Valentin Tomberg - Die Grundsteinmeditation Rudolf Steiners
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Betrachtungen zu der grundlegenden Meditation Rudolf Steiners...
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Valentin Tomberg – Die Grundsteinmeditation Rudolf Steiners
VALENTIN TOMBERG
DIE GRUNDSTEINMEDITATION RUDOLF STEINERS
ACHAMOTH VERLAG SCHONACH
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Valentin Tomberg – Die Grundsteinmeditation Rudolf Steiners
Herausgeber Martin Kriele Redaktion Willi Seiß I. Auflage Manuskriptdruck I.Teil Tallinn 1936 II. Teil Tallinn 1937/1938 III. Teil Rotterdam 1939 2. Auflage (1. Buchausgabe) Schönach 1993
Alle Rechte vorbehalten Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des Verlags © Achamoth Verlag Christiane Seiß Schönach/Bodensee 1993 Printed in Germany ISBN 3-923302-04-5 4
Valentin Tomberg – Die Grundsteinmeditation Rudolf Steiners
Inhalt DIE GRUNDSTEINMEDITATION..................................... 3 Inhalt ..................................................................................... 5 Vorwort ................................................................................ 9 I............................................................................................. 10 EINIGE ERGEBNISSE DER ARBEIT ............................... 10 AN DER GRUNDSTEINMEDITATION........................... 10 RUDOLF STEINERS........................................................... 10 1. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Tore ........ 11 in die geistige Welt........................................................... 11 Die Übung des Geist-Erinnerns................................. 15 Die Übung des Geist-Besinnens................................. 22 Die Übung des Geist-Erschauens ................................. 24 2. Das Kreuz des Raumes als Offenbarungsströmungen der geistigen Welt................................................................... 27 Die erste Offenbarungsströmung der geistigen Welt: .. 28 Das Tor der Vergangenheit .......................................... 28 Die zweite Offenbarungsströmung der geistigen Welt:31 Das Tor der Gegenwart ................................................ 31 Die dritte Offenbarungsströmung der geistigen Welt: ...................................................................................... 35 Das Tor der Zukunft .................................................. 35 3. Zusammenfassung .................................................... 39
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II. DIE GRUNDSTEINMEDITATION ............................. 42 RUDOLF STEINERS........................................................... 42 ALS GRUNDLAGE DER .................................................. 42 LEBENSVERTIEFUNG ........................................................ 42 Vorbemerkung...................................................................... 43 1. Von der Freiheit im Geiste als Grundlage........................ 44 der Entfaltung der Persönlichkeit ......................................... 44 Die Praxis der Meditation............................................. 44 Die goetheanistische und die ........................................ 45 geisteswissenschaftliche Freiheitsauffassung............... 45 Die christliche Freiheitsauffassung .............................. 48 Die orientalische Freiheitsauffassung........................... 49 Die amerikanische Freiheitsauffassung........................ 50 Das Ideal der Freiheit ................................................... 51 Das Erleben der Freiheit............................................... 52 2. Von der Einigkeit im Sohne als Grundlage............... 55 der Gemeinschaftsbildung ................................................... 55 Das Prinzip der auf den Geist begründeten Gemeinschaft ...................................................................................... 55 Die übersinnliche Wirkungsweise des Herzens ........... 58 Die wahre menschliche Gemeinschaftsbildung............ 59 3. Von dem Vater-Gedanken................................................ 62 als Grundlage der menschheitlichen Allgemeinheit............. 62 Die Aufgabe des Erkenntnislebens............................... 62 Die Ursatzung des Vaters ............................................. 65 4. Von der Aufgabe der Geisteswissenschaft ....................... 67 in der Welt ............................................................................ 67 Die Aufgabe der Geisteswissenschaft .......................... 67 6
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Das moralische Wort .................................................... 70 III. DIE GRUNDSTEINMEDITATION............................. 73 RUDOLF STEINERS............................................................ 73 ALS OFFENBARUNG DES WAHREN ........................... 73 VERHÄLTNISSES VON MENSCH UND NATUR ........ 73 Vorbemerkung...................................................................... 74 1. Der »Stein« der Grundsteinmeditation.......................... 75 Der Mensch als Begriff der Naturreiche ...................... 75 Die Verantwortung des Menschen ............................... 78 gegenüber den Naturreichen......................................... 78 2. Der dodekaedrische Stein als Aufgabe............................. 81 des Menschen und als Hoffnung .......................................... 81 der mineralischen Welt......................................................... 81 Die Stufen der Meditation ............................................ 81 Mikrokosmos und Makrokosmos ................................. 84 3. Die Arbeit an dem dodekaedrischen Stein ....................... 87 und die zukünftige Erlösung des Mineralischen .................. 87 Die Gefahren im Okkultismus...................................... 87 Die zwölf Offenbarungsströme des Tierkreises ........... 91 Die Überwindung der Erstarrung ................................. 92 „Persona“ als das neue Ideal der Welt.......................... 93 4. Die Arbeit an der zukünftigen Erlösung des Pflanzlichen95 Die Überwindung der Dumpfheit................................. 95 Die sieben moralischen Forderungen ........................... 99 Die Wirkungsrichtungen der Grundsteinmeditation .. 101 Das moralische Wachstum der Seele ......................... 104 als Aufgabe der Rosenkreuzer.................................... 104 7
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5. Die Arbeit an der zukünftigen Erlösung......................... 106 des Tierreiches.................................................................... 106 Die Überwindung des Hangs zum Schweifen ............ 106 Glaube – Liebe – Hoffnung........................................ 110 Die heilenden Kräfte des Christus-Impulses...................... 110 Die Aufgabe der Meditation....................................... 112 Die Grundsteinmeditation – I. Teil................................ 116 II. Teil ................................................................................. 117 III. Teil................................................................................ 118 IV. Teil ............................................................................... 119
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Vorwort Die Grundsteinmeditation wurde während der Weihnachtstagung 1923/24 von Rudolf Steiner als geistiger Grundstein den Mitgliedern der damals erneuerten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft gegeben. Der Verfasser dieser Schrift hat sie seit elf Jahren nicht nur als Grundstein jeglicher anthroposophischen Arbeit betrachtet, sondern sich auch bemüht, sie als Grundstein aller seiner Arbeit in Wort und Schrift zu gestalten. Welche Arbeit er auch zu leisten hatte, er orientierte sie an der Grundsteinmeditation. Dies erwies sich als unschätzbare Hilfe. Und als ein Ausdruck der Dankbarkeit für jene Hilfe ist die vorliegende Schrift gemeint. Sie soll ein Ausdruck der Dankbarkeit Rudolf Steiner gegenüber sein. Tallinn (Reval), Estland November 1936
Valentin Tomberg
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I. EINIGE ERGEBNISSE DER ARBEIT AN DER GRUNDSTEINMEDITATION RUDOLF STEINERS
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1. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Tore in die geistige Welt Das gegenwärtige menschliche Bewußtsein erlebt sich als in den Zeitenstrom getaucht. Aber es erlebt dabei nicht den Strom der Zeit selbst, sondern bloß die Tatsache des Durchströmtseins von diesem Strom. Denn der Strom selbst steht nicht als Einheit vor dem Bewußtsein; er taucht aus einem unbekannten Nichts hervor und verschwindet in ein anderes Nichts. Das Dunkel, aus dem der Strom auftaucht, bezeichnet man als „Zukunft“ und die Finsternis, in die er verschwindet, nennt man „Vergangenheit“. Die Erfahrung des Bewußtseins aber, daß es durchströmt wird, ist mit der Vorstellung der „Gegenwart“ verbunden. So ist das Zeiterlebnis des gegenwärtigen Bewußtseins, wenn man es radikal charakterisiert. Wenn man aber nicht nur das helle Licht und die starke Farbenbildung allein in Betracht zieht, sondern auch das schwache, schimmernde Licht und die Farbennuancierung, so muß das eben Gesagte insofern korrigiert werden, als im Dunkel der Zukunft wohl ein schwaches Licht der „Zukunftsmöglichkeiten“ schimmert, und der Scheinwerfer des Gedächtnisses auf einen Teil der Finsternis der Vergangenheit die verblassenden Farben der Erinnerung wirft. Somit ist der Übergang aus dem Nichts in den Schein und aus dem Schein in das Nichts in Wirklichkeit nicht so schroff: die Zukunft schimmert als „Möglichkeit“ und „Wahrscheinlichkeit“, und die Vergangenheit fließt eine Strecke als Erinnerung weiter, bevor sie – immer mehr verblassend – gänzlich verschwindet. Wenn aber auch die Grenzen nicht so schroff sind und die Übergänge abgemindert, so hat doch das menschliche Bewußtsein im Strome der Zeit einen ausgesprochen fragmentarischen Charakter.
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Dies ist aber etwas, was von dem Bewußtsein selbst als unbefriedigend empfunden wird; das Bewußtsein muß sich wohl die Tatsache seines Begrenztseins gestehen, kann sie aber nicht gutheißen. Ja, es entspricht dem inneren Wesen des menschlichen Bewußtseins, nach der Überwindung dieser Grenzen zu streben. Die Tatsache der Religion und der Philosophie allein beweist schon zur Genüge, daß das Bewußtsein sich mit dem Hineingestelltsein zwischen zwei Finsternissen nicht abfinden kann. Auch das „Carpe diem“ der Epikuräer und die Predigt des Ekklesiasten zeigen: wäre das menschliche Bewußtsein normalerweise mit seiner Situation zufrieden, so bestünde kein Anlaß, es zur Zufriedenheit aufzufordern und das Sichbegnügen mit dem Gegebenen zu predigen. Die Unzufriedenheit der menschlichen Seele mit der gegebenen Situation innerhalb des Zeitenstromes hat einen tiefen Grund. Der Grund, warum die menschliche Seele sich gedrängt fühlt, dem fragmentarischen Zeiterleben gegenüber zu sagen, daß es wohl so ist, aber daß es nicht so sein sollte, ist in der Tatsache zu suchen, daß das Zerrissensein der Zeit im menschlichen Bewußtsein eine Krankheitserscheinung dieses Bewußtseins ist. Denn das Zerreißen der Zeit im menschlichen Bewußtsein ist eine Folge des Sündenfalls; Luzifer hat damals den einheitlichen Zeitstromkreis in Vergangenheit und Zukunft zerrissen. Dadurch entstand der Augenblick mit seinen Folgen: dem Irrtum, aber auch der Freiheit. Seitdem lebt der Mensch tätig ahnend sich erinnernd
— im Augenblick — in die Zukunft hinein und — an die Vergangenheit.
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Aber es lebt seitdem in der Menschenseele auch das Streben, die Grenze, welche die Erinnerungsfähigkeit in die Vergangenheit ihr stellt, zu überschreiten und die Finsternis des Vergessens zu überwinden, das unbestimmte Ahnen der Zukunft in die Sicherheit des Schauens zu verwandeln, um über den Schein des Augenblicks hinaus zum wahren gegenwärtigen Sein zu gelangen. Das Ringen gegen die Vergessenheit, das Wachsein der Geistesgegenwart und die Vorschau der Zukunft – darin besteht die unablässige Aktivität des menschlichen Bewußtseins. Soweit eine Seele diese Grenze zu überschreiten vermag, insofern kann von der Größe einer Menschenseele gesprochen werden. Was man an genialen Persönlichkeiten bewundert, ist ihre Kraft, den Schein des Augenblicks zu durchdringen, Wege in die Zukunft zu weisen und die Vergangenheit wiederzuerwecken. Das Wachstum der Seele besteht im Erweitern dieser Bewußtseinsgrenzen. Und wenn einzelne große Seelen bewundert werden, so zeigt das, daß sich alle Menschenseelen nach diesem Wachstum sehnen. Aus diesem Grunde richtet sich die Grundsteinmeditation, welche das gesamte Wachstum der Menschenseele zum Inhalt hat, an jede Menschenseele. Das Wort, mit dem die Sprüche der Meditation beginnen und das die Bedeutung der Ansprache hat, ist: „Menschenseele!“ Die Grundsteinmeditation ist die Meditation über die Wege und Mittel des Wachstums der Menschenseele und über die Wege und Mittel der Hilfe, die ihr dabei von der geistigen Welt geleistet wird.
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Darum enthält sie an erster Stelle in jedem ihrer drei Sprüche das Allerwesentlichste der Anleitung, welche die Menschenseele braucht, um die Vergangenheit wiederzugewinnen, Licht in der Zukunft zu finden und des Seins im Schein der Gegenwart teilhaftig zu werden. Die Übungen des Geist – Erinnerns, des Geist – Besinnens und des Geist – Erschauens stellen den Inhalt der ersten Hälfte der drei Sprüche dar. Sie enthalten das Wesentliche, was die Menschenseele von sich aus tun soll, um in den drei Richtungen vorwärts zu kommen.
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Die Übung des Geist-Erinnerns Bei der ersten der drei Übungen handelt es sich um eine innere Anstrengung, der Erinnerungsfähigkeit eine andere Richtung zu geben. Denn die Richtung, in welcher die gewöhnliche Erinnerung verläuft, ist eine horizontale. Wenn man sich an die Vergangenheit erinnern will, so pflegt man von der Gegenwart immer weiter in die Vergangenheit zurückzugehen, bis man den gesuchten Punkt findet. Dieses ist die Einstellung des Bewußtseins bei dem gewöhnlichen Erinnerungsvorgang. Diesem Vorgang ist es eigentümlich, daß die Erinnerungskraft um so mehr abnimmt, je weiter der Weg in die Vergangenheit führt. Bei der Übung des Geist-Erinnerns kommt es aber nicht auf eine Verlängerung der horizontalen Erinnerungslinie an, sondern auf Änderung der Wirkungsrichtung der Erinnerungskraft. Als erstes hat bei der Meditation der Ausschluß des gewöhnlichen Gedächtnisses zu geschehen; die Tätigkeit des gewöhnlichen Gedächtnisses muß zum Stillstand gebracht werden – dieses ist der erste Schritt. Die horizontale Erinnerungslinie muß bis zu einem Punkt verkürzt werden: es genügt, wenn der Mensch nur an sein Dasein sich erinnert. Ist die Konzentration so weit, sind die Bewußtseinskräfte gesammelt, so gilt es, den Erinnerungskräften die vertikale Richtung zu geben. Dies bedeutet aber, daß der Mensch sich nicht mehr an dieses oder jenes erinnert, sondern seine eigene wahre Wesenheit zum Gegenstand der Erinnerung macht. Der Lichtstrom des Bewußtseins wird auf die eigene höchste und tiefste Menschenwesenheil gerichtet.
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Da kann es geschehen, daß die Wesenszüge einer Wesenheit nach und nach dem so Übenden zum Bewußtsein kommen, einer Wesenheit, die er wohl als die eigene anerkennen muß, die aber gänzlich verschieden ist von all dem, was er aufgrund seiner gewöhnlichen Erfahrung von sich selbst weiß. Denn während ihn die Vorstellung von seiner leiblichen Gestalt und von den Eigentümlichkeiten seines Seelenlebens vom Weltganzen absonderte, ihn innerhalb des Weltganzen von anderen Wesen unterschied, so erlebt der Mensch nun eine wirkend-ruhende Wesenheit, die ihn von dem Weltganzen nicht absondert, sondern mit diesem verbindet. Es ist eine Weltwesenheit, die den Menschen bis in den Leib hinein kraftvoll durchdringt und am Leib mit-gestaltend beteiligt ist. Und indem sie die Glieder des Leibes durchdringt, verbindet sie die Glieder mit kosmischer Moralität. Was am Leibe bloß Glieder sind, welche die Menschenseele durch die Raumeswelt tragen, das wird in dieser Wesenheit zu kosmischen Willensströmen, welche die Menschenseele mit dem Geistesmeereswesen der Welt verbinden. Die Beine des Leibes, auf die sich der Mensch stützt und womit er sich auf der festen Erdoberfläche im Räume bewegt — ihnen entsprechen Ströme des Willens zur Verbindung mit der Erde und mit ihrem Schicksal; die Arme, mit denen der Mensch greift und losläßt, sind in der wahren Menschenwesenheit Ströme des Willens zum Allverein, zur allumfassenden Harmonie der Weltenweite; selbst das Haupt, das ja auch einige Eigenschaften einer Gliedmaße besitzt, wird in dieser Wesenheit zu dem nach oben gerichteten Willensstrom der Hingabe an den göttlichen Willen.
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Der innere Wesensinhalt dieser Willensströme, die in die Höhe, in die Tiefe, in die Weite der Welt fließen, den Menschen mit der Welt nach allen Richtungen verbindend, ist auf wunderbar prägnante Weise in den drei ersten Bitten des „Vaterunser“ zum Ausdruck gebracht. Denn die Willensströme dieser Wesenheit sind in Wahrheit nicht Forderungen, sondern Bitten, die sie an die Weltengrundwesenheit richtet. Und ihre nach oben gerichtete Hauptströmung kann durch die Worte: „Geheiligt werde Dein Name“ ausgedrückt werden; wie die in die Weite fließende Strömung des Willens zum Allverein durch die Worte: „Dein Reich komme“ charakterisiert werden kann; die nach unten gerichtete Strömung aber kann ihren Ausdruck finden in den Worten: „Dein Wille geschehe auf Erden, wie er im Himmel geschieht“. Diese Erfahrung des Geist-Erinnerns hat eine Veränderung im gesamten Lebensgefühl der Menschenseele zur Folge. Es entsteht ein Gefühl des tiefen Verwurzeltseins in dem Weltenwesensgrunde, eines wesenhaften Eingeschaltetseins in die moralisch waltende Weltwillensrichtung. Da lernt der Mensch z. B. auf ganz andere Weise „Ich bin“ zu sagen, als er es früher gesagt hat. Statt das „Ich bin“ so zu sagen, daß es einen Gegensatz zu einem unausgesprochenen Nicht-Ich in sich trägt, wird es nun möglich, das „Ich bin“ so auszusprechen, daß dahinter eine über-ichliche Welt zu spüren ist. Wie eine Feuerzunge aus dem Weltenflammenmeer erklingt dann das „Ich bin“. Denn es ist dann nicht mehr horizontal gesprochen, als ein besonderer Punkt auf einer fremden Fläche, sondern in der Vertikale des Erwesens des Ichs im Gottes-Ich.
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Das Erwesen des eigenen Ichs im Gottes-Ich ist die Erfahrung, zu welcher das Geist-Erinnern führen kann. Aus dieser Erfahrung lernt die Menschenseele das Wesen der Vergangenheit erkennen. Indem sie den Zugang zum Ewigen in der Vergangenheit durch das Geist-Erinnern findet, erkennt sie das Schicksal des Vergangenen. Sie erkennt, daß das Vergangene nicht verschwindet, sondern seinen Zeitcharakter verliert und zum Räume wird. Auch die Akasha-Chronik ist ein übersinnlicher Raum, der „gleichzeitig“ da ist. Aber auch der physische Raum entsteht, indem die Vergangenheit zu ihm wird. Denn Willensäußerungen der Wesen, welche einmalige Taten im schöpferisch-wechselnden Geschehen sind, werden zum Inhalt der AkashaChronik; solche Willensströmungen dagegen, die ein unbewegliches Verharren bedeuten, werden zum physischen Raum, zu leiblichen Gestalten. Wie es lebendige Gedanken gibt, die in eine ununterbrochene Reihe der schöpferischen Metamorphose gehören, und wie es unbewegliche, in Formeln erstarrte, dogmatische Gedanken gibt, so gibt es auch schöpferische Taten, die nur Glieder der sich beständig metamorphosierenden Tätigkeit sind – und andererseits Taten, die endgültig und unverändert sein wollen. Zu Formeln erstarrter, verharrender Wille, ergibt den physischen Stoff und die stofflichen Leiber; die Leiber sind „Willensdogmen“, ebenso wie Dogmen verleiblichte, mineralisierte Gedanken sind. Der Stein ist nicht nur darum hart, weil seine intermolekulare Anziehung stark ist, sondern er ist hart, weil ein harter, beharrlicher Wille ihn stark zusammenballt. So sind auch die Glieder des menschlichen Raumesleibes solch erstarrte Willensströmungen; sie sind gegenwärtige Vergangenheit, deren sich ein Gegenwärtiges, die Seele, auf dem Wege zum Zukünftigen, dem Geiste, bedient. Denn wie alles Vergangene zum – auch übersinnlichen – Leibe wird, so ist alles Zukünftige Geist, und nur im gegenwärtigen Zeiterlebnis haben wir mit der Seele im eigentlichen Sinne zu tun.
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Der „Zeitstrom“, der am Anfang dieser Betrachtung so charakterisiert worden ist, wie ihn die Seele heute erlebt, ist in Wirklichkeit nicht ein horizontal dahinfließender Strom aus der Zukunft durch die Gegenwart in die Vergangenheit, sondern er ist der Vorgang der Leibwerdung eines Geistigen, an dem die Seele beteiligt ist. Der „Zeitstrom“ ist in Wirklichkeit der Vorgang des Abstieges des Geistes zum Leib. Schematisch kann dieser Vorgang etwa auf folgende Art dargestellt werden:
So erhält man einen wirklichkeitsgemäßeren Begriff für dasjenige, was man als den „Fluß der Zeit“ zu bezeichnen pflegt. Dieser Begriff macht es verständlich, warum z.B. die Zukunft als finster erscheint. Die Zukunft erscheint aus dem Grunde finster, weil sie die geistige Welt ist. Wird sie aber – durch die Einweihung – hell, so ist die „fernere“ Zukunft eine höhere Region der geistigen Welt. So hat z. B. der Seher, der die Apokalypse geschrieben hat, dasjenige, was er über die „sieben Briefe“ zu sagen hatte, in der elementarischen Welt geschaut; dasjenige aber, was er im Zusammenhang mit den „sieben Siegeln“ gesagt hat, fand er in der astralischen Welt; die Ereignisse, die er als die „sieben Posaunenklänge“ beschrieb, gehören in die devachanisch-höhere Welt, und die Schilderung der „sieben Zornesschalen“ entstammen der noch höheren geistigen Welt.
