen. Aber Gott geht mit jedem Menschen einen eigenen Weg. Die einen sendet er als Laien, damit sie in Familie und Beruf mitten in der Welt das Reich Gottes aufbauen. Dazu schenkt er ihnen in Taufe und Firmung alle nötigen Gaben des Heiligen Geistes. Andere beauftragt er mit dem Hirtenamt; sie sollen sein Volk leiten, lehren und heiligen. Diese Aufgabe kann sich niemand anmaßen; der Herr selbst muss ihn senden und durch die Weihe seine göttliche Kraft mit auf den Weg geben. So kann er an der Stelle Christi handeln und die Sakr amente spenden. 259

Hier archie

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

(lat. successio = Folge, Nachfolge): die seit den Aposteln ununterbrochene Reihe der Bischöfe, ihre Nachfolger im Bischofsamt. Wie Jesus den Aposteln seine Vollmacht spendete, so geht sie seitdem durch Handauflegung und Gebet von Bischof zu Bischof über, bis der Herr wiederkommt.

Amtsträger (Kleriker) mit den Diensten der kirchlichen Leitung, der Lehre und der Heiligung zugeordnet. In beiden Ständen gibt es Christen, die sich in Ehelosigkeit, Armut und Gehorsam in besonderer Weise Gott zur Verfügung stellen (z.B. Ordensleute). [871–876, 934, 935]

Priester (von griech. presbyteros = der Älteste): Mitarbeiter des Bischofs in der Verkündigung und der Spendung der Sakramente. Er übt seinen Dienst in der Gemeinschaft mit den anderen Priestern aus, unter der Leitung des Bischofs.

143 Ist der Papst wirklich unfehlbar?

Ja. Aber der Papst spricht nur dann unfehlbar, wenn er in einem feierlichen kirchlichen Akt („ex cathedra“) ein Dogma verkündet, d.h. eine verbindliche Entscheidung in Fragen der Glaubens- und Sittenlehre fällt. Unfehlbaren Charakter können auch lehramtliche Entscheidungen des Bischofskollegiums in Gemeinschaft mit dem Papst besitzen, z.B. Entscheidungen eines ökumenischen Konzils. [888–892]

te Amtsträger bei schweren Verfehlungen in Glaubensund Sittenfragen ihres Amtes entheben. Die Einheit in Glaubens- und Sittenfragen, die durch das Lehr amt, an dessen Spitze der Papst steht, gewährleistet ist, macht einen Teil der Widerstandskraft und Ausstrahlung der Katholischen Kirche aus.

Die Unfehlbarkeit des Papstes hat nichts zu tun mit seiner moralischen Integrität und Intelligenz. Unfehlbar ist eigentlich die Kirche, denn Jesus hat ihr den Heiligen Geist verheißen, der sie in der Wahrheit hält und immer tiefer in sie hineinführt. Wenn eine selbstverständliche Glaubenswahrheit plötzlich geleugnet oder missdeutet wird, muss die Kirche eine letzte Stimme haben, die verbindlich sagt, was wahr und was falsch ist. Dies ist die Stimme des Papstes. Als Nachfolger des Petrus und Erster der Bischöfe hat er die Vollmacht, die umstrittene Wahrheit gemäß der Glaubensüberlieferung der Kirche so zu formulieren, dass sie den Gläubigen für alle Zeiten als „sicher zu glauben“ vorgelegt wird. Es heißt dann: Der Papst verkündet ein Dogma. Ein Dogma kann deshalb inhaltlich nie etwas „Neues“ enthalten. Ein solches Dogma wird sehr selten verkündet. Das letzte stammt von 1950.

142 Können Bischöfe gegen den Papst, kann der Papst

144 Welche Aufgabe haben die Bischöfe?



gegen die Bischöfe handeln und lehren?

Bischöfe können nicht gegen den Papst, sondern nur mit ihm handeln und lehren. Der Papst dagegen kann in klar bestimmten Fällen auch ohne Zustimmung der Bischöfe entscheiden. [880–890] Allerdings ist der Papst in seinen Entscheidungen gebunden an den Glauben der Kirche. Es gibt so etwas

Bischöfe haben die Verantwortung für die ihnen anvertraute Teilkirche und Mitverantwortung für die ganze Kirche. Sie üben ihre Autorität aus in der Gemeinschaft miteinander und für die ganze Kirche unter der Leitung des Papstes. [886–887, 893–896, 938–939]

Rom Die Gemeinde von Rom wurde von Anfang an als „höchste und älteste …“ Kirche betrachtet, die „von den beiden glorreichsten Aposteln Petrus und Paulus in Rom gegründet und eingerichtet worden ist … Auf Grund ihrer besonderen Vorrangigkeit muss mit dieser Kirche jede Kirche in Einklang stehen, … weil in ihr die Tradition der Apostel immer bewahrt worden ist.“ (Irenäus von Lyon). Die Tatsache, dass beide Apostel in Rom den Märtyrertod erlitten haben, gab der römischen Gemeinde zusätzliches Gewicht.

88 89

Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein. Mt 16,18–19

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Benedikt X V I. am Beginn seines Pontifikates, 24.07.2005

wie den allgemeinen Glaubenssinn der Kirche; eine durch den Heiligen Geist gewirkte, durchgängig in der Kirche vorhandene Grundüberzeugung in Glaubensdingen, gewissermaßen der gesunde Menschenverstand der Kirche, also das, „was immer, überall und von allen geglaubt wurde“ (Vinzenz von Lérins).

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Betet für mich, dass ich seine Herde Euch, die heilige Kirche, jeden einzelnen und alle zusammen immer mehr lieben lerne. Betet für mich, dass ich nicht furchtsam vor den Wölfen fliehe. Beten wir füreinander, dass der Herr uns trägt und dass wir durch ihn einander zu tragen lernen.

der Urkirche. Rom – die Ortskirche, die Petrus leitete, und der Ort seines Martyriums – wurde nach seinem Tod zum inneren Orientierungspunkt der jungen Kirche. Mit Rom musste jede Gemeinde übereinstimmen; das war der Maßstab des rechten, vollständigen und unverfälschten apostolischen Glaubens. Bis heute ist jeder Bischof von Rom, wie Petrus, oberster Hirt der Kirche, deren eigentliches Haupt Christus ist. Nur in dieser Funktion ist der Papst „Stellvertreter Christi auf Erden“. Als höchste Autorität in Seelsorge und Lehre wacht er über die unverfälschte Weitergabe des Glaubens. Nötigenfalls muss er Lehrbeauftragungen zurücknehmen oder geweih-

Ökumenisches Konzil (griech. oikumene = die ganze bewohnte Welt): Versammlung aller Bischöfe; nicht zu verwechseln mit der „Ökumene“ im Sinn der Einheit aller Christen.

Mk 3,14

Dogma

Ex Cathedr a (lat. = vom Lehrstuhl aus): Der Begriff bezeichnet das Besondere einer unfehlbaren lehramtlichen Entscheidung des Papstes.

Wer euch hört, der hört mich, und wer euch ablehnt, der lehnt mich ab; wer aber mich ablehnt, der lehnt den ab, der mich gesandt hat. Lk 10,16

Armut, ehelose Keuschheit und Gehorsam sind im Evangelium gegebene Ratschläge für die Nachfolge Christi.

145 Warum will Jesus, dass es Menschen gibt, die für

Christus zu folgen, schließt immer den Mut ein, gegen den Strom zu schwimmen.



Benedikt X V I., 17.05.2008

immer ein Leben in Armut, eheloser Keuschheit und Gehorsam leben?

Gott ist die Liebe. Er sehnt sich auch nach unserer Liebe. Eine Form der liebenden Hingabe an Gott ist es, wie Jesus zu leben – nämlich arm, keusch und gehorsam. Wer so lebt, hat Kopf, Herz und Hände frei für Gott und die Menschen. [914–933, 944–945] Immer wieder lassen sich einzelne Menschen von Jesus ganz und gar erobern, so dass sie „um des Himmelreiches willen“ (Mt 19,12) alles für Gott hingeben – selbst so schöne Gaben wie eigenen Besitz, Selbstbestimmung und die eheliche Liebe. Dieses Leben nach den Evangelischen Räten in Armut, Keuschheit und Gehorsam zeigt allen Christen, dass die Welt nicht alles ist. Erst die Begegnung mit dem göttlichen Bräutigam „von Angesicht zu Angesicht“ wird den Menschen letztlich glücklich machen.

Ich glaube … die Gemeinschaft der Heiligen

146 Was bedeutet „Gemeinschaft der Heiligen“?

Zur „Gemeinschaft der Heiligen“ gehören alle Menschen, die ihre Hoffnung auf Christus gesetzt haben und durch die Taufe zu ihm gehören, ob sie bereits gestorben sind oder noch leben. Weil wir in Christus

ein Leib sind, leben wir in einer Himmel und Erde umspannenden Gemeinschaft. [946–962] Die Kirche ist größer und lebendiger, als wir denken. Zu ihr gehören Lebende und Verstorbene, ob sie sich noch in einem Läuterungsprozess befinden oder schon in der Herrlichkeit Gottes sind, Bekannte und Unbekannte, große Heilige und unscheinbare Menschen. Wir können einander über den Tod hinaus beistehen. Wir können unsere Namenspatrone und Lieblingsheiligen anrufen, aber auch unsere verstorbenen Angehörigen, von denen wir glauben, dass sie schon bei Gott angekommen sind. Umgekehrt können wir unseren Verstorbenen, die sich noch in einem Läuterungsprozess befinden, durch unser Bittgebet zu Hilfe kommen. Was der Einzelne in und für Christus tut oder erleidet, kommt allen zugute. Im Umkehrschluss bedeutet dies leider auch, dass jede Sünde der Gemeinschaft schadet. 126, 170, 179

Da sah ihn Jesus an, und weil er ihn liebte, sagte er: „Eines fehlt dir noch: Geh, verkaufe, was du hast, gib das Geld den Armen, und du wirst einen bleibenden Schatz im Himmel haben; dann komm und folge mir nach!“ Mk 10,21

Wenn darum ein Glied leidet, leiden alle Glieder mit; wenn ein Glied geehrt wird, freuen sich alle anderen mit ihm. 1 Kor 12,26

90 91 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

(griech. dogma = Meinung, Beschluss, Lehrsatz): ein von einem Konzil oder vom Papst „ex cathedra“ als göttliche Offenbarung verkündeter, in Schrift und Tradition enthaltener Glaubenssatz.

Evangelische Räte

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Und er setzte zwölf ein, die er bei sich haben und die er dann aussenden wollte …

Bischöfe müssen in erster Linie Apostel sein – treue Zeugen Jesu, der sie persönlich in seine Nähe gerufen und gesandt hat. So bringen sie Christus zu den Menschen und die Menschen zu Christus. Dies geschieht durch ihre Verkündigung, die Feier der Sakr amente und die Leitung der Kirche. Als Nachfolger der Apostel übt der Bischof sein Amt kraft eigener apostolischer Vollmacht aus; er ist nicht ein Beauftragter oder eine Art Assistent des Papstes. Doch handelt er mit und unter dem Papst.

Benedikt X V I., 15.08.2005



Heiligen eine so herausragende Stellung?

Sel. Adolf Kolping (1813–1865, Apostel der Arbeiter und Handwerker)

Ja. Jesus hat nicht nur selbst Sünden vergeben, er hat auch der Kirche den Auftrag und die Macht verliehen, Menschen von ihren Sünden zu befreien. [981–983, 986–987]

Weil sie sich mit Leib und Seele und vollem Risiko einem gefährlichen, wenn auch göttlichen Unternehmen anvertraute, wurde Maria auch mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. Wer wie Maria lebt und glaubt, kommt in den Himmel. 80–85

Durch den Dienst des Priesters wird ihm die Vergebung Gottes geschenkt und die Schuld so vollkommen gelöscht, als wäre sie nie gewesen. Ein Priesters kann das nur, weil Jesus ihn teilhaben lässt an seiner eigenen göttlichen Macht, Sünden zu vergeben. 225–239

Joh 2,3–5

Ja. Dass Maria hilft, ist eine Erfahrung seit Anfang der Kirche. Millionen von Christen bezeugen es. [967–970] Als Mutter Jesu ist Maria auch unsere Mutter. Gute Mütter treten immer für ihre Kinder ein. Diese Mutter erst recht. Schon auf Erden setzte sie sich bei Jesus für andere ein; z.B., als sie ein Brautpaar in Kana vor einer Blamage bewahrte. Im Pfingstsaal betete sie in der Mitte der Jünger. Weil ihre Liebe zu uns nie aufhört, können wir sicher sein, dass sie in den beiden wichtigsten Momenten unseres Lebens für uns eintritt: „jetzt und in der Stunde unseres Todes“. 85

151 Welche Möglichkeiten der Sündenvergebung gibt



es in der Kirche?

Grundlegend geschieht Sündenvergebung im Sakrament der Taufe. Danach ist für die Vergebung schwerer Sünden das Sakrament der Versöhnung (Bußsakrament, Beichte) notwendig. Für leichtere Sünden wird die Beichte empfohlen. Aber auch das Lesen der Heiligen Schrift, das Gebet, das Fasten und das Vollbringen guter Werke hat eine sündenvergebende Wirkung. [976–980, 984–987] 226–239

Ich glaube … die Auferstehung der Toten 152 Warum glauben wir die Auferstehung

149 Darf man Maria anbeten?

Nein. Nur Gott darf angebetet werden. Aber Maria dürfen wir als Mutter unseres Herrn verehren. [971] Unter Anbetung versteht man die demütige, bedingungslose Anerkennung der absoluten Erhabenheit Gottes über alle Geschöpfe. Maria ist Geschöpf wie wir. Im Glauben ist sie unsere Mutter. Und Eltern sollen wir ehren. Das ist gut biblisch, denn Maria sagt selbst: „Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter“ (Lk 1,48b). So kennt die Kirche marianische Wallfahrtsorte, Festtage, Lieder und Gebete, wie etwa den Rosenkr anz. Er ist eine Kurzfassung der Evangelien. 353, 484



der Toten?

Wir glauben die Auferstehung der Toten, weil Christus von den Toten auferstanden ist, für immer lebt und uns an diesem ewigen Leben teilhaben lässt. [988–991] Wenn ein Mensch stirbt, wird sein Körper begraben oder verbrannt. Trotzdem glauben wir, dass es ein Leben nach dem Tod für diesen Menschen gibt. Jesus hat sich in seiner Auferstehung als Herr über den Tod gezeigt; sein Wort ist glaubwürdig: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt“ (Joh 11,25b). 103–108

Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert. Joh 20,23

Die Priester haben eine Vollmacht empfangen, die Gott weder den Engeln noch den Erzengeln gegeben hat … Gott bestätigt dort oben alles, was die Priester auf dieser Erde tun. Johannes Chrysostomus (344/354–407, Kirchenvater)

92

Es wär' mir bang, wenn die heimlich Beicht' nicht wär' … Martin Luther (1483–1556), deutscher Reformator

Wenn es keine Auferstehung der Toten gibt, ist auch Christus nicht auferweckt worden. Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube

93 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Als der Wein ausging, sagte die Mutter Jesu zu ihm: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus erwiderte ihr: Was willst du von mir, Frau? Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Seine Mutter sagte zu den Dienern: Was er euch sagt, das tut.

150 Kann die Kirche wirklich Sünden vergeben?

Maria ist die Mutter Gottes. Sie war auf Erden wie kein anderer Mensch mit Jesus verbunden – eine Nähe, die auch im Himmel nicht aufhört. Maria ist die Königin des Himmels und uns in ihrer Mütterlichkeit ganz nah. [972]

148 Kann uns Maria wirklich helfen? Gott hat den Menschen keine Magd, sondern eine Mutter gegeben.

Ich glaube … die Vergebung der Sünden

147 Warum hat Maria in der Gemeinschaft der

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Wir haben eine Mutter im Himmel. Weil sie in Gott und mit Gott ist, ist sie jedem von uns nahe, sie kennt unser Herz, sie kann unsere Gebete hören, sie kann uns mit ihrer mütterlichen Güte helfen, und sie ist uns, wie der Herr gesagt hat, als „Mutter“ gegeben, an die wir uns in jedem Augenblick wenden können.

sinnlos … Wenn wir unsere Hoffnung nur in diesem Leben auf Christus gesetzt haben, sind wir erbärmlicher daran als alle anderen Menschen. Nun aber ist Christus von den Toten auferweckt worden als der Erste der Entschlafenen. 1 Kor 15,13–14.19.20

Joh 1,14a

Auch für den Leib ist in Gott Raum.

Nun könnte einer fragen: Wie werden die Toten auferweckt, was für einen Leib werden sie haben? Was für eine törichte Frage! Auch das, was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt. Und was du säst, hat noch nicht die Gestalt, die entstehen wird … 1 Kor 15,35–37

Das biblische Wort „Fleisch“ charakterisiert den Menschen in seiner Schwäche und Sterblichkeit. Gott betrachtet das menschliche Fleisch jedoch nicht als etwas Minderwertiges. In Jesus Christus nahm er selbst „Fleisch“ ( Inkarnation) an, um den Menschen zu erlösen. Gott erlöst nicht nur den Geist des Menschen; er erlöst ihn ganz, mit Leib und Seele. [988–991, 997–1001, 1015] Gott hat uns mit Leib (Fleisch) und Seele geschaffen. Er lässt das „Fleisch“, ja die ganze Schöpfung, am Ende der Welt nicht einfach fallen wie ein altes Spielzeug. Am „letzten Tag“ wird er uns im Fleisch auferwecken – das heißt: Wir werden verwandelt sein, uns aber doch in unserem Element fühlen. Auch für Jesus war das Im-FleischSein keine Episode. Als der Auferstandene sich zeigte, sahen die Jünger seine leiblichen Wundmale. 154 Was geschieht mit uns, wenn wir sterben?

Im Tod werden Leib und Seele voneinander getrennt. Der Leib verwest, während die Seele Gott entgegengeht und darauf wartet, dass sie am Jüngsten Tag mit ihrem auferweckten Leib wieder vereinigt wird. [992–1004, 1016–1018] Das Wie der Auferstehung unseres Leibes ist ein Geheimnis. Ein Bild kann uns helfen, es anzunehmen: Beim Anblick einer Tulpenzwiebel können wir nicht erkennen, zu welch wunderschöner Blume sie sich in der dunklen Erde entwickeln wird. So wissen wir auch nichts über das künftige Aussehen unseres neuen Leibes. Paulus ist sich jedoch sicher: „Was gesät wird, ist armselig. Was auferweckt wird, herrlich!“ (1 Kor 15,43a). 155 Wie hilft uns Christus im Sterben, wenn wir auf



ihn vertrauen?

Christus kommt uns entgegen und führt uns ins ewige Leben. „Nicht der Tod wird mich holen, sondern Gott.“ (Hl. Thérèse von Lisieux) [1005–1014, 1016, 1019]

Ich will Gott sehen, und um ihn zu sehen, muss man sterben. Teresa von Ávila

Die Zeit, Gott zu suchen, ist dieses Leben. Die Zeit, Gott zu finden, ist der Tod. Die Zeit, Gott zu besitzen, ist die Ewigkeit. Hl. Franz von Sales

Ich glaube … das ewige Leben 156 Was ist das ewige Leben?

Ich sterbe nicht, ich gehe ins Leben.

Das ewige Leben beginnt mit der Taufe. Es geht durch den Tod hindurch und wird kein Ende haben. [1020]

Hl. Thérèse von L isieux (1873–1897, Mystikerin und Kirchenlehrerin)

Allein schon dann, wenn wir verliebt sind, wollen wir, dass dieser Zustand nicht mehr aufhört. „Gott ist die Liebe“, sagt der erste Johannesbrief (1 Joh 4,16). „Die Liebe“, sagt der erste Korintherbrief, „hört nie mehr auf“ (1 Kor 13,8). Gott ist ewig, weil er die Liebe ist; und die Liebe ist ewig, weil sie göttlich ist. Wenn wir in der Liebe sind, treten wir ein in Gottes endlose Gegenwart. 285

Das eine aber, liebe Brüder, dürft ihr nicht übersehen: dass beim Herrn ein Tag wie tausend Jahre und tausend Jahre wie ein Tag sind.

94

2 Petr 3,8

157 Werden wir nach dem Tod vor ein Gericht gestellt?

Das sogenannte besondere oder auch persönliche Gericht ereignet sich im Augenblick des Todes des Einzelnen. Das Allgemeine Gericht, das man auch das Letzte oder Jüngste nennt, ereignet sich am Jüngsten Tag, also am Ende der Welt, bei der Wiederkunft des Herrn. [1021–1022] Im Sterben kommt jeder Mensch an den Punkt der Wahrheit. Jetzt kann nichts mehr verdrängt und versteckt, nichts mehr geändert werden. Gott sieht uns, wie wir sind. Wir treten vor sein Gericht, sein Richtig-Machen, denn in Gottes heiliger Nähe können wir nur „richtig“ oder gar nicht sein – so richtig, wie Gott uns wünschte, als er uns schuf. Vielleicht müssen wir noch einen Prozess der Läute-

Am Abend unseres Lebens werden wir nach unserer Liebe gerichtet werden. Hl. Johannes vom Kreuz (1542–1591, spanischer Mystiker, Kirchenlehrer und Dichter)

95 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Benedikt X V I., 15.08.2005

„Fleisches“?

Im Blick auf Jesu Leiden und Sterben kann selbst das Sterben leichter werden. In einem Akt des Vertrauens und der Liebe zum Vater können wir „Ja“ sagen, wie Jesus es im Ölgarten getan hat. Eine solche Haltung nennt man „geistiges Opfer“: Der Sterbende vereinigt sich mit dem Opfer Christi am Kreuz. Wer so im Vertrauen auf Gott und in Frieden mit den Menschen, also ohne schwere Sünde, stirbt, ist auf dem Weg in die Gemeinschaft mit dem auferstandenen Christus. Unser Sterben lässt uns nicht tiefer fallen als in seine Hände. Wer stirbt, reist nicht nach nirgendwo, sondern kehrt heim in die Liebe des Gottes, der ihn geschaffen hat. 102

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt.

153 Warum glauben wir die Auferstehung des

Gericht Das sogenannte besondere oder auch persönliche Gericht ereignet sich im Tod des Einzelnen. Das Jüngste, Letzte oder Allgemeine Gericht ereignet sich am Jüngsten Tag, also am Ende der Welt, bei der Wiederkunft des Herrn.

rung durchlaufen, vielleicht können wir gleich in die Arme Gottes sinken. Vielleicht aber sind wir so voller Bosheit, Hass, voller Nein zu allem, dass wir für immer unser Gesicht von der Liebe, von Gott, abwenden. Ein Leben ohne Liebe ist aber nichts anderes als die Hölle. 163

1 Kor 13,12

Dein Platz im Himmel wird aussehen, als sei er für dich gemacht und zwar für dich allein, weil du für ihn gemacht bist. C. S.Lewis

Wer ein Pärchen beobachtet, das sich liebevoll anschaut; wer ein Baby sieht, das beim Stillen die Augen seiner Mutter sucht, als wolle es jedes Lächeln für immer speichern – der bekommt eine ferne Ahnung vom Himmel. Gott schauen dürfen, von Angesicht zu Angesicht – das ist wie ein einziger unendlicher Augenblick der Liebe. 52 159 Was ist das Fegefeuer (Purgatorium)?

Das Fegefeuer, oft als Ort vorgestellt, ist eher ein Zustand. Wer in der Gnade Gottes stirbt (also im Frieden mit Gott und den Menschen), aber noch Reinigung braucht, bevor er Gott von Angesicht zu Angesicht sehen kann – der ist im Fegefeuer. [1030–1031] Als Petrus Jesus verraten hatte, wandte sich der Herr um und blickte Petrus an: „Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich“ – ein Gefühl wie im Fegefeuer. Und so ein Fegefeuer erwartet vermutlich die meisten im Moment unseres Todes: Der Herr blickt uns voll Liebe an – und wir empfinden brennende Scham und schmerzliche Reue über unser böses oder auch „nur“ liebloses Verhalten. Erst nach diesem reinigenden Schmerz werden wir fähig sein, seinem liebenden Blick in ungetrübter himmlischer Freude zu begegnen.

Fegefeuers befinden, helfen?

Ja, da alle Getauften in Christus eine Gemeinschaft bilden und untereinander verbunden sind, können auch die Lebenden den Seelen der Verstorbenen im Fegefeuer helfen. [1032] Wenn der Mensch tot ist, kann er nichts mehr für sich tun. Die Zeit der aktiven Bewährung ist abgelaufen. Aber wir können etwas für die Verstorbenen im Fegefeuer tun. Unsere Liebe reicht ins Jenseits hinein. Durch unser Fasten, Beten, Gutestun, vor allem aber durch die Feier der Heiligen Eucharist ie können wir für die Verstorbenen Gnade erbitten. 146

2 Makk 12,45

Zögern wir nicht, den Verstorbenen Hilfe zu bringen und unsere Gebete für sie aufzuopfern. Johannes Chrysostomus

161 Was ist die Hölle?

Die Hölle ist der Zustand des ewigen Getrenntseins von Gott, die absolute Abwesenheit von Liebe. [1033–1037] Wer bewusst und aus vollem Willen in schwerer Sünde stirbt, ohne zu bereuen, und Gottes barmherzige, verzeihende Liebe für immer ausschlägt, der schließt sich selbst aus der Gemeinschaft mit Gott und den Seligen aus. Ob wirklich jemand im Moment des Todes der absoluten Liebe ins Gesicht sehen und immer noch nein sagen kann, wissen wir nicht. Aber unsere Freiheit ermöglicht diese Entscheidung. Jesus warnt immer wieder davor, uns endgültig von ihm zu trennen, indem wir uns der Not seiner Brüder und Schwestern verschließen: „Weg von mir, ihr Verfluchten … Was ihr für einen dieser Geringsten nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan.“ (Mt 25,41.45) 53 162 Wenn Gott doch die Liebe ist, wie kann es dann



eine Hölle geben?

Nicht Gott verdammt den Menschen. Es ist der Mensch selbst, der Gottes barmherzige Liebe ausschlägt und sich freiwillig das (ewige) Leben nimmt, indem er sich aus der Gemeinschaft mit Gott ausschließt. [1036–1037]

Wer nicht liebt, bleibt im Tod. Jeder, der seinen Bruder hasst, ist ein Mörder, und ihr wisst: Kein Mörder hat ewiges Leben, das in ihm bleibt. 1 Joh 3,14–15

Ich frage mich: Was bedeutet die Hölle? Ich behaupte: die Unfähigkeit zu lieben. Fjodor M. Dostojewski (1821–1881, russischer Schriftsteller)

96 97 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich unvollkommen, dann aber werde ich durch und durch erkennen, so wie ich auch durch und durch erkannt worden bin.

Der Himmel ist der endlose Augenblick der Liebe. Nichts trennt uns mehr von Gott, den unsere Seele liebt und ein Leben lang gesucht hat. Zusammen mit allen Engeln und Heiligen dürfen wir uns für immer an und mit Gott freuen. [1023–1026, 1053]



Darum ließ er [Judas, der Makkabäer] die Toten entsühnen, damit sie von der Sünde befreit werden.

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

158 Worin besteht der Himmel?

160 Können wir Verstorbenen, die sich im Zustand des

warum das Böse so mächtig sein darf, wenn Gott doch der eigentlich Mächtige ist. Das Jüngste Gericht ist auch Gerichtstermin für uns. Hier entscheidet sich, ob wir zu ewigem Leben auferweckt oder für immer von Gott getrennt werden. An denen, die das Leben gewählt haben, wird Gott noch einmal schöpferisch handeln. In einem „neuen Leib“ (vgl. 2 Kor 5) werden sie für immer in Gottes Herrlichkeit leben und ihn mit Leib und Seele preisen. 110–112, 157

Der Herr zögert nicht mit der Erfüllung der Verheißung, wie einige meinen, die von Verzögerung reden; er ist nur geduldig mit euch, weil er nicht will, dass jemand zugrunde geht, sondern dass alle sich bekehren. 2 Petr 3,9

Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu. Offb 21,4–5b

164 Wie wird die Welt vollendet werden?

FR ANZ VON SALES

Mt 25,31 ff.

Gott sehnt sich nach Gemeinschaft selbst mit dem letzten Sünder; er will, dass sich alle bekehren und gerettet werden. Doch Gott hat den Menschen frei geschaffen und respektiert seine Entscheidungen. Selbst Gott kann Liebe nicht erzwingen. Als Liebender ist er „machtlos“, wenn jemand statt des Himmels die Hölle wählt. 51, 53 163 Was ist das Letzte oder Jüngste Gericht?

Das Letzte oder Jüngste Gericht wird am Ende der Zeiten stattfinden, bei der Wiederkunft Christi. „Die das Gute getan haben, werden zum Leben auferstehen, die das Böse getan haben, zum Gericht“ (Joh 5,29). [1038–1041, 1058–1059] Wenn Christus in Herrlichkeit wiederkommt, wird sein ganzes Licht auf uns fallen. Die Wahrheit wird offen zutage treten: unsere Gedanken, unsere Taten, unsere Beziehung zu Gott und den Menschen – nichts wird mehr verborgen sein. Wir werden den letzten Sinn der Schöpfung erkennen, die wunderbaren Wege Gottes zu unserem Heil begreifen und endlich auch Antwort bekommen,

165 Warum sagen wir „Amen“ zum Bekenntnis unseres Glaubens?

Wir sagen Amen – also Ja – zum Bekenntnis unseres Glaubens, weil Gott uns zu Zeugen des Glaubens bestellt. Wer Amen sagt, stimmt dem Wirken Gottes in Schöpfung und Erlösung freudig und frei zu. [1061–1065] Das hebräische Wort „Amen“ stammt aus einer Wortfamilie, die sowohl „Glauben“ als auch „Festigkeit, Verlässlichkeit und Treue“ bedeutet. „Wer Amen sagt, gibt seine Unterschrift“ (Augustinus). Dieses uneingeschränkte „Ja“ können wir nur sprechen, weil Jesus sich für uns in Tod und Auferstehung als treu und verlässlich erwiesen hat. Er ist selbst das menschliche „Ja“ zu allen Verheißungen Gottes, wie er auch das endgültige „Ja“ Gottes zu uns ist. 527

Amen Das Wort Amen (von hebr. Aman = fest, zuverlässig sein) wird im Alten Testament überwiegend in der Bedeutung von „so sei es“ gebraucht, um den Wunsch nach Gottes Handeln zu bekräftigen oder in den Lobpreis Gottes einzustimmen. Im Neuen Testament ist es häufig das bekräftigende Schlusswort eines Gebetes. Jesus unterstreicht damit die Autorität seiner Worte.

Er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat. Darum rufen wir durch ihn zu Gottes Lobpreis auch das Amen. 2 Kor 1,20

98 99 [ I I ] 3 . K apitel : I ch glaube an die H eilige K atholische K irche

Wenn der Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommt und alle Engel mit ihm, dann wird er sich auf den Thron seiner Herrlichkeit setzen. Und alle Völker werden vor ihm zusammengerufen werden, und er wird sie voneinander scheiden, wie der Hirt die Schafe von den Böcken scheidet … Und sie werden weggehen und die ewige Strafe erhalten, die Gerechten aber das ewige Leben.

Am Ende der Zeiten wird Gott einen neuen Himmel und eine neue Erde erschaffen. Das Böse wird keine Macht und keine Anziehungskraft mehr haben. Die Erlösten werden Gott von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen – als Freunde. Ihre Sehnsucht nach Frieden und Gerechtigkeit wird erfüllt sein. Gott zu schauen wird ihre Seligkeit sein. Der dreifaltige Gott wird unter ihnen wohnen und alle Tränen von ihren Augen abwischen: der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. [1042–1050, 1060] 110–112

E r s t e r t e i l – W as wir glauben

In seiner unendlichen Güte wird Gott niemals diejenigen verlassen, die ihn nicht verlassen wollen.

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ZWEitER tEil

Wie wir die christlichen Mysterien feiern 100 101

Gott handelt an uns in heiligen Zeichen 102 Gott und die heilige Liturgie 104 Wie wir die Geheimnisse Christi feiern 108 Die Sakramente der Initiation (Taufe, Firmung und Eucharistie) 116 Die Sakramente der Heilung (Buße und Krankensalbung) 133 Die Sakramente der Gemeinschaft und Sendung (Weihe und Ehe) 143 Andere liturgische Feiern 156

Liturgie

In der Feier der christlichen Mysterien (Geheimnisse, Sakr amente) geht es um die Begegnung mit Jesus Christus in der Zeit. Bis ans Ende der Tage ist er in seiner Kirche gegenwärtig. Die tiefste Begegnung mit ihm auf Erden ist der Gottesdienst ( Liturgie). Darum heißt es in der Benediktusregel: „Dem Gottesdienst darf nichts vorgezogen werden.“ (Benedikt von Nursia, um 480–547, Begründer des abendländischen Mönchtums)

168 Warum hat die Liturgie Priorität im Leben der

Er s t er Abschni t t

Gott handelt an uns in heiligen Zeichen 166 Warum feiert die Kirche so oft Gottesdienst?

Joseph K ardinal R atzinger / Benedikt X V I., in „Gott und die Welt“

Schon das Volk Israel unterbrach „siebenmal am Tag“ (Ps 119,164) die Arbeit, um Gott zu preisen. Jesus nahm am Gottesdienst und Beten seines Volkes teil; er lehrte seine Jünger beten und versammelte sie im Abendmahlssaal, um mit ihnen den Gottesdienst aller Gottesdienste zu feiern: Die Hingabe seiner selbst im Mahl. Die Kirche, die zum Gottesdienst ruft, folgt seiner Aufforderung: „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (1 Kor 11,24b). [1066–1070] Wie der Mensch Luft holt, um am Leben zu bleiben, so atmet und lebt die Kirche, indem sie Gottesdienst feiert. Gott selbst ist es, der ihr Tag für Tag neues Leben einhaucht und sie beschenkt durch sein Wort und seine Sakr amente. Man kann noch ein anderes Bild gebrauchen: Jeder Gottesdienst ist wie ein Treffpunkt der Liebe, den Gott in unseren Terminplan schreibt. Wer Gottes Liebe schon gespürt hat, geht gerne hin. Wer zeitweise nichts spürt und trotzdem hingeht, zeigt Gott seine Treue. 167 Was ist Liturgie?

Liturgie ist der offizielle Gottesdienst der Kirche. [1077–1112]

Kirche und des Einzelnen?

„Die Liturgie ist der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt, und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt“ (Zweites Vatikanisches Konzil). [1074] Zu Lebzeiten Jesu strömten die Menschen in hellen Scharen zu ihm, weil sie seine heilende Nähe suchten. Auch heute können wir ihn finden, denn er lebt in seiner Kirche. An zwei Orten garantiert er uns seine Gegenwart: Im Dienst an den Ärmsten (Mt 25,42) und in der Eucharist ie. Dort laufen wir ihm direkt in die Arme. Wenn wir ihn an uns heranlassen, dann lehrt er uns, nährt uns, verwandelt uns, heilt uns und wird eins mit uns in der Heiligen Messe.

Es ging eine Kraft von ihm aus, die alle heilte. Lk 6,19b

Ohne die sonntägliche Eucharistie können wir nicht leben. Weißt du nicht, dass der Christ für die Eucharistie existiert und die Eucharistie für den Christen? Antwort des Märtyrers Saturninus (305) im Verhör auf den Vorwurf, er habe an der verbotenen sonntäglichen Versammlung teilgenommen.

102

Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10,10b

169 Was geschieht mit uns, wenn wir Gottesdienst feiern?

Wenn wir Gottesdienst feiern, werden wir in die Liebe Gottes hineingezogen, geheilt und verwandelt. [1076] Alle Gottesdienste der Kirche und all ihre Sakr amente dienen nur dazu, dass wir das Leben haben und es in Fülle haben. Wenn wir Gottesdienst feiern, begegnen wir dem, der von sich gesagt hat: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6). Wer in den Gottesdienst geht und verlassen ist, dem schenkt Gott Geborgenheit. Wer in den Gottesdienst geht und sich verloren fühlt, findet einen Gott, der auf ihn wartet.

Der Vater sah ihn schon von weitem kommen, und er hatte Mitleid mit ihm. Er lief dem Sohn entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Lk 15,20

103 [ I ] G ott handelt an uns in heiligen Z eichen

Liturgie ist nie nur bloße Zusammenkunft einer Gruppe, die sich selber ihre Feier macht … Wir stehen … durch die Beteiligung an dem Hintreten Jesu vor dem Vater … auch in der Gemeinschaft der Heiligen. Ja, es ist gewissermaßen die Liturgie des Himmels.

Eine Liturgie ist kein Event, das von guten Ideen und tollen Liedern lebt. Man macht und erfindet keine Liturgie. Sie ist etwas Lebendiges und ist im Glauben von Jahrtausenden gewachsen. Ein Gottesdienst ist ein heiliges, ehrwürdiges Geschehen. Liturgie wird spannend, wenn man spürt: Gott selbst ist unter ihren heiligen Zeichen und in ihren kostbaren, oft sehr alten Gebeten gegenwärtig.

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

(von griech. leiturgia = öffentliches Werk, Dienst, Leistung des Volkes und für das Volk): In der christlichen Überlieferung bedeutet Liturgie, dass das Volk Gottes teilnimmt am „Werk Gottes“. Das Herzstück der liturgischen Feiern ist zunächst die Heilige Eucharistie; ihr sind die übrigen Liturgien, z.B. die Feier der anderen Sakramente, Segnungen, Prozessionen und das Stundengebet zugeordnet.

171 Was ist das Wesentliche jeder Liturgie?

Ps 43,4

Segen Segen ist das Gute, das von Gott herkommt (lat. bene-dicere; griech. eu-logein = gutheißen), Segnen eine göttliche Haltung, die Leben schenkt und bewahrt. Gott, der Vater und Schöpfer alles Seins, sagt: Es ist gut, dass du da bist. Es ist schön, dass es dich gibt.

Er s t e s K api t el

Gott und die heilige Liturgie 170 Was ist der tiefste Ursprung der Liturgie?

Der tiefste Ursprung der Liturgie ist Gott, in dem ein ewiges, himmlisches Fest der Liebe ist – die Freude des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Weil Gott die Liebe ist, möchte er uns am Fest seiner Freude teilhaben lassen und uns seinen Segen schenken. [1077–1109] Unsere irdischen Gottesdienste müssen Feste voller Schönheit und Kraft sein: Feste des Vaters, der uns geschaffen hat – deshalb spielen die Gaben der Erde eine so große Rolle: das Brot, der Wein, Öl und Licht, Weihrauchduft, göttliche Musik und herrliche Farben. Feste des Sohnes, der uns erlöst hat – deshalb jubeln wir über unsere Befreiung, atmen wir auf im Hören des Wortes, werden wir stark im Essen der eucharistischen Gaben. Feste des Heiligen Geistes, der in uns lebt – deshalb der überfließende Reichtum an Trost, Erkenntnis, Mut, Kraft und Segen, der von den heiligen Versammlungen ausgeht. 179

172 Wie viele Sakramente gibt es, und wie heißen sie?

Die Kirche kennt sieben Sakramente: Taufe, Firmung, Eucharistie, Bußsakrament, Krankensalbung, Weihe und Ehe. [1210] 173 Wozu brauchen wir überhaupt Sakramente?

Sakramente brauchen wir, um über unser kleines menschliches Leben hinauszuwachsen und durch Jesus wie Jesus zu werden: Kinder Gottes in Freiheit und Herrlichkeit. [1129] In der Taufe werden verlorene Menschenkinder zu geborgenen Kindern Gottes; durch die Firmung werden Schwache zu Starke; durch die Beichte werden Schul-

Ex 12,13 f.

Sakrament (lat. sacramentum = Fahneneid; meist als Übersetzung des griechischen mysterion = Geheimnis verwendet): Sakramente sind von Christus eingesetzte sichtbare, heilige Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit, in denen Christen die heilende, verzeihende, nährende, stärkende und zur Liebe befähigende Gegenwart Gottes erfahren können, da in ihnen die Gnade Gottes wirkt.

104 105 [ I ] 1 . K apitel : G ott und die heilige L iturgie

So will ich zum Altar Gottes treten, zum Gott meiner Freude. / Jauchzend will ich dich auf der Harfe loben, / Gott, mein Gott.

Der wichtigste Gottesdienst der Welt war der Paschagottesdienst, den Jesus mit seinen Jüngern am Vorabend seines Todes im Abendmahlssaal feierte. Die Jünger dachten, Jesus würde die Befreiung Israels aus Ägypten begehen. Jesus aber feierte die Befreiung der ganzen Menschheit aus der Macht des Todes. Damals in Ägypten war es das „Blut des Lammes“, das die Israeliten vor dem Todesengel bewahrte. Nun würde er selbst das Lamm sein, dessen Blut die Menschheit aus dem Tod errettet. Denn Tod und Auferstehung Jesu ist der Beweis dafür, dass man sterben kann und trotzdem das Leben gewinnt. Das ist der eigentliche Inhalt jedes christlichen Gottesdienstes. Jesus selbst verglich seinen Tod und seine Auferstehung mit der Befreiung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens. Mit Paschageheimnis wird daher die erlösende Wirkung von Jesu Tod und Auferstehung bezeichnet. Analog zum lebensrettenden Blut des Lammes beim Auszug der Israeliten aus Ägypten (Ex 12) ist Jesus das wahre Paschalamm, das die Menschheit aus ihrer Verstricktheit in Tod und Sünde erlöst hat.

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Liturgie ist immer zuerst Gemeinschaft mit Jesus Christus. Jeder Gottesdienst, nicht nur die Eucharistiefeier, ist ein Osterfest im Kleinen. Jesus feiert mit uns den Übergang vom Tod zum Leben und eröffnet ihn. [1085]

Das Blut (des Lammes) an den Häusern, in denen ihr wohnt, soll ein Zeichen zu eurem Schutz sein. Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen, und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen, wenn ich in Ägypten dreinschlage.

Röm 8,21

Alles, was für unser Leben und unsere Frömmigkeit gut ist, hat seine göttliche Macht uns geschenkt. 2 Petr 1,3

Er nahm den Blinden bei der Hand, führte ihn vor das Dorf hinaus, bestrich seine Augen mit Speichel, legte ihm die Hände auf und fragte ihn: Siehst du etwas?

174 Warum genügt nicht der Glaube an Jesus Christus? Wozu schenkt uns Gott noch die Sakramente?

Wir sollen und dürfen mit allen Sinnen zu Gott kommen, nicht nur mit dem Intellekt. Deswegen schenkt sich uns Gott in irdischen Zeichen – vor allem in Brot und Wein, die Leib und Blut Christi sind. [1084, 1146–1152] Menschen sahen Jesus, hörten ihn, durften ihn berühren und erfuhren darin Heil und Heilung an Leib und Seele. Die sinnlichen Zeichen der Sakr amente zeigen diese gleiche Handschrift Gottes, der den ganzen Menschen ansprechen möchte – und nicht nur seinen Kopf. 175 Warum gehören die Sakramente der Kirche?

Was an unserem Erlöser sichtbar war, ist in seine Sakramente übergegangen. Leo der GroSSe (um 400–461, Papst und Kirchenvater)

Denn wer davon isst und trinkt, ohne zu bedenken, dass es der Leib des Herrn ist, der zieht sich das Gericht zu, indem er isst und trinkt. 1 Kor 11,29



Warum kann sie nicht jeder gebrauchen, wie er will?

Sakramente sind Gaben Christi an seine Kirche. Es ist ihre Aufgabe, sie zu spenden und sie vor missbräuchlichem Zugriff zu schützen. [1117–1119, 1131] Jesus hat seine Worte und Zeichen konkreten Menschen, nämlich den Aposteln, zur Weitergabe anvertraut und sie nicht einer anonymen Masse ausgeliefert. Heute würde man sagen: Er stellte sein Erbe nicht frei ins Netz, sondern beheimatete es in einer Domain. Sakr amente sind für die Kirche und durch die Kirche da. Sie sind für sie da, weil der Leib Christi, der die Kirche ist, durch die Sakramente begründet, genährt und vollendet wird. Sie sind durch sie da, weil Sakramente Kräfte des Leibes Christi sind, wie in der Beichte, wo Christus uns durch den Priester die Sünden vergibt.

176 Welche Sakramente empfängt man nur einmal



im Leben?

Taufe, Firmung und Weihe. Diese Sakramente prägen den Christen mit einem unauslöschlichen Siegel. Taufe und Firmung machen ihn ein für alle mal zum Kind Gottes und Christus ähnlich. Die Weihe prägt den Christen ebenso endgültig. [1121] So wie man immer ein Kind seiner Eltern ist und bleibt und nicht nur „manchmal“ oder „ein bisschen“, so wird man durch Taufe und Firmung auch für immer Kind Gottes, Christus ähnlich und seiner Kirche zugehörig. Ebenso ist die Weihe nicht ein Job, den man bis zur Rente übernimmt, sondern eine unwiderrufliche Gnadengabe. Weil Gott treu ist, bleibt die Wirkung dieser Sakr amente dem Menschen für immer erhalten – als Empfänglichkeit für den Ruf Gottes, als Berufung, als Schutz. Folglich können diese Sakramente nicht wiederholt werden. 177 Warum setzen die Sakramente den Glauben voraus?

Sakramente sind keine Magie. Ein Sakrament kann nur wirken, wenn man es im Glauben versteht und annimmt. Sakramente setzen den Glauben nicht nur voraus, sondern sie stärken ihn auch und bringen ihn zum Ausdruck. [1122–1126] Jesus beauftragte die Apostel, die Menschen durch ihre Verkündigung zuerst zu Jüngern zu machen, also ihren Glauben zu wecken, und sie dann erst zu taufen. Zwei Dinge sind es also, die wir von der Kirche empfangen: den Glauben und die Sakr amente. Christ wird man auch heute nicht durch einen bloßen Ritus oder durch Eintragung in eine Liste, sondern durch Annahme des richtigen Glaubens. Wir empfangen den richtigen Glauben von der Kirche. Sie verbürgt sich dafür. Weil der Glaube der Kirche in der Liturgie zum Ausdruck kommt, darf kein sakramentaler Ritus nach Gutdünken eines einzelnen Amtsträgers oder einer Gemeinde abgeändert oder manipuliert werden.

Als Diener Christi soll man uns betrachten und als Verwalter von Geheimnissen Gottes. 1 Kor 4,1

Dient einander als gute Verwalter der vielfältigen Gnade Gottes, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat. 1 Petr 4,10

Als aber die Güte und Menschenliebe Gottes, unseres Retters, erschien, hat er uns gerettet… durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geist. Tit 3,4–5

Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe. 1 Kor 15,3

So wie eine Kerze an der Flamme einer anderen angezündet wird, so entfacht sich Glaube am Glauben. Romano Guardini

106 107 [ I ] 1 . K apitel : G ott und die heilige L iturgie

Mk 8,23

dige zu Versöhnten; durch die Eucharist ie werden Hungrige zum Brot für andere; durch die Ehe wie durch die Priesterweihe werden Individualisten zu Dienern der Liebe; durch die Krankensalbung werden Verzweifelte zu Menschen der Zuversicht. Das Sakr ament in allen Sakramenten ist Christus selbst. In ihm wachsen wir aus der Verlorenheit der Selbstsucht hinüber in das wahre Leben, das nicht mehr aufhört.

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Auch die Schöpfung soll von der Sklaverei und Verlorenheit befreit werden zur Freiheit und Herrlichkeit der Kinder Gottes.

178 Wenn ein Sakrament von einem Menschen



gespendet wird, der unwürdig ist, verliert es dann seine Wirkung?

Darum preisen wir dich mit allen Engeln und Heiligen und singen vereint mit ihnen das Lob deiner Herrlichkeit: Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten …

Sie [die Liturgie] ist ein Hineintreten in die immer schon geschehende Liturgie des Himmels … Es ist nicht so, dass der Mensch sich etwas ausdenkt und singt; sondern der Gesang kommt ihm von den Engeln her zu. Joseph R atzinger / Benedikt X V I., Ein neues Lied für den Herrn

Zwe i t e s K api t el

Wie wir die Geheimnisse Christi feiern 179 Wer feiert die Liturgie?

Christus, der Herr, selbst ist es, der in allen irdischen Liturgien die kosmische Liturgie feiert, die Engel und Menschen, Lebende und Verstorbene, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, Himmel und Erde umfasst. Priester und Gläubige nehmen auf unterschiedliche Weise am Gottesdienst Christi teil. [1136–1139] Wenn wir Gottesdienst feiern, müssen wir uns innerlich bereiten für das Große, das da geschieht: Jetzt und hier ist Christus da, und mit ihm der ganze Himmel. Dort sind alle von unsagbarer Freude und zugleich von liebender Sorge um uns erfüllt. Das letzte Buch der Heiligen Schrift, die Geheime Offenbarung, schildert in geheimnisvollen Bildern diese himmlische Liturgie, in die wir hier auf Erden einstimmen. 146, 170 180 Warum übersetzen wir Liturgie mit Gottesdienst?

Gottesdienst ist vor allem Gottes Dienst an uns – dann erst unser Dienst an Gott. Gott schenkt sich uns unter

181 Warum gibt es in den Gottesdiensten so viele



Zeichen und Symbole?

Gott weiß, dass wir Menschen nicht nur geistige, sondern auch leibliche Wesen sind; wir brauchen Zeichen und Symbole, um geistige oder innere Wirklichkeiten zu erkennen und zu bezeichnen. [1145–1152] Ob rote Rosen, Ehering, schwarze Kleidung, Graffiti oder Aidsschleife – immer drücken wir innere Wirklichkeiten durch Zeichen aus und werden auch sofort verstanden. Der menschgewordene Gott schenkt uns menschliche Zeichen, in denen er unter uns lebendig und wirksam ist: Brot und Wein, das Wasser der Taufe, die Salbung mit dem Heiligen Geist. Unsere Antwort auf die von Christus eingesetzten heiligen Zeichen Gottes besteht in Zeichen der Ehrfurcht: im Beugen der Knie, im Aufstehen beim Hören des Evangeliums, in der Verneigung, im Händefalten. Und wie bei einer Hochzeit schmücken wir auch den Ort göttlicher Gegenwart mit dem Schönsten, was wir haben: mit Blumen, Kerzen und Musik. Allerdings bedürfen Zeichen mitunter der deutenden Worte. 182 Wozu brauchen die heiligen Zeichen der Liturgie



noch Worte?

Liturgie feiern heißt Gott begegnen: ihn handeln lassen, ihm zuhören, ihm antworten. Solche Zwiegespräche drücken sich immer in Gesten und Worten aus. [1153–1155, 1190]

Joh 10,10–11

Wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele. Mk 10,44–45

108 109

Symbole sind die im Sichtbaren gesprochene Sprache eines Unsichtbaren. Gertrud von Le Fort

Ich halte die Symbolsprache für die einzige Fremdsprache, die jeder von uns lernen sollte. Erich Fromm (1900–1980, Psychoanalytiker)

[ I ] 2 . K apitel : W ie wir die G eheimnisse C hristi feiern

Hochgebet der Kirche

Die Spender der Sakr amente sollen auf jeden Fall vorbildlich leben. Aber nicht wegen der Heiligkeit ihrer Spender werden die Sakramente wirksam, sondern weil Christus selbst in ihnen am Werk ist. Allerdings achtet er unsere Freiheit beim Empfang von Sakramenten. Deshalb wirken sie nur dann positiv, wenn wir uns auf Christus einlassen.

Jesus ist da, in Wort und Sakr ament – Gott ist anwesend. Das ist das Erste und Wichtigste bei jedem Gottesdienst. Dann erst kommen wir. Jesus opfert sein Leben für uns, damit wir ihm das geistige Opfer unseres Lebens bringen. In der Eucharist ie gibt sich Christus uns, damit wir uns ihm geben. Wir stellen Christus sozusagen einen Blankoscheck auf unser Leben aus. So nehmen wir teil am erlösenden und verwandelnden Opfer Christi. Unser kleines Leben wird auf das Reich Gottes hin aufgesprengt. Gott kann sein Leben in unserem Leben führen.

Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe.

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Nein. Die Sakramente wirken auf Grund der vollzogenen sakramentalen Handlung (ex opere operato), d.h. unabhängig von der moralischen Haltung oder spirituellen Einstellung des Spenders. Es genügt, dass er tun will, was die Kirche tut. [1127–1128, 1131]

heiligen Zeichen – damit wir dasselbe machen: uns ohne Rückhalt ihm schenken. [1145–1192]

Jes 6,3

Jesus sprach durch Zeichen und Worte zu den Menschen. So ist es auch in der Kirche, wenn der Priester die Gaben zeigt und sagt: „Das ist mein Leib … das ist mein Blut …“ Nur dieses deutende Wort Jesu führt dazu, dass Zeichen zu Sakr amenten werden: Zeichen, die bewirken, was sie bedeuten. 185 Warum wiederholt sich die Liturgie jedes Jahr 183 Warum wird in Gottesdiensten musiziert,



und wie muss die Musik beschaffen sein, dass sie zur Liturgie passt?

Wo Worte nicht genügen, um Gott zu loben, kommt uns die Musik zu Hilfe. [1156–1158, 1191]

Eph 5,19

Wer singt, betet doppelt. Augustinus

184 Wie prägt die Liturgie die Zeit?

Im Gottesdienst wird Zeit zu Zeit für Gott. Oft können wir nicht viel anfangen mit unserer Zeit – wir suchen uns einen Zeitvertreib. Im Gottesdienst wird die Zeit ganz dicht, weil jede Sekunde erfüllt ist mit Sinn. Wenn wir Gottesdienst feiern, erfahren wir, dass Gott die Zeit geheiligt hat und jede Sekunde zu einem Einfallstor der Ewigkeit gemacht hat.

Wie wir jährlich Geburtstag oder Hochzeitstag begehen, so feiert auch die Liturgie im Rhythmus des Jahres die wichtigsten christlichen Heilsereignisse. Allerdings mit einem entscheidenden Unterschied: Alle Zeit ist Gottes Zeit. „Erinnerungen“ an Botschaft und Leben Jesu sind zugleich Begegnungen mit dem lebendigen Gott. [1163–1165, 1194–1195] Der dänische Philosoph Søren Kierkegaard sagte einmal: „Entweder sind wir Zeitgenossen Jesu. Oder wir können es bleiben lassen.“ Das gläubige Mitgehen des Kirchenjahres macht uns in der Tat zu Zeitgenossen Jesu. Nicht, weil wir uns so genau in seine Zeit und in sein Leben hineindenken oder -leben könnten, sondern weil er, wenn ich ihm auf diese Weise Platz mache, in meine Zeit und in mein Leben hereinkommt, mit seiner heilenden und verzeihenden Gegenwart, mit der Sprengkraft seiner Auferstehung. 186 Was ist das liturgische Jahr (Kirchenjahr)?

Das liturgische Jahr oder Kirchenjahr ist die Überlagerung des normalen Jahreslaufes mit den Geheimnissen des Lebens Christi – von der Menschwerdung bis zur Wiederkunft in Herrlichkeit. Das liturgische Jahr beginnt mit dem Advent, der Zeit der Erwartung des Herrn, hat seinen ersten Höhepunkt im Weihnachtsfestkreis und seinen zweiten, noch größeren in der Feier des erlösenden Leidens, Sterbens und Auferstehens Christi an Ostern. Die österliche Zeit endet mit dem Pfingstfest, der Herabkunft des Heiligen Geistes auf die Kirche. Immer wieder unterbrechen Marienund Heiligenfeste das liturgische Jahr, in denen die Kirche Gottes Gnade preist, welche die Menschen ins Heil geführt hat. [1168–1173, 1194–1195]

Eph 5,16

Gottes Ewigkeit ist nicht einfach Zeitlosigkeit, Negation von Zeit, sondern Zeitmächtigkeit, die sich als Mitsein und Insein in der Zeit verwirklicht. Joseph R atzinger / Benedikt X V I., Der Geist der Liturgie

Das Kirchenjahr mit seiner immer erneuten Vergegenwärtigung und Darstellung des Lebens Christi ist das größte Kunstwerk der Menschen; und Gott hat sich dazu bekannt und gewährt es Jahr für Jahr, schenkt es in immer neuem Licht, als begegnete es einem zum ersten Mal. Jochen Klepper (1903–1942, deutscher Schriftsteller)

110 111 [ I ] 2 . K apitel : W ie wir die G eheimnisse C hristi feiern

Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und Lieder erklingen, wie der Geist sie eingibt. Singt und jubelt aus vollem Herzen zum Lob des Herrn!

Wenn wir uns an Gott wenden, dann bleibt immer ein Rest an Unsagbarem und Ungesagtem. Dann kann die Musik für uns einspringen. Im Jubel wird die Sprache zum Gesang – deshalb singen die Engel. Musik im Gottesdienst muss das Beten schöner und inniger machen, die Herzen aller Anwesenden tiefer erfassen und zu Gott hin bewegen und ein Fest der Töne für Gott bereiten.

wieder?

Nutzt die Zeit!

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Sie (die Engel) riefen einander zu: Heilig, heilig, heilig ist der Herr der Heere. Von seiner Herrlichkeit ist die ganze Erde erfüllt.

Palmsonntag, Karwoche

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Wie wichtig ist der Sonntag?

der sonntag ist die mitte der christlichen Zeit, denn am sonntag feiern wir die auferstehung christi, und jeder sonntag ist ein osterfest im kleinen. [1163–1167, 1193] Wenn der Sonntag missachtet oder abgeschafft wird, gibt es in der Woche nur noch Werktage. Der Mensch, der zur Freude geschaffen wurde, verkommt zum Arbeitstier und Konsumtrottel. Wir müssen auf der Erde richtig feiern lernen, sonst wissen wir mit dem Himmel nichts anzufangen. Im Himmel ist Sonntag ohne Ende. 104–107 188

Was ist das Stundengebet?

das „stundengebet“ ist das allgemeine, öffentliche gebet der kirche. Biblische texte führen den Beter immer tiefer in das geheimnis des lebens Jesu christi

Wie prägt die Liturgie die Räume, in denen wir leben?

christus hat mit seinem sieg alle räume der Welt durchdrungen. er selbst ist der wahre tempel, und die gottesverehrung „im geist und in der Wahrheit“ (Joh 4,24) ist an keinen besonderen ort mehr gebunden. trotzdem ist die christliche Welt von kirchen und heiligen Zeichen durchsetzt, weil menschen konkrete orte brauchen, um sich zu treffen, und Zeichen, um erinnert zu werden an die neue Wirklichkeit. Jedes gotteshaus ist ein sinnbild für das himmlische Vaterhaus, zu dem wir unterwegs sind. [1179–1181, 1197–1198] Gewiss kann man überall beten – im Wald, am Strand, im Bett. Aber da wir Menschen nicht bloß geistig sind, sondern einen Leib haben, müssen wir uns sehen, hören und fühlen; wir müssen einen konkreten Ort haben, wenn wir uns treffen wollen, um „Leib Christi“ zu sein; wir müssen uns hinknien, wenn wir Gott anbeten wollen; wir müssen das gewandelte Brot essen, wo es angeboten wird; wir müssen uns körperlich in Bewegung setzen, wenn ER uns ruft. Und ein Wegkreuz wird uns daran erinnern, wem die Welt gehört und wohin wir unterwegs sind.

112 113

Auf die Lehre von der unsichtbaren Kirche folgt ganz folgerichtig die Lehre von der unsichtbaren Religion und auf diese ganz notwendig das Verschwinden der Religion. PAUL DE L AGARDE (1827–1891, deutscher Orientalist und Philosoph)

[I] 2. K A P I T E L : W I E W I R DI E GE HE I MN I S SE C HR I S T I F E I E R N

Die sieben Gebetszeiten des Stundengebets sind: • Lesehore (Vigil) • Laudes (Morgenlob) • Terz (9 Uhr) • Sext (12 Uhr) • Non (15 Uhr) • Vesper (Abendlob) • Komplet (Nachtgebet)

187

Ps 119,164

Die sieben „Gebetshoren“ (lat. hora = Stunde) sind wie ein Gebets-Wortschatz der Kirche. Er löst uns auch dann noch die Zunge, wenn es uns aus Freude, Kummer oder Angst die Sprache verschlagen hat. Immer wieder kommt man beim Stundengebet ins Staunen: ein Satz, ein ganzer Text passt „zufällig“ genau auf meine Situation. Gott hört es, wenn wir ihn anrufen. Er antwortet uns in diesen Texten – manchmal geradezu bestürzend konkret. Allerdings mutet er uns auch lange Zeiten des Schweigens und der Trockenheit zu; in Erwartung unserer Treue. 473, 492 189

Das neue Jahr der Kirche beginnt mit dem ersten Adventssonntag und hat seinen Höhepunkt im Osterfest.

Siebenmal am Tag singe ich dein Lob, wegen deiner gerechten Entscheide. ZWei ter teil – W IE W IR DIE CHR I S TL ICHEN MYS TER IEN FE IERN

ein. Weltweit wird so dem dreifaltigen gott zu jeder stunde des tages raum gegeben, den Beter und die Welt schritt für schritt zu verwandeln. nicht nur priester und mönche beten das stundengebet. Viele christen, denen der glaube wichtig ist, stimmen in das vieltausendfache rufen ein, das von überall auf der Welt zu gott aufsteigt. [1174–1178, 1196]

Das kirchenjahr im überblick

Johannes Chrysostomus

190 Was ist ein christliches Gotteshaus?

Ein christliches Gotteshaus ist sowohl ein Symbol für die kirchliche Gemeinschaft von Menschen an einem konkreten Ort als auch für die himmlischen Wohnungen, die Gott uns allen bereitet hat. Im Gotteshaus kommt man zusammen, um in Gemeinschaft oder allein zu beten und um die Sakramente, vor allem die Eucharistie, zu feiern. [1179–1186, 1197–1199] „Hier riecht’s nach Himmel“ – „Hier wird man ganz still und ehrfürchtig.“ Manche Kirchen umfangen uns förmlich mit einer dichten Gebetsatmosphäre. Wir spüren, dass Gott hier gegenwärtig ist. Die Schönheit der Kirchen verweist uns auf die Schönheit, Größe und Liebe Gottes. Kirchen sind nicht nur steinerne Botschafter des Glaubens, sondern Wohnungen Gottes, der im Sakr ament des Altares wirklich, wahrhaftig und wesenhaft da ist. 191 Welche liturgischen Orte prägen ein Gotteshaus?

