Rebecca das Musical Libretto

August 28, 2017 | Author: Sophie Webster | Category: Leisure
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Libretto for Rebecca das musical. Original Vienna Cast...

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Rebecca Libretto Original Vienna Cast ACT I PROLOG Runie von Manderley. Nacht. Der Zauber des Mondlichts erweckt die zerfallenen Mauern des vor Jahrzehnten ausgebrannten Herrenhauses Manderley zu spukhaftem Leben. Die Fenster erscheinen wie einst erleuchtet vorn Glanz der Lüster. Es ist die unwirkliche Vision eines Traums. Mrs. de Winter, als junge Frau nur "Ich" genannt, jetzt gereift und in ihren besten Jahren, löst sich aus den Schatten der Ruinen und kommt langsam nach vorne. ICH:

Ich hab geträumt von Manderley...

In dem Rest des alten Gemäuers erwachen die „Schatten" der Vergangenheit und raunen ... SCHATTEN: Modernde Steine und schwarze Fassaden, so geisterhaft und unnahbar. Schatten der Nacht, vor denen wir floh'n, raunen von dem, was war. ICH: Und der Mond scheint hell, und der Fliederduft ist so süss und sehnsuchtsschwer. Und wie damals liegt Unheil in der Luft, doch heut schreckt es mich nicht mehr. Ich hab geträumt von Manderley und der vergangenen Zelt, von Sehnsucht, Schuld und Dunkelheit und von Liebe, die befreit. Nach und nach treten die Schatten aus der Ruine. Indem sie Gestalt gewinnen, werden die diversen Akteure unserer Geschichte erkennbar. Und Rebeccas Geist schwebte unsichtbar durch das Haus und kam mir nah Und da war mir klar, ich entgeh' ihr nur, wenn ich weiss, was hier geschah ICH & SCHATTEN: Wir finden Stärke in Gefahr und Hoffnung in schwerer Zeit. Ich hab geträumt von Manderley und von Liebe, die befreit. wenn ich weiss, was hier geschah. ICH & SCHATTEN: Wir finden Stärke in Gefahr und Hoffnung in schwerer Zeit. Ich hab geträumt von Manderley und von Liebe, die befreit. Die Schatten ziehen sich zurück und verschwinden im Dunkel. Die Traumvision von Manderley löst sich auf, während die Szenerie wechselt.

ICH: Alles fing in Frankreich an, damals im April Neunzehnhundertsechsundzwanzig, in der Eingangslounge eines Grand Hotels in Monte Carlo... Sie geht ab. Lichtwechsel. ERSTER AKT Szene 1 Hotellobby. 24. April 1926. Die Eingangshalle eines der besten Hotels der Zwanziger Jahre. Bequeme Sitzgruppen unter Kronleuchtern zwischen Marmorsäulen und Kübelpalmen. Dahinter die Hotelrezeption. Seitwärts der Hotellift. Mrs. Van Hopper, eine kleine korpulente Dame Mitte Fünfzig, sitzt auf einem der Sofas. Ein Kellner serviert Kaffee. Sie lässt mit einer Lorgnette vor den Augen den Blick suchend durch die Halle schweifen. MRS. VAN HOPPER (zu dem Kellner): Sie kennen doch meine Gesellschafterin. Haben Sie sie gesehen? KELLNER: Nein, bedaure Madame. Die Tür des Hotellifts öffnet sich. "Ich" tritt auf Sie ist jetzt wesentlich jünger als in der ersten Szene, eine schüchterne und unsicher aufiretende Frau Anfang zwanzig. Sie hält eine Illustrierte in der Hand. MRS. VAN HOPPER: Da bist du ja endlich! Wo um Himmels Willen warst du so lang? ICH:

Ich musste noch die Modezeitschrift holen...

MRS. VAN HOPPER: Warum denn das? ICH:

Sie wollten sie lesen, Mrs. Van Hopper.

MRS. VAN HOPPER: Ich bezahle für Deine Gesellschaft, mein Kind, und ich hass es zu warten. ICH:

Sorry, Mrs. Van Hopper.

MRS. VAN HOPPER: Keine Sahne! - Dieser Kellner ist ein Vollidiot. ICH:

Ich ruf ihn, Mrs. Van Hopper.

"Ich" hebt die Hand, um den Kellner zu rufen. Bitte, Monsieur. MRS. VAN HOPPER: Nenn ihn nicht Monsieur! Und bitte ihn nicht. ICH (lächelnd): Bittesehr, etwas Sahne. MRS. VAN HOPPER: Mein Gott! In Fünf-Sterne-Hotels

schenkt der zahlende Gast dem Kellner kein Lächeln. ICH:

Sorry, Mrs. Van Hopper.

MRS. VAN HOPPER: Statt Bitte zu sagen, das merk dir, mein Kind, gibt man hier Befehle. Der Kellner bringt das Sahnekännchen. ICH:

Ja, Mrs. Van Hopper.

MRS. VAN HOPPER: Verwahrlost und elternlos kamst du zu mir. Ich nahm dich aus Mitleid. ICH:

Das weiss ich, Mrs. Van Hopper.

MRS. VAN HOPPER: Zum Dank muss ich mich täglich für dich genier'n, und mehr und mehr wird mir klar: Mrs. Van Hopper giesst etwas Sahne in ihren Kaffee und steckt dann ihre halbgerauchte Zigarette in das Sahnekännchen. Du wirst niemals eine Lady, weil dir jede Klasse fehlt. Du wirst immer eine kleine, unscheinbare, scheue graue Maus sein. So sehr ich mich auch quäle, ganz egal, was ich erzähle. Dir fehlt, worauf es ankommt. Nein, du wirst niemals eine Lady sein. "Ich" hört nicht wirklich zu, denn sie beobachtet den Auftritt eines eleganten Herrn Anfang vierzig. George Fortescue Maximilian de Winter (Maxim) spricht mit dem Rezeptionisten und geht zum Aufzug. Hörst du mir zu? Was gibt's zu glotzen? In Fünf-Sterne-Hotels, das merk dir, mein Kind, begafft man nicht Fremde. ICH:

Sorry, Mrs. Van Hopper.

Mrs. Van Hopper greift nach ihrer Lorgnette und betrachtet Maxim de Winter. MRS. VAN HOPPER: Oh! Hallo! Na, so was! Das ist ja Mr. de Winter. ICH:

Ein Bekannter von Ihnen?

MRS. VAN HOPPER: Liest du keine Illustrierten? ICH:

Ich lese lieber Bücher, Mrs. Van Hopper.

MRS. VAN HOPPER: In feiner Gesellschaft muss man wissen, mein Kind, wer begehrt und verehrt wird. Auf dem Weg zum Ausgang durchquert Maxim die Halle. Mrs. Van Hopper hebt den Arm und winkt ihm zu. Mr. de Winter! Hallo! Hier! Maxim bleibt stehen, unsicher, woher ihn diese Frau kennt. MAXIM:

Guten Abend.

MRS. VAN HOPPER: Erinnern Sie sich? Edith Van Hopper. Park Avenue, New York! Setzen Sie sich doch, {zu "Ich') Sag dem Kellner, er soll noch eine Tasse bringen. Mr. de Winter wird seinen Kaffee mit uns einnehmen. Er winkt dem Kellner und setzt sich. MAXIM: Ich muss Ihnen leider widersprechen. Sie beide werden ihren Kaffee mit mir einnehmen. MRS. VAN HOPPER: Ich habe Sie sofort erkannt, Mr. De Winter. Was für eine angenehme Überraschung. Ich dachte Sie sind um diese Zeit in Manderley, Ihrem verwunschenen Schloss in Cornwall. MAXIM:

Manderley ist schön, aber nicht so sonnig.

Maxim mustert "Ich", die vergebens vorgibt, sein Interesse nicht zu bemerken. Für einen langen Moment treffen sich ihre Blicke. MRS. VAN HOPPER: Ja, das Wetter ist gut in Monte. Allerdings ist momentan wenig los hier. Ich langweile mich grässlich. Aber jetzt habe ich ja Sie getroffen. Gemeinsam werden wir das Beste daraus machen. MAXIM (ZU "Ich"): Und wie gefällt Ihnen Monte Carlo? ICH:

Na ja, ich ... ich finde es irgendwie ... unwirklich ...

MRS. VAN HOPPER: Sie ist verwöhnt, Mr. de Winter. Die meisten Mädchen in ihrem Alter würden ihr Augenlicht dafür geben, einmal Monte zu sehen. MAXIM:

Ich denke, das wäre der Sache nicht sehr dienlich.

MRS. VAN HOPPER: Hat Ihr Butler schon Ihre Sachen ausgepackt? MAXIM:

Ich habe keinen Butler. Vielleicht macht es Ihnen Spaß, mir zu helfen.

MRS. VAN HOPPER: Ich? Sie scherzen. (Wendet sich an "Ich") Vielleicht solltest du Mr. de Winter zur Hand gehen. Kofferauspacken kannst du ja. MAXIM: Ein charmantes Angebot, aber mein Motto heißt: Selbst ist der Mann. Es war mir ein Vergnügen, meine Damen. Maxim geht ab. MRS. VAN HOPPER: Sehr abrupt, dieser Abgang. Ich fürchte, mein Kind, du hast ihn vertrieben.

ICH:

Ich?

MRS. VAN HOPPER: Deine vorlaute Antwort war sehr peinlich, mein Kind. Du hast ihn verärgert. ICH:

Das war nicht meine Absicht.

MRS. VAN HOPPER: DU hast die Unterhaltung auf dich gelenkt; und mich und dich blamiert. ICH (ganz in Gedanken): Ich traf noch keinen Mann wie ihn, so seltsam, so geheimnisvoll. Ich hoff, ich seh ihn wieder. MRS. VAN HOPPER: Du hast nicht sein Niveau, mein Kind! Du wirst niemals eine Lady, weil dir jede Klasse fehlt. Du wirst immer eine kleine, unscheinbare, scheue graue Maus sein. So sehr ich mich auch plage, es ist sinnlos, was ich sage. Es fehlt dir die Nonchalance, Darling! Die Contenance und Elegance! Nicht die geringste Chance, Darling! Aus dir wird keine Lady, das steht fest! Und jetzt komm! Mir geht's miserabel. Ich glaube, ich krieg' eine Grippe. Ich werde morgen im Bett bleiben. Sie gehen ab in Richtung Aufzug, während es dunkel wird und die Szene sich verwandelt.

ERSTER AKT Szene 2a Hotelterrasse. Am nächsten Morgen. Die reguläre Frühstückszeit ist schon vorüber. Die Gäste sitzen unter einer Markise auf der sonnenbeschienenen Hotelterrasse an Bistrotischen, genießen die Aussicht und tauschen den neuesten Klatsch aus. An einem der Tische, ganz vorn an der Rampe, sitzt Maxim und liest eine englische Zeitung. GAST 1: Ist das nicht ... GÄSTE: Bitte wo? GAST 1: Max de Winter. An dem Tisch da vorn. GAST 2: De Winter? GAST 3: Stimmt. GAST 1: In der Tat.

GAST 4: Zweifellos. GÄSTE: Bitte wer? GAST 5: Stinkreicher Adelsspross. Er lebt in einem Schloss. GAST 3: Manderley. GAST 1: Armer Kerl. GÄSTE: Bitte wie? GAST 3: Es ist tragisch. GAST 6: Ja, ich las davon. GAST 4: Er kam im Rolls Royce wie letztes Jahr. GAST 3: Wirklich schlimm. GÄSTE: Bitte was? GAST 2: Wovon reden Sie? GAST 3: Es stand in jeder Zeitung. Gäste: Was? GAST 1: Er verlor unerwartet seine Frau GÄSTE 1 BIS 6: Rebecca. GÄSTE 1, 4, 5: Welch ein Schlag! GÄSTE 1 BIS 6: Jeder sah, der Mann vergötterte Rebecca. Maxim lässt die Zeitung sinken. Die Gäste verstummen. "Ich" tritt auf. Der Oberkellner führt sie zu dem freien Tisch neben dem Tisch von Maxim de Winter. OBERKELLNER: Wie geht es Mrs. Van Hopper? ICH:

Sie hat Halsschmerzen. Die übliche Grippe, denke ich.

OBERKELLNER: Bitte sehr, Mademoiselle. "Ich " ist im Begriffsich hinzusetzen, als sie Maxim am Nebentisch entdeckt. Sie dreht sich abrupt um und schüttet dabei ungeschickterweise die kleine Blumenvase um, die auf dem Tisch steht. Erschrocken stellt sie die Vase wieder auf und wischt mit ihrer Serviette das Wasser weg. Sowohl der Oberkellner als auch Maxim haben das Missgeschick beobachtet. Ein Hilfskellner kommt gelaufen. Maxim winkt den Oberkellner herbei... MAXIM: Lassen Sie das, und legen Sie hier noch ein Gedeck auf. Mademoiselle wird mit mir frühstücken. ICH:

Nein, nein. Das geht doch nicht.

MAXIM:

Wollen Sie vor einem nassen Tischtuch sitzen?

ICH:

ES macht mir nichts aus. Wirklich nicht.

MAXIM:

Dummes Zeug. Kommen Sie. Ich wollte Sie ohnehin bitten, sich zu mir zu setzen.

ICH:

Das ist... sehr freundlich von Ihnen.

Sie nimmt an seinem Tisch Platz. Verlegenes Schweigen. Ein Kellner serviert Kaffee und Croissants. MAXIM:

Sie müssen mir verzeihen. Ich war ziemlich unhöflich gestern Abend.

ICH:

Das fand ich nicht. Mir schien eher, dass Mrs. Van Hopper ...

MAXIM:

Ihre Freundin?

ICH: Ich bin angestellt bei ihr. Als Gesellschafterin. Dafür zahlt sie mir neunzig Pfund im Jahr. MAXIM:

Ich wusste nicht, dass man Gesellschaft kaufen kann.

ICH:

Was soll ich tun? Ich brauche das Geld.

MAXIM:

Haben Sie denn keine Verwandten?

ICH:

Nein. Sie sind alle gestorben.

MAXIM: Aussicht.

Waren Sie hier schon mal in den Bergen? Man hat von dort eine fantastische

ICH:

Nein. Mrs. Van Hopper geht keinen Schritt aus dem Hotel.

Maxim steht auf. MAXIM:

Dann vergessen wir doch das hier. Wir können ja irgendwo einkehren.

ICH:

Ja, aber ich kann doch nicht einfach ...

MAXIM: vorfahren.

Ach, was! Holen Sie sich was zum Überziehen. Ich lasse inzwischen den Wagen

Maxim und "Ich" gehen in verschiedene Richtungen ab. Die Gäste stecken die Köpfe zusammen. GAST 2: Kann das sein? GÄSTE: Geht das an? GAST 2: Ist er freundlich oder flirtet er? GAST 1: Das ist doch nicht sein Niveau. GAST 6: Vielleicht doch. GÄSTE: Interessant. GAST 4: Hab ich richtig gehört? GAST 3: Er macht heut einen Ausflug mit ihr.

GAST 5: Warum nicht? GÄSTE: Allerhand! GAST 2: Kaum zu glauben. GAST 1: Ist der Mann denn blind? Sie ist noch ein Kind. GAST 2: Ein Domestik. GAST 5: Er sucht Trost. GÄSTE: Degoutant! GAST 6: Es gehört sich nicht. GAST 3: Ich glaub nicht, dass er etwas von ihr will. ALLE: Er verlor doch erst kürzlich seine Frau Rebecca. Welch ein Schlag! Es ist klar, dass er noch trauert um Rebecca. Die Gäste erstarren und werden zur Silhouette. An anderer Stelle der Bühne fällt das Licht auf eine vignette-artige Szene mit Maxim und "Ich ".

ERSTER AKT Szene 2b Klippe. Beide stehen am Rand einer Klippe hoch über dem Meer. Maxim blickt wie gebannt in den Abgrund. "Ich " geniesst den Moment, bis sie bemerkt, dass der Mann neben ihr wie hypnotisiert angezogen zu sein scheint von der Gefahr des Absturzes. ICH: Wirklich, die Aussicht ist atemberaubend. Der Sonnenglanz, das blaue Meer. Die weissen Punkte dort — Segel im Wind! Möwen tief unter mir. Mr. de Winter? Was ist mit Ihnen? Der Wind ist kalt. Ich warte im Wagen auf Sie. Als sie gehen will, erwacht Maxim aus seiner Erstarrung. Er hält sie zurück, zieht sein Jackett aus und legt es ihr über die Schultern. MAXIM:

Verzeihn Sie mir. Eine dunkle Erinnerung...

ICH: Sie sind sehr unglücklich, Mr. de Winter. Er blickt ihr in die Augen und streicht ihr sanft übers Haar. MAXIM:

Nennen Sie mich Maxim. So nennen mich alle meine Freunde.

GÄSTE: Er verlor unerwartet seine Frau Rebecca. Welch ein Schlag! Jeder sah: Der Mann vergötterte Rebecca. In einer weiteren Vignette sitzt "Ich " mit einem Zeichenblock auf einem Felsen. Sie skizziert ein Bauernhaus. Maxim sieht ihr über die Schulter. MAXIM:

Sie zeichnen wirklich gut. Sie haben Talent.

