Richard_Bandler_-_Veränderung_des_subjektiven_Erlebens_-_Fortgeschrittene_Methoden_des_NLP

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Im Gegensatz zu den meisten Wissenschaften, die sich mit der objektiven Welt und deren Beschreibung befassen, orientiert sich das NLP an der menschlichen Subjektivität. Unsere subjektive Erfahrung wird durch die Art der Informationsverarbeitung im Gehirn bestimmt. Die Arbeit mit Submodalitäten eröffnet einen Weg, unser subjektives Erleben an der Basis zu verändern. Die Einflussnahme auf subjektives Erleben setzt ein praktisch anwendbares und verständliches Modell menschlicher Subjektivität voraus. In diesem aus Transkripten von NLP-Seminaren zusammengestellten Buch zeigt der Autor in anschaulicher Weise, wie nützliche Veränderungen in Glaubenssystemen und Überzeugungen wie auch im Verhalten in kürzester Zeit erreichbar sind. Die rasche und manchmal drastische Veränderung des Erlebens wird den Leser vom ersten Moment an faszinieren.

Richard Bandler ist - neben John Grinder - Mitbegründer des Neurolinguistischen Programmierens, einer äußerst effektiven KurzzeitTherapie, die innerhalb weniger Jahre große Verbreitung und Anerkennung gefunden hat.

Richard Bandler Veränderung des subjektiven Erlebens Fortgeschrittene Methoden des NLP

R. Bandler, J. Grinder

Veränderung des subjektiven Erlebens Fortgeschrittene Methoden des NLP Aus dem Amerikanischen von Clive M. Reuben und Jutta Bosse-Reuben

Junfermann Verlag • Paderborn 2007

© Junfermannsche Verlagsbuchhandlung, Paderborn 1982 Copyright der amerikanischen Ausgabe 1985 by Real People Press, Box F, Moab, Utah 84532, USA Titel: " Using Your Brain - for a Change" 7. Auflage 2007 Übersetzung aus dem Amerikanischen: Clive M. Reuben und Jutta Bosse-Reuben Lektorat: Christoph Schmidt

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Illustrationen: Gustav Russ Youngreen

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-87387-271-4

Inhalt

Vorwort des Übersetzers zur deutschen Ausgabe ................................ Einführung ......................................................................................... 1 Wer fährt den Bus ......................................................................... 2 Wie man sein eigenes Gehirn steuert .............................................. 3 Blickpunkte .................................................................................... 4 Irrwege ........................................................................................... 5 Das Ziel ansteuern .......................................................................... 6 Verwirrung Verstehen ..................................................................... 7 Jenseits von Glauben ....................................................................... 8 Lernen ............................................................................................. 9 Der "Swish" .................................................................................... Nachwort ............................................................................................. Anhang Submodalitätsunterscheidungen ...........................................................

7 13 19 35 51 65 85 99 121 137 151 177 183

Vorwort des Übersetzers zur deutschen Ausgabe

Neurolinguistisches Programmieren hat sich mit einer überraschenden Geschwindigkeit in Europa ausgebreitet. Wo vor etwa fünf Jahren das Akronym NLP in psychotherapeutischen Kreisen meistens ein unwissendes Kopfschütteln auslöste, genießt NLP sowohl bei Praktikern als auch im universitären Bereich in der Bundesrepublik ein ständig wachsendes Interesse. Was zuerst als Versuch gestartet wurde, die Sprachmuster herausragender Psychotherapeuten zu charakterisieren und begreifbar zu machen, und sich später zunehmend den nonverbalen, prozeßhaften Aspekten therapeutischer Interaktion widmete, hat sich zu einem eigenständigen, leicht erlernbaren und vor allem praxisbezogenen System weiterentwickelt. NLP wird sogar in manchen Kreisen nicht ganz korrekt als eigenständige psychotherapeutische Richtung betrachtet. Im Laufe seiner Entwicklung sind verschiedene Interventionen und kommunikative Techniken entstanden, die inzwischen als NLPBasisfertigkeiten gelten. Diejenigen, die mehr als eine flüchtige Bekanntschaft mit der Materie gemacht haben, kennen die Veränderungsmuster, die sich hinter Begriffen wie Rapport, Pacing, Leading, Ankern, Reframing, visuell-kinästhetische Dissoziation u.s.w. verbergen. Da es beinahe unumgänglich ist, eine Wissenschaft und ihre Praxis als Summe ihres momentanen Inhalts zu identifizieren, wird NLP von vielen Anwendern seiner Wirkmuster lediglich als eine Sammlung recht wirkungsvoller Interventionen angesehen. Durch diese Festschreibung gerät das NLP zunehmend in Gefahr, den ursprünglichen fruchtbaren Boden des Metamodells zu verlassen. Das Studium und die Veränderung subjektiver Erfahrung werden zu einem Konzept; aus dem Prozeß werden Dinge gemacht, und effektive Interventionen bekommen den Charakter von guten Kochrezepten. Somit wird aus dem lebendigen NLP eine starre Therapieschule. Als ich die in diesem Buch enthaltenen Veränderungsmuster bei Richard Bandler persönlich erlernte, beeindruckte mich neben den manifesten Veränderungen, die er bei den Klienten hervorrufen konnte,

insbesondere die Tatsache, daß auch die Interventionsmuster, die er demonstrierte, durch eine vollkommen neue Herangehensweise gekennzeichnet waren. Die bereits bekannten Muster waren zwar alle vorhanden, sie erschienen jedoch kunstvoll eingebettet in den Fluß seiner Kommunikationen, die eine neue Klasse von Methoden erfaßten. Er zeigte damit, daß NLP keineswegs eine Schule mit einer festgelegten Theorie, eine Psychotechniksammlung, oder — wie im Buch "Frogs into Princes" (Auf Deutsch: Neue Wege der Kurzzeit-Therapie) etwas provokativer ausgedrückt — eine "Psychotheologie" sei, sondern ein sich ständig erweiterndes Entwicklungssystem, das eine optimistische, neugierige, bejahende Einstellung zum Menschen enthält und ihn an sein Potential heranführt, sich selbst zu verändern. Darüber hinaus demonstrierte er, wie vielfältig effektive Interventionsmöglichkeiten gestaltet werden können, deren Entwicklung allein durch die kreative Begabung und Wahrnehmungsfähigkeit des geschulten Anwenders begrenzt sind. Die Ansätze, die in diesem Buch vertreten sind, unterscheiden sich insbesondere in einem Punkt von allen bisherigen Veränderungsmustern in NLP: Wo sich bislang die Entwicklung von allen Kommunikations- und Veränderungsstrategien auf das Modellieren bekannter Experten auf ihrem Gebiet der Expertise beschränkt hatte, gehen die veränderungswirksamen Interventionen der Submodalitäten auf keinen solchen Experten zurück. Vielmehr sind sie ein Ergebnis der für NLP typischen, rigorosen Wahrnehmungsdisziplin, verbunden mit dem NLPtypischen Pragmatismus. Sie stellen gewissermaßen eine erste Eigenerfindung dar. Es wird hier nicht gezeigt, wie bisher, wie man die Großen am besten nachahmt, sondern wie man selbst wirksame Interventionen erfindet. Wir leben in einer Zeit, in der Dinge und Methoden sich rasch im Sinne der zunehmenden Komplexität entwickeln. Das Material in diesem Buch ist eine Ausnahme, denn es stellt eine wohltuende Vereinfachung dar. Richard Bandler ist es wieder einmal gelungen, ein Modell zu konstruieren, das das Wesentliche im subjektiven Erleben des einzelnen zu einem praktisch-pragmatischen Zweck erlebbar und veränderbar macht. Im menschlichen Bewußtsein ist das, was uns am nächsten liegt, paradoxerweise oftmals am besten verborgen. Wir kennen unsere eigene subjektive Erfahrung bereits so gut, daß wir kaum imstande sind, aus ihr herauszutreten und ihre wesentlichen Bestandteile zu erfahren. Die hier vom Autor entwickelte Methodologie bietet einen praktischen Zugriff auf die Struktur unserer Subjektivität. Sie zeigt neue, verblüffend einfache Wege auf, subjektive Erlebnisfähigkeit zu erweitern und damit das Leben zu bereichern.

Obwohl der gezielte Umgang mit Submodalitäten in gewisser Hinsicht eine Erweiterung des prinzipiellen Arbeitsfeldes der Sinnesmodalitäten darstellt, ist die Praxis und Durchführung von Interventionen dadurch eher einfacher geworden. Der zugrundeliegende Wirkmechanismus der neuen Ansätze basiert auf der Arbeitsweise des menschlichen Gehirns selbst. Richard Bandler hat einen Veränderungskontext entwickelt, der durch seine Plausibilität wie auch durch seine Veränderungswirksamkeit so überzeugend ist, daß der Leser mühelos zu dem Eindruck gelangt, einen faszinierenden Einblick in die individuelle Funktionsweise seines eigenen Gehirns zu gewinnen. Es werden viele Bücher mit dem Anspruch geschrieben, über die objektive Welt zu berichten. Dieses ist eins der wenigen, die das Thema Subjektivität behandeln. Deshalb empfiehlt es sich, dieses Buch weder als Roman noch als Kochbuch zu mißbrauchen, sondern es zunächst als Anleitung zu einer neuen Art der Selbsterfahrung der eigenen Subjektivität zu verwenden. Der pragmatische Charakter des NLP verleiht nur denjenigen Modellen Gültigkeit, die sich als veränderungswirksam erweisen. Dies kann der Leser am besten anhand seiner eigenen Subjektivität überprüfen. In der Psychologie und in der Psychotherapie gibt es inzwischen ein unüberschaubares Angebot an Erklärungsmodellen und Interventionsmethoden, die mit wenigen Ausnahmen recht plausibel wirken. Letztendlich vermag jedoch nicht die Plausibilität, sondern die erfahrbare Effektivität zu überzeugen. Auch in der klinischen Praxis erweisen sich diese Muster als höchst effektiv. Der erste Eindruck des Anwenders mag manchmal so sehr überzeugen, daß er leicht zu der irrigen Annahme gelangt, daß sie für alles wirksam sein müssen. Obwohl sie recht häufig sogar Anlaß zu einer gewissen Euphorie liefern, haben sie wie jedes Instrumentarium auch ihre Grenzen. Aus mehrjähriger Erfahrung mit deren Anwendung in der klinischen Praxis und mit ihrer Vermittlung als Trainer kann ich sowohl verblüffende Bestätigungen ihrer Veränderungswirksamkeit im klinischen Sinne wie auch gewisse recht ernüchternde Erfahrungen berichten. Ihr besonderer Vorteil liegt in der Möglichkeit, maßgeschneiderte und raschwirkende Interventionen zu entwickeln, die weit über eine reine "Reparaturarbeit" am Symptom hinausgehen. Die Sprache des amerikanischen Originaltextes ist in einem recht forschen Umgangston geschrieben, der für den deutschsprachigen Leser manchmal etwas ungewöhnlich wirken mag. Diejenigen, die Richard Bandler "live" erlebt haben, wissen, daß er selten vor seinem Publikum doziert. Er wählt seine Wörter (auch die Schimpfwörter) sehr genau aus. Selbst die Teile des Textes, die einem scheinbar infor-

mativen Zweck dienen, sollten auch als Interaktion mit den Seminarteilnehmern aufgefaßt werden, um den Zweck seiner subtilen Wortspiele und Metaphern erfassen zu können. Als Meister der Kommunikation zeigt er meistens gerade das in seinem Verhalten, was er im gleichen Augenblick in Worten zum Ausdruck bringt, und präsentiert dadurch das Material gleichzeitig auf mehreren Ebenen. Der aufmerksame Leser wird in dem Sprachfluß eine Menge von jener Magie entdecken, zu deren Entmystifizierung das NLP bereits erheblich beigetragen hat. Clive M. Reuben, April 1987

Einführung

Wie oft haben Sie schon einen Satz gehört wie den folgenden: "Sie hat eine glänzende Zukunft vor sich", oder: "Er hat eine schillernde Vergangenheit"? Solche Ausdrücke sind nicht nur Metaphern. Vielmehr sind sie präzise Beschreibungen der Denkprozesse des Sprechers und enthalten den Schlüssel dazu, das eigene Erleben in einer nützlichen Weise zu verändern. Achten Sie z. B. gerade jetzt darauf, wie Sie sich ein angenehmes zukünftiges Ereignis, das in Ihrem eigenen Leben tatsächlich geschehen könnte, in Form eines geistigen Bildes ausmalen. Wenn Sie das Bild heller machen, freuen Sie sich um so mehr darauf? Die meisten Menschen reagieren stärker auf ein helleres Bild; ein paar jedoch zeigen stärkere Reaktionen, wenn das Bild dunkler wird. Und nun nehmen Sie eine angenehme Erinnerung aus Ihrer eigenen Vergangenheit und lassen Sie die Farben noch bunter und intensiver werden.... Wie verändert sich Ihre Reaktion auf die Erinnerung, wenn Ihre Vergangenheit tatsächlich "schillert"? Sollten Sie keinen Unterschied spüren, wenn Sie die Farben des Erinnerungsbildes intensivieren, probieren Sie es in Schwarzweiß. Während das Bild seine Farben verliert, wird die Reaktion typischerweise schwächer. Ein weiteres Beispiel liefern diejenigen Menschen, die sich wünschen, im Leben zu "glänzen". Denken Sie an ein eigenes Erfolgserlebnis, und versehen Sie Ihr Bild davon tatsächlich mit einem Glanz. Sie können nun feststellen, in welcher Weise diese Veränderung Ihre Gefühlsreaktion mitbeeinflußt. (Die Hersteller besserer Werbeprospekte kennen diesen Trick auch!) "Lassen Sie Ihre Vergangenheit hinter sich", ist ein häufiger Ratschlag bei unangenehmen Erlebnissen. Denken Sie an eine unbequeme Erfahrung aus der Vergangenheit und achten Sie darauf, wo Sie dies genau sehen und wie weit weg sich das Bild befindet. Wahrscheinlich sehen Sie es ziemlich nahe vor sich. Jetzt nehmen Sie das Bild und plazieren es in der Vorstellung weit hinter Ihrem Rücken. Wie verändert sich hierdurch Ihr Erleben?

Das sind ein paar recht einfache Beispiele für die Eleganz und Effektivität der neuen "Submodalitäten"- Wirkmuster des NLP, die in den letzten Jahren von Richard Bandler entwickelt worden sind. Eines der anfänglichen Muster im NLP (neurolinguistisches Programmieren) war das Konzept der "Sinnesmodalitäten" bzw. "Repräsentationssysteme". Unsere Fähigkeit, über spezifische Erfahrungen nachzudenken, beruht auf der Verwendung von Sinnesrepräsentationen: visuellen Bildern, auditiven Tönen und Geräuschen sowie kinästhetischen Empfindungen und Gefühlen. Das NLP-Training in den letzten Jahren vermittelte, basierend auf dem Wissen über Sinnesmodalitäten, eine Vielzahl von Methoden, die sich eignen, rasch und effektiv Empfindungen und Verhalten zu verändern. Submodalitäten sind die kleineren Elemente innerhalb jeder Modalität. Einige der visuellen Submodalitäten sind z.B.: Helligkeit, Farbe, Größe, Entfernung, Position und Bildschärfe. Das Wissen über Submodalitäten verschafft den Zugang zu einem riesigen Reichtum an Veränderungsmustern, die noch schneller, einfacher und noch spezifischer sind. Als wir zum ersten Mal im Herbst 1977 NLP kennenlernten, legten wir fast alles beiseite, womit wir uns derzeit beschäftigten, um diese erfrischenden und eleganten Möglichkeiten zur Verhaltensänderung zu studieren. Seinerzeit beschäftigten sich Richard Bandler und John Grinder gemeinsam mit der Entwicklung eines vollkommen neuen und vielversprechenden Betätigungsfeldes. NLP lehrte, wie man die internen Denkprozesse des Einzelnen durch die Beobachtung unbewußter Augenbewegungen verfolgen kann, wie es möglich ist, altbekannte unangenehme Gefühlsreaktionen in ein paar Minuten zu verändern, und vieles mehr. Jetzt, sieben Jahre später, sind die Versprechungen von damals mehr als eingehalten worden. Alle Grundtechniken des NLP haben sich über die Zeit bewährt und ließen sich auch effektiv weitervermitteln. NLP ist häufig beschrieben worden als Themenkreis an der Wachstumsspitze der menschlichen Kommunikation und Veränderungsarbeit. NLP bietet ein konzeptuelles Verständnis, das auf der festen Basis der Informationswissenschaft und Computerprogrammierung beruht, und gleichzeitig ist es tief in der Wahrnehmung lebendigen menschlichen Erlebens verwurzelt. Alles im NLP kann im eigenen Erleben oder durch die Beobachtung von anderen nachgewiesen werden. Die in diesem Buch beschriebenen neuen Submodalitätsmuster erweisen sich selbst im Vergleich zu den früheren Interventionsmethoden des NLP als rasch wirkende und besonders effektive Veränderungstechniken. Es gibt zwar lediglich drei Hauptmodalitäten, aber viele

Submodalitäten innerhalb jeder Modalität. Submodalitäten sind buchstäblich die Weise, in der das Gehirn unser Erleben sortiert und kodiert. Die in diesem Buch beschriebenen Muster können benutzt werden, um sozusagen die menschliche "Software" direkt zu verändern, d.h. unsere Denkmuster und unsere Reaktionen auf das eigene Erleben zu transformieren. Manche Kritiker behaupten, NLP sei zu "kalt" und "technisch", sein Erfolg beschränke sich auf die Veränderung von kleinen Lebensgewohnheiten und die Behandlung von Phobien und lasse "existentielle Grundfragen" vollkommen außer acht. Wir sind auf die Reaktionen solcher Kritiker auf die Methoden zur Veränderung von Verstehensund Glaubenssystemen, wie sie in den Kapiteln 6 und 7 beschrieben werden, sehr gespannt. Dieses Buch öffnet eine Tür zu einem praktischen neuen Weg, die Funktionsweise des menschlichen Geistes zu verstehen. Noch wichtiger ist jedoch: das Buch lehrt spezifische, einfache Prinzipien, die Sie benutzen können, um "Ihr eigenes Gehirn zu steuern". Es bringt Ihnen bei, wie Sie Ihr eigenes Erleben verändern können, wenn es Ihnen wenig gefällt, und wie Sie Ihre Freude am Leben noch weiter erhöhen können, wenn die Dinge gut laufen. Viele von uns besitzen die Fähigkeit, uns bekannte Leitprinzipien auf nützliche Art und Weise neuen Gegebenheiten anzupassen bzw. gelegentlich eine kleine Neuerung einzuführen. Das Geniale an Richard Bandler besteht in seiner kaum nachzuahmenden Fähigkeit, neue Prinzipien zu entdecken und seine Entdeckungen der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sein Sinn für Humor mag ab und zu ätzend und arrogant wirken, insbesondere wenn er gegen Psychologen und Psychiater gerichtet wird (andere Professionelle werden jedoch ebenfalls aufs Korn genommen!). Dies ist teilweise zu verstehen, wenn man begreift, daß, obwohl die Beschreibung der zehnminütigen NLP-Behandlung für Phobien und Traumata vor über sechs Jahren veröffentlicht wurde, die meisten Psychologen immer noch glauben, eine Phobie sei nur über Monate oder Jahre und mit einem hohen Aufwand an Exploration, Medikation (und Geld!) zu behandeln. Wir kennen die Frustration, die in uns hochsteigt, wenn jemand behauptet: "Das ist ja nicht möglich", nachdem wir es hunderte von Malen bereits demonstriert und vielen anderen beigebracht haben, die gleichen Behandlungserfolge zuverlässig zu erzielen. Wenn eine große technische Erneuerung in der Industrie stattfindet, sind Fabrikanten rund um die Welt erpicht darauf, die neue Methode sofort einzusetzen, denn sie wissen, daß ihnen die Konkurrenz anson-

sten Marktanteile abnimmt. Unglücklicherweise gibt es viel mehr Trägheit auf einem Gebiet wie der Psychotherapie, wo Professionelle um so mehr bezahlt werden, je länger sie brauchen, um ein Problem zu lösen. Da Inkompetenz sich lohnt, brauchen neue und bessere Methoden viel länger, um akzeptiert zu werden. Die Trägheit auf dem Gebiet der Psychologie wurde auch von anderen beklagt. Salvador Minuchin, bekannt durch seine Entwicklungen auf dem Gebiet der Familientherapie, berichtete neulich: "Wie reagierten die anderen auf unsere Forschungsergebnisse?... Indem sie ihre eigenen Paradigmen verteidigten. Als Antwort auf neues Wissen entsteht immer die Frage, wie man trotzdem die Dinge fortsetzen kann, für die man bereits trainiert worden ist." Trotz dieser Trägheit gibt es sowohl in der Psychologie als auch in der Psychiatrie einige Ausnahmen, z. B. wißbegierige Professionelle, die bereit sind, jede Methodik zu erlernen, von der ihre Klienten schneller, besser und gründlicher profitieren können. Wir hoffen, dieses Buch findet den Weg in Ihre Hände. Vor einigen Jahren wurden wir auf die neue Ausrichtung aufmerksam, die Richard Bandler in seiner genialen Art zu explorieren begonnen hatte, und es wurde uns klar, wie nützlich diese neuen Kommunikationsmuster für Menschen überall auf der Welt sein könnten, sobald sie einen größeren Bekanntheitsgrad erlangten. Dessenungeachtet war es hauptsächlich unser gespanntes Interesse an den Submodalitäten und unsere persönliche Faszination, die uns bewog, dieses Buch herauszugeben. Unsere Informationsquellen waren Audiobänder und Transkripte einer großen Anzahl von Seminaren und Workshops, die Richard in letzter Zeit gehalten hatte. Danach kam der lange Prozeß des Sortierern und der Organisation eines derart großen Reichtums an Material. Wir experimentierten persönlich damit und vermittelten es an andere, um zu einer Vertiefung unseres Verständnisses zu gelangen. Auf der Basis unserer somit gemachten Erfahrungen stellten wir schließlich das Material in Form dieses Buches zusammen. Wir haben uns bemüht, den lebendigen Stil und die Atmosphäre der ursprünglichen Seminare beizubehalten, wobei wir allerdings die Reihenfolge von einigen Teilen verändert haben, um das Verständnis des geschriebenen Textes zu erleichtern. Die meisten Bücher über sich schnell entwickelnde Themen sind um fünf bis zehn Jahre veraltet, bis sie auf dem Markt erscheinen. Der Haupteil des Materials in diesem Buch ist etwa drei Jahre alt. Es gibt einige neuere Submodalitätsmuster, die zur Zeit in fortgeschrittenen

NLP- Seminaren vermittelt werden, und Richard entwickelt fortlaufend neue Wirkmuster. Ein Grundprinzip im NLP ist, daß die Sequenz von Erlebnisinhalten, wie die Reihenfolge von Wörtern in einem Satz, sich auf ihre Bedeutung auswirkt. Die Anordnung der Kapitel in diesem Buch ist sorgfältig bedacht worden. Da viel Material in den späteren Kapiteln die Information und das Erleben in den früheren Kapiteln voraussetzt, wird der Leser eher zu einem tieferen Verständnis gelangen, wenn er beim Lesen diese Reihenfolge beibehält. Ein weiteres Prinzip des NLP besagt, daß Wörter nur inadäquate Bezeichnungen für Erlebnisse sind. Es ist ein Unterschied, ob man lediglich darüber liest, wie ein Nagel in ein Brett hineingehämmert wird, oder ob man den Hammer selbst in der Hand spürt und den dumpfen Schlag hört, während der Nagel in ein weiches Stück Kiefernholz hineinsinkt. Noch ein ganz anderes Erleben ist es, das Scheppern und Drehen im Griff des Hammers zu fühlen und zu sehen, wie sich der Nagel unter dem Hammerschlag biegt, während Sie den "Peng" hören, mit dem das versteckte Astloch auf sich aufmerksam macht. Die Muster in diesem Buch sind Werkzeuge. Wie jedes Werkzeug müssen sie benutzt werden, wenn man sie vollkommen verstehen möchte, und die Verwendung muß geübt werden, um konsistent die erwünschten Ergebnisse zu erzielen. Wenn Sie wollen, können Sie dieses Buch rasch überfliegen, um sich darüber zu informieren, was darin steht. Wenn Sie wiederum imstande sein möchten, diese Information wirklich zu nutzen, ergreifen Sie die Gelegenheit, in Ihrem eigenen Erleben und mit anderen die Wirkmuster auszuprobieren, sonst wird Ihr Wissen rein "akademisch" bleiben. Connirae Andreas Steve Andreas April 1985

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Wer fährt den Bus

Neurolinguistisches Programmieren ist ein Begriff, den ich erfunden hatte, um zu vermeiden, daß ich mich auf diesem oder jenem Gebiet spezialisieren müßte. Im Studium war ich einer von denen, die sich nicht entscheiden konnten, was sie werden wollten, und ich beschloß, es so zu belassen. Ein wesentliches Charakteristikum des NLP ist eine bestimmte Art und Weise, menschliches Lernen zu betrachten. Obwohl viele Psychologen und Sozialarbeiter NLP verwenden, um das zu tun, was sie "Therapie" nennen, denke ich, daß es angemessener ist, NLP als lernpädagogischen Prozeß zu bezeichnen. Im Grunde genommen entwickeln wir Methoden, um Menschen beizubringen, wie sie ihr eigenes Gehirn nutzen können. Die meisten Menschen benutzen ihr eigenes Gehirn weder aktiv noch mit gewollter Absicht. Ihr Gehirn ist wie eine Maschine ohne "Aus"-Schalter. Wenn Sie ihm nichts zu tun geben, läuft es einfach weiter und weiter, bis es sich langweilt. Wenn Sie einen Menschen in einen Apparat setzen, in welchem er keine externen Reize erlebt, wie bei den Untersuchungen zur sensorischen Deprivation, wird er beginnen, internes Erleben zu erzeugen. Wenn Ihr Gehirn einfach herumsitzt, ohne irgendetwas besonderes zu tun, wird es immer irgendetwas finden, was es tun kann, und es scheint ihm ziemlich egal zu sein, was es ist. Vielleicht macht's Ihnen was aus, aber ihm nicht. Zum Beispiel: saßen Sie jemals einfach so herum und kümmerten sich dabei um nichts Besonderes, oder schliefen sogar, und plötzlich zeigt Ihnen Ihr Gehirn ein Bild, das Sie beinahe zu Tode erschreckt? Wie oft wachen Leute mitten in der Nacht auf, weil sie eben im Traum ein ekstatisches, vergnügliches Erlebnis wiedererlebt haben? Wenn Sie einen schlechten Tag gehabt haben, dann zeigt Ihnen Ihr Gehirn anschließend am laufenden Band lebhafte Wiederaufführungen desselben. Es reicht nicht, einen schlechten Tag gehabt zu haben; Sie können sich ruhig den ganzen Abend ruinieren und vielleicht auch noch einen Teil der nächsten Woche.

Die meisten Menschen lassen es nicht dabei bewenden. Wie viele von Ihnen denken an unangenehme Dinge, die vor langer Zeit passiert sind? Es ist, als ob Ihr Gehirn sagt: "Machen wir es nochmals durch! Wir haben noch eine Stunde vor dem Mittagessen, wie wäre es denn damit, an etwas wirklich Deprimierendes zu denken? Vielleicht geht es sogar, sich drei Jahre zu spät darüber zu ärgern." Haben Sie einmal etwas von "unerledigten Geschäften" gehört? (Anmerkung des Übersetzers: "Unfinished Business" ist ein Konzept aus der Gestalttherapie). Sie sind bereits erledigt; bloß waren Sie mit dem Ergebnis gar nicht zufrieden. Ich möchte, daß Sie herausfinden, wie Sie lernen können, Ihr eigenes Erleben zu verändern, um etwas Kontrolle über das zu bekommen, was in Ihrem Gehirn tatsächlich passiert. Die meisten Menschen sind Gefangene ihres eigenen Gehirns. Sie verhalten sich, als ob sie am Hintersitz eines Busses festgekettet wären, während jemand anderes lenkt. Ich möchte, daß Sie lernen, Ihren eigenen Bus zu fahren. Wenn Sie Ihr Gehirn nicht ein wenig dirigieren, wird es entweder ziellos weiterlaufen, oder aber andere Menschen werden Wege finden, die Steuerungsaufgabe zu übernehmen. Möglicherweise werden sie nicht unbedingt Ihre besten Interessen im Sinne haben. Selbst bei bester Absicht kann es sein, daß ihnen Fehler unterlaufen. NLP ist eine Gelegenheit, Subjektivität zu studieren — d.h. die Beschäftigung mit einer Sache, die während meiner Schulzeit als etwas ganz Schreckliches angesehen wurde. Mir wurde gesagt, daß wahre Wissenschaft die Dinge nur objektiv anschaue. Dennoch bemerkte ich, wie ich scheinbar am meisten durch meine eigene subjektive Erfahrung beeinflußt war. Ich wollte etwas darüber wissen, wie das funktioniert und wie es bei anderen Menschen ist. Ich werde in diesem Seminar ein paar Gehirnspiele mit Ihnen spielen, denn das Gehirn ist mein Lieblingsspielzeug. Wer von Ihnen hätte gerne ein eidetisches Gedächtnis? Und wer von Ihnen erinnert sich lebhaft und immer wieder an vergangene unangenehme Erfahrungen? Das macht Ihr Leben wenigstens ein wenig saftiger. Wenn Sie einen Horrorfilm im Kino anschauen und sich dann später zu Hause hinsetzen, wird das Hinsetzen Sie wahrscheinlich an die Schreckenserfahrungen erinnern, die Sie im Kinosessel gemacht haben. Wieviele von Ihnen haben diese Erfahrung schon einmal gemacht? Und Sie behaupten, doch kein eidetisches Gedächtnis zu besitzen! Sie haben bereits eins, aber Sie benutzen es ziemlich unkontrolliert. Wenn Sie für vergangene Unannehmlichkeiten ein hervorragendes Gedächtnis besitzen, wäre es sicherlich auch ganz schön, einen

Teil dieser Fähigkeit vorsätzlich für nützliche Erfahrungen zu aktivieren. Wieviele von Ihnen haben jemals über etwas nachgedacht, das noch nicht passiert war, und fühlten sich bereits im Voraus schlecht? Warum sollten Sie noch darauf warten, wenn Sie sich gleich schlecht fühlen können, nicht wahr? Und dann ist das Ereignis in der Tat nicht eingetreten! Die schlechte Erfahrung mußten Sie zum Glück nicht verpassen! Diese Fähigkeit kann auch umgekehrt funktionieren. Manche von Ihnen erleben die schönsten Urlaubszeiten, noch bevor Sie wegfahren, und dann bringen Sie es fertig, bei der Ankunft enttäuscht zu sein. Enttäuschung erfordert adäquate Planung. Haben Sie jemals daran gedacht, wieviel Mühe Sie sich geben müssen, um überhaupt enttäuscht sein zu können? Sie müssen wirklich dafür gründlich planen. Je mehr Planung, desto mehr Enttäuschung. Manche Leute gehen ins Kino und sagen: "Der Film war einfach nicht so gut, wie ich ihn mir vorgestellt hatte". Bei so etwas frage ich mich, wieso sie überhaupt ins Kino gehen, wenn derart gute Filme bereits in ihren Köpfen ablaufen? Warum geht man in einen Raum mit verdrecktem Boden und unbequemen Sitzen, um dann zu behaupten: "Da kann ich im Kopf selbst ohne Drehbuch etwas viel Besseres ausdenken"? So etwas passiert leicht, wenn Sie Ihrem Gehirn freien Lauf lassen. Die Menschen wenden viel mehr Zeit dafür auf, zu lernen, wie man eine Küchenmaschine bedient, als sich beizubringen, wie sie ihr Gehirn benutzen können. Es wird generell nicht viel Wert darauf gelegt, den eigenen Geist in einer anderen als der gewohnten Weise zu verwenden. Man sagt: "Du sollst Du selbst sein" — als hätten Sie wirklich eine Alternative dazu. Sie sitzen damit fest, glauben Sie mir. Vielleicht könnten Sie alle Gedächtnisspuren mit Elektroschocks ausradieren und sich dann in jemanden anderen verwandeln, aber die Ergebnisse, die ich da gesehen habe, wirken nicht gerade verlockend. Bis wir so etwas erfinden wie eine Löschvorrichtung für den Geist, denke ich, werden Sie wahrscheinlich mit Ihrem jetzigen Selbst zufrieden sein müssen. Und das ist gar nicht so schlecht, da Sie lernen können, Ihr Gehirn bedarfsgerechter zu benutzen. Das ist das Wesen von NLP. Als ich anfing, zu unterrichten, hatten einige Leute die Vorstellung, daß NLP dabei helfen könnte, die Psyche von anderen Menschen zu programmieren, um sie besser zu kontrollieren und sie damit weniger menschlich zu machen. Sie schienen die Vorstellung zu haben, daß die absichtliche Veränderung eines Menschen ihn irgendwie weniger menschlich machen würde. Die meisten sind bereit, sich absichtlich

mit Antibiotika und Kosmetika zu verändern, aber menschliches Verhalten scheint anders zu sein. Ich habe noch nie verstanden, wieso ein Mensch weniger Mensch ist, wenn man ihn verändert und dadurch sein Leben glücklicher macht. Aber ich habe wohl gemerkt, wieviele Leute die Fähigkeit besitzen, ihren eigenen Partnern, Kindern und sogar vollkommen fremden Menschen schlechte Gefühle zu bereiten, bloß indem sie "sie selbst" sind. Ich frage die Leute manchmal: "Warum bestehst du darauf, du selbst zu sein, wenn du stattdessen etwas ganz Wertvolles sein könntest?" Ich möchte Ihnen einiges von der unendlichen Vielfalt an Möglichkeiten des Lernens und der Lebensveränderung vorstellen, die Ihnen zur Verfügung stehen, wenn Sie beginnen, Ihr eigenes Gehirn mit eigener Zielsetzung zu verwenden. Es gab eine Zeit, in der die Filmproduzenten Filme drehten, in denen Computer alle Lebensaufgaben übernahmen. Viele Menschen begannen, Computer nicht als Werkzeuge zu betrachten, sondern als Dinge, die die Menschen ersetzten. Wenn sie schon Heimcomputer gesehen haben, wissen Sie, daß es dafür zum Beispiel Programme zur Scheckkontoüberprüfung gibt! Die Überprüfung Ihrer Scheckausgaben auf einem Heimcomputer dauert etwa sechsmal so lange wie auf herkömmliche Art und Weise. Sie müssen dafür nicht nur die Beträge im Scheckheft notieren, sondern auch nach Hause gehen, um sie am Heimcomputer einzutippen. Deshalb werden heutzutage soviele Heimcomputer als Blumenständer verwendet. Am Anfang sind Sie vom neuen Spielzeug begeistert, und dann stellen Sie es nach einer Weile in die Ecke. Wenn Sie Freunde einladen, die Sie lange nicht mehr gesehen haben, wird der Computer herausgeholt, damit sie all die Spiele darauf spielen dürfen, an denen Sie schon längst das Interesse verloren haben. Darum geht es eigentlich nicht bei Computern. Aber die trivialen Aufgaben, die von Computern erledigt werden, ähneln den trivialen Weisen, wie die meisten Menschen ihre Gehirne verwenden. Andauernd höre ich die Behauptung, daß Menschen im Alter von etwa fünf aufhören zu lernen; ich habe jedoch kein Beweismaterial hierfür entdecken können. Halten Sie mal kurz inne, und denken Sie jetzt darüber nach, wieviele vollkommen nutzlose Dinge Sie seit Ihrem fünften Lebensjahr gelernt haben, von den verwertbaren Sachen ganz abgesehen? Menschen haben eine erstaunliche Lernfähigkeit. Ich bin überzeugt, und ich werde Sie auch so oder so überzeugen, daß Sie noch weiterhin eine Lernmaschine sind. Das Gute daran ist, daß Sie Dinge elegant und rasch lernen können. Problematisch dabei ist jedoch, daß Sie Unsinn genauso leicht wie Nützliches lernen können.

Bei wievielen von Ihnen kreisen immer wieder die gleichen Gedanken im Kopf herum? Sie sagen zu sich selbst: "Das würde ich mir gerne aus dem Kopf schlagen". Aber ist es nicht merkwürdig, daß es sich dort zuerst mal überhaupt eingeschleust hatte? Das Gehirn ist ein wahres Phänomen. Das Problem beim Gehirn ist weniger, daß es nicht lernen kann, wie uns öfter erzählt worden ist. Vielmehr ist das Problematische dabei, daß es Dinge zu rasch und zu gut lernt. Denken Sie zum Beispiel an eine Phobie. Es ist eine großartige Leistung, sich jedesmal, wenn Sie eine Spinne sehen, immer wieder daran zu erinnern, eine Panikattacke zu bekommen. Sie finden niemals einen Spinnenphobiker, der gerade eine Spinne betrachtet, während er denkt: "Eh, Mist, ich habe vergessen, Angst zu kriegen". Gibt es ein paar Dinge, die Sie gerne ebenso perfekt lernen möchten? Wenn Sie in dieser Weise darüber nachdenken, ist eine Phobie eine beachtliche Lernleistung. Und wenn Sie die Ursprünge in der persönlichen Geschichte des Betreffenden zurückverfolgen, finden Sie häufig heraus, daß es sich um eine einmalige Darbietung der Lernsituation handelt: es war nur eine einzige momentane Erfahrung nötig, damit die Person etwas derart gründlich lernte, daß sie es ein ganzes Leben lang behält. Wieviele von Ihnen haben über Pawlow und seine Hunde gelesen, und die Klingel und diesen ganzen Kram? - und bei wievielen von Ihnen läuft jetzt das Wasser im Mund zusammen? Sie mußten den Hund festhalten, eine Klingel ertönen lassen und ihn füttern, immer und immer wieder, bis er diese Reaktion lernte. Sie mußten nur darüber lesen, um die gleiche Reaktion wie der Hund zu bekommen. Das ist keine besondere Leistung, aber ein Hinweis darauf, wie rasch Ihr Gehirn lernen kann. Sie können viel schneller als jedweder Computer lernen: Wir müssen mehr über das subjektive Erleben des Lernprozesses erfahren, so daß Sie Ihr Lernen selbst dirigieren können. Sie können dabei mehr Kontrolle über das eigene Erleben erlangen und über das, was Sie lernen. Ist das Phänomen "unser Lied" Ihnen bekannt? In einer Zeit, als Sie mit einer für Sie besonders wichtigen Person zusammen waren, hatten Sie ein Lieblingslied, das Sie beide öfters hörten. Wenn immer Sie jetzt dieses Lied hören, denken Sie automatisch an diese Person und fühlen die guten Gefühle von damals wieder. Das funktioniert genauso wie bei Pawlow und dem Speichelfluß. Die meisten Menschen haben keine Ahnung, wie leicht es ist, Erfahrungen auf diese Weise miteinander zu verbinden, oder wie schnell sie das geschehen lassen können, wenn sie systematisch vorgehen.

Einmal beobachtete ich einen Therapeuten, der es in einer Sitzung fertigbrachte, seinem Patienten eine Agoraphobie (Platzangst) zu verpassen. Der Therapeut war ein netter Mann mit den besten Absichten, der seine Patienten wirklich mochte. Er hatte einige Jahre klinischen Trainings hinter sich gebracht, hatte aber nicht die geringste Ahnung, was er tat. Sein Klient kam mit einer umschriebenen Höhenphobie. Der Therapeut bat ihn, seine Augen zu schließen und über die Höhenängste nachzudenken. Brrr — der Typ lief rot an und begann zu zittern. "Und jetzt denken Sie an etwas, das Ihnen Sicherheit bedeutet". "Hmmm." "Nun denken Sie an hohe Plätze". "Brrr." "Jetzt denken Sie an Autofahren". "Hmmm." "Jetzt denken Sie an die Höhenängste". "Urrp..." Der Mann hatte zum Schluß phobische Gefühle in bezug auf fast alles in seinem Leben — was öfters Agoraphobie genannt wird. Was der Therapeut tat, war in gewisser Weise genial. Er veränderte die Gefühle seines Klienten, indem er verschiedene Erfahrungen miteinander verband. Das Gefühl, das er generalisieren wollte, halte ich jedoch nicht für besonders geeignet. Er verband die Panikgefühle dieses Mannes mit allen Situationen, die ihm in seinem Leben bisher Sicherheit vermittelt hatten. Man kann für den gleichen Prozeß ein gutes Gefühl des Klienten benutzen und es auf die gleiche Weise generalisieren. Wenn dieser Therapeut den Prozeß, den er benutzte, verstanden hätte, hätte er ihn umkehren können. Das gleiche habe ich bei Paartherapien beobachtet. Die Frau beginnt, sich über etwas zu beklagen, was ihr Mann getan habe, und der Therapeut sagt: "Schauen Sie Ihren Mann an, während Sie das sagen. Sie müssen Augenkontakt haben." Dies wird die negativen Gefühle mit dem Anblick des Gesichtes ihres Mannes verbinden, so daß sie diese negativen Gefühle immer dann bekommen wird, wenn sie ihren Mann anschaut. Virginia Satir benutzt den gleichen Prozeß in der Familientherapie, aber sie kehrt ihn um. Sie fragt ein Paar nach besonderen Augenblicken aus der Zeit, als sie sich verliebten, und wenn ihre Gesichter beginnen, aufzuleuchten, dann läßt sie die beiden einander ansehen. Daraufhin sagt sie vielleicht so etwas wie: "Und ich möchte, daß Sie sich klar machen, daß dies die Person ist, in die Sie sich vor zehn Jahren so tief verliebten." Dies verbindet ein völlig anderes Gefühl — und meistens ein sehr viel nützlicheres — mit dem Gesicht des Ehepartners. Ein Paar, das zu mir kam, war schon einige Zeit in Therapie gewesen, stritt sich aber immer noch. Zu Hause stritten sie früher die ganze Zeit, aber als sie zu mir kamen, stritten sie nur noch im Therapiezim-

mer. Wahrscheinlich sagte der Therapeut etwas wie: "Ich möchte, daß Sie alle Ihre Auseinandersetzungen bis zu unseren Sitzungen aufheben, damit ich Sie beobachten kann." Ich wollte herausfinden, ob ihr Streiten mit dem Therapeuten oder mit seinem Zimmer verbunden war, und ließ sie experimentieren. Ich fand heraus, daß sie sich nicht stritten, wenn sie in der Praxis des Therapeuten waren und dieser nicht anwesend war, daß sie aber stritten, wenn er eine Sitzung bei ihnen zu Hause abhielt. So riet ich ihnen einfach, den Therapeuten nicht mehr aufzusuchen. Das war eine einfache Lösung, die ihnen viel Geld und Mühe ersparte. Einer meiner Klienten konnte sich nicht ärgern, da er sonst sofort extreme Angst bekam. Man könnte sagen, daß er eine Ärger-Phobie hatte. Es stellte sich heraus, daß seine Eltern, wenn er sich als kleines Kind geärgert hatte, jedesmal ebenfalls wütend geworden waren und ihn außerordentlich geängstigt hatten, so daß diese beiden Gefühle sich miteinander verknüpften. Er war inzwischen erwachsen und hatte schon seit fünfzehn Jahren nicht mehr mit seinen Eltern zusammengelebt, aber er reagierte immer noch auf dieselbe Weise. Ich betrat die Welt der persönlichen Veränderung von der Welt der Mathematik und Informatik her. Computerleute möchten meistens nicht, daß ihr Gebiet irgendetwas mit Menschen zu tun hat. Sie bezeichnen das als " Sich-die-Hände-schmutzig-machen ". Sie arbeiten gerne mit glänzenden Computern und tragen weiße Laborkittel. Aber ich habe herausgefunden, daß es kein besseres Analogon für die Arbeitsweise meines Gehirns gibt als den Computer — besonders im Hinblick auf seine Grenzen. Der Versuch, einen Computer zu bewegen, etwas Bestimmtes zu tun, wie einfach dies auch sein mag, ist der Vorgehensweise mit Menschen sehr ähnlich. Die meisten von Ihnen kennen Computerspiele. Sogar die einfachsten sind recht schwer zu programmieren, weil man die im Hinblick auf Kommunikation sehr begrenzten Mechanismen der Maschine benutzen muß. Wenn Sie der Maschine Instruktionen geben, die sie befolgen kann, müssen diese Instruktionen so präzise angeordnet sein, daß sie weiterverarbeitet werden können und der Computer seine ihm gestellte Aufgabe erledigen kann. Gehirne sind, ebenso wie Computer, nicht "Benutzer- freundlich". Sie machen genau das, was man ihnen sagt, und nicht das, was man von ihnen will. Und man kann sich leicht über sie ärgern, weil sie nicht das tun, was man ihnen eigentlich sagen wollte! Eine Programmieraufgabe nennt man Modellieren — das ist meine Aufgabe. Modellieren bedeutet, einen Computer zu veranlassen, das zu tun, was ein Mensch tun kann. Wie veranlaßt man eine Maschine,

etwas auszuwerten, eine mathematische Aufgabe zu lösen oder ein Licht zur richtigen Zeit auszuschalten? Menschen können ein Licht anoder ausschalten oder eine Mathematikaufgabe lösen. Manche machen es gut, andere machen es manchmal gut, und andere wiederum können es überhaupt nicht gut. Das Ziel eines Modellierers besteht darin, die beste Art der Aufgabenlösung zu nehmen und durch eine Maschine zu realisieren. Mir ist dabei nicht wichtig, ob diese Art der Lösung dem entspricht, wie Menschen tatsächlich Aufgaben lösen. Modellierer müssen nicht im Besitz der Wahrheit sein. Wir brauchen lediglich etwas, das funktioniert. Wir sind die Leute, die Kochbücher schreiben. Wir wollen nicht wissen, warum dies ein Schokoladenkuchen ist — wir wollen wissen, was wir an Zutaten brauchen, damit es der richtige Kuchen wird. Wenn man ein Rezept kennt, heißt dies nicht, daß es nicht noch viele andere Wege gibt. Wir wollen wissen, wie man Schritt für Schritt von den Zutaten ausgehend zum Schokoladenkuchen gelangt. Wir möchten außerdem wissen, wie man vom fertigen Schokoladenkuchen zurück zu den Zutaten findet, wenn jemand uns das Rezept vorenthalten will. Information auf diese Weise aufzuschlüsseln, ist die Aufgabe eines Informatikers. Die interessanteste Information, die man dabei erhalten kann, betrifft die Subjektivität eines anderen Menschen. Wenn jemand etwas Interessantes tun kann, möchten wir dieses Verhalten modellieren, und unsere Modelle entsprechen subjektiver Erfahrung. "Was kann diese Person im Kopf tun, das ich auch meistern könnte ?" Ich kann natürlich nicht sofort ihre jahrelange Erfahrung haben und die feinen Abstimmungen, die daraus resultieren, aber ich kann sehr schnell eine große Menge Informationen über die Struktur ihres Tuns erhalten. Als ich mit Modellieren begann, hielt ich es für logisch, zunächst herauszufinden, was die Psychologie bisher darüber gelernt hatte, wie Menschen denken. Als ich mich aber mit der Psychologie beschäftigte, merkte ich, daß dieses Gebiet hauptsächlich aus einer riesigen Menge von Beschreibungen bestand, in welcher Weise Menschen gestört oder kaputt sein könnten. Es gab einige vage Beschreibungen darüber, was es bedeutete, ein "ganzheitlicher Mensch", "aktualisiert" oder "integriert" zu sein, jedoch handelte es sich hauptsächlich um Beschreibungen der verschiedenen Möglichkeiten, gestört zu sein. Das neueste "Diagnostische und statistische Handbuch III" , das von Psychiatern und Psychologen benutzt wird, enthält zwar auf mehr als 450 Seiten Beschreibungen darüber, welche Störungen ein Mensch haben kann, aber nicht eine einzige Seite über Gesundheit. Schizophrenie

ist eine Störung mit viel Prestige; Katatonie ist ein sehr stiller Weg. Obwohl hysterische Lähmungen während des Ersten Weltkriegs sehr beliebt waren, sind sie jetzt aus der Mode; man findet sie heute nur noch gelegentlich unter sehr ungebildeten Immigranten, die die Zeichen der Zeit nicht erkennen. Man muß schon Glück haben, um heute noch so etwas zu finden. Ich habe in den letzten sieben Jahren nur fünf gesehen, und zwei davon hatte ich mit Hilfe von Hypnose selbst hervorgerufen. "Borderline" ist heute eine sehr modische Form des Gestörtseins. Es bedeutet, nicht ganz verrückt zu sein, aber auch nicht ganz normal — als ob nicht jeder so wäre! In den fünfziger Jahren, nachdem das Buch "Die drei Gesichter von Eve" erschienen war, hatten multiple Persönlichkeiten immer drei. Aber seit "Sybil", die siebzehn Persönlichkeiten hatte, sehen wir immer mehr davon, und alle haben mehr als drei. Wenn Sie denken, daß ich mit Psychologen schlecht umspringe, warten Sie nur ab. Wissen Sie, wir Leute aus dem Computerbereich sind so verrückt, daß wir an jedem herummäkeln können. Wer vierundzwanzig Stunden am Tag vor einem Computer sitzt und versucht, Erfahrung auf Nullen und Einsen zu reduzieren, befindet sich so weit außerhalb der Welt normaler menschlicher Erfahrung, daß ich ohne weiteres sagen kann, ein anderer sei verrückt, und bin selber immer noch schlimmer dran. Vor langer Zeit kam ich zu dem Schluß, nachdem ich niemanden gefunden hatte, der so verrückt war wie ich, daß die Menschen nicht wirklich kaputt sein könnten. Seitdem habe ich erkannt, daß Menschen fehlerfrei funktionieren. Mir gefällt vielleicht nicht, was sie tun, oder sie mögen es vielleicht nicht, aber sie sind in der Lage, es systematisch wieder und wieder zu tun. Das bedeutet nicht, daß sie gestört sind; sie tun lediglich etwas anderes, als wir oder sie eigentlich möchten. Wenn Sie vor Ihrem geistigen Auge sehr lebhafte Bilder machen — insbesondere wenn Sie diese scheinbar außerhalb von Ihrer Person sehen können, können Sie lernen, ein Ingenieur oder ein Psychotiker zu sein. Das eine wird besser bezahlt als das andere, aber es macht nicht so viel Spaß. Dem Tun von Menschen liegt eine Struktur zugrunde, und wenn man diese Struktur erkennt, kann man herausfinden, wie sie zu verändern ist. Sie können sich auch Rahmenbedingungen ausdenken, wo die Anwendung einer solchen Struktur perfekt wäre. Denken Sie an die Möglichkeit, Dinge aufzuschieben: Wie wäre es, wenn Sie diese Gabe benutzen würden, um das Gefühl des Gekränktseins aufzuschieben, wenn jemand Sie beleidigt?!