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Nun beziehen sich aber die „sieben Briefe“ auf die sieben Kulturepochen der nachatlantischen Kultur, d.h. des fünften großen Zeitalters, während die „sieben Siegel“ sich auf das sechste und die „sieben Posaunenklänge“ sich auf das siebente große Zeitalter beziehen. Die „Zornesschalen“ entsprechen einer noch weiteren Zukunft, nämlich dem Ende der Erdenentwickelung und dem Übergang zum JupiterDasein.* An dem Beispiel des Evangelisten Johannes kann man verstehen, was in Wirklichkeit die Zukunft ist: sie ist der Abstieg der geistigen Welt zur Erde. Mit diesem Zeitbegriff kann man auch verstehen, warum die Vergangenheit dem gewöhnlichen Bewußtsein finster zu sein scheint. Dies geschieht aus dem Grunde, weil sie zum Räume wird. Den Raum kann man aber nur dann mit Bewußtseinslicht durchdringen, wenn man sich des geistigen Vorgangs des Entstehens des Raumes erinnert. Das menschliche Ich, das im Gottes-Ich erweset, ist auch ein Stück Raum, aber es ist das einzige Stück Raum innerhalb der physischen Welt, der Welt des Gewordenen, das beständig im Werden – im „Erwesen aus dem GottesIch“ – ist. Das Ich ist sowohl eine Form, als auch ein beständiges schöpferisches Schaffen dieser Form. Es ist Wille, der sich selbst bestimmt. Das Sein des Ichs ist keine bloß gegebene Tatsache, sondern eine geistigschöpferische Tätigkeit. Und zwar eine schöpferische Tätigkeit sowohl seitens des Ichs selbst, als auch des Urgrundes – des Gottes-Ichs – in dem es erweset. Es ist eben wichtig einzusehen, daß das Ich nicht ein bloß Seiendes, sondern ein Erwesendes ist. * Vgl. Rudolf Steiner „Die Apokalypse des Johannes“ (GA 104)
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Das „Erwesen“ ist ein Wort und ein Begriff, der am tiefsten das Wesen des menschlichen Ichs zu verstehen ermöglicht. Aber bei der Übung des GeistErinnerns handelt es sich nicht bloß um das Verstehen des Erwesens der menschlichen Ich-Wesenheit, sondern namentlich um dessen Erfahrung. Und diese Erfahrung bringt Licht in den Vorgang des Entstehens des Räumlichen. Denn das Räumliche entsteht ebenso, wie das Ich entsteht. Nur, daß das Räumliche „entstanden“ bleibt, nachdem es entstanden ist, während das Ich immer weiter entsteht.* Und zwar entsteht es immer weiter aus dem Grunde, weil es nicht nur zur Vergangenheit, sondern auch zur Gegenwart gehört. Es ist nicht nur Vergangenheit, sondern beständig werdende Vergangenheit. Dieses Wesen ist aber die geistige Wirklichkeit der Gegenwart.
* Rudolf Steiner sagte in einem Vortrag (Berlin 25. April 1916), daß das menschliche Ich in sich die gesamte mineralische Welt trage: würde das menschliche Ich so explodieren, daß seine Stücke in den Raum auseinanderfielen, so entstünde aus diesen Stücken die Mannigfaltigkeit der mineralischen Welt.
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Die Übung des Geist-Besinnens Um die geistige Wirklichkeit der Gegenwart zu erfassen, muß die Menschenseele die Übung tun, die in der ersten Hälfte des zweiten Spruches der Grundsteinmeditation enthalten ist. Die Übung des Geist-Besinnens hat die Aufgabe, der Seele zu ermöglichen, der Wirklichkeit der Gegenwart bewußt zu werden. Wie die Übung des Geist-Erinnerns darin besteht, der Erinnerungskraft eine andere Richtung zu geben, als bei dem gewöhnlichen Erinnerungsvorgang, so handelt es sich bei der Übung des Geist-Besinnens ebenfalls um eine Änderung des gewöhnlichen Erlebens. Es handelt sich da um eine wesentliche Änderung des Erlebens in der Gegenwart. Das Letztere geschieht im gewöhnlichen Bewußtseinszustand so, daß die Menschenseele einen hellen Punkt der rastlos dahinströmenden Zeit erlebt. Nun kommt es bei der Übung darauf an, statt des Augenblicks die Gegenwart des Geistes zu erleben. Die Letztere reicht aber weit über den hellen Punkt des Augenblickserlebens hinaus. Darum hat die Anstrengung der übenden Menschenseele darin zu bestehen, daß der helle Punkt erweitert wird zu einer immer wachsenderen Sphäre. Der Weltgegenwart muß die Menschenseele gegenüberstehen lernen. Sie muß sich sagen lernen: In diesem Augenblick stehe ich innerhalb einer Weltenkonstellation. Und ich gehöre zu ihr mit meinem gesamten Wesen. Mein Atem und mein Herzensschlag sind ebenso an dem Zustandekommen dieser Konstellation beteiligt, wie die Sonne und die Planeten. Der Zusammenklang der Sterne, der Sonne, meines Herzens, meines Atems, meines Fühlens ergibt die Konstellation des Augenblicks. Die Woge der Weltenstunde zieht sowohl durch meine Brust, als auch durch die Himmelsräume.
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Solche – und ähnliche – Gedanken, können den Augenblick zu einem feierlichen gestalten. Der Mensch kann dann erleben, wie seine Brust sich erweitert und wie sein Atem anders wird. Er atmet mit der Welt, und seine Seele erweitert sich in konzentrischen Kreisen der wogenden feierlichen Ruhe. Diese Wogen fließen aber nicht ins Leere: sie begegnen größeren und feierlichen Wogen, die aus dem Herzen der Welt strömen. Und in dieser Begegnung vereinen sich Menschenherz und Weltenherz. Da kann sich die Menschenseele sagen: jeder Augenblick wird vom Herzen der Welt gesegnet – und du hast es nicht gewußt. So erweitert die Menschenseele ihr eigenes Seelenwesensfühlen durch die Übung des Geist-Besinnens im Seelengleichgewichte zur Vereinigung mit dem Welten-Ich in den wogenden Welten-Werde-Taten. Dadurch überwindet sie die Einsamkeit im Erdenleben. Sie fühlt sich nie mehr verlassen und weiß, daß sie im erweiterten Umkreis des besonnten Gegenwartslebens der segnenden Wirkung des Herzens der Welt teilhaftig werden kann. So lernt die Menschenseele das wahrhafte Fühlen an dem Fühlen der Welt.
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Die Übung des Geist-Erschauens Aber auch das wahrhafte Denken lernt die Menschenseele an der Welt. Und zwar lernt sie es durch die Erfahrung, zu welcher die Übung des Geist-Erschauens sie führen kann. Denn die Übung des GeistErschauens, die durch die erste Hälfte des dritten Spruches der Grundsteinmeditation gegeben wird, enthält das Wesentliche der Anleitung, welche die Menschenseele braucht, um wahrhaft denken zu lernen. Das Letztere braucht die Menschenseele, um namentlich die Zukunft zu erkennen. Denn das Denken ist die Kraft, die auch im gewöhnlichen Zeiterleben einigermaßen Licht auf das Dunkel der Zukunft werfen kann. Aus diesem Grunde ist es auch die Kraft, von der man erwarten darf, daß sie es ermöglichen kann, die Sicherheit des Schauens der Zukunft zu erreichen. Um dieses aber zu erreichen, muß mit der Denkkraft eine ebenso durchgreifende Wandlung vorgenommen werden, wie mit der Erinnerungskraft bei der Übung des Geist-Erinnerns und mit der Gefühlskraft bei der Übung des Geist-Besinnens. Man wird das Wesentliche der Wandlung des Denkens bei der Übung des Geist-Erschauens verstehen, wenn man sich die Tatsache vergegenwärtigt, daß das Denken im gewöhnlichen Bewußtseinszustand auch eine Art Erinnerung ist. Nur ist es eine ahnende Erinnerung an die Zukunftsmöglichkeiten, während die Erinnerung ein Gedenken der Vergangenheitstatsachen ist. Das gewöhnliche, auf die Zukunft gerichtete Denken, bewegt sich ebenfalls in der horizontalen Richtung, indem es von der Vergangenheit ausgeht und aufgrund der Vergangenheit auf die Zukunft schließt. Aber es bleibt dabei doch zum großen Teil unsicher. Denn wenn es auch bestrebt ist, aus dem Vergangenen eine Linie in die Zukunft zu ziehen, d.h. die Zukunft, fußend auf der größten Wahrscheinlichkeit, zu erraten, so hat es dabei doch den hypothetischen Charakter des Vermutens.
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Nun ist aber die Hypothese an sich weder eine reine Frage, die an die geistige Welt gerichtet ist, noch eine Erkenntnis. Sie ist daher geeignet, sich zwischen die Wahrheit und das menschliche Bewußtsein zu stellen – die Wahrheit eher verdeckend als aufschließend. Denn was für die wirkliche Erinnerung der Wahrheit notwendig ist, das sind Probleme, d.h. Fragen, die auf jede Antwort gefaßt sind. Für die wirkliche Erkenntnis ist es notwendig, daß die Fragen nicht in sich selbst etwas tragen, was die Antwort diktiert. Die Fragen müssen so sein, daß sie in bezug auf den Inhalt der Antwort ein zu allem gefaßtes Schweigen enthalten. Es muß das Denken hypothesenfrei werden, wenn es zu einer sicheren Erkenntnis führen soll. Dazu muß es aber darauf verzichten, sich selbst die Antwort zu geben. Es muß sich mit der Rolle bescheiden, das Problem auf reife und begründete Weise zu stellen – und im Schweigen zu warten. Dieses schweigende Warten des aktiven Denkens ist eben dasjenige, was bei der Übung des Geist-Erschauens angestrebt wird. Da handelt es sich um die Herstellung eines ähnlichen Stillstandes der gewöhnlichen, hypothesierenden Gedankentätigkeit, wie es sich bei der Übung des Geist-Erinnerns um den Stillstand der gewöhnlichen horizontal verlaufenden Erinnerungstätigkeit handelte. Denn auch hier gilt es, der Denkkraft eine andere Richtung zu geben. Es handelt sich bei der Übung des Geist-Erschauens um die Umstellung des Denkens aus der Horizontale des Hypothesierens in die Vertikale des Schauens. Diese Umstellung besteht darin, daß die Gedankenkraft nach oben gerichtet wird. Sie wird aber nicht in dem Sinne nach oben gerichtet, daß man eigene Meinungen in den Himmel projiziert, sondern im Sinne eines ruhig schauenden Blickes. Die verzweigte und unruhige Gedankentätigkeit muß sich zur schweigenden Blickkraft sammeln und verdichten. Geschieht es, d. h. wird der ruhige Blick der Gedankenkraft nach oben gerichtet, so kommt eine Erkenntnis zustande, die hypothesenfrei ist.
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Und sie ist schon aus dem Grunde hypothesenfrei, weil der Mensch von sich aus nichts zu ihrem Inhalt beigetragen hat. Denn er denkt nicht mehr, sondern er schaut. Wie eine Blume, die ich mit dem Auge sehe, kein Phantasiegebilde ist, so ist auch das in Gedanken-Ruhe Geschaute keine Hypothese. Das so Geschaute ist ebenso unabhängig von der menschlichen Willkür, wie die mit dem Auge wahrgenommene Blume von der menschlichen Willkür unabhängig ist. Denn was die Menschenseele da erschaut, sind Weltgedanken. Verwandelt der Mensch seine eigene Denkfähigkeit in ein ruhig schauendes Auge, so nimmt er die Denkfähigkeit der Welt wahr. Und auf diese so erschauten Weltgedanken orientiert er nachher seine Denkfähigkeit und bildet sie ihr nach. So lernt die Menschenseele wahrhaft denken, indem sie an dem Denken der Götter lernt. Nun ist aber die Zukunft das Denken der Götter. Der Vorgang des Fließens der Zukunft in die Gegenwart und in die Vergangenheit ist nichts anderes, als die Verwirklichung der Götter-Gedanken, der Götter-Ziele – sei es in reiner, karikierter oder entgegengesetzter Gestalt; so oder so ist er doch bloß der Abstieg der Götter-Gedanken in die irdische Wirklichkeit. Ob die GötterZiele rein, karikiert oder in ihren Gegensatz verwandelt verwirklicht werden – dieses hängt von dem freien Willen des Menschen ab, der zwischen Gut und Böse steht. Aber der wirkliche Inhalt entstammt in jedem Fall dem Denken der Götter, ganz abgesehen davon, welchen Gebrauch die freien Wesen von ihm machen. Denn die Götter schenken das Licht ihrer Gedanken den freien Wesen zur freien Entscheidung; sie geben es im Vertrauen, daß der Inhalt dieser Gedanken für sich selbst sprechen wird und daß die so beschenkten Wesen ihn würdigen werden.
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2. Das Kreuz des Raumes als Offenbarungsströmungen der geistigen Welt Die erste Hälfte jedes der drei Sprüche der Grundsteinmeditation enthält dasjenige, was die Menschenseele von sich aus zu tun hat, um durch die Tore der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft in ihrem Denken, Fühlen und Wollen in bewußte, unmittelbare Verbindung mit der geistigen Welt zu treten. Die zweite Hälfte dieser Sprüche enthält dasjenige, was die geistige Welt als Hilfe für die Menschenseele tut. Denn das Wachstum der Menschenseele erfolgt infolge des Zusammenwirkens der Seele mit der geistigen Welt. Die Anstrengung der übenden Seele ist bloß die eine Seite des Geschehens; die Hilfe, welche die geistige Welt als Antwort auf die Aktivität der Seele gibt, ist die andere Seite. Diese andere Seite des Verkehrs der Menschenseele mit der geistigen Welt geschieht ebenfalls in drei Richtungen. Denn dieselben drei Tore, durch welche die Menschenseele die geistige Welt erreicht, dienen auch der geistigen Welt, um die Menschenseele zu erreichen. Die wirkliche Offenbarung der geistigen Welt kann nur auf denselben Wegen geschehen, auf welchen menschlicherseits die Erkenntnis gesucht wird. So wirken in der Welt drei Offenbarungsströmungen der geistigen Welt, die das Wollen, Fühlen und Denken der Menschenseele bereichern.
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Die erste Offenbarungsströmung der geistigen Welt: Das Tor der Vergangenheit Die erste dieser Offenbarungsströmungen ist diejenige, welche der Quelle des Ewigen in der Vergangenheit entströmt. Denn es gibt drei solcher Quellen des Ewigen. Die Menschenseele tritt in Beziehung zu ihnen, indem sie durch die Tore der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft dem Geiste sich entgegenstreckt. Durch diese drei Tore tut sich dann der Menschenseele das Ewige kund. Und zwar erfährt sie durch das Tor der Vergangenheit die Kunde von dem Vater-Gott. Durch das Tor der Gegenwart wird sie der Gegenwart des Sohn-Gottes gewahr. Und durch das Tor der Zukunft wird sie von den Strahlen des Geist-Gottes durchleuchtet. Der Vater-Gott ist nur in der Vergangenheit, als sich tätigwirksam offenbarend, zu finden. In der Gegenwart und in der Zukunft offenbart sich die Vater-Wesenheit nicht. Sie ist eine ruhende Wesenheit, seitdem die Gedanken der Welt – welche die Wesen der Welt sind – von ihr gedacht wurden. Sie ruht außerhalb und oberhalb der Welten, welche entstanden, im Entstehen sind oder entstehen werden. Darum kann die Vater-Wesenheit nicht innerhalb der Welten gefunden werden. Sie steht oberhalb des Seins. Sie ist Sein-erzeugend, nicht aber seiend. Sie kann deswegen nie Gegenstand einer Erkenntnis sein. Für die Erkenntnis ist sie ein ewiges Geheimnis. Während die Vater-Wesenheit ein ewiges Geheimnis für die Erkenntnis ist, so können doch Wesenheiten, die an der Schwelle des Weltenseins stehen, sie zum Inhalt der Offenbarung machen. Sie können Kunde bringen von dem Vater-Gott und von den Geheimnissen Seiner Vorsehung.
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Diese Kunde ertönt in den Tiefen der menschlichen Willenswesenheit, welche im Zusammenhang mit der Übung des Geist-Erinnerns zu charakterisieren versucht wurde. Die Wesenheiten der ersten Hierarchie entströmen in diese Wesenheit die Inhaltskräfte der Kunde von dem Vater-Gott. Die Throne, Cherubim und Seraphim beantworten mit moralischer Kräfte-Wirkung die drei „Bitten“, welche aus den Tiefen des Willenswesens als wesenhafte Willensströmungen ertönen. Die Willensströmung des „Hauptes“ erhellen die Cherubim; die Willensströmung der „Arme“ wird von den Seraphim durchwärmt – und die Willensströmung der „Beine“ erhält Kraft und Richtung von den Thronen. Diese Wirkung der Geister des Willens (Throne), der Geister der Harmonie (Cherubim) und der Geister der Liebe (Seraphim) bewirken Regungen in der Willenswesenheit, aufweiche sie gewirkt haben. Die Regungen, welche als Antwort aus den Tiefen der Willenswesenheit für das Bewußtsein ertönen, sind Widerspiegelungen, ein Echo der GötterWirkung. Und dieses Echo macht sich in der Weise kund, daß es ein Zusammenklang von drei Tönen ist. Der erste Ton bringt die Kunde von dem über dem Weltensein Erhabenen; der nächste Ton spricht vom Erwesenen aus diesem Überweltlichen; der dritte Ton verkündet die brüderliche Einheit der Wesen, welche einen gemeinsamen Ursprung haben.
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Das Echo der Wirksamkeit der Geister der Harmonie offenbart die Kunde von dem Göttlichen; die Tätigkeit der Geister des Willens kündet sich durch den Widerhall des Erinnerns an das Erwesene, an den Ausfluß aus dem Göttlichen; die Wirkung der Geister der Liebe ertönt als die brüderliche Zusammengehörigkeit der aus dem Göttlichen Erwesten. Der Zusammenklang des dreitönigen Widerhalls auf die offenbarende Kräfte-Wirkung der gesamten ersten Hierarchie ergibt in menschlicher Sprache den Spruch der Grundsteinmeditation: „Aus dem Göttlichen weset die Menschheit.“ Dieser Spruch kann sich für das innere Empfinden ungeheuer vertiefen, wenn man ihn als aus drei Teilen bestehend denkt und jeden Teil in Zusammenhang mit einer der drei Hierarchien der Kräfte-Geister der Welt bringt: Aus dem Göttlichen weset die Menschheit
– Offenbarung der Geister der Harmonie; – Tat der Geister des Willens; – Wirkung der Geister der Liebe.
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Die zweite Offenbarungsströmung der geistigen Welt: Das Tor der Gegenwart Ist der Vater-Geist der Höhen einer unmittelbaren Erkenntnis unerreichbar, so ist es anders im Verhältnis der Menschenseele zum Sohn. Der Sohn begegnet der Menschenseele, die durch das Tor der Gegenwart infolge der Übung des Geist-Besinnens geschritten ist. Denn wenn die Menschenseele den Punkt ihres Gegenwartserlebnisses bis zum kosmischen Umkreis erweitert, begegnet sie dem Seelen-begnadenden Christus-Willen. Der Sohn wirkt in der Welt, und es ist deswegen möglich, Ihm innerhalb der Welt zu begegnen. Es ist eben möglich, Ihm als einer individuellen Wesenheit zu begegnen. Die Christus-Wesenheit ist kein „Prinzip“, sondern das Herz der Welt, oder – was dasselbe ist – die geistige Sonne der Welt. Und zwar nicht im Sinne eines Organs oder Fixsterns, sondern im Sinne einer individuellen Wesenheit, welche im moralisch-geistigen Raum der Welt die Mittelpunktstellung innehat. Wie die Realität der sichtbaren Sonne auf zweierlei Art erfahren werden kann, indem man entweder ihr Licht sieht und ihre Wärme fühlt oder unmittelbar nach der Sonne am Himmel hinschaut, so kann auch die Wirklichkeit des Christus auf zweierlei Art erlebt werden: entweder die seelenbegnadende Wirkung in den Weltenrhythmen Seines im Umkreis waltenden Willens, oder die unmittelbare Begegnung mit seiner Wesenheit selbst. Der erste Weg steht allen offen; der zweite Weg ist ein Gnadenereignis, das als solches nicht erreicht, sondern nur erhofft werden kann. Die Erfahrung des Lebenslichtes der geistigen Sonne in den Weltenrhythmen gehört zu den Stufen des Weges der Geistesschülerschaft; die Erfahrung der Begegnung mit dem Christus selbst, wie sie z.B. Paulus auf dem Wege nach Damaskus hatte, ist eine Gnadentat des Christus.
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Die Lichtwirkung der geistigen Sonne der Welt ist kein „inertes“ (im französischen schlaff, leblos, träge), automatisches Strahlen, sondern ein durch hierarchische Wesenheiten rhythmisch-bewußtes, atmendes Eingliedern der Christuskraft dem Weltgeschehen. Die „Strahlen“ der Christuswirkung in der Welt verlaufen nicht in geraden Linien, wie die Strahlen des luziferischen Lichtes der sichtbaren Sonne; sie durchströmen die Welt in rhythmisch wogenden kreis- und schleifenförmigen Bewegungslinien. Das geistige Licht der ChristusSonne fließt durch die Welt nach bestimmten Bewegungsformen. Denn an diesen Strömen sind die Geister der Form (Exusiai), die Geister der Bewegung (Dynamis) und die Geister der Weisheit (Kyriotetes) beteiligt. Die Geister der Weisheit gliedern das Licht in Strahlen weisheitsvoll; die Geister der Bewegung tragen es an die Wesen der Welt heran; die Geister der Form gestalten die rhythmische Form seiner Bewegung. Die drei Hierarchien der Lichtesgeister der Welt bringen Feuer, Bewegung und Form des Christus-Lebenslichtes in das Erdenleben hinein. Sie bringen es als kosmische* Strömung – in der horizontalen Richtung vom Sonnenaufgang zum Sonnenuntergang. Diese horizontale kosmische Strömung von Ost nach West ist gleichzeitig die Stufenleiter der Wirksamkeit der drei Hierarchien der Lichtes-Geister. Denn im Osten ist zunächst das Übergewicht der Wirkung der Geister der Weisheit – die Strömung hat dort namentlich die Eigenschaft des sich der Erde nähernden geistigen Feuers. * Es ist hier von der kosmischen Wirkungsströmung die Rede, die entsprechende Strömung des geistigen Erdorganismus unterscheidet sich von der kosmischen Strömungsrichtung.