ICH:

Das habe ich von meinem Vater.

MAXIM:

Er war Künstler?

ICH:

O ja. Maler. Seiner Zeit weit voraus.

MAXIM:

Er fehlt Ihnen wohl sehr?

ICH:

Mein Vater war ein wunderbarer Mensch.

MAXIM: Mir scheint, wir beide haben etwas gemeinsam, Sie und ich. Wir stehen beide allein in der Welt. ICH:

Da. Das Bild ist fertig

MAXIM:

Für mich?

ICH: Als kleines Dankeschön. Für jede Stunde mit Ihnen. Durch Sie hab ich erfahren wie schön ein Augenblick sein kann. Ich möchte die Tage aufbewahren, verschliessen in einem Flakon. Wie ein kostbares Parfüm ... Er küsst sie. Die Szene verschwindet. In einem Lichtspot steht Mrs. Van Hopper vor "Ich". MRS. VAN HOPPER: Wir reisen morgen ab. Ich muss wieder nach New York. Das alte Europa macht mich krank. ICH:

Schon morgen? MRS.

VAN HOPPER: Ich werd' nicht schlau aus dir, Kind. Ich dachte, du machst dir nichts aus Monte Carlo. ICH:

Ich hab mich dran gewöhnt.

MRS. VAN HOPPER: Worauf wartest du? Fang an zu packen. Mrs. Van Hopper geht ab.

ERSTER AKT Szene 3a Mrs. Van Hoppers Suite. Im Vorzimmer der Suite stapeln sich die gepackten Koffer und Reisetaschen. Alles ist fertig zur Abreise. "Ich " blickt nervös auf die Uhr, nimmt zum wiederholten Mal den Hörer des Telefons ab und wählt.

ICH: Hallo ... Rezeption? Verbinden Sie mich mit Mr. de Winters Zimmer. (Pause) Sind Sie sicher ? (Pause) Nein, danke. Merci beaucoup, Monsieur. Sie hängt auf. Lieber Gott! Ich möchte ihn noch einmal sehen. Sie kämpft mit den Tränen. Nein, ich weine nicht. Statt mich selber zu bedauern, möchte ich dankbar sein für das, was war. Mir bleibt ja die Erinnerung ... Etwa an den Tag über der Küste. Du sahst wie gebannt hinab aufs Meer. Weil mir kalt und schwindlig war, wollte ich zurück zum Wagen gehn. Da hielt deine Hand mich fest. Du hast mich angesehn und sanft mein Haar berührt. Ich wünsch mir, ich würde wissen, wie Erinnerung lebendig bleibt, wie man den Augenblick, in dem das Schweigen sang, vor dem Vergehn bewahrt. Ich wollte, ich wüsst', wie man Zeit in eine Flasche füllt. Dann müsst' ich sie nur öffnen, und schon war alles wieder so wie es war. Ich sah ins Blau mit dem Fahrtwind in den Haaren und hab mir ausgemalt, wie schön es war, könnt' ich dir geben, was dir fehlt ... Und du hast wohl geahnt, woran ich denke. Du hast gesagt: "Ich mag dich wie du bist." Barfuss gingen wir am Strand, Sonnenstrahlen tanzten auf dem Meer, und du hast mich angesehn, als ob du Hilfe brauchst. Dann hast du mich geküsst. Ich wünsch mir, ich würde wissen, wie man festhält, was nicht greifbar ist den Zauber eines Blicks, die Wahrheit eines Traums, das Wunder des Verstehns. Denn würde ich wissen, wie man Glück in eine Flasche füllt,

müsst ich sie nur öffnen, und schon war jeder Moment wieder wahr. Mir war ja von Anfang klar, dass es nicht dauern kann. Und doch gibt es nichts zu bereuen. Jedes Bild, jedes Wort lebt in mir fort. Maxim tritt auf. Sie bemerkt nicht, dass er ins Zimmer getreten ist. An der Tür stehend hört er ihr zu. Ich wünsch mir, ich würde wissen, wie Erinnerung lebendig bleibt, wie man den Augenblick, in dem die Sehnsucht starb, vor dem Vergehn bewahrt. Und dass ich dich verlier, fiele mir nicht ganz so schwer, bliebe mir die Zeit in einer Flasche. Die Zeit, die ich hatte mit dir. MAXIM:

Lass die Flasche lieber zu, manchmal steckt ein Dämon drin.

ICH:

Oh, Maxim. Wie gut, dich noch einmal zu sehen.

MAXIM:

Was soll das denn heißen?

ICH:

Mrs. Van Hopper will abreisen. Wir fahren nach New York.

MAXIM:

Und du begleitest sie?

ICH: Ich muss. Du weißt ja, ich bin ihre Angestellte. Ich kann es mir nicht leisten, wählerisch zu sein. MAXIM: Na gut, Mrs. Van Hopper will also wieder heim. Ich auch. Sie fährt nach New York, und ich nach Manderley. Wo möchtest du hin? Du kannst wählen. ICH:

Bitte, Maxim! Lass die Scherze. Mach es mir nicht noch schwerer.

MAXIM: Vor dem Frühstück mache ich nie Scherze. Entscheide dich. New York oder Manderley. ICH:

Soll das heißen, du bietest mir eine Stellung an ... als Sekretärin oder so?

MAXIM:

Nein, kleiner Dummkopf. Ich frag dich, ob du mich heiraten willst.

ICH:

DU fragst ... was?

MAXIM:

Ich will, dass du meine Frau wirst. Was hältst du davon?

ICH:

Ich ... Ich weiß nicht. Ich gehör doch nicht in deine Welt.

MAXIM:

Also nein. Und ich dachte, du liebst mich.

ICH:

Aber das tu ich ja. Ich liebe dich. Mehr als alles auf der Welt.

Sie wirft sich in Maxims Arme. Er küsst sie. MAXIM:

Manderley wird dir gefallen. Mrs. Van Hopper tritt auf; sie ist reisefertig.

MRS. VAN HOPPER: Bist du soweit? Wir müssen noch die ... Sie sieht Maxim. Ooooh, Mr. de Winter! Was für eine unerwartete Freude! Sie wollen mir Adieu sagen? Wie nett von Ihnen. MAXIM: Mhm ... um ehrlich zu sein, wollte ich Ihnen nur mitteilen ... Ihre Gesellschafterin wird Sie nicht nach New York begleiten können. MRS. VAN HOPPER: Wieso das? MAXIM:

Wir heiraten.

Mrs. Van Hopper: Wie bitte ... ? MAXIM: Ich wünsche Ihnen eine gute Reise, Mrs. Van Hopper. Grüßen Sie New York von uns. Ich lasse inzwischen dein Gepäck auf meine Suite bringen. Bevor sich Mrs. Van Hopper von dem Schock erholen kann, geht Maxim ab. Mrs. Van Hopper atmet tief ein und mustert "Ich " mit einem prüfenden Blick. MRS. VAN HOPPER: Offenbar hab ich dich unterschätzt. Weiß Gott, stille Wasser sind tief. Tennisstunden, das ich nicht lache! Du hast mich hintergangen. ICH:

Dass Sie das denken, Mrs. Van Hopper, tut mir leid.

MRS. VAN HOPPER: DU solltest dir selbst leid tun. Was glaubst du denn, was dich dazu befähigt, Herrin von Manderley zu werden? ICH:

Ich liebe ihn.

MRS. VAN HOPPER: Rebecca de Winter war eine Dame von Welt. Von ihren Gesellschaften sprach ganz England. ICH:

Ich werde ihn nicht enttäuschen.

MRS. VAN HOPPER: Mach dich nicht lächerlich! Lady de Winter, ha! Mit einem abschätzigen Lächeln verabschiedet sich Mrs. Van Hopper, dreht sich um und geht ab, während an anderer Stelle Maxim erscheint. Er hält ein Hochzeitsbukett in der Hand.

ERSTER AKT Szene 3b Italien. Instrumentalmusik. Maxim wirft "Ich" den Strauß zu. Sie fängt ihn auf. Provencalische Landbewohner. Tanz. Ein Standesbeamter traut die beiden. Kinder streuen Rosenblätter. Szenen einer unbeschwerten Hochzeitsreise. Lachen, Umarmungen, Küsse. Ein Gondoliere verbeugt sich und führt die beiden von der Bühne, während sich die Szene verwandelt.

ERSTER AKT Szene 4 Halle von Manderley. Sieben Wochen später. Die Angestellten des Herrenhauses bereiten die Ankunfi der Herrschaft vor. Bedienstete putzen, polieren, bringen Vasen, arrangieren Blumen, etc. Mrs. Danvers, die hagere, schwarzgekleidete Haushälterin, beaufsichtigt die Arbeiten mit militärischer Strenge. BEDIENSTETE: Wiener und wisch Tisch für Tisch, Schrank um Schrank. Das Holz muss glänzen! Putz und polier da und hier Stück für Stück. Heut' kommen sie zurück. Fein und rein soll es sein für den Herrn von Manderley und die vollkommen neue Mrs. de Winter. Gleich wird man sehn, was und wen unser Herr aus Frankreich mitbringt. Wir glaubten schon, dass er immer Witwer bleibt, aber wir kriegen hier eine neue Mrs. de Winter. Das Licht lenkt die Aufmerksamkeit auf Mrs. Danvers, die mit sich selbst spricht. MRS. DANVERS: Selbst wenn sie eine Fürstin war, was will sie hier in Manderley? Für mich gibt es auf dieser Welt nur eine Mrs. de Winter! Liebevoll wischt sie den Staub vom Rahmen eines großformatigen Portraits von Rebecca, das in der Halle hängt. Denn ruht dein Körper auch im Grab, dein Geist ist noch in Manderley. Und keine nimmt dir deinen Platz. Niemals! Frank Crawley, der Gutsverwalter von Manderley, tritt auf. FRANK CRAWLEY (Zu Mrs. Danvers): Sie kommen an irgendwann zwischen fünf und sechs vermutlich.

MRS. DANVERS: Dinner um Acht? FRANK CRAWLEY: Das ist zu spät. MRS. DANVERS: Früher geht es nicht FRANK CRAWLEY (ZU Robert, dem Kammerdiener): Das Appartement? ROBERT: Blumen stehn. Lüster strahl'n. Im Kamin das Feuer brennt. BEDIENSTETE: Für die neue Mrs. de Winter! Wie wird sie sein? Kühl und fein oder hart und überheblich? Mischt sie sich ein, oder hält sie sich zurück? Sicher ist nur, sie wird uns're neue Mrs. de Winter. Früh, ein älterer Butler, tritt auf FRITH: Potter rief an. Sie passierten das Tor im Cabrio, grad als es anfing zu regnen. Robert kommt mit einem Regenschirm, den er Frank Crawley gibt. Frith und Frank Crawley gehen ab, um Mr. und Mrs. de Winter in der Einfahrt zu empfangen. CLARICE, ein Dienstmädchen: Ankunft bei Regen! Das bringt sicher Unglück! Mrs. Danvers blickt in kühler Erwartung zur halboffenen Eingangstür, ein Teil der Bediensteten schaut durchs Fenster zur Auffahrt. BEDIENSTETE AM FENSTER: Jetzt kommt der Wagen heraus aus dem Wald. Das Verdeck ist noch offen, obwohl es doch regnet! MRS. DANVERS (ZU den Bediensteten): Angetreten zum Empfang in Reih und Glied! Die Bediensteten treten in langer Reihe an. Von draußen hört man den Wagen auf der gekiesten Einfahrt halten. Der Motor stirbt. Das Rauschen des Regens. Gedämpfte Stimmen "Guten Abend, Frith. "— "Willkommen, Mr. de Winter. "Die Wagentüren schlagen zu, Schritte

auf der Treppe zum Eingang. "Ich" und Maxim treten auf gefolgt von Frith. "Ich " ist vollkommen durchnässt, das nasse Haar klebt ihr im Gesicht. MAXIM (leise): Ach, du lieber Himmel, Frith! Die ganze Belegschaft! FRITH: Anweisung von Mrs. Danvers, Sir. MAXIM (ZU "Ich"): Keine Sorge. Dauert nicht lang. Frank Crawley kommt auf Mr. und Mrs. de Winter zu. FRANK CRAWLEY: Willkommen, Maxim. MAXIM: Freund.

Frank! Das ist Frank Crawley. Der Verwalter von Manderley, und mein bester

FRANK CRAWLEY: Guten Abend, Mrs. de Winter. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich an mich. "Ich" reicht Frank Crawley die Hand. Währenddessen wendet sich Maxim den angetretenen Bediensteten zu. ICH:

Freut mich, Mr. Crawley ... Frank.

MAXIM: Guten Abend. (Pause.) Sie sind neu, nicht wahr? (Pause.) Ah, Mrs. Rutherford, wie geht es Ihnen? MRS. RUTHERPORD: Danke, gut Sir. Schön dass Sie wieder da sind. MAXIM:

Das ist meine Frau, Mrs. de Winter. Schön, Sie alle wiederzusehen.

ROBERT: Willkommen zuhause, Mr. de Winter. MAXIM (ZU "Ich"): Danke Robert. Das ist unsere Haushälterin, Mrs. Danvers. MRS. DANVERS (mustert "Ich"): Ich werde Clarice bitten, Ihnen zur Hand zu gehen, solange Ihr Mädchen noch nicht da ist. ICH: Ich ... ich habe kein Mädchen. MRS. DANVERS: SO? MAXIM:

Mrs. de Winter ist müde. Ist ihr Zimmer hergerichtet?

MRS. DANVERS: Jawohl, Mr. de Winter. Wie von Ihnen gewünscht. Die Gästesuite im Ostflügel wurde renoviert. Die Räume über dem Rosengarten. Jeweils ein Schlaf- und Ankleidezimmer für Sie und die gnädige Frau. MAXIM:

Nun, dann führen Sie sie hinauf. Wir sehn uns beim Abendessen, Darling.

MRS. DANVERS: Madam. Mrs. Danvers, das Dienstmädchen Clarice und "Ich"gehen nach links, Maxim, Frank Crawley und Frith gehen nach rechts ab. Die Bediensteten stecken die Köpfe zusammen. GRUPPE 1: Sehr interessant. Allerhand. Wer von uns hätt' das erwartet? So haben wir uns die Frau

nicht vorgestellt. Doch gleich wie, jetzt ist sie uns're neue Mrs. de Winter." Man muss sie nehmen wie sie ist! Denn in ihr haben wir hier uns're neue ... GRUPPE 2 (gleichzeitig): Sie ist leis, doch wer weiss, vielleicht ist sie nur sehr müde. Sie lebt sich sicherlich sehr schnell ein. Jedenfalls ist sie jetzt unsere neue Mrs. de Winter, und wir sind da, um ihr zu dienen. Denn sie ist Uns're ... BEDIENSTETE: Mrs. de Winter!!! Black Out. Verwandlung. ERSTER AKT Szene 5 Morgenzimmer. Ein sehr weibliches Zimmer. Jedes Möbelstück ist mit Bedacht gewählt und die Harmonie der Farben lässt einen sicheren Geschmack erkennen. An prominenter Stelle steht ein weißer Sekretär. Auf der Bank vor dem großen Fenster zum Park sind zahlreiche Blumentöpfe mit blühenden und blütenlosen Orchideen aufgereiht, die Mrs. Dan vers pflegt und gießt. MRS. DANVERS: Orchideen sind ganz besondre Blumen. Manchmal sehn sie aus, als wären sie tot. Aber irgendwann, ganz unerwartet, blühn sie wieder weiss und dunkelrot. Sie starb, sagt man und glaubt daran. Doch ich weiss es besser. Sie ergibt sich nicht. Man besiegt sie nicht. Sie ist stark, der Macht des Todes unterliegt sie nicht.

Nein, man sieht sie nicht! Doch ich spür, sie ist hier und lebt noch. Sie hört uns. Sie sieht uns. Sie ergibt sich nicht. Orchideen warn ihre Lieblingsblumen, rätselhaft wie sie und fremdartig schön. Und auch die verblühten und verdorrten Hess sie immer hier am Fenster stehn. Sie starb, sagt man und läge im Grab. Doch ich weiss es besser. Sie ergibt sich nicht. Man besiegt sie nicht. Sie ist stark, der Macht des Todes unterliegt sie nicht. Nein, man sieht sie nicht! Doch ich spür', sie ist hier und lebt noch. Sie hört uns. Sie sieht uns. Sie klagt und spricht mit mir. Kein Mann dieser Welt war ihr je genug. Sie war stolz und frei, sie war selbstbewusst und klug. Kein Mann konnte für sie je wichtig sein. Diese Art von Liebe gab ihr nichts. Sie ergibt sich nicht. Man besiegt sie nicht. Sie ist stark, der Macht des Todes unterliegt sie nicht. Nein, man sieht sie nicht! Doch ich spür, sie ist hier und lebt noch. Sie hört uns. Sie sieht uns. Sie ergibt sich nicht. Man besiegt sie nicht. Sie ergibt sich nicht. Sie ergibt sich nicht. "Ich " hat das Zimmer betreten. Mrs. Danvers bemerkt sie. MRS. DANVERS: Kann ich etwas für Sie tun?