"Oh, ich weiß, ich sollte mich jetzt eigentlich schlecht fühlen, aber ich mach das einfach später." Was wäre, wenn Sie Schokolade- und Eisessen für immer verschieben würden — Sie kamen einfach nie so recht dazu. Die meisten Menschen denken allerdings nicht so. Der Grundgedanke der vorherrschenden Psychologie lautet: "Was ist nicht in Ordnung?" Wenn ein Psychologe eine Bezeichnung für das hat, was nicht in Ordnung ist, will er wissen, wann Sie einen Knacks bekommen haben und was bei Ihnen den Knacks verursacht hat. Dann meint er, zu wissen, warum Sie einen Knacks haben. Wenn man annimmt, daß ein Mensch gestört ist, besteht der nächste Schritt darin, herauszufinden, ob und wie er wiederhergestellt werden kann. Psychologen waren nie daran interessiert, wie man es fertig bringt, gerade diese bestimmte Störung zu bekommen, oder wie es einem gelingt, den Zustand des Gestörtseins kontinuierlich aufrechtzuerhalten. Ein weiteres Problem mit der üblichen Psychologie besteht darin, daß sie gestörte Menschen untersucht, um herauszufinden, wie man sie wiederherstellt. Das ist so, als ob man die Autos auf einem Schrottplatz untersucht, um herauszukriegen, wie Autos besser funktionieren könnten. Wenn man viele Schizophrene studiert, mag man vielleicht lernen, wie man wirklich gut schizophren wird, aber man wird nichts über die Dinge erfahren, die sie nicht können. Als ich das Personal in einer Nervenklinik unterrichtete, schlug ich vor, daß sie ihre schizophrenen Patienten nur so lange studieren sollten, bis sie wußten, was diese nicht tun konnten. Dann sollten sie normale Menschen studieren, um herauszufinden, wie jene dieselben Dinge tun, um das dann ihren schizophrenen Patienten beizubringen. Eine Frau hatte zum Beispiel folgendes Problem: Wenn sie sich etwas vorgestellt hatte, konnte sie dies einige Minuten später nicht mehr von einer realen Erinnerung unterscheiden. Wenn sie dieses Bild vor ihrem geistigen Auge sah, konnte sie nicht unterscheiden, ob es sich hierbei um etwas handelte, das sie tatsächlich gesehen hatte, oder um etwas, das sie sich nur vorgestellt hatte. Dies verwirrte sie und ängstigte sie mehr als ein Horrorfilm. Ich schlug ihr deshalb vor, Bilder, die sie selber konstruierte, mit einem schwarzen Rahmen zu versehen, so daß sie diese von den anderen unterscheiden könnte, wenn sie sich später an sie erinnerte. Sie probierte dies aus, und es klappte gut — bis auf die Bilder, die sie sich gemacht hatte, bevor ich ihr den Vorschlag gemacht hatte. Es war dennoch ein guter Anfang. Sobald ich ihr genau sagte, was zu tun sei, konnte sie es perfekt. Aber ihre Krankenakte war

zwanzig Zentimeter dick, mit psychologischen Analysen und Beschreibungen ihres gestörten Zustandes aus zwölf Jahren. Sie suchten nach der "tief im Inneren verborgenen Bedeutung". Sie hatten im Studium zuviele Lyrik- und Literaturkurse belegt. Wenn man weiß, was zu tun ist, ist Veränderung sehr viel leichter als das. Die meisten Psychologen denken, es sei schwierig, mit verrückten Menschen zu kommunizieren. Das stimmt zum Teil; teilweise liegt es aber auch daran, wie sie mit verrückten Menschen umgehen. Wenn jemand sich etwas eigenartig verhält, wird er aus der Öffentlichkeit entfernt, mit Beruhigungsmitteln vollgepumpt und mit dreißig anderen in eine geschlossene Anstalt gesteckt. Man beobachtet ihn 72 Stunden lang und sagt: " Na, der führt sich aber komisch auf." Wir anderen würden uns dort wohl nicht komisch verhalten, nehme ich an! Wieviele von Ihnen haben den Artikel "On being sane in insane places" (Psychisch gesundsein in einer verrückten Umgebung) gelesen? Ein Soziologe führte ein Experiment durch, bei dem sich einige gesunde, glückliche Studenten in Nervenkliniken aufnehmen ließen. Bei allen wurden schwerwiegende Störungen diagnostiziert. Die meisten hatten große Schwierigkeiten, wieder entlassen zu werden, da das Personal diese Versuche als Anzeichen ihrer Krankheit betrachtete. Wenn das kein "Catch-22" ist! Die Patienten erkannten, daß diese Studenten nicht verrückt waren, aber das Personal nicht. Als ich vor einigen Jahren verschiedene Methoden zur persönlichen Veränderung studierte, hielten die meisten Menschen Psychologen und Psychiater für Experten auf diesem Gebiet. Meiner Ansicht nach waren viele unter ihnen jedoch geradezu Bilderbuchbeispiele von Psychosen und Neurosen. Haben Sie jemals ein "Es" gesehen? Oder eine "infantile libidinöse Reaktionsbildung"? Wer so spricht, sollte sich hüten, andere Menschen als verrückt zu bezeichnen. Viele Psychologen sind der Ansicht, daß Katatoniker wirklich schwierig sind, weil sie sie nicht dazu bewegen können, mit ihnen zu kommunizieren. Sie sitzen einfach nur in starrer Haltung, ohne sich zu rühren, bis ein anderer sie bewegt. Tatsächlich aber ist es sehr einfach, einen Katatoniker zur Kommunikation zu bewegen. Sie müssen ihm nur mit einem Hammer auf die Hand schlagen. Wenn Sie den Hammer das nächste Mal heben, wird er wahrscheinlich seine Hand wegziehen und sagen: " Tun Sie das nicht noch einmal!" Dies heißt nicht, daß er "geheilt" ist, aber er ist jetzt in einem Zustand, in dem Sie mit ihm kommunizieren können. Das ist ein Anfang. Ich bat einmal die örtlichen Psychiater, mir die verrückten Klienten zu schicken, mit denen sie am meisten Schwierigkeiten hatten. Ich

machte die Erfahrung, daß man mit wirklich verrückten Klienten auf lange Sicht gesehen leichter arbeiten kann. Ich glaube, es ist einfacher, mit einem völlig ausgeflippten Schizophrenen zu arbeiten, als einen "normalen" Menschen dazu zu bringen, das Rauchen aufzugeben, wenn er dies gar nicht will. Psychotiker scheinen unberechenbar, und sie scheinen aus ihrem verrückten Zustand unerwartet rein- und rauszuspringen. Wie alles, was Menschen tun, hat jedoch auch die Psychose eine systematische Struktur. Auch ein Schizophrener wacht nicht eines Tages als Manisch-Depressiver auf. Wenn Sie lernen, wie die Struktur aufgebaut ist, können Sie ihn rein- und rausspringen lassen. Wenn Sie es gut genug gelernt haben, können Sie dies sogar selber tun. Wenn Sie jemals ein Zimmer in einem vollbesetzten Hotel bekommen wollen, gibt es keinen besseren Weg, als einen psychotischen Schub hinzulegen. Sie müssen natürlich aus diesem Zustand auch wieder herauskommen können, sonst wird das Zimmer, in dem Sie landen, Gummiwände haben! Ich denke immer, daß John Rosens Zugang zu Psychosen der nützlichste ist: Man begibt sich in die Realität des Psychotikers hinein und verdirbt sie ihm dann vollkommen. Hierzu gibt es viele Wege, und viele von ihnen sind nicht unbedingt offensichtlich. Ich hatte zum Beispiel einen Mann, der Stimmen aus Steckdosen sprechen hörte, und diese Stimmen befahlen ihm, bestimmte Dinge zu tun. Ich überlegte mir, daß er aufhören müßte, schizophren zu sein, wenn ich seine Stimmen zu etwas Realem machen würde. Ich versteckte also einen Lautsprecher in einer Steckdose in meinem Wartezimmer. Als er ins Zimmer kam, sagte die Steckdose "Hallo". Der Mann drehte sich um und sagte: "Du klingst aber anders." "Ich bin eine neue Stimme. Dachtest du, es gäbe nur eine?" "Wo kommst du her?" "Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten." Das brachte ihn in Gang. Da er der Stimme gehorchen mußte, benutzte ich diese neue Stimme, um ihm die Anweisungen zu erteilen, die er für eine Veränderung seines Verhaltens benötigte. Wenn die Menschen Zugriff auf die Realität bekommen, reagieren sie meistens bloß darauf. Wenn ich einen solchen Zugriff bekomme, drehe ich an dem Griff! Ich glaube nicht, daß Leute einen Knacks haben. Sie haben eben gelernt, das zu tun, was sie tun. Es ist wirklich verrückt, was die Leute alles lernen, und offen gesagt, sehe ich mehr Beispiele dafür außerhalb als innerhalb der Nervenkliniken. Die meisten Leute haben eigentlich nicht Erfahrung mit Realität, sondern mit gemeinsamer Realität. Leute kommen an meine Haustür,

geben mir religiöse Comic-Hefte und erzählen mir, daß der Weltuntergang in zwei Wochen bevorsteht. Sie sprechen mit Engeln und mit Gott, aber sie werden nicht für verrückt gehalten. Wenn aber ein einzelner Mensch dabei ertappt wird, mit Engeln zu reden, wird er für verrückt erklärt, in eine Nervenklinik gebracht und mit Tabletten vollgestopft. Wenn Sie eine neue Realität erfinden, sorgen Sie dafür, daß sie diese mit einigen Freunden teilen können, sonst geraten Sie in größte Schwierigkeiten. Das ist ein Grund, warum ich NLP lehre. Ich möchte wenigstens ein paar Leute haben, die diese Realität mit mir teilen, damit mich die Männer in den weißen Kitteln nicht holen. Auch Physiker haben eine gemeinsame Realität. Ansonsten gibt es wirklich keinen großen Unterschied zwischen Physikern und Schizophrenen. Auch Physiker sprechen über Dinge, die man nicht sehen kann. Wieviele von Ihnen haben schon ein Atom gesehen, geschweige denn einen subatomaren Partikel? Es gibt einen Unterschied: Physiker sind mit ihren Halluzinationen gewöhnlich etwas zurückhaltender; sie nennen sie "Modelle" oder "Theorien". Wenn eine ihrer Halluzinationen durch neue Erkenntnisse angegriffen wird, sind sie meistens ein bißchen eher bereit, ihre alten Vorstellungen aufzugeben. Die meisten von Ihnen lernten ein Atommodell kennen, das aus einem Kern, bestehend aus Protonen und Neutronen, aufgebaut ist, um den Elektronen wie kleine Planeten kreisen. Niels Bohr erhielt für die Beschreibung dieses Modells im Jahre 1920 den Nobelpreis. Mehr als fünfzig Jahre lang war dieses Modell die Grundlage für eine immense Zahl von Entdeckungen und Erfindungen, wie zum Beispiel das Plastik in diesen Stühlen, auf denen Sie gerade sitzen. Erst vor kurzem beschlossen Physiker, daß Bohrs Beschreibung des Atoms falsch sei. Ich habe mich gefragt, ob sie seinen Nobelpreis zurückfordern würden. Dann erfuhr ich, daß Bohr bereits tot ist und das Geld schon ausgegeben hatte. Das wirklich Erstaunliche ist, daß alle die Entdeckungen, die durch den Gebrauch des "falschen" Modells zustandekamen, immer noch existieren. Die Plastikverschalung der Stühle verschwand nicht, als die Physiker ihre Meinung änderten. Physik wird meist als eine sehr "objektive" Wissenschaft dargestellt, aber mir fällt auf, daß die Physik sich ändert, während die Welt gleich bleibt; vermutlich muß daher an der Physik etwas sehr Subjektives sein. Einstein war eins meiner großen Kindheitsidole. Er reduzierte die Physik auf das, was Psychologen "Gelenkte Phantasie" nennen, was Einstein selbst als "Gedanken — experiment" bezeichnete. Er stellte

sich vor, wie es wäre, auf dem Ende eines Lichtstrahls zu reiten. Und die Leute sagen, er sei wissenschaftlich und objektiv gewesen! Ein Ergebnis dieses speziellen Gedankenexperiments war seine berühmte Relativitätstheorie. NLP unterscheidet sich hiervon nur dadurch, daß wir absichtlich Lügen erfinden, um die subjektive Erfahrung eines Menschen zu verstehen. Wenn man Subjektivität studiert, hat es keinen Sinn, objektiv zu sein. Laßt uns also jetzt zu etwas subjektiver Erfahrung übergehen…

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Wie man sein eigenes Gehirn steuert

Ich möchte, daß Sie ein paar sehr einfache Experimente durchführen, damit ich Ihnen ein wenig beibringen kann, wie Sie lernen können, Ihr eigenes Gehirn zu steuern. Sie werden diese Erfahrung brauchen, um den Rest dieses Buches zu verstehen; deshalb empfehle ich Ihnen, die folgenden kurzen Experimente tatsächlich durchzuführen. Denken Sie an eine Erfahrung aus der Vergangenheit, die sehr angenehm war — vielleicht eine, an die Sie schon lange nicht mehr gedacht haben. Lassen Sie sich einen Moment Zeit, um zu dieser Erinnerung zurückzugehen, und vergewissern Sie sich, daß Sie sehen können, was Sie damals sahen, als dieses angenehme Ereignis geschah. Wenn es Ihnen dadurch leichter fällt, können Sie Ihre Augen schließen. Während Sie dieses angenehme Ereignis betrachten, möchte ich, daß Sie die Helligkeit des Bildes verändern und dabei bemerken, wie sich dadurch Ihre Gefühle ändern. Machen Sie es zunächst heller und heller...Jetzt machen Sie es dunkler und dunkler, bis Sie es kaum noch sehen können...Jetzt machen Sie es wieder heller. Wie verändert das Ihr Gefühl? Es gibt immer Ausnahmen, aber bei den meisten werden die Gefühle stärker, wenn man das Bild heller macht. Zunehmende Helligkeit verstärkt normalerweise die Intensität der Gefühle, und abnehmende Helligkeit vermindert gewöhnlich die Intensität der Gefühle. Wieviele von Ihnen haben jemals die Möglichkeit in Betracht gezogen, die Helligkeit eines inneren Bildes absichtlich zu verändern, um sich anders zu fühlen? Die meisten unter Ihnen lassen sich von Ihrem Gehirn einfach willkürlich irgendein Bild zeigen und fühlen sich als Reaktion darauf gut oder schlecht. Nehmen Sie jetzt eine unangenehme Erinnerung, eine, durch die Sie sich schlecht fühlen, wenn Sie daran denken. Machen Sie jetzt das Bild dunkler und dunkler...Wenn Sie die Helligkeit weit genug herunterdrehen, wird die Erinnerung Sie nicht mehr stören. Auf diese Weise können Sie Tausende von Dollars für Psychotherapie-Rechnungen sparen.

Ich habe diese Dinge von Leuten gelernt, die sie bereits anwandten. Eine Frau erzählte mir, sie sei immer glücklich; sie lasse die Dinge nicht an sich herankommen. Ich fragte sie, wie sie das mache, und sie sagte: "Nun, diese unangenehmen Gedanken gehen mir durch den Kopf, aber ich verringere einfach nur die Helligkeit." Helligkeit ist eine der "Submodalitäten" der visuellen Sinnesmodalität. Submodalitäten sind universelle Elemente, die dazu benutzt werden können, jedes visuelle Bild zu verändern, unabhängig von dessen Inhalt. Die auditiven und kinästhetischen Sinnesmodalitäten haben auch Submodalitäten, aber im Augenblick wollen wir nur mit den visuellen Submodalitäten herumspielen. Helligkeit ist nur eines der Charakteristika, die man verändern kann. Bevor wir uns anderen zuwenden, möchte ich über die Ausnahmen sprechen, die es bei der Beeinflussung durch Helligkeit gibt. Wenn Sie ein Bild so hell machen, daß die Einzelheiten verschwimmen und es fast weiß wird, reduziert das die Intensität Ihrer Gefühle, statt sie zu verstärken. Gewöhnlich trifft dies für den oberen Extrembereich nicht zu. Bei einigen Menschen ist die Beziehung in den meisten Fällen jedoch genau umgekehrt, so daß die Verstärkung der Helligkeit die Intensität der Gefühle abschwächt. Einige Ausnahmen betreffen den Inhalt. Wenn Ihr angenehmes Bild Kerzenlicht, Zwielicht oder einen Sonnenuntergang enthält, beruht ein Teil der stimmungsvollen Atmosphäre auf dem Dämmerlicht; wenn Sie dann das Bild heller machen, können Ihre Gefühle schwächer werden. Andererseits, wenn Sie ein Ereignis wachrufen, wo Sie Angst vor der Dunkelheit hatten, könnte die Angst darauf beruhen, daß Sie nichts Genaues erkennen können. Wenn Sie dann das Bild heller machen und sehen, daß überhaupt nichts da ist, wird ihre Angst abnehmen, statt sich zu verstärken. Es gibt also immer Ausnahmen, und wenn Sie diese untersuchen, werden Sie feststellen, daß auch diese einen Sinn ergeben. Wie die Beziehung auch sein mag — Sie können diese Information dazu benutzen, Ihre Erfahrung zu verändern. Jetzt wollen wir mit einer anderen Art von Submodalität spielen. Nehmen Sie eine andere angenehme Erinnerung und verändern Sie die Größe des Bildes. Machen Sie es zunächst größer und größer, dann kleiner und kleiner, und achten dabei darauf, wie Ihre Gefühle sich entsprechend verändern. Die Beziehung sieht gewöhnlich so aus, daß ein größeres Bild Ihre Gefühle intensiviert und ein kleineres sie abschwächt. Auch hier gibt es Ausnahmen, besonders oben auf der Skala. Wenn ein Bild sehr groß wird, kann es plötzlich lächerlich oder unwirklich scheinen. Es kann

sich dann die Qualität Ihrer Reaktion ändern statt der Intensität — vielleicht von Vergnügen zu Lachen, zum Beispiel. Wenn Sie die Größe eines unangenehmen Bildes verändern, werden Sie wahrscheinlich bemerken, daß die Verkleinerung auch Ihre Gefühle verringert. Wenn die Vergrößerung es verrückt erscheinen läßt oder es lächerlich macht, können Sie das benutzen, um sich besser zu fühlen. Probieren Sie es. Finden Sie heraus, was bei Ihnen funktioniert. Es ist unwichtig, wie die Beziehung ist, solange Sie herausfinden, wie es bei Ihrem Gehirn funktioniert, damit Sie lernen können, Ihr Erleben zu beeinflussen. Wenn Sie darüber nachdenken, sollten diese Erkenntnisse Sie eigentlich nicht überraschen. Man spricht von einer "düsteren Zukunft" oder von "glänzenden Aussichten". "Alles sieht schwarz aus". "Ich war ganz benebelt im Kopf". "Es ist nur eine kleine Sache, aber er bläht sie über alle Maße auf". Wenn jemand so etwas sagt, ist dies nicht metaphorisch; es ist gewöhnlich eine wörtliche und präzise Beschreibung dessen, was diese Person in ihrem Inneren erlebt. Wenn jemand "etwas über alle Maße aufbläht", können Sie ihm sagen, er soll das Bild kleiner machen. Wenn er eine "düstere Zukunft" sieht, lassen Sie ihn das Bild heller machen. Es klingt so einfach, und das ist es auch. Alle diese Dinge gibt es in Ihrem Kopf. Und es ist Ihnen noch nie in den Sinn gekommen, damit herumzuspielen. Sie möchten mit Ihrem Kopf nicht herumspielen, nicht wahr? Sie überlassen das lieber anderen Leuten! Alles, was in Ihrem Gehirn passiert, betrifft Sie, und alle diese Dinge sind potentiell in Ihrer Kontrolle. Die Frage ist: "Wer soll Ihr Gehirn steuern?" Als nächstes möchte ich mit Ihnen zu einem Experiment übergehen, bei dem andere visuelle Elemente verändert werden, um herauszufinden, wie Sie diese bewußt verändern können, um Ihre Reaktion zu beeinflussen. Ich möchte, daß Sie ein persönliches, auf Erfahrung beruhendes Verständnis dafür bekommen, wie Sie Ihr persönliches Erleben beeinflussen können. Wenn Sie sich tatsächlich Zeit nehmen und versuchen, die Variablen aus der unten angegebenen Liste zu verändern, werden Sie ein fundiertes Verständnis für den Rest dieses Buches haben. Wenn Sie glauben, hierfür keine Zeit zu haben, legen Sie dieses Buch weg, setzen sich hinten in den Bus und lesen stattdessen ComicHefte oder Bild-Zeitung. Diejenigen unter Ihnen, die wirklich lernen möchten, ihr eigenes Gehirn zu steuern, sollten irgendeine Erfahrung nehmen und versuchen, jedes der visuellen Elemente zu verändern, die unten aufgeführt sind. Tun Sie dasselbe wie bei Helligkeit und Größe: versuchen Sie, in eine

Richtung zu gehen ... und dann in die andere, um herauszufinden, wie dies Ihre Erfahrung verändert. Um wirklich zu erkennen, wie Ihr Gehirn arbeitet, verändern Sie jeweils nur ein Element. Wenn Sie zwei oder mehr Elemente gleichzeitig verändern, können Sie nicht erkennen, welches davon Ihre Erfahrung beeinflußt und wie stark dies ist. Ich empfehle Ihnen, dies mit einer angenehmen Erinnerung zu tun. 1) Farbe: Variieren Sie die Intensität der Farbe von intensiven hellen Farben zu schwarz-weiß. 2) Entfernung: Variieren Sie von ganz nah bis weit entfernt. 3) Tiefenschärfe: Verändern Sie das Bild von einem flachen zweidimensionalen Photo zu einem vollständig dreidimensionalen Bild. 4) Dauer: Gehen Sie von einer kurzen, vorbeihuschenden Erscheinung zu einem stehenden Bild, das einige Zeit unverändert bleibt. 5) Klarheit: Verändern Sie das Bild von kristallener Klarheit des Details zu verschwommener Ungenauigkeit. 6) Kontrast: Regulieren Sie den Unterschied zwischen hell und dunkel, von scharfem Kontrast zu mehr fließenden Grauschattierungen. 7) Umfang: Gehen Sie von einem begrenzten Bild in einem Rahmen zu einem Panoramabild, das sich auch hinter Ihrem Kopf ausbreitet, so daß Sie mehr davon sehen können, wenn Sie Ihren Kopf drehen. 8) Bewegung: Verändern Sie das Bild von einem stillstehenden Photo oder Dia in einen Film. 9) Geschwindigkeit: Variieren Sie die Geschwindigkeit des Filmablaufs von ganz langsam bis ganz schnell. 10) Farbton: Verändern Sie das Farbverhältnis. Verstärken Sie zum Beispiel die Intensität von Rot und schwächen Sie Grün und Blau ab. 11) Durchsichtigkeit: Machen Sie das Bild durchsichtig, so daß Sie sehen können, was unter der Oberfläche ist. 12) Proportionen: Machen Sie ein gerahmtes Bild groß und schmal, dann kurz und breit. 13) Kipprichtung: Kippen Sie den Oberrand des Bildes von sich weg, dann auf sich zu. 14) Vordergrund/Hintergrund: Variieren Sie den Unterschied oder die Distanz zwischen Vordergrund (das, was Sie am meisten interessiert) und Hintergrund (die Umgebung, die einfach da ist)....... Dann versuchen Sie, dies umzukehren, so daß der Hintergrund zum interessanten Vordergrund wird. (Mehr Variablen finden Sie im Anhang). Inzwischen haben wohl die meisten von Ihnen Erfahrungen gesammelt mit einigen der vielen möglichen Wege, Erleben durch Veränderung von Submodalitäten zu beeinflussen. Immer wenn Sie ein Element finden, das besonders gut funktioniert, halten Sie einen Moment

an und überlegen, wo und wann Sie das gerne anwenden würden. Nehmen Sie zum Beispiel eine beängstigende Erinnerung — womöglich etwas aus einem Film. Nehmen Sie das Bild und machen Sie es ganz plötzlich sehr groß — das ist ein Nervenkitzel! Wenn Sie morgens schlecht in Gang kommen, können Sie das mal statt Kaffee versuchen! Ich hatte Sie gebeten, immer nur ein Element auf einmal zu verändern, damit Sie erkennen konnten, wie sie einzeln funktionieren. Wenn Sie erst einmal wissen, wie sie funktionieren, können Sie sie kombinieren, um noch intensivere Veränderungen zu erreichen. Zum Beispiel halten Sie kurz inne und finden eine besonders angenehme sinnliche Erinnerung. Vergewissern Sie sich zunächst, daß es sich dabei um einen Film handelt und nicht um ein bewegungsloses Bild. Nehmen sie nun diese Erscheinung und ziehen Sie sie näher an sich heran. Während sie näher kommt, machen Sie sie gleichzeitig heller und die Farben intensiver und drehen Sie außerdem den Film auf die halbe Geschwindigkeit herunter. Nachdem Sie jetzt schon etwas darüber gelernt haben, wie Ihr Gehirn funktioniert, fügen Sie noch etwas hinzu, was die Erfahrung für Sie noch weiter intensivieren kann. Tun Sie das jetzt! Fühlen Sie sich jetzt anders? So etwas können Sie jederzeit für sich machen, — und Sie werden dafür bereits das Therapiehonorar bezahlt

haben. Wenn Sie gerade im Begriff sind, jemanden, den Sie lieben, wirklich gemein zu behandeln, könnten Sie anhalten und dieses Vorgehen einsetzen. Und mit dem Ausdruck, den Sie jetzt gerade auf Ihren Gesichtern haben: wer weiß, was alles mit Ihnen passieren könnte — alle möglichen spaßigen Schwierigkeiten! Ist es nicht erstaunlich, daß manche Menschen dies genau umgekehrt machen? Überlegen Sie sich einmal, wie Ihr Leben aussehen würde, wenn Sie all Ihre guten Erfahrungen als schummrige, weit entfernt liegende verschwommene schwarzweiße Schnappschüsse, Ihre schlechten Erfahrungen wiederum in lebhaften bunten, nahen dreidimensionalen Panoramafilmen erinnern würden! Das ist ein hervorragender Weg, um depressiv zu werden und zu denken, daß es sich gar nicht lohnt, zu leben. Wir alle haben gute und schlechte Erfahrungen; es ist die Art, wie wir sie ins Gedächtnis zurückrufen, die oft den großen Unterschied ausmacht. Ich habe mal auf einer Party eine Frau beobachtet. Drei Stunden lang hatte sie sich gut amüsiert — hatte geredet, getanzt, sich gezeigt. Als sie gerade dabei war, zu gehen, schüttete ihr jemand von oben bis unten Kaffee über das Kleid. Während sie ihre Kleidung abwischte, sagte sie: "Oh, jetzt ist mir der ganze Abend verdorben!" Überlegen Sie sich das: ein unglücklicher Augenblick genügte, um drei Stunden Vergnügen zu verderben! Ich wollte herausbekommen, wie sie das anstellte. Deshalb befragte ich sie über das Tanzen vorher. Sie sagte, sie sähe sich mit einem Kaffeefleck auf dem Kleid tanzen! Sie nahm den Kaffeefleck und benutzte ihn buchstäblich dazu, alle ihre früheren Erinnerungen zu beflecken! Viele Menschen tun dasselbe. Ein Mann sagte mir einmal: "Eine Woche lang dachte ich, ich sei wirklich glücklich. Aber dann schaute ich mir meine Vergangenheit an und dachte darüber nach, und dann wurde mir klar, daß ich eigentlich gar nicht richtig glücklich war — das war alles ein Irrtum." Als er Rückschau hielt, sah er seine ganzen Erfahrungen mit anderen Augen und glaubte plötzlich, er habe eine schreckliche Woche hinter sich. Ich fragte mich: "Wenn er seine Geschichte so leicht revidieren kann, warum macht er das nicht andersherum? Wie wäre es, wenn er alle unangenehmen Erinnerungen in angenehme verwandelte? Viele Leute sehen die Vergangenheit mit anderen Augen an, wenn sie sich scheiden lassen oder wenn sie herausfinden, daß ihr Partner eine Liebesaffäre hat. Plötzlich sehen die guten Zeiten, die sie miteinander genossen haben, nicht mehr so gut aus: "Es war alles Heuchelei." "Ich habe mich bloß getäuscht." Leute, die Gewicht abnehmen wollen, ma-

chen oft etwas Ähnliches. "Na ja, ich dachte, diese Diät brächte wirklich Erfolg. Ich verlor drei Monate lang fünf Pfund pro Woche. Aber dann nahm ich ein Pfund zu, und da wußte ich, daß es nicht klappt." Manche Leute haben viele Male erfolgreich Gewicht abgenommen, aber sie kommen nie auf den Gedanken, daß sie Erfolg hatten. Beim kleinsten Anzeichen dafür, daß sie wieder zunehmen, beschließen sie: "Die ganze Sache war falsch." Ein Mann kam in Behandlung, weil er "Angst hatte, die falsche Frau zu heiraten". Er war mit dieser Frau zusammen und glaubte, sie zu lieben. Und er wollte sie so sehr heiraten, daß er bereit war, dies in einer Therapie zu bearbeiten und dafür Geld zu bezahlen. Er traute sich eine solche Entscheidung deshalb nicht zu, weil er glaubte, früher schon einmal die "falsche Frau" geheiratet zu haben. Als ich ihn das sagen hörte, dachte ich: "Ich nehme an, daß er kurz nach der Eheschließung nach Hause kam und entdeckte, was für eine seltsame Frau sie war. Er war wahrscheinlich in die falsche Kirche gegangen oder so etwas." Was, um Himmels willen, bedeutet es, daß er die "falsche Frau" geheiratet hat? Als ich ihn fragte, was dies bedeutete, erfuhr ich, daß er nach fünf Jahren Ehe die Scheidung eingereicht hatte. In seinem Fall waren die ersten viereinhalb Jahre wirklich gut gewesen. Dann wurde es aber schlecht, und die ganzen fünf Jahre waren plötzlich für ihn ein vollkommener Reinfall. "Ich habe fünf Jahre meines Lebens verschwendet, und das soll mir nicht noch einmal passieren. So werde ich also die nächsten fünf Jahre damit vergeuden, herauszufinden, ob diese Frau die richtige ist für mich oder nicht." Er war deswegen wirklich besorgt. Für ihn war es kein Witz. Es war wichtig. Aber es kam ihm nie in den Sinn, daß die ganze Fragestellung unpassend sein könnte. Dieser Mann wußte bereits, daß er mit dieser Frau glücklich war. Er kam nicht darauf, sich zu fragen, wie er erreichen könnte, noch glücklicher mit ihr zu werden, wenn sie zusammenblieben, oder wie er sie weiterhin glücklich machen könnte. Er hatte schon beschlossen, daß er herausfinden mußte, ob dies die "richtige Frau" war oder nicht. Seine Fähigkeit, dies zu entscheiden, stellte er nie in Frage, aber seiner Fähigkeit, zu entscheiden, ob er sie heiraten sollte oder nicht, traute er nicht! Ich fragte einmal einen Mann, wie er sich selbst deprimiert mache, und er sagte: "Nun, zum Beispiel, wenn ich zu meinem Auto gehe und einen Platten vorfinde." "Nun, das ist ärgerlich, aber es scheint nicht so schlimm zu sein, daß man dadurch deprimiert werden muß. Wie machen Sie das zu etwas wirklich Deprimierendem?"

"Ich sage mir: 'So ist es immer', und dann sehe ich eine Menge Bilder vor mir von all den anderen Gelegenheiten, bei denen mein Auto eine Panne hatte." Ich weiß, daß auf jedes Mal, wo sein Auto nicht funktionierte, wahrscheinlich dreihundert Male kamen, wo es einwandfrei arbeitete. Aber an diese Gelegenheiten denkt er in dem Moment nicht. Wenn ich ihn dazu bewegen kann, an all die anderen Male zu denken, wo sein Auto prima funktionierte, wird er nicht mehr deprimiert sein. Einmal kam eine Frau zu mir und sagte, sie sei depressiv. Ich fragte sie: "Woher wissen Sie, daß Sie depressiv sind?" Sie schaute mich an und sagte, ihr Psychiater habe ihr das gesagt. Ich antwortete: "Nun, vielleicht hat er sich geirrt; vielleicht sind Sie nicht depressiv; vielleicht nennt man diesen Zustand Glücklichsein!" Sie sah mich an, zog eine Augenbraue hoch und sagte: "Das glaube ich nicht." Aber meine Frage: "Wie wissen Sie, daß Sie deprimiert sind?" hatte sie immer noch nicht beantwortet. "Wenn Sie glücklich wären — woran würden Sie das denn merken?" "Waren Sie jemals glücklich?" Ich habe entdeckt, daß die meisten depressiven Menschen ebensoviele glückliche Erfahrungen gemacht haben wie die meisten anderen Menschen, nur glauben sie beim Blick in die Vergangenheit nicht, daß das wirklich Glück war. Statt rosaroten Brillen haben sie graue Gläser. Es gab eine bemerkenswerte Frau drüben in Vancouver, deren unangenehme Erfahrungen tatsächlich eine blaue Färbung in der Erinnerung bekamen, während die angenehmen Erfahrungen eine rosa Färbung erhielten. Diese waren gut getrennt. Wenn sie eine Erinnerung nahm und die Färbung veränderte, änderte sich damit auch die Qualität der Erinnerung vollständig. Ich kann Ihnen nicht sagen, warum dies funktioniert, aber so macht sie es persönlich. Als einer meiner Klienten zum ersten Mal sagte: "Ich bin depressiv", antwortete ich: "Hallo, ich bin Richard." Er hielt inne und sagte: "Nein." "Bin ich nicht Richard?" "Augenblick mal. Sie sind durcheinander." "Ich bin nicht durcheinander. Für mich ist alles völlig klar." "Ich bin schon seit sechzehn Jahren depressiv." "Das ist ja erstaunlich! Sie haben in der ganzen Zeit nicht geschlafen?" Die Struktur dessen, was er sagt, lautet: "Ich habe meine Erfahrung so kodiert, daß ich in dem Irrglauben lebe, mich in den letzten sechzehn Jahren immer in derselben Bewußtseinslage befunden zu haben." Ich weiß, daß er nicht sechzehn Jahre lang deprimiert war. Er muß eine Pause machen, um zu essen, sich zu ärgern und noch ein paar andere

Dinge zu tun. Versuchen Sie mal, zwanzig Minuten lang in demselben Bewußtseinszustand zu bleiben. Viele Menschen bringen eine Menge Geld und Zeit dafür auf, Meditation zu erlernen, um damit ein oder zwei Stunden in demselben Zustand zu bleiben. Wenn er eine Stunde lang am Stück deprimiert wäre, würde er dies nicht mehr bemerken können, weil er sich an das Gefühl gewöhnen würde und es deshalb nicht mehr wahrnehmen könnte. Wenn Sie etwas nur lange genug machen, können Sie es nicht mehr wahrnehmen. Das wird durch Habituation verursacht, auch bei körperlichen Empfindungen. Deshalb frage ich mich immer: "Wie ist es möglich, daß dieser Mann glaubt, er sei die ganze Zeit deprimiert gewesen?" Sie können übrigens Leute von ihren Symptomen befreien und entdecken, daß sie diese in Wirklichkeit gar nicht hatten. "Sechzehn Jahre Depression" könnten lediglich 25 Stunden wirklicher Depression sein. Aber wenn Sie die Behauptung dieses Mannes: "Ich war sechzehn Jahre lang depressiv" wörtlich nehmen, akzeptieren Sie seine Vorannahme, daß er die ganze Zeit in einem unveränderten Bewußtseinszustand gelebt hat. Und wenn Sie als Behandlungsziel annehmen, daß Sie ihn glücklich machen wollen, werden Sie ständig versuchen, ihn in einen anderen Bewußtseinszustand zu versetzen. Sie können ihn vielleicht sogar dazu bringen, zu glauben, er sei die ganze Zeit glücklich. Sie können ihm beibringen, alles in seiner Vergangenheit in Freude und Glück umzudefinieren. Ganz gleich, wie schlecht es ihm im Moment geht, wird er immer annehmen, es gehe ihm die ganze Zeit gut. Von Augenblick zu Augenblick gesehen, wird es ihm keinen Deut besser gehen — nur dann, wenn er in die Vergangenheit zurückblickt. Sie haben ihm nur eine neue Illusion vermittelt anstelle der alten, mit der er zu Ihnen kam. Viele Menschen sind aus gutem Grund deprimiert. Viele Menschen leben eine langweiliges, sinnloses Leben, und sie sind unglücklich. Dies wird sich nicht dadurch ändern, daß sie mit einem Therapeuten sprechen, es sei denn, dies führt dazu, daß sie ihr Leben ändern. Wenn jemand 75 Dollar für einen Psychiater ausgibt, statt das Geld für eine Party zu verwenden, nenne ich das nicht Geisteskrankheit, sondern Dummheit! Wenn Sie nichts tun, werden Sie sich natürlich langweilen und depressiv werden. Im Extremfall werden die Menschen kataton. Wenn eine Person mir sagt, sie sei depressiv, mach ich dasselbe wie immer: Ich möchte herausbekommen, wie sie dies macht. Ich denke mir, wenn ich das Schritt für Schritt methodisch durchgehen und genau genug herausfinden kann, wie sie das macht, dann kann ich ihr meistens einen Rat geben, wie sie sich anders verhalten kann, oder ich

kann auch eine andere Person finden, die nicht depressiv ist, und herausbekommen, wie sie das anstellt. Einige Menschen haben eine innere Stimme, die langsam und deprimierend klingt und lange Listen ihrer Mißerfolge aufstellt. Auf diese Weise kann man sich in sehr depressive Zustände hineinreden. Es wäre so, als hätte man die Stimmen einiger meiner Universitätsprofessoren im Kopf. Kein Wunder, daß diese Leute depressiv sind. Manchmal ist die innere Stimme so tief, daß die betreffende Person sie gar nicht bemerkt, es sei denn, man spricht sie darauf an. Da die Stimme unbewußt ist, spricht die Person noch stärker darauf an, als wenn die Stimme bewußt wäre — es wird einen stärkeren hypnotischen Effekt haben. Diejenigen von Ihnen, die an einem Tag sehr viel Therapiearbeit gemacht haben, haben sicher schon die Zeiten bemerkt, in denen Sie geistig abwesend sind, während sie mit Klienten arbeiten. Dies nennt man Trance-Zustände. Wenn Ihr Klient gerade über unangenehme Gefühle und Depression spricht, werden Sie auf diese Suggestionen wie jeder, der in Trance ist, reagieren. Wenn Sie fröhliche und muntere Klienten haben, kann sich das gut auswirken. Wenn Sie aber Klienten haben, die depressiv sind, gehen Sie wahrscheinlich abends nach Hause und fühlen sich schrecklich. Wenn Sie eine Klientin haben, die sich mit so einer Stimme deprimiert macht, versuchen Sie, die Lautstärke dieser Stimme so zu verstärken, bis sie sie deutlich hören kann, damit sie nicht diesen hypnotischen Effekt hat. Dann verändern Sie den Klang, bis es eine fröhliche Stimme geworden ist. Die Klientin wird sich viel besser fühlen, auch wenn die fröhliche Stimme immer noch Mißerfolgslisten herunterbetet. Viele Leute machen sich mit Hilfe von Bildern deprimiert, und hierbei gibt es viele Variationen. Man kann Collagen anfertigen von allen Dingen, die in der Vergangenheit jemals schiefgegangen sind, oder man kann Tausende von Bildern anfertigen von all den Dingen, die in der Zukunft schiefgehen könnten. Sie können in die reale Welt hineinsehen und dann ein Bild überlagern, das diese Welt in hundert Jahren darstellt. Haben Sie das Sprichwort gehört: "Das Sterben beginnt mit dem Moment der Geburt"? Das ist ein großartiges Beispiel. Immer dann, wenn etwas Schönes passiert, können Sie sich selber sagen: "Das wird nicht lange anhalten", oder: "Das ist nicht wirklich so", oder: "Das meint er gar nicht so". Es gibt da viele Möglichkeiten. Die Frage ist immer: "Wie macht diese bestimmte Person das, was sie macht?" Eine präzise Antwort auf diese Frage wird Ihnen all das ver-

mitteln, was Sie wissen müssen, um dieser Person eine andere Handlungsweise beizubringen. Der einzige Grund, warum sie nicht etwas Sinnvolleres macht, besteht darin, daß ihr nichts Besseres einfällt. Da sie es schon jahrelang macht, ist es für sie "normal" — weder bemerkt noch hinterfragt. Eine der verrücktesten Angewohnheiten in unserer Kultur ist die, unter allen Umständen sich so zu verhalten, als ob alles völlig normal sei. Wenn Sie mich fragen, ist das schönste Beispiel dafür das Zentrum von New York City. Wenn Sie den Broadway hinuntergehen, schaut sich niemand um und schimpft vor sich hin: "Du lieber Gott!" Das nächste gute Beispiel ist das Zentrum von Santa Cruz. Die Leute dort tun mitten auf der Straße Dinge, die jede Nervenklinik vor Neid erblassen ließen. Und trotzdem gehen dort Männer in Straßenanzügen die Straße entlang und reden miteinander, als ob alles völlig normal sei. Ich komme auch aus einer "normalen" Gegend. In meiner Nachbarschaft pflegte ich, als ich neun Jahre alt war, mit den anderen Kindern herumzulungern, wenn sonst nichts zu tun war. Einer sagte dann meist: "Heh, warum ziehen wir nicht los und klauen ein Auto?" "Kommt mit, und wir rauben einen Schnapsladen aus und bringen jemanden um die Ecke." Ich war der Ansicht, daß man Erfolg im Leben hat, wenn man mit den Reichen lebt. Ich glaubte, daß es abfärben würde, wenn ich mich in ihrer Nähe aufhielte. Also zog ich in eine Stadt namens Los Altos, wo die Leute viel Geld haben. Im Los Altos Junior College hatten sie seinerzeit Silberbesteck in der Cafeteria und Ledersessel in den Aufenthaltsräumen. Der Parkplatz sah aus wie die Automobilausstellung in Detroit. Natürlich mußte auch ich dort so tun, als sei alles völlig normal. "Ehemm, alles ist ganz cool!" Ich bekam einen Job, bei dem ich mit einer Maschine arbeitete, Computer genannt, mit der man kommunizieren kann, und ich fing an, Informatik zu studieren. Die Abteilung gab es an der Universität noch nicht, weil jemand die Finanzierung für einige Jahre blockiert hatte. Da ich an der Universität war und keinen Abschluß machen konnte, geriet ich in eine existentielle Krise. "Was soll ich tun? Ich werde Psychologie studieren!" Ungefähr zu der Zeit beteiligte ich mich an der Herausgabe eines Buches über Gestalttherapie und wurde deshalb in eine Gestalttherapiegruppe geschickt, um zu erfahren, worum es dabei überhaupt ging. Dies war meine erste Erfahrung mit Gruppentherapie. Wo ich aufgewachsen bin, waren alle verrückt, und wo ich arbeitete, waren auch alle verrückt — aber von Leuten, die zu Therapeuten gingen, erwartete ich, daß sie wirklich verrückt seien.

Als erstes sah ich, daß da jemand saß und mit einem leeren Stuhl redete. Ich dachte: "Oh, ich habe recht gehabt! Die sind verrückt!" Und dann war da dieser andere Verrückte, der dem ersten sagte, was er mit dem Stuhl reden sollte! Das beunruhigte mich, denn alle anderen im Raum schauten auf den leeren Stuhl, als ob dieser antworten würde! Der Therapeut fragte: "Was sagt er?" Also schaute ich auch auf den Stuhl. Später erfuhr ich, daß es sich bei der Gruppe um lauter Psychotherapeuten handelte, daher war das alles ganz in Ordnung. Dann sagte der Therapeut: "Ist dir bewußt, was deine rechte Hand macht?" Als der Mann "Nein" sagte, konnte ich mich innerlich nicht mehr halten vor Lachen. "Ist es dir jetzt bewußt?" "Ja." "Was tut sie? Übertreibe die Bewegung." Komisch, nicht? Dann sagte der Therapeut: "Sag es in Worten." "Ich will töten! Töten!!" Es stellte sich heraus, daß dieser Mann Neurochirurg war! Dann sagte der Therapeut: "Ich möchte, daß du jetzt den Stuhl anschaust und mir sagst, wen du siehst." Ich schaute hin, und da saß immer noch niemand! Aber der Kerl schaute hinüber und knurrte: "Mein Bruder!" "Sag ihm, daß du wütend bist!" "Ich bin wütend!" "Sag es lauter!" "Ich bin wütend!" "Weshalb?" Und dann fängt er an, dem leeren Stuhl alles zu sagen, worüber er wütend ist, und dann greift er ihn an. Er schlägt den Stuhl in Stücke, entschuldigt sich dann, klärt die Angelegenheit mit dem Stuhl, und dann fühlt er sich besser. Dann sagt ihm jeder aus der Gruppe ein paar freundliche Worte und umarmt ihn. Da ich den Umgang mit Wissenschaftlern und Mördern gewohnt war, konnte ich fast überall so tun, als sei alles völlig normal, aber hier hatte ich Schwierigkeiten damit. Hinterher fragte ich die anderen: "War sein Bruder wirklich dort?" Einige sagten: "Natürlich war er dort." "Wo hast du ihn gesehen?" "Vor meinem geistigen Auge." Man kann fast alles tun. Wenn man so tut, als ob alles normal sei, werden die anderen Leute auch so tun. Überlegen Sie sich das mal. Sie können sagen: "Dies ist Gruppenpsychotherapie", Stühle in einem Kreis aufstellen und sagen: "Das ist der 'heiße Stuhl' ". Wenn Sie dann sagen: "Wer will arbeiten?", werden alle nervös, während sie warten. Schließlich sagt einer, der dadurch motiviert wird, daß der Streß bis zu einem bestimmten Punkt zunimmt und er es dann nicht mehr aus-

hält: "Ich will arbeiten." Dann sagen Sie: "Dein Stuhl ist dafür nicht gut genug; setz' dich in diesen Spezialstuhl." Dann stellen Sie ihm gegenüber einen leeren Stuhl auf. Oft fangen Sie dann folgendermaßen an: "Also, sag' mir, was du wahrnimmst." "Mein Herz klopft." "Schließe deine Augen und sag' mir, was du wahrnimmst." "Die Leute beobachten mich." Überlegen Sie sich das mal! Wenn seine Augen offen sind, weiß er, was in ihm vorgeht; wenn seine Augen geschlossen sind, weiß er, was um ihn herum vorgeht! Für diejenigen von Ihnen, die sich mit Gestalttherapie nicht auskennen, ist dies ein sehr alltägliches Phänomen. Es gab eine Zeit, in der Menschen glaubten, daß es eine höchst bedeutungsvolle Erfahrung sei, mit einem leeren Stuhl zu sprechen. Und sie hatten auch recht. Es kann bestimmte nützliche Dinge bewirken. Es war aber auch auf eine bestimmte Weise gefährlich, die die Menschen nicht verstanden und immer noch nicht verstehen: Menschen erlernen sich wiederholende Handlungsabläufe und nicht unbedingt den Inhalt. Die Reihenfolge, die man in der Gestalttherapie erlernt, lautet folgendermaßen: Wenn du traurig oder frustriert bist, halluziniere alte Freunde oder Verwandte, werde wütend und gewalttätig, dann wirst du dich besser fühlen, und andere Leute werden nett zu dir sein. Nehmen Sie diesen Handlungsablauf und übersetzen Sie ihn, ohne den Inhalt zu berücksichtigen, in die reale Welt. Was lernt die betreffende Person? Wenn man sich nicht gut fühlt, soll man halluzinieren, wütend und aggressiv werden und sich dann deshalb wohlfühlen. Wie sieht das aus als Modell für zwischenmenschliche Beziehungen? Möchten Sie so mit Ihrer Frau und Ihren Kindern umgehen? Aber warum soll man es an einer geliebten Person auslassen? Wenn Sie wütend sind, gehen Sie einfach auf die Straße und finden irgendeinen Fremden. Gehen Sie auf ihn zu, halluzinieren Sie einen verstorbenen Verwandten, prügeln Sie ihn krankenhausreif und fühlen sich dann besser. Manche Menschen tun das wirklich, auch ohne die Hilfe der Gestalttherapie, aber dieses Verhaltensmuster betrachten wir gewöhnlich nicht als Heilung. Wenn jemand eine Therapie oder irgendeine andere sich wiederholende Erfahrung durchmacht, lernt er das, was gemacht wird, sehr schnell, und er lernt eher das Muster und den Ablauf als den Inhalt. Da die meisten Therapeuten sich auf den Inhalt konzentrieren, bemerken sie meistens noch nicht einmal, welche Handlungsabläufe sie vermitteln. Manche Leute schauen Ihnen direkt in die Augen und sagen, daß der Grund, weshalb sie so sind, wie sie sind, in einem bestimmten Ereignis

in ihrer Kindheit zu finden ist. Wenn das stimmt, dann sitzen sie wirklich fest, denn natürlich kann man daran nichts ändern; man kann seine Kindheit nicht zweimal leben. Allerdings glauben eben diese Leute auch, daß man so tun könne, als erlebe man seine Kindheit wieder, und daß man zurückkehren und sie verändern könne. Die Tatsache, daß man das, was passiert ist, nicht mag, bedeutet, daß das Ereignis "nicht abgeschlossen" ist, so daß man zurückgehen und es auf eine Weise "abschließen" kann, die einem besser gefällt. Das ist ein großartiges Beispiel für Reframing, und es ist sehr nützlich. Ich glaube, daß in bestimmter Hinsicht alles unabgeschlossen ist: man kann jegliche Erinnerung, Glauben, Verständnis oder irgendeinen anderen geistigen Prozeß von Tag zu Tag nur wachhalten, indem man ihn fortsetzt. Deshalb wirkt er weiter. Wenn man die Prozesse versteht, die das Ganze stetig am Laufen halten, kann man die Sache verändern, wenn sie einem nicht gefällt. Es ist übrigens ziemlich einfach, vergangene Erfahrungen zu modifizieren. Was ich Ihnen als nächstes beibringen möchte, ist das, was ich "Ultra-Kurzzeittherapie" nenne. Das Schöne dabei ist, daß es sich außerdem um eine geheime Therapie handelt, deshalb können Sie alle es jetzt versuchen. Denken Sie an ein unangenehmes, peinliches Ereignis oder eine Enttäuschung und schauen Sie sich den Film gut an, um zu sehen, ob Sie sich dabei immer noch schlecht fühlen. Wenn nicht, wählen Sie etwas anderes. Als nächstes starten Sie den Film wieder, und sobald er beginnt, unterlegen Sie ihn mit einer schönen lauten Zirkusmusik. Lauschen Sie dieser Zirkusmusik bis zum Ende des Films. Jetzt betrachten Sie den Originalfilm noch einmal: Fühlen Sie sich dabei besser? Bei den meisten von Ihnen wird dieses Vorgehen eine Tragödie in eine Komödie verwandelt und Ihre betreffenden Gefühle erleichtert haben. Wenn Sie eine Erinnerung haben, die Sie ärgerlich und wütend macht, fügen Sie Zirkusmusik hinzu. Wenn Sie die Erinnerung mit Zirkusmusik ablaufen lassen, wird die Musik beim nächsten Mal automatisch dabeisein, und die Erinnerung wird sich anders anfühlen. Für manche von Ihnen paßt Zirkusmusik wahrscheinlich nicht zu der betreffenden Erinnerung. Wenn Sie keine Veränderung bemerken oder Ihre Gefühle sich in unbefriedigender Weise verändern, schauen Sie, ob Sie andere Musik oder Geräusche finden, die Ihrer Meinung nach diese Erinnerung beeinflussen könnten, und dann lassen Sie diese Musik zusammen mit Ihrer Erinnerung abspielen. Sie könn-

ten es mit tausend Geigen aus einem rührseligen Familiendrama versuchen, oder mit Opernmusik, der "1812"-Ouverture von Tschaikowsky, "Hernando's Hideaway" oder was auch immer, und herausfinden, was passiert. Wenn Sie anfangen, zu experimentieren, können Sie viele Wege finden, um Ihre Erfahrungen zu verändern. Nehmen Sie eine andere schlechte Erinnerung. Lassen Sie den Film wie gewöhnlich ablaufen, um zu sehen, ob er Sie noch stört. Jetzt lassen Sie diese Erinnerung rückwärts ablaufen, vom Schluß bis zum Anfang, als ob Sie den Film zurückspulen würden, und machen Sie dies sehr schnell, innerhalb von Sekunden. Jetzt lassen Sie den Film wieder vorwärts laufen. Fühlt sich diese Erinnerung immer noch gleich an, nachdem sie rückwärts abgelaufen ist? Ganz bestimmt nicht. Es ist etwa so, wie wenn man einen Satz rückwärts sagt; die Bedeutung ändert sich. Versuchen Sie das mit allen Ihren schlechten Erinnerungen, und Sie sparen Tausende von Dollars an Therapiekosten. Glauben Sie mir, wenn diese Sache bekannt wird, werden traditionelle Therapeuten nichts mehr zu tun haben. Sie werden sich draußen bei den Leuten aufhalten, die Zaubertrank und zerriebene Fledermausflügel verkaufen.