Die zentralen Orte eines Gotteshauses sind der Altar mit dem Kreuz, der Tabernakel, der Sitz des Zelebranten, der Ambo, das Taufbecken und der Beichtstuhl. [1182–1188]

192 Kann die Kirche die Liturgie auch verändern und erneuern?

Es gibt veränderliche und unveränderliche Bestandteile der Liturgie. Unveränderlich ist all das, was göttlichen Ursprungs ist, so z.B. die Worte Jesu beim Letzten Abendmahl. Daneben gibt es veränderliche Teile, welche die Kirche mitunter sogar verändern muss. Das Geheimnis Christi soll ja zu allen Zeiten und allerorten verkündet, gefeiert und gelebt werden. Daher muss die Liturgie dem Geist und der Kultur der einzelnen Völker entsprechen. [1200–1209] Jesus erreichte den ganzen Menschen; seinen Geist und Verstand, sein Herz und seinen Willen. Genau das will er heute auch in der Liturgie. Deswegen trägt sie in Afrika andere Züge als in Europa, in Altenheimen andere als bei Weltjugendtagen und hat in Pfarrgemeinden ein anderes Gesicht als in Klöstern. Aber es muss erkennbar bleiben, dass sie der eine Gottesdienst der ganzen, weltweiten Kirche ist.

Benedikt X V I., 09.09.2007

Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller. Eph 4,5–6

Init iat ion (von lat. initium = Anfang) bezeichnet die Einführung und Integration eines Außenstehenden in eine bereits bestehende Gemeinschaft.

114 115 [ I ] 2 . K apitel : W ie wir die G eheimnisse C hristi feiern

Gott hat die Kirchen wie Häfen im Meer angelegt, damit ihr euch aus dem Wirbel irdischer Sorgen dahin retten und Ruhe und Stille finden sollt.

Wo immer man bei liturgischen Besinnungen nur darüber nachdenkt, wie man Liturgie attraktiv, interessant, schön machen kann, ist Liturgie schon verfallen. Entweder ist sie Opus Dei [Werk Gottes] mit Gott als dem eigentlichen Subjekt, oder sie ist nicht.

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Der Altar ist der Mittelpunkt der Kirche. Auf ihm wird in der Eucharistiefeier Kreuzesopfer und Auferstehung Jesu Christi gegenwärtig. Er ist auch der Tisch, zu dem das Volk Gottes eingeladen wird. Der Tabernakel, eine Art sakraler Tresor, beherbergt an einer möglichst würdigen und herausgehobenen Stelle der Kirche das Eucharistische Brot, in dem der Herr selbst zugegen ist. Das sogenannte Ewige Licht zeigt an, dass der Tabernakel „bewohnt“ ist. Brennt es nicht, ist der Tabernakel leer. Der herausgehobene Sitz (lat. cathedra) des Bischofs bzw. des Priesters soll sagen, dass es letztlich Christus ist, der die Gemeinde leitet. Der Ambo (von griech. anabainein = hinaufsteigen), das Lesepult für das Wort Gottes, soll Wert und Würde der biblischen Lesungen als Wort des lebendigen Gottes erkennen lassen. Am Taufbecken wird getauft, und das Weihwasserbecken soll die Erinnerung an unser Taufversprechen wach halten. Ein Beichtstuhl oder -raum ist da, um Schuld bekennen und Vergebung empfangen zu können.

Tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes!

Die sieben Sakramente der Kirche 193 Gibt es eine innere Logik, in der die Sakramente

Durch die Taufe wird jedes Kind in einen Freundeskreis aufgenommen, der es nie, weder im Leben noch im Tod, verlassen wird … Dieser Freundeskreis, diese Familie Gottes, in die das Kind nun eingegliedert wird, begleitet es immerfort, auch in Tagen des Leids, in den dunklen Nächten des Lebens; er wird ihm Trost, Zuspruch und Licht geben. Benedikt X V I., 08.01.2006

Alle Sakramente sind eine Begegnung mit Christus, der selbst das Ursakrament ist. Es gibt Sakramente der Initiation, die in den Glauben hineinführen: Taufe, Firmung und Eucharistie. Es gibt Sakramente der Heilung: Beichte und Krankensalbung. Und es gibt Sakramente der Gemeinschaft und Sendung: Ehe und Weihe. [1210–1211] Die Taufe verbindet mit Christus. Die Firmung schenkt uns seinen Geist. Die Eucharist ie vereinigt uns mit ihm. Die Beichte versöhnt uns mit Christus. Durch die Krankensalbung heilt, stärkt und tröstet Christus. Im Ehesakrament verspricht Christus seine Liebe in unserer Liebe und seine Treue in unserer Treue. Durch das Weihesakrament dürfen die Priester Sünden vergeben und die Heilige Messe feiern. Er s t e s K api t el

Die Sakramente der Initiation Das Sakrament der Taufe

2 Kor 5,17

194 Was ist die Taufe? Die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nahe. Darum lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts. … Legt (als neues Gewand) den Herrn Jesus Christus an. Röm 13,12.14

Die Taufe ist der Weg aus dem Reich des Todes in das Leben; das Tor in die Kirche und der Beginn einer bleibenden Gemeinschaft mit Gott. [1213–1216, 1276–1278] Die Taufe ist das grundlegende Sakr ament und die Voraussetzung für alle anderen Sakramente. Sie vereinigt uns mit Jesus Christus, nimmt uns hinein in sein erlösendes Sterben am Kreuz, befreit uns dadurch von der Macht der Erbsünde und allen persönlichen Sünden und lässt uns mit ihm auferstehen zu einem Leben ohne Ende. Da die Taufe ein Bund mit Gott ist, muss der Mensch „Ja“ dazu sagen. Bei der Kindertaufe bekennen die Eltern stellvertretend den Glauben. 197

Die klassische Form der Taufspendung ist das dreimalige Untertauchen des Täuflings im Wasser. Meist wird dem Täufling jedoch dreimal Wasser über den Kopf gegossen, wobei der Taufspender die Worte spricht: „N., ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. [1229–1245, 1278] Wasser symbolisiert Reinigung und neues Leben, was schon in der Bußtaufe bei Johannes dem Täufer zum Ausdruck kam. Die Taufe, die im „Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ mit Wasser gespendet wird, ist mehr als ein Zeichen der Umkehr und Buße, sie ist neues Leben in Christus. Deshalb kommen noch die Zeichen der Salbung, des weißen Kleides und der Taufkerze hinzu. 196 Wer kann getauft werden, und was wird von einem



Taufanwärter verlangt?

Jeder Mensch, der noch nicht getauft ist, kann getauft werden. Die einzige Voraussetzung zur Taufe ist der Glaube, der bei der Taufe öffentlich bekannt werden muss. [1246–1254] Ein Mensch, der sich zum Christentum hinwendet, wechselt nicht nur die Weltanschauung. Er geht einen Weg des Lernens ( Katechumenat), in dem er durch persönliche Umkehr, vor allem aber durch das Geschenk der Taufe zu einem neuen Menschen wird. Er ist nun ein lebendiges Glied am Leib Christi. 197 Warum hält die Kirche an der Praxis der



Kindertaufe fest?

Die Kirche hält seit alter Zeit an der Kindertaufe fest. Dafür gibt es einen Grund: Bevor wir uns für Gott entscheiden, hat sich Gott für uns entschieden. Die Taufe ist also eine Gnade, ein unverdientes Geschenk Gottes, der uns voraussetzungslos annimmt. Gläubige Eltern, die das Beste wollen für ihr Kind, wollen auch die Taufe, in der das Kind dem Einfluss der Erbsünde und der Macht des Todes entzogen wird. [1250, 1282]

K atechumenat (von griech. kat'echein = unterrichten, werbend zu Gehör bringen): Besonders in der alten Kirche durchliefen die Bewerber für die Erwachsenentaufe (Katechumenen) eine dreistufige Vorbereitungszeit, das Katechumenat, in der sie in der Lehre des Glaubens unterwiesen wurden, nach und nach an Wortgottesdiensten teilnehmen durften.

Das Geschenk, das die Neugeborenen empfangen haben, soll von ihnen, wenn sie erwachsen geworden sind, auf freie und verantwortliche Weise angenommen werden: Dieser Reifungsprozess wird sie dann dazu führen, das Sakrament der Firmung zu empfangen, das ihre Taufe festigt und jedem von ihnen das „Siegel“ des Heiligen Geistes aufprägt. Benedikt X V I., 08.01.2006

116 117 [ I I ] D ie sieben S akramente der K irche

Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden.

miteinander verbunden sind?

195 Wie wird die Taufe gespendet?

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Mt 28,19

Zwe i t er Abschni t t

Die Taufe ist so wichtig, dass sogar ein Nichtchrist sie spenden kann. Er muss dabei nur die Absicht haben zu tun, was die Kirche tut, wenn sie tauft.

Für alle, die das Evangelium empfangen und davon gehört haben, dass Christus „der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6) ist, ist die Taufe der einzige Weg zu Gott und zum Heil. Gleichzeitig ist jedoch wahr, dass Christus für alle Menschen gestorben ist. Daher finden auch all die Menschen zum Heil, die keine Gelegenheit hatten, Christus und den Glauben wirklich kennenzulernen, die aber ehrlichen Herzens nach Gott suchen und ein Leben nach ihrem Gewissen führen (sogenannte Begierdetaufe). [1257–1261, 1281, 1283]

Röm 6,4

Er will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen.

Die Kindertaufe setzt voraus, dass christliche Eltern den Täufling in den Glauben einführen. Es ist ein Unrecht, dem Kind die Taufe aus falsch verstandener Liberalität vorzuenthalten. Wie man einem Kind nicht die Liebe vorenthalten kann, damit es sich später selber für die Liebe entscheidet, so wäre es ein Unrecht, wenn gläubige Eltern ihrem Kind die Gnade Gottes in der Taufe vorenthalten würden. Wie jeder Mensch geboren wird mit der Fähigkeit zu sprechen, er die Sprache aber lernen muss, so wird auch jeder Mensch geboren mit der Fähigkeit zu glauben, muss aber den Glauben kennenlernen. Allerdings kann man die Taufe niemandem überstülpen. Wenn man als kleines Kind die Taufe empfangen hat, muss man sie später in seinem Leben „ratifizieren“ – das heißt: Man muss Ja zu ihr sagen, damit sie Frucht bringt.

1 Tim 2,4

198 Wer kann die Taufe spenden? Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Joh 3,5

Normalerweise spendet der Bischof, ein Priester oder ein Diakon das Sakrament der Taufe. Im Notfall kann jeder Christ, ja jeder Mensch taufen, indem er Wasser über den Kopf des Täuflings gießt und die Taufformel spricht: „Ich taufe dich im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ [1256, 1284]

Gott hat das Heil an die Sakr amente gebunden. Darum muss die Kirche sie unermüdlich den Menschen anbieten. Diese Mission aufzugeben wäre Verrat an Gottes Auftrag. Gott selbst aber ist nicht an seine Sakramente gebunden. Wo die Kirche – sei es aus Schuld, sei es aus anderen Gründen – nicht hinkommt oder erfolglos bleibt, da bahnt Gott selbst den Menschen einen anderen Weg zum Heil. 136 200 Was geschieht in der Taufe?

In der Taufe werden wir Glieder des Leibes Christi, Schwestern und Brüder unseres Erlösers und Kinder Gottes. Wir werden von der Sünde befreit, dem Tod entrissen und sind von da an für ein Leben in der Freude der Erlösten bestimmt. [1262–1274, 1279–1280] Getauft sein heißt: Meine persönliche Lebensgeschichte taucht in den Strom der Liebe Gottes ein. „Unser Leben“, sagt Papst Benedikt XVI., „gehört Christus und nicht mehr uns selber … Von ihm begleitet, ja, von ihm in seiner Liebe aufgenommen, sind wir frei von Furcht. Er umfängt uns und trägt uns, wohin wir auch gehen – er, der das Leben selber ist.“ (07.04. 2007) 126

Durch den einen Geist wurden wir in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen, Juden und Griechen, Sklaven und Freie; und alle wurden wir mit dem einen Geist getränkt. 1 Kor 12,13

Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi. Röm 8,17

Ich bin berufen, etwas zu tun oder zu sein, wofür kein anderer berufen ist. Ich habe einen Platz in Gottes Plan auf Gottes Erde, den kein anderer hat. Ob ich reich bin oder arm, verachtet oder geehrt bei den Menschen, Gott kennt mich und ruft mich bei meinem Namen. John Henry Newman

118 119 [ I I ] 1 . K apitel : D ie S akramente der I nitiation

Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben.

Röm 14,8

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

199 Ist die Taufe tatsächlich der einzige Weg zum Heil?

Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn.

F irmung

Chrisam

Durch den Namen, den wir in der Taufe erhalten, sagt uns Gott: „Ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir“ (Jes 43,1). [2156–2159, 2165–2167] In der Taufe löst sich der Mensch nicht in einer anonymen Göttlichkeit auf, sondern er wird gerade in seiner Individualität bestätigt. Auf einen Namen getauft zu sein bedeutet: Gott kennt mich; er sagt ja zu mir und nimmt mich für immer an in meiner unverwechselbaren Einzigartigkeit. 202 Warum sollten Christen bei der Taufe die Namen



großer Heiliger wählen?

Bessere Vorbilder als Heilige gibt es nicht, und bessere Helfer auch nicht. Wenn mein Namenspatron ein Heiliger ist, habe ich einen Freund bei Gott. [2156–2159, 2165]

Das Sakrament der Firmung 203 Was ist die Firmung?

Die Firmung ist das Sakrament, das die Taufe vollendet und in dem wir mit der Gabe des Heiligen Geistes beschenkt werden. Wer sich in Freiheit für ein Leben als Kind Gottes entscheidet und unter den Zeichen der Handauflegung und Salbung mit Chrisam um Gottes Geist bittet, erhält die Kraft, Gottes Liebe und Macht in Wort und Tat zu bezeugen. Er ist nun ein vollgültiges, verantwortliches Mitglied der Katholischen Kirche. [1285–1314] Wenn ein Trainer einen Fußballspieler auf das Spielfeld schickt, legt er ihm die Hand auf die Schulter und gibt ihm letzte Anweisungen. So kann man auch die Firmung verstehen. Uns wird die Hand aufgelegt. Wir betreten das Feld des Lebens. Durch den Heiligen Geist wissen wir, was wir zu tun haben. Er hat uns motiviert bis in die Fingerspitzen. Seine Sendung klingt uns im Ohr. Wir spüren seine Hilfe. Wir werden sein Vertrauen

nicht enttäuschen und das Spiel für ihn entscheiden. Wir müssen nur wollen und auf ihn hören. 119–120 204 Was sagt die Heilige Schrift über das Sakrament



der Firmung?

Schon im Alten Testament wartete das Volk Gottes auf die Ausgießung des Heiligen Geistes über den Messias. Jesus lebte ein Leben in einem besonderen Geist der Liebe und der vollkommenen Einheit mit seinem Vater im Himmel. Dieser Geist Jesu war der „Heilige Geist“, den das Volk Israel ersehnte; und es war derselbe Geist, den Jesus seinen Jüngern versprach, derselbe Geist, der 50 Tage nach Ostern, am Pfingstfest, auf die Jünger herabkam. Und es ist wieder dieser Heilige Geist Jesu, der auf jeden herabkommt, der das Sakrament der Firmung empfängt. [1285–1288, 1315] Bereits in der Apostelgeschichte, die wenige Jahrzehnte nach Jesu Tod entstand, sehen wir Petrus und Johannes auf „Firmreise“; die beiden legen neuen Christen, die vorher „nur auf den Namen Jesu, des Herrn, getauft“

Als die Apostel in Jerusalem hörten, dass Samarien das Wort Gottes angenommen hatte, schickten sie Petrus und Johannes dorthin. Diese zogen hinab und beteten für sie, sie möchten den Heiligen Geist empfangen. Denn er war noch auf keinen von ihnen herabgekommen; sie waren nur auf den Namen Jesu, des Herrn, getauft. Apg 8,14–16

120 121 [ I I ] 1 . K apitel : D ie S akramente der I nitiation

(von griech. chrisma = Salböl und christos = der Gesalbte): Chrisam ist ein Öl aus einer Mischung von Olivenöl und Balsamharz. Am Morgen des Gründonnerstags weiht es der Bischof, damit es Verwendung findet bei der Taufe, der Firmung, der Priesterund Bischofsweihe sowie bei der Weihe von Altären und Glocken. Öl ist ein Sinnbild für Freude, Kraft und Gesundheit. Mit Chrisam gesalbte Menschen sollen den „Wohlgeruch Christi“ (2 Kor 2,15) verbreiten.

201 Was bedeutet es, in der Taufe einen Namen zu erhalten?

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

(von lat. firmatio = Bestärkung, Befestigung): Die Firmung gehört mit der Taufe und der Eucharistie zu den drei Initiationssakramenten. Wie an Pfingsten der Heilige Geist auf die versammelte Jüngergemeinde herabkam, so kommt der Heilige Geist auf jeden Getauften, der die Kirche um die Gabe des Heiligen Geistes bittet. Sie festigt und stärkt ihn zum Lebenszeugnis für Christus.

Jes 61,1

Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz, und gib mir einen neuen, beständigen Geist! Ps 51,12

Jak 4,8

Leben und Tod lege ich dir vor, Segen und Fluch. Wähle also das Leben, damit du lebst, du und deine Nachkommen. Dtn 30,19

Es kommt vor allem darauf an, entschlossen zu beginnen. Teresa von Ávila

wozu die Beichte gehört, die auch dann näher zu Gott führt, wenn man keine schwere Sünde begangen hat. 316–317

205 Was geschieht in der Firmung?

In der Firmung wird der Seele eines getauften Christen ein unverlierbares Siegel aufgeprägt, das man nur einmal empfangen kann und das diesen Menschen für immer als Christen prägt. Die Gabe des Heiligen Geistes ist die Kraft von oben, in der dieser Mensch die Gnade seiner Taufe durch sein Leben wahr macht und „Zeuge“ für Christus ist. [1302–1305, 1317] Sich firmen lassen heißt mit Gott einen „Vertrag“ machen. Der Firmling sagt: Ja, ich glaube an dich, mein Gott, gib mir deinen Heiligen Geist, dass ich dir ganz gehöre, niemals von dir getrennt werde und dich mein ganzes Leben hindurch mit Leib und Seele, in Taten und Worten, in guten und bösen Tagen bezeuge. Und Gott sagt: Ja, ich glaube auch an dich, mein Kind – und ich werde dir meinen Geist, ja mich selber schenken. Ich werde ganz dir gehören. Ich werde mich in diesem und im ewigen Leben niemals von dir trennen. Ich werde in deinem Leib und deiner Seele, in deinen Taten und Worten sein. Selbst wenn du mich vergisst, werde ich doch da sein – in guten wie in schlechten Tagen. 120 206 Wer kann gefirmt werden, und was wird von einem



Firmbewerber verlangt?

Jeder katholische Christ, der das Sakrament der Taufe empfangen hat und der im „Stand der Gnade“ ist, kann zur Firmung zugelassen werden. [1306–1311, 1319] „Im Stand der Gnade“ sein heißt: keine schwere Sünde (Todsünde) begangen haben. Durch eine schwere Sünde trennt man sich von Gott und kann nur durch die Beichte wieder mit Gott versöhnt werden. Ein ( junger) Christ, der sich auf die Firmung vorbereitet, befindet sich in einer der wichtigsten Phasen seines Lebens. Er wird alles tun, um den Glauben mit seinem Herzen und seinem Verstand zu erfassen; er wird allein und mit anderen um den Heiligen Geist beten; er wird sich auf jede Weise mit sich, den Menschen seiner Umgebung und mit Gott versöhnen,

207 Wer darf firmen?

Das Sakrament der Firmung wird normalerweise durch den Bischof gespendet. Wenn es notwendig ist, kann der Bischof einen Priester damit beauftragen. In Todesgefahr kann jeder Priester die Firmung spenden. [1312–1314]

Das Sakrament der Eucharistie 208 Was ist die Heilige Eucharistie?

Die Heilige Eucharistie ist das Sakrament, in dem Jesus Christus seinen Leib und sein Blut – sich selbst – für uns hingibt, damit auch wir uns in Liebe ihm hingeben und uns in der Heiligen Kommunion mit ihm vereinigen. So werden wir zu dem einen Leib Christi, der Kirche, verbunden. [1322, 1324, 1409] Die Eucharist ie ist nach der Taufe und der Firmung das dritte Initiationssakrament der Katholischen Kirche. Die Eucharistie ist die geheimnisvolle Mitte all dieser Sakr amente, denn das historische Opfer Jesu am Kreuz wird während der Wandlung auf verborgene, unblutige Weise Gegenwart. So ist die Eucharistiefeier „die Quelle und der Höhepunkt des gesamten christlichen Lebens“ (Zweites Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium [LG] 11). Darauf zielt alles; darüber hinaus gibt es nichts Größeres, was noch zu erreichen wäre. Wenn wir das gebrochene Brot essen, vereinigen wir uns mit der Liebe Jesu, der seinen Leib am Holz des Kreuzes für uns hingab; wenn wir aus dem Kelch trinken, vereinigen wir uns mit dem, der in der Hingabe für uns sogar sein Blut vergoss. Wir haben diesen Ritus nicht erfunden. Jesus selbst feierte mit seinen Jüngern das Letzte Abendmahl und nahm darin seinen Tod voraus; er schenkte sich seinen Jüngern unter den Zeichen von Brot und Wein und forderte sie auf, von nun an und über seinen Tod hinaus Eucharistie zu feiern. „Tut dies zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor 11,24). 126, 193, 217

Gott hätte uns Größeres gegeben, wenn er Größeres gehabt hätte als sich selbst. Hl. Jean-Marie V ianney (1786–1859, der „Pfarrer von Ars“)

Die eigentliche Wirkung der Eucharistie ist die Verwandlung des Menschen in Gott. Thomas von Aquin

Eucharist ie (griech. eucharistia = Danksagung): Eucharistie hieß ursprünglich das Danksagungsgebet, das im Gottesdienst der Urkirche der Wandlung von Brot und Wein in Christi Leib und Blut vorausging. Später übertrug man das Wort auf die gesamte Feier der Heiligen Messe.

Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen. Da er die Seinen, die in der Welt waren, liebte, erwies er ihnen seine Liebe bis zur Vollendung. Joh 13,1

122 123 [ I I ] 1 . K apitel : D ie S akramente der I nitiation

Sucht die Nähe Gottes; dann wird er sich euch nähern.

waren, die Hände auf, damit ihr Herz erfüllt wurde mit Heiligem Geist. 113–120, 310–311

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe und alle heile, deren Herz zerbrochen ist, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde und den Gefesselten die Befreiung.

Benedikt X V I., 21.08.2005

Augustinus, in der Zeit seiner Bekehrung

Nicht kommunizieren: wie wenn jemand neben einer Quelle verdurstet. Pfarrer von Ars

Jesus hat die heilige Eucharistie am Vorabend seines Todes eingesetzt, „in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde“ (1 Kor 11,23–25), als er die Apostel im Abendmahlssaal in Jerusalem um sich versammelte und mit ihnen das Letzte Abendmahl feierte. [1323, 1337–1340] 210 Wie hat Christus die Eucharistie eingesetzt?

„Denn ich habe vom Herrn empfangen, was ich euch dann überliefert habe: Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sprach: Dieser Kelch ist der Neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor 11,23b–25) Dieser älteste Bericht über die Geschehnisse im Abendmahlssaal stammt vom Apostel Paulus, der selbst kein Augenzeuge war, sondern aufschrieb, was als heiliges Geheimnis der jungen Christengemeinde bewahrt und im Gottesdienst begangen wurde. 99 211 Wie wichtig ist die Eucharistie für die Kirche?

Die Feier der Eucharistie ist der Kern der christlichen Gemeinschaft. In ihr wird die Kirche zur Kirche. [1325] Nicht weil wir Kirchensteuer zahlen, weil wir uns gut verstehen oder weil wir zufällig zu einer Gemeinde zusammengewürfelt wurden, sind wir Kirche, sondern weil wir in der Eucharist ie den Leib Christi empfangen und immer neu in den Leib Christi verwandelt werden. 126, 217 212 Welche Namen gibt es für das Mahl Jesu mit uns,



und was bedeuten sie?

Unterschiedliche Namen zeigen das unergründliche Geheimnis an: Heiliges Opfer, Heilige Messe, Mess-

opfer – Mahl des Herrn – Brechen des Brotes – eucharistische Versammlung – Gedächtnis des Leidens, des Sterbens und der Auferstehung – Heilige und Göttliche Liturgie, Heilige Mysterien – Heilige Kommunion. [1328–1332] Heiliges Opfer, Heilige Messe, Messopfer: Das einzigartige Opfer Christi, das alle Opfer vollendet und überragt, wird in der Eucharistiefeier gegenwärtig. Die Kirche und die Gläubigen bringen sich mit ihrer Hingabe selbst in das Opfer Christi ein. Das Wort Messe kommt vom lateinischen Entlassungsruf Ite, missa est – Geht nun, ihr seid gesandt! Mahl des Herrn Jede Eucharistiefeier ist noch immer das eine Mahl, das Christus mit seinen Jüngern feierte, und zugleich die Vorwegnahme des Mahles, das der Herr mit den Erlösten am Ende aller Tage feiern wird. Nicht wir Menschen machen Gottesdienst – der Herr ist es, der zum Gottesdienst ruft und in ihm geheimnisvoll gegenwärtig ist. Brechen des Brotes: Das „Brechen des Brotes“ war ein alter jüdischer Mahlritus, den Jesus beim Letzten Abendmahl aufgriff, um seine Hingabe „für uns“ (Röm 8,32)

In der Heiligen Eucharistie werden wir eins mit Gott wie die Speise mit dem Körper. Franz von Sales

Euer Leben muss gewoben werden um die Eucharistie. Richtet eure Augen auf Ihn, der das Licht ist; bringt eure Herzen ganz nahe zu Seinem göttlichen Herzen; bittet Ihn um die Gnade, Ihn zu erkennen, um die Liebe, Ihn zu lieben, um den Mut, Ihm zu dienen. Sucht Ihn sehnsüchtig. Mutter Teresa

124 125 [ I I ] 1 . K apitel : D ie S akramente der I nitiation

Es war, als hörte ich eine Stimme aus der Höhe: Ich bin die Speise der Starken; wachse und iss dann von mir! Aber du wirst mich nicht wie eine leibliche Speise in dich verwandeln, sondern du wirst in mich verwandelt werden.

209 Wann hat Christus die Eucharistie eingesetzt?

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Wie kann Jesus seinen Leib austeilen und sein Blut? Indem er Brot zu seinem Leib und Wein zu seinem Blut macht und austeilt, nimmt er seinen Tod vorweg, nimmt er ihn von innen her an und verwandelt ihn in eine Tat der Liebe. Was von außen her brutale Gewalt ist – die Kreuzigung –, wird von innen her ein Akt der Liebe, die sich selber schenkt, ganz und gar.

Mutter Teresa

Konsekr at ion

Eucharistische Versammlung: Die Feier des Herrenmahles ist auch eine Versammlung der „Danksagung“, in der die Kirche ihren sichtbaren Ausdruck findet. Gedächtnis des Leidens, des Sterbens und der Auferstehung: In der Eucharistiefeier feiert die Gemeinde nicht sich selbst, sondern sie entdeckt und feiert immer neu die Gegenwart des rettenden Durchganges Christi durch Leid und Tod zum Leben. Heilige und Göttliche Liturgie, Heilige Mysterien: In der Eucharistiefeier vereinigen sich die himmlische und die irdische Kirche zu einem einzigen Fest. Weil die eucharistischen Gaben, in denen Christus anwesend ist, gewissermaßen das Heiligste in der Welt sind, spricht man auch vom Allerheiligsten. Heilige Kommunion: Weil wir uns in der Heiligen Messe mit Christus vereinigen und durch ihn miteinander, spricht man von der Heiligen Kommunion (communio = Gemeinschaft). 213 Welche Elemente gehören notwendig zu einer



Nach der Begrüßung folgt das allgemeine Schuldbekenntnis, das in das Kyrie mündet. An Sonntagen (außer Fasten- und Adventszeit) und Festen wird dann das Gloria gesungen oder gesprochen. Das Tagesgebet leitet eine oder zwei Lesungen aus dem Neuen und Alten Testament ein, gefolgt vom Antwortpsalm. Vor dem Evangelium haben die Halleluja-Rufe ihren Platz. Nach der Verkündigung des Evangeliums hält der Priester oder Diakon wenigstens an Sonnund Feiertagen eine Predigt ( Homilie). Ebenfalls nur an Sonn- und Feiertagen bekennt die Gemeinde den gemeinsamen Glauben im Credo, an das sich die Fürbitten anschließen. Der zweite Teil der Heiligen Messe beginnt mit der Gabenbereitung, die mit dem Gabengebet abgeschlossen wird. Der Höhepunkt der Eucharistiefeier ist das Eucharistische Hochgebet, das mit der Präfation und dem Sanctus eingeleitet wird. Nun werden die Gaben von Brot und Wein in den Leib und das Blut Christi gewandelt. Das Hochgebet mündet schließlich in die Doxologie, die zum Gebet des Herrn überleitet. Es folgt das Friedensgebet, das Agnus Dei, die Brechung des Brotes und die Darreichung der heiligen Gaben an die Gläubigen, was oft nur in Gestalt des Leibes Christi geschieht. Die Heilige Messe endet mit Besinnung, Dank, einem Schlussgebet und dem Segen durch den Priester. [1348–1355]

Heiligen Messe?

Jede Heilige Messe (Eucharistiefeier) entfaltet sich in zwei Hauptteilen, dem Wortgottesdienst und der Eucharistiefeier im engeren Sinne. [1346–1347] Im Wortgottesdienst hören wir Lesungen aus dem Alten und Neuen Testament sowie das Evangelium. Außerdem ist hier der Platz für die Verkündigung und das allgemeine Fürbittgebet. In der darauffolgenden Eucharistiefeier werden Brot und Wein dargebracht, konsekriert und den Gläubigen zur Kommunion dargereicht. 214 Wie ist die Heilige Messe aufgebaut?

Die Heilige Messe beginnt mit der Versammlung der Gläubigen und dem Einzug des Priesters und der Altardienste (Ministranten, Lektoren, Kantoren usw.).

Das

Kyrie lautet:

V Herr, erbarme dich (unser)! A Herr, erbarme dich (unser)! V Christus, erbarme dich (unser)! A Christus, erbarme dich (unser)! V Herr, erbarme dich (unser)! A Herr, erbarme dich (unser)! V Kyrie eleison! A Kyrie eleison! V Christe eleison! A Christe eleison! V Kyrie eleison! A Kyrie eleison!

Kommunion (lat. communio = Gemeinschaft): Unter Kommunion versteht man den Empfang des Leibes und Blutes Christi in den gewandelten (konsekrierten) Gaben von Brot und Wein. Das geschieht in der Regel während der Heiligen Messe, bei bestimmten Anlässen aber auch außerhalb (z.B. bei der Krankenkommunion). Auch die Kommunion nur in der Gestalt des Brotes ist eine volle Kommunion mit Christus.

Kyrie Eleison (griech. = Herr, erbarme dich!): Das „Kyrie eleison“, ein antiker Huldigungsruf an Götter und Herrscher; er wurde früh schon auf Christus bezogen und um das Jahr 500 aus der griechischen Liturgie unübersetzt in die römische und westliche Liturgie übernommen.

126 127 [ I I ] 1 . K apitel : D ie S akramente der I nitiation

(lat. consecratio = Weihe): Eine Konsekration ist eine feierliche Weihehandlung. So werden in der Heiligen Messe bei der heiligen Wandlung Brot und Wein „konsekriert“ und dabei in Leib und Blut Christi gewandelt. Auch Bischöfe, Priester und Diakone werden konsekriert sowie für den Dienst an Gott besonders bestimmte Dinge wie Kirchen und Altäre. Manchmal nennt man auch den Volksaltar, an dem der Priester zum Volk hin zelebriert, Konsekrationsaltar.

zum Ausdruck zu bringen. Am „Brechen des Brotes“ erkannten ihn die Jünger nach der Auferstehung wieder. „Brechen des Brotes“ nannte die Urgemeinde ihre liturgischen Mahlfeiern.

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Wir dürfen unser Leben nicht von der Eucharistie trennen. In dem Moment, wo wir es doch tun, zerbricht etwas. Die Leute fragen uns: „Woher haben die Schwestern die Freude und die Kraft zu tun, was sie tun?“ Die Eucharistie enthält mehr als nur das Empfangen; es enthält auch das Stillen des Hungers Christi. Er sagt: „Komm zu mir!“ Er hungert nach Seelen.

Gloria

Halleluja

Homilie (von griech. homilein = jemandem zureden, menschlich mit ihm reden): Homilie ist ein anderes Wort für Predigt: Der Prediger hat innerhalb der Eucharistiefeier die Aufgabe, die Frohe Botschaft (griech. euangelion) zu verkündigen und den Gläubigen zu helfen und sie zu ermutigen, die existenziellen

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade. Wir loben dich,wir preisen dich, wir beten dich an, wir rühmen dich und danken dir, denn groß ist deine Herrlichkeit: Herr und Gott, König des Himmels, Gott und Vater, Herrscher über das All, Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus. Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters, du nimmst hinweg die Sünde der Welt: erbarme dich unser; du nimmst hinweg die Sünde der Welt: nimm an unser Gebet; du sitzest zur Rechten des Vaters: erbarme dich unser. Denn du allein bist der Heilige, du allein der Herr, du allein der Höchste: Jesus Christus, mit dem Heiligen Geist, zur Ehre Gottes des Vaters. Amen. Gloria in excelsis Deo et in terra pax hominibus bonae voluntatis. Laudamus te, benedicimus te, adoramus te, glorificamus te, gratias agimus tibi propter magnam gloriam tuam, Domine Deus, Rex caelestis, Deus Pater omnipotens, Domine Fili unigenite, Iesu Christe, Domine Deus, Agnus Dei, Filius Patris, qui tollis peccata mundi, miserere nobis; qui tollis peccata mundi, suscipe deprecationem nostram. Qui sedes ad dexteram Patris, miserere nobis. Quoniam tu solus Sanctus, tu solus Dominus, tu solus Altissimus, Iesu Christe, cum Sancto Spiritu: in gloria Dei Patris. Amen.

Das

Sanctus lautet:

Heilig, heilig, heilig Gott, Herr aller Mächte und Gewalten. Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit. Hosanna in der Höhe. Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe. Sanctus, Sanctus, Sanctus Dominus Deus Sabaoth. Pleni sunt caeli et terra gloria tua. Hosanna in excelsis. Benedictus qui venit in nomine Domini. Hosanna in excelsis. Das

Agnus Dei lautet:

Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt: Erbarme dich unser. Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt: Erbarme dich unser. Lamm Gottes, du nimmst hinweg die Sünde der Welt: Gib uns deinen Frieden.

Folgerungen des gehörten Wortes Gottes zu erkennen und anzunehmen. Während der Heiligen Messe ist die Predigt dem Priester oder dem Diakon vorbehalten, sonst dürfen auch Laien predigen.

Sanc tus (lat. = heilig): Das „Sanctus“ ist einer der ältesten Teile der Heiligen Messe. Es stammt aus dem 8. Jh. v. Chr. (!) und darf nie entfallen. Der Gesang ist aus dem Zuruf der Engel in Jes 6,3 und einem auf die Gegenwart Christi bezogenen Begrüßungsruf in Ps 118,25 f. zusammengesetzt.

Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis. Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, miserere nobis. Agnus Dei, qui tollis peccata mundi, dona nobis pacem. 215 Wer leitet die Eucharistiefeier?

Eigentlich handelt in jeder Eucharistiefeier Christus selbst. Der Bischof oder Priester repräsentiert ihn. [1348] Es ist der Glaube der Kirche, dass der Zelebrant in persona Christi capitis (lat. = in der Person Christi, des Hauptes) am Altar steht. Das bedeutet, dass Priester nicht nur an Stelle oder im Auftrag Christi tätig sind, sondern dass auf Grund ihrer Weihe es Christus ist, der als Haupt der Kirche durch sie handelt. 249–254 216 Auf welche Weise ist Christus da, wenn Eucharistie



gefeiert wird?

Christus ist im Sakrament der Eucharistie geheimnisvoll, aber wirklich gegenwärtig. Sooft die

Transsubstan­ t iat ion (von lat. trans = über, hinüber und substantia = Wesen): Ein Versuch in der Theologie zu erklären, wie Jesus unter den Gaben von Brot und Wein in der Eucharistie gegenwärtig sein kann: Während sich die „Substanzen“ (gemeint ist „Wesen“) von Brot und Wein durch das Wirken des Heiligen Geistes

128 129 [ I I ] 1 . K apitel : D ie S akramente der I nitiation

(zusammengesetzt aus hebr. halal = lobpreist!, verherrlicht! und dem Gottesnamen Jhwh/Jahwe = Lass uns Gott loben!): Der Ruf, der 24-mal in den Psalmen vorkommt, ist in der Heiligen Messe der Begrüßungsruf vor dem Wort des Herrn im Evangelium.

Gloria lautet:

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

(lat. = Ehre): Der Jubel der Engel vor den Hirten (Lk 2,14) in der Weihnachtsnacht bildet die Einleitung zu einem in dieser Form seit dem 9. Jh. vorliegenden altchristlichen Hymnus, in dem auf feierliche Weise das Lob Gottes gesungen wird.

Das

Immer wieder schimpfen wir über die Kirche, als sei sie nur eine Vereinigung von mehr oder weniger guten Menschen. In Wahrheit ist die Kirche das, was täglich in geheimnisvoller Weise am Altar entsteht. Gott gibt sich für jeden Einzelnen von uns hin, und er will uns verwandeln durch die Kommunion mit ihm. Als Verwandelte sollen wir die Welt verwandeln. Alles andere, was die Kirche sonst noch ist, ist zweitrangig. 126, 171, 208 218 Wie sollen wir den in Brot und Wein



Weil Gott in den konsekrierten Gestalten von Brot und Wein wirklich gegenwärtig ist, müssen wir die heiligen Gaben mit größter Ehrfurcht aufbewahren und unseren im Allerheiligsten gegenwärtigen Herrn und Erlöser anbeten. [1378–1381, 1418]

Agnus Dei

Sooft ihr von diesem Brot esst und aus dem Kelch trinkt, verkündet ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. 1 Kor 11,26

Kirche den Auftrag Jesu „Tut dies zu meinem Gedächtnis“ (1 Kor 11,25) vollzieht, das Brot bricht und den Kelch darreicht, ereignet sich heute dasselbe, was sich damals ereignet hat: Christus gibt sich wahrhaft hin für uns, und wir gewinnen wahrhaft Teil an ihm. Das einmalige und unwiederholbare Kreuzesopfer Christi wird auf dem Altar gegenwärtig; es vollzieht sich das Werk unserer Erlösung. [1362–1367]

Bleiben nach der Feier der Heiligen Eucharist ie noch konsekrierte Hostien übrig, so verwahrt man sie in heiligen Gefäßen im Tabernakel. Da in ihm das „Allerheiligste“ gegenwärtig ist, ist der Tabernakel einer der ehrwürdigsten Orte in jeder Kirche. Vor jedem Tabernakel machen wir eine Kniebeuge. Gewiss wird, wer Christus wirklich nachfolgt, ihn in den Ärmsten erkennen und ihm in ihnen dienen. Er wird aber auch Zeit finden, in der Stille der Anbetung vor dem Tabernakel zu verweilen und dem eucharistischen Herrn seine Liebe zu schenken. 219 Wie häufig muss ein katholischer Christ an der

217 Was geschieht mit der Kirche, wenn sie



Eucharistie feiert?

Jedes Mal wenn die Kirche Eucharistie feiert, steht sie vor der Quelle, aus der sie selbst ständig neu entspringt: Indem die Kirche den Leib Christi „isst“, wird sie Leib Christi, was nur ein anderer Name für Kirche ist. Im Opfer Christi, der sich uns mit Leib und Seele schenkt, ist Platz für unser ganzes Leben. Unsere Arbeit und unsere Leiden, unsere Freuden, alles können wir mit dem Opfer Christi vereinigen. Wenn wir uns auf diese Weise darbringen, werden wir verwandelt: Wir gefallen Gott und sind für unsere Mitmenschen wie gutes, nahrhaftes Brot. [1368–1372, 1414]



Eucharistiefeier teilnehmen?

An allen Sonntagen und gebotenen Feiertagen ist ein katholischer Christ zum Besuch der Heiligen Messe verpflichtet. Wer wirklich die Freundschaft Jesu sucht, folgt, sooft er kann, Jesu persönlicher Einladung zum Mahl. [1389, 1417] Eigentlich ist „Sonntagspflicht“ für einen echten Christen ein ebenso unpassendes Wort wie „Kusspflicht“ für einen richtig Verliebten. Niemand kann eine lebendige Beziehung zu Christus haben, wenn er nicht dorthin geht, wo er auf uns wartet. Daher ist von alters her die Messfeier für Christen das „Herz des Sonntags“ und der wichtigste Termin der Woche.

(lat. tabernaculum = Hütte, Zelt): In Anlehnung an die alttestamentliche Bundeslade bildete sich in der Katholischen Kirche der Tabernakel als kostbar hervorgehobener Ort für die Aufbewahrung des Allerheiligsten (Christus in Gestalt des Brotes) heraus.

Monstranz (lat. monstrare = zeigen): Heiliges Schaugerät, in dem den Gläubigen zu besonderen Gelegenheiten Christus in Gestalt des konsekrierten Brotes zur Anbetung dargeboten wird.

Doxologie (griech. doxa = Herrlichkeit): Eine Doxologie ist der feierliche, formelhaft rühmende Abschluss eines Gebets, so der Abschluss des Hochgebetes, wo es heißt: Durch ihn und mit ihm und in ihm ist Dir, Gott, allmächtiger Vater, in der Einheit des Heiligen Geistes alle Herrlichkeit und Ehre, jetzt und in Ewigkeit.

130 131 [ I I ] 1 . K apitel : D ie S akramente der I nitiation

(lat. = Lamm Gottes): Das Lamm Gottes aus Ex 12, durch dessen Opfer das Volk Israel aus der Sklaverei befreit wurde, hat Johannes der Täufer als Bild auf Jesus bezogen (Joh 1,29: „Seht das Lamm Gottes …“): Durch Jesus, der wie ein Lamm zur Schlachtbank geführt wird, sind wir von Sünden befreit und finden Frieden mit Gott. In der Eucharistie beginnt mit der Christusanrufung „Lamm Gottes“ ein litaneiartiges Gebet, das seit dem 7. Jh. zu jeder Heiligen Messe gehört.

gegenwärtigen Herrn richtig verehren?

TABERNAKEL

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

bei den Wandlungsworten in den Leib und das Blut Christi verändern, bleiben die äußeren Gestalten erhalten. Jesus Christus ist in dem, was wie Brot und Wein aussieht, wirklich, jedoch unsichtbar und verborgen da, solange die Gestalten erhalten bleiben.

Mutter Teresa



Wer die Heilige Eucharistie empfangen möchte, muss katholisch sein. Sollte er sich einer schweren Sünde bewusst sein, muss er vorher gebeichtet haben. Bevor man zum Altar tritt, soll man sich mit dem Nächsten versöhnen. [1389, 1417] Bis vor wenigen Jahren war es üblich, vor einer Eucharistiefeier mindestens drei Stunden nichts zu essen; so wollte man sich auf die Begegnung mit Christus in der Kommunion vorbereiten. Heute empfiehlt die Kirche wenigstens eine Stunde der Nüchternheit. Ein anderes Zeichen der Ehrfurcht ist ausgewählte, schöne Kleidung – wir haben schließlich ein Rendezvous mit dem Herrn der Welt. 221 Wie verändert mich die Heilige Kommunion?

Jede heilige Kommunion verbindet mich tiefer mit Christus, macht mich zu einem lebendigen Glied am Leib Christi, erneuert die Gnaden, die ich in Taufe und Firmung erhalten habe, und macht mich stark im Kampf gegen die Sünde. [1391–1397, 1416] 222 Darf die Eucharistie auch an nichtkatholische

Evangelische Christen können dann zur Heiligen Kommunion gehen, „wenn Todesgefahr besteht … wenn sie einen Spender der eigenen Gemeinschaft nicht aufsuchen können … und von sich aus darum bitten, sofern sie bezüglich dieser Sakramente den katholischen Glauben bekunden und in rechter Weise disponiert sind“. C IC 844 §4

Eucharistie empfangen zu können?

dann gespendet werden, wenn eine schwere Notlage vorliegt und der volle Glaube an die eucharistische Gegenwart vorhanden ist. Gemeinsame Eucharistie-/ Abendmahlfeiern von katholischen und evangelischen Christen sind Ziel und Sehnsucht aller ökumenischen Anstrengungen, sie aber vorwegzunehmen, ohne die Realität des Leibes Christi im einen Glauben und in der einen Kirche hergestellt zu haben, ist falsch und deshalb nicht erlaubt. Sonstige ökumenische Gottesdienste, in denen Christen verschiedener Konfessionen miteinander beten, sind gut und werden auch von der Katholischen Kirche gewünscht.

Einzelne orthodoxe Christen können um den Empfang der heiligen Kommunion in einem katholischen Gottesdienst bitten, weil sie den eucharistischen Glauben der Katholischen Kirche teilen, während ihre Gemeinschaft noch nicht in der vollen Einheit mit der Katholischen Kirche lebt. Bei Mitgliedern anderer christlicher Konfessionen darf die Heilige Kommunion im Einzelfall

Mt 8,8 Eine Variante dieses Wortes, das der Hauptmann zu Jesus gesprochen hat („O Herr, ich bin nicht würdig, dass du eingehst unter mein Dach …“), spricht jeder katholische Christ vor dem Empfang der Heiligen Kommunion.

223 Auf welche Weise ist die Heilige Eucharistie eine



Vorwegnahme des Ewigen Lebens?

Jesus hat seinen Jüngern und damit uns versprochen, eines Tages mit ihm zu Tisch zu sitzen. Darum ist jede Heilige Messe „Gedächtnis des Leidens, Fülle der Gnade, Unterpfand der künftigen Herrlichkeit“ (Römisches Hochgebet). [1402–1405]

Der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist. Lk 19,10

132 133

Zwe i t e s K api t el

Die Sakramente der Heilung Das Sakrament der Buße und der Versöhnung

Christen gespendet werden?

Die heilige Kommunion ist Ausdruck der Einheit des Leibes Christi. Zur Katholischen Kirche gehört, wer in ihr getauft ist, ihren Glauben teilt und in Einheit mit ihr lebt. Es wäre ein Widerspruch, würde die Kirche Menschen, die den Glauben und das Leben der Kirche (noch) nicht teilen, zur Kommunion einladen. Die Glaubwürdigkeit des Zeichens der Eucharistie würde Schaden leiden. [1398–1401]

Herr, ich bin es nicht wert, dass du mein Haus betrittst; sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund.

224 Warum hat uns Christus das Bußsakrament und



die Krankensalbung geschenkt?

Die Liebe Christi zeigt sich darin, dass er die Verlorenen sucht und die Kranken heilt. Deshalb sind uns Sakramente der Heilung und Wiederherstellung geschenkt, in denen wir von der Sünde befreit und in der leiblichen und seelischen Schwäche gestärkt werden. [1420–1421] 67 225 Welche Namen gibt es für das Bußsakrament?

Das Bußsakrament wird auch Sakrament der Versöhnung, der Vergebung, der Umkehr oder Beichte genannt. [1422–1424, 1486]

Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten. Mk 2,17

[ I I ] 2 . K apitel : D ie S akramente der H eilung

Wir haben viel Arbeit. Unsere Krankenhäuser und Sterbehäuser sind überall voll. Als wir mit der täglichen Anbetung begannen, wurde unsere Liebe zu Christus viel intimer, unsere Liebe zueinander verständnisvoller, unsere Liebe zu den Armen mitleidvoller, und die Anzahl der Berufungen hat sich verdoppelt.

220 Wie muss ich vorbereitet sein, um die heilige

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Häufig wenden sich Doxologien auch an den dreifaltigen Gott, wie im Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit, der Formel, mit der man normalerweise ein christliches Gebet abschließt.

1 Joh 1,8

Da sagte der Sohn: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin nicht mehr wert, dein Sohn zu sein. Der Vater aber sagte zu seinen Knechten: Holt schnell das beste Gewand und zieht es ihm an, steckt ihm einen Ring an die Hand und zieht ihm Schuhe an. Lk 15,21–22

Joh 20,23

Einige Heilige haben sich als schlimme Verbrecher bezeichnet, denn sie sahen Gott, sie sahen sich selbst – und sie sahen den Unterschied. Mutter Teresa



wieso brauchen wir dann noch ein eigenes Sakrament der Versöhnung?

Die Taufe entreißt uns zwar der Macht der Sünde und des Todes und versetzt uns in das neue Leben der Kinder Gottes, aber sie befreit uns nicht von menschlicher Schwäche und der Neigung zur Sünde. Deshalb brauchen wir einen Ort, an dem wir immer wieder neu mit Gott versöhnt werden. Das ist die Beichte. [1425–1426] Es ist nicht modern zu beichten; es ist vielleicht schwierig und kostet anfangs große Überwindung. Aber es ist eine der größten Gnaden, dass wir in unserem Leben immer wieder neu anfangen dürfen – wirklich neu: völlig unbelastet und ohne die Hypotheken von gestern, angenommen in Liebe und versehen mit neuer Kraft. Gott ist barmherzig, und er wünscht sich nichts sehnlicher, als dass wir seine Barmherzigkeit auch in Anspruch nehmen. Wer gebeichtet hat, schlägt eine neue, weiße Seite im Buch seines Lebens auf. 67–70 227 Wer hat das Bußsakrament begründet?

Jesus selbst begründete das Bußsakrament, als er sich am Ostertag seinen Aposteln zeigte und sie aufforderte: „Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“ (Joh 20,22b–23). [1439, 1485] Nirgends hat Jesus schöner gesagt, was im Bußsakrament geschieht, als im Gleichnis vom barmherzigen Vater: Wir verirren uns, verlieren uns, können nicht mehr. Doch unser Vater wartet auf uns mit großer, ja unendlicher Sehnsucht; er verzeiht uns, wenn wir zurückkommen; er nimmt uns immer wieder an, vergibt die Sünde. Jesus selbst hat vielen Menschen ihre Sünden vergeben; es war ihm wichtiger, als Wunder zu wirken. Er sah darin das große Zeichen für den Anbruch des Reiches Gottes, in dem alle Wunden geheilt und alle Tränen getrocknet werden. Die Kraft des Heiligen Geistes, in der Jesus Sünden vergab, hat er an seine Apostel weitergegeben. Wir

fallen unserem himmlischen Vater in die Arme, wenn wir zu einem Priester gehen und beichten. 314, 524 228 Wer kann Sünden vergeben?

Allein Gott kann Sünden vergeben. „Deine Sünden sind dir vergeben!“ (Mk 2,5) konnte Jesus nur sagen, weil er der Sohn Gottes ist. Und nur, weil Jesus sie bevollmächtigt hat, können Priester an Jesu Stelle Sünden vergeben. [1441–1442] Mancher sagt: Das mache ich mit Gott direkt aus, dazu brauche ich keinen Priester! Gott will es aber anders. Er kennt uns. Wir mogeln uns über die Sünden hinweg, kehren die Dinge gerne unter den Teppich. Deshalb will Gott, dass wir unsere Sünden aussprechen und sie von Angesicht zu Angesicht bekennen. Darum gilt für Priester: „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben. Wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert“ (Joh 20,23).

Kehre uns, Herr, dir zu, dann können wir uns zu dir bekehren. Klgl 5,21

Die Reue entspringt aus der Erkenntnis der Wahrheit. Thomas Stearns Eliot (1888–1965, amerikanischenglischer Dichter)

Nach einem Fall gleich wieder aufstehen! Die Sünde nicht einen Augenblick im Herzen lassen! Pfarrer von Ars

134

229 Was macht einen Menschen bereit zu Reue?

Aus der Einsicht in die persönliche Schuld entsteht die Sehnsucht, sich zu bessern; das nennt man Reue. Zu ihr gelangen wir, wenn wir den Widerspruch zwischen der Liebe Gottes und unserer Sünde sehen. Dann sind wir voller Schmerz über unsere Sünden; wir nehmen uns vor, unser Leben zu ändern, und setzen unsere ganze Hoffnung auf die Hilfe Gottes. [1430–1433, 1490] Die Realität der Sünde wird oft verdrängt. Manche glauben sogar, man müsste gegen Schuldgefühle einfach nur psychologisch vorgehen. Aber echte Schuldgefühle sind wichtig. Es ist wie im Auto: Wenn der Tacho eine Geschwindigkeitsübertretung anzeigt, ist nicht der Tacho schuld, sondern der Fahrer. Je näher wir Gott kommen, der ganz Licht ist, desto deutlicher treten auch unsere Schattenseiten zutage. Aber Gott ist kein Licht, das verbrennt, sondern ein Licht, das heilt. Deshalb treibt uns die Reue an, in das Licht zu gehen, in dem wir ganz gesund werden. 312

135

Was ist Reue? Eine große Trauer darüber, dass wir sind, wie wir sind. Marie von EbnerEschenbach

Die Buße ist die zweite Taufe, die Taufe der Tränen. Gregor von Nazianz

[ I I ] 2 . K apitel : D ie S akramente der H eilung

Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert.

226 Wir haben doch die Taufe, die mit Gott versöhnt;

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Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns.

Franz von Sales

Ein Zeichen aufrichtiger Reue ist, die (schlechte) Gelegenheit zu entfernen. Bernhard von Clairvaux

Pfarrer von Ars

Die Liebe deckt viele Sünden zu. 1 Petr 4,8b

Buße ist Wiedergutmachung für ein begangenes Unrecht. Buße darf nicht allein im Kopf geschehen, sondern muss sich äußern in Taten der Liebe und im Engagement für andere. Auch indem man betet, fastet und Arme seelisch und materiell unterstützt, tut man Buße. [1434–1439] Buße wird oft falsch verstanden. Sie hat nichts mit Selbstbeschimpfung und Skrupulantentum zu tun. Buße ist kein Brüten darüber, was ich für ein schlechter Mensch bin. Buße befreit und ermutigt uns, neu anzufangen. 231 Welche beiden Grundvoraussetzungen müssen bei



einem Christen gegeben sein, damit Sünden­vergebung im Bußsakrament geschieht?

Voraussetzung für die Vergebung von Sünden ist der Mensch, der sich bekehrt, und der Priester, der ihm im Namen Gottes die Lossprechung von seinen Sünden erteilt. [1448] 232 Was muss ich in eine Beichte einbringen?

Zu jeder Beichte gehören die Gewissenserforschung, die Reue, der Vorsatz, das Bekenntnis und die Buße. [1450–1460; 1490–1492; 1494]

Die Gewissenserforschung sollte gründlich geschehen, kann aber nie erschöpfend sein. Ohne wirkliche Reue, bloß aufgrund eines Lippenbekenntnisses, kann niemand von seiner Sünde losgesprochen werden. Ebenso unerlässlich ist der Vorsatz, diese Sünde in Zukunft nicht mehr zu begehen. Der Sünder muss die Sünde gegenüber dem Beichtvater unbedingt auch aussprechen, sich also dazu bekennen. Schließlich gehört zu einer Beichte auch die Wiedergutmachung oder Buße, die der Beichtvater dem Sünder zur Wiederherstellung des angerichteten Schadens auferlegt.

Ich bin viel strafbarer als ihr! Scheut euch nicht, eure Sünden zu bekennen. Pfarrer von Ars

Absolut ion 233 Welche Sünden muss man überhaupt beichten?

Alle schweren Sünden, an die man sich in genauer Gewissenserforschung erinnert und die man noch nicht gebeichtet hat, können unter normalen Umständen nur in der sakramentalen Einzelbeichte vergeben werden. [1457]

(von lat. absolvere = loslösen, freisprechen): Die Absolution des Priesters ist die sakramentale Vergebung einer oder mehrerer Sünden nach dem Sündenbekenntnis eines Beichtenden. Die Absolutionsformel lautet:

Gewiss gibt es Hemmungen vor der Beichte. Sie zu überwinden ist schon der erste Schritt, innerlich gesund zu werden. Oft hilft es, daran zu denken, dass auch der Papst den Mut besitzen muss, einem anderen Priester – und damit Gott – seine Gott, der barmherzige Vater, hat Fehler und Schwächen einzugestehen. Nur durch den Tod und die Aufin existenziellen Notfällen (so etwa im erstehung seines Sohnes die Krieg, bei einem Fliegerangriff oder wenn Welt mit sich versöhnt und den sich sonst eine Gruppe von Menschen in Heiligen Geist gesandt zur VerLebensgefahr befindet) kann ein Priesgebung der Sünden. Durch den ter auch einer Gruppe von Menschen die Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden. So Lossprechung erteilen, ohne dass es vorher spreche ich dich los von deinen zu einem persönlichen Sündenbekenntnis Sünden im Namen des Vaters kam (sogenannte Generalabsolution). Man und des Sohnes + und des muss allerdings das persönliche Bekenntnis Heiligen Geistes. schwerer Sünden nachholen. 315–320

136 137 [ I I ] 2 . K apitel : D ie S akramente der H eilung

Gott weiß alles. Im Voraus weiß er, dass ihr, nachdem ihr gebeichtet habt, wieder sündigen werdet. Dennoch verzeiht er. Er geht so weit, absichtlich die Zukunft zu vergessen, um uns zu verzeihen.

230 Was ist Buße?

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Gott schätzt die Buße so hoch, dass die geringste Buße der Welt, wenn sie nur echt ist, ihn jede Art der Sünde vergessen lässt, so dass selbst den Teufeln alle ihre Sünden vergeben würden, wenn sie nur Reue haben könnten.

gingen regelmäßig beichten, wenn es möglich war. Sie brauchten das, um in der Demut und der Liebe zu wachsen und sich vom heilenden Licht Gottes bis in den letzten Winkel der Seele berühren zu lassen.

Kein Mensch kann Sünden vergeben, es sei denn, er hätte einen Auftrag von Gott dazu und die von ihm geschenkte Macht, dass die Vergebung, die er dem Beichtenden zuspricht, wirklich geschieht. Dazu ist in erster Linie der Bischof bestellt – und dann seine Helfer, die geweihten Priester. [1461–1466, 1495] 150, 228, 249–250

Die größten Annäherungswerte an einen Beichtvater erreicht wahrscheinlich der Barkeeper. Peter Sellers (1925–1980, britischer Schauspieler)

Benedikt X V I., 17.02.2007

Sünden zu beichten? Wie oft soll man beichten?

Mit Erreichen des Unterscheidungsalters ist man verpflichtet, seine schweren Sünden zu beichten. Die Kirche legt den Gläubigen dringend nahe, dies wenigstens einmal jährlich zu tun. Jedenfalls muss man vor dem Empfang der heiligen Kommunion beichten, sollte man eine schwere Sünde begangen haben. [1457] Mit „Unterscheidungsalter“ meint die Kirche das Alter, in dem man zum Vernunftgebrauch gekommen ist und zwischen Gut und Böse zu unterscheiden gelernt hat. 315–320 235 Kann man auch beichten, wenn man keine



Es gibt Sünden, in denen sich der Mensch ganz von Gott abkehrt und sich zugleich wegen der Schwere der Tat die Exkommunikation zuzieht. Bei Sünden, die mit damit belegt sind, kann die Lossprechung nur durch den Bischof oder einen beauftragten Priester, in einigen Fällen sogar nur durch den Papst erfolgen. In Todesgefahr kann jeder Priester von allen Sünden und von der Exkommunikation lossprechen. [1463] Ein Katholik, der beispielsweise einen Mord begeht oder bei einer Abtreibung mitwirkt, schließt sich automatisch aus der sakramentalen Gemeinschaft aus; die Kirche stellt diesen Zustand nur fest. Die Exkommunikat ion hat die Absicht, den Sünder zu bessern und wieder auf den richtigen Weg zu führen.

schweren Sünden begangen hat?

Die Beichte ist auch dann das große Geschenk der Heilung und der tieferen Verbindung mit dem Herrn, wenn man im strengen Sinn nicht beichten müsste. [1458] In Taizé, auf Katholikentagen, auf den Weltjugendtagen – überall sieht man Jugendliche, die sich mit Gott versöhnen lassen. Christen, die es ernst meinen mit der Nachfolge Jesu, suchen die Freude, die aus einem radikalen Neuanfang mit Gott kommt. Selbst die Heiligen

238 Darf ein Priester etwas weitererzählen, was er in



der Beichte erfahren hat?

Nein, unter keinen Umständen. Das Beichtgeheimnis gilt absolut. Jeder Priester wäre exkommuniziert, würde er anderen Menschen irgendetwas mitteilen, was er in der Beichte erfahren hat. Auch der Polizei darf der Priester weder etwas sagen noch andeuten. [1467]

Exkommunik at ion (von lat. ex = aus und communicatio = Anteilnahme, Gemeinschaft): der Ausschluss eines katholischen Christen von den Sakramenten.

138

So unbeholfen die Beichte auch sein mag, sie ist der entscheidende Ort, an dem man die Frische des Evangeliums neu erfährt, an dem man von neuem geboren wird. Dort lernen wir sogar die Gewissensbisse wegzublasen, wie ein Kind ein fallendes Herbstblatt fortbläst. Dort finden wir das Glück Gottes, die Morgenröte der vollkommenen Freude. Frère Roger Schutz

139 [ I I ] 2 . K apitel : D ie S akramente der H eilung

Es ist nicht richtig zu meinen, wir müssten so leben, dass wir niemals Vergebung brauchen. Unsere Schwachheit annehmen, aber auf dem Weg bleiben, nicht kapitulieren, sondern vorangehen und uns durch das Sakrament der Versöhnung immer wieder bekehren für einen Neuanfang und auf diese Weise für den Herrn wachsen, reifen in unserer Gemeinschaft mit ihm!

234 Wann ist man verpflichtet, seine schweren



237 Gibt es Sünden, die so schwer sind, dass nicht einmal ein normaler Priester davon freisprechen kann?

Frère Roger Schutz

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236 Warum können nur Priester Sünden vergeben?

Die Offenheit gegenüber einem Bruder ist nicht mit der Beichte zu verwechseln. Diese wird gegenüber dem Herrn des Himmels und der Erde in Gegenwart eines Menschen abgelegt, der dazu beauftragt ist.

Hl. Pater Pio (1887–1968, einer der populärsten Heiligen Italiens)

Dadurch sollte sich erfüllen, was durch den Propheten Jesaja gesagt worden ist: Er hat unsere Leiden auf sich genommen und unsere Krankheiten getragen.

Kaum etwas nehmen Priester ernster als das Beichtgeheimnis. Es gibt Priester, die dafür Folter ertragen haben und in den Tod gegangen sind. Darum kann man rückhaltlos offen reden und darf sich mit großer Gelassenheit einem Priester anvertrauen, dessen einzige Aufgabe es in diesem Moment ist, ganz „Gottes Ohr“ zu sein. 239 Welche positiven Effekte hat eine Beichte?