ICH: Nein, danke. Mein Mann ist sehr beschäftigt, deshalb schau' ich mich allein ein wenig um, damit ich die Räume einigermaßen kennenlerne. Mrs. Danvers stellt die Gießkanne ab. MRS. DANVERS: Das ist das Morgenzimmer. Hier hat Mrs. de Winter nach dem Frühstück ihre Korrespondenz und ihre Telefonate erledigt. Das ist ihr Sekretär. Das Gästebuch. Ihr Briefpapier. Und in der Schublade hier - ihr Telefonbuch, ihre Visitenkarten und ihr Kalender. Ich (liest): Rebecca de Winter. MRS. DANVERS: Das ist ihr Amor. Der Gott der Liebe. Mrs. de Winter mochte die kleine Skulptur sehr gern. ICH: Sie sind wohl schon sehr lange auf Manderley. MRS. DANVERS: Ich kam mit Mrs. de Winter hierher, als sie heiratete. Ich war immer für sie da. Seit ihrer Kindheit. ICH: Die Vorbereitung meiner Ankunft hat Ihnen sicher viel Arbeit gemacht. MRS. DANVERS: Ich habe lediglich Mr. de Winters Anweisungen ausgeführt. ICH: Ich hoffe, wir werden Freunde und was den Haushalt angeht, so überlasse ich alles Ihnen. Machen Sie alles wie bisher. MRS. DANVERS: Wie Sie wünschen, Madam. Falls Sie noch etwas brauchen, das ist das Haustelefon. Ich nehme an, Sie wollen jetzt Ihre Briefe schreiben. ICH: Meine Briefe? Mrs. Danvers geht zur Tür, doch sie wendet sich noch einmal um. "Ich" setzt sich an den Sekretär. Sie nimmt den Amor in die Hand, um ihn zu betrachten. Als sie Stimmen im Gang hört, lässt sie die Porzellanfigur fallen. BEATRICE (hinter der Bühne): Ist mein Bruder nicht da? ICH:

O nein!

Hastig sammelt sie die Scherben auf. Dann sucht sie nach einem Versteck dafür. Man hört Schritte und Stimmen in der Halle. MRS. DANVERS (hinter der Bühne): Er ist im Büro von Mr. Crawley, Madam. BEATRICE (hinter der Bühne): Und meine neue Schwägerin? GlLES (hinter der Bühne): Ja, die woll'n wir sehn! MRS. DANVERS (hinter der Bühne): Im Morgenzimmer, Madam. Am Boden kniend hört "Ich" die Schritte der Besucher näher kommen. In panischer Hast verstaut sie die Scherben in der Schublade. Betarice und Giles treten auf. Da "Ich " immer noch hinter dem Sekretär kauert, sehen die beiden sie nicht. BEATRICE: Hallo ...!? GILES:

Eine Madame aus Frankreich. Oh lala!

BEATRICE: Sie kommt aus Yorkshire, Giles.

GILES: Immerhin hat er sie in Frankreich kennen gelernt. Vermutlich eine mondäne Schönheit. BEATRICE: Woher willst du das wissen, Giles? "Ich " steht auf Beatrice sieht sie zuerst und versucht, Giles mit einer Geste zum Schweigen zu bringen. GILES:

Ich hoffe nur, sie macht keine nächtlichen Segel touren.

BEATRICE: Still, Giles! ICH:

Hallo.

BEATRICE: Da sind Sie ja... oh, ich meine, du bist... Entschuldigung, dass wir so eindringen. Ich bin Maxims Schwester Beatrice. Und das ist Giles, mein Mann. Herzlich Willkommen auf Manderley. Nenn mich Bee. ICH:

Guten Tag. Maxim sagte mir schon ... ?

GILES:

Waren Sie ... ? Ah ... Haben Sie etwa mitgekriegt, was ich...?

BEATRICE: Ach, lassen wir doch die Förmlichkeiten. Wir sind doch jetzt verwandt. Wenn zwei sich finden, suchen sie nur Zweisamkeit und Harmonie. Sie traun sich, darum lassen sie sich traun. ICH:

ES gibt nichts, was sie trennen kann.

BEATRICE: Doch kaum hast du träumend ja gesagt, umschlingen dich gratis und ungefragt Familienbande, der ganze Clan von deinem Mann. Man heiratet auch die Verwandten mit, GILES: kriegt gratis die Onkel und Tanten mit. BEATRICE & GILES: ob Herbst oder Mai,

Ob Ostern, ob Weihnacht,

GILES: die lieben Verwandten sind immer dabei. BEATRICE: Dein Schwager macht manch derben Scherz. GILES: Jedoch er hat ein goldenes Herz. BEATRICE & GILES: fordern oft viel Geduld.

Familienbande

GILES: Ich hab nun mal einen besond'ren Humor.

BEATRICE: Das kommt leider in den besten Familien vor. ICH: Ich wollte immer eine Schwester wie dich. BEATRICE: Dass du jetzt da bist, ist ein grosses Glück für mich. ICH:

Auch mich.

GILES:

Und mich.

ICH, BEATRICE &: GILES: man umsonst dazu, man küsst und umarmt sich und ist per du. GILES:

Verwandte bekommt

Für liebe Verwandte gilt kein Tabu.

ICH, BEATRICE & GILES: Und war'n wir bisher auch gar nicht bekannt, jetzt bindet uns der Familienstand. Wir sind, was auch sei, verwandt und stets dabei! Dabei! Alle lachen. Es wird dunkel. Verwandlung.

ERSTER AKT Szene 6 Bibliothek. Maxim und "Ich" beenden gerade eine Partie Schach. Auf dem Tisch stehen zwei Gläser mit Rotwein. ICH:

Schachmatt!

MAXIM:

Nein, nein!

ICH:

Doch, doch! Du hast verloren. Tut mir leid!

MAXIM:

Verflixt, ich hab dich unterschätzt.

ICH:

Und was kriegt der Sieger?!

Maxim küsst "Ich ". Beide lachen. MAXIM: Bist du glücklich? Kannst du mich immer noch ertragen? Ich bin schwierig. Es lebt sich nicht sehr leicht mit mir. ICH: Das ist Unsinn. Schau, was dir meine Augen sagen! Ich lieb dich, Maxim. Ich möchte niemals fort von dir.

Bist du glücklich? Ich habe noch so viel zu lernen. Manchmal denk ich, dass ich dich dauernd nur blamier'. MAXIM: DU bist jung. Du hast bestimmt oft Langeweile. ICH:

Überhaupt nicht.

MAXIM:

Wahrscheinlich fehlt dir vieles hier.

ICH:

Ich hab doch alles, was ich brauche. Was sollte mir denn fehlen?

MAXIM: Ausflüge, Strandpartys, Freundinnen, Tanzfeste, Einladungen. Was man in deinem Alter halt so macht. ICH: Beatrice hat mir erzählt, dass es in Manderley jedes Jahr einen Kostümball gab. Lass uns die Tradition fortsetzen! Ein Maskenball. Das fände ich lustig! MAXIM:

Ach, ich weiß nicht.

ICH: Aber es würde dir gut tun. Bitte, Maxim. Sag ja. Du musst dich auch um gar nichts kümmern. Und ich hätte endlich eine Aufgabe. MAXIM: Na gut, wenn du es gar so gern willst ... du bekommst deinen Kostümball. Sie umarmt ihn wie ein überglückliches Kind. ICH: Danke, Maxim. Du bist ein Schatz! Danke, danke! Mrs. Danvers tritt ein, räuspert sich. "Ich" sieht sie, erschrickt, lässt Maxim los und greift verlegen nach dem Weinglas. MRS. DANVERS: Entschuldigen Sie die Störung, Sir. MAXIM:

Was gibt es, Mrs. Danvers?

MRS. DANVERS: ES geht um den Amor, Sir; die Porzellan-figur auf dem Sekretär im Morgenzimmer. Ich fürchte, sie wurde gestohlen. Jedenfalls ist sie verschwunden. Ich habe Robert ins Verhör genommen, aber er schwört, er hätte nichts damit zu tun. "Ich " zittert so, dass sie sich Wein über den Pullover schüttet. MAXIM:

Und? Warum behelligen Sie mich damit?

MRS. DANVERS: Der Amor war die Lieblingsfigur von Mrs. de Winter. Meissner Porzellan, Sir. Das wertvollste Stück im Morgenzimmer. ICH:

O, wie schrecklich!

MAXIM (ZU "Ich")'. So schlimm ist das auch wieder nicht. Im Übrigen ist das dein Ressort, Liebes. ICH: Maxim ... ich hab' vergessen, dir das zu sagen... Ich bin schuld. Ich habe den Amor zerbrochen. MAXIM:

DU ... ? Warum zum Teufel sagst du das erst jetzt?

ICH:

Ich wollte mir die Figur ansehen ... und da ist sie mir aus der Hand gerutscht.

MAXIM (beherrscht sich nur mühsam, zu Mrs. Danvers): Sie hören es, Mrs. Danvers. Mrs. de Winter hat die Figur zerbrochen und vergessen, es zu erwähnen. ICH: ES tut mir sehr leid. MRS. DANVERS: Was haben Sie mit den Scherben gemacht, wenn ich fragen darf? ICH:

Sie sind im Sekretär. Ganz hinten in der rechten Schublade.

MAXIM: Wahrscheinlich hat meine Frau befürchtet, Sie würden sie verhaften und einsperren, Mrs. Danvers. MRS. DANVERS: Ich werde mich bei Robert entschuldigen. Ich konnte ja nicht ahnen, dass es Madam war, die den Amor zerbrochen hat. MAXIM:

Gut. Jetzt wissen Sie es.

MRS. DANVERS: Ich hoffe man kann die Figur wieder herstellen. Die Angelegenheit höchst bedauerlich, Sir. Im Morgenzimmer ist bisher noch nie etwas zu Bruch gegangen. MAXIM:

ES reicht. Sie können geh'n, Mrs. Danvers.

Mrs. Danvers geht ab. Nach kurzem Schweigen ... ICH: Bist du böse? Es tut mir leid, es war ein Fehler. Erst die Scherbenund dann, dass ich nicht drüber sprach. MAXIM (ärgerlich): Ach, vergiss es! Was interessiert mich dieser Nippes. ICH:

Vergib mir, Maxim..

MAXIM:

DU reagierst oft wie ein Kind.

ICH: Ja, das weiss ich. Ich hoff nur, dass ich dir nicht schade. MAXIM (gesprochen): Mir schaden? Wie? ICH:

Na ja, die Leute tratschen gern.

MAXIM (plötzlich wütend, gesprochen): Tratschen gern? as zum Teufel weisst du von Gerüchten und Tratsch? ICH:

Gar nichts. Ich mein nur so.

MAXIM: Warum hörst du auf Rederei? Mit wem hast du gesprochen? ICH:

Mit keinem.

MAXIM:

Wie weisst du dann von dem Geschwätz?

ICH: Was macht dich so zornig? Gibt es da etwas, das ich nicht weiss?

MAXIM:

DU musst, weiss Gott, nicht alles wissen!

ICH: Bitte. Bitte sei mir nicht mehr böse. Ich lieb' dich. Ich will dich doch nur besser verstehn. Bist du glücklich? MAXIM:

Frag mich nicht.

ICH:

Bist du glücklich?

MAXIM: Glücklich, glücklich ... Ich weiss nicht, was das ist. Er greift nach der Zeitung. Sie wischt sich über die Augen, während es dunkel wird. Szenenwechsel.

ERSTER AKT Szene 7 Suite im Ostflügel. Später in derselben Nacht. "Ich " befindet sich im Schlafzimmer und Maxim in der Bibliothek. Ein nebelverhangener Mond beleuchtet die Räume. Das Fenster im Zimmer von "Ich " ist geöffnet. Ab und zu bauscht ein Windstoß die Gardinen auf. Von fern hört man das Rauschen der Brandung. In der Bibliothek sitzt Maxim in einem Ledersessel und starrt auf unsichtbare Schattenbilder. "Ich " steht auf, um das Fenster zu schließen. ICH: Vor'm Fensterkreuz der Vorhang, der im Wind weht. Das Mondlicht, das die Schatten tanzen lässt. Und die Geräusche in dem grossen fremden Haus, wie leise Stimmen huschender Gespenster. Es ist schon spät, doch ich komm' nicht zur Ruh. In mir tausend Fragen. Wie kann ich schlafen, wenn du nicht da bist? Hilf mir durch die Nacht! Gib auf mich acht. Lass mich nicht den Mut verliern. Halt mich ganz fest, wenn mir kalt ist im Dunkeln. Und hast du die Zweifel mir fortgeküsst, zeig mir, was Liebe ist. Sie setzt sich auf den Bettrand. Das Licht wechselt und lenkt die Aufmerksamkeit auf das andere Zimmer. MAXIM: Ich dachte, ich kann ganz von vorn beginnen. Doch nie gibt die Vergangenheit mich frei. Wie konnte ich nur glauben, dass ich sie vergessen kann?

Ich schliess die Augen und seh nur Rebecca. Die Wahrheit ist, ich weiss nicht, wer ich bin. Ich habe mich verloren. Nirgendwo Hoffnung. Überall Lüge. Hilf mir durch die Nacht! Gib mir die Kraft, durch die Dunkelheit zu gehn. Halt mich ganz fest, wenn das Gestern mir Angst macht. Und wenn ich gelernt hab, wie man vergisst: Zeig mir, was Liebe ist. MAXIM &C ICH: Hilf mir durch die Nacht! Gib mir die Kraft, durch die Dunkelheit zu gehn. Halt mich ganz fest, wenn das Gestern mir Angst macht. Und wenn ich gelernt hab, wie man vergisst: Zeig mir, was Liebe ist. Es wird dunkel. Verwandlung. ERSTER AKT Szene 8 Haus von Beatrice. Beatrice hat soeben ein längeres Telefonat mit "Ich " geführt, von dem wir noch das Ende hören. BEATRICE: ... und jetzt denk nicht mehr dran. Maxim ist manchmal schrecklich unbeherrscht, sogar jähzornig. So war er schon als Kind. Du wirst sehen, wenn er aus London zurückkommt, ist er wieder der Alte. Ruf mich wieder an ... Kopf hoch! Adieu. Sie legt auf Das Gespräch hat sie nachdenklich gemacht. Was ist nur los mit ihm? Ich kann ihn nicht verstehn. Irgendwas ist geschehn, worüber er nicht spricht. Er wird geliebt wie je, er hat sein Manderley, doch glücklich ist er nicht. Obwohl ich meinen Bruder kenn', seh' ich doch nicht in ihn hinein. Doch ist er kalt und ungerecht, dann muss er sehr verzweifelt sein. Als unser Vater starb, hielt er ihm stumm die Hand. Und dass er ihn verstand, sagte mir sein Gesicht.

Und alle wussten gut, was immer Maxim tut, er hält, was er verspricht. Ehre und Ruf von Manderley würde er schützen vor Gefahr'n. Er schwor, den Namen und das Haus vor jedem Makel zu bewahr'n. Und das ist schwer für ihn. Oft folgt er blindlings den Gefühlen. Er liebt und hasst ganz unbeherrscht. Dann ist er oft sein eigner Feind. Und wer mit meinem Bruder lebt, bleibt oft mit seinem Schmerz allein. Doch ist er kalt und ungerecht, dann muss er sehr verzweifelt sein. Es wird dunkel. Verwandlung. ERSTER AKT Szene 9 Rebeccas Zimmer. Mrs. Danvers hat einen Besucher in die ehemals von Rebecca bewohnten Räume im Westflügel von Manderley geführt. Die hohen Fenster gehen aufs Meer hinaus. Man hört das Rauschen der nahen Brandung. Jack Favell, der Besucher, ist ein sonnengebräunter, gutaussehender Mittdreißiger mit dem sicheren Aufire-ten eines Autoverkäufers und Frauenhelden. Es ist offensichtlich, dass er sich nicht zum erstenmal in Rebeccas Schlafzimmer befindet. Er scheint etwas zu suchen. Mrs. Danvers beobachtet ihn nervös. MRS. DANVERS: Sie müssen fort, Favell! Man darf Sie hier nicht sehn. JACK FAVELL: Nur keine Panik, Danny. Max ist doch in London, das hast du selbst gesagt. Niemand sieht mich, Es sei denn deine neue Madame spioniert uns nach. MRS. DANVERS: Die stört uns nicht. Nicht hier. Sie weiss, dies ist Rebeccas Reich. JACK FAVELL: WO ist das Kästchen mit dem Schmuck geblieben? Es hat doch immer hier gestanden. MRS. DANVERS: Hände weg von Ihren Sachen! JACK FAVELL: Sei nicht albern, Danny. Rebecca liebte mich. Ich war doch ihr Lieblingscousin...