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Jedoch greift in den weiteren Lauf der Strömung westwärts die Wirkung der Geister der Bewegung ein: dadurch wird sie zum moralisch bewegenden Licht. Im Westen dagegen wird sie – durch das Übergewicht der Geister der Form – zu bestimmten, auf der Erde zu verwirklichenden geistig-moralischen Aufgaben und Zielweisungen. Im Westen erreicht die Strömung ihre Bestimmung: durch die geistigen Kräfte des „Westens“ kann sie zu einer das Erdenschicksal mitbestimmenden Wirklichkeit werden. Denn sie wird dann dem Erdenschicksal entsprechend geformt. Und dann formt sich auch ihr bewegender Weisheitsinhalt zu großen Offenbarungsworten. Was auf dem Wege von Ost nach West befeuernd bewegte, wird nun zur Sprache. In dieser Sprache ertönt die Offenbarung von der kosmisch-irdischen Wirkung des Christus. Und zwar enthält sie drei „Worte“: das Wort von dem Christus, als dem idealen Urbild aller individuellen Wesen; das Wort von Seiner Leben-spendenden Gnaden Wirkung und das Wort, daß auch der Tod von dieser Gnadenwirkung umfaßt wird. Es offenbart das Wort der Geister der Form die moralische Gewalt des Christus, als des Ur- und Vorbildes der Wesen; das Wort der Geister der Bewegung offenbart die innere Macht des Christus, als des Lebensquells der Welt; die Geister der Weisheit offenbaren die Grenze des kosmischen Herrschaftsbereiches seiner Macht – als über den Todesbereich gehend.
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So eng ist die Wirksamkeit der Lichtes-Geister mit der Offenbarung des Christus verknüpft, daß die Christen der ersten Jahrhunderte unserer Zeitrechnung die drei Hierarchien der Lichtes-Geister mit den Namen derjenigen Eigenschaften der Christuswesenheit bezeichneten, die jede von ihnen offenbarte. Sie bezeichneten sie als Gewalten (Exusiai), Mächte (Dynamis) und Herrschaften (Kyriotetes). Die geformte Offenbarung der gesamten Hierarchie der Lichtes-Geister ergibt den Spruch der Grundsteinmeditation: „In dem Christus wird Leben der Tod.“ Dieser Spruch ist als Zusammenfluß von drei Offenbarungen über den Christus zu verstehen – und wir vertiefen unser Verhältnis zu diesem Spruch, wenn wir ihn innerlich so gegliedert denken: In dem Christus wird Leben der Tod
–
als Ideal hingestellt durch die Geister der Form; – als Lebensquell geoffenbart durch die Geister der Bewegung; – als Herrschaftsbereich verkündet durch die Geister der Weisheit.
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Die dritte Offenbarungsströmung der geistigen Welt: Das Tor der Zukunft Das Tor, das zum Erleben der Wirklichkeit des Heiligen Geistes – als des Ewigen in der Zukunft – führt, wird durch die Übung des GeistErschauens durchschritten. Dann offenbart sich die Zukunft in der Gestalt von Welt-Gedanken. Sie tauchen innerhalb des in Gedanken-Ruhe schauenden Bewußtseinskreises des Menschen als Götter-Ziele auf. Es ist der Wille der geistigen Welt, der sich durch die Welt-Gedanken kundtut. Dieser wird zu Gedanken innerhalb des menschlichen Geistwesens, des Geistselbstes (Manas), welches den Schauplatz der Gedankenbildung für den Willen der geistigen Welt darbietet. Das „obere Auge“ des Geistselbstes nimmt die Götter-Ziele wahr – indem es sie zu den eigenen macht – und gestaltet sie zu Gedanken. Das „untere Auge“ des ruhenden Denkens schaut diese Gedanken. Nun bedeutet aber dieses Schauen eine zweifache Forderung, die dem schauenden Bewußtsein damit gestellt wird: einerseits befähigt zu sein, die Welt-Gedanken wahrzunehmen, und andererseits auch imstande zu sein, sie zu verstehen, d. h. sie sich zu eigen zu machen. Bliebe es bei der Wahrnehmung allein, so wäre der Welt-Gedanke für das menschliche Bewußtsein nur so lange von Bedeutung, als es sich im Zustande des Schauens befindet. Nach dem Verlassen dieses Zustandes würde das Bewußtsein diesen Gedanken nicht als Erkenntnis-Eigentum bewahren, denn der Gedanke wäre nicht angeknüpft an seine frühere Erkenntnis und nicht eingegliedert in seine Erfahrung. Es bliebe bloß die Erinnerung an einen Weisheits-Traum. Um in der Lage zu sein, das Geschaute auch gleichzeitig zu verstehen, d. h. es in das gesamte Gedankennetz des Bewußtseins fruchtbar einzugliedern, muß ein größeres Maß des Wachens der Menschenseele vorhanden sein, als für das Wahrnehmen allein notwendig ist.
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Nun ist aber das Maß des Wachens nichts anderes als das Maß des Bewußtseinslichtes, das in der Seele leuchtet. Dieses Licht – das Licht des Wachseins der Seele – durchströmt die Seele beständig und entstammt der Quelle des durch die geistigen Hierarchien wirkenden Heiligen Geistes. Der die Wesen der Welt weckende Strom des Heiligen Geistes durchströmt die Menschenseele beständig; die Seele wird aber in ihrem Bewußtsein wacher, wenn sie diesen Strom bewußt aufnimmt. Dieses Aufnehmen besteht namentlich darin, daß sie ihm von sich aus Fragen entgegenbringt. Dadurch tritt er in das Bewußtsein der Seele ein und macht es intensiver. Dann ist die Seele um eine Stufe wacher, als sie vorher war. Um ein solches Wacher-werden der Seele handelt es sich eben bei dem Schauen der Welt-Gedanken. Da kommt es nicht nur darauf an, daß die Seele diese Gedanken schaut, sondern auch darauf, daß sie ihnen Licht entgegenbringt, damit sie in das Bewußtsein der Seele eintreten können, ohne dabei der Verfinsterung anheimzufallen. Darum ist das Geist-Erschauen ein zweiseitiges Ereignis: wo einerseits die Welt-Gedanken wahrgenommen werden und wo andererseits gleichzeitig das Erwachen der Seele geschieht. Das Letztere ist das Geschenk des Heiligen Geistes, welcher der Offenbarung der Götter-Ziele auch die Kraft, sie zu fassen, hinzufügt. Die Welt-Gedanken wären ohne diese Hilfeleistung von Seiten des strömenden Geistes Wesen, die sich nach einer Verbindung mit der Seele sehnten, aber diese Verbindung nicht erreichen könnten. Sie glichen Bienen, die nach Blumen suchten, aber keine fänden. Darum „walten des Geistes Welt-Gedanken im Weltenwesen Lichterflehend“. Dieses Flehen wird von den Wesen der Seelen-Geister (der III. Hierarchie) nach oben als Schale erhoben. Diese Schale des Flehens der Welt-Gedanken füllt sich mit dem Heiligen Geist. Die gefüllte Schale wird dann nach unten ausgegossen. Dadurch erwachen die Menschenseelen.
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Das Emportragen der Schale des Flehens, das Sammeln des Seelen-Bewußtseinslichtes und sein Ergießen in die Menschenseelen ist die Tätigkeit der dritten Hierarchie, der Hierarchie des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist ist nicht außerhalb der Welt und der Erkenntnis, wie der Vater, ihm kann auch nicht innerhalb der Welt begegnet werden, wie dem Sohne – er erfüllt die Wesen von innen und ist nicht Gegenstand, sondern die innere Möglichkeit der Erkenntnis. Seine Wirklichkeit offenbart sich durch das Erwachen der Seelen für neue Aufgaben, Lebensgebiete, ja, auch für neue Welten. Und dieses Erwachen geschieht durch die Tätigkeit der Seelengeister, welche das durch das Weltall strömende Licht des Heiligen Geistes aufnehmen und es Kulturen, Menschengruppen und einzelnen Menschen einströmen. Dadurch erwachen die Menschen für die Aufgaben der Zeit, für soziale Aufgaben und für die Aufgaben des Einzelnen. Durch die Tätigkeit der Engel erwacht die Einzelseele für ihr Schicksal; die Erzengel wecken die Seelen für einander, und die Archai (Zeitgeister) bewirken das Wachsein der Seelen für die Forderungen der Zeit. Die Archai bewirken das Erwachen der Seele für Weltangelegenheiten; die Engel verhelfen der Seele zum Erwachen für die inneren Seelenangelegenheiten; die Erzengel erwecken die Seele für die anderen Seelen.
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So ist das Zusammenwirken der gesamten Hierarchie der Seelengeister in dem Spruch der Grundsteinmeditation zum Ausdruck gebracht:
„In des Geistes Weltgedanken erwachet die Seele.“ Und es kann wiederum die Auffassung dieses Spruches dadurch vertieft werden, daß man innerhalb des Wortes „erwachet“ drei Stufen findet: erwachet für sich selbst
– durch das Engel-Licht;
erwachet für die Menschheit
– durch die Erzengel-Wärme;
erwachet für die Welt
– durch das Archai-Feuer.
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3. Zusammenfassung Bei der Betrachtung der drei Sprüche, welche die Hilfeleistung der geistigen Welt darstellen, ist es notwendig, die Tatsache ins Auge zu fassen, daß die Hilfeleistung der geistigen Welt eine Einheit darstellt und daß es nur bei der Schilderung dieser Dinge nicht anders möglich ist, als sie zu trennen und einzeln zu betrachten. Um aber auch eine Empfindung von der Einheit – sowohl der Hilfeströmungen der geistigen Welt, als auch der Grundsteinmeditation – zu erhalten, wäre es von Bedeutung, die drei Sprüche der Grundsteinmeditation nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Zeit, d. h. als Tore der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft zu betrachten, sondern auch unter dem Gesichtspunkt des Raumes. Denn die Betrachtung unter dem Gesichtspunkt des Raumes, d.h. des Nebeneinanders, ergibt immer ein mehr überschauliches Ganzes, als die Ergebnisse einer Betrachtung im Sinne des Nacheinanders der Zeit. Aber nicht nur die obige Erwägung, sondern auch die Grundsteinmeditation selbst führt uns zu dem räumlichen Gesichtspunkt. Denn jeder der drei Sprüche der Grundsteinmeditation enthält eine Beziehung zum Räumlichen, ja, zu dem moralischen Raum. So spricht der Vater-Spruch vom Erklingen aus den Höhen dessen, was in den Tiefen das Echo findet. Wir haben es hier somit mit der Raumesrichtung von Oben nach Unten zu tun. Im Sohnes-Spruch haben wir es dagegen zu tun mit der Raumesrichtung von Osten nach Westen innerhalb des Umkreises, in dem der Christus-Wille waltet. Der Geist-Spruch spricht vom Erbitten aus den Tiefen dessen, was in den Höhen erhöret wird. Hier handelt es sich somit um die Raumesrichtung von Unten nach Oben.
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Wenn wir diese Raumesrichtung – welche ja Strömungen der Hilfeleistung der geistigen Welt sind – zusammenstellen, so erhalten wir das kosmische Kreuz des moralischen Raumes, als das Strömungssystem der schaffenden, heilenden und erleuchtenden Wirkung der Welt. Und es ersteht vor dem inneren Auge auf diesem Weltenhintergrund das Symbol des kosmischen Rosenkreuzes, wenn man den Umkreis, wo in sieben Welten-Rhythmen die Begegnung mit dem Christus-Willen geschieht, sich als Kreis um den Mittelpunkt des Kreuzes vorstellt. So ist die Grundsteinmeditation nicht nur die Erweiterung der drei Rosenkreuzer-Sprüche, sondern es liegt ihr auch das Symbol des Rosenkreuzes zugrunde. – Die geistigen Strömungen von Oben nach Unten, vom Osten nach dem Westen und von Unten nach Oben sind zugleich der Inhalt der alten Mysterienbegriffe „Ost“, „West“, „Nord“, „Süd“. Und zwar ist der kosmische Norden die Vaterwesenheit und die Wirkung der Hierarchie des Vaters; der kosmische Süden ist der Heilige Geist und die Hierarchien des Geistes; die kosmische Horizontale Ost-West ist der Sohn als Gott-Mensch und Seine Hierarchien.* Diese kosmisch-geistigen Strömungen werden zur moralischen Naturtatsache innerhalb der elementarischen Welt. Die Wesen der vier Elemente der elementarischen Welt – die Erd-, Wasser-, Luft- und Feuergeister – hören die Botschaft der Himmelsrichtungen. Die Grundsteinmeditation ist zu dem Zweck gegeben worden, damit auch die Menschen sie hören.
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* Es muß hier wiederholt werden, daß es sich hier um kosmische Strömungsrichtungen handelt – im ätherischen Erdorganismus sind entsprechende Eigenströmungen, die sich von den kosmischen unterscheiden.
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II. DIE GRUNDSTEINMEDITATION RUDOLF STEINERS ALS GRUNDLAGE DER LEBENSVERTIEFUNG
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Vorbemerkung Die vorliegende kleine Schrift ist als innere Fortsetzung der zu Weihnachten 1936/37 erschienenen Arbeit: „Einige Ergebnisse der Arbeit an der Grundsteinmeditation Rudolf Steiners“ gedacht. Damals handelte es sich darum, dazu beizutragen, daß die kosmisch-geistige Seite der Grundsteinmeditation Interesse und Verständnis finde. In der vorliegenden Arbeit kommt es namentlich auf die seelisch-menschliche Seite der Grundsteinmeditation an. Dieser Schrift wird hoffentlich eine dritte folgen können, in welcher das Verhältnis der Grundsteinmeditation zu den Reichen der Natur behandelt werden wird.
Weihnachten 1937/38 Tallinn (Reval), Estland
Der Verfasser
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1. Von der Freiheit im Geiste als Grundlage der Entfaltung der Persönlichkeit Die Praxis der Meditation Betrachtet der Mensch sein Wesen von der leiblichen Seite her, so wird er sich gestehen müssen, daß dasjenige, was ihn am stärksten auf die Außenwelt angewiesen sein läßt, sein Atembedürfnis ist. Der Mensch, ob er wacht oder schläft, ob er gesund oder krank, jung oder alt ist – er atmet beständig und bedarf ununterbrochen der Atemluft, die ihm die Welt gewährt. In demselben Sinn ist aber auch der andere Pol des Menschenwesens auf die Welt angewiesen – nämlich das Innenleben seiner Persönlichkeit. Auch die Seele des Menschen braucht „Luft“, wie der Leib Atemluft braucht. Die „Luft“, die die Seele braucht, um lebendig und gesund zu sein, ist der Geist, der in die Seele hineinströmt und dessen sie ebenso bedarf, wie der Leib des Hineinströmens der Luft durch die Lungen. Nun besteht aber zwischen dem Luft-Atmen des Leibes und dem GeistAtmen der Seele ein bedeutender Unterschied. Während das Atmen des Leibes von selbst geschieht, so daß der Leib auch während des Schlafzustandes weiteratmet, geschieht das Atmen der Seele nicht mehr von selbst. Einst – in urferner Vergangenheit – geschah es ebenfalls von selbst; heute muß es aber gelernt werden. Heute bedarf es der bewußten Initiative und der bewußten Anstrengung, damit der Geist ebenso in die Seele einströme, wie die Luft in den Leib beim Einatmen. Und diese Initiative, diese Anstrengung der Seele, sich dem Geiste gegenüber zu öffnen, ist eben dasjenige, was in der Geisteswissenschaft Meditation genannt wird. Denn in der Meditation wird die andere Art des Atmens erlernt und geübt: nämlich des Atmens der Seele im Geist.
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Die goetheanistische und die geisteswissenschaftliche Freiheitsauffassung Dieses Atmen der Seele im Geist geschieht dadurch, daß die Seele während der Meditation in ein ebenso unmittelbares bewußtes Verhältnis zur geistigen Welt gelangt, wie der Leib auf unbewußte Art in einem unmittelbaren Verhältnis zur Luft steht. Und das Gefühl, welches das Einströmen des Geistes in die Seele bei – oder unmittelbar nach – der Meditation begleitet, ist dasjenige der „lichterfüllten Freiheitsluft“. Ein befreiendes Gefühl ist das Zeichen des Vorganges des Geistberührt-, des Geistdurchströmtseins der Seele, als Folge der Meditationsanstrengung. Und dieses Gefühl ist keine Illusion, sondern ein wirkliches Zeichen einer wirklichen Wirkung. Denn die Wirkung der Meditation besteht tatsächlich darin, daß die Seele schon nicht mehr dem Freiheitsproblem der Philosophie, sondern dem Freiheitselement sich hingibt. Sie erlebt dann die Lösung des Freiheitsproblems, indem sie die Freiheit erfährt. Und die Erfahrung der Freiheit wird ihr dadurch, daß sie in unmittelbare bewußte Berührung mit der geistigen Welt kommt. Die unmittelbare Berührung mit der geistigen Welt ist die Erfahrung der Freiheit, welche die Luft der Seele ist. Nun gibt es eine Menge von mittelbaren Beziehungen zur geistigen Welt: moralische und weltanschauliche Dogmen, Regeln und Vorschriften, menschliche Autoritäten usw., die alle gut sein können, jedoch der einen Grundforderung nicht entsprechen: sie geben der Seele nicht die Freiheit.
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Denn sie stehen zwischen der Seele und der geistigen Welt, und die Seele gibt sich ihnen hin, statt der geistigen Welt, sie – und damit auch die Freiheit – ersetzend. Aus diesem Grunde hat Rudolf Steiner sein gesamtes Werk durch die Arbeiten am Goetheanismus und durch die „Philosophie der Freiheit“ eingeleitet. Denn sowohl der Goetheanismus als auch die „Philosophie der Freiheit“ sind Mittel, um zu einem unmittelbaren Verhältnis zur geistigen Welt zu kommen, indem sie mit demjenigen, was zwischen der Menschenseele und der geistigen Welt aufgebaut worden ist, aufräumen. Denn der Goetheanismus ist ein Weg zur unmittelbaren Anschauung: er beschäftigt sich nicht mit dem, was von der Welt ausgesagt wird, sondern mit der Welt selbst. Das „offenbare Geheimnis“ – z. B. des Lichtes – ist dem Goetheanismus nicht eine erdachte Formel, sondern das sich aus der Anschauung der Lichtphänomene und deren Zusammenstellung ergebende Offenbarungswort. Desgleichen räumt die „Philosophie der Freiheit“ mit demjenigen auf, was den Zugang der Seele zur Freiheit verbaut, indem sie die Erkenntnis auf unmittelbare Anschauung von zwei Seiten her begründet: auf die Wahrnehmung und die zu ihr gehörige Intuition. Auch das moralische Leben begründet sie auf ein unmittelbares Verhältnis zur geistigen Welt, indem sie die ethischen Taten nicht aus der Befolgung von Regeln, sondern aus der moralischen Intuition, welche durch das Mittel der moralischen Phantasie erreicht wird, hervorgehen läßt. Die „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners ist ein denkbar wirksames Mittel, um der Seele nicht nur einen wirklichkeitsgemäßen Begriff von der Freiheit zu ermöglichen, sondern auch, um alle Hindernisse in der Seele gründlich auszuräumen, die sich auf dem Wege zur Erfahrung der Wirklichkeit der Freiheit einstellen können.
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Ja, die innere Klarheit und Sicherheit, welche die Seele schon bei dem einfachen Durchdenken des Inhaltes der „Philosophie der Freiheit“ erlebt, sind schon an sich für viele Menschen genügende Erfahrungen des Elements der Freiheit, um es nachher nie mehr vergessen zu können und um immer weiter in derselben Richtung zu streben. Und das Weiterstreben in derselben Richtung führt die Seele mit mathematischer Sicherheit und mit religiöser Herzensnotwendigkeit zur Praxis der Meditation. Denn die Praxis der Meditation ist die übende Verwirklichung dessen, was die „Philosophie der Freiheit“ als Freiheitsbegriff und als die Einstellung des gesamten Menschenwesens auf die Freiheit schildert. In der Meditation wird derjenige Zustand erreicht, welchen die „Philosophie der Freiheit“ als denjenigen eines freien Menschen charakterisiert. Was die „Philosophie der Freiheit“ als Begriff der Freiheit gibt – nämlich, daß die Freiheit nicht in dem Vermögen, dieses oder jenes zu wünschen besteht, sondern in dem Grad der Bewußtheit, mit welcher eine Tat vollbracht wird. Das wird in der Meditation Erfahrung, weil die Meditation selbst eine Tat ist, die aus vollem Bewußtsein und mit vollem Bewußtsein geschieht und nur so geschehen kann. Nach dem Begriff der „Philosophie der Freiheit“ und nach der Erfahrung der Meditation ist somit der Mensch in dem Maße frei, als er bewußt ist. Der Mensch steigt aber zu immer höheren Stufen der Wachsamkeit im Bewußtsein, indem er sich immer mehr in diejenige Welt auf unmittelbare Art einlebt, aus welcher alles Bewußtseinslicht strahlt – nämlich die geistige Welt. Frei sein heißt: bewußt sein – und bewußt sein heißt: das Licht der Geisteswelt in sich hineinleuchten lassen. Diese Auffassung der Freiheit liegt der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners zugrunde.
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Die christliche Freiheitsauffassung Diese der Geisteswissenschaft Rudolf Steiners zugrunde liegende Auffassung der Freiheit liegt als Freiheitsbegriff auch den Evangelien zugrunde. Denn mit dem Wort, das der Christus Jesus am Kreuz gesprochen hat: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ – ist gesagt, daß, die es taten, nicht frei waren, weil sie nicht wußten, was sie taten und darum auch nicht verantwortlich sein konnten. Man ist aber voll verantwortlich, wenn man weiß, was man tut, denn nur dann ist man frei. Darum gibt es nur eine Sünde, die nicht vergeben werden kann: die Sünde wider den Heiligen Geist, d.h. die bewußte Abkehr von dem Quell des Bewußtseins. Der geisteswissenschaftliche Begriff der Freiheit ist gleichzeitig der wirkliche Freiheitsbegriff des Christentums überhaupt. Doch ist dieser Begriff bei weitem nicht so verbreitet, wie das Christentum äußerlich verbreitet ist. Andere Auffassungen der Freiheit, die nicht-christlichen Ursprungs sind, haben sich auch in der christlichen Welt verbreitet und werden so intensiv gepflegt, daß der wirkliche christliche Freiheitsbegriff fast dem Vergessen anheimgefallen ist. Diese anderen Auffassungen der Freiheit lassen sich im wesentlichen in zwei Richtungen zusammenfassen: in die orientalische Freiheitsauffassung und in die amerikanische.