Die Beichte versöhnt den Sünder mit Gott. [1468–1470, 1496] Die Sekunde nach der Lossprechung ist wie – eine Dusche nach dem Sport, wie die frische Luft nach einem Sommergewitter, wie das Aufwachen an einem strahlenden Sommermorgen, wie die Schwerelosigkeit des Tauchers … Im Wort „Versöhnung“ (von: wieder [geliebter, angenommener] Sohn sein) ist alles enthalten: Wir sind wieder mit Gott im Reinen.

Mt 8,17

Reinhold Schneider (1913–1958, dt. Schriftsteller)

Jesus hörte es und sagte zu ihnen: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten. Mk 2,17

Das Sakrament der Krankensalbung 240 Wie deutete man „Krankheit“ im Alten Testament?

Im Alten Testament empfand man Krankheit häufig als schwere Prüfung, gegen die man sich auflehnen, in der man allerdings auch die Handschrift Gottes erkennen konnte. Schon bei den Propheten taucht der Gedanke auf, dass Leiden nicht nur ein Fluch und nicht immer eine Folge persönlicher Sünde sind, sondern dass man in geduldig auf sich genommenen Leiden auch für andere da sein kann. [1502] 241 Warum zeigte Jesus so viel Interesse an



den Kranken?

Jesus kam, um Gottes Liebe zu zeigen. Oft hat er es dort getan, wo wir uns besonders bedroht fühlen: in der Schwächung unseres Lebens durch Krankheit. Gott will, dass wir an Leib und Seele gesund werden, dass wir darüber gläubig werden und das kommende Reich Gottes erkennen. [1503–1505]

242 Warum muss sich die Kirche besonders um die



Kranken kümmern?

Jesus zeigt uns: Der Himmel leidet mit, wenn wir leiden. Gott will sogar in „den geringsten Brüdern“ (Mt 25,40) wiedererkannt werden. Deshalb hat Jesus die Sorge um die Kranken als zentrale Aufgabe bestimmt. Er fordert sie auf: „Heilt Kranke!“ (Mt 8,17), und er verspricht ihnen göttliche Vollmacht: „In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; … und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden“ (Mk 16,17–18). [1506–1510] Zu den entscheidenden Merkmalen des Christentums gehörte es immer, dass die Alten, Kranken und Pflegebedürftigen im Zentrum standen. Mutter Teresa, die sich der Sterbenden in den Gossen von Kalkutta annahm, ist nur eine in einer langen Kette von Christinnen und Christen, die Christus gerade in denen entdeckten, die von anderen aussortiert und gemieden wurden. Wenn Christen wirklich Christen sind, geht von ihnen eine heilende Wirkung aus. Einigen ist es sogar gegeben, andere in der Kraft des Heiligen Geistes körperlich zu heilen (Charisma der Heilung, Charismen). 243 Für wen ist das Sakrament der Krankensalbung gedacht?

Das Sakrament der Krankensalbung kann jeder Gläubige empfangen, der sich in einer gesundheitlich kritischen Situation befindet. [1514–1515, 1528–1529] Die Krankensalbung kann man in seinem Leben auch öfter empfangen. So ist es sinnvoll, dass auch junge Menschen um dieses Sakr ament bitten, wenn sie

Selbst die allerschlechteste christliche Welt würde ich der besten heidnischen vorziehen, weil es in einer christlichen Welt Raum gibt für die, denen keine heidnische Welt je Raum gab: für Krüppel und Kranke, Alte und Schwache, und mehr noch als Raum gab für sie: Liebe für die, die der heidnischen wie der gottlosen Welt nutzlos erschienen und erscheinen. Heinrich Böll (1917–1985, deutscher Schriftsteller)

Die Sorge für die Kranken muss vor und über allem stehen: Man soll ihnen so dienen, als wären sie wirklich Christus. Benedikt von Nursia

Und noch ein Versprechen legen wir ab, das kein anderer Mensch leistet, denn wir versprechen, Diener und Sklave zu sein unserer Herren Kranken. Ordensregel der Johanniter/ Malteser

140 141 [ I I ] 2 . K apitel : D ie S akramente der H eilung

Der Kranke vermag mehr zu ahnen, zu spüren als andere Menschen.

Manchmal muss man erst krank werden, um zu erkennen, was wir – gesund oder krank – mehr als alles brauchen: Gott. Wir haben kein Leben, außer in ihm. Deshalb haben Kranke und Sünder einen besonderen Instinkt für das Wesentliche. Schon im Neuen Testament suchten gerade die Kranken die Nähe Jesu; sie versuchten, „ihn zu berühren; denn es ging eine Kraft von ihm aus, die alle heilte“ (Lk 6,19). 91

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Liebe Jesus! Habe keine Furcht! Hättest du auch alle Sünden dieser Welt begangen, Jesus wiederholt dir die Worte: Dir sind viele Sünden vergeben, weil du viel geliebt hast.

Jak 5,14

Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir. Ps 23,4

Wer mein Fleisch isst und mein Blut trinkt, hat das ewige Leben, und ich werde ihn auferwecken am Letzten Tag.

Durch diese heilige Salbung helfe dir der Herr in seinem reichen Erbarmen, er stehe dir bei mit der Kraft des Heiligen Geistes. … Der Herr, der dich von Sünden befreit, rette dich, in seiner Gnade richte er dich auf. Aus dem Ritus der Krankensalbung

244 Wie wird die Krankensalbung gespendet?

Der wesentliche Ritus bei der Spendung des Sakraments der Krankensalbung besteht in einer von Gebeten begleiteten Salbung der Stirn und der Hände mit heiligem Öl. [1517–1519, 1531]

247 Was versteht man unter Wegzehrung?

Unter Wegzehrung versteht man die letzte heilige Kommunion, die ein Mensch vor dem Sterben empfängt. [1524–1525] Selten ist Kommunion so lebensnotwendig wie in dem Moment, in dem ein Mensch sich auf den Weg macht, sein irdisches Leben zu vollenden: In Zukunft wird er nur noch so viel Leben haben, wie er es in der Vereinigung (= Kommunion) mit Gott hat. Dr i t t e s K api t el

245 Wie wirkt die Krankensalbung?

Die Krankensalbung schenkt Trost, Frieden und Kraft und verbindet den Kranken in seiner prekären Situation und seinen Leiden auf eine tiefe Weise mit Christus. Denn der Herr hat unsere Ängste durchgemacht und unsere Schmerzen an seinem Leib getragen. Bei manchen bewirkt die Krankensalbung körperliche Heilung. Sollte Gott aber jemand zu sich heimrufen wollen, so schenkt er ihm in der Krankensalbung die Kraft für alle körperlichen und seelischen Kämpfe auf seinem letzten Weg. In jedem Fall hat die Krankensalbung eine sündenvergebende Wirkung. [1520–1523, 1532] Viele Kranke haben Angst vor diesem Sakr ament und schieben es bis zuletzt hinaus, weil sie meinen, es sei eine Art Todesurteil. Das Gegenteil ist richtig: Die Krankensalbung ist eine Art Lebensversicherung. Wer als Christ einen Kranken begleitet, sollte ihm jede falsche Angst nehmen. Die meisten schwer Gefährdeten ahnen intuitiv, dass für sie im Moment nichts wichtiger ist, als sich sofort und unbedingt an den anzuschmiegen, in dem der Tod überwunden wurde und der das Leben selbst ist: Jesus, den Retter. 246 Wer kann die Krankensalbung spenden?

Die Spendung der Krankensalbung ist Bischöfen und Priestern vorbehalten. Christus handlet kraft ihrer Weihe durch sie. [1516, 1530]

Die Sakramente der Gemeinschaft und Sendung 248 Wie heißen die Sakramente des Dienstes für die

Die ewige Seligkeit ist ein Zustand, in dem Schauen Essen ist. Simone Weil (1909–1943, frz. Anarchistin und Mystikerin)

Die Priesterweihe wird nicht gespendet als Heilmittel für einen einzelnen Menschen, sondern für die ganze Kirche. Thomas von Aquin

Gemeinschaft? Wer getauft und gefirmt ist, kann in der Kirche darüber hinaus in zwei eigenen Sakramenten eine besondere Sendung empfangen und von Gott dazu in Dienst genommen werden: die Weihe und die Ehe. [1533–1535] Beide Sakr amente haben etwas gemeinsam: Sie sind für andere bestimmt. Niemand wird bloß für sich geweiht, auch tritt niemand bloß für sich in den Stand der Ehe. Weihesakrament und Ehesakrament sollen das Volk Gottes aufbauen, d.h., sie sind ein Kanal, über den Gott Liebe in die Welt einfließen lässt.

Das Sakrament der Weihe 249 Was geschieht in der Weihe?

Wer geweiht wird, empfängt eine Gabe des Heiligen Geistes, die ihm eine heilige Vollmacht gibt und von Christus durch den Bischof verliehen wird. [1538] Priester sein bedeutet nicht nur eine Funktion oder ein Amt übernehmen. Durch die Weihe bekommt ein Priester eine bestimmte Kraft und eine Sendung für seine Geschwister im Glauben geschenkt. 150, 215, 228, 236

Allein Christus [ist] wahrer Priester, die anderen aber sind seine Diener. Thomas von Aquin

Der Priester setzt auf Erden das Erlösungswerk [Christi] fort. Pfarrer von Ars

142 143 [ I I ] 3 . K apitel : D ie S akramente der G emeinschaft und S endung

Joh 6,54

sich etwa einer schweren Operation unterziehen. Viele Christen verbinden in solchen Momenten die Krankensalbung mit einer (Lebens-)Beichte; sie wollen im Fall eines Falles Gott mit reinem Gewissen gegenübertreten.

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Ist einer von euch krank? Dann rufe er die Ältesten der Gemeinde zu sich; sie sollen Gebete über ihn sprechen und ihn im Namen des Herrn mit Öl salben.

250 Wie versteht die Kirche das Weihesakrament?

Ein katholischer Priester, der die Sakr amente spendet, handelt nicht aus eigener Kraft oder aus moralischer Vollkommenheit heraus (die er oft leider nicht hat), sondern „in persona Christi“. Durch seine Weihe wächst ihm die verwandelnde, heilende, rettende Kraft Christi zu. Weil ein Priester nichts aus sich hat, ist er vor allem ein Diener. Das Erkennungszeichen jedes echten Priesters ist daher demütiges Staunen über seine eigene Berufung. 215 251 Welche Stufen hat das Weihesakrament?

Augustinus

Folgt eurem Bischof wie Jesus Christus dem Vater, und dem Presbyterium wie den Aposteln; die Diakone aber achtet wie Gottes Gebot. Keiner soll ohne Bischof etwas tun, was die Kirche betrifft. Ignatius von Antiochien

Das Weihesakrament hat drei Stufen: Bischof (Episkopat), Priester (Presbyterat), Diakon (Diakonat). [1554, 1593] 140

Ein katholischer Christ fühlt sich seinem Bischof verpflichtet; der Bischof ist auch für ihn als Stellvertreter Christi bestellt. Zudem ist der Bischof, der mit den Priestern und Diakonen als seinen geweihten Helfern das Hirtenamt ausübt, das sichtbare Prinzip und das Fundament der Ortskirche (Bistum oder Diözese). [1560–1561] 254 Was geschieht in der Priesterweihe?

In der Priesterweihe ruft der Bischof die Kraft Gottes auf den Weihekandidaten herab. Sie prägt diesen Menschen mit einem unauslöschlichen Siegel, um ihn nie mehr zu verlassen. Als Mitarbeiter seines Bischofs wird der Priester das Wort Gottes verkündigen, die Sakramente spenden und vor allem die heilige Eucharistie feiern. [1562–1568] Während der Heiligen Messe beginnt die eigentliche Priesterweihe mit dem namentlichen Aufruf der Kandidaten. Nach der Predigt des Bischofs verspricht der künftige Priester dem Bischof und seinen Nachfolgern Gehorsam. Die eigentliche Weihe geschieht durch Handauflegung des Bischofs und sein Gebet. 215, 236, 259

252 Was geschieht in der Bischofsweihe?

In der Bischofsweihe wird einem Priester die ganze Fülle des Weihesakramentes übertragen. Er wird zu einem Nachfolger der Apostel geweiht und tritt in das Kollegium der Bischöfe ein. Zusammen mit den anderen Bischöfen und dem Papst ist er von nun an für die gesamte Kirche verantwortlich. Insbesondere bestellt ihn die Kirche für die Ämter des Lehrens, der Heiligung und des Leitens. [1555–1559] Das Bischofsamt ist das eigentliche Hirtenamt in der Kirche, denn es geht auf die Urzeugen Jesu, die Apostel, zurück und führt das von Christus eingesetzte Hirtenamt der Apostel weiter. Auch der Papst ist ein Bischof, aber der Erste unter ihnen und das Haupt des Kollegiums. 92, 137

255 Was geschieht in der Diakonenweihe?

In der Diakonenweihe wird der Kandidat zu einem eigenen Dienst innerhalb des Weihesakramentes bestellt. Denn er repräsentiert Christus als den, der nicht gekommen ist, „um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele“ (Mt 20,28). In der Weiheliturgie heißt es: „Im Dienst des Wortes, des Altares und der Liebe ist der Diakon für alle da.” [1569–1571] Urbild des Diakons ist der hl. Märtyrer Stephanus. Als die Apostel in der Jerusalemer Urgemeinde sich durch die vielen karitativen Aufgaben überfordert sahen, bestellten sie sieben Männer „für den Dienst an den Tischen“, die von ihnen dann geweiht wurden. Stepha-

144 145

Diakon Der Diakon (griech. diakonos = Diener) ist die erste Stufe im Weihesakrament der Katholischen Kirche. Wie der Name schon sagt, engagiert sich ein Diakon vor allem im karitativen Bereich (Diakonie), jedoch unterrichtet er auch, betreibt Katechese, verkündet das Evangelium, predigt in der Messe und assistiert im Gottesdienst.

[ I I ] 3 . K apitel : D ie S akramente der G emeinschaft und S endung

Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ. Jenes bezeichnet das Amt, dieses die Gnade, jenes die Gefahr, dieses das Heil.

sein Bischof?

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Die Priester des Alten Bundes sahen ihre Aufgabe in der Vermittlung zwischen dem Himmlischen und dem Irdischen, zwischen Gott und seinem Volk. Da Christus der einzige „Mittler zwischen Gott und den Menschen“ (1 Tim 2,5) ist, hat er dieses Priestertum vollendet und beendet. Nach Christus kann es ein Weihepriestertum nur noch in Christus geben, in Christi Opfer am Kreuz und durch Christi Berufung und apostolische Sendung. [1539–1553, 1592]

253 Wie wichtig ist für einen katholischen Christen



1 Tim 3,8.12

Mutter Teresa

256 Wer kann das Weihesakrament empfangen?

Gültig zum Diakon, Priester und Bischof geweiht werden kann ein getaufter, katholischer Mann, der von der Kirche für dieses Amt berufen wird. [1577–1578] 257 Wertet es Frauen ab, dass nur Männer das



Weihesakrament empfangen dürfen?

Die Bestimmung, dass nur Männer die heiligen Weihen empfangen dürfen, ist keine Abwertung der Frau. Vor Gott haben Mann und Frau gleiche Würde, aber sie haben verschiedene Aufgaben und Charismen. Die Kirche sieht sich daran gebunden, dass Jesus bei der Einsetzung des Priestertums im Abendmahl ausschließlich Männer wählte. Papst Johannes Paul II. erklärte 1994, dass „die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden, und dass sich alle Gläubigen der Kirche endgültig an diese Entscheidung zu halten haben“. Wie kein anderer Mensch der Antike hat Jesus Frauen provozierend aufgewertet, ihnen seine Freundschaft geschenkt und sie in Schutz genommen. Frauen waren in seinem Gefolge, und Jesus schätzte ihren Glauben hoch. Immerhin ist die erste Auferstehungszeugin eine Frau. Deshalb wird Maria Magdalena „Apostolin der Apostel“ genannt. Dennoch wurde das Weihepriestertum und Hirtenamt immer Männern übertragen. Im männlichen Priester sollte die Gemeinde Jesus Christus repräsen-

tiert finden. Das Priestersein ist ein besonderer Dienst, der den Mann auch in seiner männlich-väterlichen Geschlechterrolle in Anspruch nimmt. Es ist jedoch keine Form männlicher Überordnung über Frauen. Frauen spielen in der Kirche, wie wir an Maria sehen, eine Rolle, die nicht weniger zentral ist als die männliche, aber es ist eine weibliche Rolle. Eva wurde die Mutter aller Lebendigen (Gen 3,20). Als „Mütter aller Lebendigen“ haben Frauen besondere Gaben und Fähigkeiten. Ohne ihre Weise der Lehre, Verkündigung, Caritas, Spiritualität und Seelsorge wäre die Kirche „halbseitig gelähmt“. Wo immer Männer in der Kirche den priesterlichen Dienst als Machtinstrument benutzen oder Frauen mit den ihnen eigenen Charismen nicht zum Zug kommen lassen, verstoßen sie gegen die Liebe und den Heiligen Geist Jesu. 64 258 Warum verlangt die Kirche von Priestern und



Bischöfen ein zölibatäres Leben?

Jesus lebte zölibatär und wollte damit seine ungeteilte Liebe zu Gott, dem Vater, zum Ausdruck bringen. Die Lebensform Jesu zu übernehmen und „um des Himmelreiches willen“ (Mt 19,12) in eheloser Keuschheit zu leben ist seit den Zeiten Jesu ein Zeichen der Liebe, der ungeteilten Hingabe zum Herrn und der völligen Bereitschaft zum Dienst. Die römischkatholische Kirche verlangt diese Lebensweise von ihren Bischöfen und Priestern, die katholischen Ostkirchen nur von ihren Bischöfen. [1579–1580, 1599] Zölibat, so sagt Papst Benedikt, kann nicht bedeuten, „in der Liebe leer zu bleiben, sondern muss bedeuten, sich von der Leidenschaft für Gott ergreifen zu lassen“. Ein Priester soll als zölibatär Lebender darin fruchtbar sein, dass er die Väterlichkeit Gottes und Jesu repräsentiert. Weiter sagt der Papst: „Christus braucht Priester, die reif und mannhaft sind, fähig, eine wahre geistliche Vaterschaft auszuüben.“

Zölibat Der Zölibat (von lat. caelebs = alleine lebend) ist die Selbstverpflichtung eines Menschen, „um des Himmelreiches willen“ ehelos zu leben. In der Katholischen Kirche leben dieses Versprechen vor allem Menschen in Ordensgemeinschaften (Ordensgelübde) sowie im Klerus (Zölibatsversprechen).

Weiß die katholische Kirche, welch radikale Umkehrung der Werte sie [mit einer Aufhebung des Zölibats] einleiten würde? Der Zölibat der Priester, Torheit des Evangeliums, hat in ihr eine verborgene Wirklichkeit bewahrt. Die Kirche hat sich darin auf das Unsichtbare, auf das Mysterium Christi ausgerichtet. Frère Roger Schutz

Lasst euch als lebendige Steine zu einem geistigen Haus aufbauen, zu einer heiligen Priesterschaft, um durch Jesus Christus geistige Opfer darzubringen, die Gott gefallen. 1 Petr 2,5

146 147 [ I I ] 3 . K apitel : D ie S akramente der G emeinschaft und S endung

Niemand hätte ein besserer Priester sein können, als sie [Maria] es gewesen ist. Sie konnte ohne Zögern sagen: „Das ist mein Leib“, weil sie Jesus ja wirklich ihren eigenen Leib geschenkt hat. Und dennoch blieb Maria die schlichte Magd des Herrn, so dass wir uns immer an sie als unsere Mutter wenden können. Sie ist eine von uns, und wir sind immer mit ihr vereint. Nach dem Tod ihres Sohnes hat sie auf der Erde weitergelebt, um die Apostel in ihrem Dienst zu stärken, ihnen Mutter zu sein, bis die junge Kirche Gestalt angenommen hatte.

nus, der erstgenannte, wirkte „voll Gnade und Kraft“ für den neuen Glauben wie für die Armen der Gemeinde. Nachdem der Diakon über Jahrhunderte nur eine Weihestufe auf dem Weg ins Priesteramt war, ist er heute auch wieder eine eigenständige Berufung für zölibatär Lebende wie für Verheiratete. Zum einen soll damit der dienende Charakter der Kirche neu betont werden, zum anderen wollte man wie in der Urkirche den Priestern einen Stand zur Seite geben, der besondere pastorale und soziale Aufgaben der Kirche übernimmt. Auch die Diakonatsweihe prägt den Geweihten lebenslang und unwiderruflich. 140

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Ebenso sollen die Diakone sein: achtbar, nicht doppelzüngig, nicht dem Wein ergeben und nicht gewinnsüchtig … Die Diakone sollen nur einmal verheiratet sein und ihren Kindern und ihrer Familie gut vorstehen.

1 Petr 2,9–10a

Ein Segen sollst du sein. Gen 12,2b

Tertullian (160–nach 220, lateinischer Kirchenschriftsteller)

Durch die Taufe hat uns Christus zu einem Reich von „Priestern vor Gott seinem und Vater“ (Offb 1,6) gemacht. Durch das allgemeine Priestertum ist jeder Christ berufen, im Namen Gottes in der Welt zu wirken und ihr Segen und Gnade zu vermitteln. Im Abendmahlssaal und bei der Sendung der Apostel hat Christus aber einige mit einer heiligen Vollmacht zum Dienst an den Gläubigen ausgestattet; diese geweihten Priester vertreten Christus als Hirte seines Volkes und als Haupt seines Leibes, der Kirche. [1546–1553, 1592] Das gleiche Wort, nämlich Priester, für zwei verwandte, aber „dem Wesen und nicht bloß dem Grad nach“ (Zweites Vatikanisches Konzil, LG) verschiedene Dinge führt häufig zu Missverständnissen. Einerseits müssten wir voller Freude wahrnehmen, dass wir Getauften alle „Priester“ sind, weil wir in Christus leben und an allem teilhaben, was er ist und tut. Warum also rufen wir nicht permanent Segen auf diese Welt herab? Andererseits müssen wir das Geschenk Gottes an seine Kirche, die geweihten Priester, die den Herrn selbst unter uns repräsentieren, neu entdecken. 138

Das Sakrament der Ehe 260 Warum hat Gott Mann und Frau füreinander bestimmt?

Gott hat Mann und Frau füreinander bestimmt, damit sie „nicht mehr zwei, sondern eins“ sind (Mt 19,6): Auf diese Weise sollen sie die Liebe leben, fruchtbar sein und so zum Zeichen für Gott selbst werden, der nichts als überfließende Liebe ist. [1601–1605] 64, 400, 417 261 Wie kommt das Sakrament der Ehe zustande?

Das Sakrament der Ehe kommt durch ein vor Gott und der Kirche abgelegtes Versprechen von Mann und

Frau zustande, das von Gott angenommen und besiegelt und durch die körperliche Vereinigung des Paares vollzogen wird. Weil Gott selbst das Band der sakramentalen Ehe knüpft, bindet es bis zum Tod eines der beiden Partner. [1625–1631] Das Ehesakrament spenden sich Mann und Frau gegenseitig. Der Priester oder Diakon ruft den Segen Gottes auf das Paar herab. Er ist sonst nur der Zeuge, dass die Ehe unter den richtigen Bedingungen zustande kommt und das Versprechen umfassend und öffentlich abgelegt wird. Eine Ehe kann nur zustande kommen, wenn es einen Ehekonsens gibt, d.h., wenn Mann und Frau in Freiheit und ohne Furcht und Zwang die Ehe wollen und wenn sie nicht durch andere natürliche oder kirchliche Bindungen an einer Ehe gehindert sind (bereits bestehende Ehe, Zölibatsversprechen).

Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie Christus die Kirche geliebt und sich für sie hingegeben hat, um sie im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen … Darum sind die Männer verpflichtet, ihre Frauen so zu lieben wie ihren eigenen Leib. Eph 5,25–26.28a

Christen lieben nicht anders als andere Menschen, aber sie haben mehr Hilfe. Quelle unbekannt

262 Was gehört notwendig zu einer christlich-



sakramentalen Ehe?

Zu einer sakramentalen Ehe gehören notwendig drei Elemente: a) das Jawort in Freiheit, b) die Bejahung einer lebenslänglichen, ausschließlichen Verbindung und c) die Offenheit für Kinder. Das Tiefste an einer christlichen Ehe ist aber das Wissen des Paares: Wir

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Wie vermag ich das Glück jener Ehe zu schildern, die von der Kirche geeint [ist] …? Welches Zweigespann: Zwei Gläubige mit einer Hoffnung, mit einem Verlangen, mit einer Lebensform, in einem Dienst … Keine Trennung im Geist, keine im Fleisch. Wo das Fleisch eins ist, dort ist auch der Geist eins.

259 Wodurch unterscheidet sich das allgemeine Priestertum aller Gläubigen vom Weihepriestertum? Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit ihr die großen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat. Einst wart ihr nicht sein Volk, jetzt aber seid ihr Gottes Volk.

Monogamie, Polygamie

Die Forderung der Einheit und Unauflöslichkeit richtet sich zunächst gegen die Polygamie, in der das Christentum einen fundamentalen Verstoß gegen die Liebe und die Menschenrechte sieht; sie richtet sich auch gegen das, was man „sukzessive Polygamie“ nennen könnte: eine Folge von unverbindlichen Liebesbeziehungen, die nicht zum einen, großen, nicht mehr revidierbaren „Ja“ finden. Die Forderung nach ehelicher Treue beinhaltet die Bereitschaft zu einer lebenslangen Bindung,

ist; und sie ist noch einmal unauflöslich, weil sie die Hingabe Christi an seine Kirche darstellt, die bis zum Tod am Kreuz ging. [1605, 1612–1617, 1661] In einer Zeit, in der vielerorts 50 Prozent aller Ehen geschieden werden, ist jede Ehe, die hält, ein großes Zeichen – zuletzt eines für Gott. Auf dieser Erde, auf der so vieles relativ ist, sollen Menschen an Gott glauben,

Einen Menschen lieben heißt, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat. Fjodr M. Dostojewski

Jemanden lieben heißt, als Einziger ein für die anderen unsichtbares Wunder zu sehen. FranÇois Mauriac

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

(von griech. monos = ein, polys = viel und gamos = Ehe): Einehe und Vielehe. Das Christentum verbietet die Vielehe, die auch vom Staat als Straftatbestand der Bigamie geahndet wird (griech. bi = zwei).

sind ein lebendiges Abbild der Liebe zwischen Christus und der Kirche. [1644–1654, 1664]

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Michel Quoist (1921–1997, frz. Priester und Schriftsteller)

Eine offene Ehe ist eine Ehe, die nie geschlossen wurde. Theodor WeiSSenborn (*1933, deutscher Schriftsteller)

Die Liebe vollendet sich in der Treue. SØren K ierkegaard

die Liebesbeziehungen neben der Ehe ausschließt. Die Forderung nach Bereitschaft zur Fruchtbarkeit meint: Ein christliches Ehepaar ist offen für die Kinder, die Gott ihm schenken möchte. Paare, die kinderlos bleiben, sind von Gott gerufen, auf andere Weise „fruchtbar“ zu werden. Eine Ehe, in der eines dieser Elemente bei der Eheschließung ausgeschlossen wurde, kommt nicht zustande. 263 Warum ist die Ehe unauflöslich?

Die Ehe ist dreifach unauflöslich. Einmal, weil es dem Wesen der Liebe entspricht, sich vorbehaltlos gegenseitig hinzugeben; dann, weil sie ein Abbild der bedingungslosen Treue Gottes zu seiner Schöpfung

der allein absolut ist. Darum ist alles Nichtrelative so wichtig: jemand, der absolut die Wahrheit sagt oder absolut treu ist. Absolute Treue in der Ehe bezeugt weniger die menschliche Leistung als die Treue Gottes, der auch dann noch da ist, wenn wir ihn in jeder Hinsicht verraten und vergessen. Kirchlich heiraten heißt: mehr auf Gottes Hilfe als auf den eigenen Vorrat an Liebe zu vertrauen. 264 Wodurch sind Ehen bedroht?

Was Ehen wirklich bedroht, ist die Sünde; was sie erneuert, ist die Vergebung; was sie stark macht, ist das Gebet und das Vertrauen auf die Gegenwart Gottes. [1606–1608]

Wenn wir untreu sind, bleibt er doch treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen. 2 Tim 2,13

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Wer den anderen liebt, lässt ihn gelten, so wie er ist, wie er gewesen ist und wie er sein wird.

Hass weckt Streit, Liebe deckt alle Vergehen zu. Spr 10,12

2 Kor 5,20

Werft alle eure Sorge auf ihn, denn er kümmert sich um euch. 1 Petr 5,7

265 Sind alle Menschen zur Ehe berufen?

Nicht jeder ist zur Ehe berufen. Auch allein lebende Menschen können ein erfülltes Leben haben. Manchen von ihnen zeigt Jesus einen besonderen Weg; er lädt sie ein, „um des Himmelreiches willen“ (Mt 19,12) ehelos zu leben. [1618–1620]

Eine Trauung muss in der Regel öffentlich geschehen. Die Brautleute werden nach ihrem Ehewillen gefragt. Der Priester oder der Diakon segnet die Ringe. Die Brautleute tauschen die Ringe aus und versprechen sich gegenseitig „die Treue in guten und bösen Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet“, und geloben einander: „Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens.“ Der Zelebrant bestätigt die Vermählung und spendet den Segen. [1621–1624, 1663] Auf folgende Weise fragt die Kirche im Trauritus zuerst den Bräutigam, dann die Braut: Zelebrant: „N., ich frage Sie: Sind Sie hierhergekommen, um nach reiflicher Überlegung und aus freiem Entschluss mit Ihrer Braut N./Ihrem Bräutigam N. den Bund der Ehe zu schließen?“ Bräutigam/Braut: „Ja.“ Zelebrant: „Wollen Sie Ihre Frau/ Ihren Mann lieben und achten und ihr/ihm die Treue halten alle Tage ihres/seines Lebens?“ Bräutigam/Braut: „Ja.“ Die folgenden Fragen richtet der Zelebrant an beide Brautleute gemeinsam. Zelebrant: „Sind Sie beide bereit, die Kinder anzunehmen, die Gott Ihnen schenken will, und sie im Geist Christi und seiner Kirche zu erziehen?“ Braut und Bräutigam: „Ja.“ Zelebrant: „Sind Sie beide bereit, als christliche Eheleute Mitverantwortung in der Kirche und in der Welt zu übernehmen?“ Bräutigam und Braut: „Ja.“ 267 Was ist zu tun, wenn ein Katholik einen



nichtkatholischen Christen heiraten möchte?

Für die Trauung ist eine kirchliche Zustimmung einzuholen. Eine sogenannte gemischtkonfessionelle Ehe erfordert nämlich von beiden Partnern eine besondere Treue zu Christus, damit sich der nicht behobene Skandal der Spaltung der Christenheit nicht im Kleinen fortsetzt und vielleicht sogar zur Aufgabe der Glaubenspraxis führt. [1633–1637]

Wohin du gehst, dahin gehe auch ich, und wo du bleibst, da bleibe auch ich. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe auch ich, da will ich begraben sein. Der Herr soll mir dies und das antun – nur der Tod wird mich von dir scheiden. Rut 1,16–17

Der Umstand, dass die Brautleute nicht der gleichen Konfession angehören, stellt nicht ein unüberwindliches Ehehindernis dar, falls es ihnen gelingt, das, was jeder in seiner Gemeinschaft erhalten hat, zusammenzubringen und voneinander zu lernen, wie jeder seine Treue zu Christus lebt. KKK, 1634

DISPENS Eine Dispens (mittellat. dispensare = Freiheiten gewähren) ist im katholischen Kirchenrecht eine Befreiung von einem kirchlichen Gesetz. Zuständig ist der Bischof oder der Apostolische Stuhl.

152 153 [ I I ] 3 . K apitel : D ie S akramente der G emeinschaft und S endung

Viele alleinlebende Menschen leiden unter ihrer Einsamkeit, begreifen sie nur als Mangel und Nachteil. Doch ein Mensch, der nicht für einen Ehepartner oder eine Familie sorgen muss, genießt auch Freiheit und Unabhängigkeit, und er hat Zeit, sinnvolle und wichtige Dinge zu tun, zu denen ein Verheirateter nie käme. Vielleicht ist es Gottes Wille, dass er für Menschen sorgen soll, um die sich sonst niemand Sorgen macht. Nicht selten beruft Gott einen solchen Menschen sogar in seine besondere Nähe. Das ist dann der Fall, wenn man in sich den Wunsch verspürt, „um des Himmelreiches willen“ auf einen Partner zu verzichten. Berufung darf im Christentum allerdings nie heißen, Ehe oder Sexualität zu verachten. Freiwillige Ehelosigkeit kann nur in und aus Liebe gelebt werden, als ein mächtiges Zeichen dafür, dass Gott wichtiger als alles ist. Der Ehelose verzichtet auf die sexuelle Beziehung, aber nicht auf Liebe; er geht voll Sehnsucht Christus, dem kommenden Bräutigam (Mt 25,6), entgegen.

266 Wie wird die kirchliche Trauung gefeiert?

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen!

Der Konflikt zwischen Männern und Frauen, der gerade in Ehen manchmal bis zum gegenseitigen Hass ausgetragen wird, ist kein Zeichen der Unvereinbarkeit der Geschlechter; auch gibt es keine genetische Disposition zur Untreue oder ein spezielles psychisches Hindernis für lebenslange Bindungen. Viele Ehen werden allerdings durch mangelnde Gesprächskultur und Achtsamkeit gefährdet. Hinzu kommen wirtschaftliche und gesellschaftliche Probleme. Die entscheidende Rolle spielt die Realität der Sünde: Eifersucht, Herrschsucht, Streitsucht, Begierde, Untreue und andere zerstörerische Kräfte. Darum gehören Vergebung und Versöhnung, auch in der Beichte, wesentlich in jede Ehe hinein.

Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen. Gebt dem Teufel keinen Raum.

Wohl erprobt sich die Liebe in der Treue, aber sie vollendet sich erst in der Vergebung. Werner Bergengruen (1862–1964, dt. Schriftsteller)



aus einer anderen Religion heiraten?

Für katholische Gläubige kann es für den eigenen Glauben und den der künftigen Kinder schwierig sein, mit einem Partner eine Ehe zu schließen und zu führen, der einer anderen Religion angehört. Aus Verantwortung für die Gläubigen hat die Katholische Kirche daher das Ehehindernis der Religionsverschiedenheit aufgestellt. Eine solche Ehe kann deshalb nur gültig geschlossen werden, wenn vor der Eheschließung von diesem Hindernis befreit (dispensiert, Dispens) wird. Sie ist nicht sakramental. [1633–1637] 269 Dürfen sich zerstrittene Ehepartner trennen?

Es gibt allerdings auch Fälle, in denen die Krise einer Ehe letztlich darauf zurückzuführen ist, dass ein Partner oder beide zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht ehefähig waren oder den vollen Ehewillen nicht aufbrachten. Dann ist die Ehe im rechtlichen Sinne ungültig. In solchen Fällen kann ein Annullierungsverfahren beim bischöflichen Gericht eingeleitet werden. 424

Geschiedenen? Sie nimmt sie nach dem Vorbild Jesu in Liebe an. Wer sich nach einer kirchlichen Trauung scheiden lässt und zu Lebzeiten des Partners eine neue Verbindung eingeht, begibt sich freilich in Widerspruch zu Jesu klarer Forderung nach Unauflöslichkeit der Ehe. Diese Forderung kann die Kirche nicht abschaffen. Der Widerruf der Treue steht im Gegensatz zur Eucharistie, in der die Kirche gerade die Unwiderruflichkeit der Liebe Gottes feiert. Deshalb ist nicht zur Heiligen Kommunion zugelassen, wer in einer solch widersprüchlichen Situation lebt. [1665, 2384] Weit davon entfernt, alle konkreten Fälle gleich zu behandeln, spricht Papst Benedikt XVI. von einer „schmerzlichen Situation“ und fordert die Seelsorger auf, „die verschiedenen Situationen genau zu unterscheiden, um den betroffenen Gläubigen in angemessener Weise geistlich zu helfen“ (Sacramentum Caritatis, 29). 424

die Teilnahme am Gemeindeleben, das vertrauensvolle Gespräch mit einem Priester oder einem geistlichen Führer, hingebungsvoll geübte Nächstenliebe, Werke der Buße und den Einsatz in der Erziehung der Kinder. Benedikt X V I., Sacramentum Caritatis

Niemand ist ohne Familie auf dieser Welt; die Kirche ist Haus und Familie für alle, besonders für jene, die sich plagen und schwere Lasten tragen. (Mt 11,28) Johannes Paul I I., Familiaris Consortio

154 155

271 Was heißt: Die Familie ist eine „Kirche im Kleinen“?

Was die Kirche im Großen ist, das ist eine Familie im Kleinen: ein Abbild der Liebe Gottes in der Gemeinschaft von Menschen. Jede Ehe vollendet sich ja in der Offenheit für andere, für Kinder, die Gott schenkt, in gegenseitiger Annahme, in der Gastfreundschaft, im Dasein für andere. [1655–1657] Nichts hat in der Urkirche die Menschen mehr an dem „neuen Weg“ der Christen fasziniert als die „Hauskirchen“. Oft kam jemand „mit seinem ganzen Haus zum Glauben an den Herrn; und viele … wurden gläubig und ließen sich taufen“ (Apg 18,8). In einer ungläubigen Welt entstanden Inseln des lebendigen Glaubens, Orte des Gebets, des Miteinanderteilens und der herzlichen Gastfreundschaft. Rom, Korinth, Antiochien, die großen Städte der Antike, waren bald durchsetzt mit Hauskirchen wie mit Leuchtpunkten. Auch heute könnten Familien, in denen Christus zu Hause ist, das große Ferment der Erneuerung unserer Gesellschaft werden.

Wenn du willst, dass einer Christ wird, so lass ihn ein Jahr lang bei dir wohnen. Johannes Chrysostomus

[ I I ] 3 . K apitel : D ie S akramente der G emeinschaft und S endung

Die wiederverheirateten Geschiedenen gehören … trotz ihrer Situation weiter zur Kirche, die ihnen mit spezieller Aufmerksamkeit nachgeht, in dem Wunsch, dass sie so weit als möglich einen christlichen Lebensstil pflegen durch die Teilnahme an der Heiligen Messe, wenn auch ohne Kommunionempfang, das Hören des Wortes Gottes, die eucharistische Anbetung, das Gebet,

Die Kirche hat hohen Respekt vor der Fähigkeit des Menschen, ein Versprechen zu halten und sich in lebenslanger Treue zu binden. Sie nimmt den Menschen beim Wort. Jede Ehe kann durch Krisen gefährdet werden. Das gemeinsame Gespräch, das (gemeinsame) Gebet, manchmal auch therapeutische Hilfen können Wege aus der Krise eröffnen. Vor allem die Erinnerung daran, dass bei einer sakramentalen Ehe immer noch ein Dritter mit im Bunde ist, Christus, kann die Hoffnung immer wieder entfachen. Für wen seine Ehe aber unerträglich geworden ist oder wer gar seelischer oder körperlicher Gewalt ausgesetzt ist, darf sich trennen. Man nennt das eine „Trennung von Tisch und Bett“, die der Kirche mitgeteilt werden muss. Auch wenn in diesen Fällen die Lebensgemeinschaft zerbrochen ist, bleibt die Ehe gültig. [1629, 1649]

270 Wie steht die Kirche zu wiederverheirateten

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Eph 4,26–27

268 Kann ein katholischer Christ auch einen Partner

Exorzismus

Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens! 1 Petr 5,8–9

Benedikt X V I., 22.02.2007

Andere liturgische Feiern 272 Was sind Sakramentalien?

Sakramentalien sind heilige Zeichen oder heilige Handlungen, in denen Segen gespendet wird. [1667–1672, 1677–1678] Typische Sakramentalien sind Aschenkreuz, Fußwaschung, Verwendung von Weihwasser, Tischsegen, Speisenweihe, verschiedene Segnungen, Bittgänge, der Exorzismus oder die Ablegung der Gelübde in Ordensgemeinschaften.

274 Wie wichtig ist die sogenannte

Volksfrömmigkeit? Die Volksfrömmigkeit, die sich in der Verehrung von Reliquien, Prozessionen, Wallfahrten und Andachten ausdrückt, ist eine wichtige Form der Inkulturation des Glaubens, die so lange gut ist, solange sie kirchlich ist, zu Christus hinführt und sich nicht an der Gnade Gottes vorbei mit Werken den Himmel verdienen will. [1674–1676]

Reliquie Reliquien (von lat. relictum = Überbleibsel) sind Überreste der Leiber von Heiligen, sowie Gegenstände, die Heilige während ihres Lebens benutzten.

273 Praktiziert die Kirche heute noch den Exorzismus?

Bei jeder Taufe wird der sogenannte Kleine Exorzismus vollzogen, ein Gebet, in dem der Täufling dem Bösen entzogen und stark gemacht wird gegen die „Mächte und Gewalten“, die Jesus besiegt hat. Der Große Exorzismus ist ein Gebet aus der Vollmacht Jesu, durch das ein getaufter Christ in der Kraft Jesu dem Einfluss und der Gewalt des Bösen entzogen wird und das in der Kirche selten und erst nach strengster Prüfung angewandt wird. [1673] Was in Hollywood-Filmen als Exor zismus dargestellt wird, entspricht zumeist nicht der Wahrheit Jesu und der Kirche. Von Jesus wird oft berichtet, dass er Dämonen austrieb. Er hatte Macht über böse Mächte und Gewalten und konnte Menschen davon befreien. Den Aposteln gab Jesus „Vollmacht, die unreinen Geister auszutreiben und alle Krankheiten und Leiden zu heilen“ (Mt 10,1). Nichts anderes tut die Kirche, wenn heute ein beauftragter Priester über einen Menschen, der darum bittet, das Exorzismus-Gebet spricht. Vorher wird ausgeschlossen, dass es sich um ein psychisches Phänomen handelt (diese Dinge gehören in die Zuständigkeit des Psychiaters). Beim Exorzismus geht es um die Abwehr eines geistigen Versucht- und Bedrängtwerdens und die Befreiung von der Macht des Bösen. 90–91

156 157

275 Darf man Reliquien verehren?

Die Verehrung von Reliquien ist ein natürliches menschliches Bedürfnis, um verehrten Personen Respekt und Ehrfurcht zu bezeugen. Heiligenreliquien verehrt man dann richtig, wenn man das Wirken Gottes in Menschen preist, die sich Gott ganz hingegeben haben. [1674] 276 Was ist der Sinn von Wallfahrten?

Wer auf Wallfahrt geht, „betet“ mit den Füßen und erfährt mit allen Sinnen, dass sein ganzes Leben ein einziger großer Weg zu Gott ist. [1674]

Ich freute mich, als man mir sagte: „Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern.“ Schon stehen wir in deinen Toren, Jerusalem … Ps 122,1–2

[ I I ] 4 . K apitel : A ndere L iturgische F eiern

Die Volksfrömmigkeit ist eine unserer Stärken, weil es sich um Gebete handelt, die tief im Herzen der Menschen verwurzelt sind. Auch Menschen, die dem Leben der Kirche etwas fernstehen und kein großes Glaubensverständnis haben, werden von diesen Gebeten innerlich berührt. Man muss nur diese Gesten „erhellen“, diese Tradition „läutern“, damit sie zu aktuellem Leben der Kirche wird.

V ier t e s K api t el

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Der Exorzismus (griech. exorkismós = das Hinausbeschwören) ist ein Gebet, kraft dessen ein Mensch vor dem Bösen beschützt oder vom Bösen befreit wird.

Gottes Wege sind die Wege, die er selbst gegangen ist und die wir nun mit ihm gehen sollen.

Das Kreuz des Herrn umfasst die Welt; sein Kreuzweg durchquert die Kontinente und die Zeiten. Beim Kreuzweg können wir nicht bloß Zuschauer sein. Auch wir sind mit hineingenommen und müssen deshalb unseren Platz suchen: Wo sind wir? Benedikt X V I., 14.04.2006

9. Jesus fällt zum dritten Mal unter dem Kreuz.

8. Jesus begegnet den weinenden Frauen.

10. Jesus wird seiner Kleider beraubt.

277 Was ist eine Kreuzwegandacht?

Betrachtend und betend die 14 Stationen des Kreuzwegs Jesu nachzugehen ist eine sehr alte Frömmigkeitsübung der Kirche, die besonders in der Fastenund Passionszeit begangen wird. [1674–1675]

Barmherzigkeit. Dann hat ER es mit Seinen Händen gemessen, ob es nicht zu groß, gewogen, ob es nicht zu schwer wäre. Darauf hat ER es gesegnet mit Seinem heiligen Namen, gesalbt mit Seiner Gnade, durchdrungen mit Seinem Trost. Dann hat ER noch einmal Deinen Mut abgeschätzt, und so kommt es nun vom Himmel zu Dir als ein Geschenk vom lieben Gott, als ein Geschenk Seiner barmherzigen Liebe. Franz von Sales

Die 14 Kreuzwegstationen sind:

159

11. Jesus wird an das Kreuz genagelt.

1. Jesus wird zum Tode verurteilt.

5. Simon von Cyrene hilft Jesus das Kreuz tragen.

12. Jesus stirbt am Kreuz. Durch den Tod werden wir ja keineswegs voneinander getrennt, denn wir alle gehen den gleichen Weg und werden uns am gleichen Ort wiederfinden.

2. Jesus nimmt das Kreuz auf seine Schultern.

13. Jesus wird vom Kreuz abgenommen und in den Schoß seiner Mutter gelegt. 3. Jesus fällt zum ersten Mal unter dem Kreuz.

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4. Jesus begegnet seiner Mutter.

6. Veronika reicht Jesus das Schweißtuch.

14. Der heilige Leichnam Jesu wird in das Grab gelegt.

278 Welchen Charakter hat ein christliches Begräbnis?

Ein christliches Begräbnis ist ein Dienst der Gemeinde an ihren Toten. Es nimmt die Trauer der Hinterbliebenen auf, trägt aber immer österliche Züge an sich. Wir sterben schließlich in Christus, um mit ihm das Fest der Auferstehung zu feiern. [1686–1690]

S ymeon von Thessaloniki († 1429, Theologe und Mystiker)

[ I I ] 4 . K apitel : A ndere L iturgische F eiern

Dein Kreuz Die unendliche Weisheit hat von Ewigkeit daran gedacht, Dir dieses [Dein] Kreuz zu geben als ein kostbares Geschenk. Dieses Kreuz hat ER, ehe ER es Dir sandte, gesehen mit Seinem allwissenden Auge, bedacht mit Seinem göttlichen Verstand, geprüft mit Seiner milden Gerechtigkeit, durchdrungen mit Seiner milden

7. Jesus fällt zum zweiten Mal unter dem Kreuz.

Z w e i t e r t e i l – W ie wir die christlichen M ysterien feiern

Dietrich Bonhoeffer

Schon im alten Israel pilgerte man zum Heiligtum nach Jerusalem. Christen griffen diesen Brauch auf. So entstand vor allem im Mittelalter eine regelrechte Wallfahrtsbewegung zu den heiligen Stätten (vor allem nach Jerusalem und zu den Apostelgräbern in Rom und Santiago de Compostela). Vielfach pilgerte man, um Buße zu tun, und oft war dieses Tun nicht frei von dem falschen Gedanken, man müsse sich durch selbstquälerische Leistung vor Gott rechtfertigen. Heute erlebt das Wallfahren eine einzigartige Renaissance. Menschen suchen den Frieden und die Kraft, die von Gnadenorten ausgehen. Sie haben die Alleingänge satt, wollen aus dem Alltagstrott herauskommen, sich von Ballast befreien und auf Gott hin in Bewegung kommen.

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DRit tER tEil

Wie wir in Christus das Leben haben 160 161

Wozu wir auf der Erde sind, was wir tun sollen und wie uns dabei Gottes Heiliger Geist hilft 162 Die Würde des Menschen 162 Die menschliche Gemeinschaft 180 Die Kirche 190 Die Zehn Gebote 193 Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben 194 Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst 202

Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen.

Er s t er Abschni t t

Wozu wir auf der Erde sind, was wir tun sollen und wie uns dabei Gottes Heiliger Geist hilft

Joh 15,5b

Teresa von Ávila

Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Gen 1,27

Benedikt X V I., 15.08.2005

den Glauben und die Sakramente?

Wären wir nur auf uns und unsere Kraft gestellt, kämen wir nicht weit mit unseren Versuchen, gut zu sein. Durch den Glauben entdecken wir, dass wir Kinder Gottes sind und von Gott her stark gemacht werden. Wenn Gott uns seine Kraft gibt, nennen wir das „Gnade“. Besonders in den heiligen Zeichen, die wir Sakramente nennen, schenkt uns Gott die Fähigkeit, das Gute, das wir tun wollen, auch wirklich zu tun. [1691–1695] Da Gott unsere Not gesehen hat, hat er uns durch seinen Sohn Jesus Christus „der Macht der Finsternis entrissen“ (Kol 1,13). Er hat uns die Möglichkeit geschenkt, in Gemeinschaft mit ihm einen neuen Anfang zu machen und den Weg der Liebe zu gehen. 172–178 Er s t e s K api t el

Die Würde des Menschen 280 Wie begründen Christen die menschliche Würde?

Jeder Mensch hat vom ersten Augenblick im Mutterleib an eine unantastbare Würde, weil Gott ihn von Ewigkeit her gewollt, geliebt, geschaffen, sowie für die Erlösung und die ewige Seligkeit bestimmt hat. [1699–1715] Käme das menschliche Ansehen allein von den Erfolgen und Leistungen her, die einzelne Menschen vollbringen, so hätten die kein Ansehen, die schwach, krank und ohnmächtig sind. Christen glauben, dass das menschliche Ansehen in erster Linie durch Gottes Ansehen kommt. Er sieht jeden Menschen an und liebt ihn, als wäre er das einzige Geschöpf auf der Welt. Weil Gott auch noch auf das geringste Menschenkind ein Auge geworfen hat, be-

162 163 [ I ] W ozu wir auf der E rde sind

Wo Gott verschwindet, wird der Mensch nicht größer. Im Gegenteil: Er verliert seine göttliche Würde, er verliert den göttlichen Glanz auf seinem Angesicht. Schließlich erweist er sich nur als das Produkt einer blinden Evolution und als solches kann er gebraucht und missbraucht werden. Gerade das hat die Erfahrung dieser unserer Zeit bestätigt.

279 Wozu brauchen wir, um gut und richtig zu leben,



D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Nichts soll dich ängstigen, nichts dich erschrecken. / Alles geht vorüber. Gott allein bleibt derselbe. / Alles erreicht der Geduldige, und wer Gott hat, der hat alles – / Gott allein genügt.

283 Wie lauten die Seligpreisungen?

Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.

Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.

Mutter Teresa

Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden. Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden. Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.

Frère Roger Schutz

Das Glück ist nicht in uns, und das Glück ist auch nicht außerhalb von uns. Das Glück ist nur in Gott. Und wenn wir ihn gefunden haben, dann ist es überall. Blaise Pascal

sitzt es eine unendliche Würde, die von Menschen nicht zerstört werden darf. 56–64 281 Warum sehnen wir uns nach Glück?

Gott hat uns eine so unendliche Sehnsucht nach Glück in unser Herz gelegt, dass nichts sie stillen kann, nur Gott selber. Alle irdischen Erfüllungen geben uns nur einen Vorgeschmack ewigen Glücks. Über sie hinaus sollen wir zu Gott hingezogen werden. [1718–1719, 1725] 1–3 282 Kennt die Heilige Schrift einen Weg zum Glück?

Wir werden glücklich, indem wir den Worten Jesu in den „Seligpreisungen“ vertrauen. [1716–1717] Das Evangelium ist ein Glücksversprechen für alle Menschen, die Gottes Wege gehen möchten. Vor allem in den Seligpreisungen (Mt 5,3–12) hat Jesus konkret gesagt, dass unendlicher Segen darauf ruht, wenn wir seinem Lebensstil folgen und mit reinem Herzen den Frieden suchen.

Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.

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Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet. Freut euch und jubelt: Euer Lohn im Himmel wird groß sein. (Mt 5,3–12) 284 Warum sind die Seligpreisungen so wichtig?

Wer sich nach dem Reich Gottes sehnt, schaut auf die Prioritätenliste Jesu: die Seligpreisungen. [1716–1717, 1725–1726] Von Abraham an hat Gott seinem Volk Verheißungen geschenkt. Jesus greift sie auf, dehnt ihre Geltung auf den Himmel aus und macht sie zu seinem eigenen Lebensprogramm: Der Sohn Gottes wird arm, um unsere Armut zu teilen, er freut sich mit den Fröhlichen und weint mit den Weinenden (Röm 12,15); er wendet keine Gewalt an, sondern hält die andere Wange hin (Mt 5,39); er hat Erbarmen, stiftet Frieden und zeigt damit den sicheren Weg in den Himmel.

Alles zu wollen, was Gott will, es immer zu wollen, bei allen Gelegenheiten und ohne Einschränkungen, das ist das Reich Gottes, das ganz innen ist. François Fénelon

[ I ] 1 . K apitel : D ie W ürde des M enschen

Gott will, dass wir glücklich sind. Wo aber liegt die Quelle dieser Hoffnung? Sie liegt in einer Gemeinschaft mit Gott, der im Grund der Seele jedes Menschen lebt.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.

Denn er allein ist der Weg, den es sich lohnt zu folgen, / das Licht, das es lohnt zu entzünden, / das Leben, das es wert ist, gelebt zu werden, / und die Liebe, die es lohnt zu lieben.

Pfarrer von Ars

Wir werden ihn sehen, wie er ist. 1 Joh 3,2b

Frei sein heißt sich selbst besitzen. Dominique L acordaire (1802–1861, berühmter Dominikanerprediger)

Benedikt X V I., 08.12.2005

Ewige Seligkeit ist es, Gott zu schauen und in die Seligkeit Gottes hineingenommen zu werden. [1720-1724, 1729] In Gott, dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist, ist Leben, Freude und Gemeinschaft ohne Ende. Dort hineingenommen zu werden wird unfassbares, grenzenloses Glück für uns Menschen sein. Dieses Glück ist das reine Geschenk der Gnade Gottes, denn wir Menschen können es weder selbst herstellen noch in seiner Größe fassen. Gott möchte, dass wir uns für unser Glück entscheiden; in Freiheit sollen wir Gott wählen, ihn über alles lieben, das Gute tun und das Böse nach Kräften meiden. 52, 156–158 286 Was ist Freiheit, und wozu ist sie da?

Freiheit ist die von Gott geschenkte Kraft, ganz aus sich selbst handeln zu können; wer frei ist, handelt nicht mehr fremdbestimmt. [1730–1733, 1743–1744]

Entscheidung für das Gute ist immer eine Entscheidung in Richtung Gott. 51 288 Ist der Mensch für alles verantwortlich,



was er tut?

Der Mensch ist für all das verantwortlich, was er bewusst und mit freiem Willen tut. [1734–1737, 1745–1746] Niemand kann für etwas zur (vollen) Rechenschaft gezogen werden, was er unter Zwang, aus Angst, Unkenntnis, unter Drogeneinfluss oder der Macht schlechter Gewohnheiten getan hat. Je mehr ein Mensch vom Guten weiß und sich im Guten übt, desto mehr entfernt er sich von der Sklaverei der Sünde (Röm 6,17; 1 Kor 7,22). Gott träumt von solchen freien Menschen, die Verantwortung für sich, ihre Umwelt und die ganze Erde übernehmen (können). Aber auch den Unfreien gehört Gottes ganze barmherzige Liebe; er bietet ihnen jeden Tag an, sich zur Freiheit befreien zu lassen.

Gott hat uns als freie Menschen erschaffen und will unsere Freiheit, damit wir uns aus ganzem Herzen für das Gute, ja für das höchste „Gut“ – also für Gott – entscheiden können. Je mehr wir das Gute tun, desto freier werden wir. 51 289 Muss man dem Menschen seinen freien Willen 287 Besteht „Freiheit“ nicht gerade darin, sich auch



für das Böse entscheiden zu können?

Das Böse ist nur scheinbar erstrebenswert, und sich für das Böse zu entscheiden macht nur scheinbar frei. Das Böse macht nicht glücklich, sondern beraubt uns des wahren Gutes; es bindet uns an etwas Nichtiges und zerstört am Ende unsere ganze Freiheit. [1730–1733, 1743–1744] Das sehen wir bei der Sucht: Hier verkauft ein Mensch seine Freiheit an etwas, was ihm gut vorkommt. In Wahrheit wird er zum Sklaven. Ein Mensch ist dann am freiesten, wenn er immer ja sagen kann zum Guten; wenn ihn keine Sucht, kein Zwang, keine Gewohnheit hindert, zu wählen und zu tun, was richtig und gut ist. Eine



lassen, auch wenn er sich für das Böse entscheidet?

Dass der Mensch seine Freiheit ausüben kann, ist ein Urrecht seiner Menschenwürde. Die Freiheit des Einzelnen darf erst dann beschnitten werden, wenn durch die Ausübung seiner Freiheit die Freiheit der anderen beeinträchtigt wird. [1738, 1740] Freiheit wäre keine Freiheit, wenn sie nicht die Freiheit wäre, auch das Falsche zu wählen. Man verletzte die Würde eines Menschen, respektierte man seine Freiheit nicht. Eine der zentralen Aufgaben des Staates ist es, die Freiheitsrechte aller seiner Bürger (Religionsfreiheit, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungsfreiheit, Berufsfreiheit etc.) zu schützen. Die Freiheit des einen ist die Grenze für die Freiheit des anderen.

Der Gütige ist frei, auch wenn er ein Sklave ist. Der Böse ist ein Sklave, auch wenn er ein König ist. Augustinus

Der Weg zum Ziel beginnt an dem Tag, an dem du die volle Verantwortung für dein Tun übernimmst. Dante Alighieri (12651321, Philosoph und größter italienischer Dichter)

Die Märtyrer der frühen Kirche sind für ihren Glauben an den Gott gestorben, der sich in Jesus Christus offenbart hatte, und damit sind sie auch für die Gewissensfreiheit und für die Freiheit, den eigenen Glauben zu bekennen, gestorben – für ein Bekenntnis, das von keinem Staat aufgezwungen werden kann, sondern das man sich nur durch die Gnade Gottes in der Freiheit des eigenen Gewissens zu eigen machen kann. Eine missionarische Kirche muss sich unbedingt für die Glaubensfreiheit einsetzen. Benedikt X V I., 22.12.2005

166 167 [ I ] 1 . K apitel : D ie W ürde des M enschen

Der Mensch, der sich vollkommen in die Hände Gottes übergibt, wird keine Marionette Gottes, keine langweilige, angepasste Person. Nur der Mensch, der sich ganz Gott anvertraut, findet die wahre Freiheit, die große und schöpferische Weite der Freiheit des Guten. Der Mensch, der sich zu Gott hinwendet, wird nicht kleiner, sondern größer, denn durch Gott und zusammen mit Ihm wird er groß, wird er göttlich, wird er wirklich er selbst.

285 Was ist die ewige Seligkeit?

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Der Mensch ist so groß, dass nichts auf der Erde ihm genügen kann. Nur wenn er sich Gott zuwendet, ist er zufrieden. Zieh einen Fisch aus dem Wasser: er wird nicht leben können. Das ist der Mensch ohne Gott.

291 Wie kann ein Mensch unterscheiden, ob sein Tun



gut oder schlecht ist?

Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fürchten müsstet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater! So bezeugt der Geist selber unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind. Röm 8,15–16

290 Wie hilft uns Gott, freie Menschen zu werden?

Christus will, dass wir „zur Freiheit befreit“ (Gal 5,1) und zu geschwisterlicher Liebe fähig werden. Deshalb schenkt er uns den Heiligen Geist, der uns frei und unabhängig von weltlichen Mächten macht und uns stärkt für ein Leben der Liebe und Verantwortung. [1739–1742, 1748] Je mehr wir sündigen, desto mehr denken wir nur an uns, desto schlechter können wir uns frei entfalten. In der Sünde werden wir auch unbrauchbarer dafür, das Gute zu tun und die Liebe zu leben. Der Heilige Geist, der in unsere Herzen eingesenkt ist, schenkt uns ein Herz, das von Liebe zu Gott und den Menschen erfüllt ist. Wir nehmen den Heiligen Geist als Kraft wahr, die uns zu innerer Freiheit führt, uns für die Liebe öffnet und zu immer besseren Werkzeugen für das Gute und die Liebe macht. 120, 310–311

292 Darf man etwas Böses tun, damit etwas Gutes



Benedikt X V I., Pfingstvigil 2006

Das Gewissen ist der verborgenste Kern und das Heiligtum des Menschen, in dem er allein ist mit Gott, dessen Stimme in seinem Innersten widerhallt.“ Zweites Vatikanisches Konzil, GS

daraus entsteht?

Nein, man darf nie etwas Schlechtes tun oder in Kauf nehmen, damit Gutes daraus entsteht. Manchmal bleibt nichts anderes übrig, als das kleinere Übel in Kauf zu nehmen, um ein größeres Übel zu verhindern. [1755–1756, 1759–1761] Der Zweck heiligt nicht die Mittel. Es kann nicht richtig sein fremdzugehen, um eine Ehe zu stabilisieren. Es ist ebenso falsch, Embryos für die Stammzellenforschung zu verbrauchen, selbst wenn man damit durchgreifende Erfolge in der Medizin haben könnte. Es ist falsch, dem Opfer einer Vergewaltigung durch die Abtreibung des Kindes „helfen“ zu wollen.