3

Blickpunkte

Die Leute sagen oft: "Sie sehen das nicht aus meiner Sicht", und manchmal haben sie recht, wenn man dies ganz wörtlich nimmt. Ich möchte, daß Sie sich an einen Streit erinnern, den Sie mit jemandem hatten und bei dem Sie sich sicher waren, recht zu haben. Lassen Sie den Film erst so ablaufen, wie Sie ihn erinnern. Jetzt möchte ich, daß Sie genau denselben Film ablaufen lassen, aber von einer perspektivischen Stelle aus, wo Sie der anderen Person über die Schulter schauen können, so daß Sie sich selber sehen, während der Streit stattfindet. Gehen Sie den gleichen Film wie vorher durch und schauen Sie von diesem Blickwinkel aus zu. Macht das einen Unterschied? Bei manchen ändert sich vielleicht nicht viel, besonders dann, wenn sie dies sowieso schon tun. Aber bei einigen kann es einen riesigen Unterschied bewirken. Sind Sie immer noch so sicher, daß Sie recht hatten? Mann: Sobald ich mein Gesicht sah und meinen Ton hörte, dachte ich: "Wer würde denn dem zuhören, was dieser Blödmann zu sagen hat?!" Frau: Als ich auf der Seite des Zuhörers war, hörte ich eine Menge Schwachstellen in meiner Argumentation. Ich merkte, wie ich nur noch wütend wurde und nichts Vernünftiges mehr von mir gab. Ich werde wieder hingehen und mich bei der betreffenden Person entschuldigen. Mann: Ich habe tatsächlich die andere Person zum ersten Mal gehört, und was sie sagte, ergab tatsächlich einen Sinn. Mann: Als ich mir selber zuhörte, mußte ich immer denken: "Kannst du das nicht anders ausdrücken, so daß du dich verständlich machen kannst?" Wieviele von Ihnen sind sich immer noch so sicher, recht zu haben, wie Sie das waren, bevor Sie diesen anderen Standpunkt ausprobiert hatten? Ungefähr drei von sechzig. So sehen Ihre Chancen, recht zu haben, wirklich aus — etwa fünf Prozent. Die Menschen sprechen seit Jahrhunderten von "Sichtweisen" und "Standpunkten". Sie haben das jedoch immer als einen metaphori-

schen Ausdruck betrachtet, nicht als einen wörtlichen. Sie wußten nicht, wie man jemandem ganz spezifische Instruktionen geben kann, um seinen Standpunkt zu verändern. Was Sie gerade ausprobiert haben, ist nur eine Möglichkeit unter Tausenden. Sie können tatsächlich eine Angelegenheit von jedem beliebigen Punkt im Raum aus betrachten. Sie können einen Streit als neutraler Beobachter von der Seite aus betrachten, so daß Sie sich selbst und die andere Person gleich gut sehen können. Sie können es von einem Punkt an der Decke betrachten, um "über der Sache zu stehen", oder von einem Punkt auf dem Boden, aus der Froschperspektive. Sie können sogar den Blickwinkel eines sehr kleinen Kindes oder eines sehr alten Menschen einnehmen. So wird es eher metaphorisch und weniger spezifisch, aber wenn es Ihre Erfahrungen in einer nützlichen Weise verändert, ist nichts dagegen einzuwenden. Wenn etwas Schlimmes passiert, sagen manche Leute: " Ach, in hundert Jahren kümmert das niemanden mehr." Einige von Ihnen wird das nicht beeinflussen, wenn Sie das hören. Sie werden einfach denken: "Er versteht das nicht." Aber wenn manche andere das sagen oder hören, verändert es tatsächlich ihre Erfahrung und hilft ihnen, mit Problemen fertigzuwerden. Deshalb habe ich natürlich einige von ihnen gefragt, was sie im Geiste tun, wenn sie diesen Satz sagen. Ein Mann schaute von einem Punkt im Universum auf das Sonnensystem hinab und beobachtete die Planeten, wie sie sich in ihren Umlaufbahnen drehen. Von diesem Blickwinkel aus konnte er sich selbst und seine Probleme gerade noch als winzigen Fleck auf der Erdoberfläche erkennen. Die Bilder anderer Leute sind oft etwas anders, aber sie sind insofern ähnlich, als ihre Probleme nur als sehr kleiner Teil eines Bildes erscheinen und aus weiter Entfernung gesehen werden; auch ist die Zeit gerafft — hundert Jahre in einem kurzen Film verdichtet. Überall auf der Welt praktizieren Menschen diese großartigen Dinge mit ihrem Gehirn, und diese Dinge funktionieren wirklich. Und nicht nur das; sie geben auch noch bekannt, was sie tun. Wenn Sie sich die Zeit nehmen, ihnen ein paar Fragen zu stellen, können Sie alle möglichen Dinge entdecken, die man mit dem Gehirn anstellen kann. Es gibt einen weiteren faszinierenden Ausdruck, der mir immer im Gedächtnis bleibt. Wenn man gerade etwas Unangenehmes durchmacht, sagen andere Menschen oft: "Später, wenn du darauf zurückblickst, wirst du darüber lachen können." Es muß also etwas geben, das man in der Zwischenzeit in seinem Kopf machen kann, um eine unangenehme Erfahrung später in etwas Lustiges zu verwandeln. Wieviele von Ihnen hier haben etwas, worauf sie zurückblicken und lachen

können?... Und gibt es bei allen ein Ereignis, über das Sie noch nicht lachen können?... Ich möchte, daß Sie diese beiden Erinnerungen vergleichen, um herauszufinden, wie sie sich unterscheiden. Sehen Sie sich selbst in dem einen, aber in dem anderen nicht? Ist eins ein Bild und das andere ein Film? Gibt es einen Unterschied in Farbe, Größe, Helligkeit oder Standort? Finden Sie heraus, was anders ist, und probieren Sie dann, wie es ist, das unangenehme Bild so zu verändern, daß es dem anderen ähnlich wird, über das Sie bereits lachen können. Wenn das Bild, über das Sie lachen können, weit weg liegt, bewegen Sie auch das andere weit weg von sich. Meine Philosophie lautet: Warum warten, bis man sich besser fühlt? Warum nicht "zurückschauen und lachen", während man das Ganze noch erlebt? Wenn Sie etwas Unangenehmes durchmachen, ist einmal doch genug, oder? Aber nein, unser Gehirn denkt da anders. Es sagt: "Oh, du hast das versaut. Ich werde dich die nächsten drei oder vier Jahre lang quälen. Danach vielleicht werde ich dir erlauben, darüber zu lachen." Mann: In der Erinnerung, über die ich lachen kann, sehe ich mich selbst; ich bin Beobachter. Aber ich habe das Gefühl, in der schlechten Erinnerung noch mitten drinzustecken, so als ob alles noch einmal passieren würde. Das ist eine häufige Antwort. Gilt das auch für die meisten von Ihnen? Wenn man in der Lage ist, sich selbst zu beobachten, kann man die Gelegenheit benutzen, um das Ereignis "rückblickend" "aus einer anderen Perspektive" zu sehen und es so zu betrachten, als würde es einer anderen Person passieren. Die beste Art von Humor beinhaltet, sich selbst auf eine neue Weise sehen zu können. Der einzige Hinderungsgrund dafür, dies gleich dann zu tun, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt, besteht darin, daß man sich seine Fähigkeit hierzu nicht klar macht. Wenn Sie diese Technik gut beherrschen, können Sie sie sogar anwenden, während das Ereignis noch stattfindet. Frau: Ich mache etwas anderes, aber es klappt sehr gut. Ich fokussiere wie bei einem Mikroskop, bis ich nur noch einen kleinen, aber stark vergrößerten Teil des Geschehens sehen kann, der das ganze Blickfeld einnimmt. In meinem Fall konnte ich nur noch diese riesigen Lippen pulsieren, wackeln und schlabbern sehen, während er sprach. Das war so grotesk, daß ich mich vor Lachen nicht mehr halten konnte. Das ist gewiß ein anderer Blickwinkel. Und den könnte man auch sehr gut einnehmen, wenn dieses unangenehme Ereignis überhaupt zum ersten Mal stattfindet.

Frau: Ich habe das schon gemacht. Wenn ich mich in einer schrecklichen Situation befinde, fokussiere ich auf etwas Bestimmtes, und dann kann ich darüber lachen, wie absurd es ist. Jetzt möchte ich Sie alle bitten, zwei Erinnerungen aus Ihrer Vergangenheit zu nehmen: eine angenehme und eine unangenehme. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um diese beiden Ereignisse noch einmal so durchzuerleben, wie Sie es gewöhnlich tun... Nun möchte ich, daß Sie erkennen, ob Sie bei jeder dieser Erinnerungen assoziiert oder dissoziiert waren. Assoziiert bedeutet, daß man zurückgeht und die Erfahrung mit eigenen Augen noch einmal durchlebt. Sie sehen genau das, was Sie sahen, als Sie tatsächlich dort waren. Vielleicht sehen Sie Ihre Hände vor sich, aber Ihr Gesicht können Sie nur sehen, wenn Sie in einen Spiegel schauen. Dissoziiert bedeutet, das Erinnerungsbild nicht mit Ihren eigenen Augen, sondern aus einem beliebigen anderen Blickwinkel zu sehen. Vielleicht sehen Sie es wie von einem Flugzeug aus oder so, als ob Sie eine dritte Person wären, die einen Film über Sie in dieser Situation anschaut usw.. Nun gehen Sie zu diesen beiden Erinnerungen zurück und versuchen nacheinander herauszubekommen, ob Sie jeweils assoziiert oder dissoziiert waren... Wie immer Sie diese beiden Bilder auf die für Sie typische Weise in die Erinnerung zurückrufen — ich möchte, daß Sie jetzt noch einmal zurückgehen und versuchen, die Erinnerungen auf die andere Weise zu erleben, um zu entdecken, wie dies Ihre Erfahrung verändert. Wenn Sie mit der Erinnerung assoziiert waren, treten Sie aus Ihrem Körper heraus und betrachten das Ereignis auf dissoziierte Weise. Wenn Sie dissoziiert waren, steigen Sie in das Bild hinein oder wickeln Sie das Bild um sich herum, bis Sie assoziiert sind. Stellen Sie dann fest, wie diese Veränderung in der visuellen Perspektive Ihre gefühlsmäßige Wahrnehmung dieser Erinnerungen verändert... Macht das einen Unterschied? Ich wette, ja. Gibt es hier jemanden, der keinen Unterschied bemerkt hat? Mann: Ich habe keinen großen Unterschied bemerkt. Okay. Versuchen Sie Folgendes: Fühlen Sie, wie Sie auf einem Volksfest auf einer Parkbank sitzen, und sehen Sie sich selbst im ersten Wagen einer Achterbahn. Sehen Sie, wie Ihre Haare im Wind wehen, während die Achterbahn zum ersten Mal steil nach unten fährt... Jetzt vergleichen Sie das mit der Erfahrung, die Sie machen würden, wenn Sie tatsächlich in der ersten Reihe säßen, sich vorne am Wagen festhielten, hoch oben in der Luft, und wirklich in diesen Abgrund hin-

unterschauten ... Unterscheiden sich diese beiden Erfahrungen? Zählen Sie Ihren Puls, falls Sie keinen stärkeren Kitzel dabei erleben, in der Achterbahn zu sein und auf die Gleise hinunterzuschauen. Um aufzuwachen, ist auch das wesentlich billiger als Kaffee. Frau: Bei einer meiner Erinnerungen sieht es so aus, als sei ich gleichzeitig drinnen und draußen. Okay. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder springen Sie schnell hin und her. Wenn Sie das tun, nehmen Sie einfach wahr, wie es sich ändert, wenn Sie springen. Vielleicht müssen Sie dieses Umschalten etwas verlangsamen, damit Sie es besser wahrnehmen können. Die zweite Möglichkeit ist die, daß Sie bei dem ursprünglichen Erlebnis dissoziiert waren. Wenn Sie zum Beispiel selbstkritisch sind, bedeutet das, einen anderen Standpunkt als Ihren eigenen einzunehmen. Das ist so, als ob Sie neben sich stehen, sich beobachten und sich kritisieren würden. Wenn dies der Fall ist, werden Sie natürlich auch dissoziiert sein, wenn Sie sich die Erinnerung zurückrufen und "das sehen, was Sie damals gesehen haben". Paßt eine von diesen Beschreibungen zu Ihrer Erfahrung? Frau: Beide passen. Damals war ich selbstkritisch, und ich glaube, ich bin auch zwischen Selbstbeobachtung und dem Gefühl, kritisiert zu werden, hin- und hergesprungen. Es gibt sogar noch eine dritte Möglichkeit, aber die ist eher selten. Manche Leute machen sich ein dissoziiertes Bild von sich selbst, während Sie aber bei dem ursprünglichen Erlebnis assoziiert sind. Ein Mann trug die ganze Zeit einen körperhohen Spiegel mit sich herum. Wenn er also einen Raum betrat, konnte er sich gleichzeitig dabei im Spiegel betrachten. Ein anderer Mann hatte einen kleinen Fernsehmonitor dabei, den er in ein Regal oder an eine nahegelegene Wand stellte, so daß er immer sehen konnte, wie er mit den Augen anderer aussah. Wenn Sie eine Erinnerung auf assoziierte Weise ins Gedächtnis zurückrufen, empfinden Sie nochmal die gleiche gefühlsmäßige Reaktion, die Sie damals hatten. Wenn Sie dies auf dissoziierte Weise tun, können Sie sich mit den damaligen Gefühlen in diesem Bild sehen, aber mit Ihrem Körper fühlen Sie es zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Sie können allerdings ein neues Gefühl zu diesem Ereignis bekommen, während Sie sich selbst dabei beobachten. Dies passiert zum Beispiel, wenn Virginia Satir eine Frage stellt wie: "Wie fühlt es sich an, wütend zu sein?" Versuchen Sie das. Erinnern Sie sich an eine Zeit, wo Sie wütend waren, und fragen sich dann: "Welches Gefühl bekomme ich darüber, wütend zu sein?" Um diese Frage zu beantworten, muß man aus dem Bild aussteigen und ein neues Gefühl über dieses Ereignis

bekommen, statt als Beteiligter zu empfinden. Dies ist ein sehr wirkungsvoller Weg, eigene Reaktionen zu verändern. Ideal ist es, wenn man alle seine angenehmen Erinnerungen auf assoziierte Weise ins Gedächtnis ruft, so daß man alle damit verbundenen positiven Gefühle genießen kann. Wenn Sie von Ihren unangenehmen Erinnerungen dissoziiert sind, haben Sie immer noch die visuelle Information, die Sie benötigen, um Ähnliches in Zukunft zu vermeiden oder es besser zu handhaben, jedoch ohne die unangenehme gefühlsmäßige Reaktion. Warum sich noch einmal schlecht fühlen? Reicht es nicht, sich einmal schlecht gefühlt zu haben? Viele Menschen tun genau das Gegenteil: Sie assoziieren mit all den unangenehmen Erfahrungen, die sie jemals hatten, und erleben dann auch wieder die gleichen Gefühle, während ihre angenehmen Erinnerungen nur schwache, weit entfernt liegende dissoziierte Bilder sind. Es gibt natürlich noch zwei weitere Möglichkeiten. Manche Menschen neigen ständig dazu, zu dissoziieren. Das ist der Typ des Wissenschaftlers/Ingenieurs, der oft als "objektiv", "unvoreingenommen" oder "distanziert" bezeichnet wird. Diesen Leuten kann man beibringen, zu assoziieren, wenn sie möchten, um dadurch wieder eine gefühlsmäßige Verbindung zu ihren Erfahrungen zu bekommen. Sie können sich sicher Situationen vorstellen, wo dies sehr vorteilhaft für solche Leute wäre. Sex ist so ein Beispiel, bei dem es sehr viel mehr Spaß macht, wirklich innerhalb des eigenen Körpers zu sein und all die Empfindungen wahrzunehmen, statt sich selbst von außen zuzuschauen. Andere neigen dazu, immer assoziiert zu sein: sie haben immer sofort alle Gefühle aus vergangenen Erfahrungen, sowohl die guten als auch die schlechten. Diese Leute beschreibt man oft als "theatralisch", "überschwenglich" oder "impulsiv". Viele ihrer Probleme kann man dadurch beseitigen, daß man ihnen beibringt, bei den entsprechenden Gelegenheiten dissoziiert zu sein. Dissoziation kann man zum Beispiel auch für die Schmerzkontrolle benutzen. Wenn Sie sich selbst dabei beobachten, wie Sie Schmerzen haben, befinden Sie sich nicht innerhalb Ihres Körpers und können den Schmerz nicht wahrnehmen. Sie können sich selbst einen großen Gefallen tun, wenn Sie einige unangenehme Erinnerungen auf dissoziierte Weise noch einmal durchgehen. Stellen Sie fest, wie weit von sich weg Sie die Bilder schieben müssen, um sie noch klar genug zu sehen und aus ihnen zu lernen, während Sie gemütlich zuschauen. Dann gehen Sie eine Reihe angenehmer Erinnerungen durch und nehmen sich dabei die Zeit, mit jedem einzelnen zu assoziieren, damit Sie sie richtig genießen können. Was Sie dabei Ihrem Gehirn beibringen, ist, mit angenehmen Erinnerungen

zu assoziieren und mit unangenehmen Erinnerungen zu dissoziieren. Schon bald wird Ihr Gehirn dies verstanden haben und dasselbe automatisch mit all Ihren anderen Erinnerungen tun. Jemandem beizubringen, wie und wann er am besten assoziiert beziehungsweise dissoziiert, ist einer der eingreifendsten und wirkungsvollsten Wege, die Erlebnisqualität und das daraus resultierende Verhalten einer Person zu verändern. Besonders die Dissoziation ist nützlich bei ausgesprochen unangenehmen Erinnerungen. Hat jemand von Ihnen eine Phobie? Ich liebe Phobien, aber sie sind so leicht zu beseitigen, daß es bald keine mehr gibt. Jetzt schauen Sie sich das an. Die einzigen Leute hier, die eine Phobie haben, haben eine Phobie, sich öffentlich zu melden. Joan: Ich habe eine. Haben Sie eine richtige ausgekochte Phobie? Joan: Nun, die ist ziemlich schlimm. (Sie beginnt, heftig zu atmen und zu zittern). Das sehe ich. Joan: Möchten Sie wissen, worum es geht? Nein, das will ich nicht. Ich bin Mathematiker, ich arbeite nur mit Prozessen. Ich kann Ihre ureigene Erfahrung sowieso nicht kennen, warum also darüber sprechen? Sie müssen über Ihre innere Erfahrung nicht sprechen, um sie zu verändern. Tatsächlich könnte es passieren, daß aus Ihrem Therapeuten ein professioneller bezahlter Freund wird, falls Sie darüber sprechen. Sie wissen, welches Ihre Phobie ist. Ist es etwas, das Sie sehen oder hören oder fühlen? Joan: Es ist etwas, das ich sehe. Okay. Ich werde Sie bitten, einige Dinge zu tun, die Sie in Ihrem Gehirn ganz schnell machen können, und die Phobie wird Sie nie wieder belästigen. Ich werde Ihnen nach und nach Anweisungen erteilen und Sie werden nach innen gehen und sie ausführen. Nicken Sie, wenn Sie damit fertig sind. Zunächst möchte ich, daß Sie sich vorstellen, Sie säßen in der Mitte eines Kinos und könnten auf der Leinwand ein schwarz-weißes Foto sehen, das Sie selbst zu einem Zeitpunkt unmittelbar vor Eintreten der phobischen Reaktion zeigt.... Dann möchte ich, daß Sie aus Ihrem Körper heraustreten und zum Projektionsraum des Kinos hinaufschweben, von wo aus Sie sich selbst dabei beobachten können, wie Sie sich selbst auf dem stehenden Bild anschauen. Von dieser Position aus können Sie also sehen, wie Sie selbst in der Mitte des Kinos sitzen, und Sie können sich selbst außerdem auf dem Foto auf der Leinwand sehen.

Nun möchte ich, daß Sie dieses Foto auf der Leinwand in einen Schwarzweißfilm verwandeln und diesen Film anschauen vom Anfang bis kurz nach dem Ende der unangenehmen Erfahrung. Wenn Sie zum Ende kommen, möchte ich, daß Sie dieses Bild als Dia anhalten, in das Bild hineinspringen und den Film rückwärts ablaufen lassen. Die Leute werden alle rückwärtslaufen, und alles wird in umgekehrter Reihenfolge ablaufen, genau wie wenn man einen Film zurückspult — nur werden Sie in dem Film sein. Lassen Sie ihn in Farbe rückwärtslaufen und machen Sie dies in nur ein oder zwei Sekunden. Überlegen Sie nun, wovor Sie eine Phobie haben. Sehen Sie das, was Sie sehen würden, wenn Sie tatsächlich dort wären. Joan: Jetzt stört es mich nicht mehr..., aber ich habe Angst, daß das beim nächsten Mal, wenn ich wirklich dort bin, nicht klappen wird. Können Sie hier in der Nähe einen solchen Ort finden, wo Sie es testen können? Joan: Ja, ich habe Angst vor Fahrstühlen. Großartig! Machen wir eine kleine Pause. Gehen Sie und probieren Sie es aus und berichten uns dann nach der Pause. Diejenigen, die skeptisch sind, können mitgehen und sie beobachten und ihr Fragen stellen, wenn Sie wollen.

Okay. Wie war es, Joan? Joan: Es ist in Ordnung. Wissen Sie, ich hatte bisher einen Fahrstuhl eigentlich noch nie von innen gesehen. Heute morgen konnte ich ihn noch nicht einmal betreten, weil ich so schreckliche Angst hatte, aber eben gerade bin ich mehrmals rauf- und runtergefahren. Das ist ein typischer Bericht. Einmal bin ich jedoch fast nervös geworden. Ich hielt ein Seminar im Peachtree Plaza in Atlanta, wo es einen Fahrstuhl für siebzig Stockwerke gibt. Ich mußte also unbedingt jemanden mit einer Fahrstuhl-Phobie finden. Ich heilte diese Frau und schickte sie hinaus, damit sie den Erfolg testen konnte. Nach einer halben Stunde fing ich an, zu denken: "Oh je, vielleicht ist sie ganz nach oben gefahren und kommt jetzt nicht mehr herunter!" Als sie nach weiteren fünfzehn Minuten angeschlendert kam, fragte ich sie, wo sie gewesen sei. "Ach, ich bin einfach nur auf- und abgefahren. Es hat mir wirklich Spaß gemacht!" Einmal kam ein Finanzberater zu mir, der eine Phobie vor öffentlichem Sprechen hatte; er versuchte schon seit sechzehn Jahren, sie loszuwerden. Gleich am Anfang erzählte er mir, daß er bisher insgesamt 70.000 Dollar investiert hatte, um von dieser Phobie geheilt zu werden. Ich fragte ihn, woher er das so genau wußte, und er zog seine Therapiemappe mit allen Zahlungsbelegen hervor. Ich sagte: "Und wie ist es mit Ihrer Zeit?" Er bekam ganz große Augen und sagte: "Das habe ich gar nicht berechnet!" Er wurde ungefähr so wie ein Psychiater bezahlt, also hatte er in Wirklichkeit 140.000 Dollar investiert, um etwas zu verändern, wofür ich zehn Minuten benötigte! Wenn es bei panischer Fahrstuhl-Angst möglich ist, zu lernen, anders auf Fahrstühle zu reagieren, sollte es eigentlich möglich sein, jegliches andere Verhaltensmuster zu verändern, denn panische Angst ist eine ziemlich starke Reaktion. Furcht ist eine interessante Angelegenheit. Die Leute schrecken davor zurück. Wenn Sie jemandem sagen, er soll etwas anschauen, vor dem er sich fürchtet, ist er nicht dazu in der Lage. Wenn Sie ihm aber sagen, er soll sich vorstellen, daß er sich selbst zuschaut, betrachtet er die furchterregende Angelegenheit ja immer noch, aber aus irgendeinem Grund ist ihm das auf diese Weise möglich. Den gleichen Unterschied macht es, ob man selbst in der Achterbahn sitzt oder auf einer Bank sitzt und sich von dort aus in der Achterbahn betrachtet. Dies reicht aus, um vielen Leuten zu ermöglichen, ihre Reaktionen zu verändern. Denselben Vorgang können Sie bei Opfern von Vergewaltigungen, Kindesmißhandlungen und Kriegserlebnissen benutzen: dem "posttraumatischen Streßsyndrom".

Vor einigen Jahren brauchte ich noch eine Stunde für eine Phobiearbeit. Als wir dann herausfanden, wie eine Phobie funktioniert, verkündeten wir die "Zehnminütige Phobieheilung". Inzwischen habe ich das auf wenige Minuten reduziert. Die meisten Leute können nicht glauben, daß wir eine Phobie so schnell heilen können. Das ist wirklich komisch, denn ich kann es nicht langsam machen! Ich kann eine Phobie in zwei Minuten heilen, nicht aber in einem Monat, weil das Gehirn eben nicht so funktioniert. Das Gehirn lernt etwas, indem Muster in ihm sehr schnell hintereinander ablaufen. Stellen Sie sich vor, ich würde Ihnen fünf Jahre lang jeweils nur ein Einzelbild eines Films pro Tag zu sehen geben. Würden Sie die Handlung verstehen? Natürlich nicht. Man versteht den Sinn eines Films nur, wenn die Bilder sehr schnell nacheinander folgen. Der Versuch, sich langsam zu verändern, ist so, als wenn man eine Unterhaltung mit einem Wort pro Tag bestreiten wollte. Mann: Und wie steht es mit Übung? Wenn Sie einmal eine Veränderung wie bei Joan herbeiführen, muß sie dann üben? Nein. Sie hat sich schon geändert, und sie muß nicht üben oder bewußt darüber nachdenken. Wenn Veränderungsarbeit schwierig ist oder viel Übung erfordert, macht man es falsch, und man muß das eigene Vorgehen verändern. Wenn Sie einen Weg ohne Widerstand finden, vereinen Sie Ressourcen, und einmal reicht dann sicher. Als Joan während der Pause in den Fahrstuhl ging, mußte sie nicht versuchen, keine Angst zu bekommen. Sie hatte sich schon verändert, und diese neue Reaktion ist ebenso dauerhaft wie die ursprüngliche Angst. Das Schöne bei jemandem mit einer Phobie ist, daß er schon bewiesen hat, daß er sehr schnell lernt. Phobiker sind Menschen, die etwas absolut Lächerliches verblüffend schnell erlernen können. Die meisten Leute betrachten die Phobie als Problem statt als Leistung. Sie überlegen sich nie: "Also, wenn er gerade das lernen kann, dann müßte er auch alles andere erlernen können." Es hat mich immer erstaunt, daß jemand lernen kann, so beständig und zuverlässig mit Angst zu reagieren. Vor Jahren dachte ich: "Diese Art von Veränderung möchte ich erreichen können." Das führte zu der Überlegung: "Wie könnte ich bei jemandem eine Phobie hervorrufen!" Ich dachte mir, wenn ich nicht in der Lage wäre, bei jemandem eine Phobie hervorzurufen, könnte ich Phobien auch nicht systematisch beseitigen. Wenn man den Gedanken akzeptiert, daß Phobien etwas ausschließlich Schlechtes sind, wird man diese Möglichkeit nie in Betracht ziehen. Man kann angenehme Reaktionen genauso stark und beständig

machen wie Phobien. Es gibt Dinge, bei deren Anblick Menschen jedesmal vor Freude strahlen — Neugeborene oder sehr kleine Kinder rufen diese Reaktion gewöhnlich bei fast jedem hervor. Wenn Sie mir nicht glauben, habe ich eine Aufgabe für Sie: Suchen Sie den härtesten, grimmig aussehenden Kerl, den Sie finden können, legen ihm ein kleines Baby in die Arme und lassen Sie ihn damit in einem Supermarkt herumlaufen. Bleiben Sie ein paar Schritte hinter ihm und beobachten Sie, wie die Leute reagieren. Ich möchte Sie jedoch vor etwas warnen: die Phobie-Heilung beseitigt Gefühle, und das gilt auch für angenehme Erinnerungen. Wenn Sie das gleiche Vorgehen für alle ihre Erinnerungen benutzen, wo Sie liebevoll mit einer anderen Person zusammen waren, kann es passieren, daß Sie diese Person zu etwas so Neutralem wie einem Fahrstuhl machen! Viele Paare tun dies automatisch, wenn sie sich scheiden lassen. Sie können die Person anschauen, die Sie einst so heftig geliebt haben, und überhaupt keine Gefühle mehr dabei empfinden. Wenn Sie sich all die schönen Dinge ins Gedächtnis zurückrufen, die Sie zusammen erlebt haben, können Sie sich zwar rückblickend selbst dabei beobachten, wie Sie Freude daran hatten, aber all die schönen Gefühle von damals werden verschwunden sein. Falls Sie dies tun, während Sie noch verheiratet sind, sind Sie wirklich in Schwierigkeiten. Einerseits ist es sinnvoll, all die Erfahrungen, gute und schlechte, die Sie mit jemandem gemacht haben, noch einmal Revue passieren zu lassen und zu entscheiden, die Beziehung zu beenden und etwas Neues anzugehen. Jedoch, wenn Sie sich von all Ihren guten Erlebnissen mit diesem Menschen dissoziieren, werden Sie eine Reihe von sehr fruchtbaren Erfahrungen einfach wegwerfen. Auch wenn Sie es mit dieser Person jetzt nicht mehr aushalten, weil einer von beiden anders geworden ist, spricht nichts dagegen, die angenehmen Erinnerungen zu genießen. Manche Leute bringen es fertig, sich von allen angenehmen Augenblicken im Leben zu dissoziieren, "damit es später nicht schmerzt". Wenn Sie das tun, werden Sie Ihr Leben noch nicht einmal dann genießen können, wenn es schön ist. Es wird dann immer so sein, als beobachteten Sie eine andere Person dabei, wie diese sich vergnügt. Sie selbst werden aber nie mitspielen dürfen. Wenn Sie das mit all Ihren Erfahrungen machen, wird aus Ihnen ein Existentialist — der endgültig völlig unbeteiligte Beobachter. Einige Leute beobachten, daß eine Technik funktioniert, und beschließen dann, diese auf absolut alles anzuwenden. Daß ein Hammer dafür gut ist, Nägel einzuschlagen, heißt aber noch lange nicht, daß sie auf allem damit herumhämmern müssen. Die Phobie-Heilung ist

geeignet, um starke gefühlsmäßige Reaktionen — positive oder negative — zu neutralisieren. Überlegen Sie sich also sorgfältig, wozu Sie diese Technik anwenden. Möchten Sie eine gute Methode wissen, um sich zu verlieben? Assoziieren Sie einfach mit all den guten Erfahrungen, die Sie mit einer bestimmten Person machen, und dissoziieren Sie von den unangenehmen. Das klappt wirklich gut. Wenn Sie überhaupt nicht an die unangenehmen Erfahrungen denken, können Sie diese Methode sogar dafür benutzen, sich in jemanden zu verlieben, der viele Dinge tut, die Sie überhaupt nicht mögen. Die übliche Methode läuft etwa so, daß man sich verliebt und heiratet. Wenn man schon verheiratet ist, kann man den Prozeß umdrehen, so daß man mit allen unangenehmen Erfahrungen assoziiert und von allen angenehmen dissoziiert. Nun reagiert man nur noch auf die unangenehmen Dinge und wundert sich dann, warum "sich alles verändert hat!" Nichts hat sich verändert — außer Ihrem Denken! Frau: Kann man mit Phobien noch etwas anderes machen? Ich habe fürchterliche Angst vor Hunden! Es gibt immer andere Wege, um etwas zu erreichen; die Frage ist: "Kennen wir sie schon?", "Sind sie so zuverlässig?", "Wieviel Zeit nehmen sie in Anspruch?", "Worauf wirken sie sich sonst noch aus?", und so weiter. Probieren Sie Folgendes: Erinnern Sie sich zurück, und rufen Sie sich ein ausgesprochen angenehmes, aufregendes und amüsantes Erlebnis aus Ihrer Vergangenheit ins Gedächtnis, so daß Sie vor Ihrem geistigen Auge sehen können, was Sie damals sahen. Können Sie solch eine Erinnerung finden? (Sie beginnt zu lächeln.) Gut so. Machen Sie es etwas heller....(Sie lächelt noch mehr.) Sehr gut. Halten Sie jetzt das Bild fest und lassen Sie einen Hund zunächst mitten durch das Bild laufen und dann zu einem Teil des Bildes werden. Während der Hund dies tut, möchte ich, daß Sie das Bild noch etwas heller machen. Jetzt stellen Sie sich vor, Sie sind im selben Raum wie der Hund, um zu sehen, ob Sie noch phobisch sind. Frau: Wenn ich jetzt daran denke, fühle ich mich gut. Dieses Vorgehen ist eine Variante einer anderen Methode, die ich Ihnen später beibringen werde. Für sehr starke Phobien ist sie nicht ganz so zuverlässig wie die Dissoziation, aber gewöhnlich funktioniert sie. Ich habe viel mit Phobien gearbeitet, und sie langweilen mich jetzt; deshalb benutze ich meistens die schnellste und verläßlichste Methode, die ich kenne. Nachdem Sie diese Vorgehensweise jetzt kennen, können Sie sie selbst benutzen. Wenn Sie aber wirklich verstehen möchten, wie das Gehirn arbeitet, nehmen Sie sich etwas mehr Zeit, wenn Sie

das nächste Mal einen phobischen Klienten haben. Stellen Sie eine Menge Fragen dazu, wie diese spezielle Phobie aufgebaut ist. Manchmal, zum Beispiel, macht sich eine phobische Person von dem Hund, oder was es gerade ist, ein sehr großes oder helles oder buntes Bild, oder sie läßt einen Film sehr langsam oder immer wieder ablaufen. Dann können Sie versuchen, verschiedene Merkmale zu verändern, um herauszufinden, wie Sie das Erleben dieser speziellen Person verändern können. Wenn Sie davon genug haben, können Sie immer noch die Schnellheilung aus dem Ärmel ziehen und die Phobie in fünf Minuten beseitigen. Wenn Sie so experimentieren, werden Sie anfangen, zu lernen, wie man NLP entwickelt, und müssen nicht mehr teure Seminargebühren zahlen.

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Irrwege

Ich fragte einmal einen Freund: "Was war der größte Fehlschlag in deinem Leben?" Er sagte: "In ein paar Wochen werde ich etwas Wichtiges unternehmen, und es wird mir nicht gelingen." Wissen Sie was? Er hatte recht! Es war der größte Mißerfolg seines Lebens — aber nicht, weil es nicht funktionierte, sondern weil er sich vorher schon die Zeit nahm, ein ungutes Gefühl dazu zu entwickeln. Viele Leute benutzen ihre Vorstellungskraft nur dazu, alle Dinge zu entdecken, die ihnen ein schlechtes Gefühl vermitteln könnten, damit sie sich jetzt schon schlecht fühlen können. Warum warten? Warum darauf warten, daß Ihr Mann eine Affäre beginnt? Stellen Sie es sich jetzt vor; sehen Sie ihn vor sich, wie er sich mit einer anderen Frau vergnügt. Empfinden Sie es so, als würden Sie alles mitansehen! Sie können sich selbst wahnsinnig eifersüchtig machen, einfach so! Wie viele von Ihnen haben das schon einmal gemacht? Und wenn Sie sich dann immer noch schrecklich fühlen, wenn er nach Hause kommt, können Sie ihn anschnauzen und anschreien und damit aus dem Haus treiben, so daß tatsächlich genau das passiert, was Sie sich vorgestellt haben. Klienten sind öfter zu mir gekommen und haben erzählt, daß sie so etwas gemacht haben. Ich höre ihnen zu und frage: "Warum machen Sie sich nicht angenehme Bilder?" "Wie meinen Sie das?" "Verändern Sie das Bild, bis Sie sich selbst mit ihm zusammen sehen anstelle der anderen Frau. Dann steigen Sie in das Bild hinein und genießen all diese guten Gefühle. Wenn er dann nach Hause kommt, bringen Sie ihn dazu, daß er es mit Ihnen machen will." Gefällt Ihnen das besser? Man spricht oft von "guten" oder "schlechten" Erinnerungen; das ist aber nur ein Ausdruck dafür, ob man die Erinnerungen mag oder nicht. Die meisten Leute mögen nur die angenehmen Erinnerungen und meinen, sie wären viel glücklicher, wenn alle ihre schlechten Erinnerungen verschwinden würden. Aber stellen Sie sich einmal vor, wie Ihr Leben aussehen würde, wenn Sie nie schlechte Erfahrungen machen Würden! Wenn Sie so aufwachsen würden, daß alles immer wunderbar

wäre? Sie würden zu einem richtigen Schlappschwanz werden, zu jemandem, der das Leben überhaupt nicht meistern könnte; in diesem Land gibt es eine ganze Reihe Beispiele dafür. Ich hatte einmal einen vierundzwanzigjährigen Klienten, der seit seinem zwölften Lebensjahr ständig Valium einnahm. Er verließ das Haus nur, um zum Zahnarzt, zum Hausarzt oder zum Psychiater zu gehen. Er hatte schon fünf Psychiater durch, aber soweit ich das beurteilen konnte, bestand sein einziges Problem darin, daß er seit zwölf Jahren nicht mehr aus dem Haus gekommen war. Und jetzt plötzlich wollten seine Mutter und sein Vater, daß er alleine ausgehen sollte. Sein Vater besaß eine große Baufirma und beschwerte sich bei mir: "Es wird Zeit, daß der Junge auf eigenen Füßen steht!" Ich dachte: "Du Blödmann — zwölf Jahre zu spät! Was willst du denn tun — ihm die Firma übergeben, damit er für dich sorgen kann?" Diese Firma hätte eine Lebenserwartung von ungefähr zwei Tagen. Da dieser Junge zwölf Jahre seines Lebens unter dem Einfluß von Valium gelebt hatte, hatte er nicht gerade viele Erfahrungen sammeln können — bis sie ihn zu mir brachten! Ich schickte ihn an alle möglichen Orte und brachte ihn dazu, alle möglichen seltsamen Dinge zu tun. Wenn er nicht tun wollte, was ich ihm sagte, drohte ich an, ihn windelweich zu schlagen. Als er das erste Mal zögerte und sagte, das könne er nicht, schlug ich ihn ganz hart; so hat er begonnen, Erfahrungen zu sammeln! Das war nur ein Notbehelf; bei den meisten Leuten würde ich Ihnen nicht empfehlen, dies anzuwenden. Aber es gibt Augenblicke, wo ein ordentlicher Schlag auf den Kopf den Anfang der Entwicklung einer Motivationsstrategie darstellen kann. Einige von Ihnen mögen sich von früher her erinnern, wie das funktioniert. Ich brachte ihn einfach in alle möglichen Situationen, wo er lernen mußte, Schwierigkeiten zu meistern und mit anderen Menschen umzugehen. Das vermittelte ihm eine Erfahrungsgrundlage, um in der realen Welt ohne Zuhause, Tabletten und den Psychiater zu leben. Die Erfahrungen, die ich ihm vermittelte, waren ein wenig nützlicher und wirklichkeitsrelevanter als Gespräche über seine Kindheit mit seinem Psychiater. Im Englischen sagt man: "I can't do something" ("Ich kann etwas nicht tun"), ohne zu bemerken, was diese Worte bedeuten. "Can't" im Englischen ist ein zusammengezogenes "can not" (kann nicht). Wenn jemand sagt: "I can't do it" ("ich kann es nicht tun"), sagt er damit, "er kann" — ist in der Lage — "es nicht zu tun", was immer stimmt. Wenn Sie innehalten und aufmerksam sind und genau auf die Worte achten, beginnen Sie Dinge zu hören, die Ihnen einen Hinweis darauf geben, wie Sie vorgehen können.

Ich habe einmal mit einer Frau zusammengearbeitet, die eine "Flirtklinik für Schüchterne" eröffnen wollte. Sie brachte eine Reihe von Leuten zu mir, die schüchtern waren. Ich war immer der Ansicht gewesen, daß schüchterne Leute deshalb schüchtern seien, weil sie sich immer vorstellen, was für unangenehme Dinge passieren könnten — wie Zurückweisung, zum Beispiel, oder Ausgelachtwerden. Ich stellte diesen Leuten meine üblichen Fragen: "Woher wissen Sie, wann Sie schüchtern sein sollten? Sie sind nicht immer schüchtern." Wie bei allem, was Menschen tun, erfordert Schüchternheit das Ablaufen eines Prozesses. Es ist keine einfache Sache. Ein Mann sagte: "Ich weiß, daß es Zeit wird, schüchtern zu sein, wenn ich weiß, daß ich jemandem begegnen werde." " Nun, was macht Sie aber schüchtern?" "Ich glaube nicht, daß sie mich mögen werden." Diese Feststellung ist etwas völlig anderes als "Ich glaube, daß sie mich nicht mögen werden." Er sagte wörtlich: "Ich glaube nicht" (ich befasse mich damit, eine Handlung nicht zu tun), daß sie mich mögen. Er glaubt alles andere, nur nicht, daß die betreffende Person ihn mögen wird. Im Raum nebenan waren ein paar Leute, deshalb sagte ich ihm: "Ich möchte, daß Sie denken, daß diese Leute Sie mögen." "Okay". "Scheuen Sie noch davor zurück, diesen Leuten jetzt zu begegnen?" "Nein." Das wirkt ein bißchen zu einfach, aber grundsätzlich ist alles, was funktioniert, eine einfache Angelegenheit. Leider gibt es in der Psychotherapie nicht viel Anreiz dazu, herauszufinden, was schnell und einfach funktioniert. In den meisten Branchen werden die Leute dafür bezahlt, erfolgreich zu sein. Bei der Psychotherapie wird man aber pro Stunde bezahlt, egal, ob man etwas erreicht oder nicht. Wenn ein Therapeut inkompetent ist, verdient er mehr als jemand, der schnell erfolgreich ist. Viele Therapeuten haben sogar eine Regel gegen die Effektivität. Sie sind der Ansicht, daß es manipulativ ist, jemanden direkt zu beeinflussen, und daß Manipulation schlecht ist. Das ist so, als ob sie sagen würden: "Sie bezahlen mich zwar dafür, daß ich Sie beeinflusse. Das werde ich aber nicht tun, weil es nicht richtig ist." Wenn ich mit Klienten gearbeitet habe, habe ich mich immer pro Veränderung bezahlen lassen und nicht pro Stunde; ich wurde nur bezahlt, wenn ich Erfolg hatte. Das schien eine viel größere Herausforderung zu sein. Die Gründe, mit denen Therapeuten ihr Versagen rechtfertigen, sind wirklich empörend. Oft sagen sie: "Er war nicht bereit, sich zu verändern." Wenn es je eine faule Ausrede gab, dann diese. Wenn er "nicht bereit" ist, wie kann irgendjemand es dann rechtfertigen, ihn Woche für Woche zu sehen und sich dafür bezahlen zu lassen? Sagen Sie ihm,

er soll nach Hause gehen und erst dann wiederkommen, wenn er "bereit" ist! Meine Einstellung war immer die: wenn jemand "nicht bereit war, sich zu verändern", war es meine Aufgabe, ihn bereit zu "machen". Was würden Sie sagen, wenn Sie Ihr Auto in die Werkstatt gebracht hätten, der Automechaniker hätte ein paar Wochen daran gearbeitet, und es würde immer noch nicht funktionieren? Wenn er Ihnen sagen würde: "Das Auto war nicht bereit, sich zu ändern", würden Sie ihm diese Ausrede nicht abkaufen, oder? Therapeuten kommen mit so etwas jedoch Tag für Tag ungestraft davon. Die andere Standardausrede ist: Der Klient "leistet Widerstand". Stellen Sie sich mal vor, Ihr Automechaniker würde Ihnen sagen, das Auto "leiste Widerstand". "Ihr Auto war einfach noch nicht reif genug, um die Ventilarbeit zu akzeptieren. Bringen Sie es nächste Woche wieder vorbei, dann versuchen wir es noch einmal." Diese Ausrede würden Sie auch nicht eine Sekunde lang annehmen. Offensichtlich weiß der Mechaniker entweder nicht, was er tut, oder er versucht, etwas zu verändern, was überhaupt nicht relevant ist. Vielleicht benutzt er sogar das falsche Werkzeug. Effektive Therapeuten und Lehrer können Menschen dazu verhelfen, "zu Veränderung bereit" zu sein, und wenn sie das Richtige tun, wird auch kein Widerstand auftreten. Unglücklicherweise haben die meisten Menschen eine etwas perverse Neigung zur Wiederholung. Wenn sie etwas tun und es funktioniert nicht, machen sie es meistens lauter, stärker, länger oder öfter. Wenn ein Kind nicht versteht, schreit ein Erwachsener gewöhnlich genau den gleichen Satz, statt andere Worte zu benutzen. Und wenn Bestrafung das Verhalten einer Person nicht verändert, schließen wir gewöhnlich daraus, daß es noch nicht genug war, so daß wir es noch steigern müssen. Ich dachte immer, wenn etwas nicht funktioniert, könnte das ein Hinweis darauf sein, daß es angebracht wäre, etwas anderes zu tun! Wenn Sie wissen, daß etwas Bestimmtes nicht funktioniert, dann bietet doch alles andere mehr Aussicht auf Erfolg, als noch mehr von dem, was ohnehin nicht klappt. Auch Laien haben interessante Ausreden. Ich sammele sie. Zum Beispiel war es üblich, zu sagen: "Ich verlor die Kontrolle über mich", oder : "Ich habe keine Ahnung, was in mich gefahren war." Wahrscheinlich war es eine violette Wolke, oder eine alte Bettdecke ist daran schuld. In den sechziger Jahren gingen die Leute in Encountergruppen und lernten dort, zu sagen: "Ich kann auch nichts dafür; so fühle ich mich eben." Wenn jemand sagt: "Ich hatte einfach das Gefühl, als

müßte ich eine Handgranate ins Zimmer werfen," so ist das nicht akzeptabel. Aber wenn jemand sagt: "Ich kann einfach nicht akzeptieren, was du sagst; ich muß dich so anschreien, daß es dir schlecht geht; so fühle ich mich eben" — das wird hingenommen. Der Ausdruck "eben" ist faszinierend; es ist eine Möglichkeit, zu anderen Leuten "uneben" ("just"/"unjust" = "fair"/"unfair" Anm.d.Übers.) zu sein. "Eben" oder "bloß" ist eine sehr praktische Masche, um alles zu entwerten, worum es gerade geht. Wenn sich jemand schlecht fühlt, und Sie sagen etwas Nettes zu ihm, wird er häufig sagen: "Sie versuchen bloß, mich aufzumuntern" — als ob es etwas Schlechtes sei, jemanden aufzumuntern! Vielleicht stimmt es, daß Sie ihn aufmuntern wollen, aber "bloß" macht dies zum einzigen Kennzeichen der betreffenden Situation. Das Wort "bloß" mindert alles andere herab, was an dieser Stituation noch von Bedeutung sein könnte. Die heutige Lieblingsausrede ist: "Ich war nicht ich selbst" ("I wasn't myself"). Damit können Sie sich immer aus der Affäre ziehen. Das ist so wie die Ausrede mit der multiplen Persönlichkeit oder dem Verrücktsein. "Ich war nicht ich selbst.... ich muß jemand anderes gewesen sein!" Alle diese Ausreden dienen dazu, Unglücklichsein zu rechtfertigen und zeitlich auszudehnen, statt etwas Neues auszuprobieren, das das Leben interessanter, angenehmer und amüsanter machen könnte für einen selbst — und auch für andere Leute. Ich denke, jetzt wird es Zeit für eine Demonstration. Kann mir jemand ein Beispiel sagen für eine Situation, die er sich richtig unangenehm vorstellt? ]o: Ich bekomme immer Angst, wenn es darum geht, jemanden zu konfrontieren. Wenn mich jemand irgendwie beleidigt hat, und ich möchte, daß er mich anders behandelt, konfrontiere ich ihn. Und Sie erwarten, daß das zu einer unangenehmen Erfahrung wird? Jo: Ja. Das ist es aber gar nicht. Meistens entwickelt es sich viel positiver. Am Anfang fühle ich mich vielleicht unwohl, aber wenn ich mehr drin bin, fühle ich mich wohler. Wird es dadurch nützlich? Jo: Für mich wird es zu einer nützlichen Lernerfahrung, wenn ich jemanden tatsächlich mit meinen Gefühlen konfrontiere. Ich bekomme mit jedem Mal mehr Selbstvertrauen, um in Zukunft jemanden zur Rede zu stellen. Es sieht dann nicht mehr aus wie eine Konfrontation, sondern mehr so, als würde ich einfach mit jemandem reden. Nun, denken Sie jetzt mal daran. Wenn Sie jetzt jemanden konfrontieren würden — würden Sie immer noch erwarten, daß es unangenehm Werden könnte?

Jo: Ein bißchen. Nicht mehr so stark wie sonst. Ich bitte Sie, es jetzt zu tun. Jo: Ehern — ein bißchen. Sie müssen innehalten und sich wirklich Zeit dafür nehmen. Denken Sie an jemanden, den Sie nur sehr schwer konfrontieren könnten. Überlegen Sie sich das, und bekommen Sie heraus, wie Sie eine unangenehme Erwartung haben und trotzdem an den Erfolg glauben können. Jo: Sie zu konfrontieren, wäre schwierig. Mich zu konfrontieren, wäre tödlich. Was würde Sie denn dazu treiben, jemanden konfrontieren zu müssen? Jo: Wenn ich das Gefühl hätte, meine Integrität sei verletzt worden "Verletzte Integrität" — ich habe meine reparieren lassen. Jo: Oder wenn ich irgendwie beleidigt werde. Manchmal, wenn meine Vorstellungen verhöhnt werden – Warum müssen Sie jemanden zur Rede stellen? Jo: Ich weiß es nicht. Was passiert, wenn Sie es tun? Wozu ist es gut? Setzt es Ihre Integrität wieder instand? Jo: Ich habe dann das Gefühl, daß ich für mich selbst einstehe, mich selbst beschütze, mich selbst erhalte. Wovor? Was ich wissen möchte, ist das: "Wozu dient dieses Verhalten?" Manche Leute bringen den anderen um, wenn sie konfrontiert werden — sogar, wenn es sich nur um ein Schinkenbrötchen dreht. Dort, wo ich herkomme, da gibt es sowas. Viele Leute wachsen nicht in solchen Gegenden auf, und wenn sie Glück haben, lernen sie so etwas auch nicht kennen. Was für eine Bedeutung hat es, jemanden zu konfrontieren? Hat es eine weitergehende Bedeutung als die, jemandem bestimmte Gefühle zu vermitteln, die anders sind als die, die man empfindet, wenn jemand "die Integrität verletzt" durch Verspotten von persönlichen Vorstellungen? Müssen Sie Menschen immer konfrontieren? Machen Sie es mit jedem? Jo: Nein. Woher wissen Sie denn, zu wem Sie hingehen und ihn konfrontieren, damit Sie sich wieder besser fühlen? Jo: Leute, denen ich mehr oder weniger vertraue, bei denen ich weiß, daß sie mich nicht irgendwie verletzen werden. Das ist ein gutes Kriterium. Aber Sie konfrontieren Sie nur, wenn sie Sie oder Ihre Vorstellungen verletzt haben. Jo: Ja, nur dann konfrontiere ich sie. Bei vielen anderen Gelegenheiten diskutiere ich Dinge mit ihnen, aber nur dann konfrontiere ich sie.

Wodurch wird es wichtig genug, um konfrontieren zu müssen? Ich möchte andersherum fragen. Wenn sie Ihre Vorstellungen verletzen, bedeutet das, daß sie Ihre Gedanken nicht verstanden haben oder daß sie nicht damit übereinstimmen? Jo: Nein, nein. Wenn sie mich mißverstehen oder anderer Meinung sind, ist das in Ordnung. Nur wenn jemand sagt: "Das ist Quatsch" oder so etwas. Es hängt von der Situation oder der Person ab. Ja, es hängt von der Situation ab, und das ist sehr wichtig. Ich sage auch nicht, daß es nicht sinnvoll ist, jamanden zu konfrontieren. Ich frage nur: "Woher wissen Sie, wann Sie es tun müssen?" und "Wie geht dieser Prozeß vor sich?" Würden Sie hingehen und jemanden umbringen, der Ihre Integrität verletzt hat? Jo: Nein. Viele Leute würden soweit gehen. Vielleicht sollten wir ihnen beibringen, so vorzugehen, wie Sie das tun. Ich weiß aber immer noch nicht, was es für Sie bedeutet, jemanden zu "konfrontieren". Ich weiß nicht, ob Sie brüllen und schreien, ob Sie ihm den Finger in die Nase rammen, ob Sie ihm das linke Ohr abschneiden oder ihn mit einem Lastwagen überfahren. Ich nehme an, daß es sich bei Ihnen um einen verbalen Akt handelt. Jo: Ja. Ich weiß immer noch nicht, ob Ihre Stimme hoch klingt, oder andere Einzelheiten. Worin besteht der Unterschied zwischen einer "Diskussion" und einer "Konfrontation"? Glauben die meisten anderen hier, daß sie es wissen? Oder haben Sie darüber nicht nachgedacht? Oder haben Sie gedacht, ich rede ja nur mit ihr? Jo: Für mich hat es etwas sehr Drängendes, jemanden zur Rede stellen zu müssen. Ich will, daß sie wirklich kapieren, welche Gefühle ich bei einer Sache habe. Ich möchte, daß sie wirklich wissen, wie ich mich mit meinen Vorstellungen angenommen oder zurückgewiesen gefühlt habe. Okay. Wodurch wird es so dringend? Was würde passieren, wenn Sie kein Verständnis bekommen würden? Lassen Sie mich anders fragen. Verstehen sie Ihre Gedanken und sagen darüber etwas Schlechtes, oder mißverstehen sie und sagen etwas Schlechtes deshalb, weil sie nicht verstehen? Jo: Ich bin Ihnen dankbar für das, was Sie tun — ich glaube, Sie haben mir gerade einen anderen Blickwinkel vermittelt. Stimmt das? Ich weiß nicht. Geben Sie mir einen Tip. Jo: Ich glaube, ja. Ehm ...ja... jetzt sieht es einfach anders aus. Es sieht nicht mehr aus wie Zurückweisung; es sieht mehr so aus, daß sie mir etwas anderes mitteilen wollen.

