Volk und Wirklichkeit - Horst Mahler.pdf

August 8, 2017 | Author: xLL9t | Category: Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Immanuel Kant, Autonomy, Soul, German Idealism
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Neue Gefängnisschriften:

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Horst Mahler an seinen Jugendfreund Professor Dr. Bernd Rabehl (ab Seite 5)

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Horst Mahler an Ursula H. (ab Seite 17)

Vol

·

als Idee

und Wir

Bremen 2014

lebkalt

Wissenschaftliche. Quellentexte Herausgegeben von Wieland Körner

Druck und Vertrieb: Atlas & König Verlag Wieland Körner Einzel-Reproduktion für den persönlichen Bedarf 28334 Bremen - Postfach 33 04 04

Erscheinungsjahr: 2014

E-Post: hanse-�uchwerkstatt@ gmx. de

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Horst Mahler z. Zt. JVA Brandenburg Anton-Saefkow-Allee 22 c 14772 Brandenburg

Am 1. März 2014

Lieber Bernd, herzlichen Dank für Deinen Brief vom 13. 02. 2014. "Unser Scheitern .. . " - ein spannendes Thema insbesondere· dann, wenn man seine Dialektik zur Sprache bringt: Jedes Scheitern, wenn es wahrgenommen wird, stellt neue Fragen. Darunter ist die Frage nach der Stimmigkeit der Voraussetzungen, die das Handeln im Ausgangspunkt einer Bewegung bestimmt haben. Es könnte ja sein, daß diese Reflexion der eigentliche Ertrag der Geschichte ist. In dieser Perspektive ist das Scheitern ein notwendiges Moment des Fortschritts des Geistes im Bewußtsein der Freiheit. Könnte es sein, daß den in die Bewegung verstrickten Aktivisten ein Meta-Bewußtsein entsteht, das sich jetzt äußern muß? Günter Maschke öffnet den Blick auf dieses Meta-Bewußtsein mit seiner These, daß die 68er mit ihrem Protest offene Türen eingerannt hätten. 1968 sei nur "die radikalisierte Fortschreibung bestehen­ der, sehr mächtiger Tendenzen" gewesen (in "Gespräch mit Günter

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Maschke ,Ich war eigentlich von Jugend an immer dagegen'..."; zitiert nach Seitenbecher "Mahler, Maschke & Co.", S. 381). Würde man dem Ausdruck "Scheitern" nur den Inhalt geben wollen, der sich aus der Abweichung des Ergebnisses der Bewe­ gung von den bewußten ursprünglichen Zielen derselben ergibt, wäre das wohl nur die Aufrechterhaltung des "unübersteigba­ ren Verblendungszusammenhanges" (Adorno), der das Scheitern bedingt. Wir wären Gefangene einer tautologischen Struktur. Die radikalste Verarbeitung des erfahrenen Scheiterns wird als Aufgabe unserer Zeit bewußt mit der These von Alain Finkiel­ kraut, daß unser Scheitern "eine Niederlage des Denkens sei" (vgl. FAZ v. 22. 10. 2013, S. 33). Das Wesen des Menschseins ist Geist, d. h. das Durchtränktsein seiner Existenz von D e n k e n . Man mag in den Bedeutungshof des Wortes "Mensch" hineinziehen, was man wolle, man wird da­ runter kein einziges Moment finden, das nicht auch Denken zum Ausdruck bringt. Wenn wir uns behalten wollen, können wir vom Denken nicht lassen. Die Abkehr vom Denken ist Abkehr vom Menschen. Der Jüdische 68er, Alain Finkielkraut, wirft uns zurück an den Ausgangspunkt der Deutschen Idealistischen Philosophie, die we­ sentlich d e n k k r i t i s c h ist. War sie in ihrem Ursprung der Überzeugung, daß das Denken prinzipiell unfähig sei, die Wahr­ heit zu erkennen (Kant), hat sie innerhalb eines Menschenalters dieses Urteil revidiert und mit Hegel den Standpunkt gewonnen,