Soll ein Mensch das Gute in Wahrheit wollen, so muss er alles tun wollen für das Gute oder alles leiden wollen für das Gute. SØren K ierkegaard

168 169 [ I ] 1 . K apitel : D ie W ürde des M enschen

Damit gute von bösen Handlungen besser unterscheidbar sind, gibt es folgende Leitlinien: 1. Das, was ich tue, muss gut sein; eine gute Absicht allein genügt nicht. Ein Bankraub ist immer schlimm, auch wenn ich ihn in der guten Absicht begehe, arme Menschen zu beschenken. 2. Auch wenn das, was ich tue, wirklich gut ist, so macht die schlechte Absicht, in der ich das Gute vollbringe, die ganze Handlung schlecht. Wenn ich eine alte Frau nach Hause begleite und ihr in die Wohnung helfe, ist das etwas Gutes. Wenn ich das nur tue, um einen späteren Einbruch vorzubereiten, macht es die ganze Handlung zu einer schlechten Sache. 3. Die Umstände, unter denen jemand handelt, können die Verantwortung mindern, aber sie ändern nichts am guten oder schlechten Charakter einer Handlung. Seine Mutter zu schlagen ist immer schlecht, selbst wenn die Mutter dem Kind zuvor wenig Liebe geschenkt hat. 295–297

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Der Mensch ist in der Lage, gute von bösen Handlungen zu unterscheiden, weil er Vernunft und ein Gewissen besitzt, die ihm klare Urteile erlauben. [1749–1754, 1757–1758]

In dieser Welt, die so voll ist von scheinbaren Freiheiten, die die Umwelt und den Menschen zerstören, wollen wir in der Kraft des Heiligen Geistes zusammen die wahre Freiheit erlernen, Schulen der Freiheit errichten, den anderen durch unser Leben zeigen, dass wir frei sind und wie schön es ist, wirklich frei zu sein in der wahren Freiheit der Kinder Gottes.

Es gibt Gutes ohne Böses, aber es gibt nichts Böses ohne Gutes. Thomas von Aquin

FR ANZ VON SALES

Leidenschaften sind dazu da, dass wir durch starke Emotionen und klare Empfindungen für das Richtige zum Guten hingezogen und vom Bösen und Schlechten abgestoßen werden. [1762–1766, 1771–1772] Gott hat den Menschen so gemacht, dass er lieben und hassen, etwas begehren oder verachten kann, dass er von Dingen angezogen wird und vor anderen sich fürchtet, dass er voller Freude, voller Trauer oder voller Zorn ist. Der Mensch liebt in der Tiefe seines Herzens immer das Gute und hasst das Böse – oder was er dafür hält.

295 Was ist das Gewissen?

Das Gewissen ist die innere Stimme im Menschen, die ihn dazu bewegt, das Gute unbedingt zu tun, das Böse unbedingt zu lassen. Es ist zugleich die Fähigkeit, das eine vom anderen unterscheiden zu können. Im Gewissen spricht Gott zum Menschen. [1776–1779] Das Gewissen wird mit einer inneren Stimme verglichen, in der sich Gott selbst im Menschen zeigt. Gott ist es, der sich im Gewissen bemerkbar macht. Wenn wir sagen: „Das kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren!“, heißt das für einen Christen: „Das kann ich im Angesicht meines Schöpfers nicht tun!“ Wegen der Treue zu ihrem Gewissen sind schon viele Menschen ins Gefängnis und auf den Hinrichtungsplatz gegangen. 120, 290–292, 312, 333 296 Darf man jemand zu etwas zwingen, was gegen



sein Gewissen ist?

Tugend ist, was man mit Leidenschaft tut; Laster ist, was man aus Leidenschaft nicht lassen kann. Augustinus

294 Ist man ein Sünder, wenn man starke



Leidenschaften in sich spürt?

Nein, Leidenschaften können sehr wertvoll sein. Erst durch falsche Ausrichtung werden Leidenschaften, die für die kraftvolle Verwirklichung des Guten gedacht sind, zu Helfern des Bösen. [1767–1770, 1773–1775] Leidenschaften, die auf das Gute ausgerichtet werden, werden zu Tugenden. Sie sind dann der Treibstoff eines kämpferischen Lebens für Liebe und Gerechtigkeit. Leidenschaften, die einen Menschen beherrschen, ihm seine Freiheit rauben und zum Bösen verführen, nennt man Laster.

Wer über das Gewissen eines Menschen hinweggeht, es ignoriert und Zwang ausübt, verletzt seine Würde. Kaum etwas macht den Menschen nämlich mehr zum Menschen als die Gabe, selbst Gut und Böse unterscheiden und wählen zu können. Das gilt sogar dann, wenn die Entscheidung, bei Licht besehen, falsch ist. Wenn ein Gewissen nicht falsch gebildet wurde, spricht die innere Stimme in Übereinstimmung mit dem, was allgemein vernünftig, gerecht und gut vor Gott ist. 297 Kann man sein Gewissen bilden?

Ja, man muss es sogar tun. Das Gewissen, das jedem vernunftbegabten Menschen angeboren ist, kann fehlgeleitet und betäubt werden. Deswegen muss es zu einem immer feineren Instrument richtigen Handelns gebildet werden. [1783–1788, 1799–1800]

Thomas von Aquin

Es ist Zeit, dass jetzt etwas getan wird. Derjenige allerdings, der etwas zu tun wagt, muss sich bewusst sein, dass er wohl als Verräter in die Geschichte eingehen wird. Unterlässt er jedoch die Tat, dann wäre er ein Verräter vor seinem eigenen Gewissen. Claus Graf Schenk von Stauffenberg (1907–1944), kurz vor dem Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944, für das er später hingerichtet wurde

170 171

Wenn wir uns verantwortlich fühlen, beschämt sind, erschreckt sind bei einer Verfehlung gegen die Stimme des Gewissens, so schließt das ein, dass hier Einer ist, dem wir verantwortlich sind; vor dem wir beschämt sind, dessen Ansprüche an uns wir fürchten … John Henry Newman

[ I ] 1 . K apitel : D ie W ürde des M enschen

Niemand darf gezwungen werden, gegen sein Gewissen zu handeln, sofern sich sein Handeln innerhalb der Grenzen des Gemeinwohls abspielt. [1780–1782, 1798]

Alles, was gegen das Gewissen geschieht, ist Sünde.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Hab Geduld in allen Dingen, vor allem mit dir selbst.

293 Wozu hat uns Gott Leidenschaften gegeben?

Johannes X X I I I. (1881–1963, der Papst, der das Zweite Vatikanische Konzil eröffnete)

Alles, was mit Moral zusammenhängt, geht logisch letzten Endes auf Theologie, jedenfalls nicht auf säkulare Gründe zurück. Max Horkheimer (1895–1873, deutscher Philosoph und Soziologe)

Die erste Schule des Gewissens ist die Selbstkritik. Wir Menschen haben nämlich die Neigung, zu unserem eigenen Vorteil zu urteilen. Die zweite Schule des Gewissens ist die Orientierung am guten Handeln der anderen. Richtige Gewissensbildung führt den Menschen in die Freiheit, das richtig erkannte Gute zu tun. Die Kirche hat mit der Hilfe des Heiligen Geistes und der Schrift in ihrer langen Geschichte sehr viel Wissen über richtiges Handeln gesammelt; es gehört zu ihrem Auftrag, die Menschen zu lehren und ihnen auch Weisungen zu geben. 344 298 Wird jemand, der guten Gewissens falsch handelt,



vor Gott schuldig?

Nein. Wenn man sich eingehend geprüft hat und zu einem sicheren Urteil gekommen ist, muss man unter allen Umständen seiner inneren Stimme folgen, auch mit dem Risiko, etwas Falsches zu tun. [1790–1794, 1801–1802]

299 Was versteht man unter einer „Tugend“? Hab keine Angst, dass dein Leben eines Tages endet! Fürchte mehr, dass du versäumst, es richtig zu beginnen. John Henry Newman

Eine Tugend ist eine innere Haltung, eine positive Gewohnheit, eine für das Gute in Dienst genommene Leidenschaft. [1803, 1833] „Ihr sollt also vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist“ (Mt 5,48). Das heißt, wir müssen uns verändern auf dem Weg zu Gott. Mit unseren menschlichen Kräften können wir das nur in Ansätzen. Gott unterstützt mit seiner Gnade die menschlichen Tugenden und schenkt uns darüber hinaus noch die sogenannten göttlichen Tugenden, mit deren Hilfe wir sicher in das Licht und die Nähe Gottes gelangen. 293–294

Wir müssen an uns arbeiten, damit wir frei, in Freude und mit Leichtigkeit das Gute vollbringen können. Dazu hilft in erster Linie der feste Glaube an Gott, aber auch, dass wir die Tugenden leben, das heißt: mit Gottes Hilfe feste Haltungen in uns heranbilden, uns keinen ungeordneten Leidenschaften hingeben und die Kräfte der Vernunft und des Willens immer eindeutiger auf das Gute hin ausrichten. [1804–1805, 1810–1811, 1834, 1839] Die wichtigsten Tugenden sind: Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Maß. Man nennt sie auch „Kardinaltugenden“ (von lat. cardo = Türzapfen, Angel, bzw. cardinalis = wichtig). 301 Wie wird man klug?

Man wird klug, indem man lernt, das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden, sich die richtigen Ziele zu setzen und die besten Mittel zu wählen, um sie zu erlangen. [1806, 1835] Die Tugend der Klugheit steuert alle anderen Tugenden. Denn Klugheit ist die Fähigkeit, das Richtige zu erkennen. Wer ein gutes Leben führen möchte, muss ja wissen, was das „Gute“ ist und seinen Wert erkennen. Wie der Kaufmann im Evangelium: „Als er eine besonders wertvolle Perle fand, verkaufte er alles, was er besaß, und kaufte sie.“ (Mt 13,46) Erst der kluge Mensch kann Gerechtigkeit, Tapferkeit und das rechte Maß einsetzen, um Gutes zu tun. 302 Wie handelt man gerecht?

Man handelt gerecht, indem man immer darauf achtet, dass man Gott und dem anderen gibt, was ihm zusteht. [1807, 1836] Der Leitsatz der Gerechtigkeit lautet: „Jedem das Seine“. Ein geistig behindertes Kind muss anders gefördert werden als ein hochbegabtes Kind, damit beide gleichermaßen zu ihrem Recht kommen. Die Gerechtigkeit müht sich um Ausgleich und sehnt sich danach, dass die Menschen

Ein gutes Leben führen ist nichts anderes, als Gott aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus ganzem Sinn zu lieben. Man bewahrt ihm (durch die Mäßigung) eine ganze Liebe, die kein Unglück erschüttern kann (was Sache der Tapferkeit ist), die einzig ihm gehorcht (das ist die Gerechtigkeit) und die wachsam ist, um alle Dinge zu besehen aus Angst, man könnte sich von List und Lüge überraschen lassen (und das ist Klugheit). Augustinus

Die Klugheit hat zwei Augen; eines, das voraussieht, was man zu tun hat; das andere, das nachher besieht, was man getan hat. Ignatius von Loyola

Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist lieblos, Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit ist entehrend. Friedrich von Bodelschwingh (1831–1910, evangelischer Theologe und Gründer der Bethelschen Heilanstalten)

172 173 [ I ] 1 . K apitel : D ie W ürde des M enschen

Das Unheil, das durch ein unverschuldet falsches Gewissensurteil in die Welt kommt, legt uns Gott nicht zur Last. Sosehr man zuletzt seinem Gewissen folgen muss, so klar muss man sich jedoch vor Augen führen, dass unter missbräuchlicher Berufung auf das angebliche Gewissen schon gefälscht, gemordet, gefoltert und betrogen wurde.

300 Warum müssen wir an uns arbeiten?

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Dem Gewissen von Menschen Gewalt anzutun heißt sie schwer verletzen, ihrer Würde den schmerzhaftesten Schlag versetzen. Es ist in gewissem Sinn schlimmer, als sie zu töten.

Verkünde das Wort, tritt dafür ein, ob man es hören will oder nicht.

bekommen, was ihnen zusteht. Auch Gott gegenüber müssen wir Gerechtigkeit walten lassen und ihm geben, was das Seine ist: unsere Liebe und Verehrung.

2 Tim 4,2

303 Was bedeutet es, tapfer zu sein?

K atharina von Siena

Denn die Gnade Gottes ist erschienen, um alle Menschen zu retten. Sie erzieht uns dazu, uns von der Gottlosigkeit und den irdischen Begierden loszusagen und besonnen, gerecht und fromm in dieser Welt zu leben.

Wer tapfer ist, tritt dauerhaft für das einmal erkannte Gute ein, selbst wenn er im Extremfall dafür sogar das eigene Leben opfern müsste. [1809, 1837] 295 304 Warum ist es eine Tugend, maßzuhalten?

Maßhalten ist eine Tugend, weil sich Maßlosigkeit in allen Bereichen als zerstörerische Kraft erweist. [1809, 1838] Wer unmäßig ist, überlässt sich der Herrschaft seiner Triebe, verletzt durch seine Gier andere und schädigt sich selbst. Im Neuen Testament stehen für „Mäßigung“ Worte wie „Nüchternheit“ und „Besonnenheit“.

174 175

1 Kor 13,13

Gott ist die Liebe, und wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott und Gott bleibt in ihm. 1 Joh 4,16b

Der Glaube ist die Kraft, in der wir Gott zustimmen, seine Wahrheit anerkennen und uns persönlich an ihn binden. [1814–1816, 1842] 305 Was sind die drei göttlichen Tugenden?

Die göttlichen Tugenden sind Glaube, Hoffnung und Liebe. Sie heißen „göttlich“, weil sie in Gott ihren Grund haben, sich unmittelbar auf Gott beziehen und für uns Menschen der Weg sind, auf dem wir direkt zu Gott gelangen. [1812–1813, 1840] 306 Warum sind Glaube, Hoffnung und Liebe Tugenden?

Auch Glaube, Hoffnung und Liebe sind echte, freilich von Gott verliehene Kräfte, die der Mensch mit der Gnade Gottes entwickeln und ausbauen kann, um „Leben in Fülle“ (Joh 10,10) zu gewinnen. [1812–1813, 1840–1841]

Der Glaube ist der von Gott geschaffene Weg in die Wahrheit, die Gott selbst ist. Weil Jesus „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6) ist, kann dieser Glaube keine bloße Haltung, keine „Gläubigkeit“ an irgendetwas sein. Der Glaube hat einerseits klare Inhalte, zu denen sich die Kirche im Credo (= Glaubensbekenntnis) bekennt und die zu schützen ihre Aufgabe ist. Wer das Geschenk des Glaubens annehmen, wer also glauben will, der bekennt sich zu diesem quer durch die Zeiten und Kulturen treu bewahrten Glauben. Andererseits geht es im Glauben um die vertrauende Beziehung zu Gott mit Herz und Verstand, mit allen emotionalen Kräften. Denn der Glaube wird „erst in der Liebe wirksam“ (Gal 5,6). Ob einer wirklich an den Gott der Liebe glaubt, zeigt sich nicht an seinen Beteuerungen, sondern an den Taten seiner Liebe.

Wer sagt: Ich habe ihn erkannt!, aber seine Gebote nicht hält, ist ein Lügner, und die Wahrheit ist nicht in ihm. 1 Joh 2,4

Wer sich nun vor den Menschen zu mir bekennt, zu dem werde auch ich mich vor meinem Vater im Himmel bekennen. Mt 10,32

[ I ] 1 . K apitel : D ie W ürde des M enschen

307 Was ist der Glaube?

Tit 2,11–12

Für jetzt bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; doch am größten unter ihnen ist die Liebe.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Dem Tapferen sind Glück und Unglück wie seine rechte und seine linke Hand; er bedient sich beider.

Hoffen heißt an das Abenteuer der Liebe glauben, Vertrauen zu den Menschen haben, den Sprung ins Ungewisse tun und sich ganz Gott überlassen.

Dein Platz im Himmel wird aussehen, als sei er für dich gemacht, und zwar für dich allein, weil du für ihn gemacht worden bist. C. S. Lewis

Franz von Sales

Denen, die Gott lieben, verwandelt er alles in Gutes, auch ihre Irrwege und Fehler lässt Gott ihnen zum Guten werden. Augustinus

Hoffnung ist Vertrauen auf das, was Gott uns in der Schöpfung, den Propheten, besonders aber in Jesus Christus versprochen hat, auch wenn wir es noch nicht sehen. Damit wir in Geduld auf das Wahre hoffen können, ist uns Gottes Heiliger Geist geschenkt. 1–3 309 Was ist die Liebe?

Die Liebe ist die Kraft, in der wir, die wir von Gott zuerst geliebt wurden, uns Gott hingeben können, um uns mit ihm zu vereinigen und den anderen um Gottes willen so rückhaltlos und herzlich anzunehmen, wie wir uns selbst annehmen. [1822–1829, 1844] Jesus stellt die Liebe über alle Gesetze, ohne diese deshalb außer Kraft zu setzen. Zu Recht sagt daher Augustinus: „Liebe, und tu, was du willst.“ Was gar nicht so einfach ist, wie es klingt. Die Liebe ist deshalb die größte, alle anderen Kräfte beseelende und mit göttlichem Leben erfüllende Energie.

311 Was sind die Früchte des Heiligen Geistes?

Die Früchte des Heiligen Geistes sind: „Liebe, Friede, Freude, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Langmut, Sanftmut, Treue, Bescheidenheit, Enthaltsamkeit, Keuschheit“ (vgl. Gal 5,22–23). [1832] An den Früchten des Heiligen Geistes kann die Welt sehen, was aus den Menschen wird, die sich ganz und gar von Gott annehmen, führen und formen lassen. Die Früchte des Heiligen Geistes zeigen, dass Gott im Leben der Christen eine wirkliche Rolle spielt. 120, 295–297 312 Wodurch weiß ein Mensch, dass er gesündigt hat?

Dass ein Mensch gesündigt hat, weiß er durch das Gewissen, das ihn anklagt und dazu bewegt, seine Verfehlungen vor Gott einzugestehen. [1797, 1848] 229, 295–298 313 Warum muss sich ein Sünder an Gott wenden und

310 Was sind die sieben Gaben des Heiligen Geistes?

Die sieben Gaben des Heiligen Geistes sind: Weisheit, Einsicht, Rat, Stärke, Erkenntnis, Frömmigkeit und Gottesfurcht. Damit „begabt“ der Heilige Geist Christen; d.h., er schenkt ihnen, über ihre natürlichen Anlagen hinaus, bestimmte Kräfte und gibt ihnen die Chance, zu speziellen Werkzeugen Gottes in dieser Welt zu werden. [1830–1831, 1845] So heißt es bei Paulus: „Dem einen wird vom Geist die Gabe geschenkt, Weisheit mitzuteilen, dem andern durch den gleichen Geist die Gabe, Erkenntnis zu vermitteln, dem Dritten im gleichen Geist Glaubenskraft, einem andern – immer in dem einen Geist – die Gabe, Krankheiten zu heilen, einem andern Wunderkräfte, einem andern

ihn um Vergebung bitten?

Jede Sünde zerstört, verdunkelt oder leugnet das Gute; Gott aber ist ganz gut und der Urheber alles Guten. Deshalb geht jede Sünde (auch) gegen Gott und muss im Kontakt mit ihm wieder in Ordnung gebracht werden. [1847] 224–239 314 Woher wissen wir, dass Gott barmherzig ist?

An vielen Stellen der Heiligen Schrift zeigt sich Gott als der Barmherzige, besonders auch im Gleichnis vom barmherzigen Vater (Lk 15), der dem verlorenen Sohn entgegengeht und ihn bedingungslos annimmt, um ein Freudenfest des Wiederfindens und der Versöhnung mit ihm zu feiern. [1846, 1870]

Amen, amen, ich sage euch: Wer an mich glaubt, wird die Werke, die ich vollbringe, auch vollbringen, und er wird noch größere vollbringen, denn ich gehe zum Vater. Joh 14,12

Beziehen Sie Ihre Stärke einfach aus der Freude an Jesus. Seien Sie glücklich und voll Frieden. Nehmen Sie an, was immer er gibt. Und geben Sie, was immer er nimmt, mit einem großen Lächeln. Mutter Teresa an Mitarbeiter

Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns. 1 Joh 1,8

Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht; er vergibt uns die Sünden und reinigt uns von allem Unrecht. 1 Joh 1,9

An Gottes Barmherzigkeit niemals verzweifeln! Hl. Benedikt von Nursia

176 177 [ I ] 1 . K apitel : D ie W ürde des M enschen

Die Liebe ist eine wunderbare Tugend. Sie ist Mittel und Zweck in einem, Bewegung und Ziel, der Weg, der zu ihr selbst führt. Was muss man also tun, um zu lieben? Dazu bedarf es keiner anderen Kunstgriffe, als einfach zu lieben; so wie man Laute spielen lernt, indem man Laute spielt, und tanzen lernt, indem man tanzt.

Die Hoffnung ist die Kraft, in der wir stark und dauerhaft das ersehnen, wozu wir auf der Erde sind: um Gott zu loben und ihm zu dienen; worin unser wahres Glück besteht: in Gott unsere Erfüllung zu finden; wo unsere endgültige Heimat ist: in Gott. [1817–1821, 1843]

prophetisches Reden, einem andern die Fähigkeit, die Geister zu unterscheiden, wieder einem andern verschiedene Arten von Zungenrede, einem andern schließlich die Gabe, sie zu deuten“ (1 Kor 12,8–10). 113–120

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Augustinus

308 Was ist die Hoffnung?

Schon im Alten Testament spricht Gott durch den Propheten Ezechiel: „Ich habe kein Gefallen am Tod des Schuldigen, sondern daran, dass er auf seinem Weg umkehrt und am Leben bleibt“ (Ez 33,11). Jesus ist gesandt zu den „verlorenen Schafen des Hauses Israel“ (Mt 15,24), und er weiß: „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken“ (Mt 9,12). Darum isst er mit den Zöllnern und Sündern, bevor er gegen Ende seines irdischen Lebens sogar sein Sterben als Initiative der barmherzigen Liebe Gottes deutet: „Das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Mt 26,28). 227, 524

Eine schwere Sünde schneidet den Menschen von Gott ab. Eine solche Sünde hat zur Voraussetzung, dass sie sich auf einen bedeutenden Wert bezieht, also sich gegen das Leben oder Gott selbst richtet (z.B. Mord, Gotteslästerung, Ehebruch etc.), und dass sie in voller Erkenntnis und mit voller Zustimmung begangen wurde. Lässlich sind Sünden, die sich auf nachgeordnete Werte (Ehre, Wahrheit, Eigentum usw.) beziehen, oder Sünden, die nicht in voller Erkenntnis ihrer Tragweite bzw. nicht mit voller Zustimmung geschehen sind. Solche Sünden stören die Beziehung zu Gott, aber sie brechen nicht mit ihm.

Pfarrer von Ars

315 Was ist überhaupt eine Sünde? Wenn das Herz uns auch verurteilt – Gott ist größer als unser Herz, und er weiß alles. 1 Joh 3,20

Johannes Paul I I.

Nur wer ernsthaft darüber nachgedacht hat, wie schwer das Kreuz ist, kann begreifen, wie schwer die Sünde ist. Anselm von C anterbury

Sündigen bedeutet mehr, als gegen irgendwelche von Menschen vereinbarten Regeln zu verstoßen. Die Sünde wendet sich frei und bewusst gegen die Liebe Gottes und ignoriert ihn. Sünde ist letztlich die „bis zur Verachtung Gottes gesteigerte Selbstliebe“ (Augustinus), und im letzten Extremfall sagt das sündige Geschöpf: „Ich will sein wie Gott“ (Gen 3,5). Wie die Sünde mich selbst mit Schuld belastet, verwundet und in ihren Folgen zerstört, so vergiftet und beeinträchtigt sie auch meine Lebenswelt. In der Nähe Gottes wird Sünde und deren Schwere erkennbar. 67, 224–239 316 Wie kann man schwere Sünden (Todsünden) von weniger schweren (lässlichen) Sünden unterscheiden?

Die schwere Sünde zerstört die göttliche Kraft der Liebe im Herzen eines Menschen, ohne die es keine ewige Seligkeit geben kann. Daher wird sie auch Todsünde genannt. Die schwere Sünde bricht mit Gott, während lässliche Sünden nur das Verhältnis zu ihm belasten. [1852–1861, 1874]

und mit Gott wieder verbunden?

Um den Bruch mit Gott zu heilen, der mit einer schweren Sünde gegeben ist, muss ein katholischer Christ sich durch die Beichte mit Gott versöhnen lassen. [1856] 224–239

Pfarrer von Ars

Gäbe es in der Kirche nicht die Sündenvergebung, so bestünde keine Hoffnung auf das ewige Leben und die ewige Befreiung. Danken wir Gott, der seiner Kirche ein solches Geschenk gemacht hat. Augustinus

178

318 Was sind Laster?

Laster sind negative Angewohnheiten, die das Gewissen betäuben und verdunkeln, den Menschen für das Böse öffnen und ihn gewohnheitsmäßig für die Sünde bereitmachen. [1865–1867] Menschliche Laster finden sich in der Nähe der Hauptsünden Stolz, Habsucht, Neid, Zorn, Unkeuschheit, Unmäßigkeit, Trägheit und Überdruss. 319 Sind wir verantwortlich für die Sünden anderer Menschen?

Nein, wir sind nicht verantwortlich für die Sünden anderer Menschen, es sei denn, wir tragen Schuld, weil wir einen anderen Menschen zur Sünde verführt haben, weil wir daran mitgewirkt oder den anderen in seiner Sünde ermutigt haben oder weil wir eine rechtzeitige Warnung oder Hilfe unterlassen haben. [1868]

179

Also stehen die Tugend und ebenso auch das Laster in unserer Gewalt. Denn wo das Tun in unserer Gewalt ist, da ist es auch das Lassen, und wo das Nein, da auch das Ja. Aristoteles (382–322 v. Chr., neben Platon größter Philosoph der Antike)

[ I ] 1 . K apitel : D ie W ürde des M enschen

Außer der Barmherzigkeit Gottes gibt es keine andere Quelle der Hoffnung für die Menschen.

Eine Sünde ist ein Wort, eine Tat oder eine Absicht, mit der ein Mensch bewusst und gewollt gegen die wahre Ordnung der Dinge, so wie sie Gottes Liebe vorgesehen hat, verstößt. [1849–1851, 1871–1872]

317 Wie wird man von einer schweren Sünde befreit



Ich habe eben kostbare Asche hergestellt: Ich habe einen Fünfhundert-FrancSchein verbrannt. Oh, das ist weniger schlimm, als wenn ich eine lässliche Sünde begangen hätte.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Manche sagen: „Ich habe zu viel Böses getan, der liebe Gott kann mir nicht verzeihen.“ Das ist eine grobe Lästerung. Es bedeutet der Barmherzigkeit Gottes eine Grenze zu setzen. Sie hat aber keine: sie ist grenzenlos. Nichts beleidigt den lieben Gott so sehr, als an seiner Barmherzigkeit zu zweifeln.

320 Gibt es sündige Strukturen?

Sündige Strukturen gibt es nur im übertragenen Sinn. Eine Sünde ist immer an eine einzelne Person gebunden, die wissentlich und willentlich einem Bösen zustimmt. [1869]

Zwe i t e s K api t el

Die menschliche Gemeinschaft 321 Kann ein Christ ein reiner Individualist sein?

Nein, ein Christ kann niemals ein reiner Individualist sein, denn der Mensch ist von Natur aus auf Gemeinschaft hin angelegt. [1877–1880, 1890–1891]



der Einzelne?

Vor Gott zählt jeder einzelne Mensch zunächst als Person, dann erst als Gemeinschaftswesen. [1881, 1892] Die Gesellschaft kann nie wichtiger sein als der einzelne Mensch. Menschen dürfen niemals Mittel zu einem gesellschaftlichen Zweck sein. Dennoch sind gesellschaftliche Institutionen wie Staat und Familie für den Einzelnen notwendig; sie entsprechen sogar seiner Natur. 323 Wie kann der Einzelne so in die Gesellschaft integriert sein, dass er sich trotzdem frei entfalten kann?

Der Einzelne kann sich dann frei in der Gesellschaft entfalten, wenn das „Subsidiaritätsprinzip“ beachtet wird. [1883–1885, 1894]

324 Auf welchen Prinzipien baut eine Gesellschaft auf? Die größte Gabe, die der Mensch unter dem Himmel haben kann, ist: gut mit denen leben können, mit denen er zusammen ist. Sel. Ägidius von Assisi (?-1262, einer der engsten Vertrauten des hl. Franziskus)

Jeder Mensch hat eine Mutter und einen Vater; er empfängt Hilfe von anderen und ist verpflichtet, anderen zu helfen und seine Talente zum Nutzen aller zu entfalten. Da der Mensch „Ebenbild“ Gottes ist, spiegelt er in gewisser Weise Gott wider, der in seiner Tiefe nicht einsam, sondern dreifaltig (und damit Leben, Liebe, Dialog und Austausch) ist. Zuletzt ist es die Liebe, das zentrale Gebot für alle Christen, durch die wir in der Tiefe zusammengehören und fundamental aufeinander verwiesen sind: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (Mt 22,39).

Jede Gesellschaft baut auf einer Wertordnung auf, die durch Gerechtigkeit und Liebe realisiert wird. [1886–1889, 1895–1896] Keine Gesellschaft kann dauerhaften Bestand haben, wenn sie nicht auf einer klaren Orientierung an Werten basiert, die sich in einer gerechten Ordnung der Verhältnisse und einer aktiven Durchsetzung dieser Gerechtigkeit widerspiegeln. So darf der Mensch niemals als Mittel zum Zweck gesellschaftlichen Handelns gemacht werden. Jede Gesellschaft braucht ständig Umkehr aus ungerech-

Johannes vom Kreuz

Jeder von uns ist Frucht eines Gedankens Gottes. Jeder ist gewollt, jeder ist geliebt, jeder ist gebraucht. Benedikt X V I. bei seiner Amtseinführung

K atholische Soziallehre/ Sozialprinzipien Lehre der Kirche zur Ordnung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und zur Erlangung individueller und sozialer Gerechtigkeit. Ihre vier zentralen Prinzipien sind: Personalität, Gemeinwohl, Solidarität und Subsidiarität.

Die Gerechtigkeit von heute ist die Liebe von gestern; die Liebe von heute ist die Gerechtigkeit von morgen. Sel. Étienne-Michel Gillet (1758–1792, Priester, Märtyrer)

180 181 [ I ] 2 . K apitel : D ie menschliche G emeinschaft

Das von der Katholischen Soziallehre entwickelte Subsidiaritätsprinzip besagt: Was der Einzelne für sich und aus eigenen Kräften leisten kann, darf ihm nicht durch eine übergeordnete Instanz abgenommen werden. Eine übergeordnete gesellschaftliche Institution darf nicht die Aufgaben einer untergeordneten übernehmen und ihr die Kompetenz rauben. Sie ist vielmehr dazu da, subsidiär (also beistehend) einzugreifen, wo der Einzelne oder kleinere Institutionen durch eine Aufgabe überfordert sind.

Wenn du dich auch nicht fürchtest, allein zu fallen, wieso maßest du dir an, allein aufzustehen? Schau: Zwei zusammen können mehr als einer allein. D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Trotzdem gibt es gesellschaftliche Strukturen und Einrichtungen, die so im Widerspruch zu Gottes Geboten stehen, dass man von „sündigen Strukturen“ spricht – sie sind ja auch die Folge persönlicher Sünden.

322 Was ist wichtiger – die Gesellschaft oder

ten Strukturen. Letztlich leistet das nur die Liebe, das größte soziale Gebot. Sie achtet den anderen. Sie fordert Gerechtigkeit. Sie macht Umkehr aus falschen Verhältnissen möglich. 449

Johannes Paul I I., Centesimus Annus

Natürlich darf eine Autorität in der Gesellschaft niemals aus bloßer Anmaßung stammen, sondern muss rechtlich legitimiert sein. Wer regiert und welche Verfassungsordnung angemessen ist, ist dem Willen der Staatsbürger überlassen. Die Kirche legt sich nicht auf bestimmte Verfassungsordnungen fest, sondern sagt nur, dass sie dem Gemeinwohl nicht widersprechen dürfen.

Es gibt keine Gemeinschaft ohne eine letzte Instanz. Aristoteles

325 Worauf basiert Autorität in der Gesellschaft?

Jede Gesellschaft ist darauf angewiesen, dass ihre Ordnung, ihr Zusammenhalt und ihre Entwicklung durch eine legitime Autorität gefördert und betrieben wird. Es entspricht der von Gott geschaffenen menschlichen Natur, dass der Mensch sich von legitimer Autorität leiten lässt. [1897–1902, 1918–1919, 1922]

326 Wann handelt eine Autorität rechtmäßig? Das Gemeinwohl ist das allen gemeinsame Wohl. Es begreift in sich „die Summe aller jener Bedingungen gesellschaftlichen Lebens, die den Einzelnen, den Familien und gesellschaftlichen Gruppen ihre eigene Vervollkommnung voller und ungehinderter zu erreichen gestatten“ (Zweites Vatikanische Konzil, GS).

Eine Autorität handelt dann rechtmäßig, wenn sie im Dienst des Gemeinwohls arbeitet und gerechte Mittel anwendet, um dessen Ziele zu erlangen. [1903–1904, 1921] Die Menschen in einem Staat müssen sich darauf verlassen können, dass sie in einem „Rechtsstaat“ leben, in dem es für alle verbindliche Regeln gibt. Niemand muss sich an Gesetze halten, die willkürlich und ungerecht sind oder die der natürlichen sittlichen Ordnung widersprechen. Dann gibt es ein Recht oder unter Umständen sogar die Pflicht zum Widerstand. 327 Wie kann sich das Gemeinwohl entfalten?

Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Apg 5,29

Das Gemeinwohl entsteht da, wo die Grundrechte der Person geachtet werden und wo Menschen sich geistig und religiös frei entfalten können. Gemeinwohl bedeutet, dass die Menschen in Freiheit, Frieden und sozialer Sicherheit leben können. In der Zeit der Globalisierung muss auch das Gemeinwohl einen weltwei-

Dem Gemeinwohl wird dort am besten gedient, wo das Wohl des einzelnen Menschen und der kleineren Zellen der Gesellschaft (etwa der Familie) im Mittelpunkt steht. Der Einzelne und die kleinere gesellschaftliche Einheit brauchen Schutz und Förderung durch die stärkere Kraft staatlicher Institutionen. 328 Was kann der Einzelne zum Gemeinwohl beitragen?

Für das Gemeinwohl arbeiten heißt Verantwortung übernehmen für die anderen. [1913–1917, 1926] Das Gemeinwohl muss die Sache aller sein. Dies geschieht in erster Linie dadurch, dass Menschen in ihrem konkreten Umfeld – Familie, Nachbarschaft, Beruf – sich engagieren und Verantwortung übernehmen. Auch in soziale und politische Verantwortung zu gehen ist wichtig. Wer jedoch Verantwortung übernimmt, übt Macht aus und ist immer in der Gefahr, die Macht zu missbrauchen. So ist jeder Verantwortliche zu einem ständigen Prozess der Bekehrung aufgerufen, damit er die Sorge für andere in dauerhafter Gerechtigkeit und Liebe ausüben kann. 329 Wodurch entsteht in einer Gesellschaft soziale

Die Ordnung der Dinge ist der Ordnung der Personen zu unterwerfen und nicht umgekehrt. Zweites Vatikanisches Konzil, GS

Allen Menschen gegenüber muss man Gerechtigkeit und Menschlichkeit walten lassen. Zweites Vatikanisches Konzil, Dignitatis humanae [DH]

Kein Mensch kann wie Kain behaupten, für das Schicksal seines Bruders nicht verantwortlich zu sein. Johannes Paul I I.

Achtet auf den guten Ruf eurer Feinde. Pfarrer von Ars

Gerechtigkeit? Soziale Gerechtigkeit entsteht dort, wo die unverlierbare Würde jedes einzelnen Menschen geachtet und die daraus folgenden Rechte ohne Einschränkung gewährt und durchgesetzt werden. Dazu gehört auch das Recht auf aktive Teilnahme am politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben der Gesellschaft. [1928–1933, 1943–1944] Basis aller Gerechtigkeit ist die Achtung vor der unverlierbaren Würde des Menschen, „deren Verteidigung uns vom Schöpfer anvertraut ist und deren Schuldner im strengen Sinn alle Männer und Frauen in jeder Lage der Geschichte sind“ (Johannes Paul II., Sollicitudo Rei Socialis von 1987). Unmittelbar aus der menschlichen

Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. Mt 25,40

182 183 [ I ] 2 . K apitel : D ie menschliche G emeinschaft

Gemeinwohl

ten Umfang annehmen und die Rechte und Pflichten der ganzen Menschheit berücksichtigen. [1907–1912, 1925, 1927]

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Die Kirche weiß das System der Demokratie zu schätzen, insoweit es die Beteiligung der Bürger an den politischen Entscheidungen sicherstellt und den Regierten die Möglichkeit garantiert, sowohl ihre Regierungen zu wählen und zu kontrollieren als auch dort, wo es sich als notwendig erweist, sie auf friedliche Weise zu ersetzen.

331 Warum gibt es dennoch Ungleichheit unter den

Menschen? Alle Menschen haben die gleiche Würde, doch nicht alle finden die gleichen Lebensbedingungen vor. Wo Ungleichheit von Menschen gemacht ist, steht sie im Widerspruch zum Evangelium. Wo Menschen von Gott mit unterschiedlichen Gaben und Talenten ausgestattet wurden, verweist uns Gott aufeinander: In Liebe soll einer das ausgleichen, was dem anderen fehlt. [1936–1938, 1946–1947]

Aristoteles

MAHATMA GANDHI (1869–1948), geistiger Führer der indischen Unabhängigkeitsbewegung, Begründer einer politischen Bewegung der Gewaltlosigkeit

Der Mensch kann nicht Gott verehren und gleichzeitig seinen Mitmenschen verachten. Das eine ist mit dem anderen unvereinbar. MAHATMA GANDHI

Würde ergeben sich menschliche Rechte, die kein Staat abschaffen oder ändern kann. Staaten und Autoritäten, die solche Rechte mit Füßen treten, sind Unrechtsregime und verlieren ihre Autorität. Vollendet aber wird eine Gesellschaft nicht durch Gesetze, sondern durch die Nächstenliebe, die „alle ihre Nächsten ohne Ausnahme als ein anderes Ich“ ansieht (GS 27,1). 280 330 Inwiefern sind vor Gott alle Menschen gleich?

Vor Gott sind alle Menschen insofern gleich, als alle den gleichen Schöpfer haben, alle nach dem einen Ebenbild Gottes mit einer vernunftbegabten Seele erschaffen wurden und alle den gleichen Erlöser haben. [1934–1935, 1945] Weil vor Gott alle Menschen gleich sind, besitzt jeder Mensch die gleiche Würde und hat Anspruch auf die gleichen Rechte als Mensch. Daher ist jede soziale, rassistische, sexistische, kulturelle oder religiöse Herabsetzung des Menschen ein nicht hinnehmbares Unrecht.

Es gibt eine Ungleichheit unter den Menschen, die nicht von Gott herkommt, sondern aus gesellschaftlichen Verhältnissen, vor allem aus der weltweit ungerechten Verteilung von Rohstoffen, Besitztümern und Kapital herrührt. Gott verpflichtet uns, all das, was im offenen Gegensatz zum Evangelium steht und die Würde des Menschen missachtet, aus der Welt zu schaffen. Es gibt aber auch eine Ungleichheit unter Menschen, die durchaus Gottes Willen entspricht: Ungleichheit in den Begabungen, den Startbedingungen, den Möglichkeiten. Darin steckt ein Hinweis, dass Menschsein bedeutet, für den anderen in Liebe da zu sein, zu teilen und Leben zu ermöglichen. 61 332 Worin zeigt sich die Solidarität der Christen mit



anderen Menschen?

Christen setzen sich für gerechte gesellschaftliche Strukturen ein. Dazu gehört, dass alle Menschen Zugang zu den materiellen und geistigen Gütern dieser Erde haben. Christen achten auch darauf, dass die Würde der menschlichen Arbeit geachtet wird, wozu ein gerechter Lohn gehört. Auch den Glauben weiterschenken ist ein Akt der Solidarität mit allen Menschen. [1939–1942, 1948] Solidarität ist das praktische Erkennungszeichen des Christen. Es ist nämlich nicht nur ein Gebot der Vernunft, solidarisch zu sein. Jesus Christus, unser Herr, hat sich völlig mit den Armen und Geringsten identifiziert (Mt 25,40). Ihnen die Solidarität zu verweigern hieße Christus zurückweisen.

K atharina von Siena

Nichts ist wirklich unser, bis wir es teilen. C. S. Lewis

Lieben Sie die Armen, und wenden Sie ihnen nicht den Rücken zu, denn wenn Sie den Armen den Rücken zuwenden, so wenden Sie ihn Christus zu. Er hat sich selbst zum Hungrigen gemacht, zum Nackten, zum Heimatlosen, so dass Sie und ich Gelegenheit haben, ihn zu lieben. Mutter Teresa

Wer zwei Gewänder hat, der gebe eines davon dem, der keines hat, und wer zu essen hat, der handle ebenso. Lk 3,11

184 185 [ I ] 2 . K apitel : D ie menschliche G emeinschaft

Ihr Christen habt in eurer Obhut ein Dokument mit genug Dynamit in sich, die gesamte Zivilisation in Stücke zu blasen, die Welt auf den Kopf zu stellen, dieser kriegszerrissenen Welt Frieden zu bringen. Aber ihr geht damit so um, als ob es bloß ein Stück guter Literatur wäre, sonst weiter nichts.

Gott spricht: Ich wollte, dass der eine auf den anderen angewiesen sei und alle als meine Diener die von mir empfangenen Gnaden und Geschenke mit anderen teilen.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Alle Wissenschaften und Künste haben ein Gut zum Ziel, das größte aber die wichtigste von allen, die Staatswissenschaft: Ihr höchstes Gut ist die Gerechtigkeit; diese aber besteht in der Verwirklichung des Gemeinwohls.

Solidari täts­ prinzip

Natürliches Si t tengese tz

Der Schöpfer hat in unser Wesen selbst das „Naturgesetz“ eingeschrieben, das der Widerschein seines Schöpfungsplans in unserem Herzen ist, als Wegweiser und inneres Maß unseres Lebens. Benedikt X V I., 27.05.2006

Wenn Menschen das Gute tun und das Böse meiden sollen, muss die Gewissheit darüber, was gut und böse ist, in ihr Inneres eingeschrieben sein. In der Tat gibt es ein solches, dem Menschen gewissermaßen „natürliches“ Sittengesetz, das von jedem Menschen mit seiner Vernunft grundsätzlich erkannt werden kann. [1949–1960, 1975, 1978–1979] Das natürliche Sit tengesetz gilt für alle. Es sagt dem Menschen, welche grundlegenden Rechte und Pflichten er hat, und bildet so den eigentlichen Grund für das Zusammenleben in der Familie, der Gesellschaft und dem Staat. Weil die natürliche Erkenntnis durch die Sünde und menschliche Schwäche oft getrübt ist, braucht der Mensch die Hilfe Gottes und seine Offenbarung, um auf dem guten Weg zu bleiben.

336 Wie geht Jesus mit dem „Gesetz“ des Alten



Bundes um?

„Denkt nicht“, sagt Jesus in der Bergpredigt, „ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, um aufzuheben, sondern um zu erfüllen.“ (Mt 5,17) [1965–1972, 1977, 1983–1985] Jesus lebte als gläubiger Jude ganz in den ethischen Vorstellungen und Anforderungen seiner Zeit. Aber er wich in einer Reihe von Fragen von einer buchstabenorientierten, rein formalen Interpretation des Gesetzes ab.

334 Welche Beziehung besteht zwischen dem



„natürlichen Sittengesetz“ und dem Gesetz des Alten Bundes?

Das Gesetz des Alten Bundes bringt Wahrheiten zum Ausdruck, die der Vernunft von Natur aus einsichtig sind, jedoch nun als Gottesgesetz bekanntgemacht und beglaubigt werden. [1961–1963, 1981] 335 Welche Bedeutung hat das „Gesetz“ des Alten Bundes?

Im „Gesetz“ (der Thora) und in seinem Herzstück, den Zehn Geboten ( Dekalog), zeigt sich dem Volk Israel der Wille Gottes; die Befolgung der Thora ist für Israel der zentrale Weg zum Heil. Christen wissen, dass man durch das Gesetz erkennt, was zu tun ist. Sie wissen aber auch, dass es nicht das „Gesetz“ ist, das erlöst. [1963–1964, 1981–1982] Jeder Mensch macht die Erfahrung, dass man etwas Gutes gewissermaßen wie „vorgeschrieben“ findet. Aber man hat keine Kraft, es zu vollbringen, es ist zu schwer, man fühlt sich „ohnmächtig“ (vgl. Röm 8,3 und

337 Wie werden wir erlöst?

Kein Mensch kann sich selbst erlösen. Christen glauben, dass sie von Gott erlöst werden, der dazu seinen Sohn Jesus Christus in die Welt geschickt hat. Erlösung bedeutet für uns, dass wir durch den Heiligen Geist von der Macht der Sünde befreit sind und aus der Todeszone heraus wieder zu einem Leben ohne Ende, einem Leben im Angesicht Gottes, gefunden haben. [1987–1995, 2017–2020] Paulus stellt fest: „Alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren.“ (Röm 3,23) Die Sünde kann vor Gott, der durch und durch Gerechtigkeit und Güte ist, kein Sein haben. Wenn die Sünde nur für das Nichts würdig ist, was ist dann mit dem Sünder? In seiner Liebe hat Gott einen Weg gefunden, auf dem er die Sünde vernichtet, den Sünder aber rettet. Er macht ihn wieder „richtig“ – sprich: gerecht. Deshalb heißt Erlösung von alters her auch Rechtfertigung. Gerecht werden wir nicht aus eigener Kraft. Weder kann ein Mensch sich selbst die Sünde verzeihen, noch kann er sich selbst dem Tod entreißen. Dazu muss Gott an uns handeln, und zwar aus

Das Gesetz war eine Pädagogik und eine Weissagung zukünftiger Güter. Irenäus von Lyon

Gott hat auf die Gesetzestafeln das geschrieben, was die Menschen nicht in ihrem Herzen lasen. Augustinus

Amen, das sage ich euch: Bis Himmel und Erde vergehen, wird auch nicht der kleinste Buchstabe des Gesetzes vergehen, bevor nicht alles geschehen ist. Wer auch nur eines von den kleinsten Geboten aufhebt und die Menschen entsprechend lehrt, der wird im Himmelreich der Kleinste sein. Wer sie aber hält und halten lehrt, der wird groß sein im Himmelreich. Mt 5,18–19

186 187 [ I ] 2 . K apitel : D ie menschliche G emeinschaft

„In allen Kulturen gibt es besondere und vielfältige ethische Übereinstimmungen, die Ausdruck derselben menschlichen, vom Schöpfer gewollten Natur sind und die von der ethischen Weisheit der Menschheit Naturrecht genannt werden“ (Benedikt XVI., Caritas in Veritate).

Sittengesetz?

Röm 7,14–25). Man sieht das „Gesetz“ und fühlt sich wie ausgeliefert an die Sünde. So wird gerade durch das „Gesetz“ deutlich, wie dringend wir auf die innere Kraft zur Erfüllung des Gesetzes angewiesen sind. Darum bereitet das „Gesetz“, so gut und wichtig es ist, nur auf den Glauben an den rettenden Gott vor. 349

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

(von lat. in solidum = auf das Ganze hin): Prinzip der Katholischen Soziallehre, das auf die Verbundenheit der Menschen untereinander abzielt und auf eine „Zivilisation der Liebe“ (Johannes Paul II.) ausgerichtet ist.

333 Gibt es ein natürliches, für alle erkennbares

Rechtfert igung

Eph 2,8–9

Gott schenkt nie weniger als sich selbst. Augustinus

Alles ist Gnade. Thérèse von L isieux

338 Was ist Gnade?

Unter Gnade verstehen wir die freie, liebevolle Zuwendung Gottes zu uns, seine helfende Güte, die Lebenskraft, die von ihm kommt. Durch Kreuz und Auferstehung wendet sich uns Gott ganz zu und teilt sich uns in der Gnade mit. Gnade ist alles, was Gott uns schenkt, ohne dass wir es im Geringsten verdienen. [1996–1998, 2005, 2021] „Gnade“, sagt Papst Benedikt XVI., „ist Angeschautsein von Gott, unser Berührtwerden von seiner Liebe.“ Gnade ist keine Sache, sondern die Selbstmitteilung Gottes an den Menschen. Gott gibt nie weniger als sich selbst. In der Gnade sind wir in Gott. 339 Was macht die Gnade Gottes mit uns?

Die Gnade Gottes nimmt uns in das innere Leben des dreifaltigen Gottes hinein, in den Austausch der Liebe zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist. Sie macht uns fähig, in der Liebe Gottes zu leben und aus dieser Liebe heraus zu handeln. [1999–2000, 2003–2004, 2023–2024] Die Gnade ist von oben in uns eingesenkt und aus innerweltlichen Ursachen heraus nicht zu erklären (übernatürliche Gnade). Sie macht uns – vor allem durch die Taufe – zu Kindern Gottes und Erben des Himmels (heiligmachende oder vergöttlichende Gnade). Sie schenkt uns eine bleibende innere Neigung zum Guten (habituelle Gnade). Die Gnade hilft uns, alles zu erkennen, zu wollen und zu tun, was uns zum Guten, zu Gott und in den Himmel führt

(helfende Gnade). Gnade ereignet sich in besonderer Weise in den Sakr amenten, die nach dem Willen unseres Erlösers die herausgehobenen Orte der Begegnung mit Gott sind (sakramentale Gnade). Gnade zeigt sich auch in besonderen Gnadengaben, die einzelnen Christen geschenkt sind ( Charismen) oder in besonderen Kräften, die dem Stand der Ehe, dem Ordensstand und dem Geistlichen Stand verheißen sind (Standesgnade). 340 Wie verhält sich die Gnade Gottes zu unserer Freiheit?

Gottes Gnade kommt dem Menschen in Freiheit entgegen und sucht und fordert ihn in seiner ganzen Freiheit. Gnade zwingt nicht. Die Liebe Gottes will unsere freie Zustimmung. [2001–2002, 2022] Zum Angebot der Gnade kann man auch nein sagen. Die Gnade ist jedoch dem Menschen nichts Äußerliches oder Fremdes; sie ist das, was er sich in tiefster Freiheit eigentlich wünscht. Indem uns Gott durch seine Gnade bewegt, kommt er der freien Antwort des Menschen zuvor.

Was hast du, das du nicht empfangen hast? 1 Kor 4,7

Meine Vergangenheit kümmert mich nicht mehr. Sie gehört dem göttlichen Erbarmen. Meine Zukunft kümmert mich noch nicht. Sie gehört der göttlichen Vorsehung. Was mich kümmert und was mich fordert, ist das Heute, das gehört der Gnade Gottes und der Hingabe meines Herzens, meines guten Willens. Franz von Sales

188 189 [ I ] 2 . K apitel : D ie menschliche G emeinschaft

Denn aus Gnade seid ihr durch den Glauben gerettet, nicht aus eigener Kraft – Gott hat es geschenkt –, nicht aufgrund eurer Werke, damit keiner sich rühmen kann.

Barmherzigkeit, nicht etwa, weil wir es uns verdienen könnten. Gott schenkt uns in der Taufe „die Gerechtigkeit Gottes aus dem Glauben an Jesus Christus“ (Röm 3,22). Durch den Heiligen Geist, der in unsere Herzen ausgegossen ist, werden wir hineingenommen in das Sterben und Auferstehen Christi – wir sterben für die Sünde und werden zu neuem Leben in Gott geboren. Glaube, Hoffnung und Liebe ergreifen uns von Gott her und machen uns fähig, im Licht zu leben und dem Willen Gottes zu entsprechen.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

ist ein Zentralbegriff aus der „Lehre über die Gnade“. Er bedeutet die Wiederherstellung der richtigen Beziehung zwischen Gott und Mensch. Da nur Jesus Christus diese richtige Beziehung („Gerechtigkeit“) aktiviert hat, können wir allein dadurch wieder vor Gott kommen, dass wir durch Christus „gerechtfertigt“ werden und gewissermaßen in seine intakte Beziehung zu Gott eintreten. Glauben heißt also, die Gerechtigkeit Jesu für sich und sein Leben anzunehmen.

Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn; mir geschehe (fiat), wie du es gesagt hast. Lk 1,38

Charles de Foucauld

344 Warum äußert sich die Kirche eigentlich auch zu ethischen Fragen und zu Fragen der persönlichen Lebensführung?

342 Sollen wir alle „Heilige“ werden?

Ja. Der Sinn unseres Lebens ist es, uns in Liebe mit Gott zu vereinen, ganz Gottes Wünschen zu entsprechen. Wir sollen Gott erlauben, „sein Leben in uns zu leben“ (Mutter Teresa). Das bedeutet „heilig“ sein. [2012–2016, 2028–2029] Jeder Mensch stellt sich die Frage: Wer bin ich, und wozu bin ich da, wie komme ich zu mir selbst? Der Glaube antwortet: Erst in der Heiligkeit wird der Mensch das, wozu Gott ihn schuf. Erst in der Heiligkeit findet der Mensch zur wirklichen Harmonie mit sich selbst und seinem Schöpfer. Heiligkeit ist aber keine selbstgemachte Perfektion, sondern Vereinigung mit der menschgewordenen Liebe, die Christus ist. Wer so neues Leben gewinnt, der findet sich und wird heilig.

Thérèse von L isieux

dr i t t e s K api t el

Die Kirche Heiligkeit ist nicht der Luxus einiger weniger Menschen, sondern eine einfache Pflicht für dich und mich. Mutter Teresa

Glauben ist ein Weg. Wie man auf diesem Weg bleibt, wie man also richtig handelt und gut lebt, ergibt sich nicht nur aus den Weisungen des Evangeliums. Das Lehramt der Kirche muss die Menschen auch an die Forderungen des natürlichen Sittengesetzes erinnern. [2032–2040, 2049–2051] Es gibt keine doppelte Wahrheit. Was menschlich richtig ist, kann christlich nicht falsch sein. Und was christlich richtig ist, kann menschlich nicht falsch sein. Darum muss sich die Kirche zu sittlichen Fragen umfassend äußern. 345 Wie lauten die „Fünf Gebote der Kirche“?

1) Gottesdienstbesuch am Sonntag und an den gebotenen Feiertagen; Verzicht auf Arbeiten oder Tätigkeiten, welche den Charakter des Tages verletzen. 2) Wenigstens einmal im Jahr Empfang des Bußsakraments. 3) Wenigstens an Ostern Empfang der Eucharistie. 4) Einhaltung der Fast- und Abstinenztage (Aschermittwoch und Karfreitag). 5) Unterstützung der materiellen Erfordernisse der Kirche. [2042–2043]

343 Wie hilft uns die Kirche, ein gutes und



verantwortungsvolles Leben zu führen?

In der Kirche werden wir getauft. In der Kirche empfangen wir den Glauben, den die Kirche über die Jahrhunderte hinweg unverfälscht bewahrt hat. In der Kirche hören wir das lebendige Wort Gottes und erfahren, wie wir leben müssen, wenn wir Gott gefallen möchten. Durch die Sakramente, die Jesus seinen Jüngern anvertraut hat, baut uns die Kirche auf, stärkt und tröstet sie uns. In der Kirche brennt das Feuer

346 Wozu sind die Kirchengebote da, und welche



Verbindlichkeit haben sie?

Die „Fünf Gebote der Kirche“ wollen mit ihren Minimalanforderungen daran erinnern, dass es Christsein ohne sittliche Anstrengung, ohne konkrete Teilnahme am sakramentalen Leben der Kirche und ohne solidarische Verbindung mit ihr nicht gibt. Sie sind für jeden katholischen Christen verpflichtend. [2041, 2048]

Frère Roger Schutz

Heute noch gibt mir die Kirche Jesus. Das sagt alles. Was wüsste ich denn von ihm, welche Bindung bestünde zwischen ihm und mir ohne die Kirche? Henri K ardinal de Lubac (1896–1961, französischer Theologe)

„Sie wollen zum Glauben gelangen und kennen nicht den Weg dazu? Lernen Sie von denen, die früher wie Sie von Zweifeln geplagt wurden. Ahmen Sie deren Handlungsweise nach, tun Sie alles, was der Glaube verlangt, als wenn Sie schon gläubig wären. Besuchen Sie die Messe, gebrauchen Sie Weihwasser usw., das wird Sie zweifellos einfältig machen und zum Glauben führen.“ Blaise Pascal

190 191 [ I ] 2 . K apitel : D ie menschliche G emeinschaft

Der Herr verlangt von uns keine großen Taten, sondern nur Hingabe und Dankbarkeit. Er braucht unsere Werke nicht, sondern allein unsere Liebe.

Sosehr es die Gnade und der Glaube sind, durch die wir gerettet werden, so sehr soll sich doch an unseren guten Werken die Liebe zeigen, die Gottes Handeln an uns hervorbringt.

verdienen?

Christus lieben und die Kirche lieben, das ist eins.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Man wählt eine Berufung nicht selbst, man empfängt sie, und man muss sich anstrengen, sie zu erkennen. Man muss der Stimme Gottes sein Ohr leihen, um die Zeichen seines Willens zu erspähen. Und ist einmal sein Wille erkannt, so muss man ihn tun, wie immer er sei, koste es, was es wolle.

Nein. Kein Mensch kann sich den Himmel bloß aus eigener Kraft erarbeiten. Dass wir erlöst sind, ist reine Gnade Gottes, die dennoch die freie Mitwirkung des Menschen fordert. [2006–2011, 2025–2027]

der Heiligen, damit wir uns daran entzünden. In der Kirche wird die heilige Eucharistie gefeiert, in der sich die Hingabe und Kraft Christi so für uns erneuert, dass wir, mit ihm verbunden, sein Leib werden und aus seiner Kraft heraus leben. Trotz all ihrer menschlichen Schwächen: An der Kirche vorbei kann niemand Christ sein. [2030–2031, 2047]

341 Kann man sich durch gute Werke den Himmel

Doppelmoral

Die Welt ist voll von Leuten, die Wasser predigen und Wein trinken. Giovanni Guareschi (1908–1968, ital. Schriftsteller, „Don Camillo und Peppone“)

347 Warum ist „Doppelmoral“ ein so schwerwiegender



Vorwurf gegen Christen?

Die Übereinstimmung von Leben und Zeugnis ist die erste Voraussetzung der Verkündigung des Evangeliums. Doppelmoral ist daher ein Verrat am Auftrag der Christen, „Salz der Erde“ und „Licht der Welt“ zu sein. [2044–2046] Paulus war es, der die Gemeinde in Korinth erinnerte: „Unverkennbar seid ihr ein Brief Christi, … geschrieben nicht mit Tinte, sondern mit dem Geist des lebendigen Gottes, nicht auf Tafeln aus Stein, sondern – wie auf Tafeln – in Herzen von Fleisch.“ (2 Kor 3,3). Die Christen selbst, nicht das, was sie sagen, sind das „Empfehlungsschreiben“ (2 Kor 3,2) Christi an die Welt. Umso verheerender ist es, wenn es sogar Priester und Ordensleute gibt, die sich an Kindern vergreifen. Sie begehen nicht nur unsagbare Verbrechen an den Opfern. Sie nehmen vielen Menschen die Hoffnung auf Gott und löschen bei nicht wenigen das Licht des Glaubens. Zwe i t er Abschni t t

Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll auch euer ganzes Leben heilig werden. Denn es heißt in der Schrift: Seid heilig, denn ich bin heilig. 1 Petr 1,15–16

Christus will keine Bewunderer, sondern Nachfolger. SØren K ierkegaard

348 „Meister, was muss ich Gutes tun, um das ewige



Leben zu gewinnen“ (Mt 19,16)?

Jesus sagt: „Wenn du aber das Leben erlangen willst, halte die Gebote!“ (Mt 19,17); und er fügt dann hinzu: „Komm und folge mir nach!“ (Mt 19,21) [2052–2054, 2075–2076] Christsein ist mehr als ein korrektes Leben, das sich an Gebote hält. Christsein ist eine lebendige Beziehung zu Jesus. Ein Christ verbindet sich tief und persönlich mit seinem Herrn und macht sich mit ihm auf den Weg, der ins wahre Leben führt.

1. Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. 2. Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren. 3. Gedenke, dass du den Sabbat (Sonntag)heiligst. 4. Du sollst Vater und Mutter ehren. 5. Du sollst nicht morden. 6. Du sollst nicht die Ehe brechen. 7. Du sollst nicht stehlen. 8. Du sollst kein falsches Zeugnis geben über deinen Nächsten. 9. Du sollst nicht die Frau deines Nächsten begehren. 10. Du sollst nicht das Hab und Gut deines Nächsten begehren. 350 Sind die Zehn Gebote eine zufällige Zusammenstellung?

Nein. Die Zehn Gebote sind eine Einheit. Ein Gebot verweist auf das andere. Man kann nicht willkürlich einzelne Gebote herausbrechen. Wer gegen ein Gebot verstößt, verstößt gegen das ganze Gesetz. [2069, 2079] Das Besondere der „Zehn Gebote“ besteht darin, dass in ihnen das ganze Leben des Menschen erfasst wird. Wir Menschen sind nämlich zugleich auf Gott (Gebote 1–3) und auf unsere Mitmenschen (Gebote 4–10) bezogen; wir sind religiöse und soziale Wesen.

Die meisten Leute ahnen nicht, was Gott aus ihnen machen könnte, wenn sie sich ihm nur zur Verfügung stellen würden. Ignatius von Loyola

192 193

Die nebenstehende Form der „Zehn Gebote“ findet sich so nicht im Wortlaut der Heiligen Schrift; der Text bezieht sich vielmehr auf zwei biblische Quellen: Ex 20,2–17 und Dtn 5,6–21. Von alters her hat man beide Quellen lehrhaft zusammengefasst und die Zehn Gebote in der vorliegenden Form katechetischer Überlieferung den Gläubigen dargeboten.

[ I I ] D ie zehn gebote

Die Zehn Gebote

349 Wie lauten die „Zehn Gebote“?

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

meint eine öffentlich oder auch stillschweigend praktizierte Moral, die „mit zweierlei Maß“ misst. Nach außen hin vertritt der Mensch der Doppelmoral Ziele und Werthaltungen, die er privat nicht beachtet. „Meine Kinder, wir wollen nicht mit Wort und Zunge lieben, sondern in Tat und Wahrheit“ (1 Joh 3,18).

Dek alog

351 Sind die Zehn Gebote nicht überholt?

Nein, die Zehn Gebote sind keineswegs zeitbedingt. In ihnen sind immer und überall geltende, unveränderliche Grundpflichten des Menschen gegenüber Gott und dem Nächsten zum Ausdruck gebracht. [2070–2072] Die Zehn Gebote sind Gebote der Vernunft, wie sie auch Teil der verbindlichen Offenbarung Gottes sind. Sie sind so fundamental in ihrer Verbindlichkeit, dass sich niemand vom Halten dieser Gebote dispensieren kann. Er s t e s K api t el

Johannes Paul I I. auf dem Berg Sinai, 26.02.2002

Wir wollen lieben, weil er uns zuerst geliebt hat. 1 Joh 4,19

„Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken“

Da s er s t e Gebo t:

Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben. 352 Was bedeutet: „Ich bin der Herr, dein Gott“



(Ex 20,2)?