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Die orientalische Freiheitsauffassung Im Orient – namentlich in Indien und Zentralasien – faßt man die Freiheit so auf, daß sie eine Befreiung von den Banden, welche die Seele an die Erde binden, bedeutet. Frei ist man dann, wenn man sich von dem Irdischen losgelöst hat. Das orientalische Ideal der Freiheit ist der Zustand des Bewußtseins, das sich von dem karmischen Strom der wiederholten Erden leben losgelöst hat und außerhalb desselben zu ruhen vermag. Die Freiheit ist dem Orientalen somit gleichbedeutend mit Befreiung von den Zusammenhängen mit dem irdischen Daseinsbereich. Die Welt der Taten ist nicht im Freiheitsbereich inbegriffen: sie steht außerhalb desselben. Denn die Taten entstehen aus Notwendigkeiten – so dreht sich das Rad des Daseins. Es kommt aber nicht darauf an, daß man das Rad dreht, sondern darauf, daß man aus der drehenden Bewegung des Rades herauskommt. Und man kommt heraus, wenn man das Bewußtseinslicht von dem zu Taten drängenden Willenselement (Kama und Tanha) loslöst. Nicht auf die Durchleuchtung des finsteren Willenselementes kommt es dabei an, sondern auf die Trennung des oberen Menschen von dem unteren. Konkret-bildlich liefe diese Befreiung des oberen Menschen von dem unteren darauf hinaus, daß der Kopf mit Brust und Armen sich von dem übrigen Rumpf loslösen und in die Höhe emporschwingen würde, während die unteren Teile des menschlichen Leibes sich selbst überlassen blieben.
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Die amerikanische Freiheitsauffassung Das Gegenteil des orientalischen Ideals der Freiheit stellt dasjenige dar, das namentlich in der amerikanischen Kultur angestrebt wird. Da wird die Freiheit als Willensfreiheit aufgefaßt und angestrebt. Man ist frei, wenn man tun kann, was man will – dies ist das Axiom der amerikanischen Freiheitsauffassung. Um dieses Ideal zu verwirklichen, muß der Wille so stark werden, daß er die ihn bindenden Hindernisse überwindet, und zwar so, daß die Intelligenz, das Licht des Bewußtseins, ihm dabei behilflich sei. So muß z. B. die Natur vom menschlichen Willen gemeistert werden – und die Entdeckungen der Technik, welche die im Dienste des Willens stehende Intelligenz macht, sind alles Schritte in der Richtung der Verwirklichung des Ideals der Freiheit im Sinne der Überwindung der Hindernisse für den menschlichen Willen. Bildlich-konkret vorgestellt bedeutete die Verwirklichung des amerikanischen Ideals der Freiheit die Übergabe der Funktionen des Hauptes an den Rumpfmenschen, der gleichsam den Kopf verschluckt hätte.
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Das Ideal der Freiheit Nun stellt das am Anfang dieser Betrachtung hingestellte Ideal der Freiheit weder die Loslösung des Bewußtseins vom Willen, noch die Eroberung der Welt durch den Willen dar: Das christliche Freiheitsideal besteht in dem Durch-leuchtet-werden des Willens durch das Bewußtsein. Denn der Wille an sich ist nicht frei, und das Bewußtsein an sich ist tatenlos (es ist der „Glaube, der ohne Taten tot ist“). Worauf es aber ankommt, ist: dem hellen Bewußtsein die Kraft des Willens zu verleihen und das finstere, also unfreie Wollen, durch das Licht des Bewußtseins hell, d. h. frei zu machen. Die Formel des Evangeliums: „Erkennet die Wahrheit, und sie wird euch frei machen“, liegt der rein menschlichen Freiheitsidee zugrunde. Menschlich ist nur eine solche Freiheitsauffassung, welche in Taten, die aus der geistigen Welt geschöpft und auf der Erde verrichtet werden, ihre Verwirklichung sieht. Denn der Mensch ist auf der Erde, um zu wirken, aber er ist gleichzeitig ein geistiges Wesen, das auf der Erde als solches zu wirken hat. Diese Auffassung der Freiheit finden wir in den Evangelien; wir finden sie als Grundeinstellung im Goetheanismus; wir finden sie auch in gedanklich ausgearbeiteter Form in der „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners.
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Das Erleben der Freiheit Aber sowohl gedanklich klar, als auch in der unmittelbaren Sprache des geistigen Erlebens, wo das Kosmische dieses Erlebens majestätisch zum Ausdruck kommt, finden wir die Darstellung der Freiheitstatsache durch Rudolf Steiner in dem dritten Spruch der Grundsteinmeditation: „Menschenseele! Du lebest im ruhenden Haupte, Das dir aus Ewigkeitsgründen Die Weltgedanken erschließet: Übe Geist-Erschauen In Gedanken-Ruhe, Wo die ew’gen Götterziele Welten-Wesens-Licht Dem eignen Ich Zu freiem Wollen Schenken; Und du wirst wahrhaft denken In Menschen-Geistes-Gründen.“ Was dieser Teil des Spruches aussagt, ist der Vorgang des Freiheitserlebens der Menschenseele auf dem kosmischen Hintergrund. Es enthält dieser Vorgang das Zustandekommen der Freiheit als Folge sowohl dessen, was die Menschenseele von sich aus tut, als auch dessen, was die geistige Welt ihr entgegenbringt. Denn die Voraussetzung für das Erleben der Tatsache der Freiheit ist der Geist-erschauende Zustand der Seele in Gedanken-Ruhe des ruhenden Hauptes. Dieser Zustand ist derjenige der Meditation.
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Denn die Meditation ist der Zustand der Seele, wo sie von dem Denken zum Gedanken und von dem Gedanken zur Gedanken-Ruhe übergeht. Diese Gedanken-Ruhe ist aber nicht Gedankenlosigkeit, sondern das Aufgeben des Eigendenkens zugunsten des kosmischen Denkens. Das kosmische Denken bringt dann an die Menschenseele die ewigen Götterziele heran, welche der Mensch zu den seinigen machen kann, und strahlt in sie Welten-Wesens-Licht ein, welches dem eigenen Ich des Menschen zu freiem Wollen geschenkt wird. Indem der Mensch das geschenkte Licht der ewigen Götterziele in sein Wollen hineinstrahlen läßt, wird sein Wollen frei. Der Wille des Menschen ist nicht frei, sondern er kann frei werden, wenn er von dem Lichte des Bewußtseins durchleuchtet wird. Und dieses Durchleuchten ist die Wirkung des wahrhaftigen Denkens, d. h. desjenigen Denkens, wo das Irrlichterieren der „ausgedachten“ Gedanken durch die Sicherheit der geschauten Weltgedanken ersetzt wird. Solche Gedanken sind keine Abstraktionen, sondern Wirklichkeiten. Aus diesem Grunde sind sie auch für das Innenleben des Menschen nicht so wirkungslos, wie die abstrakten Gedanken es sind, sondern wirksam bis in die Tiefen des Willenslebens hinein. Und diese Wirkung der Weltgedanken auf das Gesamtwesen der menschlichen Seele äußert sich im Erwachen der letzteren - Stufe um Stufe, Schicht um Schicht. Diese Tatsache wird in dem zweiten Teil des dritten Spruches zum Ausdruck gebracht, indem dieser Teil des Spruches in dem Satz gipfelt: „In des Geistes Weltgedanken erwachet die Seele.“ Der Schlaf der Seele ist Unfreiheit; ihr Erwachen – Freiheit. Je wacher eine Seele werden kann, desto freier wird sie. Aber umso verantwortlicher wird sie auch gleichzeitig. Die Stufen des Erwachens für die Verantwortlichkeit der Freiheit sind im Wesentlichen die Stufen der Initiation.
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Denn die Initiation ist die karmische Reifeprüfung des Menschen für die Verantwortlichkeit der Freiheit des Bewußtseins, das erwacht ist. Initiation ist Verwirklichung der Freiheit und praktische Lösung des Freiheitsproblems der Philosophie. Ihre Stufen sind Stufen der Befreiung, und ihre Prüfungen sind Prüfungen der Reife für die wachsende Verantwortlichkeit, welche die wachsende Freiheit mit sich bringt.
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2. Von der Einigkeit im Sohne als Grundlage der Gemeinschaftsbildung Das Prinzip der auf den Geist begründeten Gemeinschaft Ist das individuelle Initiationsprinzip die eine Seite des Grundsteins, der zur Weihnachtstagung zur Begründung der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft 1923 in die Herzen der Mitglieder von Rudolf Steiner gelegt wurde, so ist das Prinzip der Gemeinschaft die andere Seite des Grundsteins. Es handelt sich dabei um das Prinzip der auf den Geist gegründeten Gemeinschaft, was zunächst soviel sagen soll, daß die Gemeinschaft weder auf obligatorische Anschauungen (Dogmen), noch auf das Verfolgen praktischer Ziele (Interessen) begründet sein sollte, sondern auf eine solche Art des Erkenntnislebens, die die Verbindung von Menschen zu einem freien Bunde zu bewirken vermag. Nun ist die gemeinschaftsbildende Art des Erkenntnislebens etwas durchaus Unerfahrenes und Unbekanntes – ja, sie ist dem europäischen Geistesleben so fremd, daß man kaum irgendwelche Begriffe damit verbinden kann, außer solchen, die entweder auf eine Sekte oder auf ein Forschungsinstitut passen. Daß es aber ein Erkenntnisleben geben kann, das gemeinschaftsbildend ist, ohne eine Sekte zu schaffen oder ein Forschungsinstitut zu gründen, ist etwas, das fast gänzlich außerhalb des Erfahrungsbereiches des modernen Menschen liegt. Andererseits muß auch zugegeben werden, daß eine solche Gemeinschaftsbildung auch gar nicht Gegenstand der Erfahrung der modernen Menschheit sein konnte, da sie keine Gegebenheit, sondern eine noch zu erfüllende Aufgabe ist. Sie ist eine Aufgabe, deren Verwirklichung von dem Grade des Zur-Geltung-Kommens des Christus-Impulses abhängig ist.
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Denn der Christus-Impuls kann wohl von dem Einzelnen erkannt werden, aber zur lebendigen Wirklichkeit wird er erst in den Beziehungen zwischen Mensch und Mensch. Die Formel des Evangeliums: Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich unter ihnen, spricht den grundlegenden Tatbestand aus, daß der Christus-Impuls auf Erden wirksam-gegenwärtig in der Gemeinschaft ist. Der Christus-Impuls äußert sich im Leben dadurch, daß er Menschen verbindet. Ebenso äußert sich auch ein vom Christus-Impuls durchdrungenes Erkenntnisleben. Auch dieses wirkt gemeinschaftsbildend. Ein vom Christus-Impuls durchdrungenes Erkenntnisleben ist aber ein solches, wo Tod zum Leben wird. Da handelt es sich darum, daß der tote Kopfgedanke bis in das Herz heruntergebracht werde, wo er zum Leben wird. Wird er aber bis zum Herzen heruntergebracht, so wird er aus einer Menschen-trennenden zu einer Menschen-verbindenden Kraft. Jeder wahre Gedanke, der bis zum Herzen vorgedrungen ist, wird zur sozialen Heilkraft. Jeder Gedanke – auch der wahrhaftigste – der im Kopfe bleibt, erstarrt dort zum Dogma und wirkt antisozial. Mit anderen Worten ist dasselbe von Rudolf Steiner in „Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?“ gesagt worden: „Jede Idee, die dir nicht zum Ideal wird, ertötet in deiner Seele eine Kraft; jede Idee, die aber zum Ideal wird, erschafft in dir Lebenskräfte.“ Nun sind aber „Lebenskräfte“ gerade diejenigen, welche gemeinschaftsbildend sind. Denn der Christus-Impuls wirkt namentlich durch den Lebensleib (Ätherleib) und bewirkt mit dessen geistigen Kräften die gute und wahre Verbindung von Menschen, während der Astralleib des Menschen in der Gegenwart durchaus antisozial ist.
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Im Astralleib ist alles „Persönliche“ des Menschen verankert; dieses ist nicht geeignet, Menschen auf objektiv-geistige Art zu verbinden. Das Letztere kommt aber namentlich dem Lebensleib zu, d. h. dem im Lebensleib sich erlebenden Ich. Denn wenn das Ich sich im Lebensleib erlebt, erhält es den Charakter des Sonnenhaften, während es im Astralleib sich in einer Welt der Einsamkeit erlebt und von dort aus im sozialen Sinne nur matt wirken kann. Die Kräfte des Astralleibes sind für das Soziale an sich Todeskräfte; werden sie aber bis zum Lebensleib heruntergebracht, so werden sie dadurch in soziale Lebenskräfte verwandelt. Diese Verwandlung wird durch den Christus-Impuls bewirkt. Darum hat der zentrale Satz des zweiten Spruches der Grundsteinmeditation auch die Bedeutung der Verwandlung des im sozialen Sinne Toten des Astralleibes in das sozial Lebendige des Ätherleibes. Denn der Satz: „In dem Christus wird Leben der Tod“, hat für das Gebiet des heutigen menschlichen Strebens zunächst die Bedeutung des Belebens des ersterbenden Erkenntnislebens. Das Beleben des ersterbenden Erkenntnislebens ist die andere Seite des Grundsteins und stellt neben das Prinzip der individuellen Freiheit das Prinzip der Gemeinschaft. Denn das bis zum Herzen heruntergestiegene Erkenntnisleben wird – eben durch die Tatsache seines Herz-Werdens – zur gemeinschaftsbildenden Kraft.
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Die übersinnliche Wirkungsweise des Herzens Man wird dies verstehen, wenn man die übersinnliche Wirkungsweise des Herzens mit derjenigen des Hauptes vergleicht. Bei der Wirkung des Hauptes ist es das Zentrum im Haupte selbst, das dann Wirkungen hinausstrahlt, die die Gegenstände der Erkenntnis beleuchten, resp. durchdringen. Anders ist es bei der Wirkung des Herzens. Da kann das Zentrum selbst nach außen, in den Umkreis, versetzt werden und von da aus dem Menschen Kunde zurückstrahlen. Diese Wirkungsweise der mikrokosmischen Sonne des Herzens ist ein mikrokosmisches Gegenbild derjenigen makrokosmischen Wirkung der kosmischen Sonne, des Christus, welche durch die Worte der Meditation zum Ausdruck gebracht wird: „Denn es waltet der Christus-Wille im Umkreis In den Weltenrhythmen Seelen-begnadend.“ In diesen Worten ist das Prinzip der kosmischen Sozialität – wenn man sich so ausdrücken darf – enthalten.
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Die wahre menschliche Gemeinschaftsbildung Und eine Spiegelung dieses kosmischen Prinzips ist dasjenige der wahren menschlichen Gemeinschaftsbildung. Auch da handelt es sich darum, daß die Gemeinschaft sich nicht um ein unbewegliches Zentrum bilde, sondern daß das Zentrum beweglich werde, sich in den Umkreis versetze und sich durch den Umkreis bewege. Die geistig-moralische Tiefe dieses Vorganges kann erkannt werden, wenn man sich in den Geist der von dem Christus Jesus im Kreise der Zwölf gesprochenen Worte versetzt: „Ihr seid meine Freunde, wenn ihr das erfüllt, was ich euch als Gebot hinterlasse. Ich nenne euch nicht Diener, denn der Diener weiß nicht, was sein Herr tut; ich nannte euch aber Freunde, weil ich euch alles gesagt habe, was ich von meinem Vater gehört habe.“ (Joh. 15. 14 – 15) Diese Worte enthalten die geistige Essenz dessen, was als tiefe, esoterische Gesinnungsgrundlage hinter der Gemeinschaftsbildung bestimmend zu wirken hat. Denn sie offenbaren das Ziel des höchsten Vorbildes aller Gemeinschaftsbildung aus dem Geiste heraus: daß der Umkreis der Schüler zu einem Kreis von Freunden werde. Diese Gesinnung ist im Falle eines bis zum Herzen heruntergestiegenen Erkenntnislebens eine natürliche, denn es gehört zu den Eigenschaften des menschlichen Herzens, das Lehrhafte, das Pädagogische und das Ärztliche in dem Verhältnis zu den mitstrebenden Menschen zu überwinden, und statt dessen einen freien Austausch auf der Grundlage des menschlichen Vertrauens zu erreichen. Dies ist, wonach die Sehnsucht in jedem Menschen – ob bewußt oder unbewußt – lebt. Obgleich die Erfüllung dieser Sehnsucht nicht ohne weiteres möglich ist, sondern gewöhnlich einen langen Weg erfordert, ist doch der Glaube an eine solche Möglichkeit sehr zähe und läßt sich nicht ausmerzen.
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Dieser Glaube ist aus dem Grunde zähe, weil hinter der Sehnsucht nach einer rein menschlichen Gestaltung des Gemeinschaftslebens die unbewußte Erkenntnis steht, daß die übersinnliche Organisation des menschlichen Herzens die Möglichkeit in sich trägt, auf anderen und unmittelbareren Wegen die Früchte der Lehre, der Pädagogik und des Heilens auszutauschen, als es auf den Wegen des Belehrens, der Lektion und der Vorschrift möglich ist. Denn die Organisation des menschlichen Herzens ermöglicht das Leben des einen Menschen in dem anderen. Es darf dieses nicht aus persönlicher Sympathie, sondern aus Interesse an den Problemen des anderen geschehen. Denn wenn die Probleme des Erkenntnislebens zu Herzensangelegenheiten geworden sind, so wird auch das Interesse an diesen Problemen bei dem anderen zur Herzensangelegenheit. Dann ist die Voraussetzung für die Bildung eines Menschenkreises vorhanden, dessen Zentrum im Umkreis lebt. Es kann dann im Umkreis in der Art leben, daß es in rhythmischer Aufeinanderfolge in jedem einzelnen Punkt des Umkreises zu einer bestimmten Zeit als bestimmendes und entscheidendes Zentrum sich kundtut. Praktisch hat dies zu bedeuten, daß jedes Glied eines aus dem geistigen Erkenntnisstreben heraus gebildeten Menschenkreises in einem bestimmten Zeitpunkt und in einer bestimmten Situation den Schwerpunkt der Verantwortung für das Ganze zu tragen hat: sei es auch nur durch ein entscheidendes Wort oder eine einzige bestimmende Tat. Es kann kein Mensch in der Gegenwart für einen das geistige Erkenntnisleben pflegenden Menschenkreis auf die Dauer allein verantwortlich sein; es ist andererseits jeder Mensch, der zu einem solchen Kreis gehört, zu einem bestimmten Zeitpunkt und in einer bestimmten Situation allein verantwortlich: denn die Entscheidung liegt dann in seiner Hand.
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Um die Entscheidung zu treffen, welche als Forderung an jedes Glied einer geistigen Erkenntnisgemeinschaft herankommt, ist Geist-Besinnen ebenso notwendig, wie für die Verwirklichung individueller Freiheit Geist-Erschauen notwendig war. Denn Geist-Besinnen ist das Gewahrwerden der Verantwortlichkeit des Augenblicks in bezug auf das gesamte Werk, welchem man in Gemeinschaft mit anderen dient. Auch diesen Sinn hat der zweite Spruch der Grundsteinmeditation, wenn man ihn als Grundstein des sozialen Zusammenwirkens einer das geistige Erkenntnisleben pflegenden Gemeinschaft auffaßt: „Menschenseele! Du lebest in dem Herzens-Lungen-Schlage, Der dich durch den Zeitenrhythmus Ins eigne Seelenwesensfühlen leitet: Übe Geist-Besinnen Im Seelengleichgewichte, Wo die wogenden Welten-Werde-Taten Das eigne Ich Dem Welten-Ich Vereinen; Und du wirst wahrhaft fühlen Im Menschen-Seelen-Wirken.“ In den Worten dieses Spruches ist sowohl das Geheimnis als auch die Kraft des geistigen Gemeinschaftsprinzips enthalten, welches zum Ausdruck gebracht wird in dem Satz des Evangeliums: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen.“
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3. Von dem Vater-Gedanken als Grundlage der menschheitlichen Allgemeinheit Die Aufgabe des Erkenntnislebens Der dritte Spruch der Grundsteinmeditation wirkt auf das Innenleben unter anderem durch die Überwindung eines oft recht tief verwurzelten Mißverständnisses, nämlich des Mißverständnisses, dem zufolge die Geisteswissenschaft als Gegenstand der Erkenntnis hingestellt wird, anstatt als Mittel zur Erkenntnis der Welt. Denn die Geisteswissenschaft ist in Wirklichkeit nicht dazu da, Gegenstand der Erkenntnis zu sein, sondern sie ist dazu da, mit ihrer Hilfe zur unmittelbaren Erkenntnis der Welt zu gelangen. Die unmittelbare Erkenntnis ist dasjenige, wozu Neigung und Verständnis aus den Worten des Spruches fließen: „Menschenseele! Du lebest im ruhenden Haupte, Das dir aus Ewigkeitsgründen Die Weltgedanken erschließet: Übe Geist-Erschauen“. Worauf es bei diesen Worten ankommt, ist das unmittelbare Richten der Anschauungsfähigkeit auf den in der Welt waltenden Geist, der aus seinen Ewigkeitsgründen Weltgedanken erschließet. Aber diese unmittelbare Erkenntnis der Weltgeheimnisse ist ebenfalls kein Selbstzweck, denn es kommt letzten Endes nicht darauf an, daß die einzelne Persönlichkeit sich durch diese Erkenntnis bereichere, sondern daß sie als Vermittlerin dastehe, damit diese Erkenntnisse auch an andere Menschen, die sie ebenso brauchen, gelangen.
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Es kommt nicht nur darauf an, daß ein Mensch Freiheit durch die Erkenntnis der Wahrheit erlange, sondern darauf kommt es an, daß dieser Mensch ein Glied des Vorganges der Befreiung der Menschheit durch die Erkenntnis der Wahrheit werde. Dem Erkenntnis-Impuls hat sich somit der soziale Impuls anzuschließen; das Erkenntnisleben hat die Aufgabe, gemeinschaftsbildend zu wirken. Aus diesem Grunde steht vor dem Geist-Spruch der Grundsteinmeditation der – auch innerlich-moralisch vorangehende – Christus-Spruch. Der Letztere weist auf die Notwendigkeit des sozialen Prinzips hin, um Tod in Leben zu verwandeln. Nun kann es wiederum ein Mißverständnis geben, wo eine Gemeinschaft von Menschen als Gegenstand der fruchtbaren und heilbringenden Wirkung des gemeinsam gepflegten geistigen Erkenntnislebens aufgefaßt wird. In Wirklichkeit ist sie aber nur ein Mittel, um mit ihrer Hilfe der Menschheit einen Dienst zu erweisen. Wie es bei der Erkenntnis auf die Welt als Gegenstand ankommt, so kommt es in einer dieser Erkenntnis pflegenden Gemeinschaft, Gesellschaft usw. nicht auf diese an, sondern auf die Menschheit.
Dieses Mißverständnis wird namentlich durch die Wirkung des ersten Spruches der Grundsteinmeditation überwunden. Denn der erste Spruch enthält den Impuls zur Allgemeinheit, zur Universalität, welcher alles Cliquenhafte, Regionale und Enge als geschmacklosen Mißton erscheinen läßt. Die Hinorientierung der Seele auf das Allgemein-Menschheitliche – ja, auf das Kosmische – ist dasjenige, was der Vater-Spruch der Grundsteinmeditation bedeutet. Und diese Orientierung der Seele ist die dritte Seite des Grundsteins, d. h. sie ist eine ebenso unerläßliche Grundforderung an die zur anthroposophischen Bewegung gehören-wollenden Menschen, wie das Prinzip der individuellen Freiheit und das Gemeinschaftsprinzip.