Ich weiß nicht. Ich weiß noch nicht einmal genau, womit wir hier eigentlich arbeiten. Sie können sich noch nicht verändern, es ist noch zu früh dazu. Wie könnte sich irgendetwas nur mit Worten so schnell verändern, bevor ich überhaupt herausgekriegt habe, was es ist? — Ist es wichtig? Jo: Nein, aber es hat sich verändert. Es ist anders. Es ist überhaupt nicht wichtig. Jo: Mir ist es jetzt überhaupt nicht wichtig, was Sie gesagt haben, oder wie Sie es gesagt haben, oder ob Sie gewußt haben, worüber ich spreche. Irgendetwas, das Sie gerade gesagt haben, hat etwas verändert. Irgendwie habe ich das Gefühl, daß ich niemanden mehr konfrontieren muß. Donnerwetter, bei Ihnen geht das aber plötzlich. Jo: Nun, ich meine, ich muß niemanden mehr wegen der Dinge zur Rede stellen, über die ich gesprochen habe. Oh, es gibt also noch andere! Sie könnten es einfach wahllos machen! So mache ich das. Dann muß man sich keine Gedanken darüber machen, ob es funktioniert oder nicht. Jo: Nun, wenn mich jemand über's Ohr haut, oder wenn ich schlecht bedient werde, dann würde ich mich beschweren. Ist das eine gute Methode, um in einem Restaurant zukünftig noch gut bedient zu werden? Jo: In vielen Restaurants ist das eine gute Methode. Ich möchte Sie noch etwas anderes fragen. Ich will nicht wirklich auf Ihnen herumhacken. Sie stellen nur einen guten Kristallisationspunkt dar, um andere Leute unbewußt zu erreichen. Ist Ihnen schon jemals der Gedanke gekommen, daß Sie den Leuten in einem Restaurant ein so gutes Gefühl vermitteln könnten, noch bevor Sie bedient werden, daß die gar keine andere Wahl hätten, als Sie gut zu bedienen? Jo: Das verstehe ich nicht _Irgendwie habe ich den Faden verloren. Mich verblüfft es immer, daß Leute in ein Restaurant gehen und sich von einem Menschen bedienen lassen, diesen Menschen aber nicht als solchen behandeln. Ich habe schon als Kellner gearbeitet, und ich kann Ihnen sagen, daß die meisten Leute, die in ein Restaurant gehen, die Kellner sehr eigenartig behandeln. Es gibt ein paar, die reinkommen und einem ein gutes Gefühl vermitteln. Das bewirkt, daß man sich für sie mehr Zeit nimmt — ganz gleich, ob sie mehr Trinkgeld geben oder nicht. Wenn man sich mit jemandem beschäftigt, der nett zu einem ist, ist das viel angenehmer, als in der Gegenwart von jemandem zu sein, der sich unsympathisch verhält — oder der noch nicht einmal erkennen läßt, daß er die Anwesenheit des anderen bemerkt.

Hat jemand von Ihnen schon einmal ein Kind so behandelt, als ob es nicht existieren würde? Die meisten Kinder flippen dabei aus. Stellen Sie sich vor, Sie wären Kellner, und ein ganzer Raum voller Leute würde Sie so behandeln. Dann kommt jemand und behandelt Sie nicht wie eine Maschine, sondern wie ein menschliches Wesen und gibt Ihnen damit ein gutes Gefühl. Mit wem würden Sie lieber zu tun haben? Eine Möglichkeit, in einem Restaurant gut bedient zu werden, besteht darin, zuerst den Kellner gut zu behandeln, damit er den Wunsch bekommt, Sie gut zu bedienen. Die Alternative besteht darin, ihn so zu nötigen und schlecht zu machen, daß er Ihnen das gibt, was Sie gerne haben wollten und erwartet hatten, ohne aber die ganze unfreundliche Prozedur anzetteln zu müssen. Wenn Sie die Sache so angehen, müssen Sie nicht nur die Rechnung bezahlen — Sie verderben sich auch Ihr Erlebnis. Die meisten Leute übersehen das völlig. Warum sollten sie auch in ein Restaurant gehen und nett zu dem Kellner sein? Man kann doch schließlich automatisch gute Bedienung erwarten! So betrachten viele Leute auch die Ehe. "Das hättest du wissen müssen." "Ich wünschte, ich müßte ihm das nicht extra sagen; er müßte das automatisch tun." Und wenn er es nicht tut, heißt das, daß es Zeit ist, sehr ernst und wütend zu werden und ihn zu zwingen, das "Richtige" zu tun. Und wenn Sie dabei gewinnen, was gewinnnen Sie? Größere Selbstachtung? Mann: Man gewinnt eine Gelegenheit für den Partner, sich zu rächen. Viele Leute haben das mit mir gemacht. Ich beschloß, die Herausforderung anzunehmen und mich absichtlich schon vorher zu rächen! Wie viele Leute müssen sich revanchieren, wenn man nett zu Ihnen ist? Es geht nicht darum, ob man nett oder böse ist; dafür ist der Nikolaus zuständig. Meine Frage ist: "Haben Sie jemals die Möglichkeit in Betracht gezogen, vorsorglich und von vorneherein zuvorkommend zu sein?" Frau: Ja, meine Strategie für Restaurants ist die, die Bedienung zu fragen, was auf der Speisekarte sie am meisten empfiehlt; sie wird dann eine Auswahl treffen. Ich sehe mir das an und bitte sie, dafür Sorge zu tragen, daß das Essen in Ordnung ist und daß das Steak nicht zu klein ist. Ich erfrage auch ihren Namen und spreche sie mit ihrem Namen an. So, ja, Sie haben also in Betracht gezogen, nett zu sein und haben es auch schon versucht. Wie alles andere auf der Welt funktioniert das natürlich nicht immer. Aber wieviele von Ihnen haben noch nicht einmal an diese Möglichkeit gedacht, wenn sich die Dinge nicht so gut

entwickelt haben, oder bevor die Sache schiefging? Warum sollte ein Kellner sich jeden Abend in ein Restaurant begeben und die Leute schlecht bedienen, wo er doch von Trinkgeldern lebt? Haben Sie sich das jemals gefragt, Jo? Jo: Ja, das habe ich. Und Sie haben sie konfrontiert? Jo: Nun, ich habe das in Betracht gezogen, aber es ist mir nicht gelungen, so freundlich zu sein, wie ich sollte. Ich konnte einfach nicht umgänglich sein, wenn ich wirklich verärgert war. Ich konnte mein Verhalten nicht ändern. "Die Bedienung hätte damit anfangen müssen", nicht wahr? Dann hätten Sie nicht ärgerlich sein müssen und Schwierigkeiten gehabt, davon wieder loszukommen. Jo: Ja, so erschien mir das dann. Jetzt sieht es ganz anders aus. Lassen Sie uns jetzt zum Anfang zurückgehen. Als wir dieses Gespräch begannen, wollte Jo noch kompetenter sein, sich unfreundlich zu geben. Wenn Sie genau hingehört hätten, wollte sie eigentlich sagen: "Ich möchte in der Lage sein, für mich selber einzustehen und besser meckern und schimpfen können." Niemand in diesem Raum hat das herausgehört, als sie anfing zu sprechen. Wenn es jemand wirklich gehört hätte, hätte er vielleicht versucht, ihr beizubringen, anderen gegenüber noch gemeiner zu sein. Malen Sie sich aus, was ein "Selbstbehauptungstrainer" damit hätte anfangen können! Ich habe einen neuen Namen für Selbstbehauptungstraining. Ich nenne es "Einsamkeitsvorbereitung". Im Gegensatz dazu stelle ich eine Menge Fragen, um zu lernen, die Handlungsbeschränkungen eines anderen selbst haben zu können. Wenn ich lernen kann, wie es funktioniert, kann ich es auch in jeder von mir gewünschten Weise verändern, und es wird immer noch funktionieren, jedoch auf eine andere Weise. Man kann sich kein gültiges Urteil über einen Prozeß bilden, ohne zu wissen, wie dieser beschaffen ist. Und Sie können nicht wirklich wissen, wie er beschaffen ist, ohne ihn selbst ausprobiert zu haben. Ich dachte also: "Okay, Jo kann nicht meckern und schimpfen. Wo kann sie es nicht — denn ich möchte lernen, wie man es gerade dort nicht macht!" Ich begann, ihr Fragen zu stellen: "Wann machen Sie es?" "Wozu dient es?" "Mit wem machen Sie es?" Meine Fragen bewegen sich in der Zeit rückwärts. Ich fange mit dem Problem an und gehe dann rückwärts durch den Prozeß, den sie durchmacht. Als wir weit genug zurückgegangen waren, kam sie an den Punkt, bevor sie meckerte und schimpfte und bevor sie überhaupt das Bedürfnis dazu

verspürte. Das ist der Punkt, von dem aus sie einen anderen Weg einschlagen kann. Wenn sie den nächsten Schritt tut, nimmt das "Problem" automatisch seinen Lauf. Wenn sie aber einen Schritt zur Seite tut, kann sie in eine andere Richtung gehen, die ihr besser gefällt. Jo geht in ein Restaurant, setzt sich hin, wird schlecht bedient, fühlt sich fürchterlich, konfrontiert die Bedienung, wird anschließend besser bedient und fühlt sich trotzdem noch schlecht. Ich fragte sie: "Ist es Ihnen jemals in den Sinn gekommen, wenn Sie in ein Restaurant gehen und Ihre Bedienung kennenlernen, ihr ein gutes Gefühl zu vermitteln?" Sie sagte: "Das kann ich nicht, wenn ich mich schon schlecht fühle", und damit hat sie wahrscheinlich recht. Okay, warum nicht einfach immer gleich von vornherein ein gutes Gefühl vermitteln, sowie man ein Restaurant betritt, damit man überhaupt nicht in die Verlegenheit kommt, sich schlecht zu fühlen? Diese Frage lenkt ihre Aufmerksamkeit auf einen früheren Zeitpunkt, zu dem es noch leicht fällt, sich anders zu verhalten, und es zeigt ihr auch eine ganz spezifische Möglichkeit auf, anders zu handeln. Folgendes haben Sie alle schon mal gemacht. Sie kommen mit einem richtig guten Gefühl nach Hause. Als Sie zur Tür hereinkommen, sehen Sie das Chaos im Wohnzimmer, oder daß jemand vergessen hat, den Müll rauszutragen. Vielleicht sehen Sie, daß irgendetwas fehlt, was für Ihre Zufriedenheit unentbehrlich ist. Sie werden innerlich wütend und frustriert; Sie unterdrücken es und versuchen, nicht wütend und frustriert zu sein, aber das geht nicht. Sie gehen also in die Therapie und sagen: "Ich will meine Frau nicht anschreien". "Warum schreien Sie Ihre Frau an?" "Weil ich wütend und frustriert werde." Die meisten Therapeuten sagen dann: "Lassen Sie es nur heraus; zeigen Sie Ihre Gefühle; schreien Sie und beschimpfen Sie Ihre Frau." Und der Frau sagen sie: "Ist es nicht in Ordnung, wenn er Sie anschreit und beschimpft? Können Sie ihn nicht so sein lassen, wie er ist?" Sie tun Ihre Sachen und er seine unabhängig voneinander. Das ist vollkommen verrückt! Die meisten Therapeuten machen sich keine Gedanken über folgendes: Wenn er zur Tür reinkommt und das Durcheinander sieht, geht er zunächst in den Zustand, wo er wütend und frustriert ist, und danach versucht er, die Wut und die Frustration nicht hochkommen zu lassen. Sie vergessen auch noch, was er damit erreichen will, indem er überhaupt versucht, sie nicht anzuschreien: er möchte nämlich, daß eine angenehme Atmosphäre herrscht. Nun, warum soll man nicht direkt darauf hinsteuern? Wie wäre es, wenn er an der Haustür auf so viele angenehme Ideen käme, was er alles mit seiner Frau anstellen

könnte, daß er das Wohnzimmer viel zu schnell durchquert, um irgendetwas anderes zu bemerken! Immer wenn ich sage: "Wie wäre es denn, wenn Sie etwas Neues unternehmen, bevor Sie beginnen, sich so schlecht zu fühlen?", ist der Klient völlig überrascht. Er kommt nicht darauf, ein Stück zurückzugehen. Er denkt immer, daß der einzige Weg, glücklich zu sein, darin besteht, das zu tun, was er will, und zwar genau in dem Moment, wo es ihm paßt. Ist das der einzige Weg? Wahrscheinlich ja. Das Universum läuft nicht rückwärts. Die Zeit geht nicht rückwärts. Licht bewegt sich nicht rückwärts. Aber das Gehirn kann rückwärts arbeiten. Typischerweise verstehen Klienten entweder überhaupt nicht, was ich gesagt habe, oder sie sagen: "Das kann ich einfach nicht!" Es klingt zu einfach. Mir wurde also klar, daß ich sie dazu bringen mußte, mitzumachen. Sie konnten nicht von selber rückwärts durch die Zeit gehen, weil sie nicht aufhören konnten, die bereits vorgewählte Richtung beizubehalten. Ich lernte also, Fragen zu stellen, die sie dazu veranlaßten, rückwärts zu gehen. Oft kämpfen sie mit mir bis zum Letzten. Sie versuchen, eine Frage zu beantworten, und ich bestehe darauf, daß sie noch eine andere beantworten, um sie weiter zurück zu bewegen. Wenn ich mit einem Klienten an den richtigen Punkt komme, stelle ich eine Frage, die zur Seite und dann nach vorne zielt, und dann bewegt er sich nach vorne in der neuen Richtung. Danach kann er die neue Richtung nicht mehr verlassen. Er ist genauso festgelegt wie vorher, aber es ist ihm egal, weil er in der neuen Weise gerne festgelegt ist. Das funktioniert genauso wie eine Feder: man drückt sie zusammen, und wenn man dann den Hebel betätigt, und die Feder wird losgelassen, springt sie wieder nach vorne. Sobald jemand an eine solche Stelle gelangt, sagt er: "Oh, ich habe mich verändert. Machen wir einfach weiter." Es geschieht so beiläufig. "Woher wissen Sie, daß Sie sich verändert haben?" "Ich weiß nicht. Es ist nicht wichtig. Es ist jetzt einfach anders." Aber Jo bewegt sich weiterhin vorwärts auf dem neuen Weg. Ich habe sie mehrfach getestet. Und sie kann nicht mehr auf den anderen Weg zurück — dafür ist es jetzt zu spät. Ich gehe davon aus, daß das, was ihr in die Quere kommt, einen positiven Wert besitzt; ich muß nur herausfinden, wo man es am besten benutzt. Ich nehme also das Verhalten, das für Jo unangenehm ist (Konfrontation), und verfolge es bis zu einem Zeitpunkt zurück, zu dem sie überhaupt noch nicht an dieses Verhalten denkt. Dieselbe Kraft, die sie dazu veranlaßt, jemanden zu konfrontieren und sich da-

bei unwohl zu fühlen, wird sie nun in ein anderes Verhalten hineinzwingen. Was wir hier mit Jo untersucht haben, ist ein häufig auftretendes Muster in der Ehe. Einer will vom anderen etwas, aber der Partner gibt es seiner Partnerin nicht. Deshalb fühlt sie sich schlecht. Dann geht sie zu ihm hin und sagt, wie schlecht es ihr geht, und hofft dabei, daß er genug um sie besorgt ist, um ihr das zu geben, was sie will. Es gibt Zeiten, wo man von anderen tatsächlich nicht das bekommt, was man möchte. Aber wenn sie schon nicht bekommen, was Sie wollen — Schlechtfühlen addiert sich noch hinzu! Haben Sie sich das jemals überlegt? Zuerst kriegen Sie nicht das, was Sie wollen, und dann müssen Sie sich noch zusätzlich über längere Zeit schlecht fühlen, weil Sie es nicht bekommen haben. Und dann müssen Sie sich schlecht fühlen, um zu versuchen, es wieder zu bekommen. Wenn Sie sich gut fühlen, können Sie einfach hinterher noch einmal zu dieser Person hingehen und sagen: "He, du. Willst du das für mich tun?" Wenn Sie das mit einem fröhlichen Klang in Ihrer Stimme tun, ist es sehr viel wahrscheinlicher, daß Sie das Gewünschte bekommen, vor allem ohne späteres Nachspiel. Der größte aller Fehler besteht darin, zu denken, daß Sie sich in bestimmten Situationen nur dann wohlfühlen können, wenn eine andere Person sich in einer bestimmten Weise verhält. "Du mußt dich so verhalten, wie ich das will, damit ich mich wohlfühlen kann, sonst werde ich mich schlecht fühlen und herumstehen und dafür sorgen, daß du dich auch schlecht fühlst." Wenn diese andere Person dann gar nicht anwesend ist und sich gar nicht so verhalten kann, gibt es niemanden, der dafür sorgen kann, daß es Ihnen gut geht. Also fühlen Sie sich schlecht. Wenn die Person zurückkommt, sagen Sie: "Du warst nicht hier und hast dich nicht so verhalten, daß ich mich wohlfühlen konnte; deshalb sollst du dich jetzt schlecht fühlen. Ich will, daß du die ganze Zeit da bist. Kein Bowling mehr; geh' am Wochenende nicht mehr zum Angeln; geh' nicht auf's College; geh' nicht zu Seminaren; sei die ganze Zeit hier. Ich kann weggehen, denn ich vergnüge mich dabei, aber wenn ich nach Hause komme, mußt du da sein, damit ich mich wohlfühle. Wenn du mich liebst, wirst du tun, was ich will; denn wenn du es nicht tust, geht es mir schlecht; denn ich liebe dich." Bizarr, nicht? Aber so läuft es. Irgendwie stimmt es ja auch. Sie sitzen da alleine und fühlen sich tatsächlich schlecht. "Wenn diese Person jenes tun würde, ginge es mir gut. Was ist bloß mit ihm los?" Natürlich, wenn er da ist und es nicht tun will, ist das sogar noch schlimmer! Die Leute halten selten inne und sagen: "Na, was ist wohl für jemand anderen wichtig?"

Noch seltener fragen sie sich: "Wie könnte ich es anstellen, daß jemand dies und das für mich tun will!" Wenn Sie innerlich spüren, daß es dann Zeit wird, sich schlecht zu fühlen, wenn Sie in einem bestimmten Moment nicht genügend Aufmerksamkeit von ihm bekommen — und wenn Sie dieses schlechte Gefühl messen und ihn vor ihrem geistigen Auge visualisieren und das schlechte Gefühl mit seinem Gesicht verbinden, werden Sie sich sogar schlecht fühlen, wenn er nach Hause kommt und Sie sein Gesicht sehen! Das ist erstaunlich! Sie fühlen sich also nicht nur schlecht, wenn er nicht da ist; Sie bekommen auch ein schlechtes Gefühl, wenn er wiederkommt! Das klingt nicht gerade lustig, nicht? Es ist nicht fair sich selbst gegenüber, wenn Sie so leben müssen. Und wenn er ein schlechtes Gewissen hat, weil er weggegangen ist, und sich dabei bildhaft seine Frau vorstellt, wird er das Gefühl des schlechten Gewissens mit dem Anblick ihres Gesichts verbinden. Wenn er dann zurückkommt und sie sieht, wird er wieder ein schlechtes Gewissen bekommen, und er wäre wahrscheinlich am liebsten gar nicht da. Das sind die "Metamuster" gegenseitiger Verpflichtung. Beide beruhen auf einem riesigen Irrtum: der Überzeugung, daß man sich in der Ehe gegenseitig etwas schuldig sei. Wenn man Leute fragt, was sie wollen, sprechen sie meistens über das, was sie haben wollen und nicht besitzen, statt über das, was sie jetzt bereits zur Verfügung haben. Sie neigen dazu, das zu ignorieren und als selbstverständlich zu betrachten, was sie schon haben und genießen, und bemerken nur das, was fehlt. Verheiratete Menschen haben meist das ursprüngliche glückliche Gefühl verloren, das sie am Anfang mit dem Partner hatten. Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn Sie bei seinem Anblick jedesmal das Gefühl hätten, großes Glück zu haben. Und wenn er gerade mal nicht da ist, wenn Sie ihn brauchen — da er etwas macht, das Ihnen nicht paßt, weil Sie es nicht mit ihm zusammen machen wollen —, schätzen Sie sich immer noch glücklich, daß diese besondere Person so häufig für Sie da ist. Und wenn er gerade etwas anderes macht, schätzen Sie sich glücklich, daß dies der einzige Preis ist, den Sie bezahlen müssen. Das ist kein hoher Preis, oder? Wenn Sie das nicht fertigbringen, denke ich persönlich, daß es sich nicht lohnt. Was mich immer gewundert hat, ist die Tatsache, daß die Leute zu Fremden selten böse sind. Man muß jemanden wirklich gut kennen und lieben, bevor man ihn wie den letzten Dreck behandeln und ihn wegen der geringsten Kleinigkeit schlecht machen kann. Nur wenige würden einen Fremden wegen so wichtiger Dinge wie Krümel auf dem

Frühstückstisch anschreien; wenn man aber jemanden liebt, ist das in Ordnung. Zu mir kam einmal eine Familie, und der Mann war wirklich fies. Er deutete auf seine Frau und knurrte: "Die glaubt, daß eine Vierzehnjährige bis halb zehn Uhr abends wegbleiben sollte!" Ich blickte ihm gerade ins Gesicht und sagte: "Und Sie denken, daß eine Vierzehnjährige lernen sollte, daß Männer ihre Ehefrauen anschreien und anbrüllen und sie herunterputzen sollten!" Es ist fürchterlich, wenn man sich verrennt. Häufig bringt eine Familie ihre Tochter im Teenageralter zu mir, weil etwas mit ihr nicht in Ordnung sei; sie genießt Sex, und sie können sie nicht davon abbringen. Wenn das nicht eine idealistische, überwältigende, unerhörte Aufgabe ist — jemanden dazu zu bringen, wieder Jungfrau zu werden! Die Eltern möchten von Ihnen, daß Sie ihre Tochter davon überzeugen, daß Sex nicht wirklich schön ist, daß er gefährlich ist und daß sie sich ein Leben lang schlecht fühlen wird, wenn sie es wirklich genießt! Manche Therapeuten übernehmen diese Aufgabe tatsächlich — und manche haben damit sogar Erfolg! Ein Vater zerrte seine Tochter buchstäblich im Polizeigriff in meine Praxis, schubste sie in den Sessel und knurrte: "Setz' dich!" "Stimmt irgendetwas nicht?" fragte ich. "Dieses Mädchen ist eine kleine Hure!" "Ich brauche keine Hure; warum haben Sie sie hergebracht?" Wenn das keine Unterbrechung ist! Diese ersten Sätze sind mir die liebsten; mit so einem Satz können Sie jemandem wirklich das Gehirn zum Kochen bringen. Wenn Sie ihm danach noch eine Frage stellen, wird er nie mehr so sein können, wie er war. "Nein, nein! So habe ich das nicht gemeint —" "Wer ist dieses Mädchen?" "Meine Tochter." "Sie haben aus Ihrer Tochter eine Hure gemacht?!!!!!" "Nein, nein! Sie verstehen mich falsch!" "Und dann haben Sie sie hier zu mir gebracht! Wie widerlich!" "Nein, nein, nein! Sie verstehen alles falsch." Dieser Mann, der fauchend und schreiend hereinkam, fleht mich jetzt an, ihn doch zu verstehen! Von einem, der seine Tochter beschuldigt, hat er sich völlig verwandelt in einen, der sich verteidigt. Währenddessen hat sich seine Tochter eins ins Fäustchen gelacht. Sie fand das ganz toll. "Nun, dann erklären Sie mir das mal." "Ich befürchte einfach, daß ihr allerlei schreckliche Dinge passieren werden."

"Nun, wenn Sie ihr dieses Gewerbe beibringen, ist das auch gerechtfertigt!" "Nein, nein, sehen Sie, das ist so -" "Nun, was wollen Sie denn von mir? Was möchten Sie denn?" Dann begann er, all das zu beschreiben, was er wollte. Als er fertig war, sagte ich: "Sie haben sie im Polizeigriff hergebracht und sie herumgestoßen. So behandelt man Prostituierte; das bringen Sie ihr bei!" "Ja, ich möchte sie zwingen " "Ah, 'Zwang'- ihr also beibringen, daß Männer Frauen dadurch kontrollieren, daß sie sie herumschubsen, herumkommandieren, körperliche Gewalt anwenden und sie damit zwingen, Dinge gegen ihren Willen zu tun. So machen die Zuhälter das. Das einzige, was noch übrigbleibt, ist, Geld dafür zu verlangen." "Nein, das tue ich doch gar nicht. Sie hat mit ihrem Freund geschlafen." "Hat sie Geld von ihm verlangt?" "Nein." "Liebt sie ihn?" "Dafür ist sie zu jung." "Hat sie Sie nicht geliebt, als sie noch ein kleines Mädchen war?".... In ihm steigt ein Bild hoch, wie es damals war, als sie noch ein kleines Mädchen war und auf Papas Knie saß. Mit diesem Bild können Sie alte grantige Männer fast immer kriegen. "Ich möchte Sie etwas fragen. Schauen Sie Ihre Tochter an. Möchten Sie nicht, daß sie Liebe empfinden und sexuelles Erleben genießen kann? Die moralischen Vorstellungen der Welt haben sich geändert, und Sie müssen das nicht befürworten. Aber wie würde es Ihnen gefallen, wenn Ihre Tochter nur die Art von Umgang mit Männern erlernen würde, die Sie demonstriert haben, als Sie sie hierherbrachten? Und wenn sie warten würde, bis sie fünfundzwanzig ist und dann einen Mann heiratet, der sie schlägt, sie herumschubst, sie mißbraucht und sie zwingt, Dinge gegen ihren Willen zu tun?" "Aber sie könnte einen Fehler machen, und das wird ihr wehtun." "Das ist möglich. In zwei Jahren könnte dieser Junge sie wie eine heiße Kartoffel fallenlassen und sich aus dem Staub machen. Und wenn sie dann traurig und einsam ist, dann hat sie niemanden, an den sie sich wenden kann, denn Sie werden ihr zutiefst verhaßt sein. Wenn sie zu Ihnen käme, würden Sie nur sagen: Das habe ich dir ja gesagt!'. Auch wenn sie es in dieser Zeit fertigbringt, auszugehen und auch jemanden anderen zu finden und eine wirkliche Beziehung aufzubauen, wird sie trotzdem nie zu Ihnen kommen und Ihnen ihre Kinder — Ihre Enkel-

kinder — zeigen. Denn sie wird sich erinnern, was Sie mit ihr gemacht haben, und sie wird nicht wollen, daß ihre Kinder das lernen..." Im Augenblick weiß der Vater nicht, was er denken soll, deshalb müssen Sie ihn so packen. Sie schauen ihm direkt in die Augen und sagen: "Ist es nicht wichtiger, daß sie lernt, liebevolle Beziehungen zu haben? Oder soll sie lernen, die Moralvorstellungen von irgendeinem Kerl zu übernehmen, der sie herumschubsen kann? So machen es nämlich die Zuhälter." Versuchen Sie mal, sich da herauszuwinden. Es gibt kein Entkommen. Es gibt keinen Weg für sein Gehirn, zurückzugehen und das zu tun, was er vorher getan hat. Er könnte sich nicht wie ein Zuhälter verhalten. Es macht keinen Unterschied, ob Sie jemanden zwingen, etwas nicht zu tun oder etwas zu tun, oder aber ob Sie ihn zwingen, etwas "Gutes" oder etwas "Schlechtes" zu tun. Die Art, wie Sie ihn zwingen, lehrt ihn, sich auf diese Art und Weise kontrollieren zu lassen. Sein Problem besteht darin, daß ihm zu diesem Zeitpunkt kein anderes Verhalten zur Verfügung steht. Das, was er bisher zu tun pflegte, wird unterbrochen und gestoppt. Er verfügt jedoch über keinen Ersatz für das unterbrochene Verhalten. Ich muß ihm etwas zu tun geben, was er als neues Verhalten übernehmen kann, ihm zum Beispiel die beste Art beibringen, wie ein Mann mit einer Frau umgehen kann. Dann wäre nämlich die Tochter auch nicht zufrieden, falls die Beziehung, die sie zu diesem Jungen hat, nicht in Ordnung ist. Der wäre dann erledigt. Wissen Sie, was das heißt? Der Vater müßte eine starke positive Beziehung zu seiner Frau aufbauen, zu den anderen Familienmitgliedern sympathisch sein und außerdem bewirken, daß seine Tochter sich mit der Familie wohler fühlt als mit diesem Jungen, der sich bei ihr herumtreibt. Was halten Sie von so einer Art von Zwang? Und kein einziges Mal habe ich gesagt: "Welche Gefühle empfindest du dabei? Wie fühlst du dich jetzt? Was nimmst du wahr? " oder: "Tue Buße!" oder "Gehe nach innen und frage dich!" Die Leute vergessen so schnell, was sie eigentlich wollen. Sie machen einen Schritt und versuchen, das zu erreichen, was sie wollen, und dann sind sie plötzlich gefangen in der Art, wie sie es versuchen. Sie merken nicht, daß der Weg, den sie gewählt haben, um zu bekommen, was sie wollen, nicht der richtige ist. Wenn es nicht funktioniert, machen sie eine Therapie, um zu lernen, wie sie es besser machen können. Sie haben noch nicht gemerkt, daß das, was sie zu lernen versuchen, ihnen genau das geben wird, das sie nicht haben wollen. Wenn Ihnen etwas geschieht, was Sie nicht mögen, können Sie immer sagen: "Es ist deine Schuld; ich werde dich vernichten." Draußen

im Urwald war das wahrscheinlich recht nützlich. Aber das Bewußtsein muß sich bis zu einem Punkt weiterentwickeln, wo man sagen kann: "Ich habe ein Gehirn. Gehen wir ein bißchen zurück, und ich behalte im Auge, was ich eigentlich will, um genau auf das zuzusteuern." Jedesmal, wenn Sie sich wegen irgendetwas schlecht fühlen und nicht weiterkommen, oder sich besonders im Recht fühlen, oder rechthaberisch sind, hoffe ich, daß Sie eine kleine innere Stimme im Kopf hören, die sagt: "Du bekommst, was du verdienst!" Und wenn Sie das Gefühl haben, nicht anders zu können, wird das stimmen — und zwar solange, bis Sie Ihr Gehirn in Gang setzen, weiter und weiter zurückgehen, damit Sie dann wieder vorwärtsgehen und die Angelegenheit auf ganz andere Weise anpacken.

5

Das Ziel ansteuern

Bei dem Versuch, zu verstehen, warum Menschen bestimmte Dinge tun, hat die Psychotherapie viele Modelle entwickelt, die sich später einfach als unzutreffend erwiesen. Viele Psychologen kleben jedoch noch daran fest. Es gibt immer noch Leute, die nach dem "Es" und dem "Ich" Ausschau halten, und sie werden die wahrscheinlich genau so häufig finden wie das "Eltern-Ich", das "Kind-Ich" oder das "Erwachsenen-Ich". Ich glaube, daß die meisten Psychologen als Kind zuviele Horrorfilme angeschaut haben. "Man hat in sich einen Elternteil, einen Erwachsenen und ein Kind, die bewirken, daß man bestimmte Dinge tut." Das klingt so, als benötige man den Exorzismus. Früher sagten die Leute: "Der Teufel hat mich das tun lassen." Heute sagen sie: "Meine Teile haben mich dazu gezwungen." "Du sagst das ja nur, weil dein 'Elternteil' spricht." "Nein, das stimmt nicht; meine Eltern sind zu Hause in New Jersey." Transaktionsanalyse ist ein Instrument, um Verhalten in drei Anteile zu trennen — ein bißchen so wie bei multiplen Persönlichkeiten, mit dem Unterschied, daß TA eine Heilmethode sein soll. Wenn man wirklich fortgeschritten ist, hat man schließlich neun Teile, denn jeder der erstgenannten Teile hat auch wieder einen Elternteil, einen Erwachsenen und ein Kind in sich! Ich habe TA nie gemocht, weil immer nur das Kind Spaß haben durfte und nur der Erwachsene vernünftig sein konnte. Weil jeder genau die gleichen Teile haben muß, gibt es überhaupt keinen Raum für Individualität. TA ist auch eine in Klassen getrennte Gesellschaft: Mein Erwachsener kann nicht mit deinem Kind sprechen, sondern nur mit deinem Erwachsenen. Warum kann mein Kind nicht mit deinem Elternteil reden? Das ist nicht fair. Aber was meinen Sie — man kann die Leute davon überzeugen! Wie viele von Ihnen haben den Psychologen dieses Konzept schon abgekauft? Jemand hat es Ihnen erklärt, und Sie haben gedacht: "Ach so!" Nicht jedermann in dieser Welt hat einen Elternteil, einen Erwachsenen und ein Kind in sich, die miteinander streiten. In Tahiti werden Sie das nicht

verbreitet finden. Um zu lernen, diese Probleme zu haben, müssen Sie schon zu einem Therapeuten gehen. Wie viele von Ihnen haben eine "kritische Eltern-Stimme" in sich, die mit Ihnen schimpft und Sie nötigt, bestimmte Dinge zu tun? Wenn jemand behauptet, daß Sie eine Stimme im Kopf haben, die Sie die ganze Zeit kritisiert, und Sie fangen an, nach dieser Stimme zu lauschen — was, meinen Sie, wird passieren? So können Sie eine solche Stimme installieren. Sie können übrigens mit dieser Stimme etwas Interessantes machen: Sie können ihr immer wieder zustimmen, bis Sie sie zum Wahnsinn treiben. Sie können auch einfach ihre Position verändern. Stellen Sie mal fest, was passiert, wenn Sie die Stimme aus Ihrem linken großen Zeh sprechen lassen.... Diese Ortsveränderung ändert bestimmt die Wirkung der Stimme, stimmt's? Sie müssen jedoch bedenken, daß die kritische Stimme auch mit dem recht haben könnte, was sie sagt. Vielleicht sollten Sie genau zuhören, wenn sie spricht, statt sich einfach schlecht zu fühlen. Ich würde Ihnen gerne zeigen, was man mit einer kritischen Stimme machen kann, die bewirkt, daß man sich schlecht fühlt; wer hat so eine schöne laute Stimme? Fred: Ich habe die ganze Zeit eine. Gut. Können Sie sie jetzt hören? Fred: Ja, sie kritisiert mich, da ich mich gemeldet habe. Großartig. Bitten Sie sie, Ihnen zu sagen, welches positive Ziel sie für Sie erreichen will, und hören Sie auf die Antwort. Möchte die Stimme, daß Sie irgendwie beschützt werden? Möchte sie, daß Sie kompetenter sind? Es gibt viele Möglichkeiten. Fred: Sie möchte, daß ich Erfolg habe; sie kritisiert mich, wenn ich etwas riskiere. Okay; ich nehme an, Sie stimmen dieser Absicht zu. Auch Sie möchten erfolgreich sein, nicht? Fred: Ja, natürlich. Fragen Sie die Stimme, ob sie der Meinung ist, daß sie über gute Information verfügt, die für Sie nützlich sein könnte, vorausgesetzt, Sie verstehen sie ..... Fred: Sie sagt: "Natürlich." Da sie also gute Informationen hat, fragen Sie die Stimme, ob sie bereit wäre, die Art zu ändern, in der sie zu Ihnen spricht, wenn dies bewirken würde, daß Sie leichter zuhören und verstehen und dadurch auch mehr Erfolg haben könnten. Fred: Sie ist skeptisch, aber sie ist zu einem Versuch bereit.

Gut. Also, Fred, ich möchte, daß Sie sich ausdenken, auf welche anderen Weisen die Stimme so zu Ihnen sprechen könnte, daß Sie besser zuhören könnten. Wenn sie zum Beispiel einen Tonfall benutzen würde, der weich und freundlich wäre — wären Sie dann eher geneigt, genau hinzuhören? Würde es helfen, wenn die Stimme Ihnen präzise hilfreiche Anweisungen dazu geben würde, was Sie als nächstes tun sollen, statt zu kritisieren, was Sie bisher getan haben? Fred: Ich kann an einige Dinge denken, die die Stimme anders machen könnte. Gut. Fragen Sie die Stimme, ob sie bereit wäre, diese Dinge auszutesten, um herauszufinden, ob Sie tatsächlich besser zuhören, wenn sie anders mit Ihnen spricht. Fred: Sie ist dazu bereit. Sagen Sie ihr, sie soll es dann probieren. Fred: Das ist erstaunlich! Sie macht es, und es ist kein "kritisches Eltern-Ich" mehr! Es ist eher wie ein freundlicher Helfer. Es ist ein Vergnügen, ihr zuzuhören! Gewiß! Wer möchte auf eine Stimme hören, die schreit und kritisiert! Eltern sollten in der Realität diese Technik auch ausprobieren, wenn sie möchten, daß ihre Kinder auf sie hören. Wenn Sie einen freundlichen Tonfall benutzen, werden Kinder Ihnen zuhören. Vielleicht sind sie nicht einverstanden, aber wenigstens werden sie Sie hören. Dieses Vorgehen haben wir "Reframing" genannt, und es ist die Grundlage für eine Reihe von Verhandlungsstrategien, die in der Familientherapie und im Geschäftsleben ebenso nützlich sind wie in Ihrem eigenen Gehirn. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, lesen Sie das Buch "Reframing". Was ich hier aufzeigen möchte, ist lediglich, daß Freds Stimme ihr Ziel vergessen hatte, bis ich sie daran erinnert habe. Sie wollte ihn zum Erfolg anspornen, erreichte aber eigentlich nur, daß er sich schlecht fühlte. Auch wenn die Frauenbewegung sehr positive Auswirkungen gehabt hat, hat sie doch auch in mancher Hinsicht den gleichen Fehler gemacht. Das ursprüngliche Ziel bestand darin, Menschen dazu zu bewegen, ihre Denk- und Handlungsweise Frauen gegenüber zu verändern. Frauen wurden darüber aufgeklärt, welche Art von Verhaltensweisen sexistisch waren. Wenn also heutzutage jemand anderes eine sexistische Bemerkung macht, müssen Sie sich schlecht fühlen! Es scheint mir kein großer Fortschritt zu sein, wenn sich nunmehr "emanzipierte" Leute schlecht fühlen müssen, wenn andere ein sexistisches Wort benutzen! Was für eine Emanzipation soll das sein? Das ist genauso wie damals in Ihrer Kindheit — wenn jemand Sie "dumm" oder "häßlich" genannt hat, mußten Sie sich schlecht fühlen und weinen.

Früher benutzten die Leute sexistische Wörter, und niemand bemerkte es; wenn sie diese Wörter heutzutage benutzen, muß man schimpfen. Das nenne ich Befreiung! Jetzt gibt es also eine ganze Reihe von neuen Gründen, sich schlecht zu fühlen. Ich habe mir mal einen Spaß daraus gemacht, in Nachtclubs zu gehen und mir die Frauen herauszusuchen, die so reagieren würden. "Da ist ein gutes Exemplar. Paß auf! Ich kann sie dazu bringen, sich fürchterlich schlecht zu fühlen." "Hallo, Mieze." "Uuuuuuch!" Wenn Sie nicht wollen, daß andere Leute eine sexistische Sprache benutzen, ist es besser, denen ein schlechtes Gewissen zu machen, wenn sie so sprechen. Das macht viel mehr Spaß und ist sehr viel wirkungsvoller — und außerdem sehr viel freier und emanzipierter. Was ich gerne mache, ist, Frauen auf die Finger zu klopfen, wenn sie sexistische Bemerkungen machen. Eine Frau sagt zum Beispiel: "Nun, die Mädchen in meinem Büro —" "Wie alt sind sie?" "Wie bitte? Sie sind in den Dreißigern." "Und Sie nennen sie Mädchen!! Das sind Frauen, Sie sexistisches Schwein! Nennen Sie Ihren Mann etwa einen ]ungen?" Wenn Sie dafür sorgen, daß Leute sich schlecht fühlen, wenn sie sexistische Bemerkungen machen, plaziert das den Ansporn zur Veränderung wenigstens dorthin, wo er hingehört — nämlich zu den Leuten, deren Verhalten Sie ändern möchten. Kritik und Angriff sind allerdings nicht die besten Methoden, Menschen dazu zu motivieren, sich zu verändern. Der beste Weg ist, herauszufinden, wie jemand sich selbst motiviert, und diesen Weg dann zu benutzen. Wenn Sie eine Menge seltsame Fragen stellen und hartnäckig sind, können Sie von jedermann herausbekommen, wie er alles mögliche macht, einschließlich der Selbstmotivation. Viele Menschen leiden unter "Mangel an Motivation": Ein Beispiel dafür ist, morgens nicht aus dem Bett zu kommen. Wenn wir diese Leute betrachten, können wir herauskriegen, wie man es fertigbringt, nicht aufzuwachen — dies könnte eine Hilfe für Menschen sein, die unter Schlaflosigkeit leiden. Alle Fähigkeiten, die die Menschen haben, sind irgendwo, irgendwann für irgendjemanden nützlich. Aber wir wollen mal herausfinden, wie jemand es fertigbringt, leicht und schnell ohne Medikamente aufzuwachen. Wer von Ihnen hier wacht morgens regelmäßig ganz leicht auf? Betty: Ich kann leicht aufstehen.Okay. Wie machen Sie das? Betty: Ich wecke mich einfach.

Ich brauche etwas detailliertere Angaben. Woher wissen Sie, wann Sie wach sind? Was nehmen Sie als erstes bewußt wahr, wenn Sie wach sind? Weckt der Wecker Sie, oder wachen Sie normalerweise einfach so auf? Betty: Ich habe keinen Wecker. Ich merke einfach, daß ich nicht schlafe. Woran merken Sie, daß Sie nicht schlafen? Fangen Sie an, mit sich selbst zu sprechen? Fangen Sie an, etwas zu sehen? Betty: Ich sag' es mir. Was sagen Sie sich? Betty: "Ich bin wach. Ich wache gerade auf." Was ließ Sie wissen, daß Sie das sagen konnten? Die Stimme, die sagt: "Ich wache gerade auf", teilt Ihnen mit, daß es etwas wahrzunehmen gibt; etwas muß also dem Auftauchen der Stimme vorausgegangen sein. Hat die Stimme ein Gefühl kommentiert, oder wurde es plötzlich hell? Irgendetwas muß sich verändert haben. Gehen Sie noch einmal zurück und erinnern Sie sich daran, damit Sie dann den Ablauf der Reihe nach durchgehen können. Betty: Ich glaube, es war ein Gefühl. Was für ein Gefühl? Wärme? Druck? ... Betty: Ja, warm. Änderte es sich von wärmer zu kühler, oder von kühler zu wärmer? Betty: Das Wärmegefühl wurde intensiver. Ich fühlte, wie mein Körper wärmer wurde. Während Sie anfingen, die Wärmegefühle wahrzunehmen, sagten Sie zu sich selbst: "Ich wache gerade auf." Was passiert direkt danach? Haben Sie noch nichts gesehen? Keine inneren Bilder? Betty: Ich sagte: "Ich muß jetzt aufstehen." Ist die Stimme laut? Gibt es noch andere Geräusche, oder ist da nur die innere Stimme? Hat sie einen Klang? Betty: Es ist eine sehr ruhige Stimme, eine sehr angenehme Stimme. Ändert sich der Tonfall der inneren Stimme, wenn Sie immer wacher werden? Betty: Ja. Sie wird schneller und immer klarer und deutlicher, viel aufgeweckter. Dies ist ein Beispiel dafür, was wir als Motivationsstrategie bezeichnen. Es demonstriert nicht alles, aber es gibt uns den Schlüssel zu der Strategie, die bewirkt, daß Betty etwas macht. Sie hat eine innere Stimme, die schläfrig und ruhig klingt. Wenn die Stimme dann sagt: "Ich muß aufstehen", beginnt sie schneller zu werden, und der Klang verwandelt sich in einen, der wacher und aufmerksamer wirkt.

Ich möchte, daß Sie alle dies ausprobieren. Wenn Sie es selber machen, können Sie viel besser herausfinden, wie andere Menschen handeln. Sie müssen nicht dieselben Worte sagen, aber nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um Ihre Augen zu schließen, Ihren Körper wahrzunehmen und dann eine Stimme in Ihrem Kopf zu hören. Lassen Sie diese Stimme zunächst in einem schläfrigen und ruhigen Ton sprechen .... Lassen Sie sie nun etwas schneller sprechen, lauter und wacher werden. Nehmen Sie dabei wahr, wie Ihre Gefühle sich ändern.... Hat das einen Einfluß auf Ihr Gefühl? Wenn nicht, zählen Sie Ihren Puls. Eine aufgeregte innere Stimme ist ein hervorragendes Mittel, um sich selbst wachzumachen, wenn man es braucht. Wenn Sie zu einem unpassenden Zeitpunkt anfangen, mit sich selbst zu sprechen und sich dabei in den Schlaf zu reden, zum Beispiel auf der Autobahn, können Sie lernen, Lautstärke und Klang Ihrer Stimme anzuheben und etwas schneller über etwas Aufregendes zu sprechen — das wird Sie gleich aufwecken. Viele Menschen, die an Schlaflosigkeit leiden, machen so etwas. Sie führen Selbstgespräche mit einer lauten, hohen aufgeregten Stimme, und das hält sie wach — sogar dann, wenn sie darüber sprechen, wie dringend sie den Schlaf benötigen. Schlaflose Menschen sind meistens sehr aufgeweckt und motiviert. Sie glauben, daß sie nicht viel schlafen. Untersuchungen haben allerdings ergeben, daß sie ungefähr so viel schlafen wie andere Menschen. Ein großer Unterschied besteht jedoch darin, daß sie viel Zeit damit verbringen, zu versuchen, einzuschlafen — sie halten sich dabei aber durch den Klang ihrer inneren Stimme immer wieder wach. Die andere Hauptmethode, unter Schlaflosigkeit zu leiden, ist die, sich viele sehr helle, aufleuchtende Bilder anzusehen. Ich fragte einen Klienten, wie er das mache, und er sagte: "Nun, ich denke an all die Dinge, an die ich bis dahin nicht gedacht habe." In der darauffolgenden Nacht probierte ich das zu Hause aus. "Woran denke ich gerade nicht?" Bald war es sechs Uhr morgens, und ich dachte: "Ich weiß es: Schlaf!!!" Ich möchte, daß Sie alle Ihre Stimme jetzt in der anderen Richtung verändern. Machen Sie sie sanfter, tiefer, langsamer und schläfriger und nehmen Sie dabei wahr, wie dies Ihr Gefühl verändert... Auf diese Weise habe ich mal fast meine ganzen Zuhörer abgehängt. Öffnen Sie Ihre Augen und lassen Sie die Stimme wieder schneller sprechen, sonst müssen Sie den Rest dieses Seminars unbewußt mitbekommen. Das ist also etwas, das Sie Menschen beibringen können, die an Schlaflosigkeit leiden. Natürlich können Sie diesen Prozeß bei Bedarf

auch selbst anwenden. Ich habe zum Beispiel gelernt, daß ich in Flugzeugen am besten ohne Bewußtsein bin. Zwischen meinem Haus und dem nächsten großen Flughafen liegt ein zwanzigminütiger Flug. Sobald ich mich hinsetze — sst — bin ich weg. Mann: Wenn Sie versuchen, herauszufinden, wie jemand sich motiviert — woher wissen Sie, daß Sie am Beginn der Sequenz angelangt sind? Betty sagte zum Beispiel, daß die Stimme, die zu ihr sprach, anfing, lauter zu sprechen. Woher wissen Sie, welche Fragen Sie zu diesem Zeitpunkt stellen müssen? Das kommt darauf an, mit welchem Ziel Sie diese Fragen stellen. Es gibt keinen narrensicheren Weg, festzustellen, wo jemand anfängt. Sie müssen einfach nur genügend Details wissen, um dieselbe Erfahrung zu machen. Wenn ich etwas selbst tun kann, und es funktioniert, habe ich wahrscheinlich genug Information bekommen. Man testet diese Dinge durch Erfahrung — durch die eigene oder die einer anderen Person. Wenn ich dann einmal die Motivationsstrategie einer bestimmten Person kenne, kann ich sie buchstäblich dazu bringen, von ihrem Stuhl aufzustehen oder irgendetwas anderes zu machen, indem ich sie durch den gleichen Prozeß führe: "Fühle den Stuhl, sag zu dir selbst 'Ich muß aufstehen'. Verändere den Ton und sag es noch einmal mit einer schnelleren, lauteren und wachen Stimme." Wie immer der Prozeß aussehen mag, den Sie benutzen, um morgens aus dem Bett zu kommen — wahrscheinlich benutzen Sie den gleichen Prozeß, um sich dazu zu bringen, schnell mal nach unten zu gehen und ein Buch zu holen, oder irgendetwas Ähnliches. Es gibt viele verschiedene Arten, wie Leute sich motivieren. Statt Ihnen nur davon zu erzählen, möchte ich, daß Sie etwas Erfahrung damit sammeln, diese Strategien selbst zu entdecken. Tun Sie sich mit jemandem zusammen, den Sie nicht kennen, und kriegen Sie heraus, wie er morgens aus dem Bett kommt. Jeder von Ihnen muß dies zumindest heute morgen fertiggebracht haben; diejenigen, die es nicht können, haben es auch nicht geschafft, in dieses Seminar zu kommen. Fangen Sie einfach mit der Frage an: "Wie stehen Sie morgens auf?" Ihr Partner wird Ihnen ein oder zwei relativ allgemeine Beschreibungen davon geben, und Sie werden mehr Fragen stellen müssen, um die Details zu erfahren. Wenn Sie meinen, daß Sie die ganze Sequenz erfaßt haben, probieren Sie es selbst aus, um zu sehen, ob das bei Ihnen funktioniert. Ihr Partner könnte zum Beispiel sagen: "Ich sehe, daß das Licht durch die Vorhänge scheint, und ich sage zu mir selbst: 'Steh' auf, und dann stehe ich auf." Wenn Sie das an sich selbst ausprobieren, und Sie

schauen das Licht an, das durch die Fenster scheint, und sagen zu sich: "Steh' auf", werden Sie nicht unbedingt aufstehen. Das reicht nicht ganz. Da müssen Sie mehr tun, damit es funktioniert. Wir machen diese Dinge automatisch und unbewußt, deshalb müssen Sie oft eine Menge Fragen stellen, um alle Einzelheiten zu erfahren. Da dies kein Seminar über Strategien ist, bestehe ich nicht darauf, daß Sie absolut alle Einzelheiten herausbekommen. Aber ich möchte, daß Sie die wichtigsten Stücke der Sequenz herausbekommen und das Schlüsselstück finden, das die Hauptwirkung hat. Normalerweise ist das ein Element, das sich entscheidend verändert. Bei Betty war das eine Veränderung im Tonfall, die bewirkte, daß sie tatsächlich aufstand. Um das herauszufinden, muß man es mit den Details wirklich peinlich genau nehmen. Wenn jemand sagt: "Ich mache mir ein Bild davon, wie es aussieht, wenn ich aufstehe", müssen Sie nach weiteren Einzelheiten fragen. "Ist es ein Film? Ist es ein stehendes Bild? Ist es farbig? Ist es groß? Sagen Sie sich selbst irgendetwas? Welchen Tonfall benutzen Sie?" Diese winzigen Details lassen die Sequenz funktionieren. Einige davon sind sehr viel wirksamer als andere, und dies können Sie herausbekommen, indem Sie eins nach dem anderen verändern und dabei die Auswirkungen beobachten. Tun Sie sich nun zusammen und probieren Sie es aus; nehmen Sie sich jeweils etwa fünfzehn Minuten Zeit.