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daß das Denken allein die der Wahrheit eigentümliche Form sei, wenn und soweit der Verstand (den Kant untersucht hatte) zur Vernunft komme. Es war Hegel, der diesen Formwandel im Denken aufgezeigt hat. Der von Günter Maschke bezeichnete Gesichtspunkt ist in diesem Bereich zu wählen. Welches sind die "sehr mächtigen Tendenzen", die als Bestimmungsmächte wirkten? Deren äußere Erscheinung Finkielkraut als "Skandalisieren und Moralisieren" benennt. Alles spricht dafür, daß erst die Einsicht in das Wesen dieser Erschei­ nung den Blick freigibt auf die in der Gegenwart anwesende Zu­ kunft. Hält man in diesem Gesichtspunkt fest an dem, was im Denken der Vernunft schon gewonnen war, erweist sich die Ver­ schattung dieser Resultate im Zeitgeist als Manöver zur Verteidi­ gung der auf Verstand gegründeten Welt gegen die sich ankündi­ gende Welt der Vernunft. Vielleicht haben wir dabei wirklich nur die Rolle des "nützlichen Idioten" gespielt, wie Maschke meint. Es ist heutzutage viel von "Posttraumatischen Syndromen" die Rede. Diese bedingen angeblich ein grundlegendes Unvermögen, seelische Belastungen auszuhalten und realitätsgerecht zu verar­ beiten. Ich halte diese "Theorie" zwar für einen folgenschweren Irrtum. Die Bedingung seiner Möglichkeit ist die Entfernung des Absoluten (Gottes) aus dem Arsenal der Deutungsmächte. Ein ver­ läßlicher Wegweiser ist hier Ernst Jünger mit seinen Reflexionen der Kriegserlebnisse ("Stahlgewitter"). Die offensichtliche Zerstö­ rung unserer seelischen Belastbarkeit dürfte eine weitaus größere

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Reichweite, als bisher angenommen, haben. Sie verwüstet nicht nur den Raum der individuellen Seele. Sie verödet auch das Reich des "kollektiven Unbewußten" mit der Folge, daß Vergangenheit und Gegenwart der Völker ausschließlich verzerrt durch einen Grauschleier wahrgenommen werden. Findet dieser Aspekt Eingang in die Betrachtung unseres Schei­ terns, führen wir den Schlüssel in das Schloß ein, das uns das Tor zur Erkenntnis öffnet. Um das Programm seiner Geschichtsphilosophie und deren prag­ matischen Wert zu kennzeichnen, forderte Hegel, dem Grauen ins Gesicht zu sehen, - dann würde es sich wenden. Es ist diese Hinwendung zur Realität, die der Zeitgeist verhindert. Dieser wirkt als Verhinderer, weil das Grauen er selbst als Welt ist. Der vernünf­ tige Blick auf das Grauen stürzt den Zeitgeist von seinem Thron. Dagegen wehrt er sich mit einem Tabu, d. h. mit Denkverboten. Die von Finkielkraut diagnostizierte Niederlage des Denkens ist der Sieg der Denkverbote. Diese wiederum sind abgesichert durch den mächtigen Wall vorauseilenden Gehorsams (vulgo Feigheit). Im gesellschaftlichen Diskurs ist der Begriff der Wahrheit diskri­ miniert. Es wird auch nicht mehr danach gefragt, was "richtig" oder "falsch" sei. Nur solche Ausagen sind zugelassen, die sich dem Schema "demokratisch"/"faschistisch" subsumieren. Die Auswirkungen dieses "Meinungsklimas" sind enorm. Der "Frankfurter Allgemeinen" vom 19. 02. 2014 (S. N 3) war zu ent­ nehmen, daß Peter Brandt seine Abschiedsvorlesung vor Studie-