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Diese Grundforderung ist selbstverständlich nicht als bloßes äußeres Verhalten gemeint, sondern als eine grundlegende Erkenntnis, die eine ihr entsprechende Seelenhaltung von selbst ergibt. Die Forderung ist in den Worten des Spruches: „Übe Geist-Erinnern“ enthalten, während das Ergebnis der Erfüllung dieser Forderung das „wahrhafte“ Leben ist, von welchem in dem Spruch die Rede ist. Das wahrhafte Wollen ist das Endergebnis der Leben gewordenen Einsicht, daß die gesamte Menschheil aus dem Göttlichen weset. Der Satz: „Aus dem Göttlichen weset die Menschheit“
befreit – wenn er zur wirklichen Einsicht geworden ist – das Wollen von den einengenden Einflüssen des Bodens, des Volkstums und der Rasse und erhebt es auf die Stufe der vom Kosmos aus durchwirkten, reinen Menschlichkeit.
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Die Ursatzung des Vaters Die reine Menschlichkeit ist der Ausdruck des tieferen Bewußtseins, daß der Mensch nicht aus dem Blute und dem Boden entstanden ist, sondern als Fremdling in das Blut und in den Boden hineingeboren ist, und zwar aus dem allen Menschen gemeinsamen Vater-Geist der Höhen. Das einzig wahre Vaterland des wirklichen Menschenwesens ist das gemeinsame Land des ewigen Vaters in den Himmeln. Und wenn die Menschheit diese Tatsache nicht aus freier innerer Einsicht, nicht aus Geist-Erinnern heraus einsehen will, so wird sie doch zur Anerkennung dieser Tatsache durch das durch die Ursatzung des Vaters bewirkte, allen Menschen gemeinsame Schicksal gezwungen, nämlich durch die Notwendigkeit der Mühe, des Leidens und des Todes. Die eisernen Klammern der Mühe (Arbeit), des Leidens (Krankheit) und des Todes erhalten die schicksalsmäßige Einheit der Menschheit, auch dann, wenn einzelne Teile der Menschheit aus Überheblichkeit oder aus Furcht die Tatsache der allmenschheitlichen Zusammengehörigkeit verdecken, vergessen, aus dem Bewußtsein ausmerzen lassen möchten. Wenn in der Menschheit nichts anderes die Erinnerung ihres gemeinsamen Ursprungs und ihre Zusammengehörigkeit wachrufen kann, dann bleiben doch das Schmerzensbett der Geburt, der Schweiß der Mühe und das Leidenslager des Sterbens als mahnende Erinnerungen daran und hindern die Menschheit, sich auf der Erde so heimisch zu fühlen, daß sie ihren himmlischen Ursprung gänzlich vergißt. Die Angehörigen der von Rudolf Steiner begründeten Bewegung sollen aber auf dem direkten Wege des Geist-Erinnerns das Bewußtsein ihres Ursprungs erlangen und erhalten und die Anweisung des Spruches befolgen:
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„Menschenseele! Du lebest in den Gliedern, Die dich durch die Raumeswelt In das Geistesmeereswesen tragen: Übe Geist-Erinnern In Seelentiefen, Wo in waltendem Weltenschöpfer-Sein Das eigne Ich Im Gottes-Ich Erweset; Und du wirst wahrhaft leben Im Menschen-Welten-Wesen.“ Woran Mühe, Leiden und Tod die Menschheit mit zwingender Gewalt mahnen, das soll aus freiem inneren Streben erkannt und erlebt werden von den Menschen, welche zur anthroposophischen Bewegung innerlich gehören wollen. Und diese Erkenntnis wird dann die Seele in einem geistig-moralischen Strom der Allgemeinheit eingebettet sein lassen – und die beengenden Einflüsse des Bodens und des Blutes werden nach und nach ihre Bedeutung verlieren vor der Größe und Tragik des nun zum Bewußtsein kommenden Schicksals der Menschheit in der Welt.
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4. Von der Aufgabe der Geisteswissenschaft in der Welt Die Aufgabe der Geisteswissenschaft In dem vorangehenden Abschnitt wurde auf die Tatsache hingewiesen, daß eine Gemeinschaft, in der geistiges Erkenntnisleben gepflegt wird, eigentlich nicht um ihretwillen, sondern um der Menschheit willen da ist. Ihre wirkliche Daseinberechtigung hat sie nur dann, wenn sie sich als geeignet erweist, der Menschheit und der Welt einen Dienst zu erweisen. Nun darf in diesem Zusammenhang die Frage aufgeworfen werden, welchen Dienst der Menschheit und der Welt die zu Weihnachten 1923 begründete Menschengemeinschaft, deren geistiger Grundstein hier betrachtet wird, zu erweisen hatte? Und im Zusammenhang damit steht die Frage: worin besteht die Aufgabe der Geisteswissenschaft in der Welt überhaupt? Die Gesellschaft, die 1923 durch Rudolf Steiner begründet wurde, war damals in tieferem Sinne so gedacht, wie es die Sprüche der Grundsteinmeditation zum Ausdruck bringen. Wenn man alles über die drei Sprüche der Meditation hier Gesagte in drei Worten zusammenfassen wollte, so wären diese Worte: Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft. In diesen drei Worten ist der gesamte Inhalt der drei Sprüche der Grundsteinmeditation enthalten: - die Allgemeinheit durch das Geist-Erinnern an den Vater, - die Gemeinschaft durch das Geist-Besinnen im Sohne - und die Geisteswissenschaft, als die vom Anthropos im Geist-Erschauen frei aufzunehmende Sophia.
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Wer in der Grundsteinmeditation mit seiner Seele genügend intensiv gelebt hat, wird finden, daß die Worte: „Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft“ selbst einen wichtigen Meditationsstoff ergeben können, der umso wirksamer ist, als in ihm eine ungeheure Summe von geistigen Tatsachen – bis zur Kraft verdichtet – zusammengefaßt ist. Bei der Gesellschaft selbst kam es eben darauf an, diese dreieinige Kraft in die Menschheit und in die Welt ausströmen zu lassen und ein Organ der Ausstrahlung dieser Kraft zu sein. Nun ist aber seitdem vieles anders geworden, und die Frage, auf die es jetzt in erster Linie ankommt, ist die Frage nach der Aufgabe der geisteswissenschaftlichen Bewegung überhaupt, der Menschheit und der Welt gegenüber. Die tragische Situation des neunzehnten Jahrhunderts bestand namentlich darin, daß zwei Welten – die irdische und die geistige – stumm einander gegenüberstanden. Die Begriffe, die auf der Erde von den Menschen entwickelt wurden, waren stumm für die geistige Welt; die Sprache der geistigen Welt, die aus moralischen Tönen gewoben ist, war stumm für das Auffassungsvermögen der irdischen Menschheit. Wohl konnte damals aus der geistigen Welt gewirkt, nicht aber gesprochen werden. Nun war Rudolf Steiner da und schuf eine neue Sprache, welche sowohl auf der Erde in Begriffsform verstanden werden, als auch in der geistigen Welt moralisch ertönen kann. Mit Hilfe dieser Sprache ist nun der Abgrund, welcher die zwei Welten schied, überbrückt worden. Es können jetzt durch das Mittel der neuen Sprache immer mehr Wahrheiten aus der geistigen Welt fließen und es kann andererseits immer mehr Kunde von menschlichen Fragen und Nöten in die geistige Welt hinaufsteigen. Die Verbindung der beiden Welten ist erreicht worden, und insofern hat die Geisteswissenschaft diesen Teil ihrer Aufgabe in der Welt vollbracht.
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Aber das Erreichte ist nur ein Teil der Aufgabe der Geisteswissenschaft in der Welt. Denn auf das Erreichte sollte ein weiteres folgen. So sollte – nach und nach – eine Verwandlung des menschlichen Wortes (als Zusammenfassung der Denk- und Sprechfähigkeit des Menschen) geschehen. Das menschliche Wort ist in der Gegenwart nur noch Übermittler von Gedanken und Vorstellungen. Es berichtet vom Guten, kann aber das Gute selbst nicht übertragen. Die Veränderung, welche mit dem menschlichen Wort zu geschehen hat, besteht eben darin, daß der Gedanke nicht nur das Richtige, sondern auch das Gute in sich als moralische Substanz aufnehme. Dann wird das Wort Träger nicht nur des Sinnvollen, sondern auch des moralisch durchwärmten Sinnvollen werden.
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Das moralische Wort Diese Verwandlung des Wortes zum Träger des Moralischen ist dadurch möglich, daß an Hand der Geisteswissenschaft eine neue Logik erlernt und gepflegt werden kann. Es kann nämlich die formale Logik der logischen Richtigkeit mit einer wesenhaften Logik des moralisch Großen zur Einheit verschmelzen. In der menschlichen Organisation entspräche dieser Vorgang dem Zusammenschwingen von Kopf und Herz. Die Verbindung der höchsten Gedankenklarheit mit dem höchsten moralischen Gewissenston, den das Herz ergeben kann, wird in der Zukunft die überzeugende Kraft besitzen, welche heute dem „Beweis“ zugeschrieben wird. Dann wird das aus dem Haupt geführte, aus dem Herzen gegründete Wort gut werden, d. h. es wird moralisch ebenso bereichernd wirken, wie heute ausgesprochene Gedanken auf das Wissen bereichernd wirken können. Das Wort wird in der Zukunft eine elementare Kraft erhalten, doch wird diese Kraft reine Moralität sein. Der moralische Äther wird sich durch den Menschen zunächst in der Art offenbaren, daß das menschliche Wort moralisch wirksam werden wird. Dieses erfordert gewisse tiefere Veränderungen in der gesamten menschlichen Organisation, und diese Veränderungen bilden eben die weitere Aufgabe der Geisteswissenschaft der Menschheit gegenüber. In dem vierten Spruch der Grundsteinmeditation wird die objektive Zukunftsaufgabe der Geisteswissenschaft ausgesprochen:
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„In der Zeiten Wende Trat das Welten-Geistes-Licht In den irdischen Wesensstrom; Nacht-Dunkel Hatte ausgewaltet; Taghelles Licht Erstrahlte in Menschenseelen; Licht, Das erwärmet Die armen Hirtenherzen; Licht, Das erleuchtet Die weisen Königshäupter. Göttliches Licht, Christus-Sonne, Erwärme Unsere Herzen; Erleuchte Unsere Häupter; Daß gut werde, Was wir Aus Herzen gründen, Aus Häuptern Zielvoll führen wollen.“ Die Worte: „Daß gut werde, Was wir Aus Herzen gründen, Aus Häuptern Zielvoll führen wollen“, sie gelten der anzustrebenden Vereinigung von Kopf und Herz, die als Ergebnis das Gutwerden des vom Menschen nach außen Ausgeströmten bewirken kann.
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Das Erste, was im konkret-geisteswissenschaftlichen Sinne gut werden soll, ist das Menschlichste von allem, was der Mensch nach außen ausströmt: nämlich das Wort. Die Geisteswissenschaft ist in der Welt nicht nur dazu da, um in der Richtung Oben – Unten eine neue Sprache zu schaffen – dieses ist bereits geschehen – sondern um auch eine neue Sprache zu schaffen von Mensch zu Mensch in der Horizontalen. Dieser Aufgabe wirkt die Skepsis entgegen, welche die Möglichkeit des Zwiegespräches zwischen Oben und Unten verneint. Andererseits wirkt ihr der Haß entgegen, welcher die Menschheit in stumm gegeneinanderstehende Gruppen zersplittern will. So geschieht es, daß die Geisteswissenschaft heute an vielen Orten und bei vielen Menschen im wörtlichen Sinne gekreuzigt ist. Das aus Skepsis und Haß gebildete Kreuz zwingt sie zur stummen Unwirksamkeit. Wirksam erweist sie sich aber überall, wo sie als lebendige Sprache aufgefaßt wird, welche einerseits immer neue Erkenntnisse ermöglicht und andererseits Menschen untereinander zu einer Art von Verständigung verhelfen kann, welche mit der Tiefe und Aufrichtigkeit ohne sie nie zu erreichen wäre. Die Grundsteinmeditation bringt die Grundimpulse der Geisteswissenschaft zum Ausdruck, aber sie bringt sie nicht nur zum Ausdruck, sondern enthält sie auch. Da sie eigentlich als Meditation gemeint ist, hat sie auch die Eigenschaft, daß die meditative Arbeit an ihr diese Grundimpulse weckt und stärkt. Was die Arbeit an dieser Meditation in der Seele jedes ehrlich arbeitenden Menschen wecken kann, sind die Kräfte des Glaubens an die Geisteswissenschaft, als Möglichkeit des Verkehrs mit der geistigen Welt und des wahren, menschenwürdigen Verkehrs der Menschen untereinander.
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III. DIE GRUNDSTEINMEDITATION RUDOLF STEINERS ALS OFFENBARUNG DES WAHREN VERHÄLTNISSES VON MENSCH UND NATUR
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Vorbemerkung Die vorliegende Arbeit schließt die Betrachtungen der Grundsteinmeditation Rudolf Steiners ab. In den zwei vorangegangenen Arbeiten ging es um das Verhältnis des Menschen zur göttlich-geistigen Welt und um das Wesen der menschlichen Gemeinschaft. Hier wird es sich nun um das Verhältnis des Menschen zu den Reichen der Natur handeln. Es wird somit an Hand der Grundsteinmeditation die uralte Grundfrage Beleuchtung finden, die in den „einfachen“ Worten der Überlieferung als diejenige nach dem Wesen und Verhältnis von „Gott, Mensch und Natur“ aufgefaßt werden kann. Wie die vorangehenden zwei Schriften, so richtet sich auch diese kleine Schrift an Menschen, die nicht nur im Besitz des Textes der Grundsteinmeditation sind, sondern auch von diesem Besitz einen geistig-moralischen Gebrauch machen wollen.
Rotterdam, 1939
Der Verfasser
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1. Der »Stein« der Grundsteinmeditation Der Mensch als Begriff der Naturreiche Die vor dem Menschen ausgebreitete Natur mit ihren drei Reichen stellt ein großes Wahrnehmungsbild dar, das an den Menschen die Forderung stellt, es durch einen umfassenden Begriff zu ergänzen. Denn im Sinne der „Philosophie der Freiheit“ Rudolf Steiners ist keine Wahrnehmung ohne den zu ihr gehörenden Begriff eine Wirklichkeit: zur Wirklichkeit wird sie nur, wenn sie nicht nur als Erscheinung für das Wahrnehmungsvermögen auftritt, sondern wenn sie auch mit dem Begriffsvermögen begriffen wird. Dieses gilt auch für die große umfassende Wahrnehmung, die als „Natur“ bezeichnet wird. Sie ist keine Wirklichkeit, solange ihr nicht die andere Hälfte – nämlich diejenige des Begrifflichen – hinzugefügt wird. Es muß ein Begriff hinzugefügt werden, der alle Einzelheiten des Naturdaseins in sich umfassen sollte. Dieser Begriff sollte so sein, daß alle Substanzen, Kräfte und Wesen der Reiche der Natur nicht eine wortmäßige und abstrakte, sondern eine wirklichkeitsgemäße und konkrete Zusammenfassung in ihm fänden. Nun braucht aber dieser Begriff der Natur nicht erst ausgedacht zu werden, weil er schon vorhanden ist. Er ist vorhanden – nicht als abstrakte logische Formel, sondern als konkrete lebendige Wirklichkeit in der Welt. Der zu der Natur gehörende, sie zusammenfassende Begriff ist als Schöpfung der Götterlogik da. Man betrachte unter diesem Gesichtspunkt z. ß. das erste Kapitel der Genesis in der Bibel. Da wird man wohl darauf kommen, warum – nachdem Wärme, Luft, Wasser und das Feste geschaffen und von Pflanzen „entsprechend ihrer Art“ und von Tieren der Luft, des Wassers und der Erde „entsprechend ihrer Art“ bevölkert wurden – der Satz der Götterlogik dort zu finden ist:
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„Lasset uns schaffen den Menschen nach unserem Bilde und nach unserem Gleichnis; damit sie herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.“ Denn der Mensch ist der „Begriff“ der Natur, der alle Reiche und Wesen der Natur in sich, in einer höheren Einheit, begreift. Das biblische „Herrschen“ ist eigentlich nicht als Gewalthaben, sondern als „umfassendes und in sich begreifendes Vertreten“ der Natur durch den Menschen zu verstehen. Denn der Mensch ist die Zusammenfassung der Reiche und Wesen der Natur zur bewußten Einheit: er ist der durch die Götter geschaffene lebendige „Begriff“ der lebendigen Wahrnehmung „Natur“. Damit ist er aber auch der Sinn der Natur; wie Buchstaben, die kein Wort zum Ausdruck bringen, keinen Sinn haben, so hätte die Natur keinen Sinn, wenn sie sich nicht durch den Menschen „aussprechen“ ließe. Und sie „spricht“ sich durch den Menschen so aus, daß die einzelnen Glieder der menschlichen Wesenheit die einzelnen Naturreiche zusammenfassen. Würde der menschliche Ätherleib seine zusammenhaltende Kraft verlieren und auseinanderfallen, so entstünde aus den Stücken des gleichsam explodierten Ätherleibes das gesamte Tierreich.* Geschähe dasselbe mit dem menschlichen astralischen Leibe, so käme aus seinen Bruchstücken die gesamte Pflanzenwelt zum Vorschein; eine Explosion der Ich-Wesenheit brächte aber das gesamte mineralische Reich noch einmal zur Erscheinung.
* Vgl. Rudolf Steiner „Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste“ (GA 167, Berlin 25. April 1916)
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Dieser Tatbestand, auf welchen Rudolf Steiner hingewiesen hat, bedeutet aber, daß der menschliche Ätherleib der „Begriff“ der Wahrnehmung „Tierreich“ ist und daß der menschliche astralische Leib und das menschliche Ich die „Begriffe“ sind für die Reiche des Pflanzlichen und des Mineralischen. Dieses ist nichts anderes, als in geisteswissenschaftlicher Begriffsform dasselbe zum Ausdruck bringen, was in der Genesis in Bildform zum Ausdruck gebracht ist, indem dort die Worte stehen: „Lasset uns schaffen den Menschen nach unserem Bilde und nach unserem Gleichnis; damit sie herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über die ganze Erde und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht.“ (1. Mose 1. 26)
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Die Verantwortung des Menschen gegenüber den Naturreichen Nun hat aber die Tatsache, daß der Mensch der „Begriff“ der Naturreiche ist, auch noch die Bedeutung, daß er die gesamte Verantwortung für diese Naturreiche in sich begreift. Er hört damit auf – was so viel und so oft geschieht – sich selbst gleichsam als seine eigene „private Angelegenheit“ zu betrachten: betrachtet er sich der geistigen Welt gegenüber als Vertreter der gesamten Natur, so wird er auch zu der moralischen Einsicht kommen, daß er auch die geistige Welt der Natur gegenüber zu vertreten hat. Denn indem der Mensch die Natur vertritt, vertritt er auch ihr Schicksal, d. h. er ist für ihr Glück und Unglück verantwortlich. Ihr Glück und Unglück sind aber davon abhängig, ob sie mit der geistigen Welt verbunden oder von ihr getrennt ist. Sie kann aber mit der geistigen Welt nur durch den Menschen verbunden sein; eine eigene Verbindung besitzt sie nicht. Der Mensch ist das einzige Bindeglied zwischen der Natur und der geistigen Welt, denn das Natur-Bewußtsein verläuft in der Horizontalen, während der Mensch in seinem Bewußtsein befähigt ist, die Vertikale der Verbindung mit der geistigen Welt aufzurichten. Tut er es, so nimmt er sowohl am Leben der Natur, als auch am Wirken der geistigen Welt teil. Als „Begriff“ der Natur enthält er in sich die drei Naturreiche; als „Ebenbild“ und „Gleichnis“ der Götter nimmt er das Denken, Fühlen und Wollen der Götter auf. Es ist dann so, daß der Mensch in der Vertikalen den „Begriff“ der Natur in die geistige Welt hinaufhebt – da wird der „Begriff“ des Untersten zum Höchsten, so daß er in seinem Ich der geistigen Welt gegenüber das Mineralreich vertritt, in seinem astralischen Leib das Pflanzenreich und in seinem Ätherleib das Tierreich; das eigene Menschenreich vertritt er der geistigen Welt gegenüber im physischen Leib.
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Andererseits ist er in der horizontalen Richtung, d. h. in seinem Verhältnis zur Natur, so mit der Natur verbunden, daß sein physischer Leib das Mineralreich in sich trägt, sein Ätherleib enthält in sich die Lebenskräfte des Pflanzenreiches und sein Astralleib ist mit dem Tierreich verbunden. Die folgende schematische Zeichnung bringt das Verhältnis des den „Himmel und die Erde“ verbindenden Menschen zu den Reichen der Natur, sowohl in der Horizontalen des „natürlichen“ Menschen, als auch in der Vertikalen des „geistigen“ Menschen, zum Ausdruck *:
* Es wird hier der aufmerksame Leser der geisteswissenschaftlichen Literatur die Lösung eines der vielen scheinbaren „Widersprüche“ finden, die in den Werken und Vorträgen Rudolf Steiners so oft vorkommen. Hier handelt es sich um den „Widerspruch“, der zu bestehen scheint zwischen den Aussagen R. Steiners über das Verhältnis des Menschen zu den Naturreichen, die z.B. im Zyklus „Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste“, (CA 167, Berlin 25.April 1916) und z.B. im Buche „Die Geheimwissenschaft im Umriß“ (GA 13) zu finden sind.
Die vertikale Linie dieses Schemas ist die Linie der zu der geistigen Welt im Menschen sich erhebenden „Begriffe“ der Naturreiche, während die horizontale Linie das Beteiligtsein des Menschen an der Natur, d. h. sein Verhältnis zu ihr als Naturwesen, bedeutet.