MRS. DANVERS: Sie war gewohnt, geliebt zu werden. Die Männer waren verrückt nach ihr. Denn sie war mehr als schön, von ihr ging ein Zauber aus. Den Traum, von ihr geliebt zu werden, träumte fast jeder Mann. Und dabei wussten sie, dass sie keiner haben kann. JACK FAVELL: Doch ich bin ihr verwandt. Ich liebe sie genau wie du. Wie du find' ich es gar nicht gut, dass eine andre ihren Platz einnehmen will. Rebecca liebte mich. Ich war doch ihr Lieblingscousin... MRS. DANVERS: Sie war gewohnt, geliebt zu werden. Die Männer waren verrückt nach ihr. Denn sie war mehr als schön, von ihr ging ein Zauber aus. Den Traum, von ihr geliebt zu werden, träumte fast jeder Mann. Und dabei wussten sie, dass sie keiner haben kann. JACK FAVELL (gleichzeitig): Niemand stand ihr näher. Ich war viel mehr als ein Cousin. Hilf mir suchen, Danny. Ihren Schmuck und ihr Geld. Mir würd' es helfen. Das wäre in ihrem Sinn, Danny. Favell hört etwas. JACK FAVELL: Psst, Danny! Still ....! Die Musik stoppt. Jack Favell öffnet plötzlich die Tür. Davor steht "Ich". Pardon! Habe ich Sie erschreckt? Ich bitte um Entschuldigung. Er fordert sie mit einer Geste auf ins Zimmer zu treten. Alle deine Vorsichtsmaßnahmen waren umsonst, Danny! Die Hausherrin hat gelauscht. ICH:

Ich hörte Stimmen, Mrs. Danvers.

JACK FAVELL: Willst du mich nicht vorstellen?

MRS. DANVERS: Mr. Jack Favell, Madam. Mrs. de Winters Cousin. ICH:

Guten Tag. Bleiben Sie zum Tee?

JACK FAVELL: Ach, ist das nicht reizend?! Wirklich, Danny, ich habe große Lust, die Einladung anzunehmen. Mrs. Danvers schüttelt missbilligend den Kopf. JACK FAVELL: Na, vielleicht hast du recht. Ich will die kleine Frau nicht auf Abwege führen. Es ist wohl besser, ich empfehle mich. Adieu, Verehrteste. ICH:

Wie Sie meinen, Mr. Favell. Auf Wiedersehen.

Er macht eine übertriebene Verneigung und geht grinsend zur Tür. Dort dreht er sich noch einmal um. JACK FAVELL: Was ich noch sagen wollte ... Es wäre nett von Ihnen, wenn Sie meine Stippvisite hier für sich behalten würden. Max ist nicht gerade ein Fan von mir, und wir wollen doch der guten armen Danny keine Schwierigkeiten machen, nicht wahr? ICH:

Nein. Natürlich, ist schon gut.

Unsicher sieht "Ich" sich in dem ihr fremden Zimmer um. Mrs. Danvers bemerkt, dass Sie ein Gemälde betrachtet, auf dem eine Dame in Weiß dargestellt ist. MRS. DANVERS: Haben Sie sich schon entschieden, was Sie auf dem Kostümfest tragen werden? ICH: Mhm ... nein. Noch nicht. MRS. DANVERS: Hat Mr. de Winter keinen Wunsch geäußert? ICH:

O nein. Er überlässt alles mir.

MRS. DANVERS: Also, wenn ich Ihnen einen Vorschlag machen darf... Mrs. Danvers zeigt auf ein Gemälde. Das Lieblingsgemälde Ihres Gatten. ICH:

Wirklich?

MRS. DANVERS: Caroline de Winter, eine Schwester von Mr. de Winters Urgroßvater. ICH:

Ja, das wäre eine Möglichkeit ...

MRS. DANVERS: Überraschen Sie ihn. Ich lasse das Bild auf ihr Zimmer bringen. Die Schneiderin soll es als Vorlage benutzen. ICH: Vielen Dank, Mrs. Danvers. Das ist sehr nett von Ihnen. Wirklich. Es soll unser Geheimnis sein. Zum ersten mal huscht ein Lächeln über Mrs. Danvers Gesicht. MRS. DANVERS:Schön hier, nicht wahr? Sehen Sie sich ruhig um. Das Zimmer von Mrs. de Winter. Ein herrlicher Raum. ICH: Ja. Sehr schön. Aber ein bisschen ... unheimlich.

MRS. DANVERS: Mr. de Winter hat den Westflügel nicht mehr betreten, seit seine Frau ertrunken ist. Sie zieht den Vorhang auf und öffnet das Fenster. Das Rauschen der Brandung wird merklich lauter. Das Rauschen der Brandung. "Ich" lauscht. Mrs. Danvers kommt ihr näher. Hören Sie das? Das Meer ruft ihren Namen ... SCHATTEN (hinter der Bühne): Rebecca ... Rebecca ... Mrs. Danvers zeigt "Ich " Rebeccas Bett. MRS. DANVERS: Das ist ihr Bett. Und hier das ist ihr Nachthemd. Wunderschön, sehn Sie nur! Leicht wie ein Windhauch, so seidig, ein schmeichelndes Nichts. Und jede Faser atmet noch heut' den Duft ihrer Haut. Auch wenn sie hier nicht mehr schläft, auch wenn sie keiner sieht, seit sie ging, singt die Brandung ihr Lied: Rebecca, wo du auch immer bist, dein Herz ist ruhlos wie die wilde, freie See. Wenn der Abend beginnt, singt der Wind: Rebecca, komm heim, Rebecca! Aus dem Nebelreich zurück nach Manderley.

SCHATTEN: Rebecca ... Rebecca ... MRS. DANVERS: Ihr Haar war dicht und weich. Ich kämmte es genau wie's ihr gefiel. Tag und Nacht sah sie wie eine Königin aus. Was sie auch machte, sie hatte Haltung, hatte Stil.

Manches hat sich verändert hier, seit sie ging letztes Jahr, doch ihr Zauber ist immer noch wahr. MRS. DANVERS: Rebecca, wo du auch immer bist, SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca! MRS. DANVERS: dein Herz ist ruhlos wie die wilde, freie See. Wenn der Abend beginnt, singt der Wind: SCHATTEN (gleichzeitig): Wenn der Abend beginnt, singt der Wind! MRS. DANVERS: Rebecca, komm heim, Rebecca! SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca! Rebecca! MRS. DANVERS: Aus dem Nebel reich zurück nach Manderley. Blackout.

ERSTER AKT Szene 10 Golfclub. Ein Nachmittag im Mai. Golfspieler beiderlei Geschlechts beim geselligen Beisammensein im Country Club von Kerrith. GOLFSPIELER 1: Schön heut. GOLFSPIELER 2: Ja, herrlich. GOLFSPIELER 3: Der Winter scheint vorbei. GOLFSPIELER 2: Ein Tag, gemacht zum Golfen. GOLFSPIELER 1: Nur viel zu kalt für Mai. GOLFSPIELER 3: Sie haben völlig recht, Giles. Zu kalt. GOLFSPIELER 4: Ja, das ist wahr. GOLFSPIELER 5: Der Wind ist noch recht kühl. GOLFSPIELER 1: Doch die Luft ist wunderbar.

Die Golfspieler unterbrechen den Austausch ihrer Ansichten übers Wetter und wenden sich direkt ans Publikum. FÜNF GOLFSPIELER: Sie denken, es geht hier ums Wetter. Das scheint nur so. Wir beweisen nur Niveau. ALLE GOLFSPIELER: Wir sind Britisch, wir sind fein. Wir sind ein exklusiver Verein. Für uns ist Golf nicht nur ein Spiel, sondern ein Privileg. Wir legen wert auf Konvention, auf Namen und Rang und Tradition. Bei uns kommt nicht jeder rein. Wir sind Britisch, wir sind fein. GOLFSPIELER 1: De Winters geben dieses Jahr wieder einen Maskenball. GOLFSPIELER 2: Die Einladung hat mich überrascht. GOLFSPIELER 3: Gehen Sie hin? ALLE GOLFSPIELER: Oh, ja! GOLFSPIELER 3: Wie geht es Maxim? GOLFSPIELER 4: Er war noch gar nicht hier. GOLFSPIELER 5: Ihn fordert wohl die Gattin. GOLFSPIELER 4: Sein Urlaubssouvenir. GOLFSPIELERIN 6: Es heisst, sie sei erst achtzehn. GOLFSPIELER 3: Das Witwerideal. GOLFSPIELERIN 5: Ein kleines Zimmermädchen.. GOLFSPIELERIN 4 & GOLFSPIELER 6: Eine vom Dienstpersonal. Wieder zum Publikum: ALLE GOLFSPIELER: Sie meinen, wir wären boshaft? Das scheint nur so. Uns geht es nur um's Niveau! Wir sind Britisch, wir sind stolz. Wir sind aus ganz besonderem Holz. Wir glauben, dass Gott, der Herr, ein britischer Gentleman ist. Wir sind kritisch, wir sind smart auf unsre feine englische Art. Die Kultur liegt uns im Blut. Wir sind Britisch, wir sind gut. Wir sind Britisch, wir sind fein. Wir sind ein exklusiver Verein.

Für uns ist Golf nicht nur ein Spiel, sondern ein Privileg. Wir legen wert auf Konvention, auf Namen und Rang und Tradition. Jeder will in unsern Verein, doch es kommt nicht jeder rein. Wer nicht in ist und fein, kann bei uns nicht Mitglied sein. O nein! Ein komisches Tableau. Blackout. Verwandlung. ERSTER AKT Szene 11 Bootshaus. In der Bucht vor Manderley steht ein Bootshaus. Davor sitzt ein merkwürdig gekleideter Mann mit zerzaustem Haar und wirrem Gesichtsausdruck. Er sortiert Muscheln. Es ist der geistig zurückgebliebene Ben, der sich oft auf dem Gelände herumtreibt. BEN: Sie's fort. Sie's fort jetz'. Kommt nimmermehr. Liegt draussen im Meer drunten, und kann nie mehr zurück. Versunken, ertrunken! Als "Ich " auftritt, erschrickt Ben. Er blickt ängstlich auf. BEN:

Ben nix gemacht. Ben nix gesehn.

ICH:

Guten Tag. Ich bin Mrs. de Winter.

BEN: ICH: BEN: ICH: BEN:

Missis kommt nimmermehr. Ich bin Mr. de Winters neue Frau. Und wer sind Sie? Ben nix getan. Ben brav. Ist ja gut, Ben. Ich schau mich ein wenig um. Wohnst du in dem Bootshaus? Nein, nein. Ben darf da nit rein.

"Ich" blickt durch ein kleines Fenster in das Bootshaus hinein. ICH: BEN: ICH: BEN: ICH:

Ist ja ganz gemütlich da drinnen. Sie kann nie mehr zurück. Oder? Nein. Sie ist tot, Ben. Ben nix gesehn. Ben nix gemacht. Bitte nit ins Heim. Niemand will dich in ein Heim schicken, Ben.

BEN: Doch. Sie. Aber kann Ben nix mehr tun. Sie's fort. Sie's fort jetz'. Kommt nimmermehr.

Liegt draussen im Meer drunten, und kann nie mehr zurück. Versunken, ertrunken! ICH: BEN: ICH: BEN: ICH:

Was für schöne Muscheln du hier hast. Alle selbst gesammelt? Ja. Viele Farben. Ben gesammelt. Lass mal sehn. Ja, wirklich. Sehr schön. Bitte nit ins Heim. Nein, Ben. Kein Heim, das versprech' ich dir.

BEN: Du bis' nit wie die. Die war immer bös. Du bis' gut. Musst' ein Engel sein, siehst wie einer aus, und du schaust, wie nur Engel schaun. Du bis' zu niemand bös tust keinem nix. Hast gutes Herz. Bleib da! Bleib da jetz'. Geh' nimmer mehr. Die and're im Meer drunten, die kann dir gar nix tun. Bist stärker! Bist besser! Von weit weg hört man Maxim rufen ... MAXIMS STIMME: Hallo! Wo steckst du? BEN:

Bitte Missis.

MAXIMS STIMME: He, ich bin zurück! BEN: ICH:

Nix sagen. Ben nix gemacht. Maxim?

Ben sammelt rasch die Muscheln ein und geht ab. MAXIMS STIMME: Wo bist du denn? ICH:

Hier unten, Maxim! Beim Bootshaus ...

Maxim tritt auf. MAXIM:

Was zum Teufel machst du hier?

ICH:

Ich hab mich ein wenig umgesehen. Gehört die ganze Bucht zu Manderley?

MAXIM:

Warst du im Bootshaus?

Maxim prüft, ob die Tür zum Bootshaus noch verschlossen ist.

ICH:

Nein, warum?

MAXIM:

Niemand geht da rein, ist das klar.

ICH:

Ich war nicht drin, Maxim.

MAXIM: Und ich will auch nicht, dass du hier herunter kommst. Ich hasse dieses dreckige Bootshaus. Es macht mich krank, dich hier zu sehen. "Ich" versucht Maxim von dem Bootshaus abzulenken, das ihn offensichtlich so in Rage versetzt. Sie zeigt aufs Meer hinaus. ICH:

Ist das da draußen eine Boje?

MAXIM:

Warum interessiert dich das? Was geht dich diese gottverdammte Boje an?

ICH:

Maxim, bitte!

MAXIM:

Was, bitte? Was!

ICH:

Bitte, Maxim! Du machst mir Angst.

Sie dreht sich um und rennt davon. Ihr abrupter Abgang ernüchtert Maxim. Er ist nur noch wütend auf sich selbst. MAXIM: Hab ich denn den Verstand verlor'n? Warum ist soviel Angst und Zorn in mir? Ich hass' mich selbst dafür. Was zog mich bloss an diesen Unglücksort? Ich fühl, dass er verflucht, verflucht ist. Gott, warum, warum kam ich zurück nach Manderley? Als ich ein kleiner Junge war, sang mich das Lied der Brandung in den Schlaf und trug mich übers Meer. Jetzt klingt das Lied der Brandung geisterhaft. Ich weiss, dass ich verflucht, verflucht bin. Gott, warum kam ich zurück? Was bin ich für ein Narr! Hier lebt die Vergangenheit. Hier hat sie gewartet all die Zeit. Etwas in mir glaubt daran, dass ihre Liebe mich befrein kann von den Bildern, die mich quälen, wenn ich die Augen schliesse. Doch wenn

ich mit ihr flieh' von hier, dann holt uns irgendwann das Gestern ein. Ich käme nie zur Ruh'. Nein, ich bleib da und stell mich dem, was war, bis ich nicht mehr verflucht, verflucht bin. Ja, darum, darum kam ich zurück nach Manderley. Und ich werde stärker sein, stärker als die Schatten und die Nacht. Er geht rasch ab. Es wird dunkel. Verwandlung.

ERSTER AKT Szene 12 Crawleys Büro. Frank Crawley sitzt am Schreibtisch und bespricht mit Frith die Post. "Ich " tritt mit einem Zettel in der Hand auf ICH: Störe ich, Frank? FRANK CRAWLEY: Aber nein, Mrs. de Winter. Überhaupt nicht. ICH: Ich komme wegen des Kostümballs ... Sie wollten doch meine Einladungsliste. FRANK CRAWLEY: Ja, natürlich. Oh, nur eine Adresse? Mrs. Edith Van Hopper, Park Avenue New York. Gut. Die Einladung geht noch heute raus. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun? ICH: Nein, danke ... das heißt, doch. Vor ein paar Tagen war ich unten beim Bootshaus. FRANK CRAWLEY: Dann haben Sie sicher Ben getroffen. Der strolcht immer da unten am Strand herum. Sie brauchen keine Angst zu haben vor ihm. ICH: Oh, ich sah gleich, dass er nicht gefährlich ist. Aber Maxim war völlig außer sich, als er mich da unten sah. Ich verstehe nicht, warum. FRANK CRAWLEY: Das Bootshaus war ihr Nest. ICH: Das Nest von Rebecca de Winter? FRANK CRAWLEY: Ja. Sie hatte sich da eingerichtet. Manchmal hat sie sogar übernachtet im Bootshaus. ICH: In der Bucht schwimmt eine Boje. FRANK CRAWLEY: Da war das Boot festgemacht, mit dem sie umgekommen ist in jener Nacht. Erst drei Monate später wurde ihre Leiche gefunden, vierzig Meilen von hier, an der Küste vor Edgecombe. Maxim musste sie identifizieren. ICH: Bitte ... erzählen Sie mir von ihr. War sie wirklich so schön? FRANK CRAWLEY: O ja. Sie war die schönste Frau, die mir je begegnet ist.