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renden der Fernuniversität Hagen dem Thema widmete "Das Volk: Zur Geschichte eines umstrittenen Begriffs". Der Autor der Schrift "Die Linke und die nationale Frage" versteigt sich in jenem Vortrag zu der These, daß ".ein politischer Begriff . . . Volk erst mit der amerikanischen Verfassung von 1789 (wird). Es ist also möglich, die wirkmächtigste politische Theorie, in deren Mittel­ punkt der Begriff "Volk" steht und die in das zweite Jahrtausend vor Christus zurückreicht, komplett zu ignorieren. Damit meine ich die Lehre vom "Eigentumsvolk Gottes", dessen p o 1 i t i s c h e Sendung dahingehend bestimmt ist, alle anderen Völker zu ver­ knechten bzw. zu "vertilgen" (als mildere Form wird die Ver­ treibung als Notwendigkeit theoretisiert). Und ich erinnere ein Gespräch mit einem Weggefährten aus APO-Zeiten, der mich warnte: "Wenn Du das Thema anfaßt, bist Du ein toter Mann". In diesem Satz scheint eine Macht auf, deren Existenz dadurch bedingt ist, daß man sie nicht beim Namen nennt. Könnte unser Scheitern etwas damit zu tun haben, daß wir die Namensnennung [Volk] vermeiden? Die weithin akzeptierte These, daß "Auschwitz" die Welt, in der die Worte "Volk" und "Vernunft" eine Bedeutung hatten, vernich­ tet habe, ist die unverschämteste Verleugnung der Geistigkeit des Menschen. Sie ist Ausdruck eines Krieges, in dem es für uns um alles geht: "Sieg oder Tod I" Ist es etwa nicht wahr, daß sich die 68er-Bewegung in Europa und den USA über die Solidarität mit den kämpfenden Völkern in Asien und Afrika definierte? Stand der von Dir und Rudi inspi-

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rierte Vietnamkongreß in Berlin nicht unter der Losung: "Für den Sieg im Volkskrieg!"? "Dem Volke dienen" war das nicht für viele von uns tiefempfundener Ausdruck unserer imaginierten Selbst­ Verpflichtung? Kann man über unser Scheitern reflektieren, ohne denkend in das Paradox einzudringen, daß wir vielfältig das Wort "Volk" und sei­ ne Derivate für unsere Propaganda nutzten, ohne einen Volksbe­ griff zu haben? Waren wir etwa nicht ahnungslos bezüglich der Probleme, welche der Begriff "Volk" aufwirft? Martin Heidegger deutet in seinen jetzt erst veröffentlichten geheimen "Schwarzen Heften" an, wel­ che fundamentale Fragestellung wir übersehen haben: "Nicht das gilt zuerst, was dem Volke dient (will sagen nützt) , sondern Je­ nes, dem das Volk dienstbar werden muß, wenn es ein Volk ge­ schichtlich sein will." (FAZ v. 20. 02. 2014, S. 31). Erstaunlich ist die Parallelität im Denken Heideggers und Nahum Goldmanns. Dieser faßte den zitierten Gedanken in seinen Kriegs­ schriften von 1915/16 wie folgt: "Judentum und Deutschtum haben beide prinzipiell dieselbe Lebensauffassung: Ihnen beiden ist das Dasein vor allem und in erster Reihe eine Aufgabe, ein Beruf, eine Mission, ein Sollen, das es nicht so sehr zu beurteilen, zu bejahen oder zu verneinen, als vielmehr zu erfüllen gilt. Das Leben, wie es gegeben ist in seiner nackten Tatsächlichkeit, beherrscht von den eisernen Fesseln der Kausalität, ist nur das Material, ..

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aus dem nun der Mensch das wahre, reine, höhere Leben for­ men soll, nach eigenen Idealen, nach frei gewählten Zwecken, in autonomer sittlicher Freiheit. . . .

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Diese tiefste Wesensparallelität bedingt noch eine andere; sie betrifft die Gestaltung des nationalen Gedankens, die Auf­ fassung des nationalen Daseins. Aus der Grundkonzeption des Lebens als Aufgabe folgt mit Notwendigkeit auch die Betrach­ tung der nationalen Existenz des eigenen Volkes als einer Auf­ gabe; die Anschauung, daß eine bestimmte, vom Weltgeist, dem Genius der Geschichte, von der Gottheit - oder wie immer man das höchste Wesen nennen will - auferlegte Mission den Grund und den Sinn des nationalen Daseins bildet. [Goldmann]. Ist das Leben eine Mission, besteht der Sinn und Zweck des Volksdaseins in der Erfüllung dieser Mission, dann ist von beiden Elementen - Individuum und Gesellschaft - die Gesell­ schaft unzweifelhaft die höhere, denn die nationale Mission zu erfüllen vermag nur die Gesamtnation; mithin hat sie das sitt­ liehe Recht, die Unterordnung des Einzelnen unter ihr Gebot zu fordern, insofern dies zur Erfüllung ihrer Mission notwen­ dig ist. Mit dieser Lösung des großen historischen Problems ist es eigentlich mehr als gelöst, es ist schon vielmehr über­ haupt aufgehoben, wie ja jede wahrhaft ideale Lösung eines Problems dieses in seiner Existenz beseitigt. Der Antagonis­ mus von Individuum und Gesellschaft, der die Voraussetzung dieses Problems bildet, ist hier überwunden. Denn in dieser Lösung wird nicht nur das höhere Recht der Gesamtheit