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So kann auch begriffen werden, daß der Mensch z.B. einerseits die mineralischen Substanzen in sich aufnimmt, um seinen physischen Leib aufzubauen, und daß er andererseits in seinem Ich den Begriff alles Mineralischen der geistigen Welt gegenüber darstellt. Aus diesem Grunde hat man seit uralten Zeiten von dem menschlichen Ich als von dem „wahren Stein“ gesprochen. Die Apokalypse bezeichnet es z.B. als den „weißen Stein, auf dem der neue Name geschrieben steht, den niemand weiß, außer dem, der ihn empfangen hat“ (Off. 2, 17). Im Mittelalter sprach man von einer bestimmten hohen Stufe der IchEntwicklung als von dem „Stein der Weisen“. In der Schrift des Valentin Andreae über „Die Chymische Hochzeit des Christian Rosenkreutz“ wird die Stufe des sonnenhaft gewordenen Ichs als „Rittertum des goldenen Steines“ bezeichnet (Op. cit. 7. Tag). So bezeichnet auch Rudolf Steiner den in der geisteswissenschaftlichen Bewegung anzustrebenden Zustand des menschlichen Ichs als „den Stein, der in der Form des Dodekaeders“ in den Seelen der diese Bewegung vertretenden Menschen gegenwärtig zu sein hat. Dieser „Stein“ ist der Grundstein der Bewegung. Und die Grundsteinmeditation ist die Meditation, durch welche und mit welcher der Grundstein als solcher aufgebaut und erlebt werden kann.
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2. Der dodekaedrische Stein als Aufgabe des Menschen und als Hoffnung der mineralischen Welt Die Stufen der Meditation Wenn man z. B. die von Rudolf Steiner in der „Geheimwissenschaft im Umriß“ charakterisierte Meditation über das Rosenkreuz praktisch anzuwenden sich entschließt, so wird man auch – schon in einer verhältnismäßig kurzen Zeit – die Erfahrung machen, daß es bestimmte Schwierigkeiten gibt, um die drei Stufen jener Übung zu erreichen. Man wird erleben, daß schon die erste Stufe – diejenige der Konzentration auf das selbstgeschaffene Sinnbild des Rosenkreuzes – die Überwindung des Hanges zum Schweifen der Gedanken und Vorstellungen fordert. Bei der zweiten Stufe – da, wo es darauf ankommt, das selbstaufgebaute Bild auszulöschen und sich nur auf das bildlose Erleben dessen, was die eigene Seele beim Aufbau und in der Versenkung in das Sinnbild erlebt hat, zu konzentrieren – hat man es nicht nur mit dem Schweifen des Vorstellungslebens, sondern auch mit der sich einstellenden Dumpfheit des Bewußtseins zu tun. Werden dann auch die für die dritte Stufe der meditativen Versenkung angegebenen Bedingungen erfüllt, d. h. löscht man auch das eigene Seelenerleben aus, so daß man einen vollständig gegenstandslosen Bewußtseinszustand erreicht, erlebt man zunächst die Unfähigkeit des Bewußtseins, sich irgendeine Regung selbst zu geben, wenn die Stützen der Wahrnehmung, der Gedanken, der Bilder und der Gefühlserlebnisse verlassen wurden. Denn da gilt es, aus sich selbst, durch sich selbst und in sich selbst innerlich einen Inhalt zu schaffen, der unabhängig von Erinnerungen, Bildern, Gedanken und Gefühlen ist. Und man erlebt eben zunächst, daß man dessen unfähig ist.
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Diese Unfähigkeit erlebt man aber nicht bloß als Dumpfheit, sondern als Erstarrung des Bewußtseins: so unfähig einer Regung – wie ein erstarrter Stein – ist zunächst das Bewußtsein. Die Dumpfheit aber, der man auf der zweiten Stufe der Übung begegnet, erlebt man wie eine Art „Vegetieren“ des Bewußtseins. Das Schweifen jedoch, das man auf der ersten Stufe zu bekämpfen hat, läßt sich am besten mit dem in Trieben verlaufenden Seelenzustand der Tiere vergleichen: wie das Tier aus den Tiefen des Unterbewußtseins zu Bewegungen getrieben wird, so wird die Konzentration durch treibende Rastlosigkeit oder in den Schlaf führende Erschlaffung des Innenlebens gehindert. So kann man schon verhältnismäßig früh an Hand der ehrlichen Bemühungen in der Meditation die Erfahrung machen, daß der Mensch zunächst nur mit all den Stützen sich als Mensch erlebt, die ihm der physische Leib gewährt, daß er dagegen beim Aufstieg in den Ätherleib (d. h. bei der ersten Stufe der Meditation) um soviel passiver wird, wie ein Tier in seinem Bewußtsein passiver als der Mensch ist. Beim Aufstieg zum Erleben im astralischen Leib (was der zweiten Meditationsstufe entspricht) wird er in seinem Bewußtsein um noch eine Stufe passiver – und zwar um soviel passiver, wie eine Pflanze passiver als ein Tier ist. Versucht aber der Mensch sich in seinem Ich – frei von seiner gesamten dreigliedrigen Leibesorganisation – zu erleben, so erstarrt sein Bewußtsein gleich einem unbeweglichen Mineral. Nun kann sich der Meditant aber sagen: ich besitze ein bestimmtes Maß von Kräften; sie reichen dazu aus, um mich im physischen Leib vollbewußt als Mensch zu erleben – für das Erleben mit derselben Bewußtseinsklarheit in den höheren Gliedern meiner Wesenheit reichen sie nicht aus. Ich muß sie mir eben durch Übung aneignen. Zu diesem Zweck sollen eben meine Bemühungen in der Meditation dienen.
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Eine solche Auffassung ist durchaus vernünftig und berechtigt, aber sie ist insofern ungenügend, als sie sich mit einer verhältnismäßig oberflächlichen Art der Beantwortung der Frage nach dem Grund der erfahrenen Unfähigkeit des menschlichen Bewußtseins, sich in voller Klarheit in den höheren Gliedern der menschlichen Wesenheit zu erleben, begnügt. Denn ein „Mangel an Kräften“ ist noch kein wirklicher Grund, da er doch seinerseits auch eine Ursache haben muß. Wenn der Mensch ein Teil des Weltenseins ist – und das ist er, der Mikrokosmos – so sollten doch in diesem Teil des Weltenseins alle Kräfte des letzteren gegenwärtig sein, und wenn es ihm an bestimmten Kräften mangelt, so sollte auch die Frage gestellt werden, warum sie ihm mangeln. Stellt man aber diese Frage, dann kommt man auch dazu, den Hang zum Schweifen im Bewußtsein, seine Dumpfheit und Erstarrung nicht bloß vom Standpunkt der Abwesenheit der (noch zu erringenden) Kräfte, sondern auch vom Standpunkt der Anwesenheit anderer, den Aufstieg hindernder Kräfte, zu beurteilen. Später wird man nach und nach erfahrungsgemäß darauf kommen, daß der scheinbare „Mangel“ an Bewußtseinskraft durch wirkende Kräfte moralischer Art verursacht wird. Denn der Zustand der Erstarrung des Bewußtseins ist kein natürlicher: er ist die Folge der Wirkung einer Erstarrung bewirkenden Macht. Dieser Macht begegnet der Geistesschüler bei seinen Bemühungen des Aufstiegs in seinem Inneren; aber er begegnet ihr auch in der Außenwelt. Im Inneren begegnet er der Macht der Erstarrung, wenn er die Stufe der zur Intuition führenden Übung erreichen will; im Äußeren erkennt er sie wieder in dem Zustand, in welchem sich die gesamte Welt des Mineralischen befindet. Und es gehört zu den ersten bedeutenden objektiven Intuitionserkenntnissen: die Intuition der Einheit der Macht der Erstarrung in ihrer Wirkung, sowohl im menschlichen Inneren, als auch in dem gesamten Reich des Mineralischen. Als gebundener, erstarrter Wille erscheint dann die Welt des Mineralischen – jener Wille, der einst aus den Geistern des Willens, den Thronen, während der alten Saturnentwicklung ausströmte und ursprünglich ganz regsame Wärme war.
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Mikrokosmos und Makrokosmos In der „Geheimwissenschaft im Umriß“ von Rudolf Steiner liest man u. a. auch eine kurze Charakterisierung der fünften Stufe des „rosenkreuzerischen Erkenntnisweges“, nämlich von der Stufe des Bewußtsein Werdens der Entsprechungen zwischen dem Mikrokosmos und dem Makrokosmos. Nun werden diese Entsprechungen nicht dadurch erkannt, daß man sich bloß die Frage stellt: was entspricht z. B. meiner Leber im Makrokosmos?, sondern dadurch, daß man durch die Bemühungen um die Intuitionserkenntnis dazu geführt wird, sich kosmisch-moralischen Verantwortlichkeiten gegenübergestellt zu finden. So führt z.B. die noch elementare Erkenntnis der wesenhaften Erstarrungsmacht im menschlichen Inneren zu der Erkenntnis der Aufgabe des Menschen gegenüber der im Makrokosmos wirkenden Erstarrungsmacht: der Mensch erkennt, daß in seinem Inneren diejenige Macht überwunden werden muß, die die gesamte Welt des Mineralischen im Zauber der Erstarrung hält. Damit sieht der Mensch einen „Zusammenhang“ zwischen dem Mikrokosmos und dem Makrokosmos ein; aber er sieht ihn nicht als bloßen Gedankenzusammenhang ein, sondern durch den Willen, als Aufgabe und Verantwortlichkeit des menschlichen Willens der Welt gegenüber. In ähnlicher Art gelangt man überhaupt zu allen wirklichen Erkenntnissen des „Zusammenhanges von Mikrokosmos und Makrokosmos“: es erwacht eine neue Schicht des schlafenden Willens im Menschen und wird dann einer ihr entsprechenden moralischen Pflicht in der großen Welt gewahr. So gelangt man auch durch die Erkenntnis der Macht der Erstarrung im eigenen Inneren zu einer bestimmten Erkenntnis eines „Zusammenhangs zwischen dem Mikrokosmos und dem Makrokosmos“: man erwacht in seinem Bewußtsein für die Aufgabe des Menschen, das Mineralreich von dem Zauberbann der Erstarrung dadurch zu erlösen, daß dieser Zauberbann im Menschen, dem das Schicksal der Natur anvertraut worden ist, überwunden werde und diese Überwindung sich dann auf karmischem Wege auf die Natur ausbreite.
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Wenn daher Rudolf Steiner in der „Geheimwissenschaft“ (27. Aufl. 1962, S. 412) die knappen Sätze ausspricht: „Und nach einem Zwischenzustande, der wie ein Aufenthalt in einer höheren Welt sich darstellt, wird sich die Erde in den Jupiterzustand verwandeln. Innerhalb dieses Zustandes wird es das nicht geben, was jetzt Mineralreich genannt wird; die Kräfte dieses Mineralreiches werden in pflanzliche umgewandelt sein. Das Pflanzenreich, welches aber gegenüber dem gegenwärtigen eine ganz neue Form haben wird, erscheint während des Jupiterzustandes als das niederste der Reiche.“ – so enthalten diese Sätze nicht nur eine Welt von Tatsachen, sondern auch die erste große kosmische Aufgabe (d. h. eine Erkenntnis des „Zusammenhangs von Mikro- und Makrokosmos“) der Menschheit: nämlich durch die Überwindung der Macht der Erstarrung im eigenen Inneren die Erlösung des Mineralreiches von dem Zauberbann jener Macht zu bewirken. Was ist nun die Überwindung der Erstarrungsmacht im menschlichen Inneren? Wie soll das menschliche Ich werden, um dessen fähig zu werden? – Es muß das Ich des Menschen aus einem „Stein“, der auf dem physischen Leib, Ätherleib und astralischen Leib beruht und in sich selbst ruht, d. h. aus einem „Würfel“, der von vier Seiten her bestimmt wird, zu einem lebendigregsamen „Stein“ werden, der ganz erwachter Wille ist, der einen Brennpunkt für die zwölf kosmischen Kräfte darstellt. Der ruhende „Würfel“ soll zu einem strahlenden „Dodekaeder“ werden – dieses ist die geistig-realistische Formel für das Wie und Was der Überwindung der Erstarrung im menschlichen Ich. Sie bedeutet die Aufgabe, daß das Ich im moralisch-geistigen Sinne für die Impulse des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes in Bezug auf Leib, Seele, Geist und Persönlichkeit erwache. Diese zwölf „Richtungen“ für das Erwachen des Ichs sind in der „Grundsteinmeditation“ Rudolf Steiners enthalten, denn diese Meditation besteht aus vier Sprüchen, von welchen jeder den vier Grundimpulsen des Guten – dem Vater, dem Sohn, dem Geist und der Persona (oder Christus nachdem Er Jesus Christus gewesen war) – gewidmet ist und jeder zugleich sich auf Leib, Seele und Geist bezieht.
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In diesem Sinne ist in dieser Meditation der „Grundstein in der Form des Dodekaeders“ enthalten, und in diesem Sinne hat diese Meditation die Bedeutung, das Ich des Menschen aus einem „Würfel“ in einen „Dodekaeder“ zu gestalten, d. h., es in der Richtung nach der zukünftigen Jupiterentwicklung zu fördern. Damit hat aber auch die Arbeit an der Grundsteinmeditation nicht nur die Bedeutung des Sich-Entwickelns im Sinne der Pflege seiner eigenen Wesenheit, sondern namentlich die Bedeutung des Hinarbeitens in die Richtung auf Befreiung der mineralischen Welt von dem Unglück der Erstarrung.
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3. Die Arbeit an dem dodekaedrischen Stein und die zukünftige Erlösung des Mineralischen Die Gefahren im Okkultismus Es wird seit sehr alten Zeiten im Okkultismus von drei Gefahren gesprochen, denen der Geistesschüler als Opfer anheimfallen kann: von den Gefahren des spirituellen Egoismus, des geistigen Pessimismus, der zum Materialismus führt, und des Fatalismus. Diese drei Gefahren, welche namentlich diejenigen Menschenseelen bedrohen, die sich auf die geistige Schülerschaft eingelassen haben, entstehen aus dem Hang der menschlichen Seele nach Einseitigkeit, d. h. aus dem Hang, sich mit der gewonnenen Ansicht der einen Seite der Welt zu begnügen und damit zufrieden zu sein. So kann es z. B. geschehen, daß der Mensch die Realität des Geistes in seiner Seele erlebt; er kann infolge dieses Erlebens zu der Anschauung kommen, daß es im Leben namentlich darauf ankommt, dieses Erlebnis so oft und so lange als möglich zu haben. Die Folge dieser Anschauung ist aber die, daß der Mensch allmählich von der Liebe zum Geist, als Licht der Wahrheit, zur Liebe zum Genuß des Erlebens dieses Geistes durch sein Selbst kommt. Dadurch wird aber ein Egoismus hochgezogen, der viel gefährlicher ist, als der Egoismus im gewöhnlichen Menschenleben. Denn der letztere wird beständig durch das Leben selbst korrigiert und in Schranken gehalten: man kann z. B. im Leben nicht hundertprozentiger Egoist sein und dabei die Pflichten eines Berufes erfüllen. Anders ist es aber mit dem „spirituellen Egoismus“, der auf die oben angedeutete Art entstanden ist. Er wird durch nichts korrigiert und kann schrankenlos ins Unermeßliche wachsen. Denn auf diesem Gebiet gelten nur die Pflichten und Aufgaben, die die Seele sich selbst gibt.
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Stellt sie sich aber keine Forderungen zur Selbstlosigkeit, so gibt es auch keine Schranken für das Wachstum ihres Egoismus, d. h. für den alles Menschheitsunglück und die Menschheitsaufgaben vergessenden Hang, das „Innenleben zu pflegen“. Da mögen Unglück und Not von draußen her mit Posaunengewalt tönen: die Seele, die in der „Pflege des Innenlebens“ aufgegangen ist, wird ihnen gegenüber taub sein. So wird das einseitige und ausschließliche Betonen des Geistes zum egoistischen Mystizismus. Das einseitige und ausschließliche Betonen des Sohnes aber kann zur Quelle für eine andere Gefahr werden. Es kann nämlich die Seele dazu führen, daß sie sich sagt: ob der Mensch viel oder wenig weiß, das ist nicht das Wesentliche. Das Wesentliche ist, daß er gut sei. Nun ist es aber im Leben allzuoft so, daß diejenigen, die viel wissen, eigentlich nicht besser sind, als die anderen, die wenig wissend sind. Ja, sogar das Gegenteil kann oft erlebt werden: die unwissenden „einfachen“ Seelen besitzen oft in höherem Maße Güte, als solche, die voll von geisteswissenschaftlichen Gedanken und Gesichtspunkten sind. Es kann die Seele durch solche – oder ähnliche – Gedanken dazu kommen, daß sie die Moralität, die Güte als etwas von der Weltanschauung Unabhängiges zu betrachten sich gewöhnt. Dann ist nur ein Schritt zu tun, um zu einer „weltanschauungsfreien Moral“ zu gelangen – zunächst in den Anschauungen, dann aber auch in der Praxis. Ihre Überzeugung wird dann schließlich die sein, daß es nur auf Taten ankommt – und da der eigentliche Bereich der Taten die physische Welt ist, so ist es auch die Welt, auf die es allein ankommt. So wird das pessimistische Verhältnis dem reinen Erkenntnisleben gegenüber zur weltanschauungslosen Moral, die ihrerseits in der Praxis zum Vergessen der geistigen Welt, d.h. zum Materialismus, führt. Die einseitige und ausschließliche Einstellung der Seele auf das Vater-Prinzip schafft in der Seele die Gewohnheit, stets eine übergeordnete Macht in der Welt zu empfinden – welche Gewohnheit dann dazu führt, daß die Seele sich auch nach und nach gewöhnt, alle Verantwortlichkeit für alles, was geschieht und was nicht geschieht, dieser Macht allein zuzuschreiben.
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Sie verliert allmählich das Bewußtsein der eigenen Verantwortlichkeit im Zustandekommen der Ereignisse des Schicksals. Je stärker sie eine „Allmacht“ anerkennt, desto stärker wird in ihr selbst ihre eigene Ohnmacht, welche auf dem Gebiet des Moralischen zur Verantwortungslosigkeit wird und auf dem Gebiet des Weltanschaulichen als Fatalismus bezeichnet werden kann. So wird die einseitige, auf eine Richtung hin erstarrende Einstellung der menschlichen Seele in ihrem Verhältnis zum Geist, zum Sohn und zum Vater zu folgenschweren Irrtümern; sie wird aber mit der Zeit – wenn sie die Reife des Wirkens bis auf den Ätherleib erreicht – zur Krankheit, zur seelischen Pathologie. Was hier im Zusammenhang mit den allerwesentlichsten Grundtatsachen des geistig-moralischen Lebens gesagt wurde, gilt aber im Grunde genommen überhaupt für alle Anschauungen, die man über Leben und Tod, Schicksal und Geschichte haben kann. Denn jede Idee, wie richtig und erhaben sie auch sei, die nicht zu einer anderen Idee eine Brücke darstellt, sondern für sich als etwas Endgültiges für eine lange Zeit stehen bleibt, wird mit Notwendigkeit zu einer „idee fixe“. Und zwar wird sie zuerst zu einer Monotonie der Betrachtungsweise des Menschen, dann zur Interesselosigkeit anderen Ideen und Gesichtspunkten gegenüber, dann zur Unduldsamkeit und moralischen Engherzigkeit, um zuletzt zur pathologischen Erscheinung einer fixen Idee zu werden. So war z. B. die Idee des „Willens zur Macht“ bei Friedrich Nietzsche schon dicht an der Grenze des Pathologischen einer fixen Idee: das Erklären-Wollen aller Erscheinungen des geistigen und moralischen Lebens durch den „Willen zur Macht“ – ohne Berücksichtigung der zum mindesten noch elf anderen Gesichtspunkte – ist schon an sich (allerdings subtile und „unoffizielle“) Pathologie.
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Ähnlich ist auch die Betrachtungsart des menschlichen Seelenlebens, die durch Sigmund Freud eingeführt wurde, ebenfalls auf dem Wege zum Pathologischen: das Erklären-Wollen aller Seelenerscheinungen durch das Sexuelle trägt schon an sich die Zeichen einer fixen Idee. Es kann aber in diesem Sinne, wie gesagt, jede Anschauung, jede Idee zur Krankheit werden, wenn sie weder inhaltlich vertieft, noch als Glied einer Reihe von anderen Ideen aufgefaßt wird. So kann ein starres Stehenbleiben bei der Wahrheit, welche im Evangelium zum Ausdruck gebracht ist: Niemand ist gut, als Gott allein, zunächst zur Bescheidenheit führen, dann aber eine Art „Minderwertigkeitskomplex“ im Bewußtsein der Seele bewirken. Andererseits kann die entgegengesetzte Formel des Evangeliums: Seid vollkommen, wie euer Vater im Himmel vollkommen ist, zunächst Mut bewirken, dann aber eine Art „Größenwahn“ im Bewußtsein der Seele hervorrufen. Wenn dagegen diese beiden entgegengesetzten Wahrheiten im Bewußtsein – gleichzeitig, oder unmittelbar aufeinander folgend – leben, dann besteht keine Gefahr im Sinne der krankmachenden Wirkungen einer fixen Idee.
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Die zwölf Offenbarungsströme des Tierkreises Der geistige Hintergrund dieser Tatsache ist das Verhältnis des menschlichen Bewußtseinslebens zum Tierkreis: die zwölf Konstellationen der Fixsterne, welche den Tierkreis bilden, sind gleichzeitig übersinnliche „Offenbarungsströme“, von welchen jeder die Welt in einem besonderen Licht zeigt. Bleibt der Mensch für lange Zeit in einem „Zeichen“ des Tierkreises stehen, so wird der Gesichtspunkt, die Anschauungsweise, die der Konstellation jener Fixsterne entspricht, zur fixen Idee. Damit der Mensch nicht zu fixen Ideen komme, muß er in seinem Bewußtsein durch die Fixsterne wandern: er darf der erstarrenden Wirkung der erstarrten Fixsternkonstellationen nicht anheimfallen, sondern muß seine innere Beweglichkeit beibehalten. Diese innere Beweglichkeit ist eben jene Kraft, welche die auf der dritten Stufe der Meditation zunächst erlebte Erstarrung überwindet. Die Erstarrung, die so überwunden wird, ist dieselbe Kraft, welche im Kosmos die Erstarrung der sinnlich-wahrnehmbaren Sternenwelt bewirkt und welche auf Erden das mineralische Reich in Erstarrung hält. Wenn der Mensch fähig ist, durch den Kreis der Grundideen des Kosmos sich zu bewegen, dann überwindet er die erstarrende Wirkung der Fixsternkonstellationen und lebt mit der geistigen Offenbarung, welche durch den Tierkreis wirkt. Denn zweierlei Wirkung geht vom Tierkreis aus: eine erstarrende – von den Fixsternen, und eine offenbarende – von den Wesenheiten des Tierkreises. Die eine hat der Mensch zu überwinden, der anderen aber sich erkennend zu öffnen, indem er sich durch den gesamten Tierkreis zu bewegen lernt.