Weil der Allmächtige sich uns als unser Gott und Herr gezeigt hat, dürfen wir nichts über ihn stellen, nichts wichtiger nehmen und keiner anderen Sache oder Person Vorrang vor ihm einräumen. Gott erkennen, ihm dienen, ihn anbeten – das hat absolute Priorität im Leben. [2083–2094, 2133–2134] Gott erwartet, dass wir ihm unseren ganzen Glauben schenken; wir sollen unsere ganze Hoffnung auf ihn richten und alle Kräfte der Liebe auf ihn hinlenken. Das Gebot der Gottesliebe ist das wichtigste Gebot aller Gebote und der Schlüssel zu allen anderen. Daher steht es am Anfang der Zehn Gebote. 353 Warum beten wir Gott an?

Wir beten Gott an, weil es ihn gibt und weil Ehrfurcht und Anbetung die angemessene Antwort auf sein Erscheinen und seine Gegenwart sind. „Vor dem Herrn,

Die Anbetung Gottes dient aber auch dem Menschen, denn sie macht ihn frei vom Dienst an den Mächten dieser Welt. Wo Gott nicht mehr angebetet wird, wo er nicht mehr der Herr über Leben und Tod sein soll, schwingen sich andere dazu auf und setzen die Menschenwürde aufs Spiel. 485 354 Kann man Menschen zwingen, an Gott zu glauben?

Nein. Niemand darf andere, auch nicht die eigenen Kinder, zum Glauben zwingen, wie auch kein Mensch zum Unglauben gezwungen werden darf. Der Mensch kann sich nur in völliger Freiheit für den Glauben entscheiden. Christen sind aber berufen, durch Wort und Beispiel anderen Menschen zu helfen, den Weg zum Glauben zu finden. [2104–2109, 2137] Papst Johannes Paul II. sagt: „Verkündigung und Zeugnis für Christus verletzen die Freiheit nicht, wenn sie mit Achtung vor dem Gewissen erfolgen … Der Glaube verlangt die freie Zustimmung des Menschen, aber er muss angeboten werden.“ (Enzyklika Redemptoris Missio 1990, Nr. 8)

Wo Gott groß wird, wird der Mensch nicht klein: Da wird auch der Mensch groß, und die Welt wird hell. Benedikt X V I., 11.09.2006

Der Mensch kann nicht bestehen, ohne etwas anzubeten. Fjodor M. Dostojewski

Wir drängen unseren Glauben niemandem auf. Diese Art von Proselytismus ist dem Christlichen zuwider. Der Glaube kann nur in Freiheit geschehen. Aber die Freiheit der Menschen, die rufen wir an, sich für Gott aufzutun; ihn zu suchen; ihm Gehör zu schenken. Benedikt X V I., 10.09.2006

355 Was bedeutet „Du sollst keine anderen Götter



neben mir haben“?

Dieses Gebot verbietet uns: andere Götter und Götzen zu verehren oder ein irdisches Idol anzubeten oder sich einem irdischen Gut (Geld, Einfluss, Erfolg, Schönheit, Jugend usw.) ganz zu verschreiben abergläubisch zu sein, also statt an Gottes Macht, Führung und Segen zu glauben, esoterischen, magischen oder okkulten Praktiken anzuhängen oder sich mit Wahrsagerei oder Spiritismus zu befassen Gott in Worten oder Taten herauszufordern ein Sakrileg zu begehen geistliche Macht durch Korruption zu erwerben und das Heilige durch Handel zu entweihen (Simonie). [2110–2128, 2138–2140]

Prosely t ismus (von griech. proserchomai = hinzukommen) ist das Ausnützen der intellektuellen oder physischen Armut anderer, um sie in den eigenen Glauben herüberzuziehen.

194 195 [ I I ] 1 . K A pitel : D u sollst den H errn , D einen G ott, lieben

Die Zehn Gebote sind keineswegs willkürlich auferlegte Pflichten … Sie bewahren den Menschen vor der zerstörenden Macht des Egoismus, Hasses und der Verlogenheit. Sie zeigen ihm alle falschen Götter, die ihn zum Sklaven machen: Gott ausschließende Eigenliebe, Machtgier und Vergnügungssucht, die die Rechtsordnung umstürzen und unsere menschliche Würde und die unseres Nächsten erniedrigen.

deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen“ (Mt 4,10). [2095–2105, 2135–2136]

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

(„Zehn Worte“, von griech. deka = zehn und logos = Wort). Die Zehn Gebote sind die zentrale Zusammenfassung von Grundregeln des menschlichen Verhaltens im Alten Testament. Juden wie Christen orientieren sich an diesem fundamentalen Text.

Die irrationale Annahme, bestimmte Aussprüche, Handlungen, Geschehnisse und Gegenstände würden in sich magische Kräfte enthalten oder sie aus sich heraus entfalten.

Sakrileg (lat. sacrilegium = Tempelraub), der Raub, die Schändung oder Entweihung von etwas Heiligem.

357 Ist Atheismus immer eine Sünde gegen das Erste

Gebot? Atheismus ist dann keine Sünde, wenn ein Mensch von Gott nichts erfahren hat oder die Gottesfrage vor seinem Gewissen geprüft hat und nicht glauben kann. [2127–2128]

Gepriesen sei der Herr, der mich von mir selbst erlöst hat! Teresa von Ávila

(griech. esoterikos = der innere Kreis, das Innere, das, wozu man eine Einweihung braucht, um es zu verstehen): Seit dem 19. Jahrhundert gebräuchliche Sammelbezeichnung für spirituelle Lehren und Praktiken, in denen der Mensch zu einem angeblich „wahren Wissen“ geführt wird, das immer schon in ihm ist. Eine Offenbarung dagegen, in der sich Gott dem Menschen von außen zeigt, ist dem esoterischen Denken fremd.

Nein. Esoterik geht an der Wirklichkeit Gottes vorbei. Gott ist ein personales Wesen; er ist die Liebe und der Ursprung des Lebens, nicht kalte kosmische Energie. Der Mensch ist von Gott gewollt und geschaffen, aber er ist nicht selbst göttlich, sondern ein durch die Sünde verletztes, vom Tod bedrohtes, erlösungsbedürftiges Geschöpf. Während Esoteriker zumeist annehmen, der Mensch könne sich selbst erlösen, glauben Christen, dass nur Jesus Christus und die Gnade Gottes sie erlöst. Auch die Natur und der Kosmos sind nicht Gott ( Pantheismus). Vielmehr ist der Schöpfer, bei aller Liebe zu uns, unendlich viel größer und anders als alles, was er geschaffen hat. [2110–2128] Viele machen heute aus gesundheitlichen Gründen Yoga, sie nehmen an Meditationskursen teil ( Meditat ion), um still und gesammelt zu werden, oder sie belegen Tanzworkshops, um eine neue Körpererfahrung zu machen. Nicht immer sind diese Techniken harmlos. Manchmal sind sie Vehikel für eine dem Christentum fremde Lehre: die Esoterik. Kein vernünftiger Mensch

Die Grenze vom Nicht-glauben-Können zum Nicht-glauben-Wollen ist unscharf. Die Haltung, die den Glauben einfach als nicht wichtig abtut, ohne ihn näher geprüft zu haben, ist oft schlimmer als überlegter Atheismus. 5

(griech. pan = alles, theos = Gott): Weltanschauung, wonach nichts existiert außer Gott; ihr zufolge wäre alles, was ist, Gott; und Gott wäre alles, was ist. Diese Lehre ist mit dem christlichen Glauben nicht vereinbar.

Okkult ismus (lat. occultus = verdeckt, geheim; Geheimlehre, heute oft synonym gebraucht mit „Esoterik“): Sammelbezeichnung für Lehren und Praktiken, durch die der Mensch angeblich Macht über sein Schicksal, die Materie und seine Umgebung verliehen bekommt. Okkultistische Praktiken sind z.B. Pendeln, Gläserrücken, Astrologie und Hellsehen.

358 Warum verbietet das Alte Testament Gottesbilder,



und warum halten wir Christen uns heute nicht mehr daran?

Um das Geheimnis Gottes zu schützen und sich von heidnischen Kultbildern abzusetzen, bestimmte das Erste Gebot: „Du sollst dir kein Gottesbild machen.“ (Ex 20,4) Da Gott sich jedoch in Jesus Christus selbst ein menschliches Antlitz gegeben hat, wurde das Bilderverbot im Christentum aufgehoben; in der Ostkirche gelten Ikonen sogar als heilig. [2129–2132, 2141] Das Wissen der Väter Israels, dass Gott alles übersteigt ( Tr anszendenz) und viel größer ist als alles in der Welt, lebt heute noch im Judentum wie im Islam fort, wo es nach wie vor kein Bild von Gott geben darf. Im Christentum hat sich das Bilderverbot in Hinsicht auf Christus

atheismus (griech. theos = Gott): Auffassung von der Nichtexistenz Gottes. Allgemeiner Begriff für die vielfältigen theoretischen oder praktischen Leugnungsformen der Existenz Gottes.

196 197 [ I I ] 1 . K A pitel : D u sollst den H errn , D einen G ott, lieben

Esoterik

356 Ist die Esoterik mit dem christlichen Glauben zu vereinbaren?

Pantheismus

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

muss diese irrationale Weltsicht teilen, in der es von Geistern, Kobolden und (esoterischen) Engeln wimmelt, in der man an Zauberei glaubt und in der „Eingeweihte“ ein Geheimwissen haben, das dem „dummen Volk“ vorenthalten bleibt. Schon im alten Israel wurde der Götter- und Geisterglaube der umliegenden Völker enttarnt. Gott allein ist der Herr; es gibt keinen Gott außer ihm. Es gibt auch keine (Zauber-)Technik, mit der man „das Göttliche“ bannen, seine Wünsche dem Universum aufzwingen und sich selbst erlösen kann. Vieles an der Esoterik ist aus christlicher Sicht Aberglaube oder Okkult ismus.

Aberglaube

agnost izismus

ab dem vierten Jahrhundert gelockert und wurde auf dem Zweiten Konzil von Nizäa (787) abgeschafft. Durch seine Menschwerdung ist Gott nicht mehr der absolut Unvorstellbare; seit Jesus dürfen wir uns ein Bild von seinem Wesen machen: „Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9). 9

traut hat. Der Name ist ja der Schlüssel zum Herzen des Allmächtigen. Daher ist es ein schlimmes Vergehen, Gott zu lästern, im Namen Gottes zu fluchen oder in seinem Namen falsche Versprechen abzulegen. Das Zweite Gebot ist also auch ein Schutzgebot für das „Heilige“ überhaupt. Orte, Dinge, Namen und Menschen, die von Gott berührt wurden, sind „heilig“. Sensibilität für das Heilige nennt man Ehrfurcht. 31 360 Was bedeutet das Kreuzzeichen?

Durch das Kreuzzeichen stellen wir uns unter den Schutz des dreifaltigen Gottes. [2157, 2166] Transzendenz

Zu Beginn des Tages, zu Beginn eines Gebetes, aber auch zu Beginn wichtiger Unternehmungen stellt sich ein Christ unter das Zeichen des Kreuzes und fängt seine Sache damit im „Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes“ an. Die namentliche Anrufung des dreifaltigen Gottes, von dem wir von allen Seiten her umfangen sind, heiligt die Dinge, die wir unternehmen; sie schenkt uns Segen und stärkt uns in Schwierigkeiten und Versuchungen.

(von lat. transcendere = überschreiten): das über die sinnliche Erfahrung Hinausgehende; das Jenseitige.

Ikone

In Jesu Antlitz sehen wir wirklich, wer Gott ist und wie Gott ist! Benedikt X V I., Generalaudienz, 06.09.2006

361 Was bedeutet es für Christen, in der Taufe auf

Da s zwe i t e Gebo t:

Du sollst den Namen Gottes nicht verunehren! 359 Warum will Gott, dass wir seinen „Namen“ heilighalten?

Jemandem seinen Namen sagen ist ein Zeichen des Vertrauens. Da Gott uns seinen Namen gesagt hat, macht er sich kenntlich und gewährt uns über diesen Namen Zugang zu ihm. Gott ist ganz Wahrheit. Wer die Wahrheit selbst bei ihrem Namen anruft, sie aber zur Bezeugung einer Lüge verwendet, versündigt sich schwer. [2142–2149, 2150–2155, 2160–2162, 2163–2164] Den Namen Gottes darf man nicht unehrfürchtig aussprechen. Denn wir kennen ihn nur, weil er ihn uns anver-

einen bestimmten Namen getauft zu werden?

„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“ wird der Mensch auf einen Namen getauft. Name und Gesicht sind es, die den Menschen einzigartig machen, auch und zuletzt vor Gott. „Fürchte dich nicht, denn ich erlöse dich; ich habe dich beim Namen gerufen, du gehörst mir.“ (Jes 43,1) [2158] Christen gehen ehrfürchtig mit dem Namen eines Menschen um, weil der Name tief mit der Identität und Würde des Menschen verbunden ist. Von alters her suchen sich Christen für ihre Kinder einen Namen aus dem Verzeichnis der Heiligen; sie tun es im Glauben, dass ihnen der Namenspatron ein Vorbild ist und er besondere Fürbitte für sie bei Gott einlegt. 201

Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832, deutscher Dichter)

Der Name des Herrn sei gepriesen von nun an bis in Ewigkeit. Ps 113,2

Schämen wir uns nicht, den Gekreuzigten zu bekennen, besiegeln wir vertrauensvoll mit den Fingern die Stirn, machen wir das Kreuzzeichen auf alles, auf das Brot, das wir essen, über den Becher, den wir trinken! Machen wir es beim Kommen und beim Gehen, vor dem Schlafen, beim Niederlegen und Aufstehen, beim Gehen und Ruhen! HL. C yrill von Jerusalem

198 199 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst den H errn , D einen G ott, lieben

(von griech. Ikona = Bild): Eine Ikone ist ein Kultbild in der Ostkirche, das unter Gebet und Fasten nach ehrwürdigen Vorlagen gemalt wird und das eine mystische Verbindung zwischen dem Betrachter und dem Dargestellten (Christus, Engel, Heilige) herstellen soll.

Ehrfurcht ist der Angelpunkt der Welt.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

(griech. gnosis = Erkenntnis): Auffassung von der Nichterkennbarkeit Gottes. Allgemeiner Begriff für eine Position, welche die Gottesfrage offenlässt, weil sie nicht entscheidbar sei oder Gott nicht mit Sicherheit wahrgenommen werden könne.

Nie werde ich seinen Namen aus dem Buch des Lebens streichen, sondern ich werde mich vor meinem Vater und vor seinen Engeln zu ihm bekennen.

Gedenke des Sabbats! Halte ihn heilig … An ihm darfst du keine Arbeit tun: du, dein Sohn und deine Tochter, dein Sklave und deine Sklavin, dein Vieh und der Fremde, der in deinen Stadtbereichen Wohnrecht hat. Ex 20,8.10

Sabbat

362 Warum feiert man in Israel den Sabbat?

Der Sabbat ist für das Volk Israel das große Erinnerungszeichen an Gott, den Schöpfer und Befreier. [2168–2172, 2189] Der Sabbat erinnert zum einen an den siebten Schöpfungstag; da, heißt es von Gott, „ruhte er und atmete auf“ (Ex 31,17), gewissermaßen als Ermächtigung für alle Menschen, die Arbeit zu unterbrechen und neuen Atem zu schöpfen. Selbst die Knechte sollten den Sabbat begehen dürfen. Das erinnert an das andere große Erinnerungszeichen, die Befreiung Israels aus der Knechtschaft Ägyptens: „Denk daran, als du (selbst) in Ägypten Sklave warst …“ (Dtn 5,15). Der Sabbat ist also ein Fest der menschlichen Freiheit, am Sabbat kann man aufatmen, an ihm ist die Aufteilung der Welt in Herren und Knechte aufgehoben. Im traditionellen Judentum gilt dieser Tag der Freiheit und der Ruhe auch als eine Art Vorgeschmack auf die kommende Welt. 47 363 Wie geht Jesus mit dem Sabbat um?

Jesus achtet den Sabbat, geht aber gleichzeitig auf eine höchst souveräne und freie Weise mit ihm um: „Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat“ (Mk 2,27). [2173] Dass Jesus für sich in Anspruch nimmt, am Sabbat zu heilen und das Sabbatgebot barmherzig zu interpretieren, stellt seine jüdischen Zeitgenossen vor die Entscheidung: Entweder ist Jesus der von Gott gesandte Messias, dann ist er „Herr über den Sabbat“ (Mk 2,28) – oder er ist nur ein einfacher Mensch, dann ist sein Umgang mit dem Sabbat eine Sünde gegen das Gesetz.

364 Warum ersetzten die Christen den Sabbat durch



den Sonntag?

Die Christen haben die Feier des Sabbats durch die Feier des Sonntags abgelöst, weil Jesus Christus an einem Sonntag von den Toten auferstanden ist. Der „Tag des Herrn“ nimmt aber Elemente des Sabbats in sich auf. [2174–2176, 2190–2191] So hat der christliche Sonntag drei Wesenselemente: 1. Er erinnert an die Schöpfung der Welt und vermittelt den festlichen Glanz der Güte Gottes in die Zeit hinein; 2. Er erinnert an den „achten Schöpfungstag“, als die Welt in Christus neu wurde (so sagt eine Oration der Osternacht: „Du hast den Menschen wunderbar erschaffen und noch wunderbarer erlöst“); 3. Er greift das Motiv der Ruhe auf, nicht allein um die Unterbrechung der Arbeit zu heiligen, sondern um schon jetzt auf die ewige Ruhe des Menschen in Gott hinzuweisen. 365 Wie machen Christen den Sonntag zum „Tag des

Herrn“? Ein katholischer Christ besucht am Sonntag oder am Vorabend des Sonntags die Heilige Messe. Er unterlässt an diesem Tag alle Arbeiten, die ihn bei der Verehrung Gottes behindern und den Charakter des Festes, der Freude, der Ruhe und der Erholung stören. [2177–2186, 2192–2193] Da der Sonntag ein wöchentlich wiederkehrendes Osterfest ist, kommen Christen seit den ersten Zeiten an diesem Tag zusammen, um ihren Erlöser zu feiern, ihm zu danken und sich mit ihm und den anderen Erlösten neu zu vereinigen. So ist es ein zentrales Interesse jedes bewussten katholischen Christen, den Sonntag und die anderen kirchlichen Feste zu „heiligen“. Davon befreit ist man nur durch dringende familiäre Pflichten und wichtige gesellschaftliche Aufgaben. Weil die Teilnahme an der sonntäglichen Eucharist ie grundlegend ist für ein christliches Leben, erklärt es die Kirche ausdrücklich als schwere Sünde, der Sonntagsmesse ohne Not fernzubleiben. 219, 345

Hieronymus

Das ist der Unterschied zwischen Tier und Mensch, dass dieser auch ein Sonntagskleid hat. Martin Luther

Ohne den Sonntag können wir nicht leben. Die christlichen Märtyrer von Abitene, bevor sie 304 von Kaiser Diokletian hingerichtet wurden, weil sie sich seinem Verbot der Sonntagsfeier widersetzt hatten.

Früher hieß es: Gebt der Seele einen Sonntag! Jetzt heißt es: Gebt dem Sonntag eine Seele! Peter Rosegger (1843–1918, österr. Schriftsteller)

200 201 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst den H errn , D einen G ott, lieben

(hebr. etwa „Ruhepause“): Ruhetag der Juden in der Erinnerung an den siebten Schöpfungstag und den Exodus aus Ägypten. Er beginnt am Freitagabend und endet am Samstagabend. Im orthodoxen Judentum ist er mit einer Fülle von Regeln zur Wahrung der Sabbatruhe bedacht.

Du sollst den Tag des Herrn heiligen!

Wenn die Heiden ihn den Tag der Sonne nennen, bekennen auch wir das gerne, denn heute ist das Licht der Welt aufgegangen, heute ist die Sonne der Gerechtigkeit erschienen, deren Strahlen das Heil bringt.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Offb 3,5

Da s dr i t t e Gebo t:

Die Familie ist ein notwendiges Gut für die Völker, ein unverzichtbares Fundament für die Gesellschaft und ein großer Schatz für die Eheleute während ihres ganzen Lebens. Sie ist ein unersetzliches Gut für die Kinder, die Frucht der Liebe und der großherzigen Ganzhingabe der Eltern sein sollen.

366 Warum ist es wichtig, dass der Staat den Sonntag

schützt? Der Sonntag ist ein echter Dienst am Wohl der Gesellschaft, weil er ein Zeichen des Widerstands gegen die totale Vereinnahmung des Menschen durch die Arbeitswelt ist. [2188, 2192–2193] Christen fordern daher in christlich geprägten Ländern nicht nur den staatlichen Schutz des Sonntags ein, sie muten auch anderen die Arbeit nicht zu, die sie selbst am Sonntag nicht leisten wollen. Alle sollen teilhaben am „Aufatmen“ der Schöpfung.

Benedikt X V I., 08.07.2006

Zwe i t e s K api t el

„Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“

Robert Spaemann (*1927, deutscher Philosoph)

Da s V ier t e Gebo t:

Ex 20,12

Das Leben der Eltern ist das Buch, in dem die Kinder lesen. AUGUST INUS

Du sollst Vater und Mutter ehren! 367 Auf wen bezieht sich das Vierte Gebot, und was



fordert es von uns?

Das Vierte Gebot bezieht sich in erster Linie auf die leiblichen Eltern, aber auch auf die Menschen, denen wir unser Leben, unser Wohlergehen, unsere Sicherheit und unseren Glauben verdanken. [2196–2200, 2247–2248] Was wir in erster Linie unseren Eltern schulden, nämlich Liebe, Dank und Achtung, das soll auch unsere Beziehung zu Menschen regeln, die uns leiten und für uns da sind. Es gibt viele Menschen, die für uns eine von Gott geschenkte, natürliche und gute Autorität darstellen: Pflege- oder Stiefeltern, ältere Verwandte und Vorfahren, Erzieher, Lehrer, Arbeitgeber, Vorgesetzte. Ihnen sollen wir im Vierten Gebot gerecht werden. Dieses Gebot weist uns im weitesten Sinn sogar auf unsere bürgerlichen Pflichten gegenüber dem Staat hin. 325

368 Welche Stellung hat die Familie im



Tuberkulose und Krebs (sind) nicht die schlimmsten Krankheiten. Ich glaube, eine viel schlimmere Krankheit ist, ungewollt und ungeliebt zu sein.

202

Mutter Teresa

203

Schöpfungsplan Gottes?

Ein Mann und eine Frau, die miteinander verheiratet sind, bilden mit ihren Kindern eine Familie. Gott will, dass aus der Liebe der Eltern, soweit es möglich ist, Kinder hervorgehen. Die Kinder, die dem Schutz und der Sorge ihrer Eltern anvertraut sind, haben die gleiche Würde wie ihre Eltern. [2201–2206, 2249] Gott selbst ist in seiner Tiefe Gemeinschaft. Im menschlichen Bereich ist die Familie das Urbild der Gemeinschaft. Die Familie ist eine einzigartige Schule beziehungsvollen Lebens. Kinder wachsen nirgends besser auf als in einer intakten Familie, in der herzliche Zuneigung, wechselseitige Achtung und gegenseitige Verantwortung gelebt werden. Schließlich wächst in der Familie auch der Glaube; die Familie ist, so sagt es die Kirche, eine Kirche im Kleinen, eine „Hauskirche“, deren Strahlkraft andere in die Gemeinschaft des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung einladen soll. 271

Nur der Fels der totalen und unwiderruflichen Liebe zwischen Mann und Frau ist imstande, die Grundlage für den Aufbau einer Gesellschaft zu sein, die für alle Menschen ein Zuhause wird. Benedikt X V I., 11.05.2006

[ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du lange lebst in dem Land, das der Herr, dein Gott, dir gibt.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Was kostet uns der Sonntag? Die Frage selbst ist schon der entscheidende Anschlag auf den Sonntag. Der Sonntag ist nämlich gerade dadurch Sonntag, dass er nichts kostet und im ökonomischen Sinne nichts bringt. Die Frage, was sein Schutz als arbeitsfreier Tag kostet, setzt nämlich voraus, dass wir gedanklich den Sonntag bereits in einen Arbeitstag verwandelt haben.

Jedes Kind stammt von einem Vater und einer Mutter ab und verlangt nach der Wärme und Sicherheit einer Familie, um geborgen und glücklich aufzuwachsen. [2207–2208] Eine Familie, die zusammen betet, bleibt zusammen. Mutter Teresa

Die Jüngeren sollen also die Älteren ehren, die Älteren die Jüngeren lieben. Benedikt von Nursia

Lü Bu We (um 300–236 v. Chr., chinesischer Philosoph)

Ehre deinen Vater von ganzem Herzen, vergiss niemals die Schmerzen deiner Mutter! … Wie kannst du ihnen vergelten, was sie für dich taten? Sir 7,27-28

Mk 10,13–14

370 Warum muss der Staat die Familien schützen und

fördern? Das Wohl und die Zukunft eines Staates hängen davon ab, dass die kleinste Einheit in ihm, die Familie, leben und sich entfalten kann. [2209–2213, 2250]

Daran liegt das Beglückende an Kindern, dass mit jedem von ihnen alle Dinge neu geschaffen werden und dass das Weltall wieder auf die Probe gestellt wird.

Kein Staat hat das Recht, in die gesellschaftliche Urzelle, die Familie, hineinzuregieren und ihr das Daseinsrecht abzusprechen. Kein Staat hat das Recht, Familie anders zu definieren, als es ihrem Schöpfungsauftrag entspricht. Kein Staat hat das Recht, die Familie ihrer Grundfunktionen, insbesondere im Bereich der Erziehung, zu berauben. Vielmehr hat jeder Staat die Pflicht, die Familien helfend zu unterstützen und sie in ihren materiellen Bedürfnissen zu sichern. 323

G. K. Chesterton

Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel.

371 Wie achtet ein Kind seine Eltern?

Ein Kind achtet und ehrt seine Eltern, indem es ihnen Liebe und Dankbarkeit entgegenbringt. 2214–2220, 2251 Kinder sollen ihren Eltern allein schon aus dem Grund dankbar sein, weil sie ihr Leben durch die Liebe ihrer Eltern empfangen haben. Diese Dankbarkeit stiftet eine lebenslange Beziehung der Liebe, der Achtung, der Verantwortung und des recht verstandenen Gehorsams. Besonders in der Not, in Krankheit und im Alter sollen Kinder liebevoll und treu sorgend für ihre Eltern da sein.

Johann Wolfgang von Goethe

372 Wie achten Eltern ihre Kinder?

Gott hat den Eltern Kinder anvertraut, damit sie diesen Kindern stabile, gerechte Vorbilder sind, sie lieben, sie achten und alles tun, damit sich die Kinder körperlich und geistig entwickeln können. [2221–2231] Kinder sind ein Geschenk Gottes und nicht das Eigentum der Eltern. Bevor sie Kinder ihrer Eltern sind, sind sie Kinder Gottes. Die vornehmste Pflicht der Eltern ist es, ihren Kindern die Frohe Botschaft zu schenken und ihnen den christlichen Glauben zu vermitteln. 374

Ihr Väter, schüchtert eure Kinder nicht ein, damit sie nicht mutlos werden. Kol 3,21

204 205 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Wenn die Familie in Ordnung ist, wird der Staat in Ordnung sein; wenn der Staat in Ordnung ist, wird die große Gemeinschaft der Menschen in Frieden leben.

Die Familie ist die Urzelle der menschlichen Gesellschaft. Die Werte und Prinzipien, die im kleinen Bereich der Familie gelebt werden, ermöglichen erst solidarisches gesellschaftliches Leben im Großen. 516

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Da brachte man Kinder zu ihm, damit er ihnen die Hände auflegte. Die Jünger aber wiesen die Leute schroff ab. Als Jesus das sah, wurde er unwillig und sagte zu ihnen: Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran! Denn Menschen wie ihnen gehört das Reich Gottes.

369 Warum sind Familien unersetzlich?

Röm 12,10–11

Euch aber lasse der Herr wachsen und reich werden in der Liebe zueinander und zu allen, wie auch wir euch lieben, damit euer Herz gefestigt wird und ihr ohne Tadel seid, geheiligt vor Gott, unserem Vater, wenn Jesus, unser Herr, mit allen seinen Heiligen kommt.

leben? Eine christliche Familie soll eine Kirche im Kleinen sein. Alle christlichen Familienmitglieder sind eingeladen, sich gegenseitig im Glauben zu stärken und einander durch den Eifer für Gott zu übertreffen. Sie sollen für- und miteinander beten und gemeinsame Werke der Nächstenliebe vollbringen. [2226–2227] Die Eltern treten mit ihrem Glauben für ihre Kinder ein, lassen sie taufen und dienen ihnen, indem sie Vorbilder im Glauben sind. Das bedeutet, die Eltern sollen für die Kinder erfahrbar machen, wie wertvoll und wohltuend es ist, in der Gegenwart und Nähe des liebenden Gottes zu leben. Irgendwann allerdings werden auch die Eltern vom Glauben ihrer Kinder lernen und darauf hören, wie Gott durch sie spricht, weil der Glaube junger Menschen oft von größerer Hingabe geprägt ist und „weil der Herr oft einem Jüngeren offenbart, was das Bessere ist“ (Benedikt von Nursia, Regula, Kap. 3,3). 374 Warum ist Gott wichtiger als die Familie?

Ohne Beziehung kann der Mensch nicht leben. Die wichtigste Beziehung des Menschen ist die zu Gott. Sie hat den Vorrang vor allen menschlichen Beziehungen, auch der Familienbeziehung. [2232–2233] Kinder gehören nicht ihren Eltern und Eltern nicht ihren Kindern. Jeder Mensch gehört unmittelbar Gott. Nur an Gott ist der Mensch absolut und immer gebunden. So versteht man auch das Wort Jesu an die Berufenen: „Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig.“ (Mt 10,37) Daher sollen Eltern ihre Kinder voll Vertrauen in die Hände Gottes geben, wenn der Herr sie zu einem Leben der Hingabe in einer Ordensgemeinschaft oder als Priester ruft. 145 375 Wie wird Autorität richtig ausgeübt?

Autorität wird richtig ausgeübt, wenn sie nach dem Beispiel Jesu als Dienst verstanden wird. Sie darf niemals willkürlich sein. [2234–2237, 2254]

Wie man Autorität ausüben soll, hat uns Jesus ein für alle Mal gezeigt. Er, die größte Autorität, diente und stellte sich auf den letzten Platz. Jesus wusch seinen Jüngern sogar die Füße (Joh 13,1-20). Eltern, Lehrern, Erziehern und Vorgesetzten ist ihre Autorität von Gott gegeben, nicht um die ihnen Anvertrauten zu beherrschen, sondern damit sie ihre Aufgabe der Leitung und Erziehung als Dienst verstehen und ausüben. 325 376 Welche Pflichten haben Bürger gegenüber dem

Wer bei euch der Erste sein will, soll euer Sklave sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele. Mt 20,27–28

Staat? Jeder Bürger hat die Pflicht, mit den staatlichen Organen loyal zusammenzuarbeiten und in Wahrheit, Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität zum Gemeinwohl beizutragen. [2238–2246] Auch ein Christ soll seine Heimat lieben, sie in der Not auf unterschiedliche Weise verteidigen und sich gerne in den Dienst staatlicher Einrichtungen stellen. Er soll das aktive und passive Wahlrecht ausüben und sich gerechter Steuerpflicht nicht entziehen. Dennoch bleibt der einzelne Bürger im Staat ein freies, mit elementaren Grundrechten versehenes Wesen; er hat das Recht zu konstruktiver Kritik am Staat und seinen Organen. Der Staat ist für die Menschen da, nicht der Mensch für den Staat. 377 Wann muss man dem Staat die Gefolgschaft verweigern?

Niemand darf Anordnungen von staatlicher Seite befolgen, die gegen die Gesetze Gottes verstoßen. [2242–2246, 2256–2257] Der Apostel Petrus war es, der zu einem nur relativen Gehorsam dem Staat gegenüber aufgerufen hat: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen“ (Apg 5,29). Sollte ein Staat etwa rassistische, sexistische oder lebenzerstörende Regeln aufstellen und Maßnahmen treffen, so ist ein Christ im Gewissen verpflichtet, den Gehorsam zu verweigern, sich der Beteiligung zu entziehen und Widerstand zu leisten. 379

Der Geburt nach bin ich Albanerin, der Staatsangehörigkeit nach Inderin; ich bin eine katholische Schwester. Durch meine Mission gehöre ich der ganzen Welt, aber mein Herz gehört nur Jesus. Mutter Teresa

206 207

So gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört! Mt 22,21

[ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

1 Thess 3,12–13

373 Wie soll eine Familie miteinander den Glauben

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Seid einander in brüderlicher Liebe zugetan, übertrefft euch in gegenseitiger Achtung! Lasst nicht nach in eurem Eifer, lasst euch vom Geist entflammen und dient dem Herrn!

Mt 5,21–22

Du sollst nicht morden! 378 Warum darf man weder sich selbst noch anderen



das Leben nehmen?

Gott allein ist Herr über Leben und Tod. Außer im Fall von Notwehr und Nothilfe darf kein Mensch einen Menschen töten. [2258–2262, 2318–2320] Das Leben anzutasten ist ein Frevel gegenüber Gott. Menschliches Leben ist heilig; das heißt: Es gehört Gott, ist sein Eigentum. Sogar unser eigenes Leben ist uns nur anvertraut. Gott selbst hat uns das Leben geschenkt; nur er darf es uns wieder nehmen. Im Buch Exodus heißt es wörtlich übersetzt: „Du sollst nicht morden!“ (Ex 20,13)

379 Welche Eingriffe sind durch das Tötungsverbot

untersagt? Untersagt sind der Mord und die Beihilfe zum Mord. Untersagt ist das Morden im Krieg. Untersagt ist die Abtreibung eines Menschen von der Empfängnis an. Untersagt ist die Selbsttötung und die Selbstverstümmelung oder Selbstzerstörung. Untersagt ist auch die Euthanasie, also das Töten von behinderten, kranken und sterbenden Menschen. [2268–2283, 2322–2325] Heute wird das Tötungsverbot häufig durch scheinbar humane Argumente unterlaufen. Aber weder Euthanasie noch Abtreibung sind humane Lösungen. Deshalb ist die Kirche in solchen Fragen von letzter Klarheit. Wer immer sich an einer Abtreibung beteiligt, einen anderen Menschen dazu nötigt oder ihm auch nur dazu rät, ist – wie auch bei anderen Vergehen gegen das Leben – automatisch exkommuniziert. Wenn sich ein psychisch kranker Mensch selbst tötet, ist die Verantwortlichkeit dafür nicht selten eingeschränkt und sehr häufig sogar ganz aufgehoben. 288

380 Warum darf man im Fall von Notwehr doch eine



Tötung des anderen in Kauf nehmen?

Wer das Leben anderer aktuell angreift, darf und soll gestoppt werden, notfalls indem der Angreifer selbst getötet wird. [2263–2265, 2321] Die Notwehr ist nicht nur ein Recht; sie kann für den, der für das Leben anderer Verantwortung trägt, sogar zur Pflicht werden. Die Notwehrmaßnahme darf sich dennoch nicht in ihren Mitteln vergreifen und unangemessen hart sein. 381 Warum ist die Kirche gegen die Todesstrafe?

Die Kirche engagiert sich gegen die Strafe durch Tod, weil sie „sowohl grausam als auch unnötig ist“ (Johannes Paul II., St. Louis, 27.01.99). [2266–2267] Jeder rechtmäßige Staat hat grundsätzlich auch das Recht, angemessen zu strafen. In Evangelium Vitae (1995) sagt der Papst zwar nicht, dass die Anwendung der Todesstrafe eine in jeder Hinsicht unannehmbare und unrechtmäßige Strafe ist. Einem Verbrecher das Leben zu nehmen ist eine extreme Maßnahme, zu der ein Staat nur „in Fällen absoluter Notwendigkeit“ greifen darf. Diese Notwendigkeit besteht, wenn man die menschliche Gesellschaft nicht anders schützen kann als durch die Tötung des Schuldigen. Aber diese Fälle, sagt Johannes Paul II.., „sind sehr selten, wenn nicht praktisch inexistent“. 382 Ist Sterbehilfe erlaubt?

Das aktive Herbeiführen des Todes verstößt immer gegen das Gebot „Du sollst nicht morden“ (Ex 20,13). Einem Menschen dagegen im Sterbeprozess beizustehen, ist sogar ein Gebot der Humanität. [2278–2279] Die Begriffe aktive Sterbehilfe und passive Sterbehilfe verunklaren oft die Debatte. Eigentlich geht es darum, ob man einen sterbenden Menschen tötet oder ihn sterben lässt. Wer im Sinn der sogenannten aktiven Sterbehilfe Menschen zum Sterben hilft, verstößt gegen das Fünfte Gebot, wer im Sinne der sogenannten passiven

Entscheidend ist jedoch zu erkennen, dass die Haltung gegenüber den unheilbaren Kranken der winzige Auslöser war, der diesen totalen Gesinnungswandel zur Folge hatte. Leo Alexander (1905-1985, jüdisch-amerik. Arzt) über die Euthanasieverbrechen der Nazis

Eine vom Staat verhängte Strafe muss vier Bedingungen erfüllen, um angemessen und gerecht zu sein: 1. Das Vergehen soll eine Wiedergutmachung erfahren. 2. Der Staat möchte damit die öffentliche Ordnung wiederherstellen und für die Sicherheit seiner Bürger sorgen. 3. Die Strafe soll den Schuldigen bessern. 4. Die Strafe entspricht der Schwere der Straftat.

Nicht durch die Hand eines anderen sollen die Menschen sterben, sondern an der Hand eines anderen. Horst Köhler, ehem. dt. Bundespräsident

208 209 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Am Anfang standen zunächst feine Akzentverschiebungen in der Grundhaltung. Es begann mit der Auffassung, die für die Euthanasiebewegung grundlegend ist, dass es Zustände gibt, die als nicht mehr lebenswert zu betrachten sind. In ihrem Frühstadium betraf diese Haltung nur die schwer chronisch Kranken: Nach und nach wurde der Bereich jener, die unter diese Kategorie fielen, erweitert, und auch die sozial Unproduktiven, die ideologisch Unerwünschten, die rassisch Unerwünschten wurden dazugerechnet.

Da s fünf t e Gebo t:

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch: Jeder, der seinem Bruder auch nur zürnt, soll dem Gericht verfallen sein.

Robert Spaemann

Phil Bosmans (*1922, belg. Priester)

Die Christen … heiraten und bekommen Kinder wie andere auch, aber sie setzen Neugeborene nicht aus. Diognetbrief, 3. Jh.

Abtreibung und Tötung des Kindes sind verabscheuungswürdige Verbrechen. Zweites Vatikanisches Konzil, GS

383 Warum ist Abtreibung in keiner Entwicklungs-



phase eines Embryos hinnehmbar?

Das von Gott geschenkte Leben ist Gottes direktes Eigentum; es ist vom ersten Augenblick an heilig und jedem menschlichen Zugriff entzogen. „Noch ehe ich dich im Mutterleib formte, habe ich dich ausersehen, noch ehe du aus dem Mutterschoß hervorkamst, habe ich dich geheiligt“ (Jer 1,5). [2270–2274, 2322] Gott allein ist der Herr über Leben und Tod. Nicht einmal „mein“ Leben gehört mir. Jedes Kind hat von der Empfängnis an ein Recht auf Leben. Von allem Anfang an ist der ungeborene Mensch eine eigene Person, in deren Rechtskreis niemand von außen eindringen darf, nicht der Staat, kein Arzt, auch nicht die Mutter. Die Klarheit der Kirche ist kein Mangel an Barmherzigkeit; sie möchte vielmehr auf den nicht wiedergutzumachenden Schaden hinweisen, der dem unschuldig getöteten Kind, seinen Eltern und der ganzen Gesellschaft angetan wird. Unschuldiges Leben zu schützen gehört zu den vornehmsten Aufgaben des Staates. Entzieht sich ein Staat dieser Aufgabe, untergräbt er selbst die Grundmauern des Rechtsstaates. 237, 379 384 Darf man ein behindertes Kind abtreiben?

Nein. Ein behindertes Kind abzutreiben ist immer ein schweres Verbrechen, selbst wenn es aus dem Motiv heraus geschieht, diesem Menschen späteres Leid zu ersparen. 280 385 Darf man an lebenden Embryonen und



embryonalen Stammzellen forschen?

Nein. Embryonen sind Menschen, weil menschliches Leben mit der Verschmelzung von Samen und Eizelle beginnt. [2275, 2323] Embryonen als biologisches Material zu betrachten, sie „herzustellen“ und ihre Stammzellen dann zu Forschungszwecken zu „verbrauchen“, ist absolut unmoralisch und fällt unter das Tötungsverbot. Anders zu beurteilen sind Forschungen an adulten Stammzellen, da sie nicht zu Menschen heranwachsen können.

Alles, was man über Abtreibung wissen muss, steht im Fünften Gebot. Christoph K ardinal Schönborn

Du sollst … nicht abtreiben noch ein Neugeborenes töten. Zwölfapostellehre (2,2), 3. Jh.

Gott, gib uns den Mut, jedes ungeborene Leben zu schützen. Denn das Kind ist das größte Geschenk Gottes für die Familie, für ein Volk und für die Welt. Mutter Teresa bei der Verleihung des Friedensnobelpreises 1979

Die absehbare Behinderung eines Kindes [darf] kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch sein …, weil auch das behinderte Leben ebenso wertvoll und von Gott bejaht ist und weil es auf dieser Erde niemals und für niemanden eine Garantie auf ein Leben ohne körperliche, seelische oder geistige Einschränkungen geben kann. Benedikt X V I., 28.09.2006

210 211 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Wenn ein Mensch nicht mehr im Mutterschoß sicher ist, wo ist er dann in dieser Welt noch sicher?

Sterbehilfe einem Menschen im Sterben hilft, gehorcht dem Gebot der Nächstenliebe. Gemeint ist damit, dass man, den sicheren Tod eines Patienten vor Augen, auf außerordentliche, aufwendige, in keinem Verhältnis zum Ergebnis stehende medizinische Maßnahmen verzichtet. Die Entscheidung dazu muss der Patient selbst fällen bzw. vorher in einer Verfügung festlegen. Sofern er dazu nicht mehr imstande ist, muss ein Bevollmächtigter dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Sterbenden gerecht werden. Die Pflege eines Sterbenden darf niemals aufgegeben werden; sie ist ein Gebot der Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Dabei kann es legitim sein und der Menschenwürde entsprechen, schmerzlindernde Medikamente einzusetzen, selbst auf die Gefahr hin, dass dadurch das Leben des Patienten abgekürzt wird. Entscheidend ist, dass durch solche Mittel der Tod weder als Ziel noch als Mittel angestrebt wird. 393

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Die Hospizbewegung, nicht die Euthanasiebewegung, ist die menschenwürdige Antwort auf unsere Situation. Die Kräfte der Phantasie und der Solidarität werden angesichts der gigantischen Probleme, die auf uns zukommen, nur mobilisiert werden, wenn der billige Ausweg unerbittlich verriegelt bleibt. Wo Sterben nicht als Teil des Lebens verstanden und kultiviert wird, da beginnt die Zivilisation des Todes.

Medizinische Eingriffe an einem Embryo sind nur dann zu verantworten, wenn sie in heilender Absicht geschehen, dabei das Leben und die unversehrte Entwicklung des Kindes garantiert ist und das Risiko des Eingriffs nicht unverhältnismäßig hoch ist. 292

Mt 18,6



Hast du dich selbst lieb, so hast du alle Menschen lieb wie dich selbst. Solange du einen einzigen Menschen weniger liebhast als dich selbst, so hast du dich selbst nie wahrhaft liebgewonnen. Meister Eckhart

körperliche und seelische Integrität eines Menschen?

Das Lebensrecht und die Würde eines Menschen sind eine Einheit; sie sind untrennbar miteinander verbunden. Man kann einen Menschen auch seelisch in den Tod treiben. [2284–2287, 2326] Das Gebot „Du sollst nicht morden“ (Ex 20,13) bezieht sich sowohl auf die seelische als auch auf die körperliche Unversehrtheit. Jede Verführung und Verleitung zum Bösen, jede Gewaltanwendung ist schwere Sünde, besonders dann, wenn es in einem Verhältnis der Abhängigkeit geschieht. Besonders schlimm ist das Vergehen, wenn eine Abhängigkeit von Erwachsenen und Kindern vorliegt. Gemeint ist nicht nur der sexuelle Missbrauch, sondern auch die geistige Verführung durch Eltern, Priester, Lehrer oder Erzieher, das Abbringen von Werten etc.

Teresa von Ávila

387 Wie gehen wir mit unserem Körper um? Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst. 1 Kor 6,19

Das Fünfte Gebot untersagt auch die Gewaltanwendung gegen den eigenen Körper. Jesus fordert uns ausdrücklich auf, uns selbst anzunehmen und zu lieben: „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ (Mt 22,39) Selbstzerstörerische Akte gegen den eigenen Körper („Ritzen“ etc.) sind in den meisten Fällen psychische Reaktionen auf Erfahrungen der Verlassenheit und mangelnden Liebe; sie fordern daher in erster Linie unsere ganze Liebe zu solchen Menschen heraus. Im Rahmen der Zuwendung muss jedoch auch deutlich werden, dass es kein menschliches Recht gibt, den von Gott geschenkten eigenen Leib zu zerstören. 379

Gesundheit ist ein wichtiger, jedoch kein absoluter Wert. Wir sollen mit dem von Gott geschenkten Leib dankbar und sorgsam umgehen, aber keinen Körperkult betreiben. [2288–2290] Die angemessene Sorge für die Gesundheit gehört zu den Grundpflichten des Staates, der Existenzbedingungen schaffen muss, unter denen hinreichende Nahrung, saubere Wohnungen und eine medizinische Grundversorgung garantiert sind. 389 Warum ist es Sünde, Drogen zu nehmen?

Der Genuss von Drogen ist darum Sünde, weil er ein Akt der Selbstzerstörung und damit ein Verstoß gegen das Leben ist, das Gott uns aus Liebe geschenkt hat. [2290–2291] Jede Abhängigkeit eines Menschen von legalen (Alkohol, Medikamente, Tabak) und in verstärktem Maß noch von illegalen Drogen ist ein Tausch von Freiheit gegen Sklaverei; sie schädigt Gesundheit und Leben des Betroffenen und fügt auch Mitmenschen schweren Schaden zu. Alles Sichverlieren und Sichvergessen des Menschen im Rausch, wozu auch exzessives Essen und Trinken, das Sichausliefern an seine Sexualität oder das Rasen mit dem Auto gehören können, ist ein Verlust an menschlicher Würde und Freiheit und darum eine Sünde gegen Gott. Davon zu unterscheiden ist der vernünftige, bewusste und mäßige Umgang mit Genussmitteln. 286 390 Darf man am lebenden Menschen forschen?

Wissenschaftliche, psychologische oder medizinische Experimente am lebenden Menschen sind nur dann erlaubt, wenn die Ergebnisse, die erwartet werden können, für das menschliche Wohl wichtig sind und wenn sie anders nicht erlangt werden können. Alles muss jedoch mit freier Zustimmung der Betroffenen geschehen. [2292–2295]

Ihr Gott (ist) der Bauch; ihr Ruhm besteht in ihrer Schande; Irdisches haben sie im Sinn. Phil 3,19

212 213 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Gott liebt uns weit mehr, als wir selber uns lieben.

386 Warum schützt das Fünfte Gebot auch die

388 Wie wichtig ist Gesundheit?

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Wer einen von diesen Kleinen, die an mich glauben, zum Bösen verführt, für den wäre es besser, wenn er mit einem Mühlstein um den Hals im tiefen Meer versenkt würde.

Oft haben die Christen das Evangelium verleugnet und der Logik der Gewalt nachgegeben. Die Rechte von Stämmen und Völkern haben sie verletzt, deren Kulturen und religiöse Traditionen verachtet: Erweise uns deine Geduld und dein Erbarmen! Vergib uns! Johannes Paul I I., Schuldbekenntnis der Kirche im Jahr 2000

bei? Christen lassen einen sterbenden Menschen nicht allein. Sie helfen ihm, dass er in gläubigem Vertrauen, in Würde und Frieden sterben kann. Sie beten mit ihm und tragen Sorge, dass ihm zur rechten Zeit die Sakramente gespendet werden. [2299]

Es muss sicher sein, dass der Spender zu Lebzeiten seine freie und bewusste Zustimmung gegeben hat und er zum Zweck der Organentnahme nicht getötet wird. Es gibt die Lebendspende, z.B. bei Knochenmarkstransplantation oder bei der Spende einer Niere. Die Organspende aus einer Leiche setzt eine sichere Todesfeststellung und die Zustimmung des Spenders zu Lebzeiten, oder seines Vertreters, voraus. 392 Wodurch wird das Recht auf körperliche



Unversehrtheit des Menschen verletzt?

Das Recht wird verletzt durch Gewaltanwendung, Entführung und Geiselnahme, Terrorismus, Folter, Vergewaltigung, gewaltsame Sterilisation sowie durch Amputation und Verstümmelung. [2297–2298] Diese fundamentalen Verstöße gegen die Gerechtigkeit, die Liebe und die Menschenwürde sind auch dann nicht gerechtfertigt, wenn sie durch staatliche Autorität gedeckt sind. Im Bewusstsein der historischen Schuld auch von Christen kämpft die Kirche heute gegen jede körperliche und psychische Gewaltanwendung, insbesondere gegen die Folter.

Gabriel Marcel (1889–1973, französischer Philosoph)

Entwicklung – der neue Name für Frieden. Paul V I., Populorum Progressio

Der Geburtstag des Herrn ist der Geburtstag des Friedens.

391 Warum sind Organspenden wichtig?

Organspenden können Leben verlängern oder Lebensqualität erhöhen, deswegen sind sie ein echter Dienst am Nächsten, sofern Menschen nicht dazu gezwungen werden. [2296]

Einen Menschen lieben heißt sagen: Du wirst nicht sterben.

Papst Leo der GroSSe

394 Wie gehen Christen mit dem Leichnam eines



Verstorbenen um?

Christen gehen ehrfürchtig und liebevoll mit dem Leichnam eines Verstorbenen um, im Bewusstsein, dass Gott ihn zur Auferstehung des Leibes berufen hat. [2300–2301] Es gehört zur christlichen Kultur des Todes, dass ein Verstorbener würdevoll in der Erde bestattet wird und man das Grab schmückt und pflegt. Heute akzeptiert die Kirche auch andere Formen der Bestattung (etwa eine Feuerbestattung), sofern sie nicht als Zeichen gegen den Glauben an die Auferstehung des Leibes gedeutet werden.

Ich erfahre, dass jedes Mal wenn Menschen sich bemühen, das Evangelium so zu leben, wie Jesus es uns lehrt, sich alles zu verändern beginnt: alle Aggressivität, alle Angst und Traurigkeit machen dann dem Frieden und der Freude Platz. Der belgische König Baudouin (1930-1993)

Selig, die Frieden stiften.

395 Was ist Frieden?

Frieden ist die Folge von Gerechtigkeit und das Zeichen verwirklichter Liebe. Wo Frieden ist, da kann „jedes Geschöpf in einer guten Ordnung zur Ruhe kommen“ (Thomas von Aquin). Irdischer Friede ist das Abbild des Friedens Christi, der Himmel und Erde versöhnt hat. [2304–2305] Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg, mehr auch als ein sorgfältig ausbalanciertes Gleichgewicht der Kräfte („Gleichgewicht des Schreckens“). Im Zustand

Mt 5,9

Er ist unser Friede. Eph 2,14

214 215 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Wanda Poltawska

393 Wie stehen Christen einem sterbenden Menschen

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Der Reihe nach fuhr man uns hinaus, kraftlos, machtlos. Vor der Tür des Operationssaals wurden wir auf dem Korridor von Dr. Schidlausky mit einer intravenösen Spritze anästhesiert. Vor dem Einschlafen blitzte ein Gedanke auf, den ich aber nicht mehr aussprechen konnte: „Wir sind doch keine Versuchskaninchen.“ Nein, wir waren doch keine Versuchskaninchen. Wir waren Menschen!

Zudem dürfen die Experimente nicht unverhältnismäßig riskant sein. Menschen gegen ihren Willen zu Objekten der Forschung zu machen ist ein Verbrechen. Das Schicksal der polnischen Widerstandskämpferin Dr. Wanda Poltawska, einer engen Vertrauten von Papst Johannes Paul II., erinnert an das, was damals wie heute auf dem Spiel steht. Während der Nazizeit wurde Wanda Poltawska Opfer der verbrecherischen Menschenversuche im KZ Ravensbrück. Später trat die Psychiaterin für eine Erneuerung der medizinischen Ethik ein und gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Päpstlichen Akademie für das Leben.

397 Wie denkt Jesus über die Gewaltlosigkeit?

Petrus, der ihn mit Gewalt verteidigen möchte, weist er zurück: „Steck das Schwert in die Scheide!“ (Joh 18,11) Jesus ruft nicht zu den Waffen. Er schweigt vor Pilatus. Sein Weg ist es, sich auf die Seite der Opfer zu schlagen, ans Kreuz zu gehen, die Welt durch Liebe zu erlösen und die Friedfertigen seligzupreisen. Daher achtet die Kirche auch Menschen, die aus Gewissensgründen den Dienst an der Waffe verweigern, sich aber sonst in den Dienst der Gemeinschaft stellen. 283–284 398 Müssen Christen Pazifisten sein?

Jes 32,17

Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen. Mt 5,43–44

des Friedens können Menschen mit ihrem gerecht erworbenen Eigentum sicher leben und freien Austausch miteinander pflegen. Im Frieden wird die Würde und das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen wie der Völker geachtet. Im Frieden ist das menschliche Miteinander von brüderlicher Solidarität geprägt. 66, 283–284, 327 396 Wie geht ein Christ mit Zorn um?

Paulus sagt: „Lasst euch durch den Zorn nicht zur Sünde hinreißen! Die Sonne soll über eurem Zorn nicht untergehen.“ (Eph 4,26) [2302–2304] Der Zorn ist zunächst ein natürlicher Affekt, als Reaktion auf empfundene Ungerechtigkeit. Wenn aus Zorn jedoch Hass wird und man dem Nächsten Böses wünscht, wird aus einer normalen Empfindung eine schwere Verfehlung gegen die Liebe. Jeder unkontrollierte Zorn, vor allem das Sinnen auf Rache, ist gegen den Frieden gerichtet und zerstört „die Ruhe der Ordnung“.

Die Kirche sagt unmissverständlich nein zum Krieg. Christen sollen alles unternehmen, um bereits im Vorfeld Krieg zu vermeiden: Sie wenden sich gegen Waffenanhäufungen und Waffenhandel; sie kämpfen gegen rassische, ethnische und religiöse Diskriminierung; sie tragen zur Beendigung wirtschaftlicher und sozialer Ungerechtigkeit bei und machen so den Frieden stark. 283–284

Ich glaube, die Verbesserung der Lebensbedingungen armer Menschen ist eine bessere Strategie als Geld für Gewehre. Der Kampf gegen den Terrorismus kann nicht durch Militäraktionen gewonnen werden. Muhammad Yunus, als er den Friedensnobelpreis erhielt

216 217

Genaue Kriegsopferzahlen gibt es nicht. Nach Einschätzungen verschiedener Historiker starben im 16. Jahrhundert weltweit ca. 1,5 Millionen Menschen durch Kriege; im 17. Jahrhundert könnten es ca. 6 Millionen und im 18. Jahrhundert ca. 6,5 Millionen Menschen gewesen sein, die dem Krieg zum Opfer fielen.

[ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst den den N ächsten lieben wie dich selbst

Die Werk der Gerechtigkeit wird der Friede sein, der Ertrag der Gerechtigkeit sind Ruhe und Sicherheit für immer.

Die Kirche kämpft für den Frieden, vertritt aber keinen radikalen Pazifismus. Man kann nämlich weder dem Einzelnen noch staatlichen Einheiten und Gemeinschaften das grundsätzliche Recht zur Notwehr und zur Verteidigung mit der Waffe absprechen. Krieg ist moralisch nur als das letzte Mittel vertretbar. [2308]

Mi 4,3

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Gewaltloses Handeln hat für Jesus einen hohen Stellenwert; er fordert seine Jünger auf: „Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.“ (Mt 5,39) [2311]

Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht mehr für den Krieg.

Dann sprach Gott, der Herr: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht … Darum verlässt der Mann Vater und Mutter und bindet sich an seine Frau, und sie werden ein Fleisch. Gen 2,18.24

Gal 3,28

Das Christentum hat die Frauen aus einem Zustand gerissen, welcher der Sklaverei glich. Madame de StaËl (1766–1817, französische Schriftstellerin)

Der Einsatz militärischer Gewalt ist nur im äußersten Notfall möglich. Es gelten folgende Kriterien für einen „gerechten Krieg“: 1. die Bevollmächtigung durch die zuständige Autorität; 2. ein gerechter Grund; 3. eine gerechte Absicht; 4. ein Krieg muss die letzte Möglichkeit sein; 5. die angewandten Mittel müssen verhältnismäßig sein; 6. es muss Aussicht auf Erfolg bestehen. [2307–2309]

Männer wie Frauen sind nach Gottes Ebenbild geschaffene Menschen und durch Jesus Christus erlöste Kinder Gottes. Es ist ebenso unchristlich wie unmenschlich, jemand zu diskriminieren oder zurückzusetzen, weil er Mann oder Frau ist. Gleiche Würde und gleiche Rechte bedeuten jedoch keine Uniformität. Eine Gleichmacherei, die an der jeweiligen Eigenart von Mann und Frau vorbeigeht, widerspricht der Schöpfungsidee Gottes. 61, 260

Sämtliche Gründe für die „Unterordnung“ der Frau gegenüber dem Mann in der Ehe müssen im Sinne einer „gegenseitigen Unterordnung“ beider in der Ehrfurcht vor Christus gedeutet werden. Johannes Paul I I., Apostolisches Schreiben „Mulieris Dignitatem“ 1988

Da s sechs t e Gebo t:

Du sollst nicht ehebrechen!

Die Liebe ist aus Gott, und jeder, der liebt, stammt von Gott und erkennt Gott.

400 Was bedeutet es, dass der Mensch ein sexuelles



1 Joh 4,7

Wesen ist?

Gott schuf den Menschen als Mann und Frau. Er schuf sie füreinander und für die Liebe. Er schuf sie mit erotischem Begehren und der Fähigkeit zur Lust. Er schuf sie zur Weitergabe des Lebens. [2331–2333, 2335, 2392] Mann sein oder Frau sein prägt den Menschen ganz tief; es ist eine andere Weise des Fühlens, eine andere Art des Liebens, eine andere Berufung in Hinsicht auf die Kinder, ein anderer Weg des Glaubens. Weil er wollte, dass sie füreinander da sind und sich in der Liebe ergänzen, hat Gott Mann und Frau verschieden geschaffen. Darum ziehen sich Mann und Frau sexuell und geistig an. Wenn Mann und Frau sich lieben und miteinander schlafen, findet ihre Liebe den sinnlich tiefsten Ausdruck. Wie Gott in seiner Liebe schöpferisch ist, darf auch der Mensch in der Liebe schöpferisch sein und Kindern das Leben schenken. 64, 260, 416–417 401 Gibt es einen Vorrang eines Geschlechtes vor dem anderen?

Nein, Gott hat Männern und Frauen die gleiche Würde als Person geschenkt. [2331, 2335]

402 Was ist Liebe?

Liebe ist die freie Hingabe des Herzens. [2346] Voll Liebe sein heißt, an etwas so sehr Gefallen zu finden, dass man aus sich heraustritt und sich ihm hingibt. Ein Musiker kann sich an ein Meisterwerk hingeben. Eine Kindergärtnerin kann mit ganzem Herzen für ihre Schützlinge da sein. In jeder Freundschaft ist Liebe. Die schönste Form der Liebe auf der Erde ist jedoch die Liebe zwischen Mann und Frau, in der zwei Menschen sich für immer einander schenken. Jede menschliche Liebe ist ein Abbild der göttlichen Liebe, in der alle Liebe zu Hause ist. Liebe ist das Innerste des dreifaltigen Gottes. In Gott ist beständiger Austausch und immerwährende Hingabe. Durch das Überfließen der göttlichen Liebe nehmen wir Menschen an der ewigen Liebe Gottes teil. Je mehr der Mensch liebt, desto ähnlicher wird er Gott. Liebe soll das ganze Leben des Menschen prägen, besonders tief und zeichenhaft aber dort verwirklicht sein, wo Mann und Frau sich in der Ehe lieben und „ein Fleisch“ (Gen 2,24) werden. 309

Man kann nicht nur auf Probe leben, man kann nicht nur auf Probe sterben. Man kann nicht nur auf Probe lieben, nur auf Probe und Zeit einen Menschen annehmen. Johannes Paul I I.

Die Sexualität, in welcher sich Mann und Frau durch die den Eheleuten eigenen und vorbehaltenen Akte einander schenken, ist keineswegs etwas rein Biologisches, sondern

218 219 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau, denn ihr alle seid „einer“ in Jesus Christus.

399 Wann ist der Einsatz militärischer Gewalt erlaubt?

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Im 19. Jahrhundert mussten bis zu 40 Millionen Menschen durch Kriege ihr Leben lassen. Im 20. Jahrhundert starben bis zu 180 Millionen Menschen im Krieg und an den Begleiterscheinungen von Kriegen.

Johannes Paul I I., Familiaris Consortio

Alles, was die sexuelle Begegnung leicht macht, fördert zugleich ihren Absturz in die Belanglosigkeit.

Keuschhei t (von lat. conscius = bewusst) ist jene Tugend, mit der ein zur Leidenschaft fähiger Mensch sein erotisches Begehren bewusst und entschieden für die Liebe reserviert und der Versuchung widersteht, sich an Medien aufzugeilen oder andere als Mittel der eigenen Befriedigung zu nutzen.

Sexualität und Liebe gehören untrennbar zusammen. Die sexuelle Begegnung braucht den Rahmen treuer, verlässlicher Liebe. [2337] Wo Sexualität von der Liebe getrennt und nur um der Befriedigung willen gesucht wird, zerstört man den Sinn der sexuellen Vereinigung von Mann und Frau. Die sexuelle Vereinigung ist der schönste, körperlich-sinnliche Ausdruck von Liebe. Menschen, die Sex suchen, ohne zu lieben, lügen, denn die Nähe der Körper entspricht nicht der Nähe ihrer Herzen. Wer seine Körpersprache nicht beim Wort nimmt, schadet auf Dauer Leib und Seele. Sex wird dann unmenschlich; er wird zum Genussmittel degradiert und verkommt zur Ware. Erst verbindliche und dauernde Liebe schafft den Raum für eine menschlich gelebte und dauerhaft beglückende Sexualität. 404 Was ist keusche Liebe? Warum soll ein Christ



keusch leben?