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proklamiert, sondern auch die Autonomie des Individuums anerkannt; nicht nur willkürlichen unbedingten Unterord­ nung unter die Launen der despotischen Gesamtheit ist der einzelne bestimmt, sondern lediglich zur Mitwirkung an der Erfüllung ihrer sittlichen Aufgaben. Diese Aufgaben sind aber auch zugleich die seinen: dient er der Gesellschaft, so dient er damit nur sich; erfüllt er ihre Gebote, so erfüllt er damit nur die ihm selbst gestellten ethischen Imperative; indem er sich der Gesamtheit hingibt, vervollkommnet er sich selbst; in seiner scheinbaren Unterordnung erringt er seine höchste Würde. ... [Goldmann]. Die Auffassung der Gesellschaft als des im Verhältnis zum In­ dividuum höheren Begriffs ist ein Grundpfeiler des deutschen Denkens; seine organisch-synthetische Wesenstendenz mußte die Gesellschaft als einen Organismus im Gegensatz zu ihrer mechanistischen Auffassung als Summe aller Einzelindivi­ duen begreifen, womit aber schon ihre Überordnung über den einzelnen ausgesprochen ist. Die höchste erhabenste Formu­ lierung der deutschen Sittlichkeit, der kategorische Imperativ Kants, ist durchaus kollektivistisch; proklamierte er doch als Norm des sittlichen Tuns jedes einzelnen die Rücksicht auf die Allgemeinheit. Der einzelne soll so handeln, als ob er die Gesamtmenschheit in sich repräsentiere, und es war so nur folgerecht, daß Karrt den Staat als den berufenen Ver­ wirklicher der sittlichen Idee betrachtet und den großen Gedanken des Rechtsstaates verkündet. Und diese Ideen des Königsherger Weisen werden in der Folge noch außerordent­ lich gesteigert. Fichte, Schelling, die Romatik, der Sozialismus

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erheben die Nation, den Staat zu immer höherer Würde, bis Hegel ihn als das höchste Resultat alles historischen Beste­ heus proklamiert. Wenn heute die Gegner Deutschlands den Sinn des Krieges als den Kampf gegen den Militarismus bezeichnen, so wissen wir sehr wohl_, daß unter diesem Militarismus in erster Reihe eben jene völlig sittliche Unterordnung des einzelnen unter die Gebote der Gesamtheit zu verstehen ist, jene unerhörte Kunst der Organisation und Disziplinierung der Nation, in der kein anderes Volk dem deutschen gleichkommen kann und die das Geheimnis seiner Stärke und seiner Erfolge bildet. . . . Sie (die Juden und die Deutschen) sind die trotzigsten, steif­ nackigsten,

zähesten und widerspruchsvollsten Völker der

Geschichte; Völker denen es nicht gegeben ist, frei, leicht und beschwingt das Dasein schön und harmonisch zu gestalten, und mühelos, sich ihren Neigungen anvertrauend, die in ihnen ruhenden Kräfte zu entfalten und schöpferisch aus­ wirken zu lassen; die vielmehr des ehernen Zwanges und der straffsten Selbstzügelung bedürfen, um wahrhaft groß zu sein, denen Not und Leid die Voraussetzung ihrer Stärke ist, und die leiden müssen, um schaffen zu können." (Nahum Goldmann, "Von der weltkulturellen Bedeutung und Aufgabe des Judentums", F. Bruckmann AG, München 1916, S. 34 ff.).