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Die Überwindung der Erstarrung Um dieses tun zu können, muß er die Welt nicht bloß von einer Seite, sondern von zwölf Seiten betrachten lernen. Seine Ich-Wesenheit muß fähig werden, zwölf verschiedenartige Erkenntnis-Bewegungen auszuführen. Hat sie es gelernt, so ist damit die Erstarrungskraft im IchBewußtsein überwunden: es ist dann ein Stück der Welt vorhanden, wo die Erstarrung, welche die Sternenwelt und die Welt des Mineralischen beherrscht, überwunden ist. Es ist der Anfang jener Überwindung, welche, vom menschlichen Inneren ausgehend, dann die objektiven äußeren Veränderungen in der Natur hervorrufen wird, die während des zukünftigen Jupiter-Daseins vorhanden sein werden: wenn es kein Mineralreich im Sinne der erstarrten und unbeweglichen Massen mehr geben wird. Die Kraft des Ichs, sich von Anschauung zu Anschauung durch die zwölf „Zeichen“ des Tierkreises zu bewegen, wurde in alter Zeit als die Kraft des der „Erkenntnis“ übergeordneten „Glaubens“ bezeichnet Denn während der Vorgang der Erkenntnis darin besteht, eine Anschauung zu erlangen, so ist der „Glaube“ das übergeordnete Vermögen, von jener Anschauung zu anderen Anschauungen übergehen zu können. Er ist die Kraft des Ichs, „Wanderer“ durch den Kreis der Erkenntnisse zu sein. Und diese Kraft des „Glaubens“ ist es, die das Mineralische in der Zukunft von dem Zauberbann der Unbeweglichkeit erlösen wird. Darum konnte im Evangelium gesagt werden, daß ein Senfkorn Glauben es möglich mache, die Berge in Bewegung zu setzen (Matth. 17, 20).
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„Persona“ als das neue Ideal der Welt Der Anfang der Erfüllung der Erlösungsmission der Menschheit den erstarrten Reichen des Mineralischen gegenüber ist die Überwindung der Erstarrung im eigenen Bewußtsein: der „Stein“ muß zum Dodekaeder werden, in dem alle zwölf Strömungen des Kosmos wirksam gegenwärtig sind. Und um einen Anfang für diesen Anfang zu machen, wurde die Grundsteinmeditation durch Rudolf Steiner gegeben. Denn die Grundsteinmeditation ist so aufgebaut, daß sie nicht nur vor den Gefahren der Einseitigkeit und der fixen Idee schützt, sondern auch die Seele des Menschen veranlaßt, das Sein von zwölf Seiten her zu betrachten und zu erleben. Sie enthält in sich in ungeheurer Zusammenfassung den Weg der „Wanderung durch den Kreis der Zwölf“. Ihre vier Sprüche enthalten jeder den leiblichen, seelischen und kosmisch-geistigen Aspekt der vier Grundprinzipien der Welt. Und zwar handelt es sich bei dem ersten Spruch um das Vater-Prinzip, das sich im Gliedmaßensystem des Leibes durch das Geist-Erinnern der Seele auf dem Wege der ersten Hierarchie offenbart. Bei dem zweiten Spruch ist es das Sohnes-Prinzip, das im rhythmischen System des Leibes durch das GeistBesinnen der Seele in der Wirksamkeit der zweiten Hierarchie erlebt wird; der dritte Spruch bringt dagegen das Geist-Prinzip im Haupte des Leibes durch das Geist-Erschauen der Seele als weckende Wirkung der dritten Hierarchie zum Ausdruck. Nun ist aber das Göttliche der Welt mit dem Vater, Sohn und heiligen Geist nicht erschöpft: es wirken diese drei ewigen Wesenheiten der Gottheit, um ein Viertes in der Welt zustande zu bringen. Denn wie der alte Saturn das Stadium des Werdens der Welt war, das namentlich im Zeichen des Vaters stand, und wie die alte Sonne und der alte Mond namentlich die Wirkung des Sohnes und des Geistes, die zu der Wirkung des Vaters hinzukamen, bedeuteten, so bedeutet das vierte Stadium der Weltentwicklung, die eigentliche Erdenentwicklung, das Entstehen einer werfen Wesenheit des Ewig-Guten.
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Von diesem kosmischen Geheimnis haben die alten Rosenkreuzer wohl gewußt: in ihren Symbolen und Figuren stellten sie deswegen das Ewig-Gute oft als eine Vierheit dar, wo neben dem Vater, dem Sohn und dem heiligen Geist noch „Persona“ oder „Jesus Christus“ erwähnt wurde. In der „Persona“ (Persönlichkeit) erblickten sie das vierte Prinzip des Guten, das das Neue dieser Weltentwicklung im Verhältnis zu den drei vorangehenden Welten ist. Für sie war der durch den Kreuzestod und durch die Auferstehung hindurchgegangene Jesus Christus etwas Neues in der Welt, das nicht mehr bloß der Sohn war und auch nicht bloß die Christuswesenheit, wie sie in alten Zeiten als kosmische Sonnenwesenheit bekannt war, sondern eben Jesus Christus, das Ur- und Vorbild der Persönlichkeit, welche das Göttliche mit dem Menschlichen in sich zur Einheit verbunden hat. Und diese Einheit, welche die Rosenkreuzer als „Persona“ bezeichneten, ist das Ideal – das neue Ideal der Welt, das sowohl für die Wesenheiten der geistigen Hierarchien als auch für die Menschheit gleichzeitig als solches gilt. Diesem vierten Göttlichen der Welt ist der werte Spruch der Grundsteinmeditation gewidmet, der Zusammenfassung des gesamten Leibes für Taten aus Haupt und Herz, der gesamten Seele, welche die Offenbarung der Gesamtheit der geistigen Hierarchien zum Inhalt der Persönlichkeit gemacht hat. Die praktische Übung der Grundsteinmeditation hat somit die Bedeutung der Übung im „Wandern durch die zwölf Gesichtspunkte“ des Kreises. Sie bewirkt diejenige innere Beweglichkeit der menschlichen Ich-Wesenheit, durch welche die Kraft der Erstarrung zunächst im menschlichen Inneren überwunden wird, um sie dann – auf den Wegen des Karmas – auch in der Natur zu überwinden, d. h., die Erlösung des mineralischen Reiches zu verursachen, wie sie auf dem zukünftigen Jupiterdasein zu geschehen hat.
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4. Die Arbeit an der zukünftigen Erlösung des Pflanzlichen Die Überwindung der Dumpfheit Der Überwindung der Erstarrung muß auf dem praktischen Meditationsweg die Überwindung der Dumpfheit des Bewußtseins vorangehen – jener Dumpfheit, die sich zunächst einstellt, wenn der Meditierende das selbsterschaffene Bild, z. B. des Rosenkreuzes, im Bewußtsein auslöscht und nur seine eigene seelische Tätigkeit, die das Zustandekommen des Bildes bewirkte, zum Gegenstand des Bewußtseins hat. Es bleibt dann eine wort- und bildlose innere Tätigkeit zurück – eine Erinnerung, der nichts äußerlich Vorstellbares und der Sinneswelt Ähnliches anhaftet. Es wird dadurch das Bewußtsein sinnlichkeitsfrei; es wird aber andererseits zunächst dumpf. Diese Dumpfheit ist ebensowenig als bloße Abwesenheit der Kräfte zu betrachten, welche das Bewußtsein wach erhalten, wie die Erstarrung auf der dritten Meditationsstufe als bloße Abwesenheit von bestimmten Bewußtseinskräften aufzufassen ist: wie die Erstarrung durch bestimmte Kräfte bewirkt wird, die überwunden werden müssen, so wird auch die Dumpfheit des Bewußtseins durch Kräfte bewirkt, die geistig-moralischer Art sind. Sie treten zunächst in der Seele als Interesselosigkeit auf: das Bewußtsein erschlafft und verfällt der Dumpfheit, weil es nichts findet, was es von außen her – sei es auch durch selbstgeschaffene Farben und Formen – zur Tätigkeit aufrufen würde; es ist zunächst unfähig, sich für einen so färb- und formlosen Inhalt zu interessieren. Dieser Interesselosigkeit begegnet man ja nicht nur bei der Meditation, sondern – ebenso wie der Erstarrung, die zuletzt zu fixen Ideen führen kann – auch überhaupt im geistig-moralischen Leben der Menschen. Da zeigt sie sich namentlich darin, wie das Hören der Menschen von der Art des Hinhorchens abhängt.
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Denn es gibt viele Arten und viele Stufen des Hinhorchens: das Interesse und die Interesselosigkeit machen den Unterschied im Hören aus. Es hört der eine bedeutsame Dinge aus dem „Geschwätz“ eines Kindes heraus; der andere hört nichts besonderes bei den Äußerungen eines wirklich weisen Menschen. Was diese beiden Menschen unterscheidet, ist das Maß des Interesses beim Zuhören, das sie aufzubringen fähig sind. Aber die Fähigkeit, ein hohes Maß von Interesse aufzubringen, ist nicht nur von der Konzentrationsfähigkeit abhängig, sondern namentlich von der moralischen Kraft, die Interesselosigkeit in sich zu überwinden. So bleibt für die scharfsinnigsten und begabtesten Menschen oft unendlich vieles verschlossen, weil ihnen diese moralische Kraft mangelt, während viel weniger begabte Menschen oft gerade dasjenige erkennen können, was den „bedeutsameren“ Menschen vollständig entgeht. Was aber anfänglich als bloße Interesselosigkeit und Mangel an Fähigkeit der Seele, zu erstaunen, erscheint, das kann mit der Zeit zu einer Art psychischer Erkrankung werden – nämlich zur Apathie allem und allen gegenüber. Denn wie die Kräfte der Erstarrung, die von den äußeren Fixsternkonstellationen ausgehen, die Gefahr der fixen Ideen bewirken, so bewirken die Kräfte der Dumpfheit, die aus den Planetenkörpern ausgehen, die Gefahr der Apathie. Wie es bei der Überwindung der Erstarrung darauf ankommt, die geistigen Kräfte des Tierkreises in seinem Ich wachzurufen, um mit ihnen die Kräfte der Erstarrung der Fixsternkonstellationen zu bekämpfen, so kommt es bei der Überwindung der Dumpfheit darauf an, die Kräfte der planetarischen Sphären in der Seele wachzurufen, um mit ihnen die Kräfte der Dumpfheit der Planetenkörper zu bekämpfen.
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Denn die Wirkung der sichtbaren Planeten ist eine solche, daß sie immer im Unterbewußtsein zu bleiben bestrebt ist, d. h. nicht ins Bewußtsein erhoben sein will – was sich im Bereich des Bewußtseins als Interesselosigkeit auswirkt, während die geistig-moralischen Kräfte der planetarischen Sphären* in die Seele als Kräfte des verschiedenartigen wachsamen Interesses einfließen, welches sich bemüht, die Interesselosigkeit aus sich heraus zu überwinden. * Den Begriff vom Unterschied der sichtbaren Planeten und der planetarischen Sphären gibt Rudolf Steiner im 6. Vortrag des Vortragszyklus „Die geistigen Wesenheiten in den Himmelskörpern und Naturreichen“ (GA 136, Helsingfors 1912).
Die Bemühungen, die Dumpfheit des Bewußtseins zu überwinden, haben aber ebenfalls nicht bloß subjektive Bedeutung für die Seele des Menschen selbst; auch sie sind ein Teil des Kampfes, welcher unter Mitwirkung des Menschen in der Welt ausgefochten wird. Es handelt sich da um den Kampf gegen die Kräfte, welche in der Natur das Pflanzenreich im Zauberbann der Dumpfheit halten. Denn dieselbe Kraft, die in der menschlichen Seele die Möglichkeit des bewußten Inspirationsbewußtseins durch die Dumpfheit versperrt, ist es, welche das dumpfe, „vegetierende“ Dasein der Pflanzen bewirkt. Daß der Mensch den Rufen der geistigen Welt gegenüber so taub ist, und daß die Pflanzen so machtlos und so an den Boden gebunden sind und nicht frei der Sonne entgegen schweben können – es hat einen Grund in der Welt. Die Einsicht in diesen einen Grund ergibt eine weitere „Erkenntnis eines Verhältnisses von Mikrokosmos und Makrokosmos“ – d. h. sie ergibt das moralisch-geistige Bewußtsein der Verantwortlichkeit des Menschen dem Pflanzenreich gegenüber. Dieses Bewußtsein offenbart aber auch dem Menschen die Wege, auf denen die zukünftige Erlösung des Pflanzenreiches zu geschehen hat. Denn das Pflanzenreich soll während des Jupiterzustandes vom Gebundensein frei sein und während des Venuszustandes von dem dumpfen Dasein erlöst werden. –
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„Das Pflanzenreich, welches aber gegenüber dem gegenwärtigen eine ganz neue Form haben wird, erscheint während des Jupiterzustandes als das niederste der Reiche“. – „Der Venuszustand wird ein solcher sein, daß auch das Pflanzenreich verschwunden sein wird; das niederste Reich wird das abermals verwandelte Tierreich sein“. (Rudolf Steiner, „Geheimwissenschaft im Umriß“, Ausg. 1962, S. 412). Diese Sätze Rudolf Steiners bedeuten nicht nur einen zukünftigen Tatbestand, sondern namentlich eine Aufgabe der Menschheit, ihn zu verwirklichen. Denn für das geistig-moralische Bewußtsein der Verantwortlichkeit des Menschen den Naturreichen gegenüber kommt es nicht so sehr darauf an, zu wissen, wie es in der Zukunft sein wird, als zu wirken, damit die Zukunft zum Heile der Wesen sich gestalte. In diesem Sinne sind die obigen Sätze Rudolf Steiners Aufgaben der Menschheit für die Zukunft – nämlich Aufgaben, zuerst die Verwandlung und dann die Erlösung des Pflanzenreiches zu bewirken.
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Die sieben moralischen Forderungen Der Anfang der Erfüllung dieser Aufgaben liegt wiederum im menschlichen Inneren selbst. So kommt es darauf an, das menschliche Seelenleben ebenso beweglich und wach für die Gesamtheit des „moralischen Raumes“ zu erziehen und zu erhalten, wie das Erkenntnisleben für die Erfüllung der Aufgaben dem Mineralreich gegenüber. Wie es sich da um die „Kraft des Glaubens“ handelte, d. h. um die Fähigkeit, durch die zwölf Anschauungen der Erkenntnis zu „wandern“, so handelt es sich hier nun um die „Kraft der Liebe“, d. h. um die Fähigkeit, für die „sieben moralischen Grundtöne“ („Vokale“) der Welt ein Ohr zu haben, ihnen Interesse entgegenzubringen. Diese „sieben moralischen Grundtöne“ der Welt sind gleichzeitig der moralische Inhalt des Raumes: sie sind die „Fülle“ (Pleroma der Gnostiker), welche die „Leere“ (Kenoma) des Raumes ausfüllt. Durch sie erhalten die Richtungen „Ost“, „West“, „Nord“ und „Süd“ ihre geistigmoralische Bedeutung von geistigen Strömungen, die dem Raum Inhalt geben. Dieser Inhalt besteht in demjenigen, was man einerseits als „Ost“, „West“, „Nord“, „Süd“, „Mitte“, „Innen“ und „Außen“ bezeichnen kann, andererseits auch als die geistig-moralischen Grundtöne der Welt, die in den sieben Passionsstufen des Christus Jesus sich offenbaren, erkennen kann: die Fußwaschung, die Geißelung, die Dornenkrönung, die Kreuztragung, die Kreuzigung, die Grablegung und die Auferstehung.
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Denn durch die sieben Passionsstufen werden sieben geistig-moralische „Gesetze“ oder „Prinzipien“ geoffenbart, die das Geheimnis des Raumes sind. So steht z.B. das „Fußwaschungsprinzip“ hinter der Richtung Oben – Unten: alles, was sich neigt, was aus geistig-moralischen Beweggründen heruntersteigt, gehört zu dem kosmischen Fußwaschungsstrom. Ja, auch alles Interesse für die niederen Wesen der Natur, das eine menschliche Seele aufbringen kann, steht ebenfalls im Zeichen der Fußwaschung, denn es bedeutet ein innerliches Sich-neigen. In diesem Sinne entspricht jeder der sieben „Richtungen“ des geistigen Raumes eine bestimmte Haltung der Seele, welche immer eine Überwindung der entsprechenden Interesselosigkeit bedeutet. Die Seele hat zu lernen, siebenmal „leer“ zu werden und jedesmal die Leere auszufüllen mit einem Interesse, das nicht von außen angeregt wird, sondern das die Seele selbst aus sich entwickelt. Diese sieben Stufen des Leerwerdens, die Stufen des „Kenoma“, sind die Vorbedingung für die sieben Offenbarungsstufen des „Pleroma“, der „Fülle“ des Raumes. Es muß die Seele durch das Absterben des egoistischen Interesses gehen, dann vor eine Leere hingestellt werden, die sie als Leere überwindet, indem sie ein neues, selbstloses Interesse aus sich entstehen läßt: dieses ist kurzgefaßt die innere Methodik und Dramatik der Inspirationserkenntnis. Sie besteht im Wesentlichen im Schaffen von Verbindungsströmen mit verschiedenen höheren Wesen nach allen Richtungen des zuerst leer werdenden, dann moralisch ausgefüllten Raumes; und die praktischen Bemühungen der menschlichen Seele, die Forderungen der Inspirationserkenntnis zu erfüllen, haben nicht nur die Bedeutung, daß die Seele zu Erkenntnissen kommt, sondern namentlich auch die Bedeutung des Mitwirkens an der Überwindung der lähmenden Dumpfheit in der Welt – d. h. an dem Erlösungswerk des Pflanzenreiches.
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Die Wirkungsrichtungen der Grundsteinmeditation Auch für das Erlösungswerk des Pflanzenreiches hat die Arbeit an der Grundsteinmeditation die Bedeutung einer Wurzel, aus der dann vieles Weitere herauswachsen kann; denn das Wesentliche im inneren Aufbau der Grundsteinmeditation ist nicht die Tatsache allein, daß ihr die Zwölfzahl der Aspekte des Daseins zugrunde liegt, sondern sie ist aus dynamisch wirkenden Richtungen des Raumes aufgebaut. Es liegt jedem der vier Sprüche der Grundsteinmeditation eine räumlich-dynamische Figur zugrunde. So ist z. B. in dem ersten Spruch, durch den die Verwurzelung der Menschheit in der Gottheit zum Ausdruck gebracht wird, die Wirkungsrichtung der geistigen Wurzelkraft durch die Worte angegeben: „Denn es waltet der Vater-Geist der Höhen In den Weltentiefen Sein-erzeugend.“ Was in den Höhen erklingt, es findet sein Echo in den Tiefen des „Geistesmeereswesens“. So ist die räumlich-moralische Figur für den ersten Spruch die folgende: Höhen
Tiefen
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Valentin Tomberg – Die Grundsteinmeditation Rudolf Steiners
Im zweiten Spruch ist die Figur enthalten, die durch das „Walten des Christus-Willens im Umkreis“ und das „Befeuern vom Osten dessen, was im Westen sich formt“, gebildet wird. Umkreis
Westen
Osten
Der dritte Spruch hat den Kreis des „ruhenden Hauptes“ als Feld der Wirkung – und das „Erbitten aus den Tiefen dessen, was in den Höhen erhöret wird“, stellt die dazu gehörende Richtung dar: Höhen
Tiefen Der vierte Spruch deutet auf das Heraustreten aus dem Inneren in das Äußere, das durch Verbindung von Kopf und Herz zum Ausstrahlungspunkt des Christus-Impulses werden kann: Er zeigt den Vorgang des Schöpferischen im Erkennen und Tun, wie er in beiden Teilen der „Philosophie der Freiheit“, jenes Buches über das Göttliche der Persönlichkeit (als des neuen Wertes in der Welt, der zu den drei ewigen Werten hinzukommt), ausführlich dargestellt und begründet wird.
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Außen
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Das moralische Wachstum der Seele als Aufgabe der Rosenkreuzer Wenn man die gesamte geistig-räumliche Dynamik der Grundsteinmeditation zusammenfassen will, so entsteht das Kreuz und der Kreis, wobei der Kreis zuletzt aus dem Mittelpunkt des Kreuzes herauswächst. Diese dynamische Figur überwindet die dumpfe Lahmheit des Bewußtseins, die durch Interesselosigkeit bewirkt wird. Wenn man so unegoistisch ist wie eine Pflanze und dabei soviel Interesse aufbringen kann wie ein Mensch mit rotem Blut, dann ist die Aufgabe jener Figur verwirklicht: das Kreuz mit dem Kreis der Rosen, die aus dem Mittelpunkt des Kreuzes herauswachsen. Das Rosenkreuz ersteht aus der Grundsteinmeditation – jetzt schon nicht mehr als „Grundstein in dodekaedrischer Form“ für das Erkenntnisleben, sondern als das „siebenfache Urphänomen“ des moralischen Wachstums der Seele. Lernt der Mensch jenes moralische Wachstum selbst in die Helligkeit seines Bewußtseins zu erheben, so bewirkt er damit auch, daß das Wachstum der Pflanzenwelt immer mehr in den Bereich der Gesetzmäßigkeit des Moralischen übergehen wird. Indem der Mensch die geistige „Technik“ des moralischen Wachstums in seiner Seele übt, bewirkt er die Durchdringung des Wachstums in der Natur mit dem Moralischen. Das Rosenkreuzertum ist diejenige Stufe der moralischen Verantwortung, auf der dem Menschen bewußt wird, daß er für sein Innenleben vor der Welt, vor der Natur, verantwortlich ist – und wo er an seinem Inneren entsprechend zu arbeiten beginnt, damit es zum Heile der Natur gereiche. Man arbeitet dann an der „Verwirklichung des Rosenkreuzes“ für die Erlösung des Pflanzenreiches, und man arbeitet dann an dem „Stein der Weisen“ zum Zwecke der Erlösung des Mineralischen.
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Es hatten die wahren Rosenkreuzer nicht deswegen eine so entschiedene Einstellung zur Natur, weil sie die heutige Naturwissenschaft einleiten und schaffen wollten, sondern weil sie sich der moralischen Verantwortung des Menschen der Natur gegenüber bewußt, d. h. wirkliche Rosenkreuzer waren.