Nun, was haben Sie herausgefunden? Wie motiviert Ihr Partner sich? Welches sind die Schlüsselteile der Sequenz? Bill: Mein Partner hört zunächst den Wecker und schaut ihn an, während er ihn abstellt. Dann legt er sich wieder hin und fühlt, wie gemütlich es im Bett ist. Eine innere Stimme sagt: "Wenn du liegenbleibst, schläfst du wieder ein und kommst zu spät." Er macht sich dann ein Bild davon, wie er einmal zu spät kam, und er fühlt sich schlecht. Dann sagt die Stimme: "Nächstes Mal wird es noch schlimmer sein!", und er macht sich ein noch größeres Bild davon, was passieren wird, wenn er noch einmal zu spät kommt, und dann fühlt er sich noch schlechter. Die Sequenz lautet etwa: "Stimme, Bild, schlechtes Gefühl." Wenn das schlechte Gefühl stark genug ist, steht er auf. Das nennen wir: "die alte Angstroutine". Sie erzeugen bei sich solange unangenehme Empfindungen, bis Sie genügend motiviert sind, sie zu vermeiden. Rollo May macht das so. Er hat sogar ein dickes Buch darüber geschrieben, das in einem Satz zusammengefaßt werden kann: "Angst ist falsch verstanden worden; Angst ist gut, weil sie Leute dazu bringt, etwas zu tun." Falls Ihre Strategie darauf beruht, sich Angst zu machen, ist das absolut richtig. Nicht jeder hat diese Art, sich zu motivieren. Ängstlichkeit hindert manche Leute gerade daran, etwas fertigzubringen. Sie denken sich etwas Interessantes aus, das sie auch tun könnten, und machen sich dann ein Bild davon, wie alles schiefgehen könnte, werden dann ängstlich und bleiben einfach zu Hause. Suzi: Ich mache etwas sehr Ähnliches wie Bills Partner. Ich sage mir, daß ich noch ein paar Minuten liegenbleiben darf, und tue das auch. Wenn es aber immer später wird, wird mein Bild von Zuspätkommen größer und näher und heller. Das Bild bleibt dasselbe; wenn es jedoch groß genug ist, muß ich aufstehen, um die schlechten Gefühle zu stoppen. Schieben Sie auch andere Dinge hinaus? (Ja.) Wieviele von Ihnen haben die Semesterarbeiten im Studium immer erst in letzter Minute geschrieben? Je länger Sie gewartet haben, desto motivierter waren Sie. Bills Partner hat seinen eigenen inneren Angst-Generator. Bei Suzi funktioniert das durch die Uhr. Beide ähneln sich sehr, indem sie unangenehme Gefühle benutzen, um sich zu motivieren. Ist jemand von Ihnen auf eine Motivationsstrategie gestoßen, die angenehme Gefühle benutzt — sogar dafür, etwas unangenehmes zu tun? Frank: Ja, Marge stellte sich alle die Dinge vor, die sie im Lauf des Tages tun würde, und fühlte sich gut dabei. Sie sagt, daß diese angenehmen Bilder "sie aus dem Bett ziehen würden".

Und was passiert, wenn sie an einem Tag nur unangenehme Dinge tun muß? Haben Sie sie das gefragt? Frank: Ja. Sie sagte, daß sie sich dann Bilder davon macht, wie alle diese Dinge schon fertig sind, und daß sie sich dann ganz toll fühlt, weil alles schon erledigt ist. Dieses gute Gefühl zieht sie dann auch aus dem Bett. Mir schien das unwirklich. Ich kann mir nicht vorstellen, daß das tatsächlich funktioniert, und ich wollte Sie danach fragen. Wo ist Marge?.... Marge, wann machen Sie Ihre Steuererklärung? Marge: Ich habe sie bis Mitte Januar fertig. Es ist so schön, damit fertig zu sein, um andere Dinge tun zu können. Nun, bei ihr scheint es tatsächlich zu klappen. Niemandem gefällt es, die Steuererklärung zu machen, aber den meisten Leuten gefällt es, sie erledigt zu haben. Der Trick besteht darin, sich schon vorher das gute Gefühl zugänglich zu machen, das man später auch bekommt, wenn die Sachen bereits erledigt sind. Das bringt Sie in Gang. Die Motivationsstrategie von Marge, im Gegensatz zu vielen anderen, verwendet angenehme Gefühle. Das ist weniger gebräuchlich und für Frank, der das Gegenteil macht, sehr fremd. Viele Leute können sich hervorragend dazu motivieren, angenehme Dinge zu tun. Sie machen sich einfach Bilder davon, wie es aussieht, diese angenehmen Dinge zu tun, und fühlen sich dann zu den Bildern so hingezogen, daß sie tatsächlich danach handeln. Dieser Prozeß gelingt aber nicht bei Dingen, von denen sie möchten, daß sie erledigt sind, die sie aber nicht gerne machen. Wenn Sie nicht gerne Steuererklärungen machen, wird ein Bild davon, wie Sie gerade dabei sind, Sie eher abstoßen. Das motiviert überhaupt nicht. Wenn Sie sich positiv motivieren wollen, müssen Sie sich etwas ausdenken, das an dieser Aufgabe wirklich reizvoll ist. Wenn Sie die Aufgabe selbst nicht gerne machen, lassen Sie sich etwas einfallen, das es attraktiv erscheinen läßt, die Sache erledigt zu haben. Es bedarf allerdings noch eines anderen Schrittes in diesem Prozeß, wenn die Strategie von Marge funktionieren soll. Wie viele von Ihnen haben sich schon vorgestellt, wie schön es wäre, etwas erledigt zu haben, nur um dann festzustellen, daß Ihnen "die Puste ausgeht", sobald Sie die Sache in Angriff nehmen? Marge, was hält Sie bei der Stange, wenn Sie die Steuererklärung machen? Marge: Ich denke die ganze Zeit daran, wie schön es sein wird, wenn ich fertig bin. Das ist wichtig, aber ich wette, Sie machen noch etwas anderes.

Marge: Ja, jedes Mal, wenn ich eine Zahl hinschreibe oder einen Teil des Formulars ausfülle, freue ich mich, daß ich dieses Stückchen geschafft habe. Es ist ein Vorgeschmack darauf, wie toll es sich anfühlen wird, wenn alles fertig ist. Genau. Diese zwei Schritte halten Sie bei der Stange, und der zweite wird wirksamer sein als der erste. Wenn Sie lediglich daran denken, wie alles fertig sein wird, die Angelegenheit aber längere Zeit in Anspruch nimmt, kann das Ihnen alles so vorkommen wie ein Luftschloß. Wenn Sie jedoch jedesmal, wenn Sie ein kleines Stückchen erledigt haben, so ein gutes Erfolgsgefühl bekommen, wird Ihnen das über ein gutes Stück Plackerei hinweghelfen. Marge: Das ist interessant. Das erklärt viele Dinge in meinem Leben. Die Leute haben mich oft "Pollyanna" ("Gutgläubig") genannt, weil ich immer daran denke, wie schön es sein wird, wenn etwas Unangenehmes vorbei ist. Ich erledige immer eine Menge Sachen, aber ich finde es schwierig, andere Leute dazu zu bewegen, unangenehme Aufgaben zu erledigen. Wenn ich ihnen erzähle, wie schön es sein wird, alles fertig zu haben, ernte ich meistens nur einen verständnislosen Blick. Genau. Sie verstehen es einfach nicht. Sie motivieren sich nicht auf diese Weise. Frank: Das hört sich so an, als sei es möglich, daß jemand stark und wirkungsvoll motiviert ist, ohne irgendwelche unangenehmen Gefühle haben zu müssen. Gibt es Hoffnung für uns andere, die wir uns mit Angst in Gang bringen? Natürlich. Wie alles, was Menschen tun, werden auch Motivationsstrategien erlernt, und man kann immer eine neue erlernen. Es ist relativ einfach, Ihnen Marges Strategie beizubringen. Aber man muß mit solch einer tiefgreifenden Veränderung im Leben einer Person behutsam umgehen. Manche Leute treffen blödsinnige Entscheidungen; da sie aber nicht sehr motiviert sind, geraten sie nicht so häufig in Schwierigkeiten. Wenn Sie denen eine wirklich effektive Motivationsstrategie beibringen, werden sie diese schlechten Entscheidungen auch tatsächlich in die Tat umsetzen und eine Menge dumme, irrelevante und möglicherweise schädliche Dinge tun. Bevor ich also jemandem eine wirkungsvolle neue Motivationsstrategie vermittele, vergewissere ich mich, daß diese Person auch über eine effektive Methode verfügt, Entscheidungen zu treffen. Wenn dies nicht der Fall ist, bringe ich ihr zunächst eine neue Entscheidungsstrategie bei, bevor ich ihr die neue Motivationsstrategie in die Hand gebe. Bei der Art, wie Leute sich motivieren, gibt es eine Menge Variationen; wir haben schon Beispiele von zwei Hauptmustern kennengelernt.

Die meisten Leute motivieren sich, indem sie sich vorstellen, wie schlecht sie sich fühlen werden, wenn sie etwas nicht tun, und dann gehen sie diesem schlechten Gefühl aus dem Weg. Rattenforscher nennen das "aversive Konditionierung". Einige wenige Leute, wie zum Beispiel Marge, tun das Gegenteil. Sie benutzt angenehme Gefühle, um auf etwas zuzugehen, das sie geschehen lassen möchte, statt dem aus dem Weg zu gehen, was nicht passieren soll — und sie bekommt zusätzlich noch ständig verstärkende Rückmeldung. Jemand, der eine Motivationsstrategie wie die von Marge benutzt, lebt wirklich in einer völlig anderen Welt als die meisten Leute — einer Welt, in der Gefühle wie Angst, Unbehagen und Streß nicht so eine große Rolle spielen wie bei den meisten Menschen. Viele Leute verfügen über eine Kombination aus beidem. Zunächst stellen sie sich vor, was passieren würde, wenn sie etwas nicht tun, und dann denken sie daran, wie schön es sein wird, wenn es erledigt ist. Alle Motivationsstrategien funktionieren, und man kann nicht etwas verurteilen, das funktioniert. Manche von ihnen sind allerdings sehr viel schneller und zwingender und außerdem viel erfreulicher anzuwenden als andere. Ein großer Teil der Probleme, mit denen Leute in Therapie — oder ins Gefängnis — kommen, hat mit Motivation zu tun. Entweder sind sie nicht motiviert, etwas zu tun, das sie oder andere Menschen von ihnen wollen, oder sie sind motiviert, Dinge zu tun, die sie selbst oder andere Menschen eigentlich nicht möchten. Wir haben heute ein wenig exploriert, wie Motivation funktioniert, so daß Sie ein Stück Kontrolle über Ihre eigene Fähigkeit zur Motivation bekommen können. Wir haben hier nur einen kleinen Teil dessen gestreift, was man mit Motivation machen kann, aber es gibt Ihnen etwas in die Hand, das Sie selbst weiter erforschen können.

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Verwirrung Verstehen

Viele Menschen bekommen Probleme, weil etwas sie verwirrt. Ich möchte Ihnen zeigen, wie man Verwirrung nimmt und sie in Verstehen verwandelt. Wer von Ihnen spielt mit, damit ich vorführen kann, wie man das macht? Nachdem ich das demonstriert habe, möchte ich, daß Sie sich in Zweiergruppen zusammentun und das jeweils an Ihrem Gegenüber ausprobieren — passen Sie also gut auf. Bill: Ich möchte mitmachen. Denken Sie zunächst an etwas, das Sie verwirrt, und das Sie gerne verstehen würden. Bill: Es gibt viele Dinge, die ich nicht verstehe Stop. Ich möchte, daß Sie genau zuhören und das tun, was ich sage. Ich habe Sie nicht gebeten, an etwas zu denken, das Sie nicht verstehen; ich bat Sie, an etwas zu denken, das Sie verwirrt. "Verwirrung" und "Nicht-Verstehen" sind sehr verschiedene Dinge. Sie verstehen wahrscheinlich Herzchirurgie oder die Herstellung einer Wasserstoffbombe nicht. Das ist jedoch nicht etwas, das Sie verwirrt; Sie verfügen nur einfach nicht über die Information, die Sie zum Verständnis dieser Dinge benötigen würden. Verwirrung hingegen ist immer ein Zeichen dafür, daß man sich auf dem Weg zum Verstehen befindet. Verwirrung setzt voraus, daß Sie über eine Menge von Daten verfügen, die jedoch noch nicht in einer Weise organisiert sind, die Ihnen Verstehen ermöglicht. Ich möchte also, daß Sie an etwas denken, das Sie verwirrt: etwas, mit dem Sie viel Erfahrung gesammelt haben, das aber für Sie noch keinen Sinn ergibt. Bill: Okay. Ich denke an... Halt. Sie dürfen mir den Inhalt dessen, woran Sie denken, nicht verraten. Inhalt benötigt man nur, wenn man neugierig ist. Ich bin Mathematiker; mich interessiert nur die Form. Außerdem halten sich die anderen hier dann viel zu leicht mit dem Inhalt auf. Ich möchte, daß sie den Prozeß erlernen, den ich demonstriere. Sie haben also etwas gefunden, das Sie verwirrt. Nun möchte ich, daß Sie an etwas Ähnliches denken, das Sie verstehen. Mit "ähnlich"

meine ich folgendes: wenn Ihre Verwirrung mit dem Verhalten einer Person zu tun hat, sollte Ihr "Verstehen" auch mit dem Verhalten von jemandem zu tun haben. Wenn Ihre Verwirrung sich darum dreht, wie ein Automotor funktioniert, sollte das Verstehen auch mit etwas Mechanischem zu tun haben, zum Beispiel damit, wie Ihr Toaster funktioniert. Bill: Ich habe etwas gefunden, das ich verstehe. Sie haben jetzt zwei innere Erfahrungen; die eine nennen wir "Verstehen", die andere "Verwirrung". Gibt es bei beiden Bilder? Bill: Ja. Mich interessieren die Unterschiede zwischen den beiden. Wie unterscheiden sie sich? Eins könnte zum Beispiel ein Film sein und das andere ein Dia. Oder eins könnte schwarzweiß und das andere bunt sein. Ich möchte, daß Sie nach innen gehen, diese zwei Erfahrungen untersuchen und mir dann sagen, worin sie sich unterscheiden. Bill: Verwirrung ist ein Dia, und es ist klein. Verstehen ist ein Film, und er ist groß. Gibt es weitere Unterschiede? Wenn das Bild der Verwirrung kleiner ist, ist es wahrscheinlich auch weiter weg. Bill: Ja, es ist weiter weg. Ist eines von den beiden vertont? Bill: Ja, bei Verstehen beschreibt eine Stimme, was ich sehe. Verwirrung ist stumm. Woher wissen Sie, daß das eine Sie verwirrt, Sie das andere jedoch verstehen? Bill: Ich habe unterschiedliche Gefühle, wenn ich diese beiden Bilder ansehe. Okay. Woher weiß Ihr Gefühl, genau das zu fühlen, und nicht irgendetwas anderes, wenn Sie diese Bilder ansehen? Bill: Wahrscheinlich deshalb, weil ich es mir so beigebracht habe. Ich möchte, daß Sie alle hier etwas bemerken. Ich habe eine Frage nach dem "Wie" gestellt und damit nach dem Prozeß gefragt, und er hat eine "Warum"-Frage beantwortet. Mit "weil" beantwortet man immer "warum". Das einzige, was Sie mit "weil" erfahren werden, ist ein Haufen geschichtlicher Theorie. Ich habe nur eine Theorie: Der Grund dafür, daß so viele Menschen Probleme damit haben, ihre eigenen Gehirne selbst zu steuern, liegt darin, daß die Erdachse geneigt ist. Sie haben in Wirklichkeit das Gehirn eines anderen, und es ist verrückt. Damit erschöpft sich mein Theoretisieren. Wir wollen es noch einmal versuchen. Bill, wie bringen Sie es fertig, unterschiedliche Gefühle zu haben, wenn Sie diese zwei verschiedenen Bilder anschauen?

Bill: Ich weiß es nicht. Die Antwort gefällt mir. Bill: Nachdem ich darüber nachgedacht habe, entschied ich, daß ich es nicht weiß. Das passiert manchmal. Tun Sie einfach so, als ob Sie es wüßten. Reden Sie. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, daß Sie sich irren. Vor vielen Jahren wurde mir klar, daß ich mich schon so oft geirrt hatte. Da das unvermeidlich war, beschloß ich, daß ich einfach in Zukunft versuchen könnte, mich wenigstens auf interessantere Weise zu irren. Bill: Wenn ich das Bild betrachte, das zu Verstehen gehört, kann ich sehen, wie alles funktioniert. Das vermittelt mir ein sanftes Gefühl der Entspannung. Wenn ich das andere Bild betrachte, kann ich nicht erkennen, was als nächstes passieren wird; ich fühle mich etwas angespannt. Das hört sich tatsächlich wie zwei sehr unterschiedliche Erfahrungen an. Hat irgend jemand Fragen zu dem, was ich bisher gemacht habe? Mann: Bei Ihnen sieht es so einfach aus. Woher wissen Sie, welche Fragen Sie stellen sollten? Ich will nur wissen: "Worin unterscheiden sich diese beiden Erfahrungen?" Die Antworten liegen in sehr spezifischen Unterschieden der visuellen, auditiven und kinästhetischen Erfahrung der betreffenden Person. Meine Fragen zielen oft auf das, was die Person nicht bemerkt, und sie zielen immer darauf, der Person zu helfen, Unterscheidungen zu treffen, die sie vorher nicht gemacht hatte. Als ich Bill zum Beispiel fragte, ob es sich um ein Bild oder um einen Film handele, konnte er sehr leicht antworten. Diesen Unterschied aber hatte er wahrscheinlich vorher noch nie bemerkt, weil ihn nie jemand danach gefragt hatte. Frau: Gibt es eine bestimmte Reihenfolge, in der Sie bei den Fragen vorgehen? Sie fragten zunächst nach Bild oder Film und erst später nach Farbe beziehungsweise Schwarzweiß. Wenn man zunächst nach Dingen und erst später nach Eigenschaften fragt, erhöht das die Effizienz; auf diese Weise verzettelt man sich weniger oft. Wenn Sie fragen: "Wie schnell bewegt es sich", und es handelt sich dabei aber um ein Bild, wird das etwas verwirrend sein für die Person, mit der Sie arbeiten. Fragen Sie zunächst nach den Grundlagen, und dann richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf die weiteren feineren Unterscheidungen. Die Fragen, die man stellt, hängen auch davon ab, wie gut man sich auskennt. Ich habe Verwirrung und Verstehen schon ein paar Mal untersucht und weiß daher schon, welche Unterschiede zu erwarten sind.

So verhält es sich bei allem, was man gerade erlernt. Wenn man es zum ersten Mal tut, ist man etwas unbeholfen. Später, wenn man sich besser auskennt, wird alles, was man tut, systematischer und eleganter. Man kann sich natürlich auch einfach eine lange Liste von Möglichkeiten aufstellen und diese Liste der Reihe nach abhaken. Es ist aber leichter, zunächst einige der Hauptunterscheidungsmerkmale zu erwähnen, um die Gedanken der betreffenden Person in die richtige Richtung zu lenken und erst anschließend zu fragen: "Wie unterscheiden sich die beiden?" Jetzt wollen wir uns dem interessanteren Teil zuwenden. Bill, ich möchte, daß Sie "Verwirrung" nehmen und sie in "Verstehen" verwandeln. Sie sollen nicht den Inhalt verändern. Sie sollen stattdessen den Prozeß verändern, den Sie benutzen, um denselben Inhalt darzustellen. Ich möchte, daß Sie zunächst das Bild nehmen und es in einen Film verwandeln. Bill: Ich glaube, das kann ich nicht. Machen Sie es auf folgende Weise: Erzeugen Sie zuerst eine Bildserie von verschiedenen Zeitpunkten. Wenn Sie genügend Bilder haben, schauen Sie sie schnell nacheinander an. Wenn Sie das dann noch beschleunigen, haben Sie einen Film. Ein Film ist ja nur eine Reihe von feststehenden Bildern, die in schneller Folge gezeigt werden. Bill: Okay, ich habe jetzt einen Film. Gut. Fügen Sie jetzt eine Tonspur hinzu, auf der der Film beschrieben wird (Bill nickt). Lassen Sie jetzt den Film größer werden und näherkommen, bis er die gleiche Größe und Entfernung hat wie Ihr Bild von "Verstehen". Was passiert, wenn Sie das tun? Verstehen Sie es jetzt? Bill: Ja, jetzt kann ich sehen, was passiert; damit fühle ich mich sehr viel wohler. Bei beiden Bildern habe ich jetzt das gleiche Gefühl. Es klingt plausibel, daß man mehr versteht, wenn man einen großformatigen Film mit einer beschreibenden Tonspur zur Verfügung hat, als wenn man lediglich ein kleines stilles feststehendes Bild betrachten kann. Man bekommt viel mehr Information, und die ist so strukturiert, daß man sie verstehen kann. Es handelt sich hierbei um Bills natürlichen Weg, etwas zu verstehen. Frau: Muß man nicht über mehr Information verfügen, um "entwirrt" zu werden? Manchmal ja. Oft besitzt die Person die Information aber schon; sie war lediglich nicht so zugänglich, daß Verstehen möglich war. Es handelt sich nicht darum, daß etwas fehlt, sondern darum, daß das, was einem zu Verfügung steht, schlecht organisiert ist. Jeder von Ihnen

weiß viel mehr, als er denkt. Verwirrung wird meist nicht durch einen Mangel an Information hervorgerufen, sondern durch einen Informationsüberfluß . Oft besteht die Verwirrung einer Person aus einem riesigen Sammelsurium von Daten oder einer großen Menge von Bildern, die schnell nacheinander vorbeirauschen. Im Gegensatz dazu sind die Bilder von Verstehen bei den meisten Leuten gut organisiert und sehr übersichtlich. Sie ähneln einer eleganten mathematischen Gleichung oder einem guten Gedicht. Sie komprimieren eine Menge Daten zu einer sehr einfachen Darstellung. Was ich mit Bill gemacht habe, ermöglichte ihm, die Daten, über die er bereits verfügte, in einer Weise zu sortieren, daß er sie verstehen konnte. Das eigene Gehirn benutzen zu können, bedeutet, Zugang zu dem zu bekommen, was man schon besitzt, und es dann zu organisieren und zu verwenden. Die meisten von Ihnen haben schon einmal gesehen, was bei einem herunterbrennenden Kaminfeuer passiert. Wenn man die Holzscheite nochmal etwas lockert und neu anordnet, lodert es nochmal richtig auf. Hinzugefügt hat man nichts. Man hat lediglich die Anordnung verändert, aber gerade das macht einen riesigen Unterschied. Wenn Sie der Meinung sind, daß Sie noch mehr Information benötigen, werden Sie wahrscheinlich eine Menge Fragen stellen. Wenn die Antworten lediglich aus harten Fakten bestehen, werden sie wahrscheinlich keine große Hilfe bieten, und Sie werden weiterfragen müssen. Je mehr Antworten Sie bekommen, desto weniger werden Sie darauf achten, welche Fragen Sie eigentlich stellen. Wenn die Antworten aber dazu dienen, die Daten, die Sie schon gesammelt haben, zu strukturieren, können sie zu Ihrem Verständnis beitragen. Das bezeichnet man oft als "passives Lernen" — z. B. wenn jemand immer meint: "kaue mir alles vor". Andere Menschen hingegen können große Datenmengen sammeln und sie selbständig ohne große Hilfe von außen strukturieren. Das nennt man oft "aktives Lernen". Bill, ich möchte jetzt, daß Sie es umgekehrt versuchen. Nehmen Sie das, was Sie ursprünglich verstanden haben, und verändern Sie es in ein kleineres, entfernteres, stehendes Bild und löschen die Tonspur. Bill: Jetzt bin ich recht angespannt und verwirrt. Wir könnten also jetzt alles nehmen, dessen Sie sich sicher sind, und Sie damit gehörig verwirren. Sie lachen alle — Sie erkennen nicht, wie nützlich das sein könnte! Kennen Sie nicht auch jemanden, der sicher ist, daß er etwas versteht, und er versteht es gar nicht? Und diese falsche Sicherheit bringt ihn in alle möglichen Schwierigkeiten? Eine gute Portion Verwirrung könnte ihn dazu motivieren, seinen Mitmenschen etwas besser zuzuhören und sehr nützliche Informationen zu sammeln.

Verwirrung und Verstehen sind interne Erfahrungen. Sie müssen nicht unbedingt mit der äußeren Realität etwas zu tun haben. Im Gegenteil — wenn Sie sich umsehen, finden Sie meistens kaum Verbindungen. Damit Bill die Erfahrung machen kann, die er "Verstehen" nennt, muß er einen Prozeß durchlaufen, in dem die zur Verfügung stehende Information in Form eines Filmes mit Tonspur dargestellt ist. Dies passiert manchmal zufällig, und manchmal wird es durch andere Leute ausgelöst. Nachdem er nun aber weiß, wie es funktioniert, kann er den Prozeß immer dann willentlich einschalten, wenn ihn etwas verwirrt. Wenn er nicht genügend Fakten hat, versteht er die Angelegenheit vielleicht nicht vollständig; sein Film wird vielleicht Lücken haben, oder der Ton setzt ab und zu aus. Für ihn wird es jedoch die beste Wiedergabe dessen sein, was er weiß. Die Lücken im Film weisen genau auf die Stellen hin, wo er noch mehr Information benötigt. Und immer dann, wenn er sich mit dem langweilt, was er bereits zu gut versteht, kann er sich selbst verwirren, als Vorspiel zu einem neuen und andersartigen Verständnis. Ich möchte, daß Sie jetzt alle abwechselnd ausprobieren, was ich mit Bill gemacht habe. Tun Sie sich mit jemandem zusammen, den Sie nicht kennen, denn das macht es leichter. 1) Bitten Sie Ihren Partner, sich a) etwas auszudenken, das ihn verwirrt, und b) etwas Ähnliches, das er versteht. Ihr Partner darf Ihnen nichts über den Inhalt mitteilen. 2) Fragen Sie: "Wodurch unterscheiden sich diese zwei Erfahrungen?" Kümmern Sie sich nicht darum, worin sie sich ähneln, sondern nur darum, worin der Unterschied besteht. 3) Wenn Sie mindestens zwei Unterschiede gefunden haben, bitten Sie Ihren Partner, "Verwirrung" so zu verändern, daß sie "Verstehen" gleicht. 4) Überprüfen sie, was Sie gemacht haben, indem Sie ihn fragen, ob er jetzt versteht, was vorher noch verwirrend war. Wenn er es nicht versteht, gehen Sie noch einmal zu Schritt Nr. 2 zurück und suchen noch einige Unterschiede. Bleiben Sie dran, bis er entweder versteht oder eine ganz bestimmte Wissenslücke benennen kann, die ein vollständiges Verstehen verhindert. Bedenken Sie, daß niemand jemals alles vollständig versteht. Das ist in Ordnung. So bleibt das Leben interessant. Nehmen Sie sich jeweils ungefähr fünfzehn Minuten Zeit. Den meisten von Ihnen ist wahrscheinlich aufgefallen, daß Ihr Partner mit den Worten "Verstehen" und "Verwirrung" innerlich etwas anderes anfängt als Sie. Beschreiben Sie uns zunächst einige Unterschiede, die Sie gefunden haben; danach werden wir uns den Fragen zuwenden.

Mann: Meine Verwirrung gleicht einem Fernsehapparat, bei dem der horizontale Bildlauf nicht mehr feststeht. Die Bilder laufen so schnell nacheinander ab, daß ich sie nicht erkennen kann. Nachdem ich den Bildlauf verlangsamt und stabilisiert hatte, wurde alles verständlich. Bei meiner Partnerin jedoch war Verwirrung ein ganz naheliegendes Panorama. Alles geschah so nahe an ihr dran, daß sie gar nicht alles aufnehmen konnte. Sie mußte alles verlangsamen und dann richtig in den Hintergrund treten und alles aus der Ferne betrachten, um es zu verstehen. Mann: Mein Partner ist Naturwissenschaftler. Wenn er verwirrt ist, sieht er nichts außer Filmen von Ereignissen, die sich abspielen. Das bezeichnet er als "Rohdaten". Wenn er beginnt, etwas zu verstehen, sieht er kleine Diagramme, die auf die Filme projiziert werden. Diese Diagramme helfen ihm, die Ereignisse zu verdichten. Die Filme werden immer kürzer, bis er bei dem angelangt ist, was er ein "bewegtes feststehendes Bild" nennt. Es handelt sich um ein feststehendes Bild mit einem überlagerten Diagramm, welches alle Möglichkeiten aufzeigt, wie das feststehende Bild zu einem Film werden könnte. Das Bild wackelt ein bißchen. Es ist sehr ökonomisch. Das ist ein tolles Beispiel. Sagt das den anderen hier etwas? Wir haben schon eine ganz schöne Kollektion beisammen. Frau: Wenn ich etwas wirklich verstehe, sehe ich fünf verschiedene scharfe Bilder gleichzeitig, wie auf einem geteilten Fernsehschirm.

Wenn ich verwirrt bin, habe ich nur ein Bild, das unscharf ist. Wenn meine Partnerin etwas versteht, befindet es sich immer auf ihrer rechten Seite. Dinge, die sie verwirren, sind in der Mitte, und etwas, über das sie überhaupt nichts weiß, befindet sich links. Alan: Das Vorgehen meiner Partnerin erschien mir sehr ungewöhnlich. Ihre Verwirrung war scharf fokussiert und sehr spezifisch, während ihr Verstehen aus einem nicht fo-kussierten verschwommenen hellen Film bestand. Wenn sie die Verwirrung verschwommen machte, hatte sie das Gefühl, besser zu verstehen. Ich sagte ihr: "Dreh' an dem Knopf, verstelle die Linse so, daß das Bild verschwommen ist." Sie können das so machen, aber Sie müssen nicht in Metaphern sprechen. Die Menschen haben keine Knöpfe — man kann ihnen einfach sagen, was zu tun ist. Also, wenn sie das Bild defokussierte, verstand sie. Ich hoffe, sie ist keine Herzchirurgin! Das ist eins der eigenartigsten Beispiele, das ich je gehört habe. Wenn das Bild verschwommen wird, versteht man es! Das unterscheidet sich in der Tat von den anderen Beispielen, die wir bisher gehört haben. Kam es ihr auch komisch vor? Alan: Ja. Könnte es sich dabei um die Übergabe der Zuständigkeit an ein tieferliegendes Bewußtseinsniveau handeln, dem man mehr vertraut? Nein, Erklärungen wie diese akzeptiere ich nicht. Alle diese Prozesse sind solange unbewußt, bis man jemanden danach fragt. Es gibt viele Dinge, die wir intuitiv tun, aber dies hier ist anders. Sie könnten natürlich etwas Wichtiges übersehen haben. Angenommen jedoch, Ihre Beschreibung ist korrekt, so kann ihr Verstehen nicht mit irgendeinem Tun verbunden sein. Um etwas zu tun, muß es irgendein ganz spezifisches Detail geben. Deshalb habe ich diesen Witz gemacht, daß ich hoffe, sie sei keine Herzchirurgin. Mit ihrer Art von Verstehen hätten ihre Patienten keine sehr große Überlebenschance. Ein verschwommenes helles Verstehen wird jedoch für manche Dinge nützlich sein. So jemand könnte zum Beispiel ein sehr unterhaltsamer Partygast sein. Sie ist vermutlich eine Person, die mit ihrem Gegenüber sehr mitgeht, weil sie lediglich ihre Bilder unscharf machen muß, um das Gefühl zu bekommen, daß sie versteht, was jemand sagt. Man braucht nicht viel Information, um einen hellen unscharfen Film herzustellen. Dies bringt sie sehr schnell fertig, und dann kann sie eine Menge Gefühle empfinden, wenn sie diesen hellen Film anschaut. Stellen Sie sich vor, wie es wäre, wenn diese Frau jemanden heiraten würde, der alles glasklar sehen müßte, um es zu verstehen. Er würde zum Beispiel sagen: "Also, wir wollen dies mal jetzt ganz genau be-

trachten", und das würde in ihr sofort Verwirrung hervorrufen. Wenn sie hingegen Dinge beschreiben würde, die sie versteht, wäre das für ihn überhaupt nicht klar. Wenn er sich beschweren würde, daß sie sich so verschwommen ausdrücke, würde sie lächeln und völlig zufrieden sein, während er frustriert wäre. Auf ihre Art von Verstehen bin ich vorher eingegangen; es hat mit der Umwelt wenig zu tun. Es hilft ihr, sich besser zu fühlen, aber es wird kaum eine Hilfe bei der Bewältigung von wirklichen Problemen darstellen. Für sie wäre es wirklich nützlich, eine andere Art von Verstehen zur Verfügung zu haben — eine, die präziser und spezifischer ist. Im letzten Seminar, das ich gehalten habe, gab es einen Mann, dessen "Verstehen" für ihn nicht sehr nützlich war. Er probierte daher den Verstehensprozeß seines Partners aus. Dadurch gelangte er zu einer völlig neuen Art des Verstehens, die ihm den Zugang zu einer ganz neuen Welt verschaffte. Was ich Ihnen allen klarmachen möchte, ist die Tatsache, daß Sie sich alle in der Lage dieses Mannes und auch der Frau, die ihre Bilder verschwommen macht, befinden. Gleichgültig, wie gut Sie Ihren Verstehensprozeß auch finden mögen, es wird immer Gelegenheiten geben, bei denen ein anderer Prozeß Ihnen eher dienlich wäre. Vorhin hat uns jemand den Prozeß beschrieben, den ein Naturwissenschaftler benutzt — sehr prägnante, kleine Bilder mit Diagrammen. In der physikalischen Welt funktioniert das hervorragend, aber ich wette, daß dieser Mann Schwierigkeiten hat, andere Menschen zu verstehen — bei Naturwissenschaftlern ein häufiges Problem. (Mann: Ja, das stimmt) Menschen sind für solche kleinen Diagramme ein wenig zu komplex. Für Menschen eignet sich daher eine andere Form des Verstehens besser. Je mehr Arten des Verstehens Ihnen zur Verfügung stehen, desto mehr Möglichkeiten eröffnen sich für Sie, und um so mehr können sich Ihre Fähigkeiten entfalten. Ich möchte, daß Sie alle die Erfahrung machen, den Verstehensprozeß eines anderen auszuprobieren. Tun Sie sich mit dem gleichen Partner wie vorher zusammen. Sie wissen bereits etwas über den Prozeß der Verwirrung und des Verstehens bei dieser Person und bei sich selbst. Sie müssen aber noch etwas mehr Information sammeln. Die Unterschiede zwischen Verstehen und Verwirrung bei sich selbst und bei Ihrem Partner haben Sie schon herausgefunden und aufgelistet. Sie haben jedoch noch nicht alle Unterschiede zwischen Ihrem Verstehen und der Verwirrung Ihres Partners aufgezählt. Sie verfügen wahrscheinlich schon über eine Menge derartiger Information, aber Sie ha-

ben vermutlich einige Elemente übersehen, die bei dem früheren Vergleich ähnlich waren. Nachdem Sie umfassende Information über den Unterschied zwischen Ihrem Verstehen und der Verwirrung Ihres Partners gesammelt haben, suchen Sie bitte irgendeinen Inhalt heraus, den Sie verstehen, und verwandeln Sie ihn zunächst in Verwirrung nach Art Ihres Partners. Dann nehmen Sie die notwendigen Veränderungen vor, um es in Verstehen nach Art des Partners zu verwandeln. Ihr Partner kann Ihnen Anweisungen geben, als Berater fungieren, Ihre Fragen beantworten und Ihnen hilfreiche Vorschläge machen. Nachdem Sie das Verstehen des Partners ausprobiert haben, vergleichen Sie Ihre eigene Erfahrung mit der des Partners, um zu sehen, ob sie gleich sind. Beim ersten Mal übersehen Sie möglicherweise etwas, und Sie müssen vielleicht nochmal von vorne anfangen. Ihr Ziel ist es, die Art und Weise, wie eine andere Person etwas versteht, bei sich selbst zw erfahren. Nachdem Sie es ausprobiert haben, mögen Sie vielleicht zu der Ansicht gelangen, daß diese Art nicht besonders gut ist, und Sie werden sie deshalb nicht sehr oft benutzen wollen. Aber seien Sie sich dessen nicht zu sicher; es könnte bei einer Sache, mit der Sie Schwierigkeiten haben, ausgezeichnet funktionieren. Es wird Ihnen wenigstens helfen, manche Leute zu verstehen, die diesen Prozeß anwenden. Nehmen Sie sich jeweils etwa zwanzig Minuten Zeit.

War das recht interessant? Was haben Sie erlebt, als Sie den Verstehensprozeß einer anderen Person übernahmen? Mann: Mein eigenes Verstehen ist sehr detailliert, so daß ich mechanische Dinge sehr leicht verstehen kann. Der Verstehensprozeß meiner Partnerin ist sehr viel abstrakter: sie sieht verschwommene Regenbögen, wenn sie etwas versteht. Als ich ihr Verstehen ausprobierte, konnte ich mechanische Dinge überhaupt nicht verstehen, ich hatte aber das Gefühl, Menschen viel besser verstehen zu können. Eigentlich würde ich es nicht "Verstehen" nennen, sondern vielmehr ein Erspüren dessen, was sie meinen, so daß man sehr leicht auf sie eingehen kann. Die Farben waren fantastisch, und ich habe mich die ganze Zeit irgendwie warm und erregt gefühlt. Es war wirklich ein Unterschied! Frau: Wenn ich etwas verstehe, sehe ich einfach detaillierte Filme von diesem Ereignis. Mein Partner sieht zwei sich überlappende gerahmte Bilder, wenn er etwas versteht. Das näherliegende Bild ist ein assoziiertes Bild des Ereignisses, während das zweite ein dissoziiertes Bild desselben ist. Mein Partner hat das Gefühl, daß er etwas versteht, wenn die beiden Bilder übereinstimmen. Er ist Schauspieler, und mir wird klar, wie nützlich das für ihn sein muß. Wenn er eine Rolle spielt, ist er assoziiert, und gleichzeitig hat er auch dieses dissoziierte Bild, das ihm zeigt, was die Zuschauer zur gleichen Zeit sehen. Als ich seine Art von Verstehen benutzte, bekam ich sehr viel mehr Information darüber, wie ich in den Augen anderer aussehe. Das war für mich sehr hilfreich, weil ich mich meistens in Situationen hineinstürze, ohne darüber nachzudenken, wie andere mich sehen. Das hört sich ziemlich nützlich an. Die Fähigkeit, die Verstehensweise einer anderen Person zu übernehmen, ist der goldene Weg, in seine Welt einzutreten. Wie viele von Ihnen benutzen weitgehend dieselbe Methode, zu verstehen, wie Ihr Partner? — Ungefähr acht von sechzig. Und hier haben Sie Leute einfach nach dem Zufall ausgesucht. Es wird noch faszinierender, wenn man sehr erfolgreiche Leute auswählt. Ich bin Pragmatiker; ich möchte herauskriegen, wie wirklich erfolgreiche Leute Dinge machen. Ein sehr erfolgreicher Geschäftsmann in Oregon ging mit einem Projekt, das er verstehen wollte, folgendermaßen vor: Er begann mit einem Bild, das er so vergrößerte, daß es zu einer Panoramaübersicht wurde, in der er sich selbst auch befand. Dann verwandelte er das ganze in einen Film. Wann immer er Schwierigkeiten hatte, zu erkennen, wohin der Film lief, ging er einen Schritt zurück, um sich selbst im Film zu sehen. Wenn der Film wieder anfing zu laufen, sprang er wieder hinein. Das ist ein Beispiel einer sehr praktischen Verstehensweise, die sehr eng daran gebunden ist, tatsächlich

aktiv zu handeln. Für ihn sind Verstehen und die Fähigkeit, das Verstandene auszuführen, voneinander ununterscheidbar. Verstehen ist ein Prozeß, der fürs Überleben und Lernen unerläßlich ist. Wenn Sie nicht fähig wären, von Ihren Erfahrungen irgendeinen Sinn abzuleiten, würden Sie in größte Schwierigkeiten geraten. Wir alle haben ungefähr drei Pfund graue Gehirnzellen, mit denen wir versuchen können, die Welt zu verstehen. Diese drei Pfund Grütze bringen wahrhaft erstaunliche Dinge zustande, aber es ist unmöglich, daß sie irgendeine Sache vollständig verstehen. Wenn Sie denken, daß Sie etwas verstehen, ist das immer eine Definition von dem, was Sie nicht wissen. Karl Popper hat das sehr gut ausgedrückt: "Wissen ist ein differenzierter Ausdruck unserer Unkenntnis." Es gibt verschiedene Arten von Verstehen, und manche sind sehr viel ergiebiger als andere. Eine Art von Verstehen erlaubt Ihnen, Dinge zu rechtfertigen, und verschafft Ihnen Gründe dafür, nichts jemals auf andere Art und Weise bewerkstelligen zu können. "Die Dinge sind so, weil ... und deshalb können wir nichts verändern." Da, wo ich aufgewachsen bin, nannte man das eine "faule Ausrede". Viele unserer sogenannten "Experten" verstehen Dinge wie Schizophrenie oder Lernbehinderungen in dieser beschränkten Weise. Das klingt sehr eindrucksvoll; die Wörter besagen aber im Grunde nur: "Man kann nichts machen." Ich persönlich interessiere mich nicht für "Verstehensweisen", die in eine Sackgasse führen, auch wenn sie zutreffend sein mögen. Ich lasse die Dinge lieber offen. Eine zweite Art von Verstehen vermittelt Ihnen lediglich ein gutes Gefühl: "Ahhhhh." Die Frau, die ihre Bilder defokussiert, um zu verstehen, bietet ein Beispiel dafür. Das ist ungefähr so, wie wenn Sie Speichelfluß auf einen Klingelton hin bekommen: Es ist ein konditionierter Reflex, und Sie bekommen lediglich ein gutes Gefühl. So etwas kann dazu führen, daß Sie sagen : "Oh ja, das 'Ich' ist da oben auf dem Diagramm eingezeichnet. Das habe ich schon mal gesehen; ja, das verstehe ich." Mit dieser Art von Verstehen lernen Sie auch nicht, wie Sie handeln können. Eine dritte Art von Verstehen ermöglicht es Ihnen, mit wohlklingenden Konzepten und manchmal sogar mit Gleichungen über bestimmte Dinge bedeutungsvoll zu reden. Wie viele von Ihnen "verstehen" eigenes Verhalten, das Sie nicht billigen, können aber nicht mit Hilfe dieses Verstehens Ihr Verhalten ändern? So etwas meine ich zum Beispiel. Konzepte können sehr nützlich sein, aber nur dann, wenn sie auf einer Erfahrungsbasis beruhen, und nur dann, wenn sie es ermöglichen, etwas auf eine neue Art und Weise zu tun.

Oft kann man jemanden dazu bewegen, eine Idee bewußt zu akzeptieren, aber nur selten führt das zu einer Verhaltensänderung. Wenn es überhaupt etwas gibt, das jenseits aller Zweifel durch die meisten Weltreligionen bewiesen wurde, dann dies. Nehmen Sie zum Beispiel den Satz: "Du sollst nicht töten." Da steht nicht: "außer..." Und dennoch haben die Kreuzzügler ohne Bedenken Moslems in Stücke zerschlagen, und die "moralische Mehrheit" will noch mehr Raketen, um noch ein paar Millionen Russen mehr auszulöschen. Seminarteilnehmer fragen häufig: "Ist eine visuelle Person dasselbe wie ein 'Eltern-Ich' in der Transaktionsanalyse?" Das sagt mir, daß sie das, was ich lehre, aufnehmen und in die Konzepte hineinstopfen, die sie schon haben. Wenn Sie aber etwas Neues lediglich dem anpassen, was sie bereits wissen, bedeutet das, daß Sie nichts daraus lernen, und in Ihrem Verhalten wird sich nichts ändern. Sie bekommen dann nur ein angenehmes Gefühl des Verstehens, eine Selbstzufriedenheit, die Sie daran hindern wird, irgend etwas Neues zu lernen. Häufig demonstriere ich, wie man einen Menschen innerhalb von Minuten verändern kann, und dann kommt jemand und sagt: "Meinen Sie nicht, daß er nur die Erwartungen erfüllt hat, die in dieser Rollensituation an ihn gestellt wurden?" Ich habe schon ein paar Betrunkene herumgerollt, aber noch nie eine Situation. Es handelt sich hier um Leute, die in Seminare gehen und nichts bekommen für ihr Geld, weil sie mit genau der gleichen Verstehensmethode weggehen, mit der sie gekommen sind. Mich interessiert nur eine Art von Verstehen, und zwar diejenige, die es einem erlaubt, tatsächlich etwas zu tun. Unsere sämtlichen Seminare lehren spezifische Techniken, mit denen man Dinge tun kann. Das sieht einfach aus. Manchmal aber passen die Dinge, die ich lehre, nicht in Ihre bisherige Verstehensweise. Das gesündeste, was Sie in dem Moment tun könnten, wäre, verwirrt zu werden, und viele Leute beschweren sich darüber, daß ich so verwirrend bin. Sie begreifen eins nicht: Verwirrung ist das Tor zu einer neuen Art des Verstehens. Verwirrung stellt eine Möglichkeit dar, Erfahrungen neu zu ordnen und sie anders zu arrangieren, als Sie das normalerweise tun. Dies erlaubt Ihnen, etwas Neues zu tun und die Welt auf neue Art zu sehen und zu hören. Ich hoffe, daß die letzte Übung Ihnen eine konkrete Erfahrung dessen vermittelt hat, wie das funktioniert und welche Auswirkung es haben kann. Wenn Sie alles verstanden haben, was ich gesagt habe, und dabei nie verwirrt waren, wäre das ein untrügliches Zeichen dafür, daß Sie nichts von Bedeutung gelernt und das Geld verschwendet hätten, das

Sie für dieses Seminar bezahlt haben. Es würde beweisen, daß Sie weiterhin die Welt auf genau dieselbe Art und Weise verstehen wie vorher. Jedesmal, wenn Sie verwirrt sind, können Sie sich also an der neuen Art des Verstehens begeistern, die Sie erwartet. Und Sie können dankbar sein für diese Gelegenheit, unbekanntes Terrain zu betreten, auch wenn Sie noch nicht wissen, wo das Ganze Sie hinführt. Wenn Sie es dort nicht mögen, wo Sie hingeführt werden, können Sie immer noch aussteigen. Wenigstens werden Sie durch das Wissen um seine Existenz und durch die Erkenntnis, daß Sie es nicht mögen, bereichert worden sein. In das Verstehen mancher Leute ist Ungewißheit eingebaut. Ich kenne einen Ingenieur, dessen Verstehen sich aus einer rechteckigen Matrix von Bildern zusammensetzt, ungefähr acht Querspalten breit und acht Längsreihen tief. Er beginnt zu denken, daß er etwas versteht, wenn die Matrix ungefähr zur Hälfte mit Bildern gefüllt ist. Wenn sie zu ungefähr neunzig Prozent voll ist, weiß er, daß er etwas ziemlich gründlich versteht. Seine Matrix enthält aber immer leere Rahmen, die andeuten, daß sein Verstehen immer unvollständig ist. Das bewahrt ihn davor, sich jemals einer Sache zu sicher zu sein. Eine meiner fähigsten Studentinnen benutzt für das Verstehen ein System, das aus einem dissoziierten Film besteht, bei welchem sie sich selbst bei einer Tätigkeit beobachtet, die sie versteht. Wenn sie es dann wirklich tun will, tritt sie einfach in den Film hinein — Tun und Verstehen sind fast identisch. Hinter diesem Film befindet sich eine Reihe von Filmen über sie selbst, wie sie das gleiche in unterschiedlichen Situationen tut — wie sie es tut, wenn sie Hindernisse überwindet, usw. Je mehr verschiedene Filme sie hat, desto sicherer ist sie, daß sie etwas gut versteht. Ich habe sie einmal gefragt: "Wieviele Filme brauchst du unbedingt, um etwas zu verstehen?" Sie antwortete: "Es ist eher die Frage, wie gut ich es verstehe. Wenn ich ein paar Filme habe, läßt mich das ein wenig verstehen. Wenn ich mehr habe, verstehe ich besser. Je mehr verschiedene Filme ich habe, desto besser verstehe ich etwas. Ich verstehe jedoch nicht vollkommen." Im Gegensatz dazu gibt es Leute, die sich völlig sicher sind, verstanden zu haben, wie man etwas macht, wenn sie nur einen einzigen Film von sich gesehen haben, in dem sie das Betreffende tun. Ich kannte einen Mann, der ein einziges Mal ein Flugzeug geflogen hatte und sich danach völlig sicher war, daß er jedes Flugzeug zu jeder Zeit bei jedem Wetter überall hinfliegen könnte, sogar auch im Stehen und gegebenfalls auf einer Schaukel!! Er kam in ein fünftägiges Seminar bei mir, lernte eine Technik, verließ uns schon wieder um zwölf Uhr mittags

am ersten Tag und war sich völlig sicher, alles über NLP zu wissen! Wie finden Sie das als Beispiel dafür, steckenzubleiben? Festzuhängen an einer bestimmten Auffassung der Welt, wie immer diese auch aussehen mag, stellt die Ursache von drei Hauptkrankheiten der Menschheit dar, gegen die ich etwas unternehmen möchte. Die erste ist Ernsthaftigkeit , wie zum Beispiel bei "todernst". Wenn Sie beschließen, etwas zu tun, ist das ganz in Ordnung; wenn Sie es aber ganz todernst betreiben, wird Sie das nur blind machen und Ihnen im Wege stehen. Rechthaben (oder ganz sicher zu sein) ist die zweite Krankheit. "Absolute Gewißheit" bedeutet, daß Leute aufhören, zu denken und wahrzunehmen. Wann immer Sie sich einer Sache ganz sicher fühlen, ist das ein sicherer Hinweis darauf, daß Sie etwas übersehen haben. Manchmal ist es ganz günstig, etwas absichtlich eine Zeitlang zu ignorieren; wenn Sie sich aber ganz sicher sind, bedeutet das wahrscheinlich, daß Sie es endgültig verpaßt haben. Gewißheit schleicht sich sehr leicht ein. Auch unsichere Menschen sind sich gewöhnlich ihrer Unsicherheit sehr sicher. Sie sind entweder sicher, daß sie sicher sind, oder sie sind sicher, daß sie unsicher sind. Man findet selten jemanden, der sich seines Zweifels nicht sicher oder sich seiner Gewißheit nicht sicher ist. Man kann diese Erfahrung vorsätzlich erzeugen, begegnet ihr aber im gewöhnlichen Leben kaum. Sie können jemanden fragen: "Sind Sie sicher genug, um unsicher zu sein?" Das ist eine dumme Frage, aber auf jeden Fall wird er nicht mehr sicher sein, nachdem Sie ihn gefragt haben. Die dritte Krankheit ist Wichtigkeit, und die schlimmste Form von dieser ist Selbstherrlichkeit. Sobald eine Sache "wichtig" ist, werden andere unwichtig. Wichtigkeit ist eine gute Rechtfertigung, um gemein und destruktiv zu sein oder irgend etwas anderes zu tun, das unangenehm genug ist, um einer Rechtfertigung zu bedürfen. Wie die meisten Menschen steckenbleiben, hängt mit diesen drei Krankheiten zusammen. Sie entscheiden vielleicht, daß etwas wichtig ist, Sie können es aber nur mit Ernst angehen, wenn Sie sicher sind, daß es wichtig ist. An diesem Punkt setzt dann Ihr Denken völlig aus. Der Ayatollah Khoumeni stellt ein gutes Beispiel dar — es gibt aber viele andere Beispiele ganz in unserer Nähe. Einmal fuhr ich bei einem Lebensmittelladen vor in einer Kleinstadt, in deren Nähe ich früher lebte. Ein Mann kam auf mich zugerannt und sagte wütend: "Mein Freund sagt, Sie hätten mir den Vogel gezeigt." "Ich glaube nicht; möchten Sie, daß ich das tue?"

"Ich will Ihnen mal was sagen ..." Ich sagte: "Warten Sie einen Moment bitte" und ging erst mal in den Laden, um einzukaufen. Als ich wieder herauskam, war er immer noch da! Als ich zu meinem Auto ging, schnaubte er vor Wut. Ich nahm eine Einkaufstüte, drückte sie ihm in die Hand, und er hielt sie tatsächlich fest. Ich öffnete die Autotür, stellte die anderen drei Tüten ins Auto, nahm ihm die Tüte ab, setzte mich ins Auto und schloß die Tür. Dann sagte ich: "Also gut, wenn Sie darauf bestehen", zeigte ihm den Vogel und fuhr an. Während ich wegfuhr, brach er in schallendes Gelächter aus, weil ich einfach nicht bereit gewesen war, ihn ernst zu nehmen. Für die meisten Leute bedeutet "Steckenbleiben", daß sie etwas haben möchten, es aber nicht bekommen. Nur sehr wenige Menschen sind in der Lage, an diesem Punkt innezuhalten und ihre Gewißheit, daß diese Sache für sie wirklich ernsthaft von Bedeutung sei, in Frage zu stellen. Es gibt jedoch noch eine andere Art, steckenzubleiben, die niemand bemerkt: Etwas nicht haben zu wollen und es nicht zu haben. Das ist die größte Beschränkung, die es gibt, denn man weiß noch nicht einmal, daß man steckengeblieben ist. Ich möchte, daß Sie an etwas denken, das Sie jetzt als sehr nützlich oder angenehm oder erfreulich betrachten. Gehen Sie dann in Ihrem Leben ein Stück zurück bis zu einer Zeit, als Sie noch nicht einmal etwas von diesen Dingen wußten bzw. davon wußten, ihnen aber keine Bedeutung beimaßen. Sie wußten tatsächlich nicht, was Ihnen entging, nicht wahr? Sie hatten keine Ahnung, wie Sie damals festsaßen, und Sie waren auch nicht motiviert, das zu verändern. Sie waren sicher, daß Ihr Verständnis der Welt eine zutreffende Beschreibung dieser Welt darstellte. So sitzt man wirklich fest. Und was fehlt Ihnen jetzt? Gewißheit behindert den menschlichen Fortschritt wahrscheinlich mehr als jede andere Geisteshaltung. Gewißheit ist jedoch auch, wie alles andere, eine subjektive Erfahrung, die man verändern kann. Suchen Sie sich eine möglichst detaillierte Erinnerung heraus, bei der Sie ganz sicher waren, etwas zu verstehen. Das heißt eine Lernerfahrung; vielleicht brachte Ihnen jemand etwas bei. Es war vielleicht schwer, vielleicht auch einfach, jedenfalls hatten Sie an einem bestimmten Punkt dieses Gefühl des "Oh ja, ich verstehe!" Erinnern Sie sich mit so vielen Einzelheiten, wie Sie brauchen. Jetzt möchte ich, daß Sie all das rückwärts erinnern, so, wie man einen Film rückwärts laufen läßt.