ICH: Das sagen alle. Und charmant, intelligent, geistreich war sie auch. Gegen sie bin ich ein Nichts. In jeder Beziehung ... FRANK CRAWLEY: Sie sind nur anders, Mrs. de Winter. Es ist nicht ihre Aufgabe, zu sein wie sie. Sie sollen Maxim und uns helfen, sie zu vergessen. ICH: Ich weiß nicht, ob ich das kann. FRANK CRAWLEY: Meine Meinung ist nicht wichtig, doch ich sprech sie offen aus. Was verkehrt ist und was richtig, stellt sich oft erst später heraus. Und wenn eine Frau nur schön ist, doch im Innern kalt und leer, bleibt Fassade, was zu sehn ist. Was ein Mann wirklich braucht, ist viel mehr. Ehrlichkeit und Vertrauen, Freundlichkeit und Herzenswärme. Und die Kraft, nach vorn zu schauen, wenn du dich selber verlierst. Ein Mensch, der da ist, wenn du Fragen stellst, und der dich auffängt, wenn du fällst, ist viel mehr wert als alle Schönheit dieser Welt. "Ich"geht mit einem stummen Adieu ab. Frank Crawley sieht Ihr nachdenklich hinterher. Sicherheit für ein Leben. Zweisamkeit in schweren Stunden. Und den Mut, sich ganz zu geben, ohne zu fragen, was wird. Ein Mensch, der hört, wovon dein Schweigen spricht, und Angst besiegt durch Zuversicht, ist viel mehr wert als alle Schönheit dieser Welt. Sehr viel mehr. Während Frank Crawley sich wieder an den Schreibtisch setzt, wird es dunkel. Überleitungsmusik deutet das Vergehen einiger Wochen an. Verwandlung.

ERSTER AKT Szene 13 Halle von Manderley. Die große Empfangshalle von Manderley wurde zum. festlichen Ballsaal umgestaltet. Nach und nach treffen die kostümierten Gäste ein. Frith begrüßt sie, Robert serviert Drinks, dies ist als Araber verkleidet, Beatrice als verschleierte Haremsdame. Frank Crawley kommt als Pirat, andere Gäste erscheinen als Harlekin, Alice im Wunderland, Hexe, Fee, Polizist und Schäferin. Oberst Julyan ist als Cäsar kostümiert. Nur Maxim ist formell gekleidet. GAST 1: Ich freu' mich lang schon auf diesen Abend. GAST 2: Nichts, wohin ich lieber geh. GAST 1, 2, 3: Kein and'res Fest ist so lustig wie der Maskenball von Manderley! VIER GÄSTE: Das Renommiern geht ein andermal weiter. Heut' darf jeder heiter ein Narr sein. Man ist ja oft genug ernsthaft und bieder. Heut' dürfen wir wieder bizarr sein. GAST 4 Das Fest Nummer Eins ist seit eh und je ... ALLE GÄSTE: ... der Ball von Manderley. OBERST JÜLYAN: Guten Abend, Maxim. Wo ist ihre reizende Frau? MAXIM:

O, die macht es heute sehr spannend. Sie will uns alle überraschen.

BEATRICE: Auch mir hat sie nicht verraten, in welchem Kostüm sie erscheint. MAXIM:

Sie hat sich irgendetwas Fantastisches schneidern lassen; ich habe keine Ahnung.

GAST 5: Sind Sie ein Scheich oder Maharadscha? GlLES: Nein, ich wärm nur mein Toupet. GAST 1, 2, 3 & GlLES: Einmal im Jahr blüht die Fantasie beim Maskenball von Manderley. GÄSTE GRUPPE 1: Das Imponiern lassen wir heut' mal bleiben. Was wir reden und treiben, darf hohl sein. GÄSTE GRUPPE 2: Und wenn es später wird, wagt man ein Küsschen. Heut' darf man ein bisschen frivol sein.

ALLE GÄSTE: Man fährt statt nach Brighton und Saint Tropez zum Ball von Manderley. Denn wer in Cornwall was ist und war, ist hier heut' Nacht, denn eins ist klar: Das Fest Nummer eins ist seit eh und je der Ball von Manderley. Mrs. Van Hopper tritt auf. Sie stolpert Maxim in die Arme. MAXIM:

Guten Abend, Mrs. Van Hopper. Wie war Ihre Reise?

MRS. VAN HOPPER: Ach, fragen Sie nicht, Mr. de Winter. Ich bin immer noch seekrank. MAXIM:

Darf ich Ihnen einige meiner Gäste vorstellen?

MRS. VAN HOPPER: Ich bestehe darauf. Wer ist der stattliche Mann da drüben? MAXIM:

Oberst Julyan, der Chef der Bezirksverwaltung.

MRS. VAN HOPPER: Ist er ledig? MAXIM:

Verwitwet.

MRS. VAN HOPPER: Ah ... Dann ist das sein Glückstag heute! Hat einer seine Frau begraben, muss er eine neue haben, und keine könnte besser sein als ich. Und wenn er auch Lord Manor war, mit Schloss und altem Butler, selbst wenn der King sein Gönner war: Er findet nichts Bess'res als mich. Denn seh'n Sie, I’m an American Woman. Ich weiss, was ich will, und will es gleich. Ich bin nicht diskret; ich möchte, dass man mich versteht. Ausserdem bin ich reich. Ich hab Swing im Rock und Cola in der Kehle, und in meiner Seele singt ein Gospelchor, denn ich bin von Kopf bis Fuss amerikanisch. Im alten England neigt der Mann an sich zur Vertrottelung. Ich halt ihn jung, blas' ihm den Marsch, bring ihn in Schwung! Ich tret ihm in den Arsch! Denn seh'n sie, I'm an American Woman.

Ich pfeif auf Geschmack, ich mag es schrill. Ich bin eine Braut für einen Mann, der sich was traut und tut, was ich will. Ich kann Nüsse mit den Händen knacken. Ich kann Cookies backen und gewinn beim Bridge. Ich kann weiter spucken, mehr verschlucken, lauter lachen. Ich kann alles, ausser einen Fehler machen. Was ich träum, wird wahr, denn ich bin aus den USA. Die Gäste applaudieren. Oberst Julyan reicht Mrs. Van Hopper ein Glas Champagner. Die Ballszene verschwindet, während die Musik zur folgenden Zwischenszene überleitet. Verwandlung.

ERSTER AKT Szene 14 Ankleidezimmer. "Ich " sitzt am Schminktisch. Im Verlauf der Szene verwandelt sie sich mit Hilfe von Ciarice in die Dame in Weiß aus dem Gemälde, das neben einem großen Spiegel an der Wand lehnt. Beatrice steht vor der Tür zum Ankleidezimmer. Sie klopft. "Ich" weist Ciarice mit einer Geste an, nicht aufzumachen. BEATRICE: Ich bin's. Beatrice. Brauchst du noch lang? ICH:

Bitte, Bee! Ich bin noch nicht so weit. Warte unten auf mich.

BEATRICE: Als was kommst du denn? Ich platze vor Neugier. ICH (mit einem Kichern): Ha, platz nur. Niemand wird mich erkennen. Maxim kann sich auf den Schock seines Lebens gefasst machen. BEATRICE: Sieh zu, dass du fertig wirst, Kleines. Die Gäste sind schon alle da. Beatrice geht ab. "Ich " steht vom Schminktisch auf und dreht sich vor dem Spiegel. ICH: Sternenstaub im Haar! Märchen oder wahr? Ich seh' mich an und kann's kaum glauben. Diese Frau im Spiegel ... Bin das wirklich ich? Alle werden nach mir seh'n. Geheimnisvoll und schön, werd' ich strahlend

in den Ballsaal geh'n. Seht nur - da kommt die Dame in Weiss! Und ich schweb auf Musik, und ich sehe mich in jedem Blick. Es gibt keinen, der mich nicht bewundert, und nichts, was mich hält. Ich bin so wie ich sein will, und tu, was mir gefällt. Heut' Nacht verzauber' ich die Welt. Heut' glaub ich, dass mich jeder mag, ganz egal, was ich auch tu und sag'. Dies ist mein Tag! Ein Traum wird heute wahr. Denn ich schweb auf Musik, und ich sehe mich in jedem Blick. Es gibt keinen, der mich nicht bewundert, und nichts, was mich hält. Einmal im Leben bin ich, wie's mir gefällt. Heut' Nacht verzauber' ich die Welt! Ciarice! Versteck dich auf der Galerie und schau durchs Geländer, ob wirklich schon alle da sind. Ich will die Letzte sein. Sie sollen alle sehen, wie die Dame in Weiss die Treppen herunterkommt. Ciarice schaut durchs Geländer und gibt "Ich" das Zeichen zu kommen. Verwandlung. ERSTER AKT Szene 15 Halle von Manderley. Die große Empfangshalle von Manderley von. der anderen Seite mit Blick auf den Treppenaufgang zur Galerie. Die Ballgäste im Gespräch wie zuvor. Trommelwirbel. FRITH: Ladies and Gentlemen: Mrs. de Winter! "Ich" erscheint auf dem obersten Absatz der Treppe, die in die Halle führt. Sie sieht genau aus wie die Dame in Weiß auf dem Gemälde. Der erwartete Applaus bleibt aus. Nur Mrs. Van

Hopper klatscht kurz in die Hände, hört aber damit auf als sie merkt, dass sie die einzige ist. Die Gäste starren auf "Ich" als wäre sie ein Gespenst. Sie stecken tuschelnd die Köpfe zusammen. "Ich" kommt die Treppe herunter. MAXIM:

Verflucht! Was zum Teufel soll das? Bist du verrückt geworden? Zieh' dich um!

ICH:

Warum? Was ist denn?

BEATRICE (flüstert): Ihr Kostüm. Genau dasselbe trug Rebecca letztes Jahr. "Ich" bleibt stehen. MAXIM:

Verschwinde! Sofort!

Sie blickt Maxim verständnislos an. Ein Augenblick der Erstarrung. Die Gäste, mit dem Rücken zum Publikum, sind wie gelähmt. Mrs. Danvers tritt auf. Sie lächelt triumphierend. MRS. DAN VERS: Rebecca, es geht nicht ohne dich. Wenn tausend Lichter strahlen ... SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca! MRS. DANVERS: ... fehlst du mehr denn je. Alle Gäste hier warten auf dich. Rebecca! SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca! MRS. DANVERS: Komm heim, Rebecca! Aus dem Schattenreich zurück nach Manderley. SCHATTEN (gleichzeitig): zurück nach Manderley. Sie dreht sich um. Ihr Blick weckt "Ich" aus der Erstarrung. "Ich " läuft die Treppe hinauf. Black-out. _____________________________________________________________________________________________ ACT II ZWEITER AKT Szene 1a Gang. Während sich der Vorhang hebt, geht die Entr Acte Musik gleitend in die Szenenmusik über. Man hört das Meer rauschen. Ein nebeliger Tag dämmert herauf. Es ist der Morgen nach dem Kostümball. Mrs. Dan vers steht am Fenster und lauscht auf die Brandung. Durch den kaum erleuchteten Gang vor dem Zimmer irrt "Ich ". Sie trägt einen Morgenmantel. Man sieht ihr an, dass sie eine schlaflose Nacht hinter sich hat. Sie klopft an die Tür. Mrs. Danvers rührt sich nicht. ICH: Maxim? Bitte, Maxim. Ich weiß, dass du da drin bist. Dein Bett war unberührt. Die Erinnerung hat dich in Rebeccas Zimmer getrieben. Und schuld bin ich, weil ... Aber ich schwöre dir Ich hatte doch keine Ahnung, dass ich dasselbe Kleid trug wie Rebecca.

Ich wollt' du könntest vergessen. Doch du lebst noch mit Rebecca, denn du liebst sie, liebst sie noch immer. Ich hab' es längst bemerkt: Wenn wir uns küssen, denkst du an Rebecca. Und kommt sie auch nie mehr wieder, du wirst ewig auf sie warten. Was auch immer ich dir bedeute. Und wenn du mich ansiehst, vergleichst du mich mit Rebecca. Und wenn du durch das Haus gehst, spricht jeder Gegenstand von Rebecca. Wo immer wir geh'n und steh n, sie folgt dir nach wie ein Schatten. Was auch immer wir tun, du denkst jedesmal: Das tat ich auch mit Rebecca, und auch das tat ich mit Rebecca, und das und das und das! Mrs. Danvers geht zur Tür. Was ich auch tu, ist falsch. Immer wieder steht zwischen uns Rebecca. Sie lebt in deinen Gedanken. Nie wirst du mir ganz gehören. Immer fällt auf mich ihr ... Mrs. Danvers ößhet die Tür und betrachtet "Ich " mit spöttischer Herablassung. "Ich" starrt Mrs. Danvers an, als wäre sie ein Gespenst. ... Schatten. -

ZWEITER AKT Szene 1b Rebeccas Zimmer. MRS. DANVERS: Guten Morgen, Madam. ICH:

Sie?

MRS. DANVERS: Sie sind früh auf heute, Madam. Haben Sie schlecht geschlafen? ICH:

Ich habe kein Auge zugemacht.

Mrs. Danvers geht zum Fenster zurück. "Ich " zögert einen Augenblick lang, bevor sie ihr nachgeht, um sie zur Rede zu stellen. MRS. DANVERS: Das Wetter. Der Nebel drückt aufs Gemüt. "Ich" kann ihre Verbitterung nicht länger verbergen. ICH: Sie wissen genau, was auf mein Gemüt drückt, Mrs. Danvers. Ihr Kostümvorschlag... Das Ganze war eine böse, hinterhältige Falle. Wie dumm ich war! Sie wollten mich bloßstellen. Warum? Warum hassen Sie mich? Was habe ich Ihnen getan?

Mrs. Danvers dreht sich um. Ihr Gesicht ist voll Verachtung. MRS. DANVERS: Sie wollen Mrs. de Winters Platz einnehmen. Nachts in dem Haus am Meer seufzen die Schatten. Hüte dich! Fürchte dich! Alle Tür'n sind verboten, versperrt und bewacht. Und wer hier eindringt, soll verflucht sein und verloren. Jeder Raum in diesem Haus atmet Melancholie. Alle Dinge hier warten auf sie. Rebecca, wo du auch immer bist, dein Herz ist ruhlos wie die wilde, freie See. Wenn der Abend beginnt, singt der Wind: Rebecca, komm heim, Rebecca! Aus dem Nebelreich zurück nach Manderley. Nichts, was ihr sagt und tut, bleibt ihr verborgen. Hüte dich! Fürchte dich! Sie lässt sich nicht bestehlen und rächt den Verrat. Wer sie beleidigt, wird es eines Tages büssen. Dieses Haus ist ihr Zuhaus. Alles wartet auf sie. Die sie liebten, vergessen sie nie. Rebecca, wo du auch immer bist, dein Herz bleibt ruhlos wie die wilde, freie See. Wenn der Abend beginnt

singt der Wind: Rebecca, komm heim, Rebecca! Aus dem Nebel reich zurück nach Manderley. Mrs. Danvers drängt "Ich" zum offenen Fenster. MRS. DANVERS & SCHATTEN: TU nicht, was sie empört! ICH:

O, nein!

MRS. DANVERS & SCHATTEN: Nimm nicht, was ihr gehört! ICH:

Nein!

MRS. DANVERS & SCHATTEN: Wer sie stört, wird zerstört. ICH:

Nein!

MRS. DANVERS: Rebecca, wo du auch immer bist, dein Herz bleibt ruhlos wie die wilde, freie See. Wenn der Abend beginnt singt der Wind: Rebecca, komm heim, Rebecca! Aus dem Nebelreich zurück nach Manderley. SCHATTEN (gleichzeitig): Komm heim! Wenn der Abend beginnt singt der Wind: Rebecca, komm heim, Rebecca. Komm heim ... ICH (gleichzeitig): Sie ist fort, weit fort. Wer tot ist, kehrt nicht mehr zurück. Was war, ist vorbei. Warum dann hab ich Angst vor ... ALLE:

Rebecca!

ZWEITER AKT Szene 1c

Fenster. Mrs. Danvers fordert "Ich" mit einer Geste auf, aus dem Fenster zu springen. "Ich" ist wie hypnotisiert. MRS. DANVERS: Nur ein Schritt von hier zur Ewigkeit. Tief unter dir rollt und rauscht das Meer. Du wirst nie glücklich werden. Niemand braucht dich. Du bist eine Last für Mr. de Winter. SCHATTEN: Spring! MRS. DANVERS: Statt ihr gehörst du in die Friedhofsgruft. Es wäre besser für ihn und für dich. Mach Schluss! Ihr habt es beide besser nicht verdient! Ein Schritt genügt. SCHATTEN & MRS. DANVERS: Spring! Das Geräusch einer Explosion unterbricht Mrs. Danvers Beschwörung. Ein zweiter und dritter Kanonenschlag dröhnt vom Strand herauf. "Ich " erwacht wie aus einer Trance. ICH:

Was ist das? Was ist los?

Mrs. Danvers ist auf einmal wieder die kühle, maskenhafte Angestellte. MRS. DANVERS: Raketen. Alarm in der Bucht. Wahrscheinlich ist ein Schiff gestrandet. Black Out. Verwandlung.

ZWEITER AKT Szene 2 Strand. Am felsigen Ufer unterhalb der Klippen von Manderley haben sich zahlreiche Bewohner der Küste versammelt, um Besatzung und Fracht eines gestrandeten Schiffs zu bergen. MENGE: Raketen! Ein Schiff gestrandet am Riff! Da drüben! Der Bug! Ein Licht! Sie haben die Bucht mit dem Hafen verwechselt. Der Nebel war wieder sehr dicht.

Auf der Suche nach Maxim irrt "Ich " durch den Nebel. MENGE: Der Flagge nach ein französisches Schiff. Sitzt fest und kommt nicht mehr weg. Der Rumpf ist geborsten, und bald wird es sinken. Das Wasser läuft schon übers Deck. ICH:

Maxim! Maxim!

