MVT_e_2

Share Embed Donate


Short Description

Descripción: verfahrenstechnik...

Description

60

2

Zerkleinerung

61

2.1 Bruchvorgänge Bruchvorgänge und Mikroprozesse des Zerkleinerns Zerkleinerns ....................62 2.1.1 Materialverhalten und Bruchvorgänge Bruchvorgänge ...................................63 2.1.1.1 Bindungsarten Bindungsarten und Materialverhalten ............................. .............................63 2.1.1.2 Ausbreitung von Dichtestörungen Dichtestörungen bzw. Schallwellen .... 72 2.1.1.3 Rissbildung, Rissausbreitung und Bruchvorgänge Bruchvorgänge..........74 2.1.1.4 Energiebilanz der Rissausbreitung & Zerkleinerungsgrenze ........................................... ................................................................. ............................................ .......................... 77 2.1.2 Mikroprozesse des Zerkleinerns ............................ ............................................. .................81 2.1.2.1 Beanspruchungsarte Beanspruchungsartenn.......................................... ....................................................... .............81 2.1.2.2 Einzelpartikelbeanspruchung Einzelpartikelbeanspruchung .......................................... ..........................................84 2.1.2.3 Bruchstückgrößenverteilung Bruchstückgrößenverteilung ......................................... .............................................89 2.1.2.4 Partikelschichtbeanspruchun Partikelschichtbeanspruchungg ......................................... .........................................92 2.1.3 Mechanische Aktivierung und Mechanochemie Mechanochemie ....................95 2.2 Parameter der Makroprozesse in i n Zerkleinerungsmaschine Zerkleinerungsmaschinenn..........96 2.3 Technische Zerkleinerungsarbeit und Zerkleinerungsgesetze ....... 99 2.3.1 Wirkungsgrad eines technischen Zerkleinerungsprozesses Zerkleinerungsprozesses .... 99 2.3.2 Produktfeinheit = f(Zerkleinerungsarbeit) f(Zerkleinerungsarbeit) ............................ ............................101 2.3.3 Abschätzung des zeitlichen Zerkleinerungsfortschrittes Zerkleinerungsfortschrittes ...... 104 2.4 Bilanzmodelle von Zerkleinerungsprozesse Zerkleinerungsprozessenn .............................. ..............................104 2.5 Bewertung des Prozesserfolges Prozesserfolges der Zerkleinerung Zerkleinerung ...................... ...................... 111 2.6 Zerkleinerungsmaschine Zerkleinerungsmaschinenn .......................................... ............................................................ ..................113 2.6.1 Backen- und Kegelbrecher............... Kegelbrecher..................................... ..................................... ...............114 2.6.2 Walzenbrecher und –mühlen ......................................... ................................................ ....... 117 2.6.3 Prallbrecher und Prallmühlen ............................................... ...............................................121 2.6.4 Hammerbrecher Hammerbrecher und Hammermühlen .................................. .................................. 127 2.6.5 Wälzmühlen......................................... ............................................................... ................................. ...........129 2.6.6 Trommelmühlen ......................................... ............................................................... .......................... ....131 2.6.7 Planetenmühlen .......................................... ................................................................ .......................... ....138 2.6.8 Schwingmühlen .......................................... ................................................................ .......................... .... 138 2.6.9 Strahlmühlen............................................ .................................................................. ............................. ....... 140 2.6.10 Scheibenmühlen.................... Scheibenmühlen.......................................... ............................................ .......................... .... 141 2.6.11 Rührwerksmühlen........................................... ................................................................. ......................142 2.6.12 Scheren und Schneidmühlen ................................................ ................................................142 2.6.13 Sonstige Maschinen zur mechanischen mechanischen Zerkleinerung Zerkleinerung.........143 2.7 Thermische Zerkleinerung Zerkleinerung ............................................ ........................................................... ............... 144 2.8 Versprühen ........................................... ................................................................. ........................................ ..................146 2.9 Schwerpunkte und Kompetenzen ................................................ ................................................146