Wenn Sie damit fertig sind, befassen Sie sich mit dem, was Sie gelernt oder verstanden haben. Ist es noch das gleiche wie vor einigen Minuten? Marty: Als ich das Bild vorwärts laufen ließ, gelangte ich aus einem Zustand der Verwirrung zu diesem "Aha! Ich verstehe!" Als ich es dann rückwärts laufen ließ, landete ich an dem Ort, an dem ich verwirrt war. Ja, so ist es, wenn man es rückwärts laufen läßt. Und wie erleben Sie das jetzt, wenn Sie über das nachdenken, was Sie vor ein paar Minuten noch zu verstehen glaubten? Marty: Nun, ich befinde mich wieder in dem Zustand der Verwirrung, aber ein Teil von mir weiß, daß ich immer noch über das Verstehen verfüge, das erst später zustandekam. Das vollständige Gefühl der Verwirrung, das ich beim ersten Mal hatte, kann ich nicht mehr herstellen. Ich bin aber auch nicht mehr so sicher. Wie geht es den anderen hier? Ist es bei Ihnen genauso? Ben: Ich habe etwas Neues gelernt, das mir wohl damals nicht klar war; es handelt sich um etwas, das ich während dieser Erfahrung erlebt habe. Nun, das ist interessant, danach hatte ich aber nicht gefragt. Ich möchte wissen, ob sich Ihr Erleben dessen, was Sie gelernt haben, verändert hat. Ben: Nein, da ist kein Unterschied. Es gibt überhaupt keinen Unterschied? Sie müssen natürlich innehalten und das genau bedenken. Sie können nicht einfach sagen: "Oh, es ist genau gleich." Das ist so, als ob Sie sagen würden: "Ich habe versucht, Fliegen zu lernen, kam aber nicht zum Flugzeug — also klappt Fliegen bei mir nicht." Ben: Komisch, daß Sie gerade Fliegen erwähnen; ich habe mich nämlich daran erinnert, wie es sich anfühlt, auf Wasser landen zu lernen — das Gefühl der Berührung mit dem Wasser. Als ich das rückwärts ablaufen ließ, entfernte ich mich auch von diesem Gefühl. Um das Flugzeug rückwärts fliegen zu lassen, mußte ich es aus der Entfernung betrachten. Hierdurch wurde die Erfahrung, auf dem Wasser landen zu lernen, um eine Dimension erweitert. Das verhalf Ihnen zu einerneuen Perspektive. Wissen Sie jetzt mehr über Flugzeuglandung alsvorher? Ben: Ja. Was wissen Sie also außerdem nicht? Noch nicht? Dafür, daß Sie nur einen Film haben rückwärts ablaufen lassen, ist das eine ganze Menge. Viele Leute lassen Filme immer wieder vorwärts ablaufen, um aus Er-

fahrung zu lernen, aber nicht viele machen das umgekehrt. Wie ist es den anderen ergangen? Haben Sie die gleiche Erfahrung gemacht? Sally: Nein. Die Details haben sich verändert. Das, worauf ich besonders achte, hat sich verändert. Die Reihenfolge der Dinge ist anders angeordnet. Die Reihenfolge ist anders. Nun, und haben Sie etwas anderes gelernt? Sally: Ja. Inwiefern ist es anders? Wissen Sie jetzt etwas, das Sie vorher nicht wußten? Oder könnten Sie nun etwas auf andere Art und Weise tun? Sally: Die Fakten an sich haben sich nicht verändert. Nicht das, was ich gelernt habe, ist anders geworden, sondern mein Gefühl und meine Betrachtungsweise haben sich geändert. Würde das Ihr Verhalten beeinflussen? Sally: Ja. Einige von Ihnen haben ganz ordentlich davon profitiert, sich nur eine Minute Zeit zu nehmen und eine Erfahrung rückwärts ablaufen zu lassen. Wieviel würden Sie wohl lernen, wenn Sie das mit allen Ihren Erfahrungen täten? Wissen Sie, Sally hat völlig recht. Wenn man einen Film rückwärts laufen läßt, verändert dies die Reihenfolge der Erfahrungen. Denken Sie an zwei Erfahrungen: 1) Sie können etwas tun, und 2) Sie können das gleiche nicht. Stellen Sie es sich erst in der Reihenfolge 1-2 vor — also zuerst, daß Sie es können, dann, daß Sie es nicht können; danach in der Reihenfolge 2-1 — also zuerst, daß Sie es nicht können, und dann, daß Sie es können. Das ist ganz was anderes, nicht? Die Erfahrungen, die Sie in Ihrem Leben gemacht haben, haben sich in einer ganz bestimmten Reihenfolge abgespielt. Der größte Teil dieser Abfolge war nicht vorhergeplant — es passierte einfach so. Ein großer Anteil Ihres Verstehens beruht auf dieser weitgehend zufälligen Anordnung. Da Sie nur über eine einzige Abfolge verfügen, haben Sie auch nur eine Verstehensweise, und das schränkt Sie ein. Wenn sich dieselben Ereignisse in einer anderen Reihenfolge abgespielt hätten, wäre auch Ihr Verstehen anders geartet, so daß Sie ganz anders reagieren würden. Sie haben eine persönliche Geschichte, die Ihren eigenen persönlichen Reichtum darstellt. Sie werden ihn benutzen und damit in die Zukunft gehen. Was daraus erwächst, hängt davon ab, wie Sie es verwenden. Wenn Sie nur über einen einzigen Weg verfügen, sich Ihre persönliche Geschichte zunutze zu machen, sind Ihre Möglichkeiten sehr beschränkt. Viele Dinge werden Ihnen gar nicht auffallen, an viele Orte werden Sie gar nicht erst gelangen, und viele Ideen werden Ihnen gar nicht erst einfallen.

Ein Erlebnis vorwärts und rückwärts ablaufen zu lassen, sind nur zwei von unendlich vielen Wegen, wie man Erfahrung anordnen kann. Wenn Sie einen Film in nur vier Teile zerlegen, gibt es noch zweiundzwanzig andere Abfolgen des Erlebens. Wenn Sie ihn in noch mehr Teile zerlegen, ist die Zahl der Sequenzen noch größer. Jede Sequenz wird eine andere Bedeutung hervorbringen, genauso, wie eine andere Reihenfolge von Buchstaben andere Wörter hervorbringt und eine andere Wortreihenfolge unterschiedliche Bedeutungen schafft. Viele der NLP-Techniken sind einfach Wege, um die sequenzielle Struktur der Erfahrung zu verändern. Ich möchte Ihnen gerne etwas beibringen, was ich für einen der wichtigsten Schritte in der menschlichen Bewußtseinsentwicklung halte: seien Sie mißtrauisch gegenüber dem Erfolg. Immer wenn Sie sich einer Sache sicher fühlen und eine Aufgabe mehrmals erfolgreich bewältigt haben, möchte ich, daß Sie mißtrauisch werden und überlegen, was Sie gerade nicht merken. Wenn etwas gut funktioniert, heißt das noch lange nicht, daß andere Dinge nicht funktionieren oder daß es nicht auch noch andere interessante Dinge gibt, die man da tun könnte. Vor vielen Jahren entdeckte man, daß man eine klebrige, schleimige, schwarze Flüssigkeit aus dem Boden saugen und damit Lampen brennen lassen konnte. Dann fand man heraus, wie man sie in großen Stahlbehältern verbrennen konnte, um überall damit herumfahren zu können. Man kann es sogar am Ende eines Rohres verbrennen und dadurch das Rohr auf den Mond schicken. Das bedeutet aber nicht, daß es nicht noch andere Möglichkeiten gibt, die gleichen Effekte zu erzielen. In hundert Jahren werden die Menschen auf unsere "Hochtechnologie“-Wirtschaft herunterblicken und den Kopf schütteln, so wie wir das beim Gedanken am Ochsenkarren tun. Wirkliche Innovation wäre am Anfang der Entwicklung viel leichter gewesen. Da hätte man wirklich erstaunliche Dinge vollbringen können. Wie es wohl geworden wäre, wenn man gesagt hätte: "Donnerwetter, das klappt ja wirklich! Wie kann man das wohl sonst noch machen? Was kann man außerdem noch machen? Welche anderen Methoden der Fortbewegung gibt es noch, statt das Zeug zu verbrennen und es am anderen Ende auszuspucken? Wie kann man sich außer in rollenden Blechbüchsen und fliegenden Metallrohren noch bewegen?" Je mehr Erfolg Sie haben, desto sicherer werden Sie, und desto weniger sind Sie geneigt, innezuhalten und zu überlegen: "Und was tue ich

nicht?" Das, was ich Ihnen beibringe, funktioniert, aber ich möchte, daß Sie beginnen, zu überlegen, was sonst wohl noch besser funktionieren könnte.

7 Jenseits von Glauben

Eine andere Möglichkeit, Verhalten zu betrachten, besteht darin, sein Verhalten nach jenen sehr beständigen Dingen zu organisieren, die man "Glaubenssysteme" nennt. Wenn jemand sagt, daß es wichtig bzw. unwichtig sei, etwas Bestimmtes zu tun, bedeutet das immer, daß er hierzu einen Glauben oder eine Überzeugung hat. Man kann es so ansehen, daß alles Verhalten in Gang gesetzt wird von Glaubenssystemen, die wir besitzen. Sie würden zum Beispiel wahrscheinlich nichts über NLP lernen, wenn Sie nicht glaubten, daß dies interessant oder nützlich oder irgendwie wertvoll sein könnte. Eltern würden mit ihren Kleinkindern nicht so viel Zeit verbringen, wenn sie nicht glaubten, daß ihre Kinder dadurch später besser zurechtkämen. Früher war es üblich, daß Eltern versuchten, ihre Kinder vor zuviel Stimulation zu bewahren, weil sie glaubten, die Kinder würden dadurch hyperaktiv; heutzutage geben sie ihren Kindern sehr viel Stimulation, weil sie glauben, daß dies die intellektuelle Entwicklung fördere. Glaubenssysteme sind wirklich phänomenale Angelegenheiten. Eine bestimmte Überzeugung kann völlig friedfertige Menschen dazu bringen, zur Durchsetzung einer Idee andere Menschen umzubringen und sich dabei auch noch gut zu fühlen. Wenn es Ihnen gelingt, ein bestimmtes Verhalten mit dem Glaubenssystem eines Menschen in Übereinstimmung zu bringen, können Sie ihn dazu bringen, alles zu tun, bzw. ihn auch von allem Möglichen abhalten. Das habe ich mit dem Vater gemacht, der nicht wollte, daß seine Tochter eine Hure würde. Sobald ich ihm klarmachte, daß sein verächtliches Verhalten genau der Art und Weise entsprach, wie Zuhälter Huren behandeln, konnte er nicht mehr so weitermachen, ohne gegen seine eigene Überzeugung zu handeln. Ich habe ihn nicht dazu gezwungen, "gegen seinen Willen" aufzuhören, was immer das heißt. Ich sorgte dafür, daß die Verhaltensänderung so nahtlos in sein Glaubenssystem paßte, daß er keine andere Wahl hatte. Glaubenssysteme können sich natürlich auch verändern. Man kommt nicht schon damit auf die Welt. Als Kinder haben Sie alle an

Dinge geglaubt, die Sie jetzt für völlig unsinnig halten. Und es gibt Dinge, die Sie jetzt glauben, mit denen Sie sich früher noch nicht einmal befaßt haben — wie zum Beispiel der Teilnahme an diesem Workshop. "Glauben" oder "Überzeugung" ist für die meisten Menschen ein recht vager Begriff, selbst dann, wenn sie um einer Überzeugung willen ohne weiteres töten würden. Ich möchte Ihnen demonstrieren, woraus Überzeugungen und Glaubenssysteme gemacht sind, und Ihnen dann einen Weg zeigen, diese zu verändern. Ich möchte, daß jetzt jemand hier zu mir kommt, der etwas Bestimmtes über sich selbst glaubt und diesen Glauben gerne verändern möchte. Ich möchte, daß Sie eine Überzeugung aussuchen, die Sie im Leben irgendwie einschränkt. Es ist normalerweise sinnvoller, Ansichten über sich selbst zu verändern, als Ansichten über die Welt. Suchen Sie sich also eine Überzeugung heraus, von deren Veränderung Sie eine starke Auswirkung auf Ihr Leben erwarten. Lou: Ich habe eine. Als ob nicht alle anderen das auch hätten! Sagen Sie mir nicht, worum es sich bei dieser Überzeugung handelt. Sie sollen nur an die Überzeugung denken, die Sie lieber nicht hätten. Schieben Sie diese Erfahrung sodann für einen Moment auf die Seite und denken Sie an etwas, über das Sie Zweifel hegen. Es könnte zutreffen oder auch nicht — Sie sind sich nicht ganz sicher. Nun möchte ich, daß Sie mir sagen, welcher Unterschied zwischen dem Erleben einer Überzeugung und dem Erleben eines Zweifels besteht. Tun Sie dasselbe wie vorher mit Bill, als es um Verstehen und Verwirrung ging. Lou: Nun, meine Überzeugung ist ein großes Bild. Es ist hell, leuchtend und sehr detailliert. Bei Zweifel handelt es sich um ein viel kleineres Bild. Es ist schummriger und verschwommener und blinkt irgendwie. Okay. Das sind ziemlich deutliche Unterschiede. Ich konnte nicht umhin, auch zu bemerken, daß das Bild der Überzeugung sich direkt vor Ihnen befindet, während Zweifel oben rechts liegt. Gibt es noch weitere Unterscheidungsmerkmale? Lou: Ja, Überzeugung füllt einen großen Rahmen fast vollständig aus, und für einen Hintergrund ist sehr wenig Platz. Zweifel hat sehr viel Hintergrund, und es gibt keinen Rahmen. Als nächsten Schritt nehmen Sie nun diese Liste von Unterschieden und prüfen einen nach dem anderen, um herauszufinden, welche von ihnen am wirkungsvollsten Überzeugung in Zweifel verwandeln können. Nehmen Sie, Lou, zum Beispiel das Bild der Überzeugung und prüfen Sie, was passiert, wenn Sie es kleiner werden lassen.

Lou: Dadurch scheint es etwas weniger real zu werden, verändert sich aber nicht viel. Überzeugung — Zweifel groß — klein hell und leuchtend — schummrig und düster detailliert — verschwommen stillstehend — blinkend geradeaus — oben rechts gerahmt — ohne Rahmen wenig Hintergrund — sehr viel Hintergrund Okay. Lassen Sie das Bild jetzt wieder so groß werden wie zu Beginn und probieren Sie dann, den Rahmen um das Überzeugungsbild herum zu entfernen, so daß Sie mehr vom Hintergrund sehen können. Lou: Wenn ich das mache, wird das Bild automatisch kleiner und weniger eindrucksvoll. Okay. Der Rahmen bedingt also auch eine bestimmte Bildgröße, hat aber mehr Einfluß als Größe allein. Verwandeln Sie es jetzt wieder in den ursprünglichen Zustand und verändern Sie die Schärfeneinstellung, so daß das Bild verschwommen wird. Lou: Das ändert nicht viel. Verwandeln Sie es zurück und machen es schummriger. Lou: Wenn ich das mache, fängt es an zu blinken, etwa so, wie das bei Zweifel ist. Wenn man also die Helligkeit verändert, beeinflußt das auch das Blinken. Verwandeln Sie es wieder zurück und verändern Sie dann die Position des Überzeugungs-Bildes. Bewegen Sie es aus dem Zentrum Ihres Gesichtsfeldes heraus nach oben rechts. Lou: Das ist komisch. Ich fühle mich plötzlich so, als ob ich schwebe, und ich fühle, daß mein Herzschlag sich beschleunigt. Wenn ich beginne, die Position zu verändern, verändern sich auch alle anderen Dinge. Es wird kleiner und schummriger und unscharf; der Rahmen verschwindet, und es beginnt zu blinken. Okay. Bewegen Sie das Bild wieder so, daß es direkt vor Ihnen steht. Die räumliche Position des Bildes verändert alle anderen Elemente; dies ist also die Submodalität, die bei Lou am wirkungsvollsten Überzeugung in Zweifel überführt. Bevor wir das aber tatsächlich tun, müssen wir etwas haben, das wir an seine Stelle setzen wollen. Lou, wissen Sie, welche Überzeugung Sie gerne an die Stelle Ihrer jetzigen Überzeugung setzen würden? Lou: Das habe ich mir noch nie so genau überlegt.

Dann fangen Sie jetzt an, darüber nachzudenken, überlegen Sie sich aber auf jeden Fall etwas Positives, also nicht im Sinne einer Negation. Überlegen Sie sich, was Sie wirklich gerne glauben möchten, nicht, was Sie nicht glauben möchten. Ich möchte außerdem, daß Sie diese Überzeugung nicht im Sinne eines Endergebnisses oder Zieles formulieren, sondern als Prozeß oder Fähigkeit, die es Ihnen ermöglichen würde, dieses Ziel zu erreichen. Wenn Sie zum Beispiel gerne glauben würden, daß Sie über NLP Bescheid wissen, formulieren Sie Ihren Wunsch stattdessen so: Sie möchten glauben, daß Sie fähig sind, aufzupassen, zu lernen und auf Feedback zu reagieren, um NLP zu lernen. Lou: Okay. Ich weiß, was ich gerne glauben würde. Diese neue Überzeugung ist positiv formuliert, ohne Verneinung, und sie hängt mit einem Prozeß zusammen, der zu einem Ziel hinführt, und nicht so sehr mit dem Ziel selbst, ja? Lou: Ja. Gut. Ich möchte, daß Sie jetzt eine sogenannte "ökologische Überprüfung" durchführen. Nehmen Sie sich etwas Zeit und stellen Sie sich vor, in welcher Weise Sie sich anders verhalten würden, wenn Sie diese neue Überzeugung bereits hätten; überlegen Sie sich außerdem, inwiefern diese Veränderung für Sie, für Leute, die Ihnen nahestehen, oder für die Menschen, mit denen Sie arbeiten, zum Problem werden könnte. Lou: Ich kann mir keine Situation vorstellen, in der dies ein Problem sein könnte. Gut. Wir werden es "die neue Überzeugung" nennen. Legen Sie diese für einen Moment beiseite. Nehmen Sie jetzt das große Bild von der Überzeugung, die Sie nicht haben möchten, und schieben Sie es hinüber an den Platz, wo sich das Bild des Zweifels befindet. Während Sie das tun, wird das Bild seinen Rahmen verlieren und schummriger, kleiner und verschwommener werden und anfangen zu blinken. Lou: Okay. Es ist jetzt hier drüben und sieht genauso aus wie das andere Zweifel-Bild. Gut. Wenn es zwischendurch momentan nicht sichtbar ist, lassen Sie das Bild der alten Überzeugung verschwinden, und mit dem neuerlichen Aufblinken lassen Sie die neue Überzeugung auftauchen. Lou: Okay. Die neue Überzeugung blinkt jetzt. Nehmen Sie nun das Bild der neuen Überzeugung und bewegen Sie es zurück in das Zentrum Ihres Gesichtsfeldes. Währenddessen beobachten Sie, wie das Bild einen Rahmen bekommt und größer, heller, schärfer und leuchtender wird.

Lou: Das ist unglaublich!! Es befindet sich genau da, wo die alte Überzeugung saß. Ich habe ein Gefühl, als ob mein ganzer Körper sich gerade aus einem Gefängnis befreit hätte, und ich fühle, daß ich ganz rote Backen bekomme. Stimmt. Da passieren auch noch eine ganze Menge andere tolle Veränderungen. Sie können sich ein paar Minuten Zeit lassen, um die Veränderungen aufzunehmen, während ich ein paar Fragen beantworte. Mann: Warum können Sie nicht einfach das Bild der gewünschten Überzeugung nehmen und es so verändern, daß es zu einer tatsächlichen Überzeugung wird — so ähnlich, wie wir Verwirrung in Verstehen verwandelt haben? Als Sie Verwirrung in Verstehen verwandelt haben, gab es nicht schon eine andere Verstehensweise, die der Veränderung im Weg hätte sein können. Man kann ja sogar verschiedene Verstehensweisen eines bestimmten Sachverhaltes gleichzeitig haben, ohne daß diese miteinander in Konflikt geraten müssen. Eine Überzeugung ist jedoch gewöhnlich viel umfassender, bestimmter und ausschließlicher als eine Verstehensweise. Wenn man schon eine bestimmte Überzeugung hat, gibt es keinen Platz für eine neue Ansicht, es sei denn, man erschüttert zunächst die alte Überzeugung. Normalerweise ist die neue Überzeugung der alten diametral entgegengesetzt oder unterscheidet sich zumindest erheblich in wichtigen Aspekten. Haben Sie schon mal versucht, jemanden vom Gegenteil dessen zu überzeugen, was er bisher glaubt? Gewöhnlich hindert ihn seine bisherige Überzeugung daran, die neue Ansicht überhaupt nur in Betracht zu ziehen. Dies trifft um so mehr zu, je stärker die Überzeugung ist. Man kann es so sehen: Nehmen wir zum Beispiel an, jemand denkt, "X ist gut", und es gelingt Ihnen, eine neue Überzeugung, nämlich "X ist schlecht" einzuführen, ohne die ursprüngliche Überzeugung zu verändern. Was würden Sie wohl damit hervorrufen? Was passiert wohl mit jemandem, der leidenschaftlich an zwei entgegengesetzte Dinge glaubt? Eine Möglichkeit, damit umzugehen, wäre die, zu einer multiplen Persönlichkeit zu werden. Eine Überzeugung beeinflußt die Person eine Zeitlang in einer Richtung; dann kommt die andere Überzeugung dran und übt ihren Einfluß in einer ganz anderen Richtung aus. So etwas würde ich nicht gerade als eine sehr entwicklungsfördernde Veränderung bezeichnen. Frau: Ich möchte etwas wissen über das "schwebende" Gefühl, das Lou beschrieben hat, als Sie anfänglich versuchten, die Position des Überzeugungsbildes zu verändern.Nun, diese Reaktion zeigt mir zwei Dinge auf. Erstens bin ich auf eine Submodalitätsveränderung gesto-

ßen, die auf Lous Erleben einen tiefgreifenden Einfluß hat. Zweitens deutet es darauf hin, daß sie noch keine neue Überzeugung hat, die an die Stelle der alten treten könnte. Haben Sie schon jemals ein Erlebnis gehabt, durch das eine Ihrer Überzeugungen vollständig erschüttert wurde — und dann hatten Sie keine neue Überzeugung, die diesen leeren Platz einnehmen konnte? Manche Leute laufen tagelang wie im Nebel umher, bevor sie sich wieder zurechtfinden können. So etwas passiert oft, wenn jemandem plötzlich gekündigt wird oder wenn ein Freund oder Verwandter stirbt. Ich habe mich mal mit jemandem unterhalten, der erlebt hatte, daß eine seiner Grundüberzeugungen durch seinen Philosophieprofessor zerstört wurde. Er erzählte mir, daß er die Universität verließ und mindestens sechs Monate lang wie im Nebel herumlief. Ich möchte hingegen, daß eine neue Überzeugung schon "in den Kulissen wartet", bevor ich die alte Überzeugung für immer schwäche. Jetzt wollen wir uns wieder Lou zuwenden und einen kleinen Test durchführen. Lou, ist die neue Überzeugung noch da? Lou: (Sie schaut starr geradeaus und defokussiert ihren Blick.) Ja. Ich vergewissere mich immer wieder. Ich kann kaum glauben, daß es möglich ist, so etwas so einfach zu erreichen. Was passiert, wenn Sie an die alte Überzeugung denken? Lou: (Sie schaut nach links oben und lächelt.) Die sieht jetzt irgendwie ausgetrocknet aus. Sie befindet sich jedenfalls nicht mehr da, wo sie einmal war. Auf diese Weise kann ich auch überprüfen, was ich gemacht habe, und ich achte natürlich mehr auf nonverbale Signale als auf ihre Worte. Jetzt machen wir eine fünfminütige Nachuntersuchung. Ich möchte, daß Sie alle dieses Muster in Dreiergruppen ausprobieren. Einer von Ihnen wird der Programmierer sein, einer der Klient und einer der Beobachter/Berater. Ich werde alle Schritte nochmal durchgehen, bevor Sie anfangen.

Veränderungsmuster für Glauben A. Informationssammlung und Vorbereitung 1) Glaube (oder Überzeugung): "Suchen Sie sich einen Glauben über sich selbst heraus, den Sie lieber nicht hätten, weil er Sie einschränkt oder unerwünschte Auswirkungen hat. Wie ist die innere Repräsentation dieses Glaubens in Ihrem Erleben?" 2) Zweifel: "Denken Sie nun an etwas, über das Sie Zweifel hegen. Es kann wahr sein oder auch nicht: Sie sind sich nicht sicher. Wie stellt

sich dieser Zweifel in Ihrem inneren Erleben dar?" Wenn Sie Ihre Partnerin bitten, an etwas zu denken, das sie bezweifelt, gehen Sie sicher, daß es etwas ist, dessen sie sich unsicher ist. Wenn sie sagt: "Ich bezweifele, daß das eine gute Idee ist", meint sie vielleicht in Wirklichkeit, daß sie glaubt, daß das keine gute Idee ist. Zweifeln heißt, daß man schwankt zwischen dem Gedanken, daß etwas stimmt, und dem Gedanken, daß es nicht stimmt; man weiß es einfach nicht. 3) Unterschiede: Analysieren Sie die Gegensätze und stellen Sie eine Liste der Submodalitätsunterschiede zwischen Überzeugung und Zweifel auf, genauso, wie Sie es vorher mit Verwirrung und Verstehen gemacht haben. 4) Testen: Testen Sie aus der Liste der Unterschiede nacheinander jede der Submodalitäten, um festzustellen, welche am wirkungsvollsten Überzeugung in Zweifel überführen. Wenn Sie eine Submodalität getestet haben, verwandeln Sie das Ganze zunächst wieder in den ursprünglichen Zustand zurück, bevor Sie die nächste testen. 5) Neuer Glaube (oder neue Überzeugung): "Welchen neuen Glauben würden Sie gerne an die Stelle des alten setzen, den Sie bisher haben, aber nicht mögen?" Vergewissern Sie sich, daß diese neue Überzeugung positiv formuliert ist, ohne Verneinungen. "Ich kann lernen, mich durch Antwort auf Feedback zu verändern", statt: "Es wird mir nicht passieren, daß ich mein Verhalten nicht verändern kann." Vergewissern Sie sich außerdem, daß Ihr Partner den neuen Glauben als Fähigkeit oder Prozeß begreift. Die Überzeugung, ein erwünschtes Ziel bereits erreicht zu haben, ist hier nicht sinnvoll. "Ich glaube, daß ich lernen kann, mich so zu verändern, daß ich mein Gewicht halten kann" ist eine nützliche Überzeugung. "Ich wiege 107 Pfund" ist keine sehr nützliche Überzeugung, besonders dann nicht, wenn jemand tatsächlich 350 Pfund wiegt! Wir wollen neue Fähigkeiten mobilisieren und nicht neue Illusionen einführen. Sie müssen den Partner ferner bitten, eine ökologische Überprüfung durchzuführen: "Wenn Sie das Neue glauben — welche Probleme könnte das hervorrufen?" "Inwiefern werden sich die Reaktionen Ihres Mannes oder Ihrer Familie verändern, wenn Sie diese neue Überzeugung haben?" "Wie wird sich diese neue Überzeugung auf Ihre Arbeit auswirken?" usw. Modifizieren Sie die neue Überzeugung, um möglichen Schwierigkeiten Rechnung zu tragen. Ihr Partner muß Ihnen nicht mitteilen, wie die neue Überzeugung aussieht. Sie brauchen lediglich ein Wort, um den neuen Inhalt kennzeichnen zu können.

B.

Glaubens-Veränderungs-Prozeß

6) Glaube (Überzeugung) in Zweifel: Ohne den Inhalt zu verändern, verwandeln Sie den unerwünschten Glauben in Zweifel, indem Sie eine oder mehrere der wirksamsten Submodalitäten benutzen, die Sie bei Schritt 4 entdeckt haben. Wenn zum Beispiel die beiden wirksamsten Unterschiede lauteten: Film statt Bild, und naheliegendes Panorama statt entfernt liegendes gerahmtes Bild, so lassen Sie den Panoramafilm langsam zu einem stillstehenden Bild werden, das sich wegbewegt und zu einem eingerahmten Bild wird. 7) Inhaltsänderung: Hierbei benutzen Sie eine andere Submodalität, um den Inhalt so zu verändern, daß sich an Stelle der alten ungewollten Überzeugung die neue gewünschte Überzeugung findet. Wenden Sie etwas an, das Ihre Partnerin schon benutzt, oder aber eine beliebige analoge Methode, bei der die Inhaltsveränderung allmählich geschieht. Wenn jemand zum Beispiel beim Betrachten von Zweifel Bilder hinund herspringen läßt, kann er vom alten Inhalt in den neuen springen. Sie können auch das Bild der alten Überzeugung so weit in die Ferne rücken lassen, daß es unmöglich ist, es noch eindeutig zu erkennen, und es dann im Gewand der neuen Überzeugung wieder auftauchen lassen. Oder Sie können das Bild so hell oder so dunkel werden lassen, daß der alte Inhalt verschwindet, und es dann mit neuem Inhalt zurückkehren lassen usw. 8) Zweifel in Glauben (Überzeugung): Sie behalten den neuen Inhalt und verändern dann Zweifel in Überzeugung, indem Sie die gleichen Submodalitätsveränderungen wie bei Schritt 6 rückwärts ablaufen lassen. Wenn eine Ortsverlagerung nach rechts die alte Überzeugung in Zweifel verwandelt, bewegen Sie das ganze nun zurück nach links, um mit dem neuen Inhalt den Wechsel von Zweifel zu Überzeugung zu vollziehen. Während Sie dies tun, müssen Sie sehr aufmerksam auf etwaigen "Widerstand" oder Schwierigkeiten bei Ihrem Partner achten. Wenn der neue Glaube schlecht formuliert ist oder Verneinungen enthält, könnte ein Teil des Partners Einwände erheben. Wenn Sie auf Einwände stoßen, respektieren Sie diese, sammeln Informationen und gehen zurück zu Schritt 5, um den neuen Glauben anders zu definieren. C. Testen 9) Es gibt mehrere Testmöglichkeiten. Sie können fragen: "Wie denken Sie jetzt über diese neue Überzeugung?" Fragen Sie nach Submodalitäten und benutzen Sie dabei das nonverbale Verhalten, um die verbale Aussage zu bestätigen (bzw. zu verwerfen). 10) Wenn die neue Überzeugung fest installiert ist, wird die alte Überzeugung wahrscheinlich die Submodalitäten der Ungläubigkeit anneh-

men. Wenn Sie herausfinden, wie die alte Überzeugung jetzt dargestellt wird, können Sie dies mit den Submodalitäten des Zweifels vergleichen, die Ihnen schon bekannt sind, oder mit den Submodalitäten der Ungläubigkeit, die Sie herausfinden können, indem Sie die Person bitten, an etwas zu denken, das sie in keiner Weise glaubt. Ich habe oft gesagt, daß gute NLP-Arbeit zu 95 % aus Informationssammeln und zu 5% aus Interventionen besteht. Die ersten fünf Schritte bereiten auf die Intervention vor. Das macht es möglich, die eigentliche Intervention sanft und schnell durchzuführen. Denken Sie daran, daß das Gehirn schnell lernt, nicht langsam. Wenn Sie alles vorher gut arrangieren, ist es viel einfacher, gute Arbeit zu leisten. Es ist ein bißchen ähnlich, wie wenn man eine ganze Kette von Dominosteinen aufstellt und dann den ersten anstößt. Probieren Sie jetzt gleich dieses Muster in Dreiergruppen aus. Ich weiß, daß einige von Ihnen Fragen haben; viele dieser Fragen werden sich schon durch die Ausführung der Aufgabe erledigen. Die Fragen, die Sie dann noch haben, werden viel interessanter sein, wenn Sie etwas Erfahrung mit der tatsächlichen Anwendung dieses Musters gesammelt haben. Meine Antworten werden dann für Sie auch viel aussagekräftiger sein. Nachdem Sie jetzt Erfahrungen mit der praktischen Anwendung gesammelt haben, wollen wir einige Fragen und Kommentare hören. Mann: Als ich das Muster zur Glaubensveränderung durchgemacht habe, bekam ich eine ganze Menge starker innerer Empfindungen. Es fühlte sich so an, als ob viele kleine Fische in meinem Gehirn und mei-

nem Körper herumschwämmen. Die zwei Beobachter stellten auch eine Reihe sichtbarer Veränderungen fest. Ist das typisch? Wenn es sich um eine Grundüberzeugung handelt, ist das eine typische Beschreibung. Grundüberzeugungen strukturieren einen großen Teil des Verhaltens. Wenn Sie eine Grundüberzeugung verändern, kommt es oft zu einer tiefgreifenden inneren Umstrukturierung. Bei einer mehr oberflächlichen Überzeugung sind die Veränderungen nicht so verblüffend. Mann: Mir fiel es schwer, einen Glaubensinhalt zu finden, dessen Veränderung nützlich wäre. Ich würde daher gerne einige Beispiele für Inhalte hören, die verändert wurden. Frau: Ich habe seit Jahren verzweifelt gekämpft, um noch die letzten fünf Pfund abzunehmen, die mich von meinem Wunschgewicht trennen. Es fällt mir leicht, mich dem gewünschten Gewicht anzunähern, aber ich war immer der Meinung, ich müßte mich anstrengen und kämpfen und mich unter Kontrolle behalten, um die letzten fünf Pfund zu verlieren. Ich veränderte also meine Überzeugung, daß dies schwierig sei, in die Überzeugung, daß es einfach sei, diese letzten fünf Pfund abzunehmen. Welche Erleichterung! Ich bin jetzt so viel entspannter! Mann: Ich habe mit ihr daran gearbeitet, und es war wirklich schön, sie bei dieser Veränderung zu beobachten. Ihr Gesicht, ihre Stimme, ihr ganzer Körper — alles war anschließend viel entspannter. Frau: Ich hatte eine Laufnase und veränderte die Überzeugung, daß ich dagegen machtlos sei. Ich bin erstaunt, ich fühle nämlich, wie meine Nase langsam trocken wird. Mann: Ich begann, an der Überzeugung zu arbeiten, daß es gefährlich für mich sei, nachts ohne Brille Auto zu fahren. Ich wollte die Überzeugung erlangen, daß ich im Gegenteil ungefährdet nachts ohne Brille fahren könnte. Mein Partner wies mich dann darauf hin, daß diese gewünschte Überzeugung ein Ziel darstellt und daß es gefährlich sein könnte, eine Änderung in dieser Richtung vorzunehmen. Es könnte dazu führen, daß ich nachts herumfahre und lediglich annehme, daß ich in Sicherheit bin, ich mich in Wirklichkeit aber in Gefahr begebe. Wir formulierten dann die neue Überzeugung so, daß ich lernen kann, nachts sicher ohne Brille zu fahren. Ich glaube, ich habe in Wahrheit an einer viel grundlegenderen Überzeugung gearbeitet — nämlich der Überzeugung, daß ich schlicht und einfach nicht lernfähig bin. Ich spüre, daß dies sich viel weiter auswirken wird als nur auf das nächtliche Autofahren; es scheint viel umfassender zu sein.

Großartig. Für viele Leute ist es von großem Nutzen, die Überzeugung zu verändern, daß sie nicht lernen können. Viele Menschen probieren etwas einmal aus; wenn es ihnen nicht gleich gelingt, schließen sie daraus, daß sie es nicht können und auch nicht erlernen können. Ich kannte einen Mann, der "wußte", daß er nicht Klavier spielen konnte. Er sagte: "Ich habe mich einmal ans Klavier gesetzt und versucht, zu spielen. Das war aber nichts." Ich gehe von der Annahme aus, daß jeder zu allem in der Lage ist, solange die meisten Hirnzellen noch funktionieren. Man muß die Aufgabe vielleicht in kleinere Einheiten zerlegen, vielleicht auch lernen, sie anders anzupacken; es wird vielleicht auch eine Weile dauern, bis Sie sie wirklich gut meistern können. Wenn Sie jedoch mit der Überzeugung an die Sache herangehen, daß Sie lernen können, werden Sie sehr weit kommen. Vielleicht ist meine Annahme sogar manchmal falsch. Sie ermöglicht mir jedoch, Dinge zu erreichen und Erfolge zu haben, die ich sonst nie für möglich gehalten hätte, wäre ich davon ausgegangen, daß Menschen von ihrer Erbanlage her unfähig seien. Mann: Manche Leute bedienen sich des Phänomens, daß es möglich ist, über glühende Kohlen zu gehen, um andere dazu zu bewegen, einschränkende Überzeugungen aufzugeben. Könnten Sie dazu etwas sagen? Wenn jemand glaubt, daß er nicht über glühende Kohlen gehen könnte, und Sie lassen ihn entdecken, daß das möglich ist, kann man damit sicherlich eine alte Überzeugung erschüttern, zumal ihm dann gesagt wird: "Wenn Sie über Feuer gehen können, können Sie alles!" Es gibt jedoch keine Möglichkeit, die neue Überzeugung, die an die Stelle der alten tritt, genau zu spezifizieren. Ich habe mal von jemandem gelesen, der über Feuer gegangen war und anschließend sagte: "Ich glaube jetzt, daß ich genau im Zentrum einer Kernwaffenexplosion stehen könnte, ohne daß mir etwas passiert." Wenn er Glück hat, wird er diese Überzeugung nie auf die Probe stellen müssen. Dies ist jedoch ein Beispiel dafür, welche unsinnigen Überzeugungen auf diese Weise verankert werden können. Wenn Sie Überzeugungen auf diese Art einführen, suchen die Leute oft Überzeugungen aus, die durch nichts bewiesen sind und nicht auf Feedback beruhen. Einer dieser Feuerlauftrainer nennt sich selbst "Der größte NLP-Trainer", obwohl er noch nicht einmal Master Practitioner in NLP ist, geschweige denn Trainer! Einige andere Überzeugungen, die er hat, beruhen noch viel weniger auf Fakten. Ich weiß, daß manche Leute durch den Feuerlauf sehr nützliche Veränderungen in ihrem Glaubenssystem erlebt haben. Auch eine Uhr, die

stehengeblieben ist, stimmt zweimal am Tag genau. Beim Feuerlauf tritt der Nachteil auf, daß man über die neue Überzeugung, die jetzt den alten Platz einnimmt, keine Kontrolle hat. Es gibt auf der Welt schon genügend bizarre und gefährliche Glaubensinhalte — man muß ihnen nicht unbedingt durch so einen Zufallsprozeß noch neue hinzufügen. Ein weiteres Problem dabei ist, daß dieser Prozeß die Tendenz hat, in jemandem den Glauben zu installieren, daß es eines wirklich dramatischen Erlebnisses bedarf, um sich zu verändern. Ich hingegen möchte die Überzeugung installieren, daß Veränderung ständig und mühelos stattfindet und daß es am besten bei Ihnen funktioniert, wenn Sie verstehen, mit Ihrem eigenen Gehirn angemessen umzugehen. Dazu muß man nicht über glühende Kohlen gehen. Es gibt dabei noch einen völlig anderen Aspekt, der nichts damit zu tun hat, ob das Gehen über glühende Kohlen nun wirklich schwierig ist oder nicht und ob die sechsstündige 'evangelistische' Vorbereitung darauf irgendeinen Einfluß hat. Ein Reporter der Zeitschrift "Rolling Stone" hat die Zeit gestoppt, die Leute brauchen, um über die Kohlen zu gehen, und eine Dauer von 1.5 bis 1.9 Sekunden, also im Schnitt 1.7 Sekunden, festgestellt. Die Strecke betrug etwa drei Meter; wenn man eine Schrittlänge von ca. 90 cm zugrundelegt, kann man das leicht mit vier Schritten schaffen — zwei mit jedem Fuß. Das bedeutet eine maximale Kontaktdauer von weniger als einer halben Sekunde pro Fuß. Feuerläufer machen viel Aufhebens von der Temperatur der Kohlen — 1400 bis 2000 Grad Fahrenheit. Sie erwähnen dabei nicht, daß jeder Fuß nur zweimal Kontakt mit den Kohlen hat, der dazu noch weniger als eine halbe Sekunde anhält. Wenn Sie ein Stück heiße Kohle aufheben, das auf Ihren Teppich gefallen ist und es ins Feuer zurückwerfen, berühren Ihre Finger die Kohle wahrscheinlich ebenso lange — und Ihre Fingerspitzen sind viel empfindlicher als Ihre Füße. Verbrennung setzt Wärmeaustausch voraus, nicht nur Hitze, und die Kontaktzeit stellt in Bezug auf Wärmeaustausch nur einen Faktor dar. Ein weiterer Faktor ist die Wärmeleitfähigkeit. Nehmen wir an, Sie befinden sich in einer Hütte in den Bergen und stehen morgens bei minus zwanzig Grad auf, und Sie landen mit einem nackten Fuß auf einer Stahlplatte und mit dem anderen auf einem Schaffell. Obwohl Fell und Stahl die gleiche Temperatur von minus zwanzig Grad haben, wird sich der Stahl wegen seiner größeren Wärmeleitfähigkeit viel kälter anfühlen als das Fell. Die Leitfähigkeit von Kohle ist größer als bei einem Schaffell, aber viel geringer als bei Stahl. Fragen Sie den näch-

sten Feuerläufer, ob er bereit ist, die gleiche Strecke auf einer stählernen Platte zu laufen, die die gleiche Temperatur hat wie die Kohlen! Es gibt noch einen zusätzlichen Faktor, den die Physiker den "Leidenfrost-Effekt" nennen. Wenn zwischen zwei Substanzen ein wesentlicher Temperaturunterschied besteht und die kühlere Substanz flüssig ist oder Flüssigkeit enthält, bildet sich eine dünne isolierende Dampfschicht, die den Wärmeaustausch bedeutend reduziert. Alle Informationen, die ich habe, sprechen dafür, daß jeder 1,5 Sekunden lang und drei Meter weit über Kohlen laufen kann, mit oder ohne 'evangelistische' Vorbereitung — nur denken sehr wenige Leute, daß sie dies tun können. Frau: Manche Leute haben Überzeugungen, die ihr Verhalten nicht sehr zu beeinflussen scheinen. Mein Boss, zum Beispiel, spricht immer davon, daß die Menschen nett zueinander sein sollten — er selbst ist aber zu seinen Mitmenschen meistens ziemlich gemein. Wie erklären Sie das? Ich versuche, zu verstehen, wie die Dinge funktionieren, nicht, sie zu "erklären". Es gibt mehrere Möglichkeiten. Einmal ist es möglich, daß er an seine Überzeugung selbst nicht richtig glaubt, auch wenn er davon spricht. Viele "Intellektuelle" haben solche Überzeugungen, die auf ihr Verhalten keinen Einfluß haben. In diesem Fall könnten Sie das Glaubensveränderungsmuster benutzen, um seine Überzeugung so zu verändern, daß sie subjektiv wirklichkeitsnah genug ist, um sich auf sein Verhalten auszuwirken. Es ist weiterhin möglich, daß seine Überzeugung wirklichkeitsnah, jedoch selektiv ist: andere Menschen sollen nett zu ihm sein, er jedoch muß nicht nett zu ihnen sein, da er etwas Besonderes ist. Könige, Diktatoren und einige Filmstars verhalten sich so. Überzeugungen beziehen sich nicht immer auf Gegenseitigkeit. Eine dritte Möglichkeit könnte sein, daß die Überzeugung Ihres Chefs wirklichkeitsnah ist und sich auf Gegenseitigkeit bezieht, daß jedoch seine Definition von "Nettsein" Ihnen "gemein" erscheint. In den sechziger Jahren pflegten viele humanistische Psychologen jedermann viel zu heftig zu umarmen, weil sie glaubten, das sei eine tolle Sache, ohne wahrzunehmen, ob der "Umarmte" dies schön fand oder nicht. Sie liefen auch herum und beleidigten andere Leute, weil sie es für eine gute Sache hielten, immer ehrlich zu sein und die Wahrheit zu sagen. Auch die Kreuzzügler glaubten, daß die Rettung von Seelen eine wichtige Angelegenheit sei, und es kümmerte sie wenig, wenn sie zu diesem Zweck manchmal auch den Körper töten mußten. Der Prozeß der Glaubensveränderung ist relativ einfach zu bewerkstelligen, solange die betreffende Person einverstanden ist. Schwieriger

ist es, wenn diese Person ihre Überzeugung nicht verändern will. Ich habe auch vorausgesetzt, daß Sie eine Überzeugung, deren Veränderung lohnend erscheint, überhaupt erkennen können. Manchmal ist dies nicht so offensichtlich, und es bedarf einer Menge Arbeit, um festzustellen, welche Überzeugung einen Menschen einschränkt. Häufig ist die Überzeugung, die jemand etwas verändern möchte, gar nicht diejenige, die sein Verhalten tatsächlich einschränkt. Es ist mein Hauptziel, Ihnen den Prozeß beizubringen, den Sie anwenden können, um eine Überzeugung zu verändern. Wichtig ist jedoch auch der Inhalt, den man einer Überzeugung zuschreibt. Deshalb bat ich Sie, auf jeden Fall eine "ökologische Überprüfung" durchzuführen, den neuen Glauben als Prozeß und nicht als Ziel und diesen Prozeß in positiven Begriffen zu formulieren. Ich bat Sie, den Prozeß zur Veränderung von Glauben ohne Kenntnis des Inhalts vorzunehmen, da ich wußte, daß sich einige von Ihnen in den Inhalten verirren und dadurch Schwierigkeiten beim Erlernen des Prozesses bekommen würden. Nachdem Sie diesen Prozeß gründlich erlernt haben, werden Sie sich nicht mehr so einfach im Inhalt verheddern. Wenn Sie mit Klienten arbeiten, ist es sinnvoll, etwas über den Inhalt zu wissen, damit Sie sich vergewissern können, daß die neue Überzeugung positiv formuliert ist, es sich um einen Prozeß und nicht um ein Ziel handelt und daß es sich als ökologisch erweisen wird. Überzeugungen sind sehr mächtige Dinge. Wenn man sie verändert, kann dies einen sehr positiven Effekt haben. Wenn man aber eine falsche Überzeugung einführt, kann dies auch großen Schaden anrichten. Ich möchte, daß Sie sehr vorsichtig mit den neuen Überzeugungen umgehen, die Sie bei Leuten einführen.

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Lernen

Ich finde es immer interessant, wenn Leute über einen unwichtigen Punkt diskutieren und dann sagen: "Das ist akademisch". John Grinder und ich wurden gezwungen, unsere Lehrtätigkeit an der Universität von Kalifornien zu beenden, weil wir den Studenten beibrachten, bei vielen Dingen in ihrem Leben praktisch zu handeln. So lautete der Vorwurf gegen uns. Man sagte, die Universität sei dazu da, Menschen etwas über die Dinge zu lehren. Als ich Student war, war ich nur in den Kursen über Psychologie und Öffentliches Sprechen schlecht. In Psychologie fiel ich durch, und in Öffentlichem Sprechen bekam ich eine Fünf. Ist das nicht ein Witz? NLP ist meine Rache. Bei meinen Begegnungen mit Lehrenden fiel mir auf, daß Leute, die ein Fach lehren, darin sehr gut sein können und eine Menge über das betreffende Gebiet wissen. Meistens wissen sie jedoch nur sehr wenig darüber, wie sie es gelernt haben, und sie wissen noch weniger darüber, wie sie es anderen beibringen können. Ich ging einmal in eine Chemievorlesung für Anfänger. Der Professor stellte sich vor 350 Leuten hin und sagte: "Ich bitte Sie, sich hier einen Spiegel vorzustellen und davor eine DNS-Doppelhelix, die sich rückwärts dreht." Einige Leute im Raum sagten: "Ahhh!" Die wurden später Chemiker. Einige Leute sagten: "Waas?" Diese wurden keine Chemiker. Einige Leute sagten: "Oh je!" Die wurden später Therapeuten! Dieser Professor hatte keine Ahnung davon, daß die meisten Leute nicht so detailliert visualisieren können wie er. Diese Art der Visualisierung ist eine Grundvoraussetzung für den Beruf als Chemiker, und sie ist eine Fertigkeit, die man Leuten beibringen kann, die noch nicht gut visualisieren können. Da dieser Professor aber voraussetzte, daß alle anderen seine besondere Fähigkeit auch schon besäßen, vergeudete er mit den meisten Studenten dieser Klasse nur seine Zeit. Die meisten bisherigen Untersuchungen über den Lernprozeß sind "objektiv" gewesen. NLP hingegen erforscht die subjektive Erfahrung des Prozesses, durch den Menschen lernen. "Objektive" Studien unter-

suchen gewöhnlich Menschen, die das Problem haben; NLP untersucht die subjektive Erfahrung von Menschen, die die Lösung haben. Wenn man Legasthenie untersucht, erfährt man viel über Legasthenie. Wenn man aber Kindern das Lesen beibringen will, ist es sinnvoll, Leute zu untersuchen, die gut lesen können. Als wir den Namen "neurolinguistisches Programmieren" erfanden, sagten viele Leute: "Das klingt wie 'Gedankenkontrolle'", als ob das etwas Schlechtes sei. Ich sagte: "Ja, natürlich!" Wenn man tatsächlich nicht beginnt, sein eigenes Gehirn zu kontrollieren und zu benutzen, muß man alles dem Zufall überlassen. So ähnlich sieht auch unser Bildungssystem aus. Zwölf Jahre lang halten sie dir die Bildungsinhalte vor die Nase, und falls du sie erlernt hast, behaupten sie, daß sie es dir alles beigebracht haben.

"Schulphobien" Eines der eindringlichsten Probleme ist die Tatsache, daß viele Kinder mit der Schule schon schlechte Erfahrung gemacht haben. Deshalb wird ein bestimmtes Fach oder die Schule allgemein zu einem Reizthema, das bestimmte Erinnerungen weckt, die bei einem Kind unangenehme Empfindungen hervorrufen. Außerdem, falls Sie das noch nicht bemerkt haben, lernen die Menschen nicht sehr viel, wenn sie sich schlecht fühlen. Wenn die Reaktion eines Schülers sehr stark ist, nennen die Psychologen dies sogar "Schulphobie". Das Auftauchen schlechter Gefühle als Reaktion auf Schulsituationen kann man sehr schnell mit Hilfe verschiedener Techniken verändern, die wir früher beschrieben und vorgeführt haben; ich möchte Ihnen aber noch eine andere sehr einfache Methode zeigen. Bei vielen von Ihnen ruft Mathematik schlechte Gefühle hervor — Brüche, Wurzeln, quadratische Gleichungen und Ähnliches? (Er schreibt eine lange Reihe von Gleichungen an die Tafel, und zahlreiche Leute stöhnen oder seufzen.) Schließen Sie jetzt Ihre Augen und denken Sie an eine Erfahrung, die absolut fantastisch war — eine Situation, in der Sie begeistert und neugierig waren. Öffnen Sie nun Ihre Augen für ein oder zwei Sekunden, schauen diese Gleichungen an und kehren dann zu jener fabelhaften Situation zurück. Öffnen Sie jetzt Ihre Augen und schauen die Gleichungen einige Sekunden länger an und kehren dann zu Ihrer aufregenden Situation zurück. Wechseln Sie noch ein paarmal hin und her, bis diese beiden Erfahrungen gründlich integriert sind.