MENGE: Hey, ho, verteilt euch! Der Preis ist es wert. Die Schwimmwesten übergestreift! Hey, ho, beeilt euch! Das Strandgut gehört dem, der zuerst danach greift! Endlich hat "Ich " ein bekanntes Gesicht entdeckt, nämlich Frank Crawley. ICH:

Frank! Wo ist Maxim?

FRANK CRAWLEY: Sicher mit einem der Boote hinausgefahren. Maxim ist immer unter den ersten, wenn Not am Mann ist. MENGE: Hey, ho, ans Ruder! Ein Schiff ist in Not. Rettet, was treibt in der Flut! ICH (zu sich): Wenn ihm nur nichts zustößt! Auf einmal steht Jack Favell hinter ihr. JACK FAVELL: Keine Sorge. Das Meer ist hier kaum tiefer als ein Ententeich. ICH:

Mr. Favell?

JACK FAVELL: Freut mich, dass Sie sich an mich erinnern, Mrs. de Winter. ICH:

Was machen Sie hier?

JACK FAVELL: Ich liebe Katastrophen. Es macht Spaß, dem Unglück von anderen zuzuschauen. Jack Favell geht weiter und verschwindet im Nebel. MENGE: Hey, ho, ihr Leute! Dass keiner sich schont an einem Morgen wie heut. Hey, ho, macht Beute! Das Strandgut belohnt, den, der die Mühe nicht scheut.

Frank Crawley berichtet "Ich" über den Stand der Rettungsmaßnahmen. FRANK CRAWLEY & MENGE: Die Beamten vom Wachboot sind draussen beim Schiff, und ein Taucher prüft grade das Leck. Frank Crawley verlässt "Ich", um sich um die Bemannung eines Boots zu kümmern. MENGE: So ist es Recht, tausend Jahre lang schon: Strandgut ist Handgut und frei! "Ich " hört Schritte im Nebel und dreht sich um. ICH:

Maxim!

Doch es ist abermals Jack Favell. JACK FAVELL: Bedaure, wieder nur ich. Aber ich bringe Neuigkeiten. Der Bericht des Tauchers liegt vor. ICH:

Ich suche meinen Mann. Der Bericht des Tauchers interessiert mich nicht.

JACK FAVELL: Das sollte er aber. Als der Mann da unten den Kiel untersuchte, entdeckte er ein Wrack am Meeresboden. Das Segelboot von ... Rebecca. ICH:

O Gott! Ich muss Maxim finden, bevor er davon hört.

JACK FAVELL: Warten Sie! Das ist noch nicht alles. Auf dem Kabinenboden liegt eine Leiche. ICH:

Ein Leiche?

JACK FAVELL: Gruselig, was? Sie läuft davon. Jack Favell lacht. MENGE 1: Der Flagge nach ein französisches Schiff. Sitzt fest und kommt nicht mehr los. Der Bug ist beschädigt. Der Rumpf ist geborsten. Es sinkt gleich. Das Leck ist zu gross. MENGE 2 (gleichzeitig): Hey, ho, verteilt euch! Das Schiff ist zerstört. Es hat einen Felsen gestreift. Hey, ho, beeilt euch! Das Strandgut gehört

dem, der zuerst danach greift! JACK FAVELL (gleichzeitig): Jemand kriegt jetzt einigen Ärger. Schicksal nimm deinen Lauf. Für ihn wird es jetzt unangenehm. Ich aber freu mich drauf. MENGE & JACK FAVELL: Strandgut ist Handgut. Holt es ein! Strandgut ist Handgut. Bringt es rein! Strandgut ist Handgut. Tragt es heim! Strandgut ist Handgut. Strandgut ist Handgut. Holt es ein! Strandgut ist Handgut. Bringt es rein! Strandgut ist Handgut. Tragt es heim! Strandgut ist Handgut. Strandgut ist Handgut. Strandgut ist Handgut. Blackout. Verwandlung.

ZWEITER AKT Szene 3a Bootshaus. Auf der Suche nach ihrem Mann steht "Ich" plötzlich vor dem Bootshaus. Wie immer kauert dort Ben. Er spielt mit Steinen und blickt auf, als "Ich " näher kommt. ICH:

Maxim! Wo bist du? Maxim!

BEN: Sie's fort. Sie's fort jetz'. Kommt nimmermehr. Liegt draussen im Meer drunten, und kann nie mehr zurück. Versunken, ertrunken!

Knarrend öffnet sich die Tür des Bootshauses. Ben springt auf und rennt davon. Im Türrahmen steht Maxim, ungepflegt, übernächtigt, leichenblass. ICH: Maxim! Ich hatte solche Angst um dich. Bitte, Maxim, bitte verzeih' mir! MAXIM:

Dir verzeihen? Was hätte ich dir zu verzeihen?

ICH: Wegen gestern Abend. MAXIM: Ach das. Das ist nicht mehr wichtig. Nichts ist mehr wichtig. Zu spät. Unser kleines bisschen Glück- vorbei. Aus. ICH: Das weiss ich Maxim. Gegen Rebecca komme ich nicht an. Sie ist zurückgekehrt. Mehr denn je sehnst du dich nach Rebecca. Niemand kann sie dir ersetzen. Du wirst immer um sie trauern, darum wirst du mir nie gehören. Ich werf es dir nicht vor, und ich will dich nicht trennen von Rebecca. Du musst mich gar nicht lieben, wenn ich nur bei dir sein kann, um dir Liebe und Trost zu geben. Ich weiss, sie lässt dich niemals los. Du liebst sie zu sehr. MAXIM:

ZU sehr? Rebecca? Ich habe sie nicht geliebt.

ICH:

Was?

MAXIM:

Ich habe Rebecca gehasst.

ZWEITER AKT Szene 3b Geständnis. MAXIM: Sie war bösartig, gemein und durch und durch verdorben. Zu Liebe war sie gar nicht fähig. Keiner hat sie durchschaut. Jeder Mann, der sie sah, war fasziniert, wie freundlich und charmant sie war. Alle führte sie hinters Licht, genau wie mich. Sie liefen ihr nach und umschwärmten sie. Jeder war wie von Sinnen. Genau wie ich. Kein Lächeln war je so kalt. Es nahm mir den Verstand.

Vielleicht vergess' ich ihr Gesicht, jedoch ihr Lächeln vergess' ich nicht. Erinn're dich an die Fahrt in die Berge mit mir. Ich fuhr auch mit ihr auf die Höhen von Monte Carlo. Dort hat sie mir erklärt, dass sie mich nur benutzt. "Ich schlag' ein Deal vor," sagte sie schlau. "Ich betrüg' dich weiter, doch ich spiel deine Frau." Aus Angst vor dem Skandal liess ich mich ein auf den elenden Handel. Scheidung war für die de Winters tabu. Die Familienehre war mehr wert als mein Stolz. Das wusste sie, und genoss den Triumph. Kein Lächeln war je so kalt, wie gut hab ich's gekannt. Vielleicht vergess' ich ihr Gesicht, jedoch ihr Lächeln vergess' ich nicht. Zuerst tat sie ihren Teil, spielte die Ehefrau. Und Manderley, so wie es heute bewundert wird, sorgsam renoviert, ist gänzlich das Werk von Rebecca. Doch dann lud sie ohne jede Scham ihre Liebhaber ein, hat hier im Bootshaus die Nächte verbracht. Ich warnte sie, doch ihr Blick war voll Spott. Kein Lächeln war je so kalt... Einer ihrer Liebhabern war ein Cousin von ihr. Ein windiger Bursche namens Jack Favell. ICH:

Ich kenne Favell. Er war hier, als du in London zu tun hattest.

MAXIM:

Warum zum Teufel hast du mir das nicht erzählt?

ICH:

Ich dachte, es würde dich wieder an Rebecca erinnern.

MAXIM: Mich an Rebecca erinnern? Mein Gott, als ob das nötig wäre. Eines Nachts kam sie heim aus London, doch sie blieb nicht im Haus. Und als ich Licht im Bootshaus sah, war ich sicher, dass sie mit Favell

hier unten war. Genug ist genug, dachte ich. Und ging ins Bootshaus. Doch siehe da Rebecca war allein. Gelangweilt lag sie auf der Couch, und ihr Aschenbecher voller Kippen stand am Boden. Sie war blass, schwach, doch voll Hass. Ich sagte ihr: "Du brichst dein verdammtes Versprechen. Du wirst schamlos. Du treibst es in meinem Haus so als ob's ein Bordell war." Da stand sie auf, warf den Kopf zurück und sagte lächelnd: "Was machst du, wenn ich ein Kind bekomm? Man wird denken, es war deins. Auf jeden Fall ist es meins. Und einmal wird Manderley ihm gehör'n. Deine perfekte Gattin, Max, wird die perfekte Mutter sein. Und du spielst den Papa als der perfekte Narr." Kein Lächeln war je so kalt, So lächelte nur sie ... Mir stieg das Blut zu Kopf. Ich stiess sie weg. Und sie stürzte und fiel. Ich weiss nicht, wie's geschah. Sie lag da. Ich dachte, ich helf ihr auf. Jedoch: Sie war tot... ...und lächelte noch. Dann trug ich sie auf ihr Boot und brachte sie nach unten. Dann fuhr ich das Boot hinaus und versenkte es, wo man es heute fand. Sie hat mich besiegt. Sie gewinnt noch im Tod! Kein Lächeln war je so kalt» Es nahm mir den Verstand. Es ist ihr Lächeln, das ich vor mir seh', wohin ich auch geh'.

Kein Lächeln war je, kein Lächeln war je so kalt. ICH:

Warum hast du nicht die Polizei gerufen? Es war doch ein Unfall...oder?

MAXIM: Ich weiss es nicht. Ich schwöre, ich weiss es nicht. Jetzt ist alles aus. Rebecca hat gewonnen. ICH: Unsinn. Außer dir und mir weiß niemand auf der Welt, was wirklich geschehen ist. Und niemand wird es je erfahren. MAXIM:

Schau mich an! Das Kind in deinen Augen ist verschwunden.

ICH:

Ja. Ich werde nie mehr ein Kind sein.

MAXIM:

Kannst du mir ins Gesicht sehen und sagen, dass du mich noch immer liebst?

ICH:

Ich liebe dich. Ich liebe dich so sehr.

Sie greifi nach seiner Hand und drückt sie. Es wird dunkel. Verwandlung.

ZWEITER AKT Szene 4 Frühstückszimmer. Frith und Robert sitzen, da sie sich unbeobachtet fllhlen, entspannt am abgeräumten Tisch. Robert liest die Zeitung vom Tage. ROBERT: Genau das habe ich befürchtet, Frith. Die Presse macht eine Sensation draus. Mr. de Winters Bild auf Seite eins. Jetzt kommt die ganze Sache wieder hoch. FRITH: Leg die Zeitung weg. ROBERT: „Was geschah wirklich in der Bucht von Manderley?" FRITH: Schmierfinken. Beatrice tritt auf. Robert und Frith springen auf. BEATRICE: Guten Morgen, Frith. FRITH: Guten Morgen, Madam! Ich habe nicht gewusst, dass Sie ... BEATRICE: Das konnten Sie auch nicht. Ich dachte, ich schau mal kurz rein. Nach allem, was gestern passiert ist... FRITH: Mr. de Winter ist in der Bibliothek - mit Oberst Julyan. Der Oberst kam vor einer halben Stunde, unangemeldet. BEATRICE: O Gott! ROBERT: Soll ich ihm sagen, dass Sie hier sind, Madam? BEATRICE: Nein, Robert. Da störe ich lieber nicht.

Beatrice hört gar nicht richtig zu, da die Zettung ihre Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Sie überfliegt die erste Seite und wirft das Blatt dann auf den Tisch zurück. "Ich" tritt auf Frith und Robert gehen ab. ICH: Bee! Wie lieb von dir, vorbeizukommen! Guten Morgen. BEATRICE: Ich wollte nur sehen, wie du mit allem fertig wirst. ICH: DU weißt also, was passiert ist. BEATRICE: Ganz Cornwall spricht über nichts anderes. Jetzt wird der ganze Fall wieder aufgerollt. Man wird die genauen Umstände des Todes von Rebecca untersuchen... ICH: ES war ein Unfall. BEATRICE: Gewiss. Aber warum ist Oberst Julyan hier? Bestimmt in seiner Eigenschaft als Polizeipräsident des Bezirks. ICH: Er muss Maxim befragen. Eine Formsache. BEATRICE: Ich fürchte nein. Es wird eine öffentliche Voruntersuchung geben. Neue Ermittlungen und die Entscheidung, ob es zu einer Anklage kommt. Der arme Maxim! Er hat damals eine falsche Frau identifiziert. Gar nicht auszudenken, wohin ein neues Verfahren führen kann. ICH: ES wird nirgends hinführen, Bee. Wie immer die Untersuchung ausgeht, Maxim hat nichts zu befürchten. Einen Moment lang mustert Beatrice ihre Schwägerin mit einem erstauntem Blick. Es verblüfft sie, wie "Ich " sich verändert hat. BEATRICE: Ich bin wirklich froh, dass er dich hat. BEATRICE: Du glaubst an ihn, wenn er zweifelt an sich. Du fühlst die Angst, die er nie eingesteht. Gibt er die Hoffnung auf, reicht dein Mut für zwei. Du zeigst ihm einen Weg, auf dem es weiter geht. In dir ist die Stärke einer Frau, die kämpft um den Mann, den sie liebt. Wenn sie fühlt, dass er in Gefahr ist, versetzt sie Berge und teilt das Meer mit der Stärke einer liebenden Frau. Du holst ihn ein, wenn er sich verirrt. ICH:

Ich bau ihn auf, wenn er müde wird.

BEATRICE: Du stellst dich vor ihn, wenn man ihn bedroht. ICH:

Ich sprech für ihn, wenn niemand für ihn spricht.

BEATRICE & ICH: Eine Frau läuft nicht fort, wenn man sie braucht. Was in ihr steckt, zeigt sich oft im Augenblick der Not. Denn das ist die Stärke einer Frau.

Sie kämpft um den Mann, den sie liebt. Wenn sie fühlt, dass er in Gefahr ist, versetzt sie Berge und teilt das Meer mit der Stärke einer liebenden Frau. BEATRICE: In der Dunkelheit gibt sie ihm Zeichen, ICH:

und im Sturm der Zeit gibt sie ihm Halt.

BEATRICE & ICH: In dir/mir ist die Stärke einer Frau, die kämpft um den Mann, den sie liebt. Wenn sie fühlt, dass er in Gefahr ist, versetzt sie Berge und teilt das Meer mit der Stärke einer liebenden, Stärke einer liebenden, der Stärke einer liebenden Frau. Beatrice verabschiedet sich von "Ich " mit einer Umarmung und geht ab. "Ich" folgt ihr, während es dunkel wird und die Szene wechselt.

ZWEITER AKT Szene 5 Korridor. Das Hauspersonal schleppt Möbel, Vasen, Lampen, Bücherstapel, Gemälde, Kisten und Schachteln über die Bühne. BEDIENSTETE GRUPPE 1: Schleppt, schleift und schiebt, denn es gibt viel zu tun. Nichts bleibt wie immer. BEDIENSTETE GRUPPE 2: Rutscht, rollt und rückt, zieht und drückt. Stück für Stück wird gründlich umgeräumt. Nichts bleibt da, wo es war, von dem ganzen Inventar von unserer alten Mrs. de Winter. BEDIENSTETE GRUPPE 2: Schafft alles raus aus dem Haus, damit nichts an sie erinnert. BEDIENSTETE GRUPPE 1: Weg damit und fragt nicht weiter nach dem Grund. BEDIENSTETE GRUPPE 2: Was geschieht, ist der Wunsch ...

BEDIENSTETE GRUPPE 2:... uns'rer neuen Mrs. de Winter. MÄNNER: Füllt Fach um Fach unterm Dach mit den Bildern und den Büchern. FRAUEN: Schlagt das Geschirr in Papier und passt auf in den Kisten ist das Glas. ALLE BEDIENSTETEN: Alles wird neu möbliert. Ab jetzt herrscht in Manderley eine vollkommen and're Mrs. de Winter. VIELE BEDIENSTETE: Welch ein Verdruss! Warum muss sich auf einmal alles ändern? Es war doch nett. So adrett. Ausserdem war'n wir's gewöhnt. Doch es war ja der Stil von uns'rer alten Mrs. de Winter. Schleppt, schleift und schiebt, Tisch für Tisch, Schrank um Schrank. Nichts bleibt wie immer. Weg damit und fragt nicht weiter nach dem Grund. Was geschieht, ist der Wunsch uns'rer neuen Mrs. de Winter. Mrs. de Winter! EINIGE BEDIENSTETE (gleichzeitig): Gestern noch war sie scheu, schüchtern fast und ziemlich scill. Jetzt sagt sie, was sie will. Sie ist streng, sie ist stolz. Beinah wie unsere alte

Mrs. de Winter. Gestern erst glaubten wir, sie wird uns nie schikanieren. Aber jetzt kommandiert sie herum. Über Nacht wurde sie zu uns'rer neuen Mrs. de Winter. Mrs. de Winter. Die Bediensteten gehen ab. Lichtwechsel. Verwandlung.