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5. Die Arbeit an der zukünftigen Erlösung des Tierreiches Die Überwindung des Hangs zum Schweifen Die erste Schwierigkeit, der das meditierende Bewußtsein begegnet, ist sein Hang zum Schweifen, der sich sofort einstellt, wenn das Bewußtsein nicht von der Sinneswelt oder den durch die Sinneswelt angeregten Vorstellungen und Gedanken in Anspruch genommen ist. Der angehende Meditant macht die Erfahrung, daß er den inneren Zusammenhalt und die Ordnung in seinen Vorstellungen und Gedanken namentlich der Ordnung der Dinge der Außenwelt verdankt: hält er sich nicht mehr an die von der sinnlichen Erfahrung ihm aufgeprägte Ordnung, verläßt er also die Bahnen, auf denen sich sein Vorstellen und Denken gewöhnlich bewegen, so treten entweder Haltlosigkeit und Unordnung, oder ein gedankenloses „Stutzen“ ein. Diese einfache Erfahrung kann aber zu bedeutsamen Einsichten in Richtung der Selbsterkenntnis und der Erkenntnis der Pflichten des Menschen führen. Denn sie weist auf die Tatsache hin, daß der Mensch zwar in seiner physischen Haltung ein aufgerichtetes Wesen und in seinem Bewußtsein ein mit Überblick und Urteilskraft begabtes Wesen ist, aber zunächst nur dank der Welt der physischen Erfahrung und dank seiner inneren Organisation. Er hat dies nicht ausschließlich seiner eigenen inneren Haltekraft zu verdanken. Seine Organisation ist eine solche, daß er nicht in seiner unmittelbaren Umgebung aufgeht, daß er sich über sie – sie überblickend und beurteilend – erheben kann; seine eigene Haltekraft erweist sich aber in dem Augenblick, wenn das Bewußtsein die äußere Welt und die Bahnen ihrer Anregungen verläßt. Da erweist sie sich eben zunächst als ungenügend.
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Es erweist sich da, daß – wenn auch der Mensch als Gabe eine aufrechte, in die Vertikale sich erhebende Organisation besitzt – er sich mit seinem Bewußtsein eigentlich „hinlegt“, d. h. in die Passivität der Horizontalen übergeht, wenn ihm der Ansporn und die Stütze von außen fehlen. Nur in seiner physischen Organisation erlebt sich das Bewußtsein zunächst als in der Vertikalen stehend; geht es in den Ätherleib über, so wird es horizontal. Dieser Tatbestand äußert sich u.a. darin, daß das gewöhnliche Denken, das nicht durch die Erkraftung mit den Mitteln der meditativen Übung gegangen ist – das aber dennoch hauptsächlich im Ätherleib sich abspielt – ebenfalls in der Horizontalen verläuft. Die physischen Augenbrauen sind der äußere Ausdruck für die zwei ätherischen Strömungen, die beim gewöhnlichen Denkvorgang in der Horizontalen – rechts und links – strömen. Dieses Denken „zweifelt“ an allem, was außerhalb der gewöhnlichen Erfahrung liegt, weil es selbst immer entzweit ist: da besteht die Beteiligung des eigenen Ichs nur darin, daß es die denkerische „Seh-Achse“ schafft zu demjenigen, was die linke und die rechte Denkströmung liefern. Das Ich schafft da nur die Verbindung der luziferischen und der ahrimanischen Gedanken- und Vorstellungsströmungen; handelt es sich aber um auf übersinnliche Tatsachen, Vorgänge und Wesen gerichtete Fragen, dann ist es zunächst ohnmächtig, diese Verbindung zu schaffen, da die beiden Strömungen nicht darauf hinorientiert sind. So entsteht der Zweifel, d. h. der Zustand des Bewußtseins, wo zwei gegenseitige Gedankenströmungen unverbunden und unvereinigt gegeneinander wirken. Worauf es aber ankommt, damit das Ich Herr über den Zweifel werde, ist nicht seine Parteinahme für die linke oder die rechte Strömung, sondern das Zustandebringen einer dritten Strömung, welche nicht mehr in der Horizontalen, sondern in der Vertikalen verläuft. Die Anstrengung, diese dritte Art des Denkstromes zu schaffen, ist eben diejenige der Meditation. Die erste und grundlegende Aufgabe der meditativen Übungen ist das Schaffen des vertikalen Denkstromes, der von oben nach unten, d. h. von der geistigen Welt in die physische, strömt.
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Ist dieser Strom geschaffen, dann ist der „Zweifel“ – als Hindernis der Erkenntnis der höheren Dinge – überwunden. Er bleibt nur als Hilfsmittel, um im Bereich der physischen Welt dem in der Vertikalen Erkannten Form und Reife zu verleihen. Dann beginnt ein Denken, das an sich eine Brücke in die geistige Welt darstellt, und es kann dann über diese Brücke ein regelrechter Verkehr zwischen den zwei Welten gepflegt werden. Das Vorhandensein eines solchen Verkehrs ist aber etwas, was eine tiefe moralische Bedeutung hat. Denn es bedeutet nicht nur eine Aktivierung des erkennenden Bewußtseins zu viel intensiveren Fragen und Antworten, als bei dem gewöhnlichen Denken, sondern auch die moralische Aufgabe, diesem nun vorhandenem Verhältnis zur geistigen Welt treu zu bleiben. Die geistige Welt ist aber im Verhältnis zur physischen Welt – als der Welt des Gewordenen – eine Welt des Werdenden: sie ist das Zukünftige, sie birgt die positive Zukunft in sich. Die Treue der geistigen Welt gegenüber hat deswegen die moralische Bedeutung der Pflicht, der Zukunft treu zu bleiben. Diese Pflicht ist etwas anderes, als was man gewöhnlich unter Treue versteht. Denn gewöhnlich versteht man unter Treue die Treue der Vergangenheit gegenüber. Man ist treu, wenn man sich heute z. B. einem Menschen gegenüber ebenso verhält, wie vor vielen Jahren. Wenn man ein Vergangenes lebend erhält und es aufbewahrt, ist man treu. Anderes gilt aber als Treue der geistigen Welt gegenüber. Da gilt es, der Zukunft treu zu sein – und man kann der Zukunft nur dann treu sein, wenn man nicht auf ein Vergangenes zurückschaut, um es zu erhalten, sondern wenn man sich beständig bemüht, das Zukünftige zu erkennen und zu verwirklichen. In diesem Sinne wird man der geistigen Welt untreu, wenn man bei bestimmten Erkenntnissen und bei einer bestimmten Art der Tätigkeit stehen bleibt.
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Denn dann verläßt man den Weg des schöpferischen Verwirklichens der Zukunft; man wird der Pflicht, im beständigen Wandel zu sein, untreu. Denn darin besteht die vornehmste Pflicht der Zukunft, der geistigen Welt gegenüber: unerläßlich im Wandel begriffen zu sein, um die Wege vom Großen zum Erhabenen, vom Wahren zum Weisheitsvollen, vom Guten zum Vollendeten zu suchen und zu finden. Die moralische Kraft, welche die Treue zur Zukunft ermöglicht und welche den Zweifel des Bewußtseins überwindet, das sich den Gegensätzen gegenüber als machtlos erlebt, wurde seit alten Zeiten als die Kraft der Hoffnung (elpis) bezeichnet. Und die wahre Hoffnung, als die Folge des vertikal aufgerichteten Erkenntnislebens, ist es, die den Menschen ebenso vor der Gefahr einer Erkrankung schützt, wie der Glaube ihn von der Gefahr der fixen Ideen und die Liebe ihn vor der Gefahr der Apathie schützen. Denn es besteht die Gefahr, daß Menschen, die in ihrem – auch unterbewußten – Seelenleben von der Sehnsucht nach der geistigen Welt erfüllt sind und, dieser Sehnsucht folgend, sich mit den an sie auf irgendeinem Wege herankommenden Offenbarungen der geistigen Welt beschäftigen, sich andererseits dennoch nicht dazu aufschwingen können oder wollen, die Anstrengungen auf sich zu nehmen, welche den Denkstrom in die Vertikale erheben. Bei solchen Menschen kann es dann geschehen, daß, je mehr sie an geistigen Werten in sich aufnehmen, desto stärker und nagender der Zweifel in ihnen wird. Es kann schließlich das Zweifeln ins Riesengroße heranwachsen; ja, es kann das Bewußtsein zuletzt gleichsam ertrinken im Meer des Zweifels. Wiederum führt der Weg ins Pathologische so, daß dasjenige, was ursprünglich innere Bequemlichkeit war, zur Mutlosigkeit in der Erkenntnis wird, und die letztere führt zu einer Zweifelsucht, welche als letzte Etappe denjenigen Seelenzustand der pathologisch gewordenen Verzweiflung hat, den man als „schwarze Melancholie“ zu bezeichnen pflegt.
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Glaube – Liebe – Hoffnung Die heilenden Kräfte des Christus-Impulses Fixe Ideen, Stumpfsinn (Apathie) und Melancholie sind die drei geistigen Erkrankungen, die denjenigen Menschen drohen, die von den Mitteln nicht Gebrauch machen wollen, die sie zu den Quellen des „Glaubens“, der „Liebe“ und der „Hoffnung“ – jenen drei Strahlen des heilenden Christus-Impulses – hinführen können. Wie der Glaube, als Kraft, sich durch die zwölf Grundanschauungen der Welt – die den zwölf Tierkreiszeichen entsprechen – bewegend, den Menschen vor fixen Ideen bewahrt, wie die Liebe, als Fülle des selbstlosen Interesses für die moralischen Raumessphären der sieben „Planeten“, den Menschen vor dem drohenden Stumpfsinn rettet, so rettet die Hoffnung, als Fähigkeit, die geistige Sonne in seiner Seele aufgehen und ungetrübt stehen zu lassen, den Menschen vor der Gefahr der „inneren Sonnenfinsternis“, der schwarzen Melancholie. Mit „innerer Sonne“ und „innerer Sonnenfinsternis“ ist hier aber mehr gemeint, als ein bloßer Vergleich zum Zweck der Anschaulichkeit: es handelt sich dabei um einen realen geistigen Tatbestand. Denn auch die Hoffnung ist eine Kraft, die ebenso mit dem Kosmischen zu tun hat, wie der Glaube und die Liebe. Geht es bei den zwei letzteren um die geistige Regelung des Verhältnisses des Menschen zum Zodiak und zu den Planetensphären, so geht es hier um die geistige Regelung des Verhältnisses zu Sonne, Erde und Mond. Es handelt sich da um eine geistige Regelung dieses Verhältnisses in dem Sinne, daß der Mensch vor die Aufgabe gestellt wird, wenn er den festen Boden seiner physischen Organisation und des irdischen Erfahrungsbereiches verläßt, nicht der horizontalen Richtung des Mondhaften zu verfallen, sondern sich in die Vertikale, als Strahl der geistigen Sonne, zu erheben. Die aufrechte Strömung der „Hoffnung“ ist sonnenhaft. Sie ist das innere geistige Stehen, das zum physischen Stehen im Leibe durch Meditation hinzugelernt werden muß.
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Das Hinzulernen der geistigen aufrechten Haltung, d. h. der wahren Selbständigkeit, ist aber eine Arbeit, die wiederum nicht bloß subjektive Bedeutung für den Menschen selbst hat, sondern sich eingliedert in das geistig-karmische Weltgeschehen. Denn beim Erlangen und Aufrechterhalten der geistigen Vertikalen im Bewußtsein kommt es auf die Überwindung der horizontalen Tendenz an, welche sowohl im Inneren des Menschen, als auch außerhalb seiner, in der Natur, wirksam ist. In der Natur ist sie namentlich im Tierreich wirksam; sie ist das Verhängnis der Wesen dieses Reiches. Die Macht der horizontalen Strömung ist es ja, die die Tiere zum Stummsein und zum Leben in den bloßen Trieben verurteilt. Denn um Sprechen und Denken zu können, ist die aufrechte Haltung – als Wirkung des „Heliotropismus“ auf die Organisation selbst – notwendig. Das Tier ist stumm, weil es ganz im Trieb aufgeht. Es kann sich nicht über den Trieb erheben, um über ihn und seine Umgebung urteilen und Aussagen machen zu können. Es muß mit den es treibenden Strömungen „mitschwimmen“ – es kann sich nie über dieselben erheben und einen Überblick gewinnen. Es wird von der horizontalen Wirkung des Mondes gezwungen, im Strom jener Wirkung zu sein und zu verbleiben. Sie ist das Verhängnis der Tiere: in ihrem Zwang stehen sie als Gefangene.
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Die Aufgabe der Meditation Nun bedeutet ja für den Menschen die Erfahrung der Macht der horizontalen Strömung in seinem Inneren wiederum das Gewahrwerden eines weiteren „Verhältnisses zwischen Mikrokosmos und Makrokosmos“, nämlich der großen Gewissensaufgabe, das Tierreich vom Zwang jener Macht zu befreien. Der Weg, den er zu gehen hat, um diese Aufgabe zu erfüllen, besteht darin, daß er selbst in seinem Innenleben den Übergang vom Mondhaften zum Sonnenhaften schafft. Dieser Übergang ist dadurch möglich, daß das menschliche Denken, das zunächst mondhaft ist, eben durch diese Tatsache selbst in sich die Möglichkeit trägt, zum Sonnenhaften gewendet zu werden. Denn wie der physische Mond das Sonnenlicht reflektiert, so ist das gewöhnliche Denken ein Abglanz des Sich-Erinnerns unten an dasjenige, was oben wahrgenommen wird. Das Lichtvolle, das Logische und Klare des gewöhnlichen Denkens ist sonnenhaften Ursprungs. Es ergibt sich daraus für den Menschen die Möglichkeit, sein Denken nicht nach dessen Gegenständen, sondern nach dessen Ursprung zu richten, d. h. in einem Gedanken nicht um dessen Verhältnis zur äußeren Welt der Erfahrung (um seines „Erkenntniswerts“) willen zu leben, sondern um durch die Pforte jenes Gedankens zu den Quellen, aus welchen er ausgeströmt ist, in ein bewußtes Verhältnis zu kommen. Dies ist die Aufgabe der Meditation: durch das Mittel eines Gedankens zum Erleben der Kräfte zu gelangen, von welchen jener Gedanke ein innerlicher Abglanz ist. Durch solche Bemühungen wird das Bewußtsein vom „mondhaften“ Denken zum sonnenhaften Geist-Erleuchtetsein geführt; es wirkt aber dadurch auch in Richtung auf Überwindung der Macht in der Natur, welche das Tierreich zum Stummsein zwingt.
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Denn es verbindet sich dann mit dem geistigen Mond, dem „Auge der Götter“ (wie Rudolf Steiner ihn bezeichnete) und läßt durch dieses, das geistige Sonnenlicht hineinstrahlende Auge, das Licht der geistigen Sonnenwesenheit hineinstrahlen in den irdischen Daseinsbereich – und bewirkt dadurch die zukünftige Überwindung des verhängnisvollen Mondzaubers für das Reich der Tiere. Wie die Konstellationen der Fixsterne die Erstarrung des Mineralreiches ausstrahlen, wie die Planeten die Dumpfheit des Pflanzenseins bewirken, so bewirkt der Mond den Zwang, der über den Tieren waltet. Und wie der Mensch durch den „Glauben“ die geistigen Kräfte des Tierkreises selbst im irdischen Sein für die Erlösung des Mineralischen wirksam machen kann, wie er durch die „Liebe“ die geistigen Kräfte der planetarischen Sphären in der Natur für die Erlösung des Pflanzenreiches hinausstrahlen kann, so kann der Mensch durch die „Hoffnung“ die Sonnenwesenheit durch die Pforte des geistigen Mondes hineinwirken lassen, um die Tiere von dem Zwang der äußeren Mondwirkung zu erlösen. Von dieser Erlösungsaufgabe des Menschen dem Tierreich gegenüber spricht Rudolf Steiner in der „Geheimwissenschaft im Umriß“ da, wo er von der gesamten Zukunftsaufgabe der Menschheit der Natur und dem zurückgebliebenen Teil der Menschheit gegenüber spricht: „Die gute Menschheit wird durch ihre Entwicklung den Gebrauch der Mondenkräfte sich erwerben und dadurch auch den bösen Teil so umgestalten, daß er als ein besonderes Erdenreich mit der weiteren Entwicklung mitgehen kann. Durch diese Arbeit der guten Menschheit wird die dann mit dem Monde vereinigte Erde fähig, nach einer gewissen Entwicklungszeit auch wieder mit der Sonne (auch mit den anderen Planeten) vereinigt zu werden. Und nach einem Zwischenzustande, der wie ein Aufenthalt in einer höheren Welt sich darstellt, wird sich die Erde in den Jupiterzustand verwandeln. Innerhalb dieses Zustandes wird es das nicht geben, was jetzt Mineralreich genannt wird; die Kräfte dieses Mineralreiches werden in pflanzliche umgewandelt sein.
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Das Pflanzenreich, welches aber gegenüber dem gegenwärtigen eine ganz neue Form haben wird, erscheint während des Jupiterzustandes als das niederste der Reiche. Höher hinauf gliedert sich das ebenfalls verwandelte* Tierreich an; dann kommt ein Menschenreich, welches als Nachkommenschaft der auf der Erde entstandenen bösen Gemeinschaft sich erweist. Und dann die Nachkommen der guten Erden-Menschengemeinschaft, als ein Menschenreich auf einer höheren Stufe.“ Das verwandelte Tierreich ist dann insofern verwandelt, als es durch die fortgeschrittene Menschheit von der geistigen Sonnenlosigkeit erlöst wurde – und das niedere Menschenreich besteht aus den Nachkommen der Menschen, die der Einseitigkeit, dem Stumpfsinn und dem Schwermut karmisch zum Opfer gefallen sind, weil sie den „Glauben“, die „Liebe“ und die „Hoffnung“ abgewiesen haben. * Hervorhebung durch den Zitierenden. (GA 13, S. 411-412, Ausg. 1962) Auch für das Erlösungswerk des Tierreiches ist die Arbeit an der Grundsteinmeditation ein grundlegender Anfang. Sie ist es nicht bloß aus dem Grunde, weil sie eine Meditation ist (denn im gewissen Sinne ist es jede meditative Arbeit), sondern auch namentlich aus dem Grund, weil sie in ihren vier Sprüchen die geistigen Erlösungskräfte der Urwesen des Tierreiches enthält. So ist der erste Spruch der Grundsteinmeditation der Spruch, welcher die Erlösungskräfte für diejenigen Tiere trägt, die Vertreter des „Stoffwechsels“ sind. Der zweite Spruch bezieht sich auf diejenigen Tierwesen, die im Brustsystem ihre charakteristische Eigenschaft haben. Der dritte Spruch hat für denjenigen Teil des Tierreiches Bedeutung, der im einseiligen Ausbilden der Kopforganisation sein Entstehen gefunden hat.
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Der vierte Spruch bezieht sich aber auf denjenigen Teil der Menschheit, der in Gefahr steht, das Menschliche zu verlieren und ein neues – tiermenschliches – Reich entstehen zu lassen. Es ersteht aus der Grundsteinmeditation dasjenige, was sie für das Tierreich zu bedeuten hat, indem die Sprüche der Meditation das uralte Bild des „Stieres“, des „Löwen“, des „Adlers“ und des „Menschen“ aus den Tiefen ihres Inhalts erstehen lassen. – Und dieses Bild der Pflichten und Gewissensaufgaben, wie sie oben zu charakterisieren versucht wurden, ergibt zusammen mit dem Rosenkreuz und dem Stein in der Gestalt des Dodekaeders die drei Schichten der Vertiefung in die Grundsteinmeditation unter dem Gesichtspunkt des „Verhältnisses von Mikrokosmos und Makrokosmos“, d. h. der Aufgaben, welche der Mensch der ihm anvertrauten Natur gegenüber hat.
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Die Grundsteinmeditation Menschenseele! Du lebest in den Gliedern, Die dich durch die Raumeswelt In das Geistesmeereswesen tragen: Übe Geist-Erinnern In Seelentiefen, Wo in waltendem Weltenschöpfer-Sein Das eigne Ich Im Gottes-Ich Erweset; Und du wirst wahrhaft leben Im Menschen-Welten-Wesen. Denn es waltet der Vater-Geist der Höhen In den Weltentiefen Sein-erzeugend. Seraphim, Cherubim, Throne,* Lasset aus den Höhen erklingen, Was in den Tiefen das Echo findet; Dieses spricht: Ex deo nascimur.** Das hören die Elementargeister Im Osten, Westen, Norden, Süden: Menschen mögen es hören. * Ihr Kräfte-Geister ** Aus dem Göttlichen weset die Menschheit
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– I. Teil
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II. Teil Menschenseele! Du lebest in dem Herzens-Lungen-Schlage, Der dich durch den Zeitenrhythmus Ins eigne Seelenwesensfühlen leitet: Übe Geist-Besinnen Im Seelengleichgewichte, Wo die wogenden Welten-Werde-Taten Das eigne Ich Dem Welten-Ich Vereinen; Und du wirst wahrhaft fühlen Im Menschen-Seelen-Wirken. Denn es waltet der Christus-Wille im Umkreis In den Weltenrhythmen Seelen-begnadend. Kyriotetes, Dynamis, Exusiai,* Lasset vom Osten befeuern, Was durch den Westen sich gestaltet; Dieses spricht: In Christo morimur.** Das hören die Elementargeister Im Osten, Westen, Norden, Süden: Menschen mögen es hören. * Ihr Lichtes-Geister ** In dem Christus wird Leben der Tod.
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III. Teil Menschenseele! Du lebest im ruhenden Haupte, Das dir aus Ewigkeitsgründen Die Weltgedanken erschließet: Übe Geist-Erschauen In Gedanken-Ruhe, Wo die ew’gen Götterziele Welten-Wesens-Licht Dem eignen Ich Zu freiem Wollen Schenken; Und du wirst wahrhaft denken In Menschen-Geistes-Gründen. Denn es walten des Geistes Weltgedanken Im Weltenwesen Licht-erflehend. Archai, Archangeloi, Angeloi,* Lasset aus den Tiefen erbitten, Was in den Höhen erhöret wird; Dieses spricht: Per spiritum sanctum reviviscimus.** Das hören die Elementargeister Im Osten, Westen, Norden, Süden: Menschen mögen es hören. * Ihr Seelen-Geister ** In des Geistes Weltgedanken erwachet die Seele.
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IV. Teil In der Zeiten Wende Trat das Welten-Geistes-Licht In den irdischen Wesensstrom; Nacht-Dunkel Hatte ausgewaltet, Taghelles Licht Erstrahlte in Menschenseelen; Licht, Das erwärmet Die armen Hirtenherzen; Licht, Das erleuchtet Die weisen Königshäupter. Göttliches Licht, Christus-Sonne, Erwärme Unsere Herzen; Erleuchte Unsere Häupter; Daß gut werde, Was wir Aus Herzen gründen, Aus Häuptern Zielvoll führen wollen. Rudolf Steiner 119
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