Jetzt ist es Zeit, zu testen. Schauen Sie zunächst weg und denken Sie an irgendeine Erfahrung, die ein neutrales Gefühl in Ihnen hervorruft....schauen Sie dann die Gleichungen hier oben an und registrieren Sie Ihre Reaktion. Mann: Mein Gott, es funktioniert! Dies ist übrigens eine alte NLP-Methode, die wir "Anker- Integrieren" nennen. Wenn Sie mehr darüber wissen wollen, lesen Sie: "Neue Wege der Kurzzeit-Therapie". Es ist möglich, die meisten schlechten Reaktionen auf Schulsituationen leicht und schnell zu verändern, man muß dazu aber wissen, wie das Gehirn funktioniert. Ein phantasievollerer Weg, das gleiche Prinzip anzuwenden, besteht darin, Lernen von Anfang an immer mit Spaß und Freude zu verbinden. In den meisten Schulen läßt man die Kinder in ordentlichen, ruhigen Reihen stillsitzen. Ich frage immer: "Wie lange noch, bis die Kinder lachen, herumlaufen und Spaß haben dürfen?" Wenn Langeweile und Unbehagen mit Lernen assoziiert werden, dann ist es kein Wunder, daß niemand Lust dazu hat. Ein großer Vorteil des computergestützten Unterrichts liegt darin, daß die meisten Computer eine angenehmere Gesellschaft darstellen als die Lehrer. Computer haben unendliche Geduld und putzen die Kinder nie so herunter, wie viele Lehrer das tun.

Erinnern Noch ein großes Problem für Schüler besteht darin, das zu behalten, was sie in der Schule gelernt haben. Ein großer Teil der sogenannten Bildung besteht lediglich aus Auswendiglernen. Das ändert sich jetzt ein wenig. Lehrer erkennen allmählich, daß die Menge der Informationen so riesig ist, sich so schnell vermehrt und sich so rasch verändert, daß Auswendiglernen nicht mehr annähernd so wichtig ist wie früher. Heutzutage ist es viel wichtiger, in der Lage zu sein, an Fakten heranzukommen, wenn man sie braucht, sie zu benutzen und dann zu vergessen. Allerdings muß man in der Lage sein, sich zu erinnern, wie das gemacht wird. Eine Eigenschaft von Gedächtnis hat Ähnlichkeit mit dem, was wir gerade diskutiert haben: Ist die Erinnerung mit einer angenehmen oder einer unangenehmen Erfahrung verbunden? Um sich an etwas zu erinnern, muß man sich in den Bewußtseinszustand zurückversetzen, in dem man die Information erhielt. So funktioniert Gedächtnis. Falls Sie jemanden ärgern oder unglücklich machen, wenn Sie ihn bitten, etwas für Sie zu erledigen, muß er sich in die gleiche Gefühlslage zurückver-

setzen, um die Angelegenheit zu erinnern. Da er sich aber nicht schlecht fühlen möchte, ist es sehr unwahrscheinlich, daß er sich erinnern wird. Deshalb haben die meisten von uns eine totale Amnesie für die 12 oder 16 Jahre Schule. Ich kann mich noch nicht einmal an die Namen der Lehrer erinnern, geschweige denn an all das, was sie mir beizubringen versuchten, oder an irgendwelche besonderen Ereignisse. Aber an den letzten Schultag kann ich mich gut erinnern! Wie heißen Sie? Frau: Lydia. Sie haben Ihr Namensschild vergessen. Ich kann mich nur an Namen erinnern, indem ich Namensschilder bei den betreffenden Leuten halluziniere. Immer wenn ich Leute treffe, schaue ich auf deren linke Brust; die Leute denken inzwischen, ich sei pervers. Ich habe mal bei der Firma Xerox Seminare geleitet und habe die Leute ständig "Xerox" genannt, weil sie alle diese Schilder trugen. So ist das einfach; Ihr Gehirn lernt etwas, und wenn es merkt, daß es nutzlos ist, macht es trotzdem weiter. Lydia, wenn Sie Ihr Namensschild vergessen, werde ich denken, daß Sie sich in dieses Seminar eingeschlichen haben, und ich werde gewisse Suggestionen in Ihnen verankern..., die Sie für den Rest Ihres Lebens beibehalten werden. Wenn Sie ein Schild tragen, tue ich das nicht. Dann erhalten Sie nur Suggestionen, die lediglich kurze Zeit wirksam sind. Lydia, ich werde Ihnen eine Zahl sagen: 357. Nun möchte ich, daß Sie die Zahl vergessen, die ich Ihnen gerade gesagt habe. Haben Sie sie schon vergessen? (Nein.) Wenn Sie eine Zahl, die keine Bedeutung hat, nicht vergessen können, wie konnten Sie dann Ihr Namensschild vergessen oder bedeutende Lerninhalte eines Seminars? Haben Sie sie schon vergessen? (Nein.) Also, wie ist es möglich, daß Sie etwas, das keine Bedeutung hat, nicht vergessen können? Lydia: Wenn wir noch länger darüber reden, werde ich sie noch besser behalten. Es ist völlig gleichgültig, ob es wichtig ist oder nicht. Gerade weil Sie mich bitten, sie zu vergessen, werde ich sie nicht vergessen. Das ist einleuchtend. Haben Sie gesehen, wie viele Leute genickt haben, als Sie das sagten? "Ja, ja, Sie haben mich gebeten, das zu vergessen, deshalb muß ich es erinnern. Es ist zwar nicht von Bedeutung, aber wir sprechen darüber. Wenn Sie mich bitten, etwas zu vergessen, das unwichtig ist, über das wir aber lange gesprochen haben, so muß ich es im Gedächtnis behalten." Das ist bizarr, nicht wahr? Aber sie hat recht. Es klingt seltsam, doch auch wenn es seltsam klingt, wissen Sie, daß sie recht hat. Wenn sie das sagt, ist das genauso seltsam, wie wenn sie

es tut. Psychologen aber ignorieren das, als ob es nicht von Bedeutung wäre, und erforschen weiterhin Dinge wie "Ödipuskomplexe" und viele andere eigenartige Dinge. Statt zu untersuchen, wie Leute sich an Dinge erinnern, untersuchen Psychologen, wie "tief" die Trance war, in der sich jemand befand. Das ist die Metapher, bei der Trance ein Loch ist, in das man hineinfällt — je tiefer, desto wertvoller! Die Leute, die von "Bewußtseinsebenen" sprechen, sehen das anders; sie glauben, es sei besser, sich in die Höhe zu bewegen, nicht in die Tiefe. Wenn ich nicht lange darüber gesprochen hätte und genau auf die richtige Art, hätte Lydia die Zahl mit nur drei Ziffern vergessen können. Sie kann ihr Namensschild vergessen, obwohl man ihr gesagt hat, daß es wichtig ist. Viele von Ihnen versuchen, andere Menschen dazu zu bewegen, Dinge zu erinnern. Wie viele von Ihnen sprechen mit anderen Menschen über Dinge, die wichtig sind, und trotzdem vergessen sie, was Sie gesagt haben? Und Sie dachten, das sei deren Schuld! Erinnern Sie sich daran, wenn Sie möchten, daß ein anderer sich an etwas erinnert. Abgesehen von der Mißhandlung von Ratten haben Psychologen wahrscheinlich mehr Zeit mit der Erforschung des Gedächtnisses verbracht als mit irgendeinem anderen Gegenstand. Sie sind jedoch nie wirklich dahintergekommen, wie im Sinne der subjektiven Erfahrung die Menschen das machen. Wie viele von Ihnen haben Schwierigkeiten, Telefonnummern zu behalten? Die meisten machen es wahrscheinlich auditiv, indem sie die Zahlen leise vor sich hersagen. Den meisten von Ihnen wurde das Einmaleins wahrscheinlich auch auditiv durch wiederholtes Aufsagen beigebracht. Selbst wenn dies funktioniert, ist es eine sehr langsame Methode, da man sich all diese Wörter aufsagen muß, um die Antwort zu erhalten. "Neun, sieben, drei.... null, vier, sechs, acht"; "Neun mal sechs ist vierundfünfzig." Viele Informationen kann man sich viel effektiver visuell merken als auditiv: 973-0468, 9 x 6 = 54. Wenn man visuell erinnert, taucht das gesamte Bild sofort vor dem inneren Auge auf, und man geht dann einfach zu der benötigten Information und liest sie oder schreibt sie ab. Viele Kinder, die als "lernbehindert" gelten, merken sich Dinge lediglich auditiv statt visuell. Wenn man sich ein oder zwei Stunden Zeit nimmt, um ihnen beizubringen, wie sie es visuell machen können, lernen sie sehr viel schneller. Andererseits versuchen manche Leute, Musik durch Bilder oder Gefühle zu erinnern, statt die Töne zu hören. Es geht also immer darum, sich auf eine Art zu erinnern, die zu dem paßt, was man behalten möchte.

Eine weitere gute Methode, ein sehr schlechtes Gedächtnis zu haben, besteht darin, etwas völlig Irrelevantes mit dem Erinnern zu verbinden. Wenn Sie sich immer wieder sagen: "Ich muß die Telefonnummer behalten", werden Sie den Satz behalten, nicht aber die Telefonnummer! Viele Leute machen es so ähnlich und wundern sich dann, warum sie solch ein "schlechtes Gedächtnis" haben. Ihr Gedächtnis ist tatsächlich ausgezeichnet; sie benutzen es bloß dazu, sich an idiotische Dinge zu erinnern. Wenn man Leute untersucht, die ein phänomenales Gedächtnis haben, entdeckt man, daß sie einige sehr interessante Dinge tun. Ein Mann, der ein ausgezeichnetes Gedächtnis hat, unterlegt alle seine Bilder mit Untertiteln. Er bedruckt seine Bilder tatsächlich mit Wörtern, die beschreiben, worum es in dem Bild geht. Diese kurze verbale Beschreibung kodiert und kategorisiert die Erinnerung, so daß es einfach ist, darauf zurückzugreifen. Das ist so, als ob man einen Film mit einem Titel versieht, so daß man nur kurz den Titel ansehen muß, um zu wissen, worum es geht, ohne den ganzen Film anschauen zu müssen. In der Computerbranche nennt man das ,,drop tag code" - etwas, das willkürlich, jedoch kennzeichnend ist, das sich auf dieses und auf jenes bezieht und beides miteinander verbindet. In einem Seminar hatten wir mal eine Frau, der schnell hintereinander fünfundvierzig Leute mit Vor- und Nachnamen vorgestellt wurden. Mehr brauchte sie nicht, um alle Namen zu erinnern. Ich habe Harry Lorayne, den berühmten amerikanischen Gedächtniskünstler, im Fernsehen gesehen, als er das gleiche mit dreihundert Leuten tat. Wenn dieser Frau jemand vorgestellt wurde, konzentrierte sie sich auf etwas, das ihr sehr auffiel — die Form der Nase etwa, Hautfärbung, Kinn, oder was ihr sonst bei der betreffenden Person als einzigartig auffiel. Wenn sie dann den Namen der Person hörte, konzentrierte sie sich weiterhin auf dieses herausragende Merkmal, wodurch die beiden miteinander verbunden wurden. Sie testete sich sogar rasch, indem sie kurz wegschaute, dieses einzigartige Merkmal visualisierte und auf den Namen lauschte, um sich zu vergewissern, daß die Verbindung hergestellt war. Ich mag es, wenn Leute Namensschilder tragen; so muß ich mich damit nicht belasten. Dies ist jedoch eine sehr nützliche Begabung, die man Verkäufern beibringen könnte. Sie haben oft mit sehr vielen Menschen zu tun, und es wird als wichtig angesehen, sich an die Namen der Leute zu erinnern, um persönlich und zuvorkommend mit ihnen umgehen zu können. Wenn man vorwiegend telefonisch mit Leuten zu tun hat, funktioniert diese visuelle Methode nicht. Man kann sie jedoch leicht an die

auditive Methode anpassen: wenn man den Namen der betreffenden Person hört, merkt man sich eine Besonderheit im Tonfall oder der Sprechgeschwindigkeit und hört von da ab den Namen verbunden mit diesem besonderen Kennzeichen. Ausgesprochen visuelle Menschen ziehen es vielleicht vor, den Namen auch noch vor sich zu sehen, wenn sie ihn hören. Man kann eine Erinnerungsstrategie immer auf diese Weise anpassen, so daß sie auf den Inhalt oder auf die speziellen Fähigkeiten eines Menschen zugeschnitten ist, der sich an etwas erinnern möchte. Wenn Sie sich ganz dringend an einen Namen erinnern wollen, verbinden Sie ihn mit einem herausragenden Merkmal in allen drei Repräsentationssystemen: auditiv, visuell und kinästhetisch. Während Sie den Klang des Namens mit dem zugehörigen Tonfall hören, achten Sie beim Anblick der Person auf etwas, das besonders kennzeichnend ist, und nehmen das spezielle Gefühl beim Händeschütteln wahr. Da Ihnen das einen "drop tag code" bzw. "Aufhänger" in jedem Hauptsystem schafft, verfügen Sie über drei verschiedene Erinnerungsmöglichkeiten. Einen weiteren Weg zu einem "guten Gedächtnis" stellt die Fähigkeit dar, mit dem, was man sich tatsächlich merkt, so effizient und ökonomisch wie möglich umzugehen und das, was man bereits weiß, möglichst viel zu benutzen. Wenn Sie zum Beispiel Ihre Schlüssel immer in Ihre vordere rechte Tasche stecken, brauchen Sie sich das nur einmal zu merken. Jemand, der seine Schlüssel an vielen verschiedenen Stellen aufbewahrt, muß sich hingegen täglich vier- oder fünfmal erinnern, statt ein einziges Mal im Leben. Einer unserer Schüler besitzt mehrere Unternehmen und muß sehr viele Unterlagen und Papiere einordnen. Wenn etwas eingeordnet werden muß, fragt er sich jedesmal: "Wo würde ich danach suchen, wenn ich es brauche?" und bewegt sich auf den Aktenschrank zu. Während er dies tut, erscheint vor seinem geistigen Auge das Bild eines bestimmten Aktenordners, und er legt die Akte dann dort ab. Diese Methode macht Gebrauch von dem, was er bereits weiß, um seine Akten zu ordnen; er muß deshalb selten etwas Neues im Gedächtnis speichern. Mit jedem Einordnen dieser Akte stärkt er die bereits existierende Verbindung zwischen dieser und dem Aktenordner, wodurch das System mit jeder Benutzung verläßlicher wird. Man kann diese beiden Beispiele so verstehen, daß sie eine Situation schafffen, in der man so wenig wie möglich erinnern muß. Es gibt noch ein weiteres Beispiel. Schauen Sie die folgende Zahlenreihe einen kurzen Augenblick an, schauen dann weg und sehen mal, an wieviel Sie sich erinnern können 149162536496481100

Schauen Sie nun lange genug hin, so daß Sie die Zahlen immer noch wissen, wenn Sie wegschauen. Wenn Sie dies tatsächlich versucht haben, haben Sie wahrscheinlich begonnen, die Zahlen in Gruppen von zwei oder drei zu unterteilen, um die Aufgabe zu strukturieren und dadurch das Erinnern zu erleichtern: 14,91,62,53,64,96,48,11,00 oder 149,162,536,496,481,100 Diesen Prozeß nennen wir "chunking" ("Zerlegen", Anm. d. Übers.): die Aufteilung einer großen Aufgabe in kleinere, besser zu handhabende Stücke. Unter Geschäftsleuten gibt es einen alten Witz: "Wie ißt man einen Elefanten?" Die Antwort lautet: "Einen Bissen nach dem anderen." Wie lange, glauben Sie, können Sie die Zahl zum jetzigen Zeitpunkt behalten? — eine Stunde? — einen Tag? — eine Woche? Jetzt wollen wir die Zahl ein wenig anders zerlegen. Kommt Ihnen dies irgendwie bekannt vor? 1 4 9 16 25 36 49 64 81 100 Wir können dieselbe Zahlengruppe etwas anders schreiben, nämlich als Quadrat-Zahlen: 12 22 32 42 52 62 72 82 92 102 Nunmehr ist offensichtlich, daß die Zahl, von der wir ausgingen, die quadratischen Zahlen von eins bis zehn darstellt, die miteinander als Zahlenreihe verbunden wurden. Nachdem Sie das wissen, können Sie diese Zahl ohne Schwierigkeiten die nächsten zehn oder zwanzig Jahre behalten. Wodurch wird das so einfach? Sie müssen sehr viel weniger im Gedächtnis behalten, und es wird alles durch Dinge kodiert, die Sie bisher schon im Gedächtnis haben. Darum geht es bei der Mathematik und den Naturwissenschaften — sie kodieren die Welt auf effiziente und elegante Weise, so daß man weniger Gedächtnisleistungen erbringen muß. Das schafft dem Gehirn Freiraum, um andere Dinge zu leisten, die interessanter und erfreulicher sind. Dies ist nur eine Auswahl der Strategien, die das Erinnern erleichtern und beschleunigen. Leider werden sie in Schulen und Ausbildungsstätten bisher kaum angewendet.

"Lernbehinderungen" Wenn man hinreichend viele Bücher geschrieben hat, gibt es eine ganz angenehme Nebenwirkung. Die Leute erlauben es einem dann

nämlich, Dinge zu tun, die man immer schon tun wollte, aber nicht durfte. Gewöhnlich erinnert man sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr genau, um welche Dinge es sich dabei handelt. Ich hatte mir allerdings einige Notizen gemacht. Als ich darum gebeten wurde, für einen Schulbezirk zu arbeiten, gab es ein paar Dinge, die ich gerne angehen wollte. Dazu gehörten diese ganzen Angelegenheiten wie "Lernbehinderung", "minimale Hirnschädigung", "Legasthenie" oder "Erziehungsschwierigkeiten". Diese Worte klingen sehr bedeutungsvoll, drücken jedoch nur aus, daß die Lehrmethoden nicht funktionieren. Wenn ein Kind nicht lernt, sind die Experten schnell mit der Diagnose "Lernbehinderung" bei der Hand — sie sagen jedoch nie genau, wer behindert ist! Vielleicht ist Ihnen auch schon aufgefallen, daß sie nie von einer "Lehrbehinderung" sprechen! Es wird immer vorausgesetzt, daß die Gründe des Versagens in einer Schwäche oder Beschädigung des kindlichen Gehirns liegt, oft hervorgerufen durch vermeintliche genetische Ursachen. Wenn Leute nicht wissen, wie sie etwas verändern können, beginnen sie oft, nach Wegen zu suchen, das Versagen zu rechtfertigen, statt sich Gedanken darüber zu machen, wie sie die Sachen anders anpacken könnten, um zum gewünschten Erfolg zu kommen. Wenn man annimmt, daß ein Kind einen trägen Temporallappen hat, kann man so lange nichts dagegen tun, bis die chirurgische Gehirnübertragung ausgereift ist! Ich ziehe es vor, Versagen nicht auf diese Weise zu begründen. Ich betrachte es lieber als "Lehrbehinderung" und räume damit wenigstens die Möglichkeit ein, daß wir lernen könnten, diese Behinderung zu beeinflussen. Wenn wir so tun, als könnten wir jedem Menschen alles beibringen, werden wir herausfinden, wo dies (noch) nicht zutrifft. Wenn wir aber annehmen, daß jemandem, der nicht lernt, nichts beigebracht werden kann, wird niemand auch nur einen Versuch wagen. Im vorigen Jahrhundert war es allgemein bekannt, daß der Mensch nicht fliegen konnte. Als dann Flugzeuge etwas Alltägliches wurden, hielten die meisten Leute es für unmöglich, daß der Mensch auf den Mond fliegen könnte. Wenn man dagegen die Einstellung hat, daß alles möglich ist, wird man merken, daß viele Dinge, die bisher für unmöglich gehalten wurden, tatsächlich möglich werden. Das ganze Konzept der "Lernbehinderung" beruht im wesentlichen auf den alten Gehirntrauma-Studien, die von einem etwas primitiven Verständnis der Hirnfunktion ausgingen: Man könne herausbekommen, wie etwas funktioniert, indem man beobachtet, was passiert, wenn es beschädigt ist. Man stellte eine Beschädigung eines Gehirnareals fest bei jemandem, der nicht sprechen konnte, und behauptete

dann: "Dort sitzt das Sprachzentrum." Mit derselben Logik kann man einen Draht in einem Fernsehapparat durchschneiden, feststellen, daß das Bild zur Seite kippt, und dann schlußfolgern: "In dem Draht sitzt die Bildzentrierung." Tausende von Drähten, Verbindungen und Transistoren in einem sehr komplexen und unabhängigen System sind nötig, um das Bild zu zentrieren, und das Gehirn ist sehr viel komplexer als ein Fernsehapparat. Bei manchen der primitiveren Gehirnarealen gibt es tatsächlich ein gewisses Maß an funktionaler Spezifität. Es ist jedoch seit Jahren bekannt, daß ein kleines Kind nach Verlust einer ganzen Gehirnhälfte alles nochmals auf der übriggebliebenen Seite tadellos lernen kann. Neuere Forschungsergebnisse werfen einen großen Teil des alten neurologischen Dogmas über den Haufen. In einer Studie der ComputerTomographie fand man einen Universitätsabsolventen mit einem I.Q. von 120, dessen Gehirnkammern eine derartige Vergrößerung aufwiesen, daß seine Hirnrinde nur einen Zentimeter dick war! Der überwiegende Teil seines Schädels war mit Flüssigkeit gefüllt, und nach dem herrschenden Dogma dürfte er nicht einmal imstande gewesen sein, morgens aufzustehen, geschweige denn auf die Universität zu gehen! Ein weiteres altes Dogma besagt, daß bei den Säugetieren keine neuen Nervenzellen nach der Geburt gebildet werden. Letztes Jahr fand man heraus, daß die Anzahl von Neuronen in der Gehirnpartie des männlichen Kanarienvogels, die für das Singen zuständig ist, sich jeden Frühling verdoppelt und dann im Laufe des Jahres wieder auf die Hälfte zurückgeht. In einer anderen Studie stellten sie folgendes fest: wenn einem Affen ein Finger entfernt wird, wird der Teil des Gehirns, der früher mit dem fehlenden Finger verbunden war, nach ein paar Wochen von den benachbarten Fingern benutzt. Hierdurch werden die intakt gebliebenen Finger noch empfindlicher als vorher. Alle neueren Entdeckungen weisen darauf hin, daß das Gehirn viel flexibler und anpassungsfähiger ist, als wir früher gedacht hatten. Noch nie gefiel mir die Vorstellung, daß Kinder "lernbehindert" seien, da ich nie der Meinung war, daß die Fähigkeit zu lesen primär eine erbliche Angelegenheit sei. Ein Kind kann innerhalb von drei Jahren das Sprechen lernen, sogar im Dschungel ohne promovierte Eltern. Warum sollte es zehn Jahre dauern, dem Kind beizubringen, die gleichen Dinge zu lesen, die es bereits sagen kann. Kinder in den Ghettos können drei Sprachen auf einmal lernen, und sie können auch lernen, allerlei Dinge in Geheimcodes zu schreiben. Aber die Art und Weise, wie solche Dinge in den Schulen gelehrt werden, führt dazu, daß man-

che Kinder das Lesenlernen nicht schaffen. Manche von Ihnen erinnern sich an Schulstunden, wo Sie kaum etwas gelernt haben, da das Material in einer derart grauenhaften Weise präsentiert wurde. Lesenlernen ist wirklich nicht besonders schwer. Man muß lediglich das Bild des betreffenden Wortes mit dem Klang des Wortes verbinden, welches man schon kennt. Wenn Sie das gesprochene Wort kennen, haben sie dessen Klang bereits mit einer Erfahrung seiner Bedeutung assoziiert. Als Sie noch ein Kind waren, haben Sie wahrscheinlich ziemlich früh gelernt, daß das Wort "Katze" ein kleines weiches bewegliches Ding darstellt, das Krallen hat und miaut. In Ihrem Gehirn geht das so vor sich, daß Sie beim Hören des Wortes "Katze" gleichzeitig Ihre Erfahrung damit, wie eine Katze aussieht, welche Geräusche sie macht und wie sie sich anfühlt, ins Gedächtnis rufen. Wenn jemand das Wort sagt, ist diese Erfahrung dann in Ihrem Bewußtsein, und wenn Sie eine Katze sehen, hören oder fühlen, ist der Klang des Wortes präsent. Beim Lesen wird lediglich ein Bild des Wortes zu dem hinzugefügt, was Sie bereits wissen. Wenn Sie das Wort "Hund" sehen, ruft das bei Ihnen einen anderen Klang und ein anderes Bild hervor, als wenn Sie das Wort "Katze" sehen. Das sieht recht einfach aus, und so ist es auch. Trotzdem ist eine enorme Menge an Geschwafel über Leseschwierigkeiten geschrieben worden, und es wird ein Riesenaufwand bei dem Versuch getrieben, Leseprobleme zu lösen. Im Gegensatz dazu gibt es zum Beispiel in Denver eine Gruppe von Leuten, die in NLP ausgebildet sind, die sich mit allen möglichen Ausbildungsproblemen beschäftigen. Sie garantieren, daß sie in acht einstündigen Sitzungen das Lesevermögen eines Kindes, beurteilt durch Standardtests, um mindestens eine Note verbessern werden. Meist können sie in kürzerer Zeit noch viel mehr erreichen. In den letzten Jahren konnten sie nur einmal ihr Versprechen nicht einlösen. Ihre einzige Vorbedingung ist, daß das Kind eine normale Augenmuskelfunktion haben muß, damit es sehen kann, was es zu lesen versucht.

Medikamente Eine weitere Angelegenheit, um die ich mich im Schulsystem kümmern wollte, war die weitverbreitete Angewohnheit, hyperaktiven Kindern, die nicht für längere Zeit auf ihren Schulbänken stillsitzen konnten, Medikamente wie "Ritalin" (ein amphetaminhaltiges Arzneimittel, Anm. d. Übers.) zu verschreiben. Ritalin macht die Kinder langsamer, damit der Lehrer mit ihnen Schritt halten kann. Man rechtfertigt die Gabe dieser Medikamente an solche Kinder immer mit dem

Argument, daß die Medikamente harmlos seien. Ritalin hat die interessante Eigenschaft, hyperaktive Kinder zu dämpfen, Erwachsene jedoch durch seinen amphetaminartigen Effekt zu stimulieren und dadurch ihre Handlungen zu beschleunigen. Als ich dann mit den Leuten des betreffenden Schulbezirks sprach, sagte ich folgendes: "Dieses Ritalin, das Sie den Kindern geben, macht sie langsamer, aber es hat einen beschleunigenden Effekt auf Erwachsene, nicht wahr? Und Sie sind alle der festen Überzeugung, daß es völlig sicher und ohne schädliche Nebenwirkungen ist, richtig? Gut, dann mache ich Ihnen einen Vorschlag, der Ihnen eine Menge Geld ersparen wird. Hören Sie auf, das Zeug den Kindern zu geben, und geben Sie es stattdessen den Lehrern, damit sie schneller werden und mit den Kindern Schritt halten können." Die Leute waren in ihrer eigenen Logik gefangen, aber der Vorschlag behagte ihnen trotzdem nicht. Versuchen Sie mal, das an Ihrer Schule vorzuschlagen, und schauen Sie mal, wie viele von diesen "lernbehinderten Lehrern" bereit sind, ein "völlig harmloses Medikament" einzunehmen. Das gleiche Phänomen ist bei Psychiatern zu beobachten: Sie verschreiben anderen Psychiatern, wenn diese im Krankenhaus sind, fast nie Psychopharmaka. Nachdem man dreißig Jahre lang Phenothiazine verschrieben hat, hat man jetzt herausgefunden, daß diese Medikamente später im Leben eine Krankheit namens "Spätdyskinesie" hervorrufen. Dies wirkt sich auf die Muskulatur aus, so daß man überall zittert und Schwierigkeiten hat, zu gehen oder eine Teetasse zu halten. Frau: Ich bin Lehrerin und hatte gerade letzte Woche eine Konferenz mit einem Diagnostiker, einer Krankenschwester und einem anderen Lehrer. Die Schwester sagte: "Ich bin der Meinung, daß wir diesem Kind Medikamente verschreiben sollten", und die anderen nickten dazu. Ich wurde richtig wütend und sagte: "Es ist kaum zu glauben — wir sorgen uns alle so sehr um Drogenprobleme, und Sie schlagen vor, diesem Kind Medikamente zu geben! Würden Sie gerne Medikamente nehmen?" Der Diagnostiker sagte: "Ich nehme jeden Abend Medikamente zur Beruhigung." Und der andere Lehrer sagte: "Ich auch." Und die Schwester sagte:,, Ich nehme jeden Tag Valium." Ich konnte es gar nicht glauben — es hat mich so schockiert, daß ich ganz sprachlos war. Ja, selbst Medikamente einzunehmen ist etwas völlig anderes, als sie einem anderen aufzuzwingen. Ich finde, die Leute sollten ihre Medikamente selbst aussuchen. Wirklich traurig ist jedoch, daß die meisten Probleme, deretwegen Leute Medikamente einnehmen, durch die Anwendung von NLP so leicht zu verändern sind. Jeder, der eine NLPGrundausbildung hat, sollte in der Lage sein, innerhalb einer halben

Stunde eine Schulphobie in Ordnung zu bringen, und den meisten Menschen, die Rechtschreibschwierigkeiten haben, kann man innerhalb von ein oder zwei Stunden gute Rechtschreibfähigkeiten beibringen. Man muß jedoch etwas auf der Hut sein. NLP wird inzwischen sehr bekannt, und viele unqualifizierte Leute behaupten, sie hätten eine NLP-Ausbildung. Es gibt sogar ein paar Leute, die behaupten, sie seien "der führende NLP-Trainer", obwohl sie nur ein einziges Training mitgemacht haben! So etwas ist immer dann zu verzeichnen, wenn eine sehr erfolgreiche Methode von sich reden macht, deshalb sollten Sie ein bißchen vorsichtig sein und demjenigen, der behauptet, eine NLPAusbildung zu haben, ein paar Fragen stellen. Einige gute NLPler gehen in Sonderschulklassen und räumen erbarmungslos mit allen möglichen Lernschwierigkeiten auf. Wenn man in der Lage ist, herauszufinden, wie das Gehirn einer bestimmten Person arbeitet, ist es relativ einfach, ihm eine effektivere und effizientere Arbeitsweise beizubringen. Unsere Lernkapazität wird wirklich nicht durch die Überschüttung mit Inhalten erweitert, sondern dadurch, daß jemand uns den Mechanismus beibringt, der dem Lernprozeß zugrundeliegt: die subjektiven Strukturen und Sequenzen, die Lernen ermöglichen.

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Der "Swish"

Das nächste Submodalitätsmuster, das ich Ihnen beibringen möchte, kann man fast überall benutzen. Es ist ein sehr produktives Muster, durch das Ihr Gehirn veranlaßt wird, eine neue Richtung einzuschlagen. Um Ihnen das Erlernen des Musters zu erleichtern, fange ich mit einem ganz leichten und einfachen Beispiel an. Viele Menschen interessieren sich für die sogenannte "Verhaltensmodifikation". Wer von Ihnen kaut Fingernägel und möchte das gerne ändern? (Jack kommt nach vorn.) Ich werde dieses Muster anwenden, um zu erreichen, daß Jack eine Alternative zum Nägelkauen bekommt. Was sehen Sie in dem Moment, bevor Sie Nägel kauen? Jack: Ich weiß nicht. Meistens merke ich längere Zeit gar nicht, daß ich es tue. So verhält es sich bei den meisten Angewohnheiten. Man ist auf "Autopilot" geschaltet, und erst später, wenn es schon zu spät ist, um einzugreifen, merkt man das und fühlt sich schlecht. Wissen Sie, wann und wo Sie gewöhnlich Nägel kauen? Jack: Meistens dann, wenn ich ein Buch lese oder einen Film anschaue. OK. Stellen Sie sich bitte vor, daß Sie einen Film anschauen, und heben Sie dann tatsächlich eine Hand hoch, so, als ob Sie gleich Ihre Nägel abbeißen wollten. Sie sollen merken, was Sie sehen, wenn Ihre Hand sich hebt, und Sie wissen dabei genau, daß Sie gleich Nägel kauen werden. Jack: Ok. Ich kann sehen, wie meine Hand aussieht, während sie sich hebt. Gut. Dieses Bild werden wir in ein paar Minuten benutzen; im Augenblick legen Sie es mal beiseite. Zunächst benötigen wir noch ein anderes Bild. Jack, wenn Sie nicht mehr Nägel beißen würden — wie würde sich das Bild verändern, das Sie von sich selbst vor Ihrem geistigen Auge haben? Ich meine nicht nur, daß Sie sich mit längeren Fingernägeln sehen würden. Welchen Wert würde es für Sie darstellen, wenn sie diese Angewohnheit verändern würden? Was für einen Unterschied würde es in Ihrem Leben ausmachen? Was würde es in bezug auf Ihre

Person bedeuten? Ich möchte nicht, daß Sie mir Ihre Antworten sagen; ich möchte, daß Sie antworten, indem Sie ein Bild von sich selbst vor Ihrem geistigen Auge erzeugen, das die Person darstellt, die diese Angewohnheit nicht mehr hat. Jack: OK. Das Bild ist da. Nehmen Sie jetzt das erste Bild, das von Ihrer Hand, die sich hebt, und machen Sie es groß und hell, — und in die untere rechte Ecke fügen Sie ein kleines dunkles Bild davon ein, wie Sie sich selbst verändert sehen würden, nachdem Sie diese Angewohnheit nicht mehr haben. Nun machen Sie das, was ich den "Swish" nenne. Lassen Sie das kleine dunkle Bild schnell größer und heller werden, bis es das alte Bild von Ihrer Hand ganz bedeckt; das alte Bild wird gleichzeitig dunkler werden und schrumpfen. Dies müssen Sie sehr schnell machen, in weniger als einer Sekunde. Sobald Sie mit diesen Bildern den "Swish" gemacht haben, löschen Sie entweder die inneren Bilder völlig oder öffnen die Augen und schauen sich um. Gehen Sie dann wieder nach innen und beginnen Sie von vorne, angefangen mit dem großen hellen Bild von Ihrer Hand, die sich hebt, zusammen mit dem kleinen dunklen Bild von sich selbst in der Ecke. Machen Sie dies insgesamt fünfmal. Sie müssen dabei unbedingt am Ende jedesmal die inneren Bilder löschen oder die Augen öffnen. Jetzt testen wir es. Jack, machen Sie dieses große helle Bild von Ihrer Hand, die sich hebt, und sagen Sie mir, was passiert. Jack: Nun, es ist schwierig, das Bild festzuhalten. Es verblaßt gleich, und das andere Bild erscheint. Dieses "Swish"-Muster veranlaßt das Gehirn, eine bestimmte Richtung einzuschlagen. Wir Menschen haben die Tendenz, unangenehmen Dingen auszuweichen und auf Angenehmes zuzugehen. Zunächst gibt es ein großes helles Bild von dem Auslöser, der das betreffende ungeliebte Verhalten in Gang setzt. Während dieses Bild verblaßt und schrumpft, vermindert sich das unangenehme Gefühl. Während das angenehme Gefühl größer und heller wird, zieht es Jack unwiderstehlich an. Es gibt buchstäblich seinem Gehirn eine Richtung vor: "Geh von hier nach dort." Wenn man sein Gehirn in eine bestimmte Richtung gehen läßt, zeigt das Verhalten eine sehr starke Tendenz, sich in derselben Richtung zu bewegen. Jack, ich möchte, daß Sie noch etwas anderes tun. Bewegen Sie Ihre Hand so zum Mund hin, wie Sie das zu tun pflegten, wenn Sie Nägel gekaut haben. (Jack hebt seine Hand. Direkt bevor sie den Mund erreicht, hält sie an und senkt sich um ein bis zwei Zentimeter.) Nun, was ist passiert?

Jack: Ich weiß nicht. Meine Hand bewegte sich nach oben, stoppte dann aber plötzlich. Ich wollte meine Hand wieder hinlegen, hielt sie aber absichtlich hoch, weil Sie mich darum baten. Dies ist ein Verhaltenstest. Das Verhalten, das bisher in Nägelkauen endete, führt jetzt zu etwas anderem. Es läuft genauso automatisch ab wie das, was er vorher zu tun pflegte, führt ihn jedoch in eine Richtung, die ihm mehr behagt. Dies wird sich in Erfahrung umsetzen. Während die Hand sich hebt und sich der Zwang in Ihnen regt, wird das einsetzende Gefühl Sie buchstäblich in die andere Richtung ziehen. Es wird sich ein neuer Zwang entwickeln. Man wird nämlich nicht wirklich "Zwang-los", sondern man wird auf eine Art und Weise zwanghaft, die mehr der Wunschvorstellung von der eigenen Person entspricht. Ich habe dieses Muster mal bei einer Frau angewendet, die verrückt auf Schokolade war und ständig sagte, sie wolle frei sein. Sie wollte nicht einem Zwang unterliegen, weil das nicht zu ihrem Selbstbild paßte. Nachdem wir fertig waren, konnte sie kein inneres Bild von Schokolade mehr festhalten. Das Bild löste sich einfach auf. Wenn sie jetzt echte Schokolade anschaut, zeigt sie nicht mehr die gleiche Reaktion. Ihre Gedanken richten sich nach der Sogwirkung ihrer eigenen Wunschvorstellung von sich selbst. Das ist übrigens ein neuer Zwang. Man könnte dieses Muster auch "Austausch von Zwängen" nennen. Ich sagte zu ihr: "Jetzt sind Sie wirklich in der Klemme. Sie unterliegen dem Zwang, sich diese Bilder nicht mehr machen zu können", und sie sagte: "Das ist mir egal." Sie hat nicht wirklich etwas gegen Zwanghaftigkeit einzuwenden, sie wollte lediglich auf eine Art und Weise zwanghaft sein, die ihr besser liegt. Das nämlich ist der Unterschied, der einen Unterschied macht. Das Swish-Muster ist von allen Techniken, die ich benutzt habe, die wirkungsvollste. In einem meiner letzten Seminare gab es eine Frau in der ersten Reihe, die darüber jammerte und lamentierte, daß sie seit elf Jahren erfolglos versuchen würde, mit dem Rauchen aufzuhören. Innerhalb von weniger als elf Minuten veränderte ich ihre Sucht vollständig. Ich bestimmte sogar, welches Bild sie für die untere dunkle Ecke verwenden sollte; ich bin nämlich nicht das, was man einen "nicht-direktiven Therapeuten" nennt. Ich wies sie an, ein Bild zu visualisieren, in welchem sie es genießt, anderen Leuten beim Rauchen höflich zuzusehen. Ich wollte aus ihr nicht noch so eine militante Nichtraucherin machen. Ich wollte vermeiden, daß sie in dem Bild die Raucher verspottet und ihnen das Leben schwermacht.

Bilden Sie jetzt bitte Zweiergruppen und probieren Sie dieses Muster aus. Ich werde zunächst die Instruktionen noch einmal durchgehen.

Das Swish-Muster 1) Identifizierung des Kontextes: "Stellen Sie zunächst einmal fest, wo etwas bei Ihnen nicht in Ordnung ist, oder wo Sie in der Klemme stecken. Wo oder wann würden Sie sich gerne anders verhalten oder anders reagieren als bisher? Sie könnten etwas wie Nägelkauen wählen, oder auch so etwas wie Wutanfälle, die Sie auf Ihren Partner bekommen." 2) Identifizierung des auslösenden Kontextbildes: "Jetzt möchte ich, daß Sie herausbekommen, was Sie in dem Moment tatsächlich sehen, der dem unerwünschten Verhalten unmittelbar vorausgeht. Da viele Menschen zu diesem Zeitpunkt auf "Autopilot" geschaltet sind, kann es hilfreich sein, das tatsächlich zu tun, was dem zu verändernden Verhalten vorausgeht, um herauszufinden, wie das aussieht." Dies habe ich mit Jack durchgeführt. Ich bat ihn, seine Hand auf sein Gesicht zuzubewegen und dieses Bild zu benutzen. Da es sich hierbei um den Auslöser für ein unerwünschtes Verhalten handelt, sollte die betreffende Person angesichts dieses Bildes ein etwas unangenehmes Gefühl spüren. Je unangenehmer dieses Gefühl, desto besser wird die Sache funktionieren. 3) Schaffung eines Zielbildes: "Machen Sie nun ein zweites Bild von dem, wie Sie in Ihren eigenen Augen anders aussehen würden, wenn Sie die gewünschte Veränderung bereits erreicht hätten. Ich möchte, daß Sie dieses Bild so lange abändern, bis es für Sie außerordentlich attraktiv ist — ein Bild, das Sie sehr stark anzieht." Während Ihre Partnerin an diesem Bild arbeitet, sollten Sie auf ihre Reaktionen achten, um sich zu vergewissern, daß es eine Vorstellung ist, die ihr wirklich gefällt und außerdem sehr anziehend für sie ist. Auf ihrem Gesicht sollte ein Strahlen sein, aus dem Sie entnehmen können, daß es sich bei dem vorgestellten Bild wirklich um ein lohnendes Ziel handelt. Wenn Sie keinen Hinweis dafür erkennen, daß es sich lohnt, das Ziel zu erreichen, akzeptieren Sie das Bild nicht. 4) Swish: "Machen Sie nun mit den beiden Bildern den "Swish". Beginnen Sie, indem Sie das auslösende Bild des Kontextes groß und hell sehen. Setzen Sie dann ein kleines dunkles Bild der Zielvorstellung in die untere rechte Ecke. Das kleine dunkle Bild wird größer werden und das erste Bild ganz bedecken, welches gleichzeitig ebenso schnell verblassen und schrumpfen wird, wie Sie "Swish" sagen können. Löschen Sie dann die ganze Bildfläche oder öffnen Sie die Augen."

Wiederholen Sie den Swish insgesamt fünfmal. Vergewissern Sie sich, daß Sie nach jedem Mal das innere Bild löschen. 5) Test: a) "Stellen Sie sich nun das erste Bild vor. Was passiert?" Falls der Swish funktioniert hat, wird dies schwierig sein. Das Bild wird dazu neigen, zu verblassen, und wird automatisch durch das zweite Bild ersetzt werden, welches darstellt, wie Sie sein möchten. b) Eine andere Testmöglichkeit betrifft das Verhalten: Denken Sie sich einen Weg aus, die Reize anzubieten, die in dem auslösenden Kontextbild Ihres Partners dargestellt sind. Wenn aus dem Bild das Verhalten des Partners selbst hervorgeht, so wie bei Jack, bitten Sie ihn, die Tätigkeit tatsächlich auszuführen. Wenn das Bild eine Situation darstellt, in der zum Beispiel eine andere Person Schokolade oder eine Zigarette anbietet oder vielleicht auch herumschreit, möchte ich, daß Sie dies tatsächlich mit Ihrem Partner tun und beobachten, was er macht und wie er reagiert. Falls das alte Verhalten noch vorhanden ist, wenn Sie testen, gehen Sie ein paar Schritte zurück und führen Sie das Swish-Muster erneut durch. Schauen Sie, ob Sie herausbekommen können, was Sie ausgelassen haben oder was Sie noch tun könnten, um den Prozeß erfolgreich ablaufen zu lassen. Ich bringe Ihnen eine sehr vereinfachte Version eines sehr viel grundlegenderen Musters bei. Ich weiß, daß einige von Ihnen Fragen haben, möchte aber, daß Sie diese Arbeit erst durchführen, bevor Sie Fragen stellen. Ihre Fragen werden sehr viel interessanter sein, wenn Sie das Muster tatsächlich schon ausprobiert haben. Nehmen Sie sich jeweils etwa fünfzehn Minuten Zeit. Fangen Sie jetzt an. Beim Gang durch den Raum habe ich viele von Ihnen beobachtet, denen die Arbeit gelungen ist. Wir wollen jetzt nicht über den Erfolg reden, es sei denn, Sie hatten Schwierigkeiten, und es fiel Ihnen eine interessante Möglichkeit ein, die dann funktionierte. Ansonsten möchte ich von denen hören, bei denen es nicht geklappt hat. Amy: Ich möchte mit Rauchen aufhören. Nachdem wir aber den Test durchgeführt haben, spüre ich immer noch das Verlangen nach einer Zigarette. Okay. Beschreiben Sie mir das erste Bild. Amy. Ich sehe mich mit einer Zigarette im Mund und ... Stop. Es ist sehr wichtig, daß Sie sich nicht in dem ersten Bild selbst sehen, sondern in dem zweiten Bild. Dies ist eine Grundvoraussetzung dafür, daß der Swish funktioniert. Beim ersten Bild muß es sich um ein assoziiertes Bild dessen handeln, was Sie mit Ihren eigenen Augen

sehen, wenn Sie anfangen zu rauchen — zum Beispiel um ein Bild von Ihrer Hand, die nach einer Zigarette greift. Wenn Sie Ihre Hand mit einer Zigarette zwischen den Fingern sehen, spüren Sie dann den unwiderstehlichen Impuls, zu rauchen? Oder passiert dies, wenn Sie die Zigaretten sehen? Was es auch sein mag, ich möchte, daß Sie sich dasjenige Bild vorstellen, das dieses Gefühl des Rauchenmüssens auslöst; machen Sie ein Bild von dem, was dem Rauchen vorausgeht. Es könnte sich um das Greifen nach der Zigarette handeln, um das Anzünden, oder darum, die Zigarette zum Mund zu führen, oder was auch immer. Gehen Sie den Prozeß mit diesem Bild durch und berichten Sie dann. Mann: In welchem Buch steht dieser Prozeß? In keinem. Warum sollte ich Ihnen etwas beibringen, was schon in einem Buch zu finden ist? Sie sind Erwachsene; Sie können lesen. Ich habe es schon immer idiotisch gefunden, wenn jemand ein Buch schreibt und es dann in Seminaren anderen Leuten vorliest. Viele Leute tun aber genau das, und manche von ihnen verdienen eine Menge Geld; ich nehme also an, daß es irgendeinen Nutzen haben muß. Frau: Bei vielen früheren NLP-Techniken setzen Sie ein spezifisches neues Verhalten an die Stelle des alten. Bei dieser Technik jedoch sieht man lediglich, wie man nach der Veränderung anders aussieht. Das stimmt. Deshalb ist das Muster so produktiv. Statt ein altes Verhalten durch ein neues zu ersetzen, bestimmt man eine Richtung. Man benutzt das sogenannte "Selbstbild", dem eine sehr starke Motivationsenergie innewohnt, um diese Richtung anzusteuern. Als ich im Januar in Toronto war, erklärte eine Frau, sie habe eine Wurm-Phobie. Da es in Toronto fast das ganze Jahr friert, hielt ich das nicht für ein allzu großes Problem und sagte deshalb: "Also, warum gehen Sie Würmern nicht einfach aus dem Weg?" Sie sagte: "Das paßt einfach nicht zu dem Bild, das ich von mir selbst habe." Diese Diskrepanz motivierte sie sehr stark, obwohl die Wurm-Phobie an sich für sie kein großes Problem darstellte. Es handelte sich noch nicht einmal um das, was ich als "ausgeprägte Phobie" bezeichne. Es war eine "iiih!"-Phobie, keine "äääh, pfui Teufel!"-Phobie. Sie hatte es noch nicht fertiggebracht, ihre Gehirnprozesse in die richtige Richtung zu lenken, aber ihr Selbstbild ließ sie es immer wieder versuchen. Ich fragte sie natürlich: "Wenn Sie diese Veränderung erreichen würden, wie würden Sie sich anders sehen?" Der Erfolg bei der Anwendung dieses Musters beruht hauptsächlich auf der Antwort zu dieser Frage. Dieser Prozeß führt Sie nicht zu einem bestimmten Endpunkt hin — er treibt Sie in eine bestimmte Richtung. Wenn Sie sich selbst bei einer ganz bestimmten Tätigkeit sähen, würden Sie lediglich eine einzige

neue Alternative einprogrammieren. Wenn Sie sich selbst aber als Person mit anderen Qualitäten sehen, so kann diese neue Person viele ganz spezifische neue Handlungsmöglichkeiten hervorbringen. Wenn man einmal die Richtung bestimmt hat, wird die betreffende Person neue Handlungsmöglichkeiten in einem Tempo hervorbringen, das Sie kaum für möglich halten. Wenn ich bei ihr die übliche Heilungsmethode für Phobien angewendet hätte, wären ihr Würmer völlig egal geworden. Sie würde sie ja nicht einmal bemerken. Bei jemandem zu erreichen, daß ihm eine bestimmte Sache völlig egal ist, ist viel zu einfach — das gibt es in der Welt schon zur Genüge. Wenn ich ein bestimmtes Verhalten eingebaut hätte, wie zum Beispiel das Anfassen der Würmer, dann hätte sie Würmer anfassen können. Keine dieser Veränderungen ist für die persönliche Entwicklung dieser Frau von grundlegender Bedeutung. Mir scheint, es gibt für Menschen weit interessantere persönliche Veränderungen. Als ich bei ihr den Swish durchführte, gab ich eine Richtung vor, so daß sie sich zu dem Selbstbild hingezogen fühlt, das sie als Person darstellt, die kompetenter, glücklicher und fähiger ist, die sich selbst besser leiden mag und die vor allem an ihre eigene Fähigkeit glauben kann, Veränderungen schnell und auf eine für sie akzeptable Weise vorzunehmen. Frau: Ich glaube, ich verstehe das, versuche aber, das in Einklang zu bringen mit einigen Techniken des Ankerns, die ich früher gelernt habe. Es gibt zum Beispiel eine Technik, bei der man ein Bild davon macht, wie man gerne sein möchte, sich dann in das Bild hineinversetzt, um die zugehörigen kinästhetischen Gefühle zu bekommen, und dann diesen Zustand ankert. Richtig. Das ist eine der alten Techniken. Sie hat ihre Anwendungsgebiete, bietet jedoch auch bestimmte Nachteile. Wenn jemand eine wirklich detaillierte und genaue innere Repräsentation von sich selbst hat, kann man ein spezifisches Verhalten kreieren, das sehr gut funktioniert. Wenn man aber lediglich ein Bild davon macht, wie man selbst gerne sein möchte, dann in dieses Bild hineinsteigt und erlebt, wie sich das anfühlt, bedeutet das noch lange nicht, daß die möglichen Gewinne dort am Ziel eine hohe Qualität aufweisen oder daß man auf dem Weg dorthin viel gelernt hat. Es stellt einen hervorragenden Weg dar, Selbsttäuschungen zu schaffen, und gibt außerdem keine weiterreichenden Ziele vor. Viele Menschen gehen zu Psychotherapeuten mit dem Wunsch, mehr Selbstvertrauen zu gewinnen, obwohl sie im Grunde inkompe-

tent sind. Dieser Mangel an Selbstvertrauen kann eine akkurate Rückmeldung über den tatsächlichen Stand ihrer Fähigkeiten darstellen. Wenn man Ankern benutzt, um jemandem Selbstvertrauen zu geben, könnte dieses Gefühl der betreffenden Person ermöglichen, Dinge anzupacken, die sie tatsächlich meistern kann, sich jedoch bisher noch nicht zutraute. Dies wird ihre Fähigkeiten auch erweitern. Es könnte jedoch auch lediglich zu einem Übermaß an Selbstvertrauen führen — dann wird aus dieser Person jemand, der immer noch inkompetent ist, es aber nicht mehr bemerkt! Von diesen Leuten gibt es schon eine ganze Menge, und sie stellen sowohl für sich selbst als auch für andere eine Gefahr dar. Seit Jahren weise ich schon darauf hin, daß sehr viele Menschen von den Therapeuten eine Steigerung des Selbstvertrauens erwarten und nur sehr wenige mehr Kompetenz erreichen wollen. Man kann jemanden so verändern, daß er glaubt, eine Sache sehr gut zu beherrschen, während er in Wirklichkeit gar nicht so gut ist. Wenn jemand Selbstvertrauen sehr gut schauspielern kann, veranlaßt er gewöhnlich viele Leute dazu, sich auf Fähigkeiten zu verlassen, die er in Wirklichkeit gar nicht besitzt. Es wundert mich immer wieder, wie viele Leute denken, daß ein "Experte", der mit viel Selbstvertrauen auftritt, tatsächlich weiß, was er tut. Ich bin der Ansicht, daß man, wenn man ohnehin schon ein fälschliches Gefühl der Sicherheit haben muß, ebenso gut nebenher etwas Kompetenz erwerben kann. Wo ist Amy? Haben Sie den Swish mit dem neuen Bild beendet? Amy: Ja. Wie lange haben Sie benötigt, um es fünfmal durchzuführen? Amy: Ziemlich lange. Das habe ich mir gedacht. Machen Sie es bitte noch einmal, und zwar schneller. Es sollte jedesmal nur ein oder zwei Sekunden in Anspruch nehmen. Geschwindigkeit stellt bei diesem Muster auch ein wichtiges Element dar. Gehirne lernen nicht langsam, sondern schnell. Ich werde nicht zulassen, daß Sie den Prozeß falsch anwenden und dann hinterher kommen und sagen: "Oh, das hat nicht funktioniert." Machen Sie es jetzt, und ich werde Sie beobachten. Nach jedem Swish öffnen Sie Ihre Augen. Machen Sie nun das erste Bild. Was passiert? Amy: Jetzt verschwindet es. Möchten Sie eine Zigarette? (Er hält ihr eine Packung Zigaretten hin.) Amy: Nein, danke. Ist der Zwang noch da? Mir ist es egal, ob Sie rauchen oder nicht. Mich interessiert, ob dieses automatische starke Verlangen noch da ist. Vor ein paar Minuten sagten Sie, Sie hätten das Verlangen, zu rauchen.