ZWEITER AKT Szene 6 Mo rgenzimmer. "Ich " räumt Rebeccas Briefpapier aus dem Sekretär. Mrs. Danvers tritt auf. Sie bebt vor Empörung über die Umräumaktion im Haus. MRS. DANVERS: Bei allem Respekt, Madam. Sie hätten mir mitteilen müssen, dass Sie die Zimmer umzuräumen wünschen. ICH: Das finde ich nicht, Mrs. Danvers. Aber ich habe Ihnen anderes zu sagen, zum Beispiel ... Ich mag keine Orchideen. Ich möchte stattdessen Azaleen. Ich will die Töpfe hier morgen nicht mehr seh'n. MRS. DANVERS: Das sind die Orchideen von Mrs. de Winter. ICH: Es riecht muffig hier, drum machen Sie hier ab und zu die Fenster auf. MRS. DANVERS: Mrs. de Winter will das nicht. ICH: Sie will, Sie irren sich. Mrs. de Winter bin ich. "Ich" nimmt Rebeccas Briefpapier, die Kuverts und das Adressbuch und drückt alles Mrs. Danvers in die Hände. Ich schreib' nicht auf Briefpapier, das einer fremden, toten Frau gehört. Auf den Müll damit! Es ist nichts mehr wert. So wie das Buch mit ihren Nummern und Adressen.

MRS. DANVERS: Es liegt immer hier. Stets griffbereit so wie die Kuverts und das Papier. Mrs. de Winter will das so. ICH: O nein, Sie irren sich. Mrs. de Winter bin ich. Diese Porzellanfigur fand ich schon immer kitschig. MRS. DANVERS: Mrs. de Winters Lieblingsfigur. ICH: Sie soll mir nicht länger den Geschmack verderben. MRS. DANVERS: Mrs. de Winter erwarb sie auf einer Auktion. ICH:

Ein geklebter Amor bringt kein Glück...

MRS. DANVERS: Mrs. de Winter sagte ... ICH:

... also machen wir ihn wieder zu Scherben!

Sie wirfi die Amorette zu Boden, wo sie zerbricht. MRS. DANVERS: Nein, nein!! ICH: Ich will hier zuhause sein. Nicht nur geduldet wie ein Gast. Will leben, wie's mir gefällt, egal, ob's Ihnen passt. Ich habe lang genug mich selbst verleugnet. Das ist jetzt vorbei. Ich war umgeben von Schatten, doch jetzt sind sie fort. In das dunkle Haus kommt Licht. Alles, alles ändert sich. Mrs. de Winter bin ich. MRS. DANVERS (gleichzeitig): Sie ergibt sich nicht. Man besiegt sie nicht. Sie ist stark, der Macht des Todes unterliegt sie nicht. Nein, man sieht sie nicht, doch ich spür', sie ist hier und lebt noch.

Sie hört uns. Sie sieht uns. Sie ergibt sich nicht. Sie ist stärker. Sie ergibt sich nicht. Man besiegt sie nicht. ICH:

Was auch immer hier geschah,...

MRS. DANVERS: DU besiegst sie nicht. ICH:

... nichts wird bleiben wie es war!

MRS. DANVERS: Sie bleibt da! Mrs. Danvers kniet sich hin, um die Scherben aufzulesen. "Ich" geht ab. Es wird dunkel. Szenenwechsel.

ZWEITER AKT Szene 7 Gerichtsaal. Im "Gang" erscheint "Ich". Sie hat sich verspätet. Trotzdem hält sie vor dem Betreten des Gerichtssaals Maxim zurück, um ihm Mut zuzusprechen. ICH:

Bitte, Maxim. Lass dich nicht aus der Ruhe bringen.

MAXIM:

Warum zum Teufel sollte irgendwer mich aus der Ruhe bringen?

ICH:

Du verlierst so leicht die Fassung.

Sie umarmen sich. ICH:

Was immer auch passiert. Ich liebe dich, Maxim.

Sie gibt ihm einen Kuss. Beide betreten den Gerichtssaal von Lanyon im Bezirk Kerrith, den nun auch das Publikum sieht. Alles ist bereit fiir die Voruntersuchung wegen des Todes von Rebecca de Winter. Die Verhandlung wird geleitet von dem Untersuchungsrichter Horridge, einem hageren Mann mit einem Kneifer auf der Nase. Er sitzt zu Beginn der Szene neben den Geschworenen hinter einem langen Tisch. Zuschauer verfolgen dichtgedrängt die Verhandlung. "Ich" setzt sich neben Frank. Maxim nimmt auf einem fiir ihn reservierten Stuhl Platz. MENGE (geraunt)-. Da ist ja Mr. de Winter, und keineswegs allein. Die Frau, die ihn begleitet, muss seine neue sein. Erst spricht der Oberst, dann fängt die Verhandlung an. Oberst Julyan erhebt sich und eröffnet mit einem Schlag seines Hammers die Verhandlung. OBERST JÜLYAN: In meiner Eigenschaft als Polizeipräsident von Kerrith habe ich diese Voruntersuchung einberufen. Es soll entschieden werden, ob im Todesfall Rebecca de Winter

die Einleitung eines Kriminalverfahrens geboten ist. Mit der Leitung habe ich Untersuchungsrichter Nathaniel Horridge betraut. Oberst Julyan setzt sich. Horridge beginnt, Maxim zu vernehmen. HORRIDGE: Mr. de Winter. Sie haben am 23. Juni letzten Jahres eine Leiche als ihre vormalige Ehefrau Rebecca de Winter identifiziert. MAXIM:

Die Leiche war vom Meerwasser völlig entstellt. Ich dachte, es sei meine Frau.

MENGE: So ein Irrtum ist sehr einfach zu verstehn. Wasserleichen sind entsetzlich anzusehn. Geht's bloss um diese Kleinigkeit, dann ist es schade um die Zeit. HORRIDGE: Ich habe hier den Bericht des Hafenmeisters über die Bergung des Segelboots. Hier steht: "Unter Deck fanden wir eine Leiche. Die Leiche von Rebecca de Winter." Warum hat ihre Frau nicht versucht das sinkende Boot zu verlassen? MAXIM:

Woher soll ich das wissen?

HORRIDGE: Nun, Sie war eingesperrt. „Die Luke nach oben war geschlossen." MENGE: Die Luke war versperrt! Warum? Zu welchem Zweck? Auf jeden Fall war sie beim Kentern unter Deck. Und als das Segelboot versank, war sie gefangen und ertrank. HORRIDGE: Kam das öfter vor, dass Ihre Frau nachts aufs Meer hinausfuhr? MAXIM: Sie war eine gute Seglerin und das Boot war seefest. Niemand konnte ahnen, dass es kentern würde. HORRIDGE: Das Boot ist nicht gekentert. Der Bericht des Hafenmeisters ist ganz eindeutig: "Im Bootsrumpf waren Löcher, offensichtlich von innen gebohrt, und die Schotten waren geöffnet. Das Boot wurde vorsätzlich geflutet und versenkt." MENGE: Der Bootsrumpf war durchbohrt! Man hat das Boot versenkt. Ein Unfall scheidet aus, was immer man auch denkt. Hielt nicht ein Unglück sie an Bord, dann war es Selbstmord oder Mord. HORRIDGE: Mr. de Winter. Wussten Sie von den Löchern im Rumpf des Bootes? MAXIM:

Wie hätte ich davon wissen können?

HORRIDGE: ZU hören, dass das Boot vorsätzlich versenkt wurde, überrascht Sie also? MAXIM:

Selbstverständlich überrascht mich das. Was soll diese Frage?!

HORRIDGE: Wenn es nicht Rebecca de Winter selbst war, muss jemand mit ihr auf dem Boot gewesen sein. MAXIM:

Warum sagen Sie mir das?

HORRIDGE: Gab es Probleme in der Beziehung zwischen Ihnen und Ihrer verstorbenen Frau. MAXIM (kann sich nicht länger zusammenreißen): Das ist eine Unverschämtheit. Was soll das? Meine Ehe war ... Ich lehne es ab ... das sind verdammte Unterstellungen ... Ein dramatischer Musikeffekt. "Ich " wird ohnmächtig und gleitet zu Boden. Frank Crawley bemüht sich um sie. Maxim springt auf. FRANK CRAWLEY: Um Gottes Willen! Mrs. de Winter! Sie ist ohnmächtig geworden. Große Unruhe im Saal. Alle drängen sich um „Ich", die langsam wieder zu sich kommt. Maxim beugt sich über sie. Oberst Julyan haut mit dem Hammer auf den Tisch. OBERST JULYAN: Die Verhandlung wird auf Freitag, zwei Uhr Nachmittag, vertagt. Es wird dunkel. Verwandlung.

ZWEITER AKT Szene 8 Bibliothek. Jack Favell und Mrs. Danvers treten auf, beide in der Kleidung, die sie im Gerichtssaal trugen. MRS. DANVERS: Danke, dass Sie mich zurückgebracht haben, Favell. JACK FAVELL: O, nichts zu danken, Danny. Ich komme immer wieder gern nach Manderley. MRS. DANVERS: Was denken Sie, Favell? Wie geht es nun weiter? JACK FAVELL: Wer weiß. Die Herren Geschworenen werden dem ehrenwerten Maxim de Winter keinen Mordverdacht anhängen ... es sei denn, ein klarer Beweis zwingt sie dazu. MRS. DANVERS: Sie müssen fort, Favell. Nehmen Sie die Hintertür! JACK FAVELL: O nein, Danny. Ich bleibe. Ich habe etwas zu besprechen mit Mr. de Winter. Er lässt sich in einen der Sessel fallen. Mrs. Dan vers zuckt die Schultern und geht ab. MRS. DANVERS: Wie Sie wollen, Favell. Ich habe Sie gewarnt. JACK FAVELL: Hey, Frith, altes Haus! Bringen Sie mir einen Whiskey-Soda! "Ich" und Frank treten auf. FRANK CRAWLEY: Was suchen Sie hier? ICH:

Wer hat Sie hereingelassen?

JACK FAVELL: Oh, so energisch auf einmal!? Wie schön, dass Sie sich erholt haben von ihrem Schwächeanfall, Mrs. De Winter. ICH: Mein Mann wird gleich hier sein. Ich würde es nicht riskieren ihm unter die Augen zu kommen.

JACK FAVELL: Ach wissen Sie, ich riskiere es. Ich habe etwas sehr wichtiges mit ihm zu besprechen. Er kichert. Frith trägt ein Glas, einen Wasserkrug und eine Flasche Whiskey herein und stellt das Tablett auf den Tisch neben Jack Favells Sessel. Jack Favell gießt sich selbst das Glas voll Whiskey und nimmt einen großen Schluck. FRANK CRAWLEY: Was wollen Sie? JACK FAVELL: Ah, der getreue Frank! Der standhafte, keusche Diener seines Herrn! Was ich will? Was ich will, ist ein Haus. Kein Palast, nur eine Villa. Vor dem Portal ein Cabrio. Im Keller reichlich Veuve Cliquot. Bisher versuchte ich es leider wie andre Trottel mit Talent und Fleiss. Inzwischen habe ich gelernt, in dieser Welt kommt man nur weiter, wenn man die gold'ne Regel weiss: Eine Hand wäscht die and're Hand. Ich halt das Maul und kassiere. Geheimes Wissen ist wie ein Band, das jeden Feind mit mir vereint, solang ich profitiere. Ich will in London meinen Schneider. Ich will am Strand von Cannes mein Stammhotel. Ich will nicht knausern mit dem Geld, und wenn es einmal knapp wird, dann will ich Nachschub, und zwar schnell. Eine Hand wäscht die and're Hand. Ich halt das Maul und kassiere. Geheimes Wissen ist wie ein Band, das jeden Feind mit mir vereint, solang ich profitiere. Natürlich steht ihr zu Max de Winter, ihr wohnt ja gut in seinem Haus. Ihr trinkt den feinen Wein von ihm, und steckt ihr in der Tinte, holt er euch selbstverständlich raus. Eine Hand wäscht die and're Hand. Jeder lässt sich gern schmieren. Wer ist schon gern ein Denunziant? Wir sind loyal. Auf jeden Fall, solang wir profitieren. Eine Hand wäscht die and're Hand. Ich halt das Maul und kassiere. Geheimes Wissen ist wie ein Band,

das jeden Feind mit mir vereint, solang ich dabei profitiere. Er lacht und schenkt sich das inzwischen leere Glas wieder randvoll. Maxim tritt auf. JACK FAVELL: Ach, da ist ja der gute Max! Ich trinke auf Dein Wohl. Du kannst es brauchen, und mir hilft es über den Schock. MAXIM:

Raus!

JACK FAVELL: Etwas mehr Mitgefühl, Max! Rebecca war doch meine Lieblingscousine. Und was ich heute erfahren habe, ist nicht leicht zu verdauen. Ihr Boot vorsätzlich versenkt! Löcher im Bootsrumpf. Tt-tt-tt! Wer macht denn so was?! MAXIM:

Kommen Sie zur Sache

JACK FAVELL: Nun, ich besitze den klaren Beweis dafür, dass es kein Selbstmord war. MAXIM: Wenn Sie im Besitz eines Beweisstücks sind, müssen Sie es den Behörden aushändigen. JACK FAVELL: Ja, das muss ich. Aber das heißt für einen gewissen Max de Winter Gefängnis, Schwurgericht, Galgen. Und seine junge Frau würde ich damit zur Witwe machen. Das bringe ich nicht übers Herz. Mir schwebt da eine Art Vereinbarung vor. Eine Hand wäscht die andere. Ich komme Ihnen entgegen, und Sie mir. Sie verstehen schon. MAXIM: Allerdings. Ich verstehe sehr gut. Zum Glück hat mich Oberst Julyan hier her begleitet... Maxim geht selbst zur Tür und ruft in die Halle. Oberst! Bitte kommen Sie. Oberst julyan tritt auf OBERST JULYAN: Guten Abend. Sieht ganz so aus als gäbe es heut noch ein Gewitter, (zu "Ich") Ich hoffe, Sie fühlen sich besser, Mrs. de Winter. ICH:

Ja, danke Oberst.

MAXIM: Jack Favell, der Cousin meiner verstorbenen Frau. Er hat Ihnen etwas mitzuteilen. Favell. Sie sind dran. Jack Favell bewahrt nur mit Mühe die Fassung. Zögernd greifi er in die Jackett- Tasche und zieht einen gefalteten Brief heraus. Dumpfes Donnergrollen. JACK FAVELL: Diese Zeilen hat Rebecca an mich gerichtet, wenige Stunden bevor sie angeblich auf ihr Boot ging, um sich umzubringen. Leider war ich nicht zu Hause. Oberst Julyan nimmt den Brief und liest ihn laut vor. OBERST JULYAN (liest): "Ich bin soeben aus London zurückgekommen und gehe jetzt ins Bootshaus hinunter, wo ich auf Dich warte. Egal, wie spät es wird, komm unbedingt. Ich habe Dir etwas sehr wichtiges zu sagen. Rebecca." JACK FAVELL: Ich frage Sie, schreibt so eine Frau, die den Entschluss gefasst hat, Selbstmord zu begehen?

OBERST JULYAN: Haben Sie eine Ahnung, was für eine wichtige Mitteilung Rebecca de Winter Ihnen machen wollte? Das Rauschen und Tosen des näherkommenden Gewitters wird lauter, das Zucken der Blitze häufiger. JACK FAVELL: Ich weiß nur, dass Rebecca nie und nimmer Selbstmord begangen hat. Sie hatte gar keinen Grund. Es ging ihr blendend, und ich weiß wovon ich rede. Aber für Mord gibt es ein Motiv. Ein starkes Motiv. Die Eifersucht eines eitlen Ehemannes. Wenn Sie wissen wollen, wer der Mörder ist - Da steht er mit seiner gottverdammten Arroganz im Gesicht. MAXIM:

Favell hat mich immer gehasst.

OBERST JULYAN: Sie erheben da eine schwerwiegende Anschuldigung. Haben Sie irgendeinen Beweis? Einen Zeugen? JACK FAVELL: Warten Sie! Jack Favell geht ab. OBERST JULYAN (ZU Maxim): Er war doch heute Nachmittag bei der Verhandlung im Gericht. Warum hat er den Brief nicht dem Untersuchungsrichter vorgelegt? MAXIM:

Er wollte Geld.

ICH:

Er wollte uns den Brief verkaufen.

MAXIM:

Einfach eine saubere Erpressung.

OBERST JULYAN: Erpressung ist nie sauber. Und selten einfach. Jack Favell kehrt mit Ben zurück. JACK FAVELL (Zu Oberst Julyan): Bitte sehr, hier haben Sie, was Sie brauchen. Ben treibt sich Tag und Nacht beim Bootshaus rum. (zu Ben) Du warst unten in der Mordnacht! Was hast Du gesehen? Raus mit der Sprache! ICH: BEN:

Sie machen ihm Angst! Ben nix gemacht. Ben brav.

OBERST JULYAN: Sie erinnern sich doch an die verstorbene Mrs. de Winter? BEN:

Bitte nit ins Heim!