Eine keusche Liebe ist eine Liebe, die sich gegen alle inneren und äußeren Kräfte wehrt, die sie zerstören möchten. Derjenige ist keusch, der seine Sexualität bewusst angenommen und gut in seine Persönlichkeit integriert hat. Keuschheit und Enthaltsamkeit sind nicht dasselbe. Auch jemand, der ein aktives Sexualleben in der Ehe hat, muss keusch sein. Keusch handelt ein Mensch dann, wenn sein körperliches Tun Ausdruck verlässlicher und treuer Liebe ist. [2238] Keuschheit darf nicht mit Prüderie verwechselt werden. Ein Mensch, der keusch lebt, ist nicht der Spielball seiner Lüste, sondern lebt seine Sexualität bewusst von der Liebe her und als Ausdruck dieser Liebe. Unkeuschheit schwächt die Liebe und verdunkelt ihren Sinn. Die Katholische Kirche vertritt einen ganzheitlich-ökologischen Ansatz der Sexualität. Dazu gehören erstens sexuelle Lust, die etwas Gutes und Schönes ist, zweitens personale Liebe und drittens Vitalität, das heißt Offenheit auf Kinder. Und wie zum Bier Hopfen, Malz und Wasser gehören, die getrennt ziemlich schlecht schmecken und gemeinsam ganz gut, ist die Katholische Kirche der

Auffassung, dass diese drei Aspekte zusammengehören. Wenn nämlich ein Mann eine Frau hat für die sexuelle Lust, eine zweite für die personale Liebeslyrik und eine dritte zum Kinderkriegen, dann instrumentalisiert er alle drei und liebt keine wirklich. 405 Wie kann man eine keusche Liebe leben?



Ich weiß noch nicht, wen ich mal heirate. Aber ich will meine künftige Frau nicht heute schon betrügen. Ein Student auf die Frage, warum er noch nie mit einem Mädchen im Bett war.

Was hilft dabei?

Keusch lebt, wer frei für die Liebe und nicht ein Sklave seiner Triebe und Leidenschaften ist. Alles, was also hilft, ein beziehungsvollerer, reiferer, freierer und liebevollerer Mensch zu werden, das hilft auch zu keuscher Liebe. [2338–2345] Frei für die Liebe wird man durch Selbstdisziplin, die man in jedem Lebensalter erwerben, trainieren und erhalten muss. Dabei hilft es, in jeder Lage den Geboten Gottes treu zu bleiben, Versuchungen aus dem Weg zu gehen, jede Form von Doppelleben oder Doppelmor al zu meiden und Gott zu bitten, mich vor Versuchungen zu bewahren und in der Liebe stark zu machen. Eine reine und ungeteilte Liebe leben zu können ist schließlich eine Gnade und ein wunderbares Geschenk Gottes.

Wo die Liebe auftaucht, fängt sie alle anderen Triebe ein und überführt sie in Liebe. Bernhard von Clairvaux

Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben. Marie von EbnerEschenbach (1830–1916, österreichische Schriftstellerin)

406 Müssen alle keusch sein, auch die Verheirateten?

Ja, jeder Christ soll seine Liebe keusch leben, ob er jung oder alt ist, allein lebt oder verheiratet ist. [2348–2349, 2394] Nicht alle Menschen sind zur Ehe berufen, aber jeder ist zur Liebe berufen. Wir sind bestimmt, unser Leben hinzugeben; manche in der Form der Ehe, andere in der Form der freiwilligen Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen, andere, indem sie allein leben und doch für andere da sind. Alles Leben findet seinen Sinn in der Liebe. Keusch sein bedeutet ungeteilt lieben. Der Unkeusche ist zerrissen und unfrei. Der wahrhaft Liebende ist frei, stark und gut; er kann sich in der Liebe hingeben. So ist Christus, der sich ganz für uns und gleichzeitig ganz an den Vater im Himmel hingegeben hat, ein Vorbild der Keuschheit, weil er das Urbild der starken Liebe ist.

Das ist es, was Gott will: eure Heiligung. Das bedeutet, dass ihr die Unzucht meidet, dass jeder von euch lernt, mit seiner Frau in heiliger und achtungsvoller Weise zu verkehren, nicht in leidenschaftlicher Begierde wie die Heiden, die Gott nicht kennen. 1 Thess 4,3–5

220 221 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Paul R icoeur (1913-2005 französischer Philosoph)

403 In welcher Beziehung steht Sexualität zur Liebe?

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

betrifft den innersten Kern der menschlichen Person als solcher. Auf wahrhaft menschliche Weise wird sie nur vollzogen, wenn sie in jene Liebe integriert ist, mit der Mann und Frau sich bis zum Tod vorbehaltlos einander verpflichten. Die leibliche Ganzhingabe wäre eine Lüge, wenn sie nicht Zeichen und Frucht personaler Ganzhingabe wäre.

Seinen Körper einem anderen Menschen schenken symbolisiert das volle Sichschenken an diesen Menschen.

Ihr sollt jene Formen der Liebe und Zärtlichkeit kultivieren, die der Vorläufigkeit eurer freundschaftlichen Beziehung angemessen sind. Das Warten- und Verzichtenkönnen wird es euch später leichter machen, liebevoll auf den Partner Rücksicht zu nehmen. Johannes Paul I I., 08.09.1985 in Vaduz an Jugendliche

Weil sie die Liebe schützen möchte. Ein Mensch kann einem anderen kein größeres Geschenk machen als sich selbst. „Ich liebe dich“ heißt für beide: „Ich will nur dich, ich will dich ganz und ich will dich für immer!“ Weil das so ist, kann man „Ich liebe dich“ eigentlich nicht auf Zeit oder auf Probe sagen, auch nicht mit dem Körper. [2350, 2391] Viele meinen es ernst mit ihren vorehelichen Beziehungen. Und doch sind darin zwei Vorbehalte, die sich mit der Liebe nicht vertragen: Die „exit option“ und die Angst vor einem Kind. Weil die Liebe so groß, so heilig und so einmalig ist, bittet die Kirche die jungen Menschen eindringlich, mit der Aufnahme voller geschlechtlicher Beziehungen so lange zu warten, bis sie verheiratet sind. 425 408 Wie kann man als junger Christ leben, wenn man



in einer vorehelichen Beziehung lebt oder bereits voreheliche Beziehungen hatte?

Gott liebt uns in jedem Augenblick, in jedem ungeklärten Zustand, auch in jedem Zustand der Sünde. Gott hilft uns, die ganze Wahrheit der Liebe zu suchen und Wege zu finden, sie immer eindeutiger und entschiedener zu leben.

Unzucht (griech. porneia) meint ursprünglich heidnische Sexualpraktiken, so z.B. die Tempelprostitution. Später wurde der Begriff auf alle Formen sexueller Handlungen außerhalb der ehelichen Gemeinschaft übertragen. Heute wird er häufig im strafrechtlichen Sinn (Unzucht mit Minderjährigen, Abhängigen usw.) gebraucht. [2353] Oft basiert Unzucht auf Verführung, Lüge, Gewalt, Abhängigkeit und Missbrauch. Unzucht ist also eine schwere Verfehlung gegen die Liebe; sie verletzt die Würde des Menschen und verkennt den Sinn der menschlichen Sexualität. Staaten haben die Verpflichtung, insbesondere Minderjährige vor unzüchtigen Handlungen zu schützen. 411 Warum ist Prostitution eine Form der Unzucht?

In der Prostitution wird die „Liebe“ zur Ware und der Mensch zu einem Objekt der Lust degradiert. Deshalb ist Prostitution eine schwere Verfehlung gegen die Menschenwürde und eine schwere Sünde gegen die Liebe. [2355]

409 Ist Selbstbefriedigung ein Verstoß gegen die Liebe?

Die Profiteure der Prostitution – Menschenhändler, Zuhälter, Freier – laden sicherlich größere Schuld auf sich als die Frauen, Männer, Kinder und Jugendlichen, die, häufig unter Zwang oder in Abhängigkeit, ihren Körper verkaufen.

Selbstbefriedigung ist ein Verstoß gegen die Liebe, weil sie die Erregung der Lust zum Selbstzweck macht und von der ganzheitlichen Entfaltung in der Liebe zwischen Mann und Frau abkoppelt. Deshalb ist „Sex mit sich selbst“ ein Widerspruch in sich. [2352]

(Selbstbefriedigung, etym. wahrsch. von der lat. Vorsilbe mas- = männlich und turbare = heftig bewegen): Unter Masturbation versteht man die absichtliche Erregung der eigenen Geschlechtsorgane mit dem Ziel, geschlechtliche Lust hervorzurufen.

410 Was versteht man unter „Unzucht“?

Im Gespräch mit einem Priester oder einem glaubwürdigen, erfahrenen Christen können junge Menschen nach einem Weg suchen, wie sie ihre Liebe immer klarer leben können. Sie werden dabei erfahren, dass jedes Leben ein Prozess ist und dass, was immer geschehen ist, mit Gottes Hilfe ein neuer Anfang gemacht werden kann.

Benedikt X V I., 25.04.2005

Masturbat ion

Um ein ausgewogenes Urteil über die sittliche Verantwortung jener, die sich hierin [gemeint ist die Selbstbefriedigung] verfehlen, zu bilden und um die Seelsorge danach auszurichten, soll man affektive Unreife, die Macht eingefleischter Gewohnheiten, Angstzustände und weitere psychische oder gesellschaftliche Faktoren berücksichtigen, welche die moralische Schuld vermindern oder sogar auf ein Minimum einschränken können […]. KKK 2352

222 223 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Die Jugend will das Große. … Christus hat uns nicht das bequeme Leben versprochen. Wer Bequemlichkeit will, der ist bei ihm allerdings an der falschen Adresse. Aber er zeigt uns den Weg zum Großen, zum Guten, zum richtigen Menschenleben.

Sexualbeziehungen?

Die Kirche verteufelt Selbstbefriedigung nicht, aber sie warnt davor, sie zu verharmlosen. Tatsächlich sind viele Jugendliche und Erwachsene davon gefährdet, im Konsum von geilen Bildern, Filmen und Internetangeboten zu vereinsamen, statt in einer persönlichen Beziehung Liebe zu finden. Die Einsamkeit kann in eine Sackgasse führen, wo Selbstbefriedigung zur Sucht wird. Nach dem Motto „Für Sex brauche ich niemanden; den mache ich mir selbst, wie und wann ich ihn brauche“ wird aber niemand glücklich.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Johannes Paul I I., Treffen mit jungen Menschen in Kampala/Uganda 06.02.1993

407 Warum ist die Kirche gegen voreheliche

Jean-Jacques Rousseau

C. S. Lewis

Die Verantwortung fällt auf die, die schweigen. Edith Stein

Selig, die keine Gewalt anwenden. Mt 5,5

414 Was sagt die Kirche zum Einsatz von Kondomen



412 Warum ist Produktion und Konsum von



Pornographie eine Sünde gegen die Liebe?

Wer die Liebe missbraucht, indem er die menschliche Sexualität aus der Intimität einer verbindlich gelebten Liebe von zwei Menschen herauslöst und sie zur käuflichen Ware macht, sündigt schwer. Wer pornographische Produkte herstellt, konsumiert und kauft, verletzt die Menschenwürde und verführt andere zum Bösen. [2523] Pornographie ist eine Abart der Prostitution, denn auch hier wird Menschen suggeriert, es gäbe „Liebe“ für Geld. Darsteller, Produzenten und Händler sind gleichermaßen an dieser schweren Verfehlung gegen die Liebe und die Menschenwürde beteiligt. Wer pornographische Medien konsumiert, sich in virtuellen Pornowelten bewegt oder an pornographischen Ereignissen teilnimmt, befindet sich im weiteren Umkreis der Prostitution und unterstützt das schmutzige Milliardengeschäft mit dem Sex. 413 Warum ist Vergewaltigung eine schwere Sünde?

Wer einen anderen Menschen vergewaltigt, entwürdigt ihn ganz und gar. Er bricht mit Gewalt in die tiefste Intimität eines anderen ein und verletzt ihn im Zentrum seiner Liebesfähigkeit. [2356] Der Vergewaltiger begeht einen Frevel am Wesen der Liebe. Zum Wesen der sexuellen Vereinigung gehört es, dass

bei der Aidsbekämpfung?

Abgesehen von der Tatsache, dass Kondome keinen absolut sicheren Schutz vor einer Infektion bieten, lehnt die Kirche ihren Einsatz als einseitig mechanisches Mittel zur Bekämpfung von HIV-Epidemien ab und setzt vor allem auf eine neue Kultur menschlicher Beziehungen und auf eine Änderung des gesellschaftlichen Bewusstseins. Nur die gelebte Treue und der Verzicht auf leichtfertige Sexualkontakte schützen nachhaltig vor der Infektion mi HIV und lehren einen ganzheitlichen Umgang mit der Liebe. Der Respekt vor der gleichen Würde von Frauen und Männern, die Sorge um die Gesundheit der Familie, der verantwortungsvolle Umgang mit Triebwünschen und auch der (zeitweilige) Verzicht auf die sexuelle Vereinigung gehören dazu. In Ländern Afrikas, wo durch breite gesellschaftliche Kampagnen ein solches Verhalten gefördert wurde, konnte die Infektionsrate deutlich gesenkt werden. Darüber hinaus tut die Katholische Kirche alles, um Menschen zu helfen, die von Aids betroffen sind. 415 Wie beurteilt die Kirche Homosexualität?

Gott hat den Menschen als Mann und Frau geschaffen und auch leiblich füreinander bestimmt. Die Kirche nimmt Menschen, die homosexuell empfinden, vorbehaltlos an. Sie dürfen dafür nicht diskriminiert werden. Gleichzeitig sagt die Kirche von allen Formen gleichgeschlechtlicher sexueller Begegnung, dass sie nicht der Schöpfungsordnung entsprechen. [2358–2359]

Benedikt X V I., in „Licht der Welt“

224

Eheliche Treue und außereheliche Enthaltsamkeit [sind] die besten Wege, um Infizierung zu vermeiden und die Verbreitung des Virus aufzuhalten. In der Tat stellen die Werte, die dem wahren Verständnis von Ehe und Familienleben entspringen, die einzige sichere Grundlage einer stabilen Gesellschaft dar. Benedikt X V I., 14.12.2006

225 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Wer glaubt, für Christen sei die Unkeuschheit das größte aller Laster, der irrt sich. Die Sünden des Fleisches sind schlimm, aber sie sind nicht die schlimmsten. … Denn zwei Mächte im Menschen versuchen, ihn von seiner eigentlichen Bestimmung abzuhalten: das Animalische und das Teuflische. Das Teuflische ist das Schlimmere von beiden. Deshalb kann ein kalter selbstgerechter Heuchler, der regelmäßig zur Kirche geht, der Hölle näher sein als eine Hure. Aber besser ist es natürlich, man ist keines von beiden.

Es mag begründete Einzelfälle geben, etwa wenn ein Prostituierter ein Kondom verwendet, wo dies ein erster Schritt zu einer Moralisierung sein kann, ein erstes Stück Verantwortung, um wieder ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, dass nicht alles gestattet ist und man nicht alles tun kann, was man will. Aber es ist nicht die eigentliche Art, dem Übel der HIVInfektion beizukommen. Diese muss wirklich in der Vermenschlichung der Sexualität liegen.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

sie ausschließlich im Rahmen der Liebe frei geschenkt werden kann. So kann es sogar in einer Ehe zu Vergewaltigungen kommen. Am allerverwerflichsten ist die Vergewaltigung in sozialen, hierarchischen, beruflichen oder verwandtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen, etwa zwischen Eltern und Kindern oder zwischen Lehrern, Erziehern, Seelsorgern und ihren Schutzbefohlenen. 386

Da die Liebe nicht käuflich ist, wird sie vom Geld unfehlbar getötet.

416 Was gehört wesentlich zur christlichen Ehe?

1. Die Einheit: Die Ehe ist ein Bund, der seinem Wesen nach die körperliche, geistige und seelische Einheit zwischen einem Mann und einer Frau bewirkt;

3. Die Offenheit für Nachkommenschaft: Jede Ehe muss offen sein für Kinder;

Hld 8,6–7

Schließt einer der beiden Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung einen der vier genannten Punkte aus, so kommt das Sakr ament der Ehe nicht zustande. 64, 400 417 Welchen Sinn hat die sexuelle Begegnung in



der Ehe?

Nach dem Willen Gottes sollen sich Mann und Frau in erotischer und sexueller Lust begegnen, um sich in Liebe immer tiefer miteinander zu verbinden und Kinder aus ihrer Liebe erwachsen zu lassen. [2362–2367] Der Leib, die Lust und die erotische Freude genießen im Christentum einen hohen Stellenwert: „Das Christentum … glaubt, dass die Materie gut ist, dass Gott selbst einmal Menschengestalt annahm, dass uns sogar im Himmel eine Art Körper gegeben wird und dieser ein wesentlicher Teil unserer Seligkeit, unserer Schönheit und Kraft sein wird. Das Christentum hat mehr als jede andere Religion die Ehe verherrlicht. Fast alle hohe Liebesdichtung der Weltliteratur wurde von Christen geschaffen, und das Christentum widerspricht jedermann, der behauptet, die Sexualität sei an sich schlecht.“ (C. S. Lewis) Die Lust ist allerdings kein Selbstzweck. Wo die Lust eines Paares sich in sich verschließt und nicht offen ist auf neues Leben, das sich aus ihr ergeben möchte, wird sie dem Wesen der Liebe nicht gerecht.

Benedikt X V I., 11.05.2006

Gott will uns nicht der Lust berauben, er will uns Lust geben in Unendlichkeit. Heinrich Seuse (1295–1366, dt. Mystiker und Theologe)

Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts ist verwerflich, wenn es mit Dank genossen wird. 1 Tim 4,4

226 227 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Leg mich wie ein Siegel auf dein Herz, wie ein Siegel an deinen Arm! Stark wie der Tod ist die Liebe, die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt. Ihre Gluten sind Feuergluten, gewaltige Flammen. Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen; auch Ströme schwemmen sie nicht weg. Böte einer für die Liebe den ganzen Reichtum seines Hauses, nur verachten würde man ihn.

4. Die Hinordnung auf das Wohl des Partners. [2360–2361, 2397–2398]

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

2. Die Unauflöslichkeit: Die Ehe gilt, „bis dass der Tod euch scheidet“;

Heute ist es besonders dringlich, zu vermeiden, dass die Ehe mit anderen Verbindungsformen verwechselt wird, die auf einer schwachen Liebe gründen. Nur der Fels der totalen und unwiderruflichen Liebe zwischen Mann und Frau ist imstande, die Grundlage für den Aufbau einer Gesellschaft zu sein, die für alle Menschen ein Zuhause wird.

Ein Kind hat das Recht, „vom ersten Augenblick seiner Empfängnis an als Person geachtet zu werden“.

Kinder sind ein Segen Gottes. W illiam Shakespeare (1564–1616, englischer Dramatiker)

Ein Kind ist ein Geschöpf und Geschenk Gottes, das durch die Liebe seiner Eltern zur Welt kommt. [2378, 2398] Wahre Liebe will nicht die Verkapselung eines Paares in sich. Liebe öffnet sich im Kind. Ein Kind, das gezeugt und geboren wurde, ist nicht „gemacht“ und auch nicht die Summe seiner väterlichen und mütterlichen Gene. Es ist ein völlig neues und einmaliges, mit einer eigenen Seele ausgestattetes Geschöpf Gottes. Das Kind gehört also nicht den Eltern und ist nicht ihr Eigentum. 368, 372 419 Wie viele Kinder soll ein christliches Paar haben?

Jedes Kind ist kostbar. Jedes Kind ist ein Geschöpf Gottes. Mutter Teresa

Die Kirche bejaht und verteidigt das Recht eines Paares, im Rahmen der natürlichen Empfängnisregelung die Zahl der Kinder und den Abstand zwischen den Geburten selbst bestimmen zu dürfen.

Natural family planning is nothing more than self-control out of love for each other. Mutter Teresa, Nobelpreisrede 1979

Alle Kinder, die Gott schenkt, sind eine Gnade und ein großer Segen. Das heißt nicht, dass ein christliches Paar nicht berücksichtigen soll, wie viele Kinder es in seiner ökonomischen, sozialen oder gesundheitlichen Situation verantworten kann. Wenn „trotzdem“ ein Kind kommt, soll dieses Kind mit Freude und Bereitschaft begrüßt und mit großer Liebe angenommen werden. Im Vertrauen auf Gott haben viele christliche Paare den Mut zu einer ungewöhnlich großen Familie. 420 Darf ein christliches Ehepaar Empfängnisregelung betreiben?

Ja, ein christliches Ehepaar darf und soll verantwortlich mit der Gabe, Leben schenken zu dürfen, umgehen. [2368–2369, 2399] Manchmal sind soziale, psychische und gesundheitliche Gegebenheiten da, in denen ein weiteres Kind eine große, fast übermenschliche Herausforderung für das Paar bedeuten würde. Es gibt daher klare Kriterien, die Ehepaare beachten müssen: Empfängnisregelung kann erstens nicht heißen, dass ein Paar den grundsätzlichen Ausschluss von Empfängnis betreibt. Es kann zweitens nicht heißen, dass Kinder aus egoistischen Gründen ausgeschlossen werden. Es kann drittens nicht heißen, dass

421 Warum sind nicht alle Mittel, die Empfängnis



eines Kindes zu verhindern, gleich gut?

Als Methoden bewusster Empfängnisregelung verweist die Kirche auf die verfeinerten Methoden der Selbstbeobachtung und natürlichen Familienplanung (NFP/NER). Sie entsprechen der Würde von Mann und Frau; sie respektieren die inneren Gesetze des weiblichen Körpers; sie verlangen Zärtlichkeit und achtsamen Umgang miteinander und sind daher eine Schule der Liebe. [2370–2372, 2399] Die Kirche achtet sorgfältig auf die Ordnung der Natur und sieht in ihr einen tiefen Sinn. Für sie ist es deshalb nicht gleichgültig, ob ein Paar die Fruchtbarkeit der Frau manipuliert oder ob es sich den natürlichen Wechsel von fruchtbaren und unfruchtbaren Tagen zunutze macht. Nicht umsonst heißt die natürliche Familienplanung natürlich: Sie ist ökologisch, ganzheitlich, partnerschaftlich und gesund. Überdies gilt sie bei korrekter Anwendung sogar als effektiver als die Pille (höherer Pearl-Index). Hingegen weist die Kirche alle künstlichen Mittel der Empfängnisverhütung zurück – gemeint sind die chemischen Mittel („Pille“), die mechanischen Mittel (z.B. Kondom, Spirale etc.) und die chirurgischen Mittel (Sterilisation) –, da sie manipulativ in die ganzheitliche Einheit der Vereinigung von Mann und Frau eingreifen. Manche Mittel können sogar die Gesundheit der Frau gefährden, eine frühabtreibende Wirkung entfalten und das Liebesleben des Paares auf Dauer beeinträchtigen. 422 Was kann ein Paar tun, das keine Kinder bekommt?

Ehepaare, die unter Unfruchtbarkeit leiden, können jede medizinische Hilfe annehmen, die nicht im Widerspruch zur Würde der Person, den Rechten des zu zeugenden Kindes und der Heiligkeit des Sakraments der Ehe steht. [2375, 2379]

Natürliche Familienplanung (NFP/NER) steht für Methoden der Empfängnisregelung, die die Zeichen der zyklischen Fruchtbarkeit der Frau und das Wissen um die gemeinsame Fruchtbarkeit von Mann und Frau nutzen, um gezielt eine Schwangerschaft anzustreben oder zu vermeiden.

Während die geschlechtliche Vereinigung ihrer ganzen Natur nach ein vorbehaltloses gegenseitiges Sichschenken der Gatten zum Ausdruck bringt, wird sie durch die Empfängnisverhütung zu einer objektiv widersprüchlichen Gebärde, zu einem Sichnicht-ganz-Schenken. So kommt zur aktiven Zurückweisung der Offenheit für das Leben auch eine Verfälschung der inneren Wahrheit ehelicher Liebe, die ja zur Hingabe in personaler Ganzheit berufen ist. Johannes Paul I I., „Familiaris Consortio“, Nr. 32 („Empfängnisverhütung“ im Gegensatz zu „Empfängnisregelung“)

228 229 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Verant worte te Elternschaf t

Ein christliches Ehepaar hat so viele Kinder, wie Gott ihm schenkt und es verantworten kann. [2373]

äußerer Zwang dabei im Spiel ist (wenn zum Beispiel der Staat entscheidet, wie viele Kinder ein Paar haben darf). Es kann viertens nicht heißen, dass dabei jedes Mittel angewandt werden darf.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Instruktion „Donum Vitae“ 2,8

418 Welche Bedeutung hat das Kind in einer Ehe?

Mutter Teresa

Es gibt kein absolutes Recht auf ein Kind. Jedes Kind ist ein Geschenk Gottes. Ehepaaren, denen dieses Geschenk versagt bleibt, obwohl sie alle erlaubten medizinischen Hilfsmittel ausgeschöpft haben, können Pflege- oder Adoptivkinder annehmen oder sich auf andere Weise sozial engagieren, indem sie sich etwa um verlassene Kinder kümmern. 423 Wie beurteilt die Kirche Leihmutterschaft und



künstliche Befruchtung?

Alle Hilfe zur Empfängnis eines Kindes durch Forschung und Medizin muss dort enden, wo durch eine dritte Person die Gemeinsamkeit der Elternschaft aufgelöst und zerstört wird oder wo die Zeugung zu einem technischen Akt außerhalb der sexuellen Vereinigung in der Ehe wird. [2374–2377]

MART IN LUTHER K ING (1929–1968, amerikanischer Bürgerrechtler) in einer Rede, in der er seine farbigen Mitbürger zu Zivilcourage aufrief.

Ehebruch besteht darin, dass zwei Partner miteinander intim werden, von denen mindestens einer mit einem anderen verheiratet ist. Ehebruch ist der fundamentale Verrat an der Liebe, der Bruch eines vor Gott geschlossenen Bundes und ein Unrecht am Nächsten. Jesus selbst hat die Unauflöslichkeit der Ehe ausdrücklich festgestellt: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen.“ (Mk 10,9) Unter Berufung auf den ursprünglichen Willen des Schöpfers hob Jesus damit die Duldung der Ehescheidung im Alten Bund auf. [2353, 2364–2365, 2382–2384] Die mutmachende Verheißung dieser Botschaft Jesu ist: „Ihr habt als Kinder eures himmlischen Vaters die Fähigkeit zu lebenslanger Liebe!“ Trotzdem ist es keine einfache Sache, seinem Partner ein Leben lang treu zu bleiben. Menschen, deren Ehe scheitert, darf man nicht verurteilen. Christen, die jedoch leichtfertig eine Ehescheidung herbeiführen, laden Schuld auf sich. Sie versündigen sich gegen die Liebe Gottes, die in der Ehe sichtbar wird. Sie versündigen sich gegen den verlassenen Partner und gegen verlassene Kinder. Allerdings kann der treue Partner einer unerträglich gewordenen Ehe aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen. Um Not abzuwenden, kann dann auch eine zivile Ehescheidung erforderlich werden. In begründeten Fällen kann die Kirche in einem Ehenichtigkeitsverfahren die Gültigkeit der Ehe überprüfen. 269 425 Was hat die Kirche gegen „Ehe ohne Trauschein“?

Für Katholiken gibt es keine Ehe ohne eine kirchliche Trauung. In ihr tritt Christus in den Bund von Mann und Frau ein und beschenkt das Paar großzügig mit Gnaden und Gaben. [2390–2391] Ältere Leute meinen manchmal jungen Menschen den Rat geben zu müssen, sie sollten die Finger von diesem „auf ewig und mit Brautkleid“ lassen. Eine Ehe sei doch nur so etwas wie die vorschnelle Vereinigung von Vermögen, Perspektiven und guten Absichten unter gleichzeitiger öffentlicher Ablegung unhaltbarer Versprechen. Eine

Treue ist irgendwo absolut oder sie ist gar nichts. K arl Jaspers (1883–1969, deutscher Philosoph)

In einem falschen Begriff von Freiheit liegt die Wurzel der Krise von Ehe und Familie. Johannes Paul I I.

Die gültig geschlossene und vollzogene Ehe zwischen Getauften kann durch keine menschliche Gewalt und aus keinem Grunde, außer durch den Tod, aufgehoben werden. C IC 1141 (Codex Iuris Canonici, Kirchliches Gesetzbuch)

Euer Ja sei ein Ja, euer Nein sei ein Nein, alles andere stammt vom Bösen. Mt 5,37

230 231 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Das Schlimmste an der ganzen Tragödie ist nicht die Brutalität von bösen Menschen, sondern das Schweigen der guten.

Aus Respekt vor der Würde des Menschen lehnt es die Kirche ab, ein Kind durch heterologe oder homologe Insemination zu zeugen. Jedes Kind hat von Gott her das Recht, einen Vater und eine Mutter zu haben, diesen Vater und diese Mutter zu kennen und nach aller Möglichkeit im Raum ihrer Liebe aufzuwachsen. Künstliche Insemination mit dem Samen eines fremden Mannes (heterologe Insemination) zerstört auch den Geist der Ehe, in dem Mann und Frau das Recht haben, nur durch den jeweils anderen zu Vater oder Mutter gemacht zu werden. Aber auch die homologe Insemination (der Samen stammt vom eigenen Mann) macht das Kind zum Produkt eines technischen Vorgangs und lässt es nicht aus der liebenden Einheit einer personalen sexuellen Begegnung entstehen. Wenn aber das Kind zum Produkt wird, stellt sich sofort die zynische Frage nach Produktqualität und Produkthaftung. Die Kirche lehnt auch die PID (Präimplantationsdiagnostik) ab, die zum Zweck der Tötung nicht perfekter Embryonen durchgeführt wird. Auch die Leihmutterschaft, bei der ein künstlich gezeugter Embryo in eine fremde Frau eingesetzt wird, widerspricht der Würde des Menschen. 280

424 Was ist Ehebruch? Ist Ehescheidung in Ordnung?

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Vergessen Sie nicht, dass es viele Kinder, viele Frauen, viele Männer auf dieser Welt gibt, die das nicht haben, was Sie haben, und denken Sie daran, dass Sie auch jene lieben, bis es weh tut.

Trauformel bei der sakramentalen Eheschließung

2 Kor 8,9

Wo kein Eigentum ist, da ist auch keine Freude zum Geben; da kann niemand das Vergnügen haben, seinen Freunden, dem Wanderer, den Leidenden in ihrem Mangel zu helfen. Aristoteles

Du sollst nicht stehlen! 426 Was regelt das Siebte Gebot: „Du sollst nicht



stehlen“ (Ex 20,15)?

Das Siebte Gebot verbietet nicht nur, einem anderen etwas wegzunehmen, sondern es fordert auch die gerechte Verwaltung und Verteilung der Güter der Erde, es regelt die Frage des Privateigentums und die Verteilung von Einkünften aus der menschlichen Arbeit. Die ungerechte Verteilung der Rohstoffe wird in diesem Gebot ebenfalls angeklagt. [2401] Das Siebte Gebot verbietet zunächst eigentlich nur, fremdes Eigentum unrechtmäßig an sich zu nehmen. Es greift jedoch auch das menschliche Streben auf, die Welt sozial und gerecht einzurichten und für ihre gute Entwicklung zu sorgen. Das Siebte Gebot sagt, dass wir im Glauben verpflichtet sind, für den Schutz der Schöpfung und die Erhaltung ihrer natürlichen Ressourcen einzutreten.

Privateigentum? Es gibt kein absolutes, sondern nur ein relatives Recht auf Eigentum, weil Gott die Erde und ihre Güter für alle Menschen geschaffen hat. [2402–2406, 2452] Bevor Teile der geschaffenen Wirklichkeit einzelnen Menschen „gehören“ können, weil sie legal erarbeitet, ererbt oder geschenkt wurden, müssen diese Eigentümer wissen, dass es kein Eigentum ohne soziale Verpflichtung gibt. Gleichzeitig widerspricht die Kirche denen, die aus der Sozialverpflichtung des Eigentums ableiten, es dürfe kein Privateigentum geben, alles müsse allen bzw. dem Staat gehören. Der Privateigentümer, der ein Gut im Sinn seines Schöpfers verwaltet, pflegt und mehrt und die Erträge so teilt, dass jedem das Seine zukommt, handelt durchaus im Sinn des göttlichen Schöpfungsauftrages. 428 Was ist Diebstahl, und was fällt unter das Siebte Gebot?

Diebstahl ist die widerrechtliche Aneignung von fremdem Gut. [2408–2410] Sich fremdes Gut ungerecht anzueignen ist auch dann ein Verstoß gegen das Siebte Gebot, wenn die Tat nicht vom staatlichen Gesetz her angeklagt werden kann. Was vor Gott Unrecht ist, das ist Unrecht. Das Siebte Gebot gilt allerdings nicht nur für das Stehlen, sondern auch für das ungerechte Einbehalten des gerechten Lohnes, für das Zurückhalten von Fundgegenständen, die man zurückgeben kann, und für das Betrügen allgemein. Das Siebte Gebot klagt auch folgende Punkte an: Arbeitnehmer unter menschenunwürdigen Bedingungen beschäftigen, eingegangene Verträge nicht einhalten, gewonnene Erträge ohne Berücksichtigung sozialer Verpflichtung verprassen, Preise künstlich hochtreiben oder senken, den Arbeitsplatz anvertrauter Mitarbeiter gefährden, Bestechlichkeit und Korruption, abhängige Mitarbeiter zu illegalen Akten verleiten, schlechte Arbeit leisten oder unangemessene Honorare verlangen, Gesellschaftseigentum verschwenden und nachlässig verwalten, Fälschungen von Geld, Rechnungen und Bilanzen vornehmen oder Steuern hinterziehen.

Das Privateigentum ist also für niemand ein unbedingtes und unumschränktes Recht. Paul V I., Populorum Progressio

Haben und nichts geben ist in manchen Fällen schlechter als stehlen. Marie von EbnerEschenbach

In seiner Sozialenzyklika „Populorum Progressio“ stellte Papst Paul VI. den zentralen Grundsatz auf, „dass die Wirtschaft ausschließlich dem Menschen zu dienen“ (PP 3.26) habe. Er weist alle Vorstellungen zurück, wonach „Profit der eigentliche Motor des wirtschaftlichen Fortschritts, der Wettbewerb das oberste Gesetz der Wirtschaft, das Eigentum an den Produktionsmitteln ein absolutes Recht, ohne Schranken, ohne entsprechende Verpflichtungen gegenüber der Gesellschaft“ sei.

232 233 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen.

Da s siebt e Gebo t:

427 Warum gibt es kein absolutes Recht auf

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

N., vor Gottes Angesicht nehme ich dich an als meinen Mann/meine Frau. Ich verspreche dir die Treue in guten und in bösen Tagen, in Gesundheit und in Krankheit bis der Tod uns scheidet. Ich will dich lieben, achten und ehren alle Tage meines Lebens.

christliche Ehe ist aber keine Bauernfängerei, sondern das größte Geschenk, das sich Gott für zwei Liebende ausgedacht hat. Gott selbst verbindet sie in einer Tiefe, wie sie Menschen nicht herstellen können. Jesus Christus, der sagte: „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“ (Joh 15,5), ist im Sakr ament der Ehe bleibend anwesend. Er ist die Liebe in der Liebe der Brautleute. Seine Kraft ist es, die auch dann noch da ist, wenn die Kraft der Liebenden scheinbar versiegt. Darum ist das Sakrament der Ehe alles andere als ein Stück Papier. Es ist wie ein bereitgestelltes göttliches Fahrzeug, in das die Liebenden einsteigen können – ein Fahrzeug, von dem Braut und Bräutigam wissen, dass es genügend Treibstoff enthält, um mit Gottes Hilfe ans Ziel ihrer Sehnsucht zu kommen. Wenn heute viele sagen, es sei nichts dabei, unverbindlichen vor- oder außerehelichen Sex zu haben, so lädt die Kirche ein, diesem gesellschaftlichen Druck klar und kraftvoll zu widerstehen.

Pl agiat

Ich liebe das Geld, es gibt mir die Möglichkeit, anderen zu helfen. Blaise Pascal

Ein reicher Mann ist oft nur ein armer Mann mit viel Geld. Aristoteles

Auch die Entwendung geistigen Eigentums ist Diebstahl. [2408–2409] Nicht erst das Plagiat ist Diebstahl. Diebstahl geistigen Eigentums beginnt beim Abschreiben in der Schule, setzt sich fort in der illegalen Übernahme von Inhalten aus dem Internet, betrifft das Anfertigen unerlaubter Kopien bzw. das Vornehmen von Raubkopien auf diversen Trägermedien und geht bis zum Geschäftemachen mit gestohlenen Konzepten und Ideen. Jede Übernahme fremden geistigen Eigentums erfordert die freie Zustimmung und angemessene Entlohnung bzw. Beteiligung des geistigen Urhebers an der Wertschöpfung.

432 Darf ein Christ an der Börse oder im Internet

spekulieren? Ein Christ kann an der Börse oder im Internet spekulieren, solange das im Rahmen der normalen Gepflogenheiten klugen Wirtschaftens mit eigenem oder anvertrautem Geld bleibt und dabei nicht gegen andere moralische Gebote verstoßen wird. Unsittlich wird Börsenspekulation dann, wenn dabei unlautere Mittel (etwa Insidergeschäfte) angewandt werden; wenn das Geschäft die eigenen oder fremde Lebensgrundlagen gefährdet, statt sie zu sichern; wenn Spekulation wie bei Glücksspielen Suchtcharakter annimmt.

430 Was versteht man unter ausgleichender Gerechtigkeit?

433 Wie sollen wir mit Eigentum umgehen, das allen gehört?

Die ausgleichende Gerechtigkeit regelt den Austausch zwischen Personen unter genauer Beachtung ihrer Rechte. Sie sorgt dafür, dass Eigentumsrechte gewahrt, Schulden zurückbezahlt, freiwillig eingegangene Verpflichtungen eingehalten werden, dass begangener Schaden eine angemessene Wiedergutmachung erfährt und gestohlenes Gut zurückgegeben wird. [2411–2412]

Vandalismus und mutwillige Beschädigungen an öffentlichen Einrichtungen und Gemeingut sind Formen von Diebstahl und müssen wiedergutgemacht werden. [2409]

431 Darf man Steuertricks anwenden?

Findigkeit im Umgang mit komplexen Steuersystemen ist moralisch nicht zu beanstanden. Unmoralisch ist Steuerhinterziehung und Steuerbetrug, also das Fälschen, Verschweigen oder Verdecken von Sachverhalten, um eine richtige steuerliche Einschätzung zu verhindern. [2409] Durch die Zahlung von Steuern tragen die Bürger je nach ihrer Leistungsfähigkeit dazu bei, dass der Staat seine Aufgaben erfüllen kann. Daher ist Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt. Steuern müssen gerecht und angemessen sein, und sie müssen auf legalem Weg erhoben werden.

434 Darf ein Christ an Wetten und Glücksspielen

teilnehmen? Wetten und Glücksspiele sind dann unmoralisch und gefährlich, wenn der Spieler seinen Lebensunterhalt gefährdet. Schlimmer wird es noch, wenn er die Lebensgrundlage anderer Menschen riskiert, schon gar derer, die ihm anvertraut sind. [2413] Es ist moralisch höchst fragwürdig, hohe Summen im Glücksspiel einzusetzen, während anderen das Nötigste zum Leben fehlt. Wetten und Glücksspiele können zudem süchtig machen und den Menschen versklaven. 435 Darf man Menschen „kaufen“ und „verkaufen“?

Kein Mensch, auch nicht Teile des Menschen, dürfen zur Ware gemacht werden, noch darf der Mensch sich selber zur Ware machen. Der Mensch gehört Gott und ist von ihm mit Freiheit und Würde beschenkt.

Wer das Geld liebt, bekommt vom Geld nie genug. Koh 5,9

Sein Geld besitzt ihn eher, als dass er es besitzt. Hl. C yprian von K arthago (um 20–258, Kirchenvater)

Bedenke bei jedem Anschaffen und Benutzen eines Gegenstandes, dass dieser ein Produkt menschlicher Arbeit ist und dass du, indem du ihn verbrauchst, zerstörst, beschädigst, diese Arbeit zerstörst und damit Menschenleben verbrauchst. Leo Tolstoi (1818–1910, russischer Dichter)

234 235 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Jesus lobt ausdrücklich das Versprechen des Zöllners Zachäus: „Wenn ich von jemand zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück.“ (Lk 19,8)

429 Welche Regeln gelten für geistiges Eigentum?

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

(von lat. plagium = Menschenraub): Ein Plagiat ist die unbefragte und verdeckte Übernahme fremden geistigen Eigentums, das als eigene geistige Leistung ausgegeben wird.

Benedikt X V I., „Jesus von Nazareth“

Ca. 12,3 Millionen Menschen leben versklavt in Zwangsarbeit. Ca. 2,4 Millionen von ihnen sind Opfer des Menschenhandels. Summe der Gewinne: ca. 10 Milliarden US-Dollar.

Die Erfahrung zeigt, dass jede Rücksichtslosigkeit gegenüber der Umwelt dem menschlichen Zusammenleben Schaden zufügt und umgekehrt. Immer deutlicher tritt der untrennbare Zusammenhang zwischen dem Frieden mit der Schöpfung und dem Frieden unter den Menschen in Erscheinung. Benedikt X V I., 01.01.2007

Im Organhandel, im Embryonenhandel der Biotechnologie, im Kinderhandel zu Adoptionszwecken, bei der Rekrutierung von Kindersoldaten, in der Prostitution – überall taucht das uralte Unrecht von Menschenhandel und Sklaverei neu auf. Menschen werden ihrer Freiheit, ihrer Würde, ihrer Selbstbestimmung, ja ihres Lebens beraubt. Man erniedrigt sie zu einem Objekt, mit dem sein Besitzer ein Geschäft machen kann. Vom Menschenhandel im strikten Sinn zu unterscheiden sind Praktiken im Fußball und anderen Sportarten. Auch hier ist die Rede vom „Kaufen“ und „Verkaufen“, aber es handelt sich doch wohl um Vorgänge, bei denen die freie Zustimmung der Spieler vorausgesetzt werden kann. 280

436 Wie sollen wir mit der Schöpfung umgehen?

Wir erfüllen den Schöpfungsauftrag Gottes, wenn wir die Erde mit ihren Lebensgesetzen, ihrer Artenvielfalt, ihrer natürlichen Schönheit und ihren nachwachsenden Reichtümern als Lebensraum pflegen und nachhaltig erhalten, so dass auch künftige Generationen gut auf der Erde leben können. [2415] Im Buch Genesis heißt es: „Seid fruchtbar und vermehrt euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen.“ (Gen 1,28) Mit „Herrschen über die Erde“ ist nicht ein absolutes Recht gemeint, willkürlich über die belebte und unbelebte Natur, Tiere und Pflanzen, verfügen zu dürfen. Nach dem Ebenbild Gottes geschaffen zu sein bedeutet, dass der Mensch als Hirte und Hüter für die Schöpfung Gottes sorgen soll. Denn es heißt auch: „Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte“ (Gen 2,15). 42–50

437 Wie sollen wir mit Tieren umgehen?

Tiere sind unsere Mitgeschöpfe, die wir lieben und an denen wir uns freuen sollen, wie Gott sich an ihrem Dasein freut. [2416–2418, 2456–2457] Auch Tiere sind fühlende Geschöpfe Gottes. Es ist eine Sünde, sie zu quälen, sie leiden zu lassen und sie nutzlos zu töten. Dennoch darf ein Mensch nicht die Tierliebe über die Menschenliebe stellen. 438 Warum hat die Katholische Kirche eine eigene

Soziallehre? Weil alle Menschen als Kinder Gottes eine einzigartige Würde besitzen, setzt sich die Kirche mit ihrer Soziallehre dafür ein, dass diese Menschenwürde im sozialen Bereich auch für alle Menschen verwirklicht wird. Sie will die Politik oder die Wirtschaft nicht bevormunden. Wo in Politik und Wirtschaft jedoch die Würde von Menschen verletzt wird, muss die Kirche sich einmischen. [2419–2420, 2422–2423] „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi“ (Zweites Vatikanisches Konzil, GS). In ihrer Soziallehre macht die Kirche diesen Satz konkret. Und sie fragt: Wie können wir Verantwortung übernehmen für das Wohlergehen und die gerechte Behandlung aller, auch der Nichtchristen? Wie muss eine gerechte Gestaltung des menschlichen Zusammenlebens, der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Institutionen aussehen? In ihrem Einsatz für die Gerechtigkeit wird die Kirche geleitet von einer Liebe, die sich an der Liebe Christi zu den Menschen orientiert. 439 Wie entstand die Soziallehre der Kirche?

Die Kirche antwortete mit ihrer katholischen Soziallehre auf die Arbeiterfrage im 19. Jahrhundert. Zwar hatte die Industrialisierung zu einer Vermehrung des Wohlstandes geführt, aber davon profitierten

Ihr setzt euch zu Recht ein für die Gesunderhaltung der Umwelt, der Pflanzen und der Tiere! Sagt noch viel entschiedener ja zum menschlichen Leben, das in der Rangordnung der Kreatur weit über allen geschaffenen Wirklichkeiten der sichtbaren Welt steht! Johannes Paul I I., 08.09.1985

Die Liebe ist der Hauptweg der Soziallehre der Kirche. Benedikt X V I., Caritas in Veritate [CiV]

236

Die Kirche teilt mit den Menschen unserer Zeit diesen tiefen, brennenden Wunsch nach einem in jeder Hinsicht gerechten Leben und versäumt es nicht, die verschiedenen Aspekte der Gerechtigkeit, wie sie das Leben der Menschen und der Gesellschaftsgruppen fordert, zu durchdenken. Johannes Paul I I., Dives in Misericordia

237 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Schätzungen der IOL (Internationale Organisation der Arbeit) für das Jahr 2005

Menschen zu kaufen und zu verkaufen, wie es heute nicht nur in der Prostitution gang und gäbe ist, ist ein zutiefst verwerflicher Akt. [2414]

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Angesichts der Grausamkeiten eines Kapitalismus, der den Menschen zur Ware degradiert, verstehen wir wieder neu, was Jesus mit der Warnung vor dem Reichtum, vor der den Menschen zerstörenden Gottheit Mammon meinte, der große Teile der Welt im Würgegriff hält.

238 239 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Ps 65,10.13–14

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Du sorgst für das Land und tränkst es; du überschüttest es mit Reichtum. Der Bach Gottes ist reichlich gefüllt, du schaffst ihnen Korn, so ordnest du alles. In der Steppe prangen die Auen, die Höhen umgürten sich mit Jubel. Die Weiden schmücken sich mit Herden, die Täler hüllen sich in Korn. Sie jauchzen und singen.

Sowenig das Kapital ohne die Arbeit, so wenig kann die Arbeit ohne das Kapital bestehen.

Johannes Paul I I., Sollicitudo rei socialis

Wie es etwas in höchstem Grade Gutes ist, wenn einer die Macht in der Herrschaft über viele gut gebraucht, so ist es etwas höchst Verwerfliches, wenn er sie missbraucht. THOMAS VON AQUIN

440 Sind Christen verpflichtet, sich in Politik und



Gesellschaft zu engagieren?

Es ist eine besondere Aufgabe der christlichen Laien, sich im Geist des Evangeliums, der Liebe, der Wahrheit und der Gerechtigkeit in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft zu engagieren. Die katholische Soziallehre bietet ihnen hierzu eine klare Orientierung. [2442] Mit dem Dienst der Bischöfe, Priester und Ordensleute ist eine parteipolitische Betätigung nicht vereinbar. Sie müssen für alle da sein. 441 Was sagt die Kirche zur Demokratie?

Die Kirche befürwortet die Demokratie, weil sie unter den politischen Systemen die besten Voraussetzungen dafür bietet, dass die Gleichheit vor dem Gesetz und die Menschenrechte verwirklicht werden. Dafür muss aber die Demokratie mehr sein als eine bloße Herrschaft der Mehrheit. Eine wahre Demokratie ist nur in einem Rechtsstaat möglich, der die Grundrechte aller anerkennt und notfalls auch gegen einen Mehrheitswillen verteidigt. [1922]

442 Wie steht die Kirche zum Kapitalismus bzw. zur

Marktwirtschaft? Ein Kapitalismus, der nicht in eine feste Rechtsordnung eingebettet ist, steht in der Gefahr, sich vom Gemeinwohl zu lösen und zum bloßen Mittel der Profitgier Einzelner zu werden. Das lehnt die Kirche entschieden ab. Hingegen befürwortet sie eine Marktwirtschaft, die im Dienst des Menschen steht, Monopole verhindert und die Versorgung aller mit lebenswichtigen Gütern und Arbeit gewährleistet. [2426] Die katholische Soziallehre bewertet alle gesellschaftlichen Einrichtungen danach, ob sie dem Gemeinwohl dienen, das heißt: inwieweit sie „den Einzelnen, den Familien und gesellschaftlichen Gruppen ihre eigene Vervollkommnung voller und ungehinderter zu erreichen gestatten“ (Zweites Vatikanisches Konzil, GS). Das gilt auch für die Wirtschaft, die in erster Linie im Dienst des Menschen zu stehen hat. 443 Was ist die Aufgabe von Managern und Unternehmern?

Unternehmer und Manager bemühen sich um den wirtschaftlichen Erfolg ihres Unternehmens. Neben den legitimen (Profit-)Interessen gibt es für sie aber auch eine soziale Verantwortung: die berechtigten Anliegen der Arbeitnehmer, der Zulieferer, der Kunden sowie der gesamten Gesellschaft und auch der Umwelt zu berücksichtigen. [2432]

Eine Demokratie ohne Werte verwandelt sich, wie die Geschichte beweist, leicht in einen offenen oder hinterhältigen Totalitarismus. Johannes Paul I I., Centesimus Annus

Ein Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit hat keine Moral und auch keine Zukunft. Reinhard K ardinal Marx *1953, Erzbischof von München und Freising

Die Beschaffung von Ressourcen, die Finanzierung, die Produktion, der Konsum und alle übrigen Phasen haben unvermeidbar moralische Folgen. So hat jede wirtschaftliche Entscheidung eine moralische Konsequenz. Benedikt X V I., CiV

240 241 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst den den N ächsten lieben wie dich selbst

Man muss hierbei die den Laien, Männern und Frauen, vorwiegend übertragene Rolle unterstreichen […]. Ihnen kommt es zu, mit christlichem Engagement die irdischen Bereiche zu beleben und sich darin als Zeugen und Mitarbeiter des Friedens und der Gerechtigkeit zu erweisen.

Die Kirche setzte sich dafür ein, dass nicht mehr nur wenige, sondern alle von dem durch die Industrialisierung und den Wettbewerb neu ermöglichten Wohlstand profitierten. Sie befürwortete deshalb die Entstehung von Gewerkschaften und trat dafür ein, dass die Arbeiter mit Hilfe von staatlichen Gesetzen und Versicherungen vor Ausbeutung geschützt wurden und sie und ihre Familien in Krankheit und Not abgesichert waren.

Die Geschichte lehrt, dass auch die Demokratie keinen absoluten Schutz vor Verletzungen der Menschenwürde und der Menschenrechte bietet. Sie steht immer in der Gefahr, zu einer Tyrannei der Mehrheit über eine Minderheit zu werden. Demokratie lebt von Voraussetzungen, die sie selbst nicht garantieren kann. Deshalb müssen besonders die Christen darauf achten, dass die Werte, ohne die eine Demokratie keinen Bestand hat, nicht ausgehöhlt werden.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Leo X I I I., Rerum novarum von 1891

vor allem die Fabrikherren, während viele Menschen als nahezu rechtlose Arbeiter ins Elend fielen. Der Kommunismus zog aus dieser Erfahrung den Schluss, dass ein unversöhnlicher Gegensatz zwischen Arbeit und Kapital bestehe, der durch den Klassenkampf entschieden werden müsse. Die Kirche hingegen trat für einen gerechten Ausgleich zwischen den Arbeitern und den Fabrikherren ein. [2421]

Johannes Paul I I., Laborem Exercens

Niemals wird der Mensch sich einverstanden erklären, wie ein Sysiphus zu arbeiten. PIERRE TE ILHARD DE CHARDIN (1881-1955, frz. Jesuit und Naturforscher)

444 Was sagt die katholische Soziallehre zu den



Themen Arbeit und Arbeitslosigkeit?

Zu arbeiten ist ein Auftrag Gottes an uns Menschen. Wir sollen in gemeinsamer Anstrengung sein Schöpfungswerk bewahren und fortsetzen: „Gott, der Herr, nahm also den Menschen und setzte ihn in den Garten von Eden, damit er ihn bebaue und hüte“ (Gen 2,15). Arbeit ist für die meisten Menschen die Lebensgrundlage. Arbeitslosigkeit ist ein schlimmes Übel, das entschieden bekämpft werden muss.

445 Was meint das Prinzip „Arbeit vor Kapital“?

Die Kirche hat immer „das Prinzip des Vorranges der Arbeit gegenüber dem Kapital“ (Johannes Paul II., LE) gelehrt. Geld oder Kapital besitzt der Mensch als eine Sache. Die Arbeit hingegen ist nicht von dem Menschen zu trennen, der sie verrichtet. Deshalb kommt den elementaren Bedürfnissen der Arbeiter der Vorrang gegenüber den Kapitalinteressen zu. Auch die Kapitaleigentümer und Investoren haben legitime Interessen, die geschützt werden müssen. Es ist aber ein schweres Unrecht, wenn Unternehmer und Investoren versuchen, den eigenen Profit auf Kosten der elementaren Rechte ihrer Arbeiter und Angestellten zu vermehren. 446 Was sagt die Kirche zur Globalisierung?

Die Globalisierung ist zunächst weder gut noch böse, sondern die Beschreibung einer Wirklichkeit, die gestaltet werden muss. „In den wirtschaftlich entwickelten Ländern entstanden, hat dieser Prozess seiner Natur entsprechend eine Einbeziehung sämtlicher Ökonomien verursacht. Er war der Hauptantrieb für das Heraustreten ganzer Regionen aus der Unterentwicklung und stellt an sich eine große Chance dar. Ohne die Führung der Liebe in der Wahrheit kann dieser weltweite Impuls allerdings dazu beitragen, die Gefahr bisher ungekannter Schäden und neuer Spaltungen in der Menschheitsfamilie heraufzubeschwören.“ (Benedikt XVI., CiV) Wenn wir eine billige Jeans kaufen, darf uns nicht gleichgültig sein, unter welchen Umständen sie produziert wurde, ob die Arbeiter einen gerechten Lohn bekommen haben oder nicht. Das Schicksal aller ist bedeutsam. Niemandes Not darf uns gleichgültig lassen. Auf der Ebene der Politik bedarf es „einer echten politischen Weltautorität“ (Benedikt XVI., CiV), die dafür sorgt, dass es zu einem gerechten Ausgleich zwischen den Menschen in

Alles, was der Begriff „Kapital“ im engeren Sinn umfasst, ist nur eine Summe von Dingen. Der Mensch als Subjekt der Arbeit und unabhängig von der Arbeit, die er verrichtet, der Mensch und er allein ist Person. Johannes Paul I I., Laborem Exercens

Es ist bestürzend, eine Globalisierung zu sehen, die die Lebensbedingungen der Armen immer schwieriger macht, die nichts beiträgt, um Hunger, Armut und soziale Ungleichheit zu heilen, und die die Umwelt mit den Füßen tritt. Diese Aspekte der Globalisierung können zu extremen Gegenreaktionen führen: Zu Nationalismus, zu religiösem Fanatismus, sogar zum Terrorismus. Johannes Paul I I., 2003

242 243 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Während heute viele Menschen, die gerne arbeiten würden, keinen Arbeitsplatz finden, gibt es „Workaholics“, die vor lauter Arbeit keine Zeit mehr für Gott und ihre Mitmenschen haben. Und während viele Menschen sich und ihre Familien von ihrem Arbeitslohn kaum ernähren können, verdienen andere so viel, dass sie ein Leben in unvorstellbarem Luxus führen können. Arbeit ist kein Selbstzweck, sondern sie soll der Verwirklichung einer menschenwürdigen Gesellschaft dienen. Die katholische Soziallehre setzt sich deshalb für eine Wirtschaftsordnung ein, in der alle Menschen aktiv mitwirken und an dem erarbeiteten Wohlstand teilhaben können. Sie tritt ein für einen gerechten Lohn, der allen

eine menschenwürdige Existenz ermöglicht, und fordert die Reichen zu den Tugenden des Maßhaltens und des solidarischen Teilens auf. 47, 332

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Die Arbeit ist ein Gut für den Menschen – für sein Menschsein –, weil er durch die Arbeit nicht nur die Natur umwandelt und seinen Bedürfnissen anpasst, sondern auch sich selbst als Mensch verwirklicht, ja gewissermaßen „mehr Mensch“ wird.

Benedikt X V I., CiV

Benedikt X V I., CiV

Die „Wirtschaft in Gemeinschaft“ ist entstanden, damit wir eines Tages dieses Beispiel geben können: ein Volk, in dem es keinen Notleidenden, keinen Armen gibt. Chiara Lubich (1920–2008, Gründerin der Fokolarbewegung)

447 Ist die Globalisierung nur eine Aufgabe von



Politik und Wirtschaft?

Früher gab es die Idee einer Aufgabenteilung: Die Wirtschaft sollte für die Vermehrung des Reichtums und die Politik sollte für dessen gerechte Verteilung sorgen. Im Zeitalter der Globalisierung aber werden die Profite global erzielt, während Politik weitgehend an die Grenzen der Staaten gebunden bleibt. Deshalb ist heute nicht nur die Stärkung überstaatlicher politischer Institutionen notwendig, sondern auch die Initiative Einzelner und sozialer Gruppen, die sich nicht primär wegen des Profits, sondern aus einem Geist der Solidarität und der Liebe heraus in den ärmeren Regionen der Welt wirtschaftlich betätigen. Neben dem Markt und dem Staat ist eine starke Zivilgesellschaft notwendig. Auf dem Markt werden gleichwertige Leistungen und Gegenleistungen getauscht. In vielen Regionen dieser Welt sind die Menschen aber so arm, dass sie zum Tausch nichts anbieten können und so immer weiter abgehängt werden. So braucht es wirtschaftliche Initiativen, die nicht durch die „Logik des Tauschs“, sondern durch die „Logik des Geschenks ohne Gegenleistung“ (Benedikt XVI., CiV) bestimmt sind. Dabei geht es nicht darum, den Armen bloße Almosen zu geben, sondern ihnen im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe Wege zur wirtschaftlichen Freiheit zu eröffnen. Es gibt christliche Initiativen, wie zum Beispiel das Projekt „Wirtschaft in Gemeinschaft“ der Fokolar-Bewegung mit inzwischen weltweit mehr als 750 Betrieben. Es gibt auch nichtchristliche „Sozialunternehmer“ (social entrepreneurs), die zwar gewinnorientiert, aber im Geist einer „Kultur des Gebens“ und mit dem Ziel der Linderung von Armut und Ausgrenzung arbeiten.

244 245

448 Sind Armut und Unterentwicklung ein



unabwendbares Schicksal?

Gott hat uns eine reiche Erde anvertraut, die allen Menschen genügend Nahrung und Raum zum Leben bieten würde. Dennoch gibt es ganze Regionen, Länder und Erdteile, in denen viele Menschen kaum das Nötigste haben, um leben zu können. Diese Spaltung der Welt hat komplexe historische Ursachen, aber sie ist nicht unumkehrbar. Die reichen Länder haben die moralische Pflicht, durch Entwicklungshilfe und die Herstellung gerechter Wirtschafts- und Handelsbedingungen den unterentwickelten Staaten aus der Armut herauszuhelfen. Auf unserer Welt leben 1,4 Milliarden Menschen, die mit weniger als 1 Euro täglich auskommen müssen. Sie leiden an einem Mangel an Nahrung und häufig auch sauberem Trinkwasser, sie haben meist keinen Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung. Es wird geschätzt, dass

Die Völker, die Hunger leiden, bitten die Völker, die im Wohlstand leben, dringend und inständig um Hilfe. Die Kirche erzittert vor diesem Schrei der Angst und wendet sich an jeden Einzelnen, dem Hilferuf seines Bruders in Liebe zu antworten. Paul V I., PP

[ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Die zunehmend globalisierte Gesellschaft macht uns zu Nachbarn, aber nicht zu Geschwistern. Die Vernunft für sich allein ist imstande, die Gleichheit unter den Menschen zu begreifen und ein bürgerliches Zusammenleben herzustellen, aber es gelingt ihr nicht, Brüderlichkeit zu schaffen.

den reichen und jenen in den unterentwickelten Ländern kommt. Noch viel zu häufig sind sie von den Vorteilen der wirtschaftlichen Globalisierung ausgeschlossen und haben nur die Lasten zu tragen.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Die globalisierte Wirtschaft scheint die erste Logik, jene des vertraglich vereinbarten Gütertausches, zu bevorzugen, aber direkt und indirekt zeigt sie, dass sie auch die anderen beiden Formen braucht, die Logik der Politik und die Logik des Geschenks ohne Gegenleistung.

Die Armen nicht an unseren Gütern teilhaben lassen heißt sie bestehlen und ihnen das Leben nehmen. Nicht unsere Güter haben wir in Besitz, sondern ihre.

449 Welche Bedeutung haben die Armen für Christen?

Die Liebe zu den Armen muss für alle Zeiten das Kennzeichen der Christen sein. Den Armen stehen nicht einfach irgendwelche Almosen zu; sie haben einen Anspruch auf Gerechtigkeit. Für Christen besteht eine besondere Pflicht, ihre Güter zu teilen. Vorbild in der Liebe zu den Armen ist Christus. [2443–2446] 427

450 Was sind „Die Leiblichen Werke der

Barmherzigkeit“?

451 Was sind „Die Geistlichen Werke der Barmherzigkeit?“

Geistliche Werke der Barmherzigkeit sind: Unwissende belehren, Zweifelnden raten, Trauernde trösten, Sünder zurechtweisen, dem Beleidiger verzeihen, Unrecht ertragen, für Lebende und Tote beten.

Du sollst nicht falsch gegen deinen Nächsten aussagen! 452 Was fordert das Achte Gebot von uns?