Amy: Ich habe jetzt nicht das Gefühl, daß ich unbedingt rauchen muß. Hier. Nehmen Sie die Zigaretten, ziehen Sie eine raus und nehmen Sie sie zwischen die Finger. Schauen Sie sie an, spielen sie damit herum. Wenn Sie Veränderungsarbeit machen, weichen Sie dem Testen nicht aus; forcieren Sie es. Ereignisse in der Außenwelt werden das Ergebnis ohnehin auf die Probe stellen. Sie sollten das daher selbst schon tun, damit Sie gleich darüber Bescheid wissen. Wenn Sie die nonverbalen Reaktionen des Klienten beobachten, bekommen Sie weit mehr Information als durch die verbalen Antworten auf Fragen. (Amy riecht an den Zigaretten, und ihr Gesichtsausdruck verändert sich schnell.) Huch! da geht's schon wieder los; der Geruch der Zigaretten ließ den Zwang zurückkehren. Sie werden den Swish wiederholen, müssen aber diesmal den Geruch der Zigaretten miteinbeziehen. Im ersten Bild, wo Sie sehen, wie jemand Ihnen eine Zigarette anbietet, werden Sie auch den Zigarettengeruch riechen. In dem zweiten Bild werden Sie sehen, wie zufrieden Sie sind, die Zigaretten ohne Rauchzwang zu riechen. Gehen Sie zum Bild zurück und machen Sie es so. So etwas nennt sich gründliche Arbeit. Wenn ein Mathematiker eine Lösung findet, sagt er nicht einfach: "Okay, ich bin fertig." Er testet seine Lösung sorgfältig, denn wenn er es nicht tut, wird ein anderer Mathematiker es für ihn machen. Diese Art von Stringenz hat schon immer in der Psychotherapie und der Pädagogik gefehlt. Die Leute probieren etwas Neues, und dann führen sie eine zweijährige Nachuntersuchung durch, um herauszufinden, ob es funktioniert hat oder nicht. Wenn Sie peinlich genau testen, können Sie herausbekommen, wo eine besondere Technik effektiv ist und wo nicht, und Sie können das auch gleich herausfinden. Und da, wo es nicht funktioniert, sollten Sie besser eine andere Technik anwenden. Was ich Ihnen gerade vermittelt habe, ist eine vereinfachte Version eines generellen "Swish"-Musters. Trotzdem wurden einige von Ihnen ziemlich verwirrt und verloren den Faden. Eine weitere Möglichkeit, gründlich zu arbeiten, besteht darin, gleich von Anfang an den Swish in allen Sinnessystemen durchzuführen. Es ist jedoch gewöhnlich mit weniger Aufwand verbunden, lediglich im visuellen System zu arbeiten und dann sehr genau zu testen, um herauszubekommen, was sonst noch hinzugefügt werden muß. Öfters ist nichts Weiteres notwendig. Entweder reicht es aus, oder die Person fügt das Notwendige auf natürliche Weise hinzu, ohne es zu wissen.

Amy, was passiert jetzt, wenn Sie eine Zigarette riechen? Amy. Es ist jetzt anders. Ich kann schlecht sagen, was sich verändert hat. Wenn ich sie jetzt rieche, möchte ich die Zigarette weglegen, statt sie anzuzünden. Das Gehirn lernt nicht, bestimmte Endergebnisse zu erreichen; es lernt, bestimmte Richtungen einzuschlagen. Amy hatte eine ganz bestimmte Sequenz von Verhaltensweisen erlernt: "Möchtest du eine Zigarette?" — "Ja." — Anzünden — paffen. Stühle können nicht lernen, so etwas zu tun. Es ist eine ziemliche Leistung, etwas so gründlich zu lernen, daß jahrelang niemand auf dieses Verhalten Einfluß nehmen konnte. Sie hat soeben gelernt, dieselbe Fähigkeit zu benutzen, um in eine andere Richtung zu gehen. Wenn Sie beginnen, das eigene Gehirn so zu verwenden, daß es tut, was Sie möchten, müssen Sie schon vorher die Richtung fest vorschreiben, die es einschlagen soll. Enttäuschung ist nicht das einzige im Leben, wofür eine adäquate Planung unentbehrlich ist. Auch alles andere will vorausgeplant werden. Ohne entsprechende Planung unterwirft man sich Zwängen, ohne daß man das will: Man ruft alte Erinnerungen wach und fühlt sich dann deswegen schlecht, man tut Dinge, die den Körper zerstören, man schreit Menschen an, die man liebt, man verhält sich wie ein ängstliches Mäuschen, wenn man wütend ist. Dies alles kann man ändern, jedoch nicht, während man in der Situation drinsteckt. Man kann sich selbst anschließend umprogrammieren oder sich vorher programmieren. Das Gehirn wurde nicht dafür entworfen, Endergebnisse zu erzielen; es lernt, Richtungen einzuschlagen. Wenn man weiß, wie das Gehirn arbeitet, kann man seine eigene Richtung vorgeben. Wenn Sie es nicht selbst tun, wird ein anderer diese Aufgabe übernehmen. Ich habe Ihnen gerade etwas beigebracht, das ich oft in ein- oder zweitägigen Seminaren lehre. Dieses "Standard"- Swishmuster kann jemand leicht begreifen und anwenden, und es wird meistens funktionieren. Es läßt jedoch nicht erkennen, ob dieser Jemand kompetent ist, das zugrundeliegende Muster wirklich zu verstehen. Wenn man jemandem ein Kochbuch zur Verfügung stellt, kann er einen Kuchen backen. Wenn man aber einem Meisterkoch ein Kochbuch in die Hand gibt, wird sein Ergebnis besser sein. Ein hervorragender Koch kennt sich in der Chemie des Kochens aus, und dies beeinflußt, was und wie er etwas tut. Er weiß, wozu das Eiweiß im Kuchen gut ist; er kennt dessen Funktion. Für einen Meisterkoch geht es nicht nur darum, die Sachen in einen Topf zu werfen und zu verrühren. Er weiß, daß manche Dinge

die Eigenschaft haben, eine geleeartige Konsistenz zu vermitteln, daß andere Zutaten in einer ganz bestimmten Reihenfolge hinzugefügt werden müssen und daß gewisse andere Ingredienzien den Geschmack in dieser oder jener Richtung beeinflussen. Ebenso verhält es sich, wenn Sie beginnen, das Swishmuster anzuwenden. Als ersten Schritt auf dem Weg zum Meister möchte ich, daß Sie das Swishmuster nochmals erproben und dabei aber herausfinden, was passiert, wenn Sie ein Element im Ablauf verändern. Vorher haben wir die Submodalitäten "Größe", "Helligkeit" und "Assoziation/Dissoziation" benutzt, durch die ein Bild in das andere "geswished" werden konnte. Zwei dieser Elemente, nämlich Größe und Helligkeit, sind Elemente, die sich kontinuierlich über eine gewisse Bandbreite verändern. Etwas, das man allmählich verändern kann, bezeichnet man als analoge Variable. Assoziation/Dissoziation hingegen bezeichnet man als digitale Variable, wo entweder das eine oder das andere zutrifft. Man kann sich entweder innerhalb einer Erfahrung befinden oder außerhalb; man bewegt sich aber nicht allmählich von einem Zustand zum anderen. Assoziation/Dissoziation stellt immer einen festen Bestandteil des Swish dar. Bei den anderen zwei Elementen kann es sich um solche handeln, die bei der betreffenden Person eine starke Wirkung auslösen. Diesmal möchte ich, daß Sie alles so wie vorher machen, jedoch Entfernung an Stelle von Größe einsetzen. Das erste Bild wird anfangs hell und nah erscheinen. Das zweite Bild wird zunächst dunkel und weit entfernt sein, dann schnell näher kommen und gleichzeitig heller werden, während das erste Bild in der Ferne verschwindet und dunkel wird. Es handelt sich hier um eine relativ geringe Veränderung, und manche von Ihnen werden kaum einen Unterschied feststellen, da Größe und Nähe eng miteinander korrelieren. Es stellt jedoch einen ersten Schritt auf dem Weg zur allgemeineren und sehr viel flexibleren Handhabung des Swishmusters dar. Lassen Sie sich jetzt ungefähr fünfzehn Minuten Zeit, um das Swishmuster mit Entfernung statt mit Größe anzuwenden. Konnten einige von Ihnen einen Unterschied feststellen, wenn Sie Entfernung statt Größe benutzt haben? Man kann beliebige Submodalitätsunterscheidungen verwenden, wenn man den Swish durchführt; es wird jedoch nur dann gut funktionieren, wenn die Submodalitäten auf die betreffende Person einen starken Effekt ausüben. Helligkeit und Größe rufen bei den meisten Leuten eine starke Wirkung hervor; des-

halb wird die zuerst demonstrierte Version meistens gut funktionieren. Die Submodalität "Entfernung" ist für die meisten Menschen auch wichtig, und deshalb habe ich Sie das als nächstes ausprobieren lassen. Wenn aber Größe, Helligkeit und Entfernung für jemanden nicht von Bedeutung sind, muß man herausbekommen, welche Submodalitäten eigens bei ihm wirksam sind, und einen dazu passenden Swish entwerfen. Vor einigen Jahren habe ich mit drei Klienten Sitzungen auf Video aufgenommen. Die erste Klientin war eine Frau, die unter "Verlustangst" litt. Ich liebe diese Namen, auf die die Experten kommen, um zu beschreiben, wie jemand verkorkst ist! Letztendlich ging es bei ihr um folgendes: Wenn sie sich mit einer nahestehenden Person verabredet hatte und diese eine halbe Stunde zu spät kam, entwickelte sie eine sogenannte Panikattacke. Sie verlor die Beherrschung und drehte einfach durch. Ich fragte sie, was sie von der Sitzung erwartete, und sie sagte folgendes: "Mein Problem ist eine Angst, die mich manchmal fast lähmt. Wenn ich diese Angst bekomme, entwickle ich so etwas wie eine Panikattacke. Ich würde gerne mehr Abstand bekommen, damit ich in einer solchen Situation nicht so eine starke Angst entwickle und mich besser unter Kontrolle habe und besser Entscheidungen treffen kann."

Indem sie erwähnte, daß sie gerne mehr "Abstand" hätte, gab sie mir einen klaren Hinweis darauf, daß Entfernung für sie eine wichtige Submodalität darstellte. Sie sprach auch viel von Leuten, die ihr "nahestünden" und von "engen Beziehungen". Als wir später darüber sprachen, was in ihr vorgeht, wenn Leute sich verspäten, sagte sie: "Ich muß ihnen Abstand zugestehen — ich meine, ich muß ihnen etwas Zeit zugestehen." Bei dieser Frau ist ein Swish mit Anwendung der Submodalität "Entfernung" sehr viel wirkungsvoller, als wenn "Größe" benutzt wird. Trotzdem versuchte ich es mit dem Standardswish und "Größe", um auszuprobieren, ob das funktionieren würde. Es zeigte jedoch kaum eine Wirkung. Anschließend versuchte ich es mit "Entfernung", und da klappte es hervorragend. Wenn man den Swish wirklich kunstvoll anwenden will, besteht der wichtigste Schritt darin, sorgfältig die notwendigen Informationen zu sammeln, um das Verfahren optimal auf die Person zuzuschneiden. Wenn jemand davon spricht, daß etwas "überdimensional" ist oder "in keinem Verhältnis" steht, ist das ein ziemlich verläßlicher Hinweis darauf, daß "Größe" eine wichtige Variable darstellt, die man benutzen kann. Wenn jemand ein persönliches Problem beschreibt, durch das er sich eingeschränkt fühlt und das er verändern möchte, muß man in der Lage sein, genau hinzuhören, wie dieses spezielle Problem geartet ist. Ich bin mir immer bewußt, daß alles, was ein Mensch gemacht hat, eine wirkliche Errungenschaft darstellt, auch wenn es noch so nutzlos oder schmerzhaft sein mag. Die Menschen sind nicht kaputt, sie funktionieren tadellos! Die entscheidende Frage ist: "Wie funktionieren sie im Augenblick?", damit man ihnen helfen kann, weiterhin tadellos zu funktionieren, auf eine Art und Weise, die angenehmer und angemessener ist. Eines von den Dingen, die ich tue, um Informationen zu sammeln, ist, zu fragen: "Wir wollen mal annehmen, daß ich Sie einen Tag lang vertreten müßte. Ich müßte dazu unter anderem das Problem haben, das Sie einschränkt. Wie würde ich das machen? Sie müssen mir beibringen, wie ich dieses Problem haben kann." Indem ich voraussetze, daß es sich um eine Errungenschaft handelt — etwas Gelerntes, das einer anderen Person beigebracht werden kann -, ermögliche ich dem Klienten, mit der Schwierigkeit auf völlig andere Weise umzugehen und ganz anders darüber nachzudenken. Als ich die Frau mit den Panikattacken darum bat, mir ihr Problem beizubringen, sagte sie:

Sie beginnen damit, daß Sie sich lauter Sätze hersagen wie: "Die kommen zu spät; vielleicht kommen sie nie." Sagen Sie dies in gelangweiltem Ton -"So lala?" Nein. Die Stimme fängt langsam an: "Gib ihnen noch eine halbe Stunde." Wenn die Zeit abläuft, wird die Stimme schneller. Machen Sie sich innerlich irgendwelche Bilder? Ja. Ich habe ein Bild vor mir, in dem die Person vielleicht in einen Unfall verwickelt ist — so, als ob ich dastehe und zuschaue, wie durch ein Teleobjektiv. Gelegentlich schaue ich auch durch meine eigenen Augen in die Welt hinaus und sehe, daß niemand da ist. In ihrem Fall also gibt es eine Stimme, die schneller und höher wird, während die Zeit vergeht. Zu einem bestimmten Punkt sagt die Stimme: "Die kommen niemals", und dann macht sie so etwas wie eine Nahaufnahme durch ein Zoom-Objektiv, auf der die betreffende Person einen schweren Unfall hat, oder von Situationen, wo die Klientin völlig allein ist. Als ich sie darum bat, zu versuchen, das Bild von dem Unfall herzustellen, bemerkte ich, daß das Hin- und Herfahren wie mit einem Zoom-Objektiv einen sehr starken Effekt hatte. Als ich Helligkeit testete, sagte sie: "Das Dunklerwerden schafft mehr Entfernung." So erfuhr ich, daß Helligkeit auch von Bedeutung ist. Ich möchte, daß Sie jetzt einen Partner suchen und ihn bitten, ein Problem zu nennen, durch das er sich eingeschränkt fühlt — ein Problem, das er verändern möchte. Sie sollen das Problem diesmal nicht beseitigen — ich möchte lediglich, daß Sie herausfinden, wie diese Errungenschaft funktioniert. Benutzen Sie dazu den Rahmen: "Nehmen wir an, ich müßte Sie einen Tag lang vertreten. Bringen Sie mir bei, was ich da tun muß." Machen Sie genau dasselbe wie vorhin, als Sie herausfanden, wie sich jemand für eine Sache motiviert. Immer wenn jemand einen Zwang hat, etwas zu tun, das er eigentlich nicht tun möchte, muß sich etwas in ihm bis zu einem gewissen Grad verstärken. Etwas muß größer oder heller oder lauter werden, oder der Ton muß sich verändern, oder das Tempo nimmt zu oder ab. Sie sollen herausfinden, wie diese Person diese besondere Einschränkung erreicht. Fragen Sie zunächst, wann man es tun muß, und kriegen Sie dann heraus, wie er es macht: was macht er in seinem Inneren, um diese Reaktion hervorzubringen? Wenn Sie der Meinung sind, die entscheidenden Submodalitäten identifiziert zu haben, testen Sie, indem Sie Ihren Partner bitten, eine Submodalität nach der anderen zu verändern, und beobachten Sie dabei, wie sich seine Reaktion verändert. Bitten Sie ihn dann, ein anderes Bild zu wählen und dieselben

Submodalitäten nochmals bei diesem Bild zu verändern, um zu sehen, ob das seine Reaktion auf dieses andere Bild ebenso beeinflußt. Sammeln Sie genug Information über dieses spezielle einschränkende Problem, um es bei Bedarf selbst haben zu können. Wenn Sie die Information haben, werden Sie genau wissen, wie Sie bei dieser bestimmten Person den Swish durchführen müssen. Machen Sie den eigentlichen Swish jedoch nicht; sammeln Sie lediglich die notwendige Information. Nehmen Sie sich etwa eine halbe Stunde Zeit. Mann: Mein Partner hat zwei Bilder, die für zwei verschiedene Zustände stehen: erwünscht und unerwünscht. In dem einen sieht er ungelenke Bewegungen, während die Bewegungen in dem anderen fließend und anmutig sind. Okay. Sind diese beiden Bilder dafür verantwortlich, daß die Schwierigkeit, um die es geht, auftritt und aufrechterhalten wird? Darum ging es. Ich wollte noch nicht wissen, wohin die Person gehen möchte: Ich habe nur gefragt, wie sie diese Schwierigkeit zustandebringt. Die Frau mit den Panikattacken muß vom Zustand des "So lala" in den Zustand des "Ausrastens" gelangen. Sie beginnt mit einer Stimme und Bildern. Dann muß sie die Stimme schneller und höher sprechen lassen, und das Bild kommt immer näher, während die Zeit verstreicht. Mann: Mein Partner hat ein Gefühl der Dringlichkeit. Natürlich. Das ist das Gefühl, das bei einem Zwang entsteht. Aber wie macht er das Gefühl? Welches ist die entscheidende Submodalität? Im wesentlichen will man doch Folgendes wissen: "Wie führt diese Person

den Swish bereits bei sich selbst durch und gerät von einem Bewußtseinszustand in einen anderen?" Mann: Für ihn besteht der wesentliche Unterschied darin, daß er sich in das Bild einwickelt. Er zieht es zu sich her und um sich herum, geht in das Bild hinein und schaut es mit seinen eigenen Augen an. Okay. Gut. So versetzt er sich also in den Zustand, in dem er nicht sein möchte. Mann: Ja. Zunächst kommt er in diesen Zustand, dissoziiert sich dann davon, indem er aus dem Bild heraustritt, es da drüben links hinschiebt, weit weg von sich, und einige Schritte davon entfernt steht. Okay. Assoziation/Dissoziation ist also die entscheidende Submodalität. Es gibt nicht so viele Alternativen, deshalb werden sich die Beispiele wiederholen. Welche weiteren entscheidenden Submodalitäten haben die anderen hier gefunden? Frau: Die Breite des Bildes in Verbindung mit Helligkeit war entscheidend. Wenn das Bild schmaler und dunkler wurde, fühlte sie sich eingeengt. Das gibt einen Sinn. Wenn man dünne Bilder hat, fühlt man sich eingeengt. Frau: Sie hat so etwas wie eine Synästhesie erlebt. Die ganze Sache beruht auf Synästhesie. Damit experimentieren wir überhaupt. Überlegen Sie es sich mal. Wenn Sie die Helligkeit eines Bildes verändern, verändert sich dadurch die Intensität Ihrer Gefühle. Es sind alles Synästhesien. Was wir wissen wollen, ist doch, wie sie miteinander verbunden sind, damit wir diese Verbindung für einen Swish benutzen können. Um einen Swish zu konstruieren, muß man wissen, ob das Schmaler- oder Breiterwerden eines jeglichen Bildes ihre Reaktion verstärkt und ob das Dunklerwerden eines jeden Bildes ihre Reaktion stärker werden läßt. Sehen Sie, es könnte sein, daß sie das Wort "eingeengt" benutzt, weil sie mit der Handlungsmöglichkeit, die ihr in dem Bild noch übrigbleibt, nicht einverstanden ist. Wenn sie eine Möglichkeit sieht, die ihr behagt, und das Bild wird schmaler, dann beschreibt sie das Gefühl vielleicht als "zweckmäßig" oder "entschlossen". Wenn Schmaler- und Dunklerwerden ihre Reaktion verstärken, kann man einen Swish aufbauen, bei dem man mit einem schmalen, dunklen Bild des "Problemzustands" beginnt, das dann breiter und heller wird, während das Bild des gewünschten Zustandes schmaler und dunkler wird. Das hört sich für die meisten von Ihnen eigenartig an. Sie müssen sich aber vergegenwärtigen, daß jedes Gehirn ein wenig anders codiert ist. Der Swish wird dann wirklich elegant, wenn man ihn so konstru-

iert, daß ein bestimmtes Gehirn eine besonders starke Reaktion darauf zeigt. Es gibt eine weitere Alternative: wenn sie dieses spezielle Bild mit den wenigen Wahlmöglichkeiten schmaler macht, fühlt sie sich dadurch mehr eingeengt; wenn sie aber ein Bild von sich mit vielen Wahlmöglichkeiten macht, wird die Reaktion stärker, sofern sie das Bild breiter werden läßt. In diesem Fall könnte man so vorgehen, daß man das Problembild zu einer Linie schrumpfen läßt und dann das Lösungsbild aus dieser Linie hervorgehen läßt. Sie werden also nochmal zurückgehen und mehr Informationen darüber bekommen müssen, wie die Sache funktioniert, bevor Sie den besten Swish für sie konstruieren können. Ich erwähne diese Möglichkeiten, damit Ihnen klar wird, wie wichtig es ist, Ihre Methode genau auf die betreffende Person zuzuschneiden. Es ist notwendig, eine Richtung vorzugeben, bei der das Bild des alten Problems zur Lösung führt und wo das Lösungsbild eine Reaktion mit zunehmender Intensität hervorruft. Mann: Meine Partnerin hatte ein Bild mit einem doppelten Rahmen — einem schwarzen und einem weißen, und das Bild ist schräg, nicht senkrecht. Der obere Teil des Bildes neigt sich nach hinten, wenn sie in Panik gerät. Was verändert sich? Richtet sie das Bild zu irgendeinem Zeitpunkt auf? Wenn das Bild sich nach hinten neigt und eine Umrahmung bekommt, gerät sie in Panik? Mann: Nein, das Bild ist einfach nur da. Also, es ist nicht einfach nur da. Irgendwoher muß es kommen. Sie suchen hier nach dem, was sich verändert. Wenn sie bei dem von Ihnen beschriebenen Bild angelangt ist, gerät sie in Panik. Das Bild muß aber anfangs etwas anders aussehen. Ich hoffe, sie ist nicht ständig in Panik! Wie kommt sie dorthin? Hat es etwas mit der veränderten Neigung des "Bildes zu tun? Oder bleibt die Neigung bestehen, und etwas anderes verändert sich? Mann: Das Bild ist anfangs senkrecht; während die Situation sich verändert, neigt es sich nach hinten. Während also das Bild kippt, kippt sie auch. Wenn es eine bestimmte Neigung erreicht hat, gerät sie in Panik. Hat das Bild eine doppelte Begrenzung, solange es senkrecht ist? Mann: Ja. Die Begrenzung ist also kein ausschlaggebendes Element, sie ist nur zufällig da. Passiert sonst noch irgend etwas, während das Bild kippt? Verändert sich die Helligkeit oder so etwas? Verändert sich die Geschwindigkeit, mit der die Bilder ablaufen?

Mann: Nein. Die Geräusche werden ebenfalls verschwommen und dröhnend. Und Sie sind sicher, daß sich auf der visuellen Ebene sonst nichts verändert? Mann: Nein. Gut. Ich bin froh, daß Sie nicht sicher sind. Meinem Empfinden nach genügt das Kippen eines Bildes einfach nicht. Gehen Sie nochmal zurück und fragen Sie ihre Partnerin. Lassen Sie sie ein anderes Bild aussuchen und es ebenfalls kippen, um herauszufinden, was passiert. Wenn das Kippen allein ausreicht, um sie "aus dem Gleichgewicht" und in Panik geraten zu lassen, kippen Sie das erste Bild so weit, bis es zu einer Linie wird, während das zweite Bild sich senkrecht aufrichtet. Sie könnten auch das erste Bild kippen und es dann so wenden, daß auf der anderen Seite das zweite Bild sichtbar wird. Gehen Sie auf einen richtigen Ausflug mit ihr! Haben Sie einmal im Fernsehen diese Videoeffekte gesehen, wo ein Rechteck erscheint und sich umdreht? Und während es sich umdreht, wird es zu einem neuen Bild. So könnten Sie es machen. Verstehen Sie jetzt langsam alle, wie Sie diese Information dazu benutzen können, einen Swish zu konstruieren, der bei dieser speziellen Person ganz besonders wirkungsvoll ist? Mann: Bei meinem Partner bestand das Problem darin, daß er den Hintergrund des betrachteten Bildes verlor. Es fing an mit vielen Leuten vor einem Hintergrund; wenn er dann eine kritische Stelle erreichte, war der Hintergrund verschwunden, und es waren nur noch Menschen da. Gab es eine Veränderung in der Fokussierung oder der Tiefenschärfe des Bildes? Mann: Es verschwand einfach. Ich nehme an, daß es unscharf ist. Es ist nicht da. Aber die Gegenstände im Vordergrund sind scharf? Mann: Sie sind so scharf wie gewöhnlich, sie haben sich nicht verändert . Ist das so, als ob man durch ein Objektiv schaut? Mit einem Objektiv kann es so sein, daß ein Teil scharf und ein anderer verschwommen ist. Meinen Sie so etwas? Mann: Nein. Es ist so, als hätte er über alles außer den Leuten, um die es geht, eine Maske gestülpt, so daß alles andere verschwunden ist. Und die Leute stehen auf nichts? Mann: Ich nehme an, daß die Stühle und die anderen Dinge, auf denen sie saßen, noch da waren, alles andere im Zimmer aber verschwunden war. Das Augenmerk richtete sich auf die Leute.

Okay. Sie wissen aber nicht, wie dies gemacht wurde — mit Fokussierung oder so etwas? Mann: Nein, das weiß ich nicht. Dies ist aber der Teil, den Sie kennen müssen. Sie wollen wissen, wie der Übergang vonstatten geht, damit Sie diese Methode der Umwandlung bei jedem beliebigen Bild anwenden können. Frau: Der Mann, mit dem ich gearbeitet habe, hatte ein feststehendes Bild, ohne Bewegung oder Farbe. In dem Bild, das er anfangs sieht, sagt er mit seiner eigenen Stimme in halbhoher Tonlage: "Na, nicht schlecht", und der Tonfall geht dabei rauf und runter. Relativ schnell verändert sich die Stimme dann und wird monoton und tief. Zu dem Zeitpunkt fühlt er sich dann schlecht. Das Bild bleibt gleich? Es verändert sich überhaupt nicht? Mir fällt es etwas schwer, zu glauben, daß das Bild unverändert bleibt, während er seinen Tonfall und das Sprechtempo variiert — daß die Helligkeit oder etwas anderes in dem Bild sich nicht verändern — weil mir das noch nie begegnet ist. Das bedeutet nicht, daß es nicht möglich ist; ich halte es nur für sehr unwahrscheinlich. Manche Menschen haben ein auditives Leitsystem; meistens ändert sich aber gleichzeitig mit der Stimme noch etwas anderes. Nehmen wir einmal an, daß er ein Bild anschaut und sich einfach von einem Zustand in einen anderen hineinredet, indem er seinen Tonfall ändert. Das wird funktionieren. Man braucht noch einen weiteren auditiven Parameter, wenn man einen auditiven Swish machen will. Wahrscheinlich ändert sich auch das Tempo. Meistens ändert sich mehr als nur ein Parameter. Mann: Wenn man auf der Suche nach einer weiteren Variablen eine findet, die zu einer anderen Sinnesmodalität gehört, so daß man eine visuelle und eine auditive Submodalität hat — ist zu erwarten, daß diese Mischung funktioniert? Möglicherweise ja; man braucht dies aber meistens nicht. Man könnte so vorgehen, wenn man absolut keine zweite Submodalität im selben System findet. Ich lege ein solches Gewicht auf das visuelle System, weil dieses System die Eigenschaft der Gleichzeitigkeit hat. Man kann ohne weiteres zwei Bilder gleichzeitig sehen. Das auditive System arbeitet eher sequentiell. Es ist schwierig, sich auf zwei Stimmen gleichzeitig zu konzentrieren. Man kann einen Swish auch auditiv machen, muß aber etwas anders vorgehen. Wenn man gelernt hat, im visuellen System präzise zu arbeiten, ist man auch eher in der Lage, kleine Abänderungen vorzunehmen, wenn man beginnnt, mit dem auditiven System zu arbeiten.

Mann: Ich habe diese Frage gestellt, weil sich bei meiner Partnerin nicht nur die Bilder verändern, sondern sie sich auch selbst hören kann, während sie in das Bild hineinsteigt. Ich frage mich, ob man den Swish sozusagen "zunageln" könnte, indem man ein auditives Stück einfügt. Jawohl. "Zunageln" ist eine ausgezeichnete Art und Weise, darüber nachzudenken. Wenn man einen Swish mit nur einer Submodalität durchführt, ist das so, als ob man zwei Bretter nur von einer Richtung her zusammennageln würde. Bei einer Schwalbenschwanzverbindung werden die Nägel oder Schrauben von beiden Richtungen her angebracht. Wenn man in der einen Richtung zieht, halten die einen Nägel es fest; zieht man von der anderen Seite, halten es die anderen Nägel. Deshalb ist es wichtig, zwei wirkungsvolle Submodalitäten gleichzeitig zu benutzen, wenn man den Swish macht. Von sich aus verändern die meisten Leute gewöhnlich nicht mehr als eine Submodalität. Um einen Swish aufzulösen, müßte man mindestens zwei gleichzeitig variieren. Wenn man einen visuellen Swish durchführt und dabei auch auditive Komponenten eine Rolle spielen, demonstriert Ihnen die Person typischerweise unbewußt die auditiven Verschiebungen, während sie Ihnen etwas über die beiden Bilder erzählt. Wenn Sie sie dann bitten, die beiden Bilder zu erzeugen, können Sie diese Verschiebungen von außen her mit Ihrer Stimme vornehmen, ohne dies zu erwähnen. Um das gut machen zu können, muß man die Fähigkeit besitzen, die Stimme eines anderen nachzuahmen. Die Stimme eines anderen mit der eigenen kopieren zu können, ist eine reine Übungssache und ist zudem eine Fähigkeit, die man in unserer Branche gut gebrauchen kann. Nach einer Weile merkt man, daß man jemanden nicht perfekt nachahmen muß; man muß nur einige hervorstechende Eigenschaften treffen. Man muß es so gut können, daß jemand, dessen Stimme man nachmacht, nicht weiß, ob er mit sich selbst spricht oder ob Sie sprechen. Das ist das altbekannte Muster: "Ich ging nach innen und sagte Ihnen...." Das habe ich in Workshops sehr oft gemacht, und nur wenige Leute haben es gemerkt. Ich möchte, daß Sie sich jetzt alle noch einmal mit der Person zusammentun, mit der Sie vorher zusammengearbeitet haben, und die ein oder zwei analogen Submodalitäten feststellen, die für das Zustandekommen des Problems wichtig sind. Manche von Ihnen haben diese Information bereits, viele aber noch nicht. Anschließend möchte ich, daß Sie zu dem zweiten Bild kommen, in welchem der Partner sich so sieht, wie er gerne sein möchte, wenn er

dieses ihn hemmende Problem nicht mehr hat. Dieses Bild muß dissoziiert sein, während das erste Bild immer assoziiert ist. Assoziation im ersten und Dissoziation im zweiten Bild ist immer ein Element des Swish. Danach werden Sie einen Swish konstruieren und dafür die beiden analogen Submodalitäten benutzen, die Ihnen wichtig vorkommen (an Stelle von Größe und Helligkeit, welche Sie beim Standard-Swish benutzt haben). Lassen Sie Ihren Partner zunächst ein assoziiertes Bild der auslösenden Reize machen, und benutzen Sie dabei die Submodalitäten, die eine starke Reaktion hervorrufen (ein großes, helles Bild). Dann lassen Sie ihn ein dissoziiertes Bild davon machen, wie er selbst gerne sein möchte, und beginnen dabei mit dem genauen Gegenteil eben dieser Submodalitäten (einem kleinen, dunklen Bild). Wenn Sie den Swish durchführen, werden sich die Submodalitäten ändern und die Reaktion auf das erste Bild sich blitzschnell abschwächen, während die Reaktion auf das zweite Bild verstärkt wird. Kommen Sie in ungefähr einer halben Stunde zurück. Das, was Sie jetzt gemacht haben, stellt die Basis dar für die kunstvolle und präzise Anwendung des Swish. Sie können natürlich immer einfach den Standard-Swish versuchen. Wenn es mit dem nicht klappt, können Sie so lange andere Swish-Arten ausprobieren, bis Sie auf eine kommen, die funktioniert. Das ist sicher besser, als wenn man es gar

nicht mit einem anderen versucht. Noch besser natürlich ist es, genügend Information zu sammeln und dadurch genau zu wissen, was man tut; dann kann man vorhersagen, was funktionieren wird und was nicht. Haben Sie irgendwelche Fragen? Mann: Was machen Sie mit einem Klienten, der sich seiner inneren Prozesse nicht sehr bewußt ist? Wenn ich manche Klienten frage, wie sie Dinge in ihrem Inneren machen, zucken sie einfach mit den Schultern und sagen: "Ich weiß nicht." Man kann verschiedene Dinge tun. Man kann zum Beispiel immer weiter fragen, bis sie ihren inneren Prozessen Aufmerksamkeit schenken. Des weiteren können Sie eine Menge Fragen stellen und dabei die nonverbalen "ja/nein"-Antworten ablesen. Fragen Sie: "Reden Sie mit sich selbst?" und achten Sie auf die Reaktion, direkt bevor das verbale "Ich weiß nicht" kommt. Diese Technik wird in dem Buch "Therapie in Trance" (im Original: "Tranceformations") ausführlich diskutiert. Man kann auch die Problemsituation herstellen und das Verhalten der Person beobachten. Alle Verschiebungen in den Submodalitäten zeigen sich im äußeren Verhalten. Wenn jemand zum Beispiel ein Bild heller macht, dreht sich der Kopf nach hinten und oben; wenn aber ein Bild näher kommt, bewegt sich der Kopf gerade nach hinten. Wenn Sie Leute dabei beobachten, wie sie die Submodalitätsveränderungen vornehmen, können Sie sich auf die feinen Verhaltensveränderungen kalibrieren, die wir als "Zugangshinweise auf die Submodalitäten" bezeichnen. Dann können Sie diese Verschiebungen benutzen, um festzustellen, was jemand in seinem Inneren tut, selbst wenn er sich dessen nicht bewußt ist. Ich benutze diese Kalibrierung immer als Test, um sicherzugehen, daß der Klient auch das tut, was ich ihm sage. Wie bei allen anderen NLP-Techniken kann man um so unauffälliger arbeiten, je besser man versteht, wie Veränderung funktioniert, und je besser man auf Verhaltensreaktionen kalibriert ist. Manchmal zum Beispiel muß jemand den Swish ein paarmal üben. Sie können die Person bitten, es einmal zu tun, und dann fragen: "Haben Sie es richtig gemacht?" Um diese Frage beantworten zu können, muß sie es nochmal durchführen. Dann können Sie fragen: "Sind Sie sicher, daß Sie es richtig gemacht haben?", und sie muß es noch einmal machen. Sie wird es auf diese Weise auch schneller und leichter machen, weil sie sich nicht bewußt bemüht. Frau: Haben Sie Langzeitbeobachtungen über die Effektivität dieser Methode? Mich interessieren zwanzigminütige Nachuntersuchungen viel mehr. Langzeitbeobachtungen muß man nur dann machen, wenn man nicht

schon im Behandlungszimmer feststellen kann, daß sich jemand verändert hat. Überlegen Sie sich mal: Wenn Sie bei jemandem eine Veränderung herbeigeführt haben und diese Veränderung fünf Jahre bestehen bleibt — was wird dadurch bewiesen? Es sagt nichts darüber aus, ob die Veränderung nützlich ist oder nicht, oder aber ob die Sache sich noch hätte weiterentwickeln können. Sehen Sie, wenn Sie einer Frau dazu verhelfen, keine Wurmphobie mehr zu haben oder nicht mehr zwanghaft Schokolade essen zu müssen, handelt es sich dabei nicht um eine sehr tiefgreifende Errungenschaft, selbst wenn das Erreichte ein Leben lang anhält. Es ist wichtig, zu verstehen, daß das Swishmuster einer Person eine Richtung vorgibt, die schöpferisch ist und Entwicklungsmöglichkeiten bietet. Wenn ich Langzeitstudien gemacht habe von Leuten, mit denen ich den Swish durchgeführt habe, berichteten sie gewöhnlich, daß die Veränderung, die ich induziert hatte, zur Grundlage für alle möglichen weiteren erfreulichen Veränderungen geworden war. Das Swishmuster schreibt den Leuten nicht vor, wie sie sich zu verhalten haben, sondern hält sie auf einem Weg, der sie zielgerichtet zu dem hinführt, wie sie tatsächlich werden möchten. Für mich geht es bei der Veränderungsarbeit größtenteils darum, diese Richtung vorzugeben.

Nachwort

Es gibt ein Merkmal, das mehr als alles andere diejenigen auszeichnet, die wirklich wissen, was NLP ist. NLP ist nicht eine Reihe von Techniken, sondern eine Einstellung. Es ist eine Einstellung, die mit Neugierde zu tun hat und mit dem Wunsch, etwas über neue Dinge zu lernen, sie zu beeinflussen, und sie vor allem in einer Weise beeinflussen zu können, die nützlich ist. Alles ist veränderbar. Das sagte Virginia Satir, als ich sie zum ersten Mal in einem Workshop sah, und es ist tatsächlich ausnahmslos wahr. Jeder Physiker weiß das. Jeder Mensch läßt sich mit einem 45er Kaliber verändern — das nennt sich "Co-therapie mit den Herren Smith und Wesson". Eine weit interessantere Frage wäre, ob eine Veränderung nützlich ist oder nicht. Die Technologie, die Sie hier gelernt haben, ist äußerst wirkungsvoll. Ich hoffe, daß Sie über die Frage, wie Sie sie nutzen werden und wofür, sorgfältig nachdenken werden — nicht als Last, sondern mit der notwendigen Neugierde, um herauszubekommen, was erstrebenswert ist. Die Erlebnisse in Ihrem Leben, die auf längere Sicht Ihnen die größten Gewinne gebracht haben und die Grundlage Ihrer Fähigkeit darstellen, Freude, Zufriedenheit, Genuß und Glück zu erleben, haben Sie nicht notwendigerweise glücklich gemacht, als Sie sie durchlebten. Manchmal waren solche Erfahrungen vollkommen frustrierend. Manchmal waren sie verwirrend. Und manchmal waren sie für sich ein großer Spaß. Solche Erlebnisse schließen sich nicht gegenseitig aus. Behalten Sie das im Sinn, wenn Sie Erlebnisse für andere Menschen entwerfen. Ich bin mal in ein Flugzeug gestiegen, um zu einem Seminar in Texas zu fliegen. Der Kerl im Nebensitz im Flugzeug las ein Buch mit dem Titel "Die Struktur der Magie". Etwas auf der Buchhülle erregte meine Aufmerksamkeit. Ich fragte ihn, "Sind Sie ein Zauberer?" "Nein, ich bin Psychologe." "Warum liest denn ein Psychologe ein Buch über Magie?" "Da geht's nicht um Magie. Das ist ein ernsthaftes Werk über Kommunikation."

"Warum heißt es dann 'Die Struktur der Magie'?" Dann saß er drei Stunden da und erklärte mir, worum es in dem Buch ging. Was er mir über das Buch sagte, hatte nichts mit dem zu tun, was ich mir gedacht hatte, als ich das Buch schrieb. Man konnte die Beziehung beim besten Willen noch nicht einmal als flüchtig bezeichnen; er hatte den Anschluß im zweiten Kapitel verloren. Während er mir aber von dem Buch erzählte, stellte ich ihm Fragen wie: "Wie, genau?" und "Was, genau?" "Nun, wenn Sie es so ansehen..." "Wenn ich es so ansehen würde, was würde ich sehen?" "Nun, Sie nehmen dieses Bild, wissen Sie, und nehmen das andere Bild (er wußte nicht, daß die meisten Leute nicht ständig zwei Bilder haben), und Sie machen dieses Bild kleiner und das Bild größer..." Als er anfing, diese Dinge zu beschreiben, die für ihn ganz selbstverständlich waren, saß ich da und dachte: "Donnerwetter, das ist seltsam. Vielleicht gibt's hier eine ganze Welt, von der ich noch nichts weiß!" Er erzählte mir, daß er zufällig gerade auf dem Weg zu einem NLPWorkshop in Texas sei. Als er mich am nächsten Tag zur Tür hereinkommen sah, war er sehr erfreut, daß ich seinem Rat gefolgt war und beschlossen hatte, auch teilzunehmen... bis ich das Podium betrat und das Mikrofon zur Hand nahm! Er wird wahrscheinlich nie begreifen, daß ich aus dem Grund nicht einfach gesagt habe: "Ich habe dieses Buch geschrieben", weil ich mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen wollte, etwas zu lernen. Sehen Sie, immer wenn Sie glauben, daß Sie etwas vollkommen verstehen, ist der Zeitpunkt gekommen, um nach innen zu gehen und zu sagen: "Der Spaß geht auf meine Kosten." In diesen Momenten der Sicherheit nämlich können Sie sicher sein, daß fruchtloses Lernen eingesetzt hat und daß fruchtbarer Boden unerforscht geblieben ist. Es gibt natürlich immer viel Neues zu lernen. Das ist das Spaßige an NLP und auch seine Zukunft. Wenn Sie etwas so gut beherrschen, daß Sie es perfekt ausführen können, wird es zu einer Routine, die sich in nichts von der Bedienung einer Heftklammerpistole unterscheidet. Sie könnten eine Klinik gründen und die Leute zu sich kommen lassen und den ganzen Tag lang Phobien kurieren, immer und immer wieder. Das unterscheidet sich in keiner Hinsicht von anderen Routinearbeiten. Sie könnten aber auch beginnen, bei jedem neuen Klienten herauszufinden, wie Sie es interessanter und lohnender gestalten könnten, als nur eine Phobie zu beseitigen, so daß jemand nicht mehr vor einem Fahrtstuhl in Panik gerät.

Wie wäre es, wenn Sie es so machen, daß jemand gerne Fahrstuhl fährt? Warum kann man nicht herausfinden, wie Phobien funktionieren, und dann Phobien mit einem lohnenderen Inhalt hervorrufen? Es gibt Dinge, bei denen es sich lohnt, eine Phobie vor ihnen zu entwickeln! Haben Sie irgendwelche Angewohnheiten wie zum Beispiel die, zwanghaft Geld auszugeben? — gewalttätige Angewohnheiten? — Eßgewohnheiten? — Konsumgewohnheiten? Wie wäre es mit einer Phobie vor Stagnation und Langeweile? Das könnte Sie in interessante neue Gebiete führen. Wenn ich zu einem Seminar fahre, komme ich immer schon am Abend vorher an. Als ich kürzlich in Philadelphia war, wohnten eine Reihe "fortgeschrittener" NLPler im selben Hotel wie ich, und die meisten von ihnen kannten mich nicht. Als ich an die Bar ging, hörte ich, wie einer von ihnen gerade zu seinem Freund sagte: "Hoffentlich bringt er nicht nochmal mehr von diesem Submodalitäts-Kram; das weiß ich nämlich schon." Ich ging natürlich auf ihn zu und fragte: "Was, zum Teufel, ist eigentlich NLP?" — etwas, das ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen würde. "Nun, das ist schwer zu erklären." "Ja, Sie machen doch NLP, nicht wahr? Sind Sie gut? Verstehen Sie es?" "Oh ja, natürlich." "Also, ich bin ein einfacher Mensch. Können Sie als Experte mir etwas darüber erzählen? Ich gebe Ihnen einen aus, und dann erzählen Sie mir einfach was davon." In seinen wildesten Phantasien hätte er nicht einmal ahnen können, wie er sich am nächsten Morgen um halb zehn fühlen würde, als ich auf das Podium trat. Er konnte sich auch nicht vorstellen, daß er mir in der Bar mehr beigebracht hatte als ich ihm im Seminar in den nächsten drei Tagen. Ich möchte, daß Sie die Möglichkeit in Betracht ziehen, alles in ein Einführungsseminar zu verwandeln in der Gewißheit, daß man niemals so viel lernt, daß man auf das verzichten könnte, was es sonst noch zu lernen gibt. Viel zu oft vergessen die Leute, wie es ist, nicht zu wissen. Sie sagen: "Ja, ja, das klingt wie...", "Das ist das Gleiche wie...", "Ja, diesen ganzen Submodalitäts-Kram habe ich letztes Jahr alles gelernt..." Selbst ich habe noch nicht alles gelernt; wenn sie es also fertiggebracht haben, letztes Jahr alles zu lernen, würde ich es mir gerne beibringen lassen, damit ich mich nicht so anstrengen muß, es herauszubekommen!

Es besteht ein riesiger Unterschied zwischen Lernen und Entdecken, was es noch zu lernen gibt. Das ist der Unterschied, der den eigentlichen Unterschied ausmacht. Ich kann Dinge tun, die sie nicht einmal ahnen können. Aber das Gegenteil trifft natürlich auch zu. Da jeder Submodalitäten hat, fängt auch jeder etwas Interessantes damit an. Vielleicht ist Ihnen nicht bewußt, wie sie es machen, aber trotzdem sind sie fähig, einzigartige Muster zu kreieren und zu benutzen. Wenn Klienten zu Ihnen kommen und Sie fragen: "Auf welche Weise sind Sie gestört?", bekommen Sie tatsächlich eine Antwort. Sie dürfen allerdings nicht vergessen, daß die Klienten so gut "gestört" sind, daß sie ihr Problem wieder und wieder hervorrufen. Dadurch werden Sie immer wieder daran erinnert, daß es sich um eine Leistung handelt, egal, wie nutzlos, abscheulich oder abstoßend sie auch sein mag. Die Fähigkeit, sich von der Komplexität dieser Errungenschaft faszinieren zu lassen, unterscheidet einen Therapeuten, der generativ (d.h. den Handlungs- und Erlebensspielraum erweiternd) arbeitet, von einem, der sich darauf beschränkt, Symptome zu beseitigen. Ohne diese Neugierde werden Sie vor diesen nutzlosen, abscheulichen und abstoßenden Dingen stehen, ohne zu wissen, wie Sie sie beeinflussen können. Und ohne diese Beeinflussung werden die Menschen weiterhin Kriege um fremde Gebiete und um belanglose Differenzen führen und nicht in der Lage sein, neue Wege zu entdecken, die jedem zum Vorteil dienen. Die Essenz des generativen Arbeitens liegt darin, eine Welt zu schaffen, in der jeder gewinnt. In der Welt gibt es immer Möglichkeiten, aus einem Mangel ein Mehr zu machen, statt um das Wenige zu kämpfen und es aufzuteilen. Alles, was ein Mensch machen kann, stellt eine besondere Leistung dar, abhängig nur davon, wo und wann und wofür sie benutzt wird. Jeder von Ihren beiden Teilen kann sich darum kümmern, da jeder von beiden Ihren Bus fahren wird. Nachdem Sie nun wissen, wie, stellt sich die interessante Frage, wohin! Wenn Sie nicht in der Lage sind, Ihren Bus selbst zu steuern, ist es ziemlich egal, wo Sie hinfahren, weil Sie sowieso nicht ans Ziel gelangen werden. Wenn Sie jedoch lernen, wie Sie Ihr Gehirn benutzen können, wird dies zu einer Frage von überragender Bedeutung. Manche Leute fahren im Kreis. Manche fahren jeden Tag dieselbe Strecke. Andere fahren dieselbe Strecke, benötigen dafür jedoch einen Monat statt einen Tag. In unserem Gehirn steckt so viel mehr, als wir vermuten. Und außerhalb unserer eigenen Person gibt es so viel mehr zu entdecken, als wir mit unserer Neugierde jemals erfassen können. Nur die wachsende Neugierde macht es möglich, in Ihnen den Enthusiasmus aufsteigen zu

lassen, mit dessen Hilfe selbst die banalste oder auch die interessanteste Aufgabe lohnend, spannend und auch faszinierend wird. Ohne das ist das Leben wirklich nichts anderes als eine Warteschlange. Sie können in der Schlange lernen, die Fähigkeit zu beherrschen, ungeduldig mit einem Fuß auf den Boden zu klopfen, aber Sie können auch viel mehr machen. Und hier habe ich eine Überraschung für Sie: Ich habe entdeckt, daß das Leben nach dem Tod mit einem langen Warten in der Schlange beginnt. Deshalb sollten Sie dafür sorgen, daß Sie sich jetzt vergnügen. Diejenigen, die Spaß haben und mit großer Neugierde interessante, lohnende Sachen unternehmen, erwerben nämlich die Erlaubnis, in einer kürzeren Schlange zu stehen als diejenigen, die bloß die Fähigkeit erworben haben, in der Schlange zu warten. Wo immer Sie sich befinden und was immer Sie gerade tun, die hier erworbenen Fertigkeiten, Techniken und Werkzeuge bilden eine Grundlage dafür, sich zu vergnügen und neue Dinge zu entdecken. Dieser Mann, der mit mir nach Texas flog und mir erklärte, was NLP sei, unterscheidet sich nur in einem Punkt von mir. Als er sich am nächsten Morgen hinsetzte und bei meinem Anblick dachte: "Oh, mein Gott!", da war ihm nicht klar, daß ich von ihm etwas gelernt hatte. Das ist der einzige Unterschied zwischen mir und ihm. Ich wollte ihn damit nicht lächerlich machen; ich tat es einfach, um etwas zu lernen, weil ich neugierig war. Es war eine seltene und einmalige Gelegenheit. Und das gilt für jede Erfahrung in Ihrem Leben.

Anhang

Submodalitätsunterscheidungen Die untenstehende Aufstellung ist nicht vollkommen, und die Reihenfolge der Auflistung ist unwichtig. Welche Unterscheidungen treffen Sie intern, die Sie dieser Liste hinzufügen können? Visuell Helligkeit Größe Farbig/Schwarzweiß Farbsättigung Tönung Position Entfernung Kontrast Klarheit Schärfe Dauer Bewegung (Dia o. Film) Geschwindigkeit Richtung Dreidimensional/flach Horizontale oder Oberflächenbeschaffenheit

Perspektive (Blickwinkel) Assoziiert / Dissoziiert Vordergrund/Hintergrund Selbst/Kontext Schwingungsfrequenz oder Umrißgestaltung Anzahl bei Mehrfachbildern Enger Rahmen/Panorama Verhältnis Höhe zu Breite Orientierung (Kipprichtung, Drehung u.s.w.) Dichtigkeit Grad der Durchsichtigkeit Flackern Lichteinfallsrichtung Symmetrie Digitalinformation (Schrift) Vergrößerungsgrad vertikale Instabilität/Dichte (Körnigkeit)

Auditiv Tonhöhe Tempo (Geschwindigkeit) Lautstärke

Entfernung Kontrast Vordergrund/Hintergrund

Rhythmus Stetig / unterbrochen Klangfarbe Digital (Wörter) Assoziert / Dissoziiert Dauer Position

Klarheit Anzahl der Stimmen Symmetrie Einklang mit Kontext Externe/interne Tonquelle Stereo/Mono

Kinästhetisch Druck Position Umfang Umrißgestalt Temperatur Anzahl

Bewegung Dauer Intensität Oberflächenbeschaffenheit Frequenz (Tempo)

Eine nützliche Möglichkeit, kinästhetische Empfindungen zu unterteilen, geht folgendermaßen: 1) Taktil: die sensorischen Empfindungen auf der Haut. 2) Propriozeptiv: die sensorische Rückmeldung der Muskulatur und andere körperinterne Empfindungen. 3) Beurteilende Meta-empfindungen über andere Wahrnehmungen oder Repräsentationen, werden auch Emotionen, Gefühle oder viszerale Kinästhetik genannt. Gewöhnlich treten diese in der Brust, dem Bauch oder entlang der Mittellinie des Oberkörpers auf. Diese Gefühle sind keine direkten Empfindungen oder Wahrnehmungsinhalte, sondern Repräsentationen, die von anderen Empfindungen abgeleitet sind. Olfaktorische und Gustatorische Reize (Geruch und Geschmack) Die Begriffe, die von den Versuchsleitern in der Psychophysik verwendet werden (süß, sauer, salzig, bitter, verbrannt, aromatisch usw.), werden wahrscheinlich nicht nützlich sein. Das Ein- und Ausblenden eines Geschmacks oder eines Geruchs, sofern das in dem Erleben einer Person vorkommt, könnte recht nützlich sein. Geruch und Geschmack sind sehr wirksame Anker für die verschiedensten Zustände.

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