JACK FAVELL: Machs Maul auf! OBERST JULYAN: Ben, haben Sie etwas ungewöhnliches beobachtet? BEN: Ben nix gehört. Ben nix gesehn Sie's fort. Sie's fort jetz'. Kommt nimmermehr. Liegt draussen im Meer drunten, und kann nie mehr zurück. Versunken, ertrunken! OBERST JULYAN: Ein großartiger Zeuge! Sie können gehen. Ben geht ab.

JACK FAVELL: Ein Komplott! Hier stecken alle unter einer Decke! OBERST JULYAN: Der Zeuge konnte Ihre Behauptung nicht bestätigen, Favell. Und was das angebliche Mordmotiv angeht, so gibt der Brief gar nichts her. Sie behaupten, ein Verhältnis mit Rebecca de Winter gehabt zu haben, aber nicht einmal das können Sie beweisen. JACK FAVELL: O doch. Das kann ich. (zu Robert): Robert, Mrs. Danvers soll in die Bibliothek kommen. Mit Mrs. de Winters Kalender vom letztem Jahr. FRANK CRAWLEY (ZU Oberst Julyan): Mrs. Danvers ist lediglich unsere Haushälterin. JACK FAVELL: Haushälterin? Das ich nicht lache. Danny war Rebeccas engste Vertraute. Mrs. Dan vers tritt auf. Sie hält Rebeccas Kalender in der Hand. MRS. DANVERS: Sie wünschen, Mr. de Winter. MAXIM: Oberst Julyan möchte Sie zum Tod meiner verstorbenen Frau befragen. Sie waren heute ja bei der Voruntersuchung. OBERST JULYAN: Dann wissen Sie ja, wie Rebecca de Winter ums Leben kam. Wenn sie sich nicht selbst getötet hat, wurde sie ermordet. MRS. DANVERS: Sich selbst getötet? Ausgeschlossen. Mrs. De Winter liebte das Leben. Das einzige, was sie fürchtete, war krank zu werden. Sie sagte immer zu mir: "Wenn ich sterben muss, Danny, dann muss es rasch gehen. Bloß kein elendes Dahinsiechen." OBERST JULYAN: In welcher Beziehung stand Mr. Favell zu der verstorbenen Mrs. de Winter? MRS. DANVERS: Er ist ihr Cousin. JACK FAVELL: Komm, stell dich nicht blöd, Danny! Du weißt ganz genau, worauf er hinaus will. Ich habe dem Oberst schon gesagt, dass Rebecca und ich uns liebten. MRS. DANVERS: Liebe war Spaß für sie. Über so etwas war sie erhaben. Sie verachtete die Männer. Inzwischen hat Oberst fulyan den Kalender aufgeschlagen und liest darin. OBERST JULYAN: Am Tag ihres Todes war Rebecca de Winter in London. Friseur um zwölf. Ein Uhr Lunch im Club. Baker, zwei Uhr dreißig. Wer ist Baker? MRS. DANVERS: Diesen Namen hat sie nie erwähnt. OBERST JULYAN: Die Telefonnummer steht dabei. Mr. Crawley, rufen Sie dort an. Frank Crawley geht zum Telefon und lässt sich mit London 687 0488 verbinden. FRANK CRAWLEY (ins Telefon, laut): Vermittlung! Verbinden Sie mich mit London 687 0488. Mr. Baker? - Wer? -Ja, mhm. - Ich verstehe. - Danke. (Er hängt auf. Zu Oberst Julyan) Eine Privatklinik. Dr. Baker hat dort seine Praxis. - Ein Frauenarzt. Jack Favell springt auf. JACK FAVELL: Das erklärt alles! Rebecca war schwanger! Ich nehme an, ich hätte an jenem Abend erfahren, dass ich Vater werde... Der eifersüchtige Gatte muss das rausbekommen haben... und keiner wusste besser, dass sie von ihm nicht schwanger sein konnte ... Er war ihr zuwider.

OBERST JULYAN: Ich werde morgen nach London fahren und diesen Dr. Baker aufsuchen. MAXIM:

Tun Sie, was Sie für richtig halten.

JACK FAVELL: Ich komme mit. Ich kann kaum die Schlagzeilen in der Presse erwarten: "Von Monte nach Manderley. Der Leidensweg einer Mörderbraut!" MAXIM:

Du verdammter ....

OBERST JULYAN: Maxim, geben Sie mir Ihr Ehrenwort, dass Sie Manderley bis zur Klärung dieser Angelegenheit nicht verlassen. MAXIM:

Warum zum Teufel sollte ich Manderley verlassen?!

ICH:

Oberst, ich werde Sie ebenfalls nach London begleiten.

Oberst Julyan wendet sich zum Gehen. Alle gehen ab. Verwandlung.

ZWEITER AKT Szene 9 London/ Halle von Manderley. Der Nachmittag des nächsten Tages. Während die Bediensteten von Manderley fragen, was in London geschieht, sieht man Oberst fulyan, "Ich" und Jack Favell in der Straße eines Londoner Vororts die Praxis des Dr. Baker suchen. BEDIENSTETE GRUPPE 1: Sie fuhr'n um acht. BEDIENSTETE GRUPPE 2: Dann war'n sie wann in London? ROBERT: Um zwölf. CLARICE: Spätestens halb eins. BEDIENSTETE GRUPPE 1: Der Arzt heisst wie? BEDIENSTETE GRUPPE 2: Ich glaube Doktor Baker. BEDIENSTETE GRUPPE 1: Sie war bei ihm Patientin. ROBERT: Frauenarzt. CLARICE:Was weiss er über Sie? BEDIENSTETE GRUPPE 1: Dieser Verdacht ist schändlich und verletzend. ALLE BEDIENSTETEN: Mord! BEDIENSTETE GRUPPE 2: Es ist unglaublich. ALLE BEDIENSTETEN: Die Jury hat das Verfahr'n noch nicht eröffnet. Noch niemand ist beschuldigt. Warum dann nur der scheussliche Verdacht?

MANN: Es ist Oberst Julyans Pflicht. Er muss den Vorwurf klären. ZWEI FRAUEN: Doch hinter alledem steckt Favell. ROBERT: Der Kerl gibt keine Ruhe. ZWEI FRAUEN: Die Ratte wittert Morgenluft. MANN: Die Wahrheit kommt heraus. So oder so. CLARICE: Ist dieser Baker ein richtiger Arzt? ROBERT: Ja, und das heisst, dass er schweigen muss. BEDIENSTETE GRUPPE 1: Was wird aus uns, wenn es wirklich ein Mord war? BEDIENSTETE GRUPPE 2:Was wird aus uns, wenn man ihn hängt? Oberst Julyan, "Ich " und Jack Favell haben die Wohnung des Dr. Baker gefunden. Auf ihr Läuten öffnet sich die Tür und sie verschwinden im Hauseingang. Es wird dunkel. ALLE BEDIENSTETEN: Was sagt der Arzt? Was weiss er von der Toten? Warum kommt denn kein Anruf? Was ist los? Wann schrillt das Telefon? Verwandlung. Man hört ein Telefon läuten und im Dunkeln verklingen. Als es hell wird, steht Maxim mit dem Hörer am Ohr in der Halle. Das Gespräch ist schon fast beendet. Frank Crawley, aus der Bibliothek kommend, bleibt in der offenen Tür stehen. MAXIM: ... Und er ließ keinen Zweifel an der Diagnose? — Ja, natürlich. — Nein, ich bin ... das habe ich nicht erwartet. - Gut. Der Spätzug. Ich hol dich ab. Maxim hängt den Hörer auf, ganz in Gedanken. Auf der Treppe erscheint Mrs. Danvers. Frank Crawley und Maxim bemerken oder beachten sie nicht. FRANK CRAWLEY: Was ist, Maxim? Was hat dieser Dr. Baker gesagt? MAXIM: Keiner hat sie durchschaut. Sie hat jeden getäuscht, sogar den Arzt. Sie gab den falschen Namen an. Alle führte sie hinters Licht. Von Schwangerschaft keine Spur. O nein! Sie war krank. Sie war krank auf den Tod.

FRANK CRAWLEY: Was fehlte ihr? MAXIM: Wochen.

Sie hatte Krebs. Zur Operation war es zu spät. Der Arzt gab ihr noch sechs

FRANK CRAWLEY: Das erklärt den Selbstmord. MAXIM:

Ja. Sie wollte sterben und mein Leben zerstören.

ZWEITER AKT Szene 10 Fenster. Nacht. Man hört das Meer rauschen. Mrs. Danvers tritt aus Rebeccas Zimmer auf den Balkon und blickt hinaus aufs Meer. MRS. DANVERS: Ich hör' dich singen mit dem Meer. Ich hör' dich klagen in der Dunkelheit. Dein Geist ist noch in Manderley, und keine nimmt dir deinen Platz. Niemals! Rebecca, wo du auch immer bist, dein Herz bleibt ruhlos wie die wilde, freie See. Wenn der Abend beginnt, singt der Wind: Rebecca, komm heim Rebecca! Aus dem Nebel reich zurück nach Manderley. SCHATTEN (gleichzeitig): Rebecca, wo du auch immer bist, dein Herz bleibt ruhlos wie die wilde, freie See. Wenn der Abend beginnt, singt der Wind: Rebecca, komm heim Rebecca! Aus dem Nebelreich zurück nach Manderley. Verwandlung.

ZWEITER AKT Szene 11 Ein Bahnhof in Cornwall. Nacht. Das Geräusch und die Lichter eines einfahrenden Zuges. Rauch. Maxim tritt auf. Er geht den Zug entlang und sucht nach "Ich". Ein schriller Pfiff der Lokomotive und der Zug

fährt wieder an. Als der Rauch sich hebt, steht "Ich " auf dem leeren Bahnsteig. Außer ihr ist niemand ausgestiegen. ICH:

Maxim!

"Ich" läuft auf Maxim zu. Er umarmt sie. Sie küssen sich. MAXIM:

Du warst so stark!

ICH:

Jetzt ist alles überstanden.

MAXIM: Sie wollte mich vernichten. Und sie dachte, es wäre ihr gelungen. Deshalb dieses böse Lächeln. ICH:

Sie kann uns nichts mehr antun.

MAXIM: Ich stand am Abgrund und sah in die Tiefe. Mein Herz war Eis und jede Hoffnung tot. ICH: Und ich stand hinter dir und hatte Angst um dich, weil unsichtbare Schatten dich umgaben. MAXIM:

Wie war es mir ergangen ohne dich?

ICH:

Warum da nach fragen?

MAXIM &: ICH: Zeit, zu vergessen. Zeit, zu erwachen. Jenseits der Nacht, jenseits der Angst, holt kein Schatten uns mehr ein. Jetzt sind wir frei, unsre Träume zu leben. Wir werden glücklich werden, ich glaub daran. Ich weiss, was Liebe kann. ICH: Fort mit den grauen Bildern der Erinnerung! Vor uns liegt so viel bunte Wirklichkeit. MAXIM: Fort mit der unsichtbaren Maske, die ich trug. Und nicht mehr fragen, was die andern denken. ICH:

Wir werden wieder lachend durch den Regen gehn.

MAXIM:

Leben, endlich leben!

ICH:

Nichts mehr versäumen.

MAXIM:

Nie wieder lügen!

MAXIM &: ICH: Jenseits der Nacht endet die Macht dunkler Träume, die uns droh'n. Jetzt sind wir frei für ein ganz neues Leben. Wir sehn nach vorn und fangen noch einmal an.

Ich weiss, was Liebe kann. Wenn wir auf den Klippen stehen, werden wir zum Himmel sehen. "Sieh nur, zwei Möwen im Wind!" Jenseits der Nacht, jenseits der Angst, holt kein Schatten uns mehr ein. Jetzt geh'n wir zwei uns'rer Zukunft entgegen. Und nichts kann uns besiegen, was es auch sei. Weil du mich liebst, bin ich frei. Sie umarmen und küssen sich. Über den nächtlichen Horizont schimmert ein unbestimmtes rötliches Leuchten, als würde gleich die Sonne aufgehen. ICH: Merkwürdig. Es ist doch erst zwei Uhr morgens. Es sieht aus, als ginge da drüben schon die Sonne auf. MAXIM (nach einem Moment ungläubigen Staunens): Das ist nicht die Sonne. Das ist Manderley! Sie laufen von der Bühne. Black Out. Das Geräusch eines startenden Motors und eines rasch davonfahrenden Autos. Verwandlung.

ZWEITER AKT Szene 12 Manderley in Flammen. Man hört im Dunkeln das Knacken und Knistern eines Brandes, das Hin- und Her aufgeregter Menschen, die Rufe und Geräusche der Löscharbeiten. Die Stimmen der Menge werden rhythmisch und lauter, während das Licht heller und die Szenerie erkennbar wiird STIMMEN DER MENGE: Feuer, Feuer! Manderley in Flammen! Hierher alle! Löscht den Brand! Schnell, wir brauchen Wasser. Feuer, Feuer! Manderley in Flammen! Eimer her, von Hand zu Hand. Schneller, schneller, schneller. Feuer, Feuer! Manderley ist sonst verlor'n! Gewaltige Flammen erleuchten gespenstisch den Park und die Auffahrt vor Manderley. Aus Fenstern und Dachluken schlagen Feuerzungen. Die Menge der Helfer, überwiegend die aus der Nachtruhe gerissenen Bediensteten, versuchen Gegenstände zu retten oder zu löschen. Frank Crawley ist bemüht, die Rettungsaktionen zu organisieren. FRANK CRAWLEY: Jeder verlässt das Haus! Rettet Euer Leben! MENGE (ERSTE GRUPPE): Feuer!

MENGE (ZWEITE GRUPPE): Vorsicht! MENGE (ERSTE GRUPPE): Feuer! MENGE (ZWEITE GRUPPE): Bleibt hier! MENGE (ERSTE GRUPPE): Manderley in Flammen! MENGE (ZWEITE GRUPPE): Rasch! MENGE (BEIDE GRUPPEN): WO kein Wasser ist, nehmt Sand! MENGE (ERSTE GRUPPE): Hierher mit der Leiter! MENGE (ZWEITE GRUPPE): LOS! MENGE (ERSTE GRUPPE): Feuer! MENGE (ZWEITE GRUPPE): Höher! MENGE (ERSTE GRUPPE): Feuer! MENGE (ZWEITE GRUPPE): Weiter! MENGE (ERSTE GRUPPE): Manderley in Flammen! MENGE (ZWEITE GRUPPE): Lauft! MENGE (BEIDE GRUPPEN): Rettet, was ihr tragen könnt! MENGE (BEIDE GRUPPEN): Schneller, schneller, schneller! MENGE (ZWEITE GRUPPE): Da! MENGE (ERSTE GRUPPE): Das stolze Manderley Kohle und Asche ... Welch ein tragischer Schicksalsschlag! Wertvolle Möbel und Bücher und Bilder: Alles verbrennt! Manderley ist verlorn! MENGE (ZWEITE GRUPPE) (gleichzeitig): Feuer! Feuer! Manderley in Flammen! Jede Rettung kommt zu spät! Alles brichr zusammen! Feuer! Feuer!

Manderley in Flammen! Feuer! Feuer! Manderley brennt lichterloh! Man hört ein Auto ankommen und bremsen. Türen schlagen. Maxim und "Ich " treten auf. Frank Crawley läuft ihnen entgegen. FRANK CRAWLEY: Ich schwöre, im Haus war jedes Feuer ausgemacht. Ich sah nur im Gang noch Mrs. Danvers nach Mitternacht. Doch als ich rief, hat sie nur laut gelacht. MENGE (gleichzeitig): Feuer! Feuer! Manderley in Flammen! Wahnsinn! Wahnsinn! Feuer! Feuer! Manderley in Flammen! Wahnsinn! Wahnsinn! Feuer! Feuer! MAXIM: Bald wird Schutt und Asche sein Was mir mein stolzer Vater hinterliess Es war mal mein Zuhaus Jedoch das Böse nahm besitz davon So wurde daraus mein Gefängnis Nein weisst Gott ich wollte nicht Das Flammen es zerstör’n Doch mit dem Haus verbrennt die Angst Von den Dunklen Schatten bleibt nur Rauch...

EPILOGE Runie von Manderley. Nacht.

ICH: Jetzt seh ich Manderlay nur noch in Traum Was dort geschah ist lange her Unser Zuhaus ist ein kleines Hotel Mit Blick auf das Mittelmeer Wenn die Flieder blüht und Erinn’rung bringt Geh’n wir durch den Park zum Strand Und wir hör’n das Lied Das die Brandung singt Und wir schweigen Hand in Hand Ich hab geträumt von Manderlay Und der vergang’nen Zeit Von Sehnsucht Schuld und Dunkelheit Und von Liebe die befreit Zwei die sich vertrau’n Die verzweifeln nicht Wenn sie vor dem Abgrund steh’n Weil sie Brücken bau’n Brücken bau’n aus Licht Über die sie weitergeh’n Wir finden Stärke in Gefahr Und Hoffnung in schwerer Zeit Ich hab geträumt von Manderlay Und von Liebe die befreit....

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