Jede Lüge verstößt gegen die Gerechtigkeit und die Liebe. Die Lüge ist eine Form von Gewalt; sie trägt den Keim der Spaltung in eine Gemeinschaft und untergräbt das Vertrauen, auf dem jede menschliche Gemeinschaft beruht.

Gebet der Franziskanischen Bewegung aus Frankreich 1913

453 Was hat unser Verhältnis zur Wahrheit mit Gott



zu tun?

Im Respekt vor der Wahrheit zu leben bedeutet nicht nur, sich selbst zu treu sein. Genauer betrachtet bedeutet wahrhaftig sein, treu gegenüber Gott zu sein, denn er ist die Quelle aller Wahrheit. Ganz unmittelbar finden wir die Wahrheit über Gott und die gesamte Wirklichkeit in Jesus, der „der Weg, die Wahrheit und das Leben“ ist (Joh 14,6). [2465–2470, 2505]

Wenn Bewerberinnen für ihre Ordensgemeinschaft kamen, nahm Mutter Teresa sie häufig beiseite, öffnete ihre rechte Hand, um dann die fünf Finger, einen nach dem anderen, wieder zusammenzufalten. Dabei sprach sie bei jedem Finger eines der Worte: „Das / hast / du / mir / getan!“ – die fünf Worte Jesu aus Mt 25,40. Diese Worte und diese kleine Übung waren und sind für die Schwestern das große Hilfsmittel im inneren Kampf gegen Ekel und Abneigung im Dienst an Kranken und Sterbenden.

Die Wahrheit ist in dieser Zeit so sehr verdunkelt und die Lüge so allgemein verbreitet, dass man die Wahrheit nicht erkennen kann, wenn man sie nicht liebt. Blaise Pascal

246 247 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Das Achte Gebot lehrt uns, nicht zu lügen. Lügen bedeutet, bewusst und gewollt gegen die Wahrheit zu reden oder zu handeln. Wer lügt, betrügt sich selbst und täuscht andere, die ein Recht darauf haben, die volle Wahrheit eines Sachverhalts zu kennen. [2464, 2467–2468, 2483, 2485–2486]

„Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich“ (Mt 5,3) – das ist der erste Satz der Bergpredigt Jesu. Es gibt materielle, seelische, geistige und spirituelle Armut. Christen müssen sich der Bedürftigen dieser Erde mit großer Aufmerksamkeit, Liebe und Nachhaltigkeit annehmen. Sie werden nämlich von Christus an keinem Punkt so klar gemessen wie an der Art, wie sie mit den Armen umgehen: „Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan“ (Mt 25,40). 427

Arabisches Sprichwort

Hungrige speisen, Durstige tränken, Nackte bekleiden, Fremde aufnehmen, Kranke besuchen, Gefangene befreien, Tote bestatten. [2447]

Da s acht e Gebo t:

Denn wer da gibt, der empfängt, wer sich selbst vergisst, der findet, wer verzeiht, dem wird verziehen, und wer da stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.

Gib den Armen. Und du wirst reich.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Johannes Chrysostomus

täglich mehr als 25.000 Menschen an Unterernährung sterben. Viele von ihnen sind Kinder.

Wenn wir sagen, dass wir Gemeinschaft mit ihm haben, und doch in der Finsternis leben, lügen wir und tun nicht die Wahrheit.

Lebe so, dass du morgen als Märtyrer sterben kannst. Charles de Foucauld (Er selbst erlitt 1916 das Martyrium)

454 Wie stark verpflichtet die Wahrheit des Glaubens?

Jeder Christ muss Zeugnis für die Wahrheit ablegen und darin Christus nachfolgen, der vor Pilatus gesagt hat: „Ich bin geboren und in die Welt gekommen, um für die Wahrheit Zeugnis abzulegen“ (Joh 18,37). [2472–2474] Das kann sogar heißen, dass ein Christ aus Treue zur Wahrheit und aus Liebe zu Gott und den Menschen sein Leben hingibt. Diese stärkste Form des Eintretens für die Wahrheit nennt man Martyrium.

märt yrer

457 Warum verlangt Wahrheit Diskretion? 455 Was heißt wahrhaftig sein?

Wahrhaftig sein bedeutet, dass man redlich handelt und ehrlich redet. Der Wahrhaftige hütet sich vor Doppelzüngigkeit, Verstellung, vor arglistiger Täuschung und Heuchelei. Die schlimmste Form der Unwahrhaftigkeit ist der Meineid. [2468, 2476] Ein großes Übel in allen Gemeinschaften ist das Lästern über andere Menschen und das Weitertragen des Gehörten: A sagt B „im Vertrauen“, was C über B Abträgliches gesagt hat. 456 Was muss man tun, wenn man gelogen, getäuscht



oder betrogen hat?

Jede Verfehlung gegen die Wahrheit und Gerechtigkeit verlangt, auch wenn sie vergeben wurde, nach Wiedergutmachung. [2487] Wenn man eine Lüge oder ein Falschzeugnis öffentlich nicht wiedergutmachen kann, muss man wenigstens im Geheimen tun, was man kann. Kann man dem Geschädigten den entstandenen Schaden nicht direkt ersetzen, ist man im Gewissen verpflichtet, ihm moralische Wiedergutmachung zu leisten, d.h., man muss sein Bestes

Die Mitteilung der Wahrheit muss klug geschehen und eingebettet sein in Liebe. Häufig wird die Wahrheit als Waffe eingesetzt und entfaltet so eine zerstörerische statt eine aufbauende Wirkung. [2488–2489, 2491] Bei der Mitteilung von Informationen muss man an die „drei Siebe“ des Sokrates denken: Ist es wahr? Ist es gut? Ist es hilfreich? Diskret ion ist auch geboten bei Berufsgeheimnissen. Sie sind immer einzuhalten, außer in strikt zu begründenden Sonderfällen. Ebenso macht sich schuldig, wer vertrauliche Mitteilungen, die unter dem Siegel der Verschwiegenheit gegeben wurden, öffentlich macht. Alles, was man sagt, muss wahr sein, aber nicht alles, was wahr ist, muss man sagen. 458 Wie geheim ist das Beichtgeheimnis?

Das Beichtgeheimnis ist heilig. Es darf aus keinem noch so schwerwiegenden Grund verletzt werden. [2490] Selbst das schwerste Verbrechen darf ein Priester nicht anzeigen. Er hat nur die Möglichkeit, die Lossprechung zu verweigern, wenn der Beichtende sich nicht der Polizei stellt. Selbst Lappalien aus der Beichte eines

Meineid Ein Meineid ist die Bekräftigung einer Falschaussage, bei der Gott bewusst zum Zeugen einer Unwahrheit gemacht wird. Er ist eine schwere Sünde.

248 249

Erzähle ein Gerücht niemals weiter, bevor du es nachgeprüft hast. Und wenn es stimmt, halte erst recht den Mund. Selma L agerlöf (1858–1940, schwedische Schriftstellerin)

diskre t ion (von lat. discernere = unterscheiden) ist die Fähigkeit, zu unterscheiden, wann man wem was sagen kann.

[ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

(von griech. martyria = Zeugnis): Ein christlicher Märtyrer ist ein Mensch, der bereit ist, für Christus, der die Wahrheit ist, oder für eine aus dem Glauben entstandene Gewissensentscheidung Gewalt zu erleiden, ja sich sogar töten zu lassen. Dies ist genau das Gegenteil von islamistischen Selbstmordattentätern. Sie tun sich und anderen aus irregeleiteten Glaubensüberzeugungen Gewalt an und werden deshalb von Islamisten als „Märtyrer“ verehrt.

geben, um wenigstens einen symbolischen Ausgleich zu schaffen.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

1 Joh 1,6

Wer Jesus wirklich nachfolgt, bringt immer größere Wahrhaftigkeit in sein Leben. Er tilgt alle Lüge, Falschheit, Verstellung und Uneindeutigkeit aus seinen Lebensvollzügen und wird durchsichtig auf die Wahrheit hin. Glauben heißt zum Zeugen der Wahrheit werden.

Kindes dürfte der Priester nicht preisgeben, nicht einmal unter der Folter. 238

Diejenigen Medien, die sich nicht bloß an einzelne Menschen, sondern an die ganze menschliche Gesellschaft richten und sie beeinflussen: Presse, Film, Radio, Fernsehen, Internet etc.

Kommunikationsmitteln? Medienschaffende haben eine Verantwortung gegenüber Mediennutzern. Vor allem müssen sie wahrheitsgemäß informieren. Sowohl die Recherche wahrer Sachverhalte wie auch deren Veröffentlichung müssen die Rechte und die Würde des Menschen beachten. [2493–2499] Die sozialen Kommunikat ionsmit tel sollen zum Aufbau einer gerechten, freien und solidarischen Welt beitragen. Tatsächlich werden Medien nicht selten als Waffen in der ideologischen Auseinandersetzung eingesetzt, oder man gibt im Wunsch nach Reichweite („Quote“) jede ethische Steuerung ihrer Inhalte auf und macht sie zum Mittel, Menschen zu verführen und abhängig zu machen.

Menschen, die in Medien arbeiten, müssen sich immer bewusst sein, dass eine erzieherische Wirkung von ihren Produkten ausgeht. Jugendliche müssen sich immer wieder prüfen, ob sie Medien in Freiheit und kritischer Distanz nutzen können oder ob sie von bestimmten Medien bereits süchtig gemacht wurden. Jeder Mensch ist für seine Seele verantwortlich. Wer über Medien Gewalt, Hass und Pornographie konsumiert, stumpft geistig ab und fügt sich Schaden zu. 461 Wie vermittelt die Kunst zwischen Schönheit und Wahrheit?

Das Wahre und das Schöne gehören zusammen, denn Gott ist sowohl die Quelle des Schönen als auch die Quelle der Wahrheit. Die Kunst, die sich dem Schönen widmet, ist daher ein eigener Weg zum Ganzen und zu Gott. [2500–2503, 2513]

Da s neun t e Gebo t:

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Frau! 460 Welche Gefahr geht von den Medien aus? Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Mt 6,21

Viele Menschen, insbesondere Kinder, halten das für wirklich, was sie in den Medien sehen. Wenn im Zeichen der Unterhaltung Gewalt verherrlicht, antisoziales Verhalten gebilligt und die menschliche Sexualität

462 Warum wendet sich das Neunte Gebot gegen die



sexuelle Begierde?

Das Neunte Gebot wendet sich nicht gegen das Begehren an sich, sondern gegen ungeordnete Begierde. Die „Begehrlichkeit“, vor der die Heilige Schrift warnt, ist

Weish 13,3

Von der Größe und Schönheit der Geschöpfe lässt sich auf ihren Schöpfer schließen. Weish 13,5

Für mich entspringt die Vollkommenheit in der Kunst und im Leben aus der biblischen Quelle. Marc Chagall (1887–1985, russischer Maler)

250 251

Das Schöne ist der Abglanz der Wahrheit. Thomas von Aquin

Darum tötet, was irdisch an euch ist: die Unzucht, die Schamlosigkeit, die Leidenschaft, die bösen Begierden und die Habsucht, die ein Götzendienst ist. Kol 3,5

[ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Was man in Worten nicht sagen und mit dem Denken nicht zum Ausdruck bringen kann, das äußert sich in der Kunst. Sie ist „ein freies Überströmen des inneren Reichtums des Menschen“ (KKK 2501). In großer Nähe zum Schöpfertum Gottes vereinigen sich im Künstler Inspiration und menschliches Können, um etwas Neues, einen bisher ungesehenen Aspekt der Wirklichkeit, in eine gültige Form zu bringen. Kunst ist kein Selbstzweck. Sie soll den Menschen erheben, ihn erschüttern, ihn bessern und letztlich zur Anbetung und zum Dank an Gott führen.

Der Urheber der Schönheit hat sie [die Welt] geschaffen.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Soziale Kom­ munik at ions­ mit tel

459 Welche ethische Verantwortung hat man mit

banalisiert wird, versündigen sich sowohl die Verantwortlichen in den Medien wie die Kontrollinstanzen, die es unterbinden müssten. [2496, 2512]

Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.

die Herrschaft der Triebe über den Geist, die Dominanz des Triebhaften über den ganzen Menschen und die dadurch hervorgerufene Sündhaftigkeit. [2514, 2515, 2528, 2529]

Mt 5,8

Gal 5,19–21

463 Wie gelangt man zur „Reinheit des Herzens“?

Ps 51,12-14

Die zur Liebe erforderliche Reinheit des Herzens erlangt man in erster Linie durch Verbundenheit mit Gott im Gebet. Wo Gottes Gnade uns berührt, da entsteht auch ein Weg zu reiner, ungeteilter menschlicher Liebe. Ein keuscher Mensch kann mit aufrichtigem und ungeteiltem Herzen lieben. [2520, 2532] Wenn wir uns Gott in lauterer Absicht zuwenden, verwandelt er unser Herz. Er gibt uns die Kraft, seinem Willen zu entsprechen und unreine Gedanken, Phantasien und Wünsche zurückzuweisen. 404–405 464 Wozu ist Scham gut?

Handelt heute so, dass ihr morgen nicht zu erröten braucht. Hl. Johannes Don Bosco (1815–1888, ital. Priester und Ordensgründer)

Die Scham schützt den intimen Raum des Menschen: sein Geheimnis, sein Eigenstes und Innerstes, seine Würde, vor allem auch seine Fähigkeit zu Liebe und erotischer Hingabe. Sie bezieht sich auf das, was nur die Liebe sehen darf. [2521–2525, 2533] Viele junge Christen leben in einer Umwelt, in der wie selbstverständlich alles zur Schau gestellt und das Schamgefühl systematisch abtrainiert wird. Aber Schamlosigkeit ist unmenschlich. Tiere kennen kein Schamge-

252 253 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Erschaffe mir, Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen, beständigen Geist. Verwirf mich nicht von deinem Angesicht und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Mach mich wieder froh mit deinem Heil, mit einem willigen Geist rüste mich aus.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Die Werke des Fleisches sind deutlich erkennbar: Unzucht, Unsittlichkeit, ausschweifendes Leben, Götzendienst, Zauberei … Ich wiederhole, was ich euch schon früher gesagt habe: Wer so etwas tut, wird das Reich Gottes nicht erben.

Die erotische Anziehung zwischen Mann und Frau wurde von Gott geschaffen und ist daher gut; sie gehört zum geschlechtlichen Wesen und zur biologischen Verfasstheit des Menschen. Sie sorgt dafür, dass Mann und Frau sich miteinander verbinden und Nachkommenschaft aus ihrer Liebe hervorgehen kann. Diese Verbindung soll durch das Neunte Gebot geschützt werden. Durch das Spiel mit dem Feuer, also durch den fahrlässigen Umgang mit dem erotischen Knistern zwischen Mann und Frau, darf der Schutzraum von Ehe und Familie nicht gefährdet werden. Deswegen heißt es besonders für Christen: Hände weg von verheirateten Männern und Frauen! 400–425

Die Scham existiert überall dort, wo es ein Mysterium gibt. Friedrich Nietzsche (1844–1900, dt. Philosoph)

Ex 20,17

Mutter Teresa

465 Welche Haltung soll ein Christ in Hinsicht auf

fremdes Eigentum einnehmen?

Aus Gier resultieren Habsucht, Diebstahl, Raub und Betrug, Gewalt und Ungerechtigkeit, Neid und maßloses Verlangen nach der Aneignung von fremdem Gut.

bekämpfen? Neid ist Missgunst und Ärger beim Blick auf das Wohlergehen anderer und der Wunsch nach ungerechter Aneignung dessen, was andere haben. Wer anderen Schlechtes wünscht, sündigt schwer. Neid nimmt ab, wenn man versucht, sich mehr und mehr an den Leistungen und Gaben anderer zu freuen, wenn man an Gottes wohlwollende Vorsehung auch für sich glaubt und wenn man sein Herz auf den wahren Reichtum ausrichtet. Er besteht darin, dass wir durch den Heiligen Geist jetzt schon Anteil an Gott haben. [2538–2540, 2553–2554]

467 Warum verlangt Jesus „Armut des Herzens“



von uns?

„Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich zu machen“ (2 Kor 8,9) [2544–2547, 2555–2557] Auch Jugendliche erfahren innere Leere. Aber so arm dran zu sein ist nicht nur schlecht. Ich muss nur den von ganzem Herzen suchen, der meine Leere ausfüllen und aus meiner Armut Reichtum machen kann. Deshalb sagt Jesus: „Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich“ (Mt 5,3). 283–284 468 Wonach sollte sich der Mensch am meisten sehnen?

Die letzte und größte Sehnsucht des Menschen kann nur Gott sein. Ihn, unseren Schöpfer, Herrn und Erlöser zu schauen, das ist Seligkeit ohne Ende. [2548–2550, 2557] 285

Der unendliche Abgrund im Menschen kann nur von einem unendlichen und unwandelbaren Gegenstand, das heißt von Gott selbst, ausgefüllt werden. Blaise Pascal

254 255 [ I I ] 2 . K A pitel : D u sollst deinen N ächsten lieben wie dich selbst

Ein Christ muss lernen, sinnvolle Wünsche von unvernünftigen und ungerechten zu unterscheiden und sich eine innere Haltung der Achtung vor fremdem Eigentum anzueignen. [2534–2537, 2552]

466 Was ist Neid, und wie kann man ihn in sich

Basilius der GroSSe in seiner Regel

Selbst Gott könnte nichts für jemanden tun, der keinen Raum für ihn gelassen hat. Man muss völlig leer sein, um ihn hereinzulassen, damit er tut, was er will.

Du sollst nicht begehren deines Nächsten Gut!

Lk 12,15

Denn wie der Rost das Eisen, so verzehrt der Neid die Seele, die mit ihm behaftet ist.

Benedikt von Nursia in seiner Regel

Da s zehn t e Gebo t:

Gebt acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier. Denn der Sinn des Lebens besteht nicht darin, dass ein Mensch aufgrund seines großen Vermögens im Überfluss lebt.

Niemand hassen. Nicht eifersüchtig sein. Nicht aus Neid handeln. Streit nicht lieben. Überheblichkeit fliehen.

D r i t t e r t e i l – W ie wir in C hristus das L eben haben

Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen. Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, seinem Rind oder seinem Esel oder nach irgendetwas, was deinem Nächsten gehört.

fühl. Beim Menschen dagegen ist es ein Wesensmerkmal. Es versteckt nicht etwas Minderwertiges, sondern es schützt etwas Wertvolles, nämlich die Würde der Person in ihrer Fähigkeit zu lieben. Das Schamgefühl findet sich in allen Kulturen, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Es hat nichts zu tun mit Prüderie oder verklemmter Erziehung. Der Mensch schämt sich auch für seine Sünde und andere Dinge, deren Veröffentlichung ihn entwürdigen würde. Wer durch Worte, Blicke, Gesten oder Handlungen das natürliche Schamgefühl eines anderen Menschen verletzt, beraubt ihn seiner Würde. 412-413

Wie wir beten sollen rage

n

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ViERtER tEil

256 257

Das Gebet im christlichen Leben 258 Beten: Wie Gott uns seine Nähe schenkt 258 Die Quellen des Gebets 270 Der Weg des Betens 274 Das Gebet des Herrn: Das „Vaterunser“ 280

Für mich ist das Gebet ein Aufschwung des Herzens, ein schlichter Blick zum Himmel, ein Ausruf der Dankbarkeit und Liebe inmitten der Prüfung und inmitten der Freude. Thérèse von L isieux

Georges Bernanos

Tu, was du kannst, und bete um das, was du nicht kannst, so wird Gott dir geben, dass du es kannst. Augustinus

Das Gebet im christlichen Leben 469 Was ist das Gebet?

SØren K ierkegaard

Das Gebet ist die Hinwendung des Herzens zu Gott. Wenn ein Mensch betet, tritt er in eine lebendige Beziehung mit Gott ein. [2558–2565] Beten ist das große Tor in den Glauben. Wer betet, lebt nicht länger mehr aus sich, für sich und von seiner eigenen Kraft. Er weiß, dass es einen Gott gibt, der zu sprechen ist. Ein Mensch, der betet, vertraut sich mehr und mehr Gott an. Er sucht jetzt schon die Verbindung mit dem, dem er eines Tages von Angesicht zu Angesicht begegnen wird. Darum gehört zum christlichen Leben das Bemühen um das tägliche Gebet. Beten kann man allerdings nicht lernen, wie man eine Technik lernt. Beten ist, so merkwürdig es klingt, ein Geschenk, das man durch Beten erhält.

Plötzlich erfuhr ich die Stille wie eine Gegenwart. Im Herzen dieser Stille war Er, der selbst Stille, Frieden und Gelassenheit ist. Georges Bernanos

Beten heißt: sich aus der Angst der Welt aufmachen und zum Vater gehen.

Er s t e s K api t el

Sie sollten Gott suchen, ob sie ihn ertasten und finden könnten; denn keinem von uns ist er fern. Apg 17,27

Vielleicht beten wir am meisten, wenn wir am wenigsten sagen, und am wenigsten, wenn wir am meisten sagen. Augustinus

Friedrich von Bodelschwingh

470 Wie kommt der Mensch darauf, zu beten?

Wir beten, weil wir voll unendlicher Sehnsucht sind und Gott uns Menschen auf sich hin erschaffen hat: „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir“ (Augustinus). Wir beten aber auch, weil wir es nötig haben; so sagt Mutter Teresa: „Weil ich mich nicht auf mich selber verlassen kann, verlasse ich mich auf ihn, 24 Stunden am Tag“. [2566–2567, 2591] Oft vergessen wir Gott, laufen vor ihm weg und verstecken uns. Ob wir vermeiden an Gott zu denken, ob wir ihn verleugnen – er ist immer da für uns. Er sucht uns, bevor wir ihn suchen, er sehnt sich nach uns, er ruft uns. Man spricht mit seinem Gewissen und merkt plötzlich, dass man mit Gott spricht. Man fühlt sich einsam, hat keinen, mit dem man reden kann, und spürt dann, dass Gott immer zu sprechen ist. Man ist in Gefahr und erfährt, dass der Ruf um Hilfe von Gott beantwortet wird. Beten ist so menschlich wie Atmen, Essen, Lieben. Beten reinigt.

Beten ermöglicht den Widerstand gegen Versuchungen. Beten stärkt in der Schwachheit. Beten nimmt die Angst, verdoppelt die Kräfte, gibt den längeren Atem. Beten macht glücklich. 471 Warum ist Abraham ein Vorbild des Betens?

Abraham hörte auf Gott. Er war bereit, aufzubrechen, wohin Gott wollte, und zu tun, was Gott wollte. Durch das Hinhören und die Bereitschaft zum Aufbruch ist er ein Vorbild unseres Betens. Von Abraham sind nicht viele Gebete überliefert. Aber wohin er kam, errichtete er seinem Gott Altäre, Orte des Gebetes. So machte er auf dem Weg seines Lebens vielfältige Erfahrungen mit Gott, auch solche, die ihn

Das Gebet ist meiner Ansicht nach nichts anderes als ein Gespräch mit einem Freund, mit dem wir oft und gern allein zusammenkommen, um mit ihm zu reden, weil er uns liebt. Teresa von Ávila

258 259 [ I ] D as G ebet im christlichen L eben

Beten: Wie Gott uns seine Nähe schenkt

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Schon der Wunsch zu beten ist ein Gebet.

Beten heißt nicht, sich selbst reden hören, beten heißt still werden und still sein und warten, bis der Beter Gott hört.

Er s t er Abschni t t

sich völlig in den Dienst nehmen ließ, so sollen auch wir beten und so in die Schule Gottes gehen. [2574–2577]

Kontemplat ion

Die Bibel erwähnt den Namen Mose gleich 767-mal – so zentral ist er als Befreier und Gesetzgeber für das Volk Israel. Zugleich war Mose auch ein großer Fürsprecher für sein Volk. Im Gebet empfing er seinen Auftrag, aus dem Gebet holte er sich Kraft. Mose hatte eine innige, persönliche Beziehung zu Gott: „Der Herr und Mose redeten miteinander Auge in Auge, wie Menschen miteinander reden.“ (Ex 3,11) Bevor Mose handelte oder das Volk lehrte, zog er sich auf den Berg zurück, um zu beten. So ist er das Urbild des kontemplativen Beters.

„Contemplata aliis tradere“ (Nur das, was du im Gebet wirklich verstanden und erfahren hast, sollst du weitergeben)

473 Welche Bedeutung haben die Psalmen für unser

Die Psalmen gehören neben dem Vaterunser zum größten Gebetsschatz der Kirche. In ihnen wird auf unvergängliche Weise das Lob Gottes gesungen. 150 Psalmen finden sich im Alten Testament. Sie sind eine teilweise mehrere tausend Jahre alte Sammlung von Liedern und Gebeten, die heute noch in der Gemeinschaft der Kirche gebetet werden – im sogenannten Stundengebet. Die Psalmen gehören zu den schönsten Texten der Weltliteratur und berühren auch moderne Menschen unmittelbar durch ihre spirituelle Kraft. 188 prüften und verunsicherten. Als Abraham sah, dass Gott die sündige Stadt Sodom vernichten wollte, trat er für sie ein. Er rang sogar hartnäckig mit Gott. Sein Eintreten für Sodom ist das erste große Bittgebet in der Geschichte des Volkes Gottes. 472 Wie hat Mose gebetet?

Von Mose können wir lernen, dass „beten“ heißt „mit Gott sprechen“. Am brennenden Dornbusch trat Gott mit Mose in ein richtiges Gespräch ein und gab ihm einen Auftrag. Mose erhob Einwände und stellte Fragen. Schließlich offenbarte ihm Gott seinen heiligen Namen. Wie Mose damals Vertrauen zu Gott fasste und

474 Wie lernte Jesus beten?

Jesus lernte in seiner Familie und in der Synagoge beten. Doch Jesus sprengte die Grenzen des traditionellen Gebets. Sein Gebet weist eine solche Verbindung mit dem Vater im Himmel auf, wie sie nur der haben kann, der „Sohn Gottes“ ist. [2598–2599] Jesus, der Gott und Mensch zugleich war, wuchs wie andere jüdische Kinder seiner Zeit in die Riten und Gebetsformen seines Volkes Israel hinein. Wie sich jedoch an der Geschichte vom 12-jährigen Jesus im Tempel (Lk 2,41 ff.) zeigte, war in ihm etwas, was nicht erlernt sein konnte: eine ursprüngliche, tiefe und einzigartige Verbindung zu Gott, seinem Vater im Himmel. Jesus

Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? Lk 2,49

Beten heißt liebend an Jesus denken. Das Gebet ist die Aufmerksamkeit der Seele, die sich auf Jesus konzentriert. Je mehr man Jesus liebt, desto besser betet man. Charles de Foucauld

260 261 [ I ] 1 . K apitel : B eten : W ie G ott uns seine N ähe schenkt

Gen 18,22b-25a

Ps 23,1–4

Beten?

Motto der Dominikaner

Abraham stand noch immer vor dem Herrn. Er trat näher und sagte: Willst du auch den Gerechten mit den Ruchlosen wegraffen? Vielleicht gibt es fünfzig Gerechte in der Stadt: Willst du auch sie wegraffen und nicht doch dem Ort vergeben wegen der fünfzig Gerechten dort? Das kannst du doch nicht tun, die Gerechten zusammen mit den Ruchlosen umbringen.

[Ein Psalm Davids] Der Herr ist mein Hirte, / nichts wird mir fehlen. Er lässt mich lagern auf grünen Auen / und führt mich zum Ruheplatz am Wasser. Er stillt mein Verlangen; / er leitet mich auf rechten Pfaden, treu seinem Namen. Muss ich auch wandern in finsterer Schlucht, / ich fürchte kein Unheil; denn du bist bei mir, / dein Stock und dein Stab geben mir Zuversicht. […]

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

(von lat. contemplare = beschauen): Versenkung in die Gegenwart Gottes im Gebet. Kontemplation (geistig-innerliches Leben) und Aktion (handelndes Leben) sind zwei Seiten der Hingabe an Gott. Im Christentum gehört beides untrennbar zusammen.

Ich und der Vater sind eins. Joh 10,30

Benedikt X V I., Karfreitag 2005

Mk 11,24

Hoffnung ist nichts anderes als Vertrauen auf die Endlosigkeit der göttlichen Liebe. CHARLES DE FOUC AULD

Jesu Leben war ein einziges Gebet. In entscheidenden Momenten (Versuchung in der Wüste, Auswahl der Jünger, Kreuzestod) war sein Gebet besonders intensiv. Oft zog er sich zum Beten in die Einsamkeit zurück, besonders in der Nacht. Im Heiligen Geist mit dem Vater eins zu sein – das war der rote Faden seines irdischen Lebens. [2600–2605] 476 Wie betete Jesus im Angesicht seines Todes?

Im Angesicht des Todes erlebte Jesus die ganze Tiefe der menschlichen Angst. Doch fand er die Kraft, auch in dieser Stunde dem himmlischen Vater zu vertrauen: „Abba, Vater, alles ist dir möglich. Nimm diesen Kelch von mir! Aber nicht, was ich will, sondern was du willst (soll geschehen).“ (Mk 14,36) [2605–2606, 2620] „Not lehrt beten.“ Fast jeder Mensch erfährt das in seinem Leben. Wie betete Jesus in seiner tödlichen Bedrohung? Was ihn in diesen Stunden leitete, war die absolute Bereitschaft, sich der Liebe und Fürsorge seines Vaters anzuvertrauen. Dennoch sprach Jesus das abgründigste aller Gebetsworte, das er den jüdischen Sterbegebeten entnahm: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Mk 15,34; nach Ps 22,2). Alle Verzweiflung, alle Klage, alle Schreie der Menschen zu allen Zeiten und die Sehnsucht nach der helfenden Hand Gottes sind in diesem Wort des Gekreuzigten eingefangen. Mit den Worten „Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist“ (Lk 23,46) hauchte er seinen Geist aus. Darin klingt das grenzenlose Vertrauen in den Vater an, dessen Macht den Weg zur Überwindung des Todes kennt. So nimmt Jesu Beten mitten im Sterben schon den österlichen Sieg in seiner Auferstehung vorweg. 100

Von Jesus beten lernen heißt in sein grenzenloses Vertrauen einsteigen, in sein Beten einstimmen und von ihm Schritt für Schritt zum Vater geführt werden. [2607–2614, 2621] Die Jünger, die in der Gemeinschaft mit Jesus lebten, lernten beten durch Zuhören und durch das Nachahmen Jesu, dessen ganzes Leben Gebet war. Wie er mussten sie wach sein, um ein reines Herz kämpfen, alles für das Kommen des Reiches Gottes geben, ihren Feinden vergeben, bis zur Kühnheit Gott vertrauen und die Liebe zu ihm über alles stellen. In diesem Beispiel der Hingabe lud Jesus seine Jünger ein, zu Gott dem Allmächtigen „Abba, lieber Vater“ zu sagen. Wenn wir im Geist Jesu beten, besonders das Vaterunser, gehen wir wie in den Schuhen Jesu und können sicher sein, dass wir unfehlbar im Herzen des Vaters ankommen. 495–496, 512

Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu; dann bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist. Dein Vater, der auch das Verborgene sieht, wird es dir vergelten. Mt 6,6

Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern nur, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt. Mt 7,21

478 Warum können wir darauf vertrauen, dass unser



Gebet von Gott gehört wird?

Viele Menschen, die Jesus während seines irdischen Lebens um Heilung anriefen, wurden erhört. Jesus, der vom Tod auferstanden ist, lebt, hört auf unsere Bitten und trägt sie zum Vater. [2615–2616, 2621] Noch heute kennen wir den Namen des Synagogenvorstehers: Jaïrus hieß der Mann, der Jesus um Hilfe anflehte und von ihm erhört wurde. Seine kleine Tochter war todkrank. Niemand konnte mehr helfen. Jesus heilte sein Töchterchen nicht nur, er erweckte es sogar von den Toten (Mk 5,21–43). Von Jesus ging eine Fülle sicher bezeugter Heilungen aus. Er tat Zeichen und Wunder. Lahme, Aussätzige und Blinde baten Jesus nicht umsonst. Auch von allen Heiligen der Kirche sind Gebetserhörungen bezeugt. Viele Christen wissen zu erzählen, wie sie zu Gott gerufen haben und Gott sie erhört hat. Gott ist jedoch kein Automat. Auf welche Weise er unser Rufen erhört, müssen wir ihm überlassen. 40, 51

Zum Bittgebet gehört beides: die Gewissheit der Erhörung und der restlose Verzicht, nach eigenem Plan erhört zu werden. K arl R ahner

Wenn du ihn wirklich um die Bekehrung bitten würdest, sie würde dir geschenkt. Pfarrer von Ars

262 263 [ I ] 1 . K apitel : B eten : W ie G ott uns seine N ähe schenkt

Darum sage ich euch: Alles, worum ihr betet und bittet – glaubt nur, dass ihr es schon erhalten habt, dann wird es euch zuteil.

475 Wie betete Jesus?

477 Was heißt von Jesus beten lernen?

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Jesus betet den Psalm 22, der mit den Worten beginnt: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen …“ (Ps 22,2). Er nimmt das ganze leidende Israel in sich auf, die ganze leidende Menschheit, die Not ihres Gottesdunkels und lässt so dort Gott erscheinen, wo er endgültig besiegt und abwesend scheint.

hoffte wie alle Menschen auf die andere Welt und betete zu Gott. Gleichzeitig war er aber auch Teil dieser anderen Welt. Schon hier zeigte sich: Eines Tages würde man zu Jesus beten, ihn als Gott erkennen und um seine Gnade bitten.

Lateinisch: Ave Maria, gratia plena. Dominus tecum. Benedicta tu in mulieribus, et benedictus fructus ventris tui, Jesus. Sancta Maria, Mater Dei, ora pro nobis peccatoribus, nunc et in hora mortis nostrae. Amen.

Rufe nur mit Andacht zu Maria, sie wird deine Not nicht unbeachtet lassen, da sie barmherzig, ja die Mutter der Barmherzigkeit ist. Bernhard von Clairvaux

481 Wie betet man den Rosenkranz?

Ave-Maria (lat. = Gegrüßet seist du, Maria): Der erste Teil des nach dem „Vaterunser“ wichtigsten und beliebtesten Gebetes bezieht sich auf die Bibel (Lk 1,28; Lk 1,42). Der zweite Teil, „jetzt und in der Stunde unseres Todes“, ist eine Hinzufügung aus dem 16. Jahrhundert.



gebetet hat?

Von Maria beten lernen heißt mit ihr sagen: „Mir geschehe, wie du gesagt hast!“ (Lk 1,38). Beten ist letztlich Hingabe, die auf die Liebe Gottes antwortet. Wenn wir wie Maria „Ja“ sagen, hat Gott die Möglichkeit, sein Leben in unserem Leben zu führen. [2617– 2618, 2622, 2674] 84–85, 117 480 Wie lautet das Ave-Maria?

Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus. Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

Es gibt den freudenreichen, den lichtreichen, den schmerzhaften und den glorreichen Rosenkranz. Die freudenreichen Geheimnisse (Montag, Samstag) Jesus, den du, o Jungfrau, vom Heiligen Geist empfangen hast. Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast. Jesus, den du, o Jungfrau, (in Betlehem) geboren hast. Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel aufgeopfert hast. Jesus, den du, o Jungfrau, im Tempel wiedergefunden hast. Die lichtreichen Geheimnisse (Donnerstag) Jesus, der von Johannes getauft worden ist. Jesus, der sich bei der Hochzeit in Kana offenbart hat. Jesus, der uns das Reich Gottes verkündet hat. Jesus, der auf dem Berg verklärt worden ist. Jesus, der uns die Eucharistie geschenkt hat.

Johannes Paul I I., 29.10.1978

264 265 [ I ] 1 . K apitel : B eten : W ie G ott uns seine N ähe schenkt

Benedikt X V I., 08.12.2005

479 Was können wir von der Art lernen, wie Maria

(1) Im Namen des Vaters… (2) Credo (Glaubensbekenntnis, siehe 28) (3) Vaterunser (4) drei Ave-Maria (mit jeweiligem Einschub in der Mitte: Jesus, der in uns den Glauben vermehre. Jesus, der in uns die Hoffnung stärke. Jesus, der in uns die Liebe entzünde. …) (5) Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie im Anfang, so auch jetzt und alle Zeit und in Ewigkeit. Amen. (6) fünf Zehnergruppen (Gesätze) mit je einem Vaterunser und zehn Ave-Maria (mit Einschüben – z.B.: … Jesus, der uns den Heiligen Geist gesandt hat. …) und einem Ehre sei dem Vater.

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Sie wendet sich an uns und sagt: "Hab keine Angst vor Ihm! Hab Mut, das Wagnis des Glaubens einzugehen! Hab Mut, dich auf das Wagnis der Güte einzulassen! Lass dich für Gott gewinnen, dann wirst du sehen, dass gerade dadurch dein Leben weit und hell wird, nicht langweilig, sondern voll unendlicher Überraschungen, denn Gottes unendliche Güte erschöpft sich niemals!"

Der Rosenkranz ist mein Lieblingsgebet. Er ist ein wunderbares Gebet, wunderbar in seiner Schlichtheit und seiner Tiefe. … In der Tat ziehen vor dem Hintergrund der Worte des Ave-Maria vor den Augen der Seele die wichtigsten Ereignisse des Lebens Jesu vorbei. … Gleichzeitig kann unser Herz in die Abfolge dieser Geheimnisse des Rosenkranzes alle Ereignisse einschließen, die das Leben des Einzelnen, der Familie, der Nation, der Kirche und der Menschheit ausmachen; die persönlichen Erfahrungen und die des Nächsten, in besonderer Weise die jener Menschen, die uns am allernächsten stehen, die uns am Herzen liegen. So bekommt das schlichte Gebet des Rosenkranzes den Rhythmus des menschlichen Lebens.

Rosenkranz

Num 6,24–26

Priester kraft seines Amtes ausdrücklich im Namen Jesu und im Auftrag der Kirche. Seine Segensbitte wird in besonderer Weise durch die Priesterweihe und die Gebetskraft der ganzen Kirche wirksam.

An Gottes Segen ist alles gelegen. Deutsches Sprichwort

Die glorreichen Geheimnisse (Mittwoch, Sonntag) Jesus, der von den Toten auferstanden ist. Jesus, der in den Himmel aufgefahren ist. Jesus, der uns den Heiligen Geist gesandt hat. Jesus, der dich, o Jungfrau, in den Himmel aufgenommen hat. Jesus, der dich, o Jungfrau, im Himmel gekrönt hat. 482 Welche Rolle spielte das Gebet bei den ersten Christen?

Die ersten Christen waren intensive Beter. Die Urkirche war bewegt vom Heiligen Geist, der auf die Jünger herabgekommen war und dem sie ihre ganze Ausstrahlung verdankte: „Sie hielten an der Lehre der Apostel fest und an der Gemeinschaft, am Brechen des Brotes und an den Gebeten“ (Apg 2,42). 483 Wie heißen die fünf Hauptarten des Gebets?

Die fünf Hauptarten des Gebets sind der Segen, die Anbetung, das Bitt- und Fürbittgebet, das Dankgebet und das Lobgebet. [2626–2643] 484 Was ist ein Segensgebet?

Ein Segensgebet ist ein Gebet, das den Segen Gottes auf uns herabruft. Gott allein ist es, von dem aller Segen ausgeht. Seine Güte, seine Nähe, sein Erbarmen, das ist Segen. „Der Herr segne dich“, ist der kürzeste Segenswunsch. [2626–2627] Jeder Christ soll Gottes Segen herabrufen, für sich und für andere Menschen. Eltern können ihrem Kind das Kreuzzeichen auf die Stirn zeichnen. Menschen, die sich lieben, können sich segnen. Darüber hinaus segnet der

266 267

485 Warum sollen wir Gott anbeten?

Jeder Mensch, der begreift, dass er Gottes Geschöpf ist, wird den Allmächtigen demütig anerkennen und ihn anbeten. Die christliche Anbetung sieht aber nicht nur die Größe, Allmacht und Heiligkeit Gottes. Sie kniet auch vor der göttlichen Liebe, die in Jesus Christus Mensch geworden ist. Wer Gott wirklich anbetet, geht vor ihm auf die Knie oder wirft sich auf den Boden. Darin kommt die Wahrheit des Verhältnisses zwischen Mensch und Gott zum Ausdruck: Er ist groß, und wir sind klein. Zugleich ist der Mensch nie größer als dann, wenn er in freier Hingabe vor Gott niederkniet. Der Ungläubige, der nach Gott sucht und anfängt zu beten, kann auf diesem Weg zu Gott finden. 353

Das Gebet ist nichts anderes als Aufmerksamkeit in ihrer reinsten Form. Simone Weil (1909–1943, frz. Anarchistin, Philosophin und Mystikerin)

[ I ] 1 . K apitel : B eten : W ie G ott uns seine N ähe schenkt

Der Herr segne dich und behüte dich. Der Herr lasse sein Angesicht über dich leuchten und sei dir gnädig. Der Herr wende sein Angesicht dir zu und schenke dir Heil.

Die schmerzhaften Geheimnisse (Dienstag, Freitag) Jesus, der für uns Blut geschwitzt hat. Jesus, der für uns gegeißelt worden ist. Jesus, der für uns mit Dornen gekrönt worden ist. Jesus, der für uns das schwere Kreuz getragen hat. Jesus, der für uns gekreuzigt worden ist.

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Name einer Gebetskette und Name einer Gebetsübung, die im 12. Jahrhundert vor allem bei den Zisterziensern und Kartäusern aufkam, deren Laienbrüder nicht am (lateinischen) Stundengebet teilnahmen und im Rosenkranz eine eigene Gebetsform („Marienpsalter“) hatten. Später wurde der Rosenkranz vor allem von den Dominikanern, aber auch von anderen Orden gefördert. Die Päpste haben dieses Gebet immer wieder empfohlen, und es erfreut sich bei vielen Menschen großer Beliebtheit.

Christus Jesus, der gestorben ist, mehr noch: der auferweckt worden ist, sitzt zur Rechten Gottes und tritt für uns ein. Was kann uns scheiden von der Liebe Christi? Röm 8,34–35

Gen 32,27

Gott, der uns durch und durch kennt, weiß, was wir brauchen. Dennoch will Gott, dass wir „bitten“: dass wir uns in der Not unseres Lebens an ihn wenden, zu ihm schreien, flehen, klagen, ihn anrufen, ja sogar im Gebet mit ihm ringen. [2629-2633] Sicher braucht Gott unsere Bitten nicht, um uns zu helfen. Dass wir Bittende sein sollen, geschieht um unseretwillen. Wer nicht bittet und nicht bitten will, verschließt sich in sich. Erst der Mensch, der bittet, öffnet sich und wendet sich dem Urheber alles Guten zu. Wer bittet, kehrt heim zu Gott. So bringt das Bittgebet den Menschen in das richtige Verhältnis zu Gott, der unsere Freiheit achtet. Was drücken Christen durch Gebetshaltungen aus?

Der liebe Gott liebt es, belästigt zu werden. Pfarrer von Ars

Pfarrer von Ars

Alle heiligen Väter, die auf das Gebet so großes Gewicht gelegt haben, sind der Ansicht, dass eine fromme Haltung, wie Knien, Händefalten, die Arme über der Brust kreuzen, viel ausmacht.

Im Stehen vor Gott kommt Ehrfurcht zum Ausdruck (man steht auf, wenn ein Höherer hereinkommt), gleichzeitig auch Wachsamkeit und Bereitschaft (man ist bereit, sich sofort auf den Weg zu machen). Werden dabei die Hände zum Lob Gottes ausgebreitet (OrantenHaltung), nimmt der Beter den Urgestus des Lobpreises ein. Im Sitzen vor Gott hört der Christ nach innen, er bewegt das Wort in seinem Herzen (Lk 2,51) und betrachtet es. Im Knien macht der Mensch sich klein vor der Größe Gottes. Er erkennt seine Angewiesenheit auf Gottes Gnade an.

Im Falten der Hände fasst sich der Mensch aus der Zerstreuung zusammen und bindet sich an Gott. Die gefalteten Hände sind auch der Urgestus der Bitte.

487 Warum sollen wir Gott für andere Menschen bitten?

Wie Abraham für die Bewohner Sodoms bittend eintrat, wie Jesus für seine Jünger betete, wie die Urgemeinde „nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das Wohl der anderen“ (Phil 2,4) achtete, so beten Christen immer für alle – für Menschen, die ihnen am Herzen liegen; für Menschen, die ihnen ferne stehen und sogar für ihre Feinde. [2634–2636, 2647] Je mehr ein Mensch beten lernt, desto tiefer spürt er, dass er in eine geistige Familie eingebunden ist, durch die die Kraft der Gebete wirksam wird. Mit all meiner Sorge um die Menschen, die ich liebe, stehe ich mitten in der Menschheitsfamilie, darf Kraft vom Beten anderer empfangen und für andere göttliche Hilfe herabrufen. 477 488 Warum sollen wir Gott danken?

Alles, was wir sind und haben, kommt von Gott. Paulus sagt: „Was hast du, das du nicht empfangen hättest?“ (1 Kor 4,7). Gott, dem Geber alles Guten, dankbar zu sein macht glücklich. [2637–2638, 2648] Das größte Dankgebet ist die Eucharist ie (griech. Danksagung) Jesu, in der er Brot und Wein nimmt, um darin die ganze Schöpfung Gott verwandelt darzubringen. Alles Danken von Christen ist ein Einstimmen in das große Dankgebet Jesu. Denn auch wir werden durch Jesus verwandelt und erlöst; so können wir aus tiefstem Herzen dankbar sein und Gott dies in vielfältiger Weise sagen.

Diese Haltung verhilft uns in ungeahnter Weise, in Gottes Gegenwart gesammelt und auf ihn konzentriert zu bleiben. Franz von Sales

Es muss wohl Menschen geben, die auch für solche beten, die niemals beten. V ictor Hugo (1802–1885, atheistischer frz. Schriftsteller)

Fürbitten heißt: jemandem einen Engel senden. Martin Luther

268

Dankt für alles, denn das will Gott von euch, die ihr Christus Jesus gehört. 1 Thess 5,18

Unser Lobpreis kann Deine Größe nicht mehren, doch uns bringt er Segen und Heil. Vierte Präfation für die Wochentage

269 [ I ] 1 . K apitel : B eten : W ie G ott uns seine N ähe schenkt

Mensch, du bist ein Armer, der Gott um alles bitten muss.

Christen bringen durch die Sprache des Leibes ihr Leben vor Gott: Sie werfen sich nieder vor Gott. Sie falten die Hände im Gebet oder breiten sie aus (Oranten-Haltung). Sie beugen die Knie oder knien vor dem Allerheiligsten. Sie hören das Evangelium im Stehen. Sie meditieren im Sitzen.

Im Niederwerfen betet der Mensch Gott an.

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Jakob aber entgegnete: Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest.

486 Warum sollen wir Gott bitten?

Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und Lieder erklingen, wie der Geist sie eingibt. Singt und jubelt aus vollem Herzen zum Lob des Herrn! Eph 5,19

489 Was heißt Gott loben?

Gott braucht keinen Applaus. Aber wir brauchen es, dass wir spontan unsere Freude an Gott und unseren Jubel im Herzen ausdrücken. Wir loben Gott, weil es ihn gibt und weil er gut ist. Damit stimmen wir schon jetzt in das ewige Lob der Engel und Heiligen im Himmel ein. [2639–2642] 48

Christliches Beten ist keine Privatsache, aber es ist sehr persönlich. Das persönliche Gebet reinigt, weitet und verstärkt sich, wenn es regelmäßig in das Beten der ganzen Kirche einfließt. Es ist ein großes und schönes Zeichen, wenn überall auf der Erde gläubige Menschen zur gleichen Zeit in den gleichen Gebeten vereinigt sind und damit ein einziges Gotteslob singen. 188 493 Was sind die Kennzeichen eines christlichen

Kol 4,2

Thérèse von L isieux

Siebenmal am Tag singe ich dein Lob. Ps 119,164

Diese geheiligte Siebenzahl wird von uns [Mönchen] erfüllt, wenn wir unseren schuldigen Dienst leisten zur Zeit von Laudes, Prim, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet. Benedikt von Nursia

490 Genügt es, dann zu beten, wenn man Lust dazu verspürt?

Nein. Wer nur nach Lust und Laune betet, nimmt Gott nicht ernst und verlernt das Beten. Das Gebet lebt von der Treue. [2650–2651] 491 Kann man aus der Bibel beten lernen?

Die Bibel ist wie eine Quelle für das Gebet. Beten mit dem Wort Gottes heißt die Worte und Ereignisse der Bibel für das eigene Beten nützen. „Die Schrift nicht kennen heißt Christus nicht kennen.“ (Hl. Hieronymus) [2652–2653] Die Heilige Schrift, besonders die Psalmen und das Neue Testament, ist ein wertvoller Schatz; dort finden sich die schönsten und stärksten Gebete der jüdischchristlichen Welt. Diese Gebete zu sprechen vereinigt uns mit Millionen Betern aus allen Zeiten und Kulturen, vor allem aber mit Christus selbst, der in all diesen Gebeten gegenwärtig ist. 492 Hat mein persönliches Beten etwas mit dem Beten



der Kirche zu tun?

Im Gottesdienst der Kirche, in ihrem Stundengebet und in der Heiligen Messe, werden gemeinsam Gebete gesprochen, die aus der Heiligen Schrift oder aus der Tradition der Kirche stammen. Sie verbinden den Einzelnen mit der betenden Gemeinschaft der Kirche. [2655–2658, 2662]

Gebets? Ein christliches Gebet ist ein Gebet in der Haltung des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe. Es ist beharrlich und ergibt sich in den Willen Gottes. [2656–2658, 2662] Wer als Christ betet, tritt im selben Moment aus sich heraus und in eine Haltung des gläubigen Vertrauens auf den einen Gott und Herrn ein; er setzt zugleich seine ganze Hoffnung auf Gott – dass ER ihn hört, versteht, annimmt und vollendet. Der heilige Don Bosco hat einmal gesagt: „Um den Willen Gottes zu erkennen, werden drei Dinge verlangt: beten, abwarten, sich beraten lassen.“ Schließlich ist christliches Beten immer Ausdruck der Liebe, die von Christi Liebe kommt und die göttliche Liebe sucht. 494 Wie kann mein Alltag eine Schule des Gebets sein?

Jedes Ereignis, jede Begegnung kann zu einem Impuls für ein Gebet werden. Denn je tiefer wir in Einheit mit Gott leben, desto tiefer verstehen wir die Welt um uns. [2659–2660] Wer schon am Morgen die Einheit mit Jesus sucht, kann die Menschen segnen, die ihm begegnen, sogar seine Gegner und Feinde. Er wirft im Verlauf des Tages all seine Sorge auf den Herrn. Er hat mehr Frieden in sich und strahlt ihn aus. Er fällt seine Urteile und Entscheidungen, indem er sich fragt, wie Jesus jetzt handeln würde. Er überwindet die Angst durch die Nähe zu Gott. In verzweifelten Situationen ist er nicht haltlos. Er trägt den Frieden des Himmels in sich und trägt ihn dadurch in die Welt. Er ist voll Dank und Freude für das Schöne, aber

Halte deine Seele in Frieden. Lass Gott in dir wirken. Heiße Gedanken willkommen, die deine Seele zu Gott emportragen. Mach das Fenster deiner Seele weit auf. Ignatius von Loyola

Mein Geheimnis ist ganz einfach: Ich bete. Und durch mein Gebet werde ich eins mit der Liebe Christi und sehe, dass beten ihn lieben, dass beten mit ihm leben heißt, und das bedeutet, seine Worte wahr zu machen … Beten heißt für mich, 24 Stunden lang eins mit dem Willen Jesu zu sein, für ihn, durch ihn und mit ihm zu leben. Mutter Teresa

270 271 [ I ] 2 . K apitel : D ie Q uellen des G ebets

Vor allem das Evangelium spricht mich während meiner inneren Gebete an; in ihm finde ich alles, was meiner armen Seele nottut. Ich entdecke darin stets neue Einsichten, verborgene, geheimnisvolle Sinngehalte.

Zwe i t e s K api t el

Die Quellen des Gebets

Ps 40,2

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Lasst nicht nach im Beten; seid dabei wachsam und dankbar!

Ich hoffte, ja ich hoffte auf den Herrn. Da neigte er sich mir zu und erhörte mein Schreien.

erträgt auch das Schwere, das ihm begegnet. Diese Aufmerksamkeit für Gott ist möglich, selbst bei der Arbeit.

Wenn du nach Gott suchst und nicht weißt, wo du anfangen sollst, lerne zu beten und mache dir die Mühe, jeden Tag zu beten.

495 Sind wir sicher, dass unsere Gebete ankommen?

Unsere Gebete, die wir im Namen Jesu verrichten, gehen dorthin, wo auch Jesu Gebete hingingen: ins Herz des himmlischen Vaters. [2664–2669, 2680–2681]

Mutter Teresa

Je freigebiger du gegen Gott bist, umso freigebiger wirst du ihn gegen dich erfahren. Ignatius von Loyola

496 Wozu brauchen wir, wenn wir beten, den Heiligen

Geist?

Benedikt X V I., Pfingstvigil 2006

Komm herab, o Heilger Geist, der die finstre Nacht zerreißt, strahle Licht in diese Welt …

Zu Gott beten – das kann man nur mit Gott. Es ist nicht in erster Linie unsere Leistung, dass unser Gebet wirklich Gott erreicht. Wir Christen haben den Geist Jesu empfangen, der sich ganz danach sehnte, eins mit dem Vater zu sein: ganz Liebe, ganz aufeinander hören, ganz einander verstehen, ganz das wollen, was der andere will. Dieser Heilige Geist Jesu ist in uns, und er spricht aus uns, wenn wir beten. Im Grunde bedeutet Beten: Aus der Tiefe meines Herzens heraus spricht Gott zu Gott. Der Heilige Geist hilft unserem Geist zu beten. Daher sollen wir immer wieder sprechen: „Komm, Heiliger Geist, komm und hilf mir beten.“ 120

Pfingstsequenz

497 Warum hilft es, sich beim Beten an den Heiligen So nimmt sich auch der Geist unserer Schwachheit an. Röm 8,26a



wir dürfen sie jedoch im Himmel anrufen, damit sie am Thron Gottes für uns Fürbitte einlegen. [2683–2684] Rund um große Heilige haben sich besondere Schulen der Frömmigkeit herausgebildet ( Spiritualität), die wie die Farben des Spektrums alle auf das reine Licht Gottes hinweisen. Alle setzen sie bei einem Urelement des Glaubens an, um durch jeweils ein anderes Tor in die Mitte des Glaubens und der Hingabe an Gott zu führen. So setzt die franziskanische Spiritualität bei der Armut im Geist, die benediktinische beim Gotteslob und die ignatianische bei der Entscheidung und der Berufung an. Eine Spiritualität, zu der man sich je nach persönlicher Eigenart hingezogen fühlt, ist immer auch eine Schule des Gebets.

zu orientieren?

Heilige sind vom Heiligen Geist entflammte Menschen; sie halten das Feuer Gottes in der Kirche am Brennen. Heilige waren schon während ihres irdischen Lebens glühende, ansteckende Beter. In ihrer Nähe betet es sich leicht. Wir dürfen Heilige zwar niemals anbeten;

498 Kann man überall beten?

Ja, man kann überall beten. Dennoch wird ein Katholik immer auch die Orte aufsuchen, wo Gott auf besondere Weise „wohnt“. Vor allem sind das die katholischen

Pfarrer von Ars

Spiritualität (von lat. spiritus = Geist): die Formen der Frömmigkeit in der Kirche, die sich vielfach aus der vom Heiligen Geist durchdrungenen Lebenspraxis von Heiligen herausbildete. So spricht man auch von benediktinischer, franziskanischer oder dominikanischer Spiritualität.

272 273 [ I ] 2 . K apitel : D ie Q uellen des G ebets

Der Heilige Geist ist der Geist Jesu Christi, der Geist, der den Vater mit dem Sohn in der Liebe vereint.

Die Bibel sagt: „Wir wissen nicht, worum wir in rechter Weise beten sollen; der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können“ (Röm 8,26).

Nicht alle Heiligen haben die gleiche Art von Heiligkeit. Es gibt solche, die hätten nie mit anderen Heiligen leben können. Nicht alle haben den gleichen Weg. Aber alle kommen bei Gott an.

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Wir können uns dessen so sicher sein, wie wir Jesus vertrauen. Denn Jesus hat uns den Weg zum Himmel wieder geöffnet, der uns durch die Sünde verschlossen war. Da Jesus der Weg zu Gott ist, schließen Christen ihre Gebete mit dem Zusatz „… darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Herrn“ ab. 477

Mutter Teresa

Gregor von Nazianz

Darum lade ich Euch ein, jeden Tag den Herrn zu suchen, der nichts anderes will, als dass Ihr wirklich glücklich seid. Erhaltet zu Ihm eine starke und dauerhafte Beziehung im Gebet aufrecht, und richtet nach Möglichkeit Momente in Eurem Tageslauf ein, in denen

Es ist sehr wichtig, dass wir überall beten: in der Schule, in der U-Bahn, während einer Party, mitten unter Freunden. Die ganze Welt muss mit Segen durchdrungen werden. Ebenso wichtig aber ist es, dass wir die heiligen Orte besuchen, an denen Gott gewissermaßen auf uns wartet, damit wir uns bei ihm ausruhen, von ihm gestärkt, erfüllt und gesendet werden. Ein echter Christ macht niemals bloßes Sightseeing, wenn er eine Kirche besucht. Er verweilt einen Augenblick in Stille, betet Gott an und erneuert seine Freundschaft und Liebe zu ihm. 218 Dr i t t e s k api t el

501 Was ist das mündliche Gebet?

In erster Linie ist Beten ein Erheben des Herzens zu Gott. Und doch hat Jesus selbst das Beten mit Worten gelehrt. Mit dem Vaterunser hat er uns das vollkommene mündliche Gebet als sein Testament, wie wir beten sollen, hinterlassen. [2700–2704, 2722] Beim Beten sollen wir uns nicht nur fromme Gedanken machen. Wir sollen, was uns auf dem Herzen liegt, auch aussprechen und als Klage, Bitte, Lob und Dank vor unseren Gott bringen. Oft sind es die großen mündlichen Gebete – die Psalmen und Hymnen der Heiligen Schrift, das Vaterunser, das Ave-Maria –, die uns auf die wahren Inhalte des Betens hinweisen und zu einem freien inneren Beten hinführen. 511–527

Der Weg des Betens 499 Wann soll man beten?

Seit frühesten Zeiten beten Christen mindestens am Morgen, zu den Mahlzeiten und am Abend. Wer nicht regelmäßig betet, wird bald gar nicht mehr beten. [2697–2698, 2720] Wer einen anderen Menschen liebt und ihm den ganzen Tag über niemals ein Zeichen seiner Liebe gibt, liebt ihn nicht wirklich. So ist es auch mit Gott. Wer ihn wirklich sucht, wird ihm immer wieder Blinkzeichen seines Verlangens nach Nähe und Freundschaft senden. Am Morgen aufstehen und Gott den Tag schenken, um seinen Segen bitten und sein „Dabeisein“ in allen Begegnungen und Nöten erbitten! Ihm danken, besonders bei den Mahlzeiten! Ihm am Ende des Tages alles in die Hände legen, ihn um Vergebung bitten und um Frieden für sich und andere! Ein toller Tag – voller Lebenszeichen, die bei Gott ankommen. 188 500 Gibt es verschiedene Weisen zu beten?

Ja, es gibt das mündliche Gebet, das betrachtende Gebet und das innere Gebet. Alle drei Gebetsweisen setzen die Sammlung des Herzens voraus. [2699, 2721]

Ihr nur seine Gesellschaft sucht. Wenn Ihr nicht wisst, wie Ihr beten sollt, dann bittet Ihn, es Euch zu lehren, und bittet seine himmlische Mutter, mit Euch und für Euch zu beten. Benedikt X V I. an niederländische Jugendliche, 21.11.2005

Es gibt viele Wege des Gebets. Die einen gehen nur einen einzigen, andere gehen alle. Es gibt Augenblicke einer lebendigen Gewissheit: Christus ist da, er spricht in unserm Innern. In anderen Momenten ist er der Schweigende, ein ferner Unbekannter … Für alle bleibt das Gebet in seinen unendlichen Abwandlungen ein Durchgang zu einem Leben, das nicht aus uns selber, sondern von anderswoher kommt. Frère Roger Schutz

502 Was ist das Wesen des betrachtenden Gebets?

Das Wesen des betrachtenden Gebetes ist ein betendes Suchen, das von einem heiligen Text oder einem heiligen Bild ausgeht und darin nach dem Willen, den Zeichen und der Gegenwart Gottes forscht. [2705–2708] Man kann heilige Bilder und Texte nicht „lesen“, wie man Dinge in der Zeitung liest, die uns nicht unmittelbar be-

Ob unser Gebet erhört wird, hängt nicht von der Menge der Worte, sondern von der Inbrunst unserer Seele ab. Johannes Chrysostomus

274 275 [ I ] 3 . K apitel : D er W eg des B etens

Man soll sich häufiger an Gott erinnern, als man atmet.

Kirchen, wo unser Herr in der Gestalt des Brotes im Tabernakel gegenwärtig ist. [2691, 2696]

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Auf geistige Weise erreichen wir [durch unsere Gebete] die ganze Schöpfung Gottes, von den fernsten Planeten bis hin zu den Tiefen des Meeres, eine einsame Klosterkapelle wie eine verlassene Kirche, eine Abtreibungsklinik in einer Stadt und die Gefängniszelle in einer anderen, ja den Himmel und die Pforten der Hölle. Mit jedem Teil der Schöpfung sind wir verbunden. Mit jedem Geschöpf und für jedes Geschöpf beten wir, damit alle, für die das Blut des Sohnes Gottes vergossen wurde, gerettet und geheiligt werden.

Nicht das Vielwissen sättigt die Seele und gibt ihr Befriedigung, sondern das innere Schauen und Verkosten der Dinge. Ignatius von Loyola

treffen. Man soll sie betrachten, d.h., man soll sein Herz zu Gott erheben und ihm sagen, dass man jetzt ganz offen dafür ist, wie Gott durch das Gelesene und Geschaute zu mir sprechen will. Neben der Heiligen Schrift sind viele Texte, die zu Gott führen, zur meditativen Betrachtung geeignet. 16 503 Was ist das innere Gebet?

Ein Bauer zum Pfarrer von Ars, als der ihn nach dem Gebet fragte

Medi tat ion

Für das innere Gebet braucht man Zeit, Entschlossenheit und vor allem ein reines Herz. Es ist die demütige, arme Hingabe eines Geschöpfes, das, alle Masken fallen lassend, an die Liebe glaubt und mit dem Herzen seinen Gott sucht. Das innere Gebet wird häufig auch Herzensgebet und Kontemplat ion genannt. 463 504 Was kann ein Christ durch Meditation erreichen?