Ich halte es für keinen Zufall, daß neuerlich Peter Brandt in dem schon erwähnten Vortrag wieder eine Spur zum Hegeischen Be-

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griff von Volk, -Staat und Nation legt, indem er auf den von Hegel beeinflußten sozialdemokratischen Staatsrechder Hermann Heller hinweist, für den "Volk" ein Kernbegriff war. Und Martin Heidegger weist auf den Abgrund hin, in den uns das oberflächliche Gerede von Volk und seinem Nutzen stößt. Jürgen Kaube referiert ihn in der FAZ wie folgt: "Ein Volk, das sich als Selbstzweck setze, verbreitere nur den Egoismus ins Riesige." Deiner These: "Der Völkermord nach 1938 folgte den Ansprüchen eines totalen Krieges und ·den Absichten, Europa rassistisch zu ordnen! Diese Ansprüche sind vielfach dokumentiert und lassen sich nicht bestreiten.", kann ich durchaus folgen. Das sind Ablage­ rungen des Jüdischen Materialismus (Biologismus) im historischen Nationalsozialismus.

Daraus läßt sich aber nicht der Verzicht

auf die geistige und damit völkische Ordnung Europas herleiten, der uns gegenwärtig von unseren Feinden aufgezwungen wird. "Völkisch" heißt in diesem Kontext, daß das Absolute (Gott) sich selbst als die Vielheit der unterschiedlichen Völker erscheint, die in ihrer Gesamtheit in einer organischen Ordnung interagieren. Damit ist ausgesprochen, daß die Zerstörung dieses Organismus der eigentliche Völkermord ist: die Verbreiung der Völker zur Bio­ masse. Das aufgerichtete "Gerechtigkeitsideal" eieminiert das Schicksal, die Geworfenheit des Menschen, seine Einfügung in den Frieden der Heimat. Die von der Heimat erhobenen Ansprüche an den Einzelnen gelten als Verletzung seiner W ürde. Der Erdball wird

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zum Tourismus-Zoo mit der Tendenz, den Mfen im Menschen hervorzukitzeln. Der Idealtypus des Menschen beginnt beim C4-Hochschullehrer mit gesicherter Pension, um in der Welt der Reichen und Schönen das Karriereziel auszumachen. Im darunterliegenden Teil der Ska­ la tobt sich ein verknechtender Mitleidskult aus, der sich in einem Meer von Spendenkampagnen suhlt. Das Fixierbad dieser "Kultur" ist der Globale Krieg gegen den "Terrorismus". Der Wahn des Zivi­ lisationsmenschen ist es, alle anderen "befreien" zu müssen - mit "Special-Forces", Drohnen-Morden und NSA-Schnüfflertum. Die Freiheit von sechs Milliarden Menschen wird der Sicherheit von sechshundert Geldsäcken aufgeopfert. Der Gedanke, die sogeartete Menschheit könnte sich eines nicht mehr fernen Tages anläßlich eines Fehlalarms selbst auslöschen, ist beinahe schon lustvoll. Aus dieser Depression rettet allein das Denken, das sich selbst als Auftrag und Sendung e r k e n n t , von denen bei Nahum Goldmann die Rede ist. Das Nachdenken über unser Scheitern bedarf eines Maßstabes. Wären unsere Illusionen dieser Maßstab, so bliebe uns nur die Trauer darüber, daß wir nicht erreicht haben, was wir uns vor­ genommen hatten. Hat Boettcher getrauert, weil er statt Gold die Herstellung von Porzellan entdeckt hat? Um ihn als historische Figur zu beurteilen, war die Alchemie untauglich. Sein Name ist uns überliefert, weil er mit einem Kulturgut zur wirtschaftlichen Blüte und Macht Sachsens beigetragen hat. Letztlich war und ist Porzellan wertvoller als Gold.

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Wenn wir unser Scheitern als die Niederlage des Verstandesden­ kens begreifen, haben wir statt Libertinage und Hedonismus kraft des Vernunftdenkens die Berufung und Verantwortung des Men­ schen für die Idee des Gottesreiches im Sinne der Verwirklichung des Absoluten als Welt entdeckt. Haben wir da Grund zu trauern? Meinen Anteil an den Früchten unseres Scheiterns habe ich in meinem Buch "Das Ende der Wanderschaft - Gedanken über Gi­ lad Atzmon und die Judenheit" kenntlich gemacht.

Mit freundlichen Grüßen

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