Ein Christ sucht in der Meditation die Stille, um die Nähe Gottes zu erfahren und in seiner Gegenwart Frieden zu finden. Er hofft auf die fühlbare Erfahrung seiner Anwesenheit als ein unverdientes Geschenk der Gnade; er erwartet sie aber nicht als Produkt einer bestimmten Meditationstechnik. Meditat ion kann eine wichtige Hilfe zum Glauben und zur Stärkung und Reifung der menschlichen Person sein. Techniken der Meditation jedoch, die Gotteserfahrung oder gar die seelische Vereinigung mit Gott versprechen, sind Betrug. Viele Menschen glauben wegen solcher falschen Versprechungen, Gott habe sie verlassen, weil sie ihn nicht spüren. Aber Gott lässt sich nicht durch bestimmte Methoden herbeizwingen. Er teilt sich uns mit, wann und wie er will.

506 Ist Beten nicht doch eine Art Selbstgespräch?

Kennzeichnend für das Gebet ist es gerade, dass man vom Ich zum Du kommt, von der Selbstbezogenheit in die radikale Offenheit. Wer wirklich betet, kann erfahren, dass Gott spricht – und dass er oft anders spricht, als wir es wünschen und erwarten. Erfahrene Beter berichten, dass man häufig anders aus einem Gebet herauskommt, als man in es hineingegangen ist. Manchmal werden Erwartungen erfüllt: Man ist traurig und wird getröstet; man ist mutlos und erhält neue Kraft. Es kann aber auch geschehen, dass man Bedrängnisse vergessen möchte und in noch tiefere Unruhe versetzt wird; dass man in Ruhe gelassen werden möchte und einen Auftrag erhält. Eine wirkliche Gottesbegegnung, wie sie im Gebet immer wieder geschieht, kann unsere Vorstellungen sowohl von Gott wie vom Gebet zerbrechen. 507 Was ist, wenn man die Erfahrung macht, dass

505 Warum ist das Gebet zuweilen ein Kampf?

Die geistlichen Meister aller Zeiten haben das Wachstum im Glauben und in der Liebe zu Gott als einen Kampf beschrieben, bei dem es um Leben und Tod geht. Der Kampfplatz ist das Innere des Menschen.

Beten nicht hilft?

Beten sucht nicht den vordergründigen Erfolg, sondern den Willen und die Nähe Gottes. Gerade im scheinbaren Schweigen Gottes liegt eine Einladung, noch einen Schritt weiter zu gehen – in restlose Hingabe, grenzenlosen Glauben, unendliche Erwartung. Wer betet, muss Gott die ganze Freiheit lassen, zu

Augustinus

Beten heißt mehr zuhören als reden. Betrachten heißt mehr angeschaut werden als anschauen. C arlo C arretto (1910–1988, italienischer Schriftsteller, Mystiker und „Kleiner Bruder Jesu“)

276 277

Alle Schwierigkeiten im Gebet haben eine einzige Ursache: zu beten, als wäre Gott nicht da. Teresa von Ávila

Ihr erhaltet nichts, weil ihr nicht bittet. Ihr bittet und empfangt doch nichts, weil ihr in böser Absicht bittet, um es in eurer Leidenschaft zu verschwenden. Jak 4,2–3

[ I ] 3 . K apitel : D er W eg des B etens

(von lat. meditatio = zur Mitte finden, Nachdenken): Meditation ist eine in verschiedenen Religionen und Kulturen praktizierte geistliche Übung, in welcher der Mensch zu sich (und zu Gott) finden soll. Das Christentum kennt und schätzt eine Vielfalt meditativer Übungen, lehnt jedoch Praktiken ab, die eine Vereinigung mit Gott oder dem Göttlichen als Ergebnis einer bestimmten Meditationstechnik versprechen.

Das innere Gebet ist Liebe, Schweigen, Hören, Dasein vor Gott. [2709–2719, 2724]

Wer beten will, muss oft erst seinen inneren Schweinehund besiegen. Was heute „null Bock“ heißt, kannten schon die Wüstenväter als Trägheit (Akedia). Die Unlust an Gott ist ein großes Problem im geistlichen Leben. Auch der Zeitgeist sieht im Gebet keinen Sinn, und der volle Kalender lässt ihm keinen Platz. Es gilt auch gegen den Versucher zu kämpfen, der alles unternimmt, um den Menschen von der Hingabe an Gott abzubringen. Wenn Gott nicht wollte, dass wir im Gebet zu ihm finden, würden wir den Kampf nicht gewinnen.

Solange wir leben, kämpfen wir, solange wir kämpfen, ist es ein Zeichen, dass wir nicht unterlegen sind und der gute Geist in uns wohnt. Und wenn dich der Tod nicht als Sieger antrifft, soll er dich als Kämpfer finden.

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Ich schaue ihn an, und er schaut mich an.

Die Waffe des Christen ist das Gebet. Wir können uns von unserer Selbstsucht besiegen lassen, uns an nichtige Dinge verlieren – oder Gott gewinnen. [2725–2752]

Jeder Mensch hat ein Gebet, das allein ihm gehört, wie er eine Seele hat, die ihm allein gehört. So, wie es jedem Menschen schwerfällt, seine Seele zu finden, so fällt es ihm auch schwer, sein Gebet zu finden.

Oft sagen wir: Ich habe gebetet – und es hat nichts geholfen. Vielleicht beten wir nicht intensiv genug. So hat der heilige Pfarrer von Ars einmal einen Mitbruder, der über seinen Misserfolg klagte, gefragt: „Du hast gebetet – du hast geseufzt … hast du aber auch gefastet, hast du gewacht?“ Es könnte auch sein, dass wir Gott um die falschen Dinge bitten. So hat Teresa von Ávila einmal gesagt: „Bete nicht um leichtere Lasten, bete um einen stärkeren Rücken!“ 40, 49

sah, dass Thérèse die Hände verschlungen hatte. „Was tust du? Du solltest versuchen, zu schlafen“, meinte Céline. „Ich kann nicht. Ich leide zu sehr. Aber ich bete“, antwortete Thérèse. „Und was sagst du zu Jesus?“ – „Ich sage ihm nichts. Ich liebe ihn.“ 509 Ist Beten nicht Flucht vor der Wirklichkeit?

Wer betet, flieht nicht vor der Wirklichkeit; er öffnet vielmehr die Augen für die ganze Realität. Vom allmächtigen Gott selbst empfängt er die Kraft, um der Wirklichkeit standzuhalten.

um Almosen bitten würde. Philipp Neri

Die Spiritualität des Christen kann weder Flucht aus der Welt sein noch Aktivismus, der jeder Mode nachläuft. Vom Heiligen Geist durchdrungen, möchte sie die Welt verwandeln. Johannes Paul I I., 02.12.1998

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Elie W iesel (*1928, rumän.- amerik. Schriftsteller, Überlebender des Holocaust)

sprechen, wann er will, zu erfüllen, was er will, und sich zu schenken, wie er will. [2735–2737]

278 279

508 Was ist, wenn man beim Beten nichts fühlt oder sogar einen Widerwillen gegen das Gebet empfindet?

Zerstreuung beim Beten, das Gefühl der inneren Leere und der Trockenheit, ja sogar der Widerwille gegen das Gebet sind Erfahrungen, die jeder Beter macht. Dann in Treue auszuhalten, ist selbst schon Gebet. [2729–2733] Sogar die hl. Thérèse von Lisieux konnte lange Zeit nichts von der Liebe Gottes spüren. Kurz vor ihrem Tod wurde sie nachts von ihrer Schwester Céline besucht. Sie

Beten ist eine Tankstelle, an der man kostenlos Energie für ganz weite Wege und äußerste Herausforderungen bekommt. Beten führt nicht aus der Wirklichkeit heraus, sondern tiefer in sie hinein. Beten raubt nicht Zeit, sondern verdoppelt die verbleibende Zeit, füllt sie von innen heraus mit Sinn. 356 510 Ist es möglich, immer zu beten?

Beten ist immer möglich. Beten ist lebensnotwendig. Beten und Leben lassen sich nicht voneinander trennen. [2742–2745, 2757]

Freut euch zu jeder Zeit! Betet ohne Unterlass! Dankt für alles, denn das will Gott von euch, die ihr zu Christus Jesus gehört. Löscht den Geist nicht aus! 1 Thess 5,16–19

[ I ] 3 . K apitel : D er W eg des B etens

Das beste Heilmittel gegen geistige Trockenheit besteht darin, uns wie Bettler in die Gegenwart Gottes und der Heiligen zu stellen. Und wie ein Bettler von einem Heiligen zum anderen zu gehen und um ein geistliches Almosen zu bitten, mit derselben Zudringlichkeit, wie ein Armer auf der Straße

Denke daran, dass Gott zwischen den Töpfen und Pfannen da ist und dass er dir in inneren und äußeren Aufgaben zur Seite steht. Teresa von Ávila

Das Vaterunser ist das einzige Gebet, das Jesus seinen Jüngern selbst beigebracht hat (Mt 6,9–13; Lk 11,2–4). Deshalb heißt das Vaterunser auch „Gebet des Herrn“. Christen aller christlichen Konfessionen beten es täglich, sowohl im Gottesdienst als auch privat. Die Anfügung „Denn dein ist das Reich …“ ist schon in der Zwölfapostellehre (Didaché, um 150 n. Chr.) erwähnt und kann dem Vaterunser hinzugefügt werden.

Lk 11,1

512 Wie entstand das Vaterunser?

Das Vaterunser entstand auf Bitten eines Jüngers Jesu, der seinen Meister beten sah und von Jesus selbst lernen wollte, wie man richtig betet. 477

Zwe i t er Abschni t t

Das Gebet des Herrn: Das Vaterunser 511 Wie lautet das Vaterunser?

Lateinisch: Pater noster, qui es in caelis: sanctificetur nomen tuum; adveniat regnum tuum; fiat voluntas tua, sicut in caelo et in terra. Panem nostrum cotidianum da nobis hodie; et dimitte nobis debita nostra, sicut et nos dimittimus debitoribus nostris; et ne nos inducas in tentationem; sed libera nos a malo. Quia tuum est regnum, et potestas, et gloria in saecula. Amen.

513 Welche Struktur hat das Vaterunser?

Das Vaterunser besteht aus sieben Bitten an den barmherzigen Vater im Himmel. Die ersten drei Bitten beziehen sich auf Gott und die Weise, wie wir ihm richtig dienen. Die letzten vier Bitten tragen unsere menschlichen Grundnöte vor unseren Vater im Himmel. [2803–2806, 2857] 514 Welchen Rang unter den Gebeten nimmt das



Vaterunser ein?

Das Vaterunser ist „das vollkommenste Gebet“ (hl. Thomas von Aquin) und die „Zusammenfassung des ganzen Evangeliums“ (Tertullian). [2761–2772, 2774, 2776] Das Vaterunser ist mehr als ein Gebet – es ist ein Weg, der direkt in das Herz unseres Vaters führt. Die frühen Christen sprachen dieses Urgebet der Kirche, das jedem Christen bei der Taufe übergeben wird, dreimal am Tag. Auch bei uns darf es keinen Tag geben, an dem wir nicht versuchen, das Gebet des Herrn mit dem Mund auszusprechen, mit dem Herzen einzuholen und in unserem Leben wahr zu machen.

Lasst uns also beten, geliebteste Brüder, wie Gott, der Meister, uns gelehrt hat! Es ist ein vertrauliches und inniges Gebet, wenn wir zu Gott mit dem beten, was sein ist, wenn wir das Gebet Christi zu seinen Ohren emporsteigen lassen. Möge der Vater die Worte seines Sohnes wiedererkennen, wenn wir ein Gebet sprechen … Bedenken wir, dass wir vor dem Blick Gottes stehen. C yprian von K arthago

280 281 [ I I ] D as V aterunser

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Jesus betete einmal an einem Ort; und als er das Gebet beendet hatte, sagte einer seiner Jünger zu ihm: Herr, lehre uns beten, wie schon Johannes seine Jünger beten gelehrt hat.

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Gott kann man nicht mit ein paar Worten am Morgen oder Abend abspeisen. Unser Leben muss zum Gebet werden, und unsere Gebete müssen zu Leben werden. Jede christliche Lebensgeschichte ist auch eine Gebetsgeschichte, ein einziger, langer Versuch der immer tieferen Vereinigung mit Gott. Weil in vielen Christen die Sehnsucht lebt, im Herzen ständig bei Gott zu sein, greifen sie auf das sogenannte „Jesusgebet“ zurück, das besonders in den Kirchen des Ostens von alters her in Gebrauch ist. Der Beter versucht, die einfache Gebetsformel – ihre bekannteste Formel lautet: „Jesus, Christus, Sohn Gottes, Herr, hab Erbarmen mit uns Sündern!“ – so in seinen Tagesablauf zu integrieren, dass sie zu einem ständigen Gebet wird.

Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fürchten müsstet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: Abba, Vater!

515 Woher nehmen wir das Vertrauen, Gott Vater zu nennen?

Die Kühnheit, Gott mit Vater anzusprechen, besitzen wir, weil Jesus uns in seine Nähe gerufen und zu Kindern Gottes gemacht hat. In Gemeinschaft mit ihm, der „am Herzen des Vaters ruht“ (Joh 1,18), dürfen wir „Abba, Vater!“ rufen. [2777–2778, 2797–2800] 37 516 Wie können Menschen zu Gott „Vater“ sagen,

Gott hört niemals auf, der Vater seiner Kinder zu sein. Hl. Antonius von Padua (1195–1231), Franziskaner

Alle Geschöpfe sind Kinder des einen Vaters und daher Brüder.

Der Christ sagt nicht „mein Vater“, sondern „Vater unser“, und zwar bis hinein in die Abgeschiedenheit des verschlossenen Zimmers, da er weiß, dass er an jedem Ort, in jeder Lebenslage Glied ein und desselben Leibes ist. Benedikt X V I., 06.06.2007

Menschliche Väter und Mütter verstellen oft das Bild eines väterlichen, gütigen Gottes. Unser Vater im Himmel ist aber nicht identisch mit unseren menschlichen Elternerfahrungen. Wir müssen unser Bild von Gott von allen eigenen Vorstellungen reinigen, um ihm mit vorbehaltlosem Vertrauen begegnen zu können. [2779] Selbst Menschen, die von ihrem eigenen Vater vergewaltigt wurden, können lernen, das Vaterunser zu beten. Oft ist es ihre Lebensaufgabe, sich fallen zu lassen in eine Liebe, die ihnen von Menschen grausam verweigert wurde, die aber dennoch auf wunderbare Weise und über alles menschliche Begreifen hinaus da ist. 517 Wie werden wir durch das Vaterunser verändert?

Das Vaterunser lässt uns voll Freude entdecken, dass wir Kinder eines Vaters sind. Unsere gemeinsame Berufung ist es, unseren Vater zu preisen und miteinander zu leben wie „ein Herz und eine Seele“ (Apg 4,32). [2787–2791, 2801] Weil Gott, der Vater, jedes seiner Kinder mit der gleichen ausschließlichen Liebe liebt, als wären wir das einzige Wesen seiner Zuneigung, müssen wir auch auf eine völlig neue Art miteinander umgehen: voller Frieden, Achtsamkeit und Liebe – so, dass jeder das jubelerregende Wunder sein kann, das er im Ansehen Gottes tatsächlich ist. 61, 280

518 Wenn der Vater „im Himmel“ ist – wo ist dieser Himmel?

Der Himmel ist da, wo Gott ist. Das Wort Himmel gibt keinen Ort an, sondern bezeichnet das Dasein Gottes, der nicht an Raum und Zeit gebunden ist. [2794–2796, 2802] Wir dürfen den Himmel nicht über den Wolken suchen. Wo immer wir uns Gott in seiner Herrlichkeit und dem Nächsten in seiner Not zuwenden; wo wir die Freuden der Liebe erfahren; wo wir uns bekehren und uns von Gott versöhnen lassen, da geht der Himmel auf. „Nicht wo der Himmel ist, da ist Gott, sondern wo Gott ist, da ist der Himmel“ (Gerhard Ebeling). 52 519 Was bedeutet: „Geheiligt werde dein Name“?

Den Namen Gottes heiligen bedeutet, ihn über alles zu stellen. [2807–2815, 2858] Der „Name« weist in der Heiligen Schrift auf das wahre Wesen einer Person hin. Den Namen Gottes heiligen heißt, seiner Wirklichkeit gerecht zu werden, ihn anzuerkennen, ihn zu loben, ihm Geltung und Ehre zu verschaffen und nach seinen Geboten zu leben. 31

Wir sprechen alle gemeinsam im Gebet des Herrn: „Vater unser“. So spricht der Kaiser, so der Bettler, so der Knecht, so der Herr. Sie sind alle Brüder, weil sie einen Vater haben. Augustinus

Der Himmel auf Erden ist überall, wo Menschen von Liebe zu Gott, zu ihren Mitmenschen und zu sich selbst erfüllt sind. Hildegard von Bingen

282 283 [ I I ] D as V aterunser

Franziskus von Assisi

wenn sie von ihrem leiblichen Vater/ihren leiblichen Eltern gequält oder verlassen wurden?

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Röm 8,15

Das Reich Gottes … ist Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist. Röm 14,17

Völlige Selbstaufgabe bedeutet, mit einem Lächeln das zu akzeptieren, was ER gibt und was ER nimmt. … Zu geben, was immer verlangt wird – und wenn es dein guter Name oder deine Gesundheit ist –, das ist Selbstaufgabe, und dann bist du frei.

François Fénelon sagt: „Alles zu wollen, was Gott will, es immer zu wollen, bei allen Gelegenheiten und ohne Einschränkungen, das ist das Reich Gottes, das ganz innen ist.“ 89, 91 521 Was bedeutet: „Dein Wille geschehe, wie im



Himmel so auf Erden“?

Wenn wir um die universale Durchsetzung des Willens Gottes beten, bitten wir, dass es auf der Erde und in unserem eigenen Herzen so wird, wie es im Himmel schon ist. [2822–2827, 2860] Solange wir noch auf unsere eigenen Pläne, unser Wollen und unsere Vorstellungen setzen, kann die Erde nicht zum Himmel werden. Der eine will das, der andere das. Unser Glück finden wir aber, wenn wir gemeinsam wollen, was Gott will. Beten heißt: Stück für Stück Gottes Willen Raum auf dieser Erde geben. 49–50, 52 522 Was bedeutet: „Unser tägliches Brot gib uns heute“?

Die Bitte um unser tägliches Brot macht uns zu Menschen, die von der Güte ihres himmlischen Vaters alles erwarten, auch die zum Leben notwendigen materiellen und geistigen Güter. Kein Christ kann diese Bitte aussprechen, ohne an seine reale Verantwortung für diejenigen in der Welt zu denken, denen es am Lebensnotwendigsten fehlt.

Mutter Teresa

523 Warum lebt der Mensch nicht vom Brot allein?

„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort, das aus Gottes Mund kommt.“ (Mt 4,4 nach Dtn 8,3) [2835]

Es gibt Hunger nach gewöhnlichem Brot, aber es gibt auch Hunger nach Liebe, Güte und gegenseitiger Achtung – und das ist die große Armut, unter der die Menschen heute so sehr leiden. Mutter Teresa

284 285 [ I I ] D as V aterunser

Benedikt X V I., 05.02.2006

Wenn wir „Dein Reich komme“ beten, rufen wir danach, dass Christus, wie er versprochen hat, wiederkommt und sich die Herrschaft Gottes, die hier schon angebrochen ist, endgültig durchsetzt. [2816–2821, 2859]

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Mittelpunkt seiner [Jesu] Verkündigung ist das Reich Gottes, das heißt Gott als Quelle und Mittelpunkt unseres Lebens, und er sagt uns: Gott allein ist die Erlösung des Menschen. Und wir können in der Geschichte des letzten Jahrhunderts sehen, dass in den Staaten, in denen Gott abgeschafft war, nicht nur die Wirtschaft zugrunde gerichtet wurde, sondern auch und vor allem die Seelen.

520 Was bedeutet: „Dein Reich komme“?

Blaise Pascal

Wenn jemand sagt: Ich liebe Gott!, aber seinen Bruder hasst, ist er ein Lügner. Denn wer seinen Bruder nicht liebt, den er sieht, kann Gott nicht lieben, den er nicht sieht.

524 Was bedeutet: „Vergib uns unsere Schuld, wie



auch wir vergeben unseren Schuldigern“?

Die barmherzige Vergebung – diejenige, die wir anderen schenken und die, welche wir selbst suchen – ist unteilbar. Wenn wir selbst nicht barmherzig sind und einander nicht vergeben, wird die Barmherzigkeit Gottes unser Herz nicht erreichen. [2838–2845, 2862] Viele Menschen haben ein Leben lang damit zu kämpfen, nicht vergeben zu können. Die tiefe Blockade der Unversöhntheit wird letztlich nur gelöst im Blick auf Gott, der uns angenommen hat, „als wir noch Sünder waren“ (Röm 5,8). Weil wir einen gütigen Vater haben, sind Vergebung und versöhntes Leben möglich. 227, 314 525 Was bedeutet: „Führe uns nicht in Versuchung“?

Wer nicht versucht wird, wird nicht erprobt; wer nicht erprobt wird, macht keinen Fortschritt. Augustinus

Wir wissen: Wir sind aus Gott, aber die ganze Welt steht unter der Macht des Bösen. 1 Joh 5,19

Weil wir jeden Tag und jede Stunde in Gefahr sind, in Sünde zu fallen und nein zu Gott zu sagen, flehen wir zu Gott, er möge uns nicht schutzlos in der Gewalt der Versuchung lassen. [2846–2849] Jesus, der selbst versucht wurde, weiß, dass wir schwache Menschen sind, die dem Bösen aus eigener Kraft wenig entgegenzusetzen haben. Er schenkt uns die Vaterunser-Bitte, die uns in der Stunde der Prüfung auf den Beistand Gottes vertrauen lehrt. 526 Wer ist gemeint mit „Erlöse uns von dem Bösen“?

Mit „dem Bösen“ im Vaterunser ist nicht eine negative geistige Kraft oder Energie gemeint, sondern der Böse in Person, den die Heilige Schrift unter den Namen Versucher, Vater der Lüge, Satan oder Teufel kennt. [2850–2854, 2864]

Niemand wird leugnen, dass das Böse in der Welt von verheerender Gewalt ist, dass wir von teuflischen Einflüsterungen umgeben sind, dass in der Geschichte oft dämonische Prozesse ablaufen. Nur die Heilige Schrift nennt die Dinge beim Namen: „Denn wir haben nicht gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern gegen die Fürsten und Gewalten, gegen die Beherrscher dieser finsteren Welt“ (Eph 6,12). Die Vaterunser-Bitte, vom Bösen erlöst zu werden, trägt das ganze Elend dieser Welt vor Gott und fleht darum, dass Gott, der Allmächtige, uns von allen Übeln befreit, wie es auch im Embolismus zum Ausdruck kommt. 527 Warum beenden wir das Vaterunser mit „Amen“?

Christen wie Juden beschließen seit ältesten Zeiten alle ihre Gebete mit „Amen“ und sagen damit: „Ja, so sei es!“ [2855–2856, 2865] Wo ein Mensch „Amen“ sagt zu seinen Worten, „Amen“ zu seinem Leben und seinem Schicksal, „Amen“ zur Freude, die ihn erwartet, da kommen Himmel und Erde zusammen und wir sind am Ziel: bei der Liebe, die uns im Anfang schuf. 165

Embolismus (von griech. emballein = einwerfen, einschieben): ein in der Hl. Messe verwendeter Nachsatz zum Vaterunser: Erlöse uns, Herr, allmächtiger Vater, von allem Bösen und gib Frieden in unseren Tagen. Komm uns zu Hilfe mit deinem Erbarmen und bewahre uns vor Verwirrung und Sünde, damit wir voll Zuversicht das Kommen unseres Erlösers Jesus Christus erwarten.

Das Amen unseres Glaubens ist nicht der Tod, sondern das Leben. Michael K ardinal von Faulhaber

286 287 [ I I ] D as V aterunser

1 Joh 4,20

Dieses Schriftwort erinnert uns daran, dass Menschen einen seelischen Hunger haben, der nicht mit materiellen Mitteln zu stillen ist. Man kann sterben an Mangel an Brot; man kann aber auch sterben, weil man nur Brot bekommen hat. In der Tiefe werden wir genährt durch den, der „Worte des ewigen Lebens“ (Joh 6,68) hat und eine Speise, die nicht verdirbt (Joh 6,27) – die heilige Eucharist ie.

V i e r t e r t e i l – W ie wir beten sollen

Vater im Himmel, ich bitte weder um Gesundheit noch um Krankheit, weder um Leben noch um Tod, sondern darum, dass du über meine Gesundheit und meine Krankheit, über mein Leben und meinen Tod verfügst zu deiner Ehre und zu meinem Heil. Du allein weißt, was mir dienlich ist. Amen.

Stichwortverzeichnis Die genannten Zahlen im Register beziehen sich auf die Nummern der einzelnen Fragen. Eine fettgedruckte Nummer nennt die Hauptbezugsstelle; die anderen Nummern weisen auf ergänzende Aspekte hin.

Bilderverbot 358

Doxologie 214

Binde- und Lösegewalt 140

Dreieinigkeit/Dreifaltigkeit 35, 36, 122,

Biotechnologie 435

164

Bischöfe 92, 134, 137, 142–144, 213, 253,

Drogen 389

258 Ehe mit Nichtchristen 268

Bischöfe, ihre Aufgabe 144, 246, 440

Ehe mit Nichtkatholiken 267

Abba, lieber Vater 38, 290, 477

Aschenkreuz 272

Bischofsweihe 252

Ehe ohne Trauschein 425

Abbild Gottes 39, 58, 64, 122, 262–263,

Atheismus 5, 357

Bittgebet 471, 483

Ehe und Kinder 418, 419

271, 279, 402

Auferstehung 104–108

Blasiussegen 272

Ehe, Band der 261

Abendmahl Jesu 92, 99, 166, 171, 192,

Auferstehung der Toten 152

Börsenspekulation 432

Ehe, gemischtkonfessionelle 267

208–223, 259

Auferstehung des Fleisches 153

Böse, das/der 51, 111, 161, 163, 164, 234,

Ehe, Wesensmerkmale der 416

Aberglauben 355, 356

Auferstehung, Beweise für die 106

273, 285–296, 315, 318, 320, 333, 386,

Ehe, Zeichencharakter der 263

Absolution 233

Auferstehungsleib Christi 107

396, 397, 525, 526

Eheannullierung 269

Abtreibung 237, 292, 379, 383, 421, 498

Autorität 325, 326, 329, 367, 375, 392,

Brechen des Brotes 212, 223, 482

Ehebruch 424

Adam und Eva 66, 68

399, 446

Brot und Wein 99, 181, 208, 213, 216, 218,

Ehehindernis 261, 268

Adoption 422, 435

Autorität des Papstes 141

488

Ehekonsens 261

Agnus Dei 214

Ave-Maria 480

Brotbitte 522, 523

Ehelose Keuschheit 145

Brüder und Schwestern Jesu 81

Ehepartner, Trennung vom 269

Aids 414

S tichwortverzeichnis

Bischöfe und Papst 142

Armut, evangelischer Rat der 138, 145

Alleinlebende Menschen 265

Barmherzigkeit 302, 450, 451, 524

Bund Gottes 8, 116, 194, 210,

Eheprobleme 264

Allerheiligste, das 212, 218

Barmherzigkeit Gottes 89, 226, 314, 337,

334–336

Ehesakrament 193, 260–267

Allmacht Gottes 40, 66, 485

524

Buße 195, 230, 232, 276

Ehesakrament(s), Spender des 261

288

Allwissenheit Gottes 51

Begierde 264, 406, 462

Bußsakrament (siehe auch: Beichte) 151,

Ehesakrament(s), Wirkungen des 261

289

Almosen 345, 447, 449

Begräbnis 278

172, 224–239, 345

Ehescheidung 424

Altar 191, 213, 214, 215–217, 255

Beichte 151, 173, 175, 193, 206, 220,

Bußsakrament, Voraussetzungen 231

Eheschließung in Freiheit 261

Altardienste 214

225–239, 317, 458

Amen 165, 527

Beichte, Pflicht zur 234

Charisma 113, 119, 120, 129, 257, 393

sakramentalen 262

Anbetung 149, 218, 461, 483, 485

Beichtgeheimnis 238, 458

Chrisam, Salbung mit 203

Eheversprechen 261

Andachten 274

Beichtvater 236

Christus, das Ursakrament 193

Ehevollzug 261

Angst 245, 438, 470, 476, 494

Bekehrung 131, 235, 328,

Christus, der Herr 110, 363

Eigentum 426–428, 433, 465

Apostel 12–13, 26, 92, 99, 106, 118, 129,

Bekenntnis des Glaubens 24, 26–29, 136,

Christus, der Richter der Welt 112

Eigentum, geistiges 429

137, 140–141, 143, 175, 209, 227, 252,

165, 307

Credo 24, 26, 76, 214, 307

Einheit der Kirche 25, 92, 129, 131, 134,

259, 482

Beruf 138, 328

Apostelberufung 92

Berufung 73, 138, 139, 144, 145, 205, 250,

Dankbarkeit 59, 371

Einsetzung des Bußsakraments 227

Apostolische Sukzession 92, 137, 141

255, 265, 340

Dankgebet 371, 469, 483, 485, 488

Einsetzungsbericht 210

Apostolizität der Kirche 137, 141

Bestattung 394

Demut 235, 485

Elternliebe 367, 368, 372, 418, 516

Arbeit 47, 50, 66, 332, 362, 366, 426, 428,

Bestechlichkeit 428

Diakon 140, 255

Embryonale Stammzellenforschung 385

439, 442, 444–445, 494

Betrug 428, 465

Diakon(s), Aufgaben des 255

Embryonenhandel 435

Arbeit und Kapital 439

Bibel 12–19

Diakonenweihe 255

Empfängnisregelung 420

Arbeiterfrage 439

Bibel richtig lesen 16

Diebstahl 426

Empfängnisverhütung 421

Arbeitslosigkeit 444

Bibel und Gebet 491

Diskretion 457

Ende der Welt 111, 164

Armut 27, 354, 446–449, 497, 523

Bibel und Heiliger Geist 119

Diskriminierung 398, 415,

Engel 52, 54, 55, 179, 183, 489

Armut Christi 284, 449, 467

Bibel, ihre Irrtümer 15

Dogma 83, 143

Entführung 392

Armut des Herzens 467

Bibel, Verzeichnis der einzelnen Bücher 22

Doppelmoral 347, 405

Entscheidungsfreiheit 68, 69, 161, 287, 296

Eheschließung, Bedingungen einer

137, 141, 143, 222

Erbsünde 68–70, 83, 197

187, 200, 239, 285, 311, 314, 365, 438,

Gebote 17, 67, 307, 348, 337, 352

Gleichnis vom Barmherzigen Vater 227

Erfahrung 148, 504, 507, 508

489, 517, 520, 527

Gedächtnis des Leidens 212

Globalisierung 327, 446–447

Erotik 65, 417, 462

Frieden 66, 115, 164, 282, 284, 327, 370,

Gefangene besuchen 450

Gloria 214

Esoterik 55, 355, 356

395, 396, 398, 436

Gehorsam 145, 326

Glück, Streben nach 3, 57, 281, 282, 285

Eucharistie 19, 99, 126, 160, 167, 193,

Frieden, innerer 38, 159, 233, 245, 311,

Geiselnahme 392

Glücksspiel 434

208–223, 365, 488, 523

393, 494, 503, 504, 517

Geistliche Werke der Barmherzigkeit 451

Gnade 197, 206, 274, 279, 285, 337,

Eucharistie, Bedingungen zur Teilnahme

Frömmigkeit 497

Gemeinschaft 12, 24, 64, 86, 99, 122, 211,

338–341

an der 220

Früchte des Heiligen Geistes 311

248, 321, 368, 397

Gnade als Selbstmitteilung Gottes 338

Eucharistie, Einsetzung der 99, 209

Fürbitte(n) 85, 214, 361, 497

Gemeinschaft der Heiligen 146

Gnade, habituelle 339

Eucharistie, Wirkungen der 221

Fürbittgebet 146, 213, 483, 487

Gemeinwohl 296

Gnade, heiligmachende 339

Eucharistische Anbetung 218, 270

Fußwaschung 99, 375

Generalabsolution 233

Gnade, helfende 339

Gerechtigkeit 89, 111, 123, 164, 283, 300,

Gnade, sakramentale 339

Eucharistisches Hochgebet 214 Euthanasie 379

Gaben des Heiligen Geistes 310

302, 323–329, 376, 392, 395, 438, 520

Gott danken 461, 490, 494, 501

Evangelische Räte 145

Gabenbereitung 214

Gerechtigkeit, ausgleichende 430

Gott gehorchen 20, 34

Evangelium 10, 18, 19, 71, 199, 213, 282,

Gebet 469–470

Gerechtigkeit, soziale 329, 449

Gott ist barmherzig 314

491

Gebet als Gespräch 472

Gericht, individuelles 112, 157

Gott ist Liebe 2, 33, 145, 156, 309

Evolution 42, 43, 280

Gebet der Heiligen 497

Geschiedene, wiederverheiratete 270

Gott loben 48, 183, 489, 519

Ewiges Leben 61, 98, 108, 136, 155, 156,

Gebet der Kirche 492

Gesellschaft 139, 271, 322–325, 329, 369,

Gott suchen 3–4, 89, 136, 199, 467, 470

161, 247, 280, 285, 317, 348, 364

Gebet der Psalmen 473

440, 444

Gott, der Heilige Geist 38, 113–120

Ewiges Licht 191

Gebet in der Not 476

Gesetz des Alten Bundes 8, 135, 334, 335,

Gott, der Schöpfer 41, 44, 330

Ex cathedra 143

Gebet in der Urkirche 482

336, 363

Gott, der Sohn 39

S tichwortverzeichnis

Ex opere operato 178

Gebet und Alltag 494

Gesetze 326, 377

Gott, der Vater 37

290

Exkommunikation 237

Gebet und Heiliger Geist 496

Gesundheit 388, 389

Gottes Allmacht 40, 49, 66, 485

291

Exorzismus 273

Gebet und Kampf 505

Gewalt 284, 296, 386, 392, 397, 399, 413,

Gottes Allwissenheit 51

Gebet, Abraham und das 471

452, 460

Gottes Existenz leugnen 5

Familie 86, 138, 139, 271, 322, 327,

Gebet, betrachtendes 500, 502

Gewalt, militärische 398–399

Gottes Name 31, 359

368–370, 373, 374, 419, 474

Gebet, christliches 493

Gewaltlosigkeit 397

Gottes Treue 8, 49, 64, 176, 263

Fasten- und Abstinenzgebot 151, 345

Gebet, ein Selbstgespräch 506

Gewaltverherrlichung 460

Gottes Vorsehung 49, 50, 466

Fegefeuer 159, 160

Gebet, eine Flucht? 509

Gewissen 1, 4, 20, 120, 136, 232, 291,

Gottes Wahrheit 13, 32, 307, 359, 453, 461

Feindesliebe 34, 329, 396, 477, 487, 494

Gebet, immerwährendes 510

295–298, 312, 354, 397–398, 470

Gottesbilder 355, 358

Firmbedingungen 206

Gebet, inneres 500, 503

Gewissensbildung 297

Gottesdienst 166

Firmspender 207

Gebet, kontemplatives 472

Gewissensdruck 296

Gotteserkenntnis mit der Vernunft 4, 6

Firmung 193, 203–207

Gebet, Mose und das 472

Gewissenserforschung 232, 233

Gottesfurcht 310, 353

Fluchen 359

Gebet, mündliches 500, 501

Glaube und Kirche 24

Gotteshaus 189, 190, 214, 498

Forschung am lebenden Menschen 390

Gebet, persönliches 492

Glaube und Naturwissenschaft 15, 23, 41,

Gottesverehrung 302, 352, 365

Frau sein 64, 401

Gebet, regelmäßiges 499

42, 62, 106

Göttliche Tugenden 305

Frauen als Priester? 257

Gebet, Unlust zum 490

Glauben 20, 21–22

Götzenverehrung 355

Freiheit 49, 51, 59, 68, 125, 136, 161, 178,

Gebet, wirkungslos? 507

Glaubensbekenntnis 24, 25, 26, 27, 307

Gut und Böse, Unterscheidungskriterien

285, 286, 290

Gebet, Zeit für das 499

Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstan-

für 234, 291–292, 295, 296

Freiheit und Sucht 287

Gebet, Zerstreuung beim 508

tinopel 29

Freiheitsrechte 289

Gebet(s), Hauptarten des 483

Glaubensbekenntnis, Apostolisches 28

Halleluja 214

Fremdbestimmung 286

Gebet(s), Ort des 498

Glaubenszwang 354

Handauflegung 115, 137, 174, 203, 254

Fremde aufnehmen 271, 450

Gebetserhörung 478, 495

Gleichheit aller Menschen 61, 330–331,

Hauskirche 271, 368

Freude 1, 2, 21, 38, 71, 108, 120, 170, 179,

Gebetszeiten 188

401, 441

Heil 10, 21, 136, 174, 199, 335

Heilige 132, 146, 275, 342, 497

Hoffnung 105, 108, 146, 152, 305–306,

Juden und Christen 30, 97, 135, 349, 358

Kirche, ihre Katholizität 133, 134

Heilige als Vorbilder 202, 235, 342–343,

308, 337, 352, 493

Judenhass 135

Kirche, ihre Kollegialität 140

497

Hölle 51, 53, 157, 161–162

Jüngstes Gericht 163

Kirche, Wesen der 125

Heilige Kommunion 208, 212, 213, 217,

Homilie 214

221, 247

Homosexuell empfindende Menschen 65,

Kanon der Heiligen Schriften 14

Kirchenraum 189, 190, 214, 498

Heilige Messe 168, 212, 213–214, 365

415

Kapital/Kapitalismus 331, 435, 439, 442

Kirchenspaltung 130, 131, 267

Heilige Mysterien 212

Horen 188

Kardinaltugenden 300

Klage 111, 164, 476, 486, 501

Heilige Schrift und Kirche 128

Hunger 91, 446, 522, 523

Katechumenat 196

Klassenkampf 439

Heilige Schrift und Tradition 11–12, 143,

Hungrige speisen 450

Katholisch 130, 133, 134, 220, 222,

Kleriker 138

267–268,

Klugheit 300, 301

492

Kirchengebote 345

Ikone 358

Katholische Soziallehre 323

Kniebeuge 75, 218, 485

Heilige und Göttliche Liturgie 212

Individualismus 321

Keusch leben 311, 404–406, 463

Kommunikationsmittel 459

Heilige Zeichen 115, 123, 128, 167, 174,

Individualität 62, 173, 201

Kinder 86, 262, 271, 354, 368, 371–372,

Kommunion, Heilige 208, 212, 213, 221

181, 189

Inkarnation 9, 76, 152

374, 383, 384, 416, 418, 419, 422, 460

Kommunionempfang von Nichtkatholiken

Heiligen Geistes, Die Kraft des 138, 177,

Inkulturation 274

Kinder Gottes 113, 125, 138, 173, 200, 226,

222

203, 205, 227, 241, 242, 249, 254, 290

Insemination, heterologe 423

279, 283, 401

Kommunismus 439

Heiliger Geist 113–120

Insemination, homologe 423

Kinderhandel 435

Komplet 188

Heiliger Geist als Gabe 205

Inspiration 14–15

Kindersoldaten 435

Kondome 414

Heiliger Geist in uns 120, 203

Interkommunion 222

Kindertaufe 197

Konsekration 213

Kirche 121–128

Konzil 140

Heiliger Geist und Firmung 167, 203–207

S tichwortverzeichnis

Heilige Schrift, von Gott inspiriert, 14, 15

Heiliger Geist und Kirche 119

Jahwe 8, 31, 214

Kirche als Braut Christi 127

Körperliche Selbstzerstörung 387

Heiliger Geist und Propheten 116

Jawort bei der Ehe 262

Kirche als Institution 121, 124

Korruption 428

292

Heiliger Geist und Taufe 176, 195

Jesu Name 72

Kirche als Leib Christi 121, 126, 129, 131,

Kranken, Sorge für die 242

293

Heiliger Geist, seine Zeichen und Namen

Jesu Taufe 87

146, 175, 196, 208, 211, 217, 221, 343

Krankensalbung 193, 243–246

115

Jesu Tod 96–103

Kirche als Tempel des Heiligen Geistes 119,

Krankensalbung, Ritus der 244

Heiliges Opfer 212

Jesu Todesangst 100

128, 189

Krankensalbung, Spender der 246

Heiligkeit, Berufung zur 342

Jesu verborgenes Leben 86

Kirche als Volk Gottes 121, 125, 128, 138,

Krankensalbung, Voraussetzungen 243

Heilung 224

Jesu Verurteilung zum Tod 96

191, 204

Krankensalbung, Wirkungen der 245

Heilung, Charisma der 242

Jesu Wunder 90, 91

Kirche und Demokratie 140

Krankheit 89, 224, 240–245, 273, 280, 310,

Herrsein Christi 110

Jesus als Beter 474–477

Kirche und Heilige Schrift 19

379, 450

Herz 3, 7, 20, 38, 113, 205, 281, 283, 290,

Jesus als Vorbild 60, 449

Kirche und Heiliger Geist 119

Kräuterweihe 272

307, 314, 463, 470

Jesus und der Heilige Geist 114

Kirche und nichtchristliche Religionen 136,

Kreuz 96, 98, 101–103, 360

Herzensgebet 503

Jesus und die Kranken 241

198, 438

Kreuzesnachfolge 102

Herzensreinheit 89, 282–283, 463, 469,

Jesus, Beziehung zu 348, 454, 491

Kirche und Reich Gottes 89, 91, 110, 123,

Kreuzesopfer 155, 191, 208, 216, 217, 250

477, 503

Jesus, der Christus 73

125, 138, 139, 284, 520

Kreuzwegandacht 277

Heuchelei 455

Jesus, der Erlöser 70, 72, 101, 136, 330,

Kirche, Aufgabe der 123, 150

Kreuzzeichen 360

Himmel 52, 123, 158, 242

468

Kirche, Begriff der 121

Krieg 379, 398

Himmel, neuer und neue Erde 111, 164

Jesus, der Herr 75

Kirche, Heiligkeit der 124, 132

Krieg, gerechter 399

Himmelfahrt Jesu 106, 109

Jesus, der Jude 336

Kirche, ihr Aufbau 138

Kunst 461

Himmlische Liturgie 179

Jesus, die Offenbarung Gottes 8–10

Kirche, ihre Apostolizität 137, 140

Künstliche Befruchtung 423

Hingabe 263, 402, 479

Jesus, mehr als ein Mensch 74, 77, 78

Kirche, ihre Einheit und Einzigartigkeit

Kyrie 214

Hingabe an Gott 145, 258, 485, 497, 507

Jesus, nur scheintot? 103

129, 141

Hirtenamt 138, 252. 253, 257

Jesus, wahrer Mensch 79, 88

Kirche, ihre hierarchische Struktur 140

Laien 138, 139, 214, 440

HIV-Erkrankung 414

Juden schuld an Jesu Tod? 97, 135

Kirche, ihre Irrtumslosigkeit 13, 143

Laster 294

Lästerung 316, 359, 455

Maria, Hilfe durch 148

Nichtkatholische Christen 130

310, 336

Laudes 188

Maria, ihre unbefleckte Empfängnis 83

Non 188

Prostitution 411, 435

Leere, innere 467, 508

Marienverehrung 149

Notwehr 378, 380

Prozessionen 274

Lehramt in Kirche 141, 252, 344

Marktwirtschaft 442

Nüchternheit 220, 304

Prüderie 404

Leibliche Werke der Barmherzigkeit 450

Märtyrer 289, 455

Leidenschaften 293, 294

Martyrium 454

Offenbarung 7, 8, 10, 36, 333, 351, 356

Leiderfahrung 66

Maß 300, 301, 304

Okkultismus 355

Rache 396

Leihmutterschaft 423

Matutin 188

Ökumene 130, 131, 134, 222

Rassismus 61, 330, 377, 398

Leitungsamt in der Kirche 252

Medien 404, 412, 459, 460

Ökumenisches Konzil 143

Realpräsenz Christi 19, 168, 191, 212,

Lesung 191, 213, 214

Meditation 504

Öl, heiliges 115, 170, 174, 203, 244

216–218

Letztes Gericht 163

Meineid 455

Ordensleute 138, 145, 258, 339, 374, 440

Recherche 459

Liebe 402

Mensch als Ebenbild Gottes 330

Organspenden 391

Rechte und Pflichten 136, 302, 326–330,

Liebe Gottes 2, 61, 91, 115, 127, 156,

Mensch als Mittel zum Zweck 322

Ortskirche 141, 253

333, 370, 376, 380, 381, 383, 387, 392, 398,

169, 200, 229, 270, 271, 309, 314–315,

Mensch als Person 56, 58, 63, 322, 327,

Osterereignisse 105, 227

401, 420, 422, 423, 427, 430, 436, 441, 442,

339–340, 402, 424, 479

383, 401, 430, 464, 519

Osterfest 171, 187, 365

445, 459

Liebe und Keuschheit 404

Mensch als Ware 435

Osterkerze 272

Rechtfertigung 337

Liebe und Sexualität 403

Mensch, als Abbild Gottes 56, 58, 64,

Ostkirche 258

Rechtsstaat 326

Liebe zu den Kindern 372

262–263, 402

Liebe, Tugend der 305, 309

Mensch, seine Sonderstellung 56, 59

Papst 92, 140, 141–143

Religion 3, 30, 37, 136, 268, 289, 504

Liturgie 167, 192, 212

Menschen mit Behinderung 51, 302, 379,

Papst und Bischöfe 142

Religionsfreiheit 354

Liturgische Orte 191

384

Papst und Unfehlbarkeit 143

Reliquienverehrung 274, 275

Liturgische Worte 182

Menschenhandel 435

Pascha 95, 171, 209

Reue 159, 229, 232

294

Liturgisches Jahr 185, 186

Menschenrechte 136, 262, 441

Passion Christi 94–103, 277

Rosenkranz 149, 481

295

Lobgebet 483, 489

Menschenwürde 58, 280, 289, 353, 382,

Pazifismus 398

Lohn, gerechter 332, 426, 428

392, 411, 412, 438, 441, 444

Personalität des Menschen 56, 323, 404,

Sabbat, Sabbatruhe 39, 47, 90, 96, 349,

Lossprechung 231, 233, 237, 239, 458

Messopfer 212

421, 423

362, 363, 364

Lüge 359, 452, 453, 456

Missbrauch, sexueller 386, 410

Petrusamt 129, 140, 141

Sakrament der Versöhnung 226

Lust 400, 404, 409, 411, 417

Missgunst 466

Pfingstereignis 118, 204

Sakramentalien 272

Missionsbefehl 11, 123

Pilgern 276

Sakramente der Kirche 129, 172–178, 193

Macht 140, 328

Monopole 442

Politik 139, 438, 440, 446, 447

Sakramente und Glauben 177

Magie 91, 177, 355, 356

Monotheismus 30

Pornographie 412, 460

Sakramente und Heiliger Geist 119, 128

Mahl des Herrn 212

Mord 237, 316, 379

Präimplantationsdiagnostik 423

Sakramentenspendung, unwürdige 178

Mahl, eucharistisches 166

Musik in der Liturgie 183

Preistreiberei 428

Sakrileg 355

Priester und Sündenvergebung 150, 193,

Salbung 115, 174, 181, 195, 203, 244

Reich Gottes 89, 139, 520

Mann sein 64, 401

Nachahmung Jesu 477

227, 228, 233, 236

Sanctus 214

Mann und Frau, geschaffen als 260, 401

Nächstenliebe 220, 270, 321, 329, 373

Priestertum 99, 249–250

Scham 159, 464

Maria als Vorbild 147

Namenspatrone 146, 202, 361

Priestertum Christi 250

Scheidung 270

Maria und der Heilige Geist 117

Naturgesetze 45, 333

Priestertum, allgemeines 259

Schönheit 461

Maria und die Heiligen 147

Natürliche Familienplanung 421

Priesterweihe 173, 249, 254, 257

Schöpfung 7, 42–50, 52, 56, 57, 163, 165,

Maria, Beten wie 479

Naturwissenschaft und Glaube 15, 23, 41,

Priesterweihe, Wirkungen der 254

263, 308, 364, 366, 368–370, 401, 426,

Maria, die Jungfrau 80

42, 62, 106

Privateigentum 426–427

436, 488

Maria, die Mutter aller Christen 85, 147,

Neid 120, 318, 465, 466

Privatoffenbarungen 10

Schöpfungsauftrag 370, 427, 436

148

Neues Testament 18

Profitstreben, falsches 428

Schöpfungsplan 368, 444

Maria, die Mutter Gottes 82, 84, 147

Nichtchristliche Religionen 136

Propheten 8, 30, 113, 116, 135, 240, 308,

Schuldbekenntnis, allgemeines 214

S tichwortverzeichnis

Manager 443

Psalmen 17, 214, 473, 491, 501

Schulden 430

431, 439, 441

Trinität 35, 36, 122, 164

Wegzehrung 247

Schuldgefühle 229

Staat, seine Grundpflichten 388

Tugend 294, 299

Weihepriestertum 257, 259

Schutzengel 55

Standesgnade 339

Schwören 359, 455

Stellvertretung 146

Umwelt, Verantwortung für die 288

Weihesakrament, Voraussetzungen 256

Sechstagewerk 42, 46

Sterbehilfe 382

Unauflöslichkeit der Ehe 262, 263

Weihwasser 272

Seele 62–63, 79, 120, 153, 154, 160, 205,

Sterben 154, 155, 393

Unfehlbarkeit des Papstes 143

Weitergabe des Glaubens 11–12, 143, 175

241, 330, 418, 460

Sterbesakramente 393

Unfruchtbarkeit 422

Werke, gute 120, 151, 274, 341, 450–451

Segen 170, 213, 259, 272, 483, 484, 498,

Steuerhinterziehung 428

Ungleichheit unter den Menschen 331, 446

Wetten 434

499

Steuertricks 431

Unterentwicklung 448

Wiedergutmachung 232, 430

Sehnsucht 281, 468, 470

Strukturen, sündige 320

Unternehmer 443

Wiederkunft Christi 111, 157

Selbstbefriedigung 409

Stundengebet 188

Unterscheidung, Gabe der 291

Wille Gottes 1, 50, 52, 100, 309, 335, 337,

Selbstdisziplin 300

Subsidiaritätsprinzip 323

Unzucht 410

463, 493, 502, 507, 521

Selbstliebe 315, 387

Sucht 287, 389

Urkirche 482

Willensfreiheit 289

Selbsttötung 379

Sünde 1, 8, 66–67, 70–71, 76, 87, 98, 221,

Selbstverstümmelung 379

224–239, 315, 337

Vandalismus 433

Wortgottesdienst 213

Seligkeit, ewige 1, 52, 61, 164, 285, 468

Sünde, lässliche 316

Vaterbild 516

Wunder 90, 91

Seligpreisungen 282, 283, 284

Sünde, Sklaverei der 95, 288

Vaterunser 511–527

Sendung 11, 91, 137–138, 144, 193,

Sündenvergebung 150–151, 228, 236

Verantwortung 288, 290

Zehn Gebote 349

248–250, 259

Synode 140

Verführung 386

Zeit 184, 185, 187, 364, 492

Vergebung erlangen 226

Zelebrant 215

Weihesakrament 193, 249–251

Wirtschaftsethik 428

Sex in der Ehe 417

Tapferkeit 300

Vergebungsbitte 524

Zivilgesellschaft 447

S tichwortverzeichnis

Sex vor der Ehe 407

Taufbedingung 196

Vergewaltigung 386, 392

Zölibat 255, 258, 261

296

Sexismus 61, 330, 377

Taufe 130, 151, 193, 194–202

Verklärung Christi 93

Zorn 120, 293, 318, 396

297

Sext 188

Taufe, einziger Heilsweg? 199

Vernunft 4–5, 7, 23, 32, 291, 297, 300, 333,

Zufall 20, 43

Sexualität 400

Taufformel 195

334, 351

Zwang 261, 288, 296, 420

Sicherheit, soziale 327, 367, 369,

Taufname 201, 361

Versöhnung mit Gott 226, 239

Simonie 355

Taufspender 198

Verstorbene 146

Sinn des Lebens 1, 5, 41–43, 406, 427, 465

Taufspendung 195

Versuchung 88, 525

Sittengesetz, natürliches 326, 333–334,

Terrorismus 392

Vertrauen 20, 21–22, 155, 307–308,

344

Terz 188

476–477, 515

Solidarität 61, 323, 332, 376, 395, 447

Theodizee (Verteidigung Gottes angesichts

Verzweiflung 98, 476

Sonntag 47, 187, 364–366

des Leids in der Welt) 51

Vesper 188

Sonntagspflicht 219, 345

Thora 335

Vielgötterei 355

Soziallehre der Kirche 438

Tierliebe 57, 437

Volksfrömmigkeit 274

Sozialprinzipien 324

Tod und Sterben 154–156

Vollmacht von Christus 92, 139–144, 242,

Sozialverpflichtung 427

Todesstrafe 381

249

Spekulation 432

Todsünde 316

Vorsatz, guter 232

Spiritismus 355

Tötungsverbot 378

Vorsehung 49–50, 466

Spiritualität 497

Tradition 12, 141, 143

Spiritualität, benediktinische 497

Transzendenz Gottes 358

Wahrhaftigkeit 452–455, 485

Spiritualität, franziskanische 497

Trauritus 266

Wallfahrten 274, 276

Spiritualität, ignatianische 497

Trennung von Tisch und Bett 269

Wandlung 217

Staat 289, 322, 326, 333, 366, 367, 370,

Treue in der Ehe 262

Wandlungsworte 210

376, 377, 381, 383, 388, 392, 420, 427, 428,

Triebhaftigkeit 462

Warumfrage 2, 48, 59

Sex außerhalb der Ehe 410

Definitionen

Abkürzungen von Konzilsdokumenten und anderen Quellen

Aberglaube 196

Heiligkeit 83

Neues Testament 22

CIC

Codex Iuris Canonici, Kodex des Kirchenrechts der Katholischen Kirche

Absolution 137

Hierarchie 87

Offenbarung 17

CIV

Caritas in Veritate (2009), Sozialenzyklika von Benedikt XVI.

Agnostizismus 198

Homilie 128

Okkultismus 197

DH

Zweites Vatikanisches Konzil, Erklärung über die Religionsfreiheit

Agnus Dei 130

ICHTHYS 52

Ökumene 82



Dignitatis Humanae

Altes Testament 22

Ikone 198

Ökumenisches Konzil 90

DV

Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die göttliche

Amen 99

Initiation 115

Pantheismus 197

Apostel 20

Inkarnation 17

Papst 87

Apostolische

Inspiration 21

Parusie 72

Sukzession 86

JHWH/Jahwe 31

Passion 67

KKK Katechismus der Katholischen Kirche

Atheismus 197

Kanon 21

Pfingsten 75

LE

Laborem Exercens (1981), Sozialenzyklika von Johannes Paul II.

Ave-Maria 264

Katechumenat 117

Plagiat 234

LG

Zweites Vatikanisches Konzil, Dogmatische Konstitution über die Kirche

Bibel 21

Katholische Soziallehre/

Polygamie 150



Lumen Gentium

Bischof 87

Sozialprinzipien 181

Priester 88

PP

Populorum Progressio (1967), Sozialenzyklika von Paul VI.

Charismen 73

Keuschheit 220

Proselytismus 195

Chrisam 120

Kirche 77

Rechtfertigung 188

Credo 27

Kirchen und kirch-

Religion 15

Dekalog 194

liche Gemeinschaften 81

Religionsfreiheit 84

Gen Genesis

Hld Hohelied

Apg Apostelgeschichte

Diakon 145

Klerus 86

Reliquie 157

Ex Exodus

Weish Weisheit

Röm Römerbrief

Diskretion 249

Kommunion 127

Rom 89

Lev Levitukus

Sir

1 Kor

1. Korintherbrief

D efinitionen

Dispens 153

Konsekration 126

Rosenkranz 266

Num Numeri

Jes Jesaja

2 Kor

2. Korintherbrief

298

Dogma 90

Kontemplation 260

Sabbat 200

Dtn Deuteronomium

Jer Jeremia

Gal Galaterbrief

Doppelmoral 192

Kreationismus 37

Sakrament 105

Jos Josua

Klgl Klagelieder

Eph Epheserbrief

Doxologie 131

Kyrie eleison 127

Sakrileg 196

Ri Richter

Bar Baruch

Phil Philipperbrief

Embolismus 287

Laien 86

Sanctus 129

Rut Rut

Ez Ezechiel

Kol Kolosserbrief

Esoterik 196

Lehramt 20

Segen 104

1 Sam

1 Samuel

Dan Daniel

1 Thess 1. Thessalonicherbrief

Eucharistie 123

Liturgie 102

Solidaritätsprinzip 186

2 Sam

2 Samuel

Hos Hosea

2 Thess 2. Thessalonicherbrief

Evangelische Räte 91

Märtyrer 248

Soziale Kommunikations-

1 Kön

1 Könige

Joel Joel

1 Tim

1. Timotheusbrief

Evolution 37

Masturbation 223

mittel 250

2 Kön

2 Könige

Am Amos

2 Tim

2. Timotheusbrief

Ex cathedra 90

Meditation 276

Spiritualität 273

1 Chron 1 Chronik

Obd Obadja

Tit Titusbrief

Exkommunikation 139

Meineid 249

Tabernakel 131

2 Chron 2 Chronik

Jona Jona

Phlm Philemonbrief

Exorzismus 156

Mission 18

Transsubstantiation 129

Esra Esra

Mi Micha

Hebr Hebräerbrief

Firmung 120

Monogamie 150

Transzendenz 198

Neh Nehemia

Nah Nahum

Jak Jakobusbrief

Früchte des Heiligen

Monotheismus 31

Trinität 34

Tob Tobit

Hab Habakuk

1 Petr

1. Petrusbrief

Geistes 76

Monstranz 131

Verantwortete

Jdt Judit

Zef Zefania

2 Petr

2. Petrusbrief

Gemeinwohl 182

Mysterium 55

Elternschaft 228

Est Esther

Hag Haggai

1 Joh

1. Johannesbrief

Genesis 39

Natürliche Familien-

Werke des Fleisches 76

1 Makk 1 Makkabäer

Sach Sacharja

2 Joh

2. Johannesbrief

Gericht 96

planung 229

Zölibat 147

2 Makk 2 Makkabäer

Mal Maleachi

3 Joh

3. Johannesbrief

Gloria 128

Natürliches Sitten-

Zwölf Apostel 85

Ijob Ijob

Mt Matthäus

Jud Judasbrief

Halleluja 128

gesetz 186

Ps Psalmen

Mk Markus

Offb Offenbarung

Spr Sprichwörter

Lk Lukas



Koh Kohelet

Joh Johannes

Offenbarung Dei Verbum GS

Zweites Vatikanisches Konzil, Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute Gaudium et Spes

Abkürzungen der biblischen Bücher

Jesus Sirach

des Johannes

299

Danksagung Der Herausgeber dankt folgenden Personen, die beim Zustandekommen dieses Werkes mitgearbeitet haben: Dr. Johannes zu Eltz (Frankfurt), Michaela zu Heereman (Meerbusch), Bernhard Meuser (München) und Dr. Christian Schmitt (Münster). Wichtigen Rat und Hilfestellung gaben Dr. Arnd Küppers (Mönchengladbach), Prof. Dr. Dr. Michael Langer (Oberaudorf), Dr. Manfred Lütz (Bonn), Prof. Dr. Edgar Korherr (Graz), Otto Neubauer (Wien), Bernhard Rindt (Wien), Regens Martin Straub (Augsburg) und Dr. Hubert-Philipp Weber (Wien) Der Dank gilt auch den jugendlichen Mitarbeitern: Agnes, Alexander, Amelie, AnneSophie, Angelika, Antonia, Assunta, Brit, Carl, Claudius, Clemens, Coco, Constantin, Damian, Daniela, Dario, Dominik, Donata, Esther, Felicitas, Felix, Felix, Gina, Giuliano, Huberta, Ida, Isabel, Ivo, Johanna, Johannes, Josef-Erwein, Karl, Katharina, Katrin, Kristina, Lioba, Lukas, Marie-Sophie, Marie, Marie, Mariella, Matern, Monika, Nico, Nicolo, Niki, Niko, Philippa, Pia, Rebekka, Regina, Robert, Rudolph, Sabine, Sophie, Stephanie, Tassilo, Theresa, Theresa, Theresa, Theresa, Teresa, Uta, Valerie, Victoria

300 301

Bildnachweis Paul Badde 34, 65, 66, 74, 130, 170, 264, 275; Nikolaus Behr 160, 163, 213, 253, 285; Anne-Sophie Boeselager 98; Damian Boeselager 110, 153, 206, 246; Ilona Boeselager 138, 205; Ildiko Ketteler 44; Kloster Magdenau 91, 164; Josef Kressierer 144, 145; Michael Langer 216; Caroline Lasson 180; Georg Lehmacher 150; Alexander Lengerke 19, 32, 52, 55, 57, 87, 88, 104, 113, 114, 118, 175, 192, 196, 210, 250, 256; Marie-Sophie Lobkowicz 15, 28, 30; Philippa Loë 184; Felix Löwenstein 12, 24, 68, 77, 78, 188, 238, 301; Marie Löwenstein 168, 245; Jerko Malinar (www.cross-press. net) 66, 249, 260; Nightfever (www.nightfever.de) 149, 267, 272, 273; Christiane Pottgießer 287; Bernhard Rindt 108, 125; Luc Serafin 38, 40, 43, 47, 84, 85, 100, 121, 151, 157, 198, 203, 219, 226, 230, 239, 259, 278, 279, 280, 283; Wieslaw Smetek 62,63, Roland Stieler 255

Studiert den Katechismus! Das ist mein Herzenswunsch. Studiert den Katechismus mit Leidenschaft und Ausdauer! Studiert ihn in der Stille Eurer Zimmer, lest ihn zu zweit, wenn ihr befreundet seid, bildet Lerngruppen und Netzwerke, tauscht Euch im Internet aus. Ihr müsst im Glauben noch viel tiefer verwurzelt sein als die Generation Eurer Eltern. Papst Benedik t XVI Vorwort zum Jugendkatechismus

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