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

61 2 Zerkleinerung

⇒ Gliederung (Folie 2.1) und geschichtliche Einleitung, siehe Folie 2.2. Durch Zerteilen wird der Dispersitätszustand fester oder flüssiger Stoffe infolge Überwindens der Bindekräfte in den Ausgangsteilchen Ausgangsteilchen derart verändert, dass kleinere Partikeln entstehen. Hierzu ist vor allem das Zerkleinern festdisperser Systeme zu zählen. Bei fluiden Systemen, deren disperse Partikeln Tropfen oder Blasen sind, bestehen zwischen Zerteil- und Mischprozessen fließende Übergänge. So schließt z.B. Emulgieren sowohl das Zerkleinern der dispersen Phase als auch das Mischen des Systems ein, und die Qualität einer Emulsion hängt von deren Dispersitätszustand und Mischungszustand Mischungszustand ab. Ähnliches gilt für andere fluide Systeme. Im Rahmen dieser Vorlesung wird nur das Zerkleinern behandelt. Der Dispersitätszustand eines Partikelkollektivs bestimmt dessen EigenschafEigenschaften und Verhalten in vielerlei Hinsicht (z.B. Löslichkeit und Löseverhalten, Fluidisierbarkeit und Fließverhalten, Agglomerationsverhalten, Flüssigkeits bindevermögen,  bindevermögen, Farbe u.a.). Deshalb spielen Zerkleinerungsprozesse Zerkleinerungsprozesse in vielen Industriebereichen eine wichtige Rolle (Baustoffindustrie, Bergbau, chemische Industrie, Industrie, Lebensmittelindustrie Lebensmittelindustrie u.a.). Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Zerkleinerung geht u.a. daraus hervor, dass man in Industrieländern überschläglich davon ausgehen kann, dass etwa 4 % der Elektroenergieerzeugung für Zerkleinerungsprozesse aufgewendet und etwa 1 % der Industrieproduktion durch diese hervorgebracht werden /7.1./. Das Prozessziel   hängt von den nachfolgenden Prozessen bzw. Verfahrensstufen oder vom Verwendungszweck der Zerkleinerungsprodukte ab. In dieser Hinsicht lassen sich das • Zerkleinern von Festkörpern  und das • Dispergieren   von Agglomeraten (MVT_e_7neu.doc#Agglomerat_Einzelkornbeanspruchung)) Einzelkornbeanspruchung unterscheiden unterscheiden /7.2./, siehe Folie 2.3: Partikelgrößen- oder Partikelformverteilungen : 1) Anstreben günstiger PartikelgrößenHäufig ist die Partikelgrößenverteilung wesentliches wesentliches Qualitätsmerkmal der Zerkleinerungsprodukte (z.B. Primärbaustoffe, Düngemittel, Pigmente). Das betrifft z.B. - Verbesserung des Fließ-, Förder- u- Transportverhaltens, Transportverhaltens, - Verbesserung Verbesserung technologischer Prozessparameter u. Verarbeitungsei-genschaften genschaften (z.B. Streichfähigkeit Streichfähigkeit u.ä.).

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

61 2 Zerkleinerung

⇒ Gliederung (Folie 2.1) und geschichtliche Einleitung, siehe Folie 2.2. Durch Zerteilen wird der Dispersitätszustand fester oder flüssiger Stoffe infolge Überwindens der Bindekräfte in den Ausgangsteilchen Ausgangsteilchen derart verändert, dass kleinere Partikeln entstehen. Hierzu ist vor allem das Zerkleinern festdisperser Systeme zu zählen. Bei fluiden Systemen, deren disperse Partikeln Tropfen oder Blasen sind, bestehen zwischen Zerteil- und Mischprozessen fließende Übergänge. So schließt z.B. Emulgieren sowohl das Zerkleinern der dispersen Phase als auch das Mischen des Systems ein, und die Qualität einer Emulsion hängt von deren Dispersitätszustand und Mischungszustand Mischungszustand ab. Ähnliches gilt für andere fluide Systeme. Im Rahmen dieser Vorlesung wird nur das Zerkleinern behandelt. Der Dispersitätszustand eines Partikelkollektivs bestimmt dessen EigenschafEigenschaften und Verhalten in vielerlei Hinsicht (z.B. Löslichkeit und Löseverhalten, Fluidisierbarkeit und Fließverhalten, Agglomerationsverhalten, Flüssigkeits bindevermögen,  bindevermögen, Farbe u.a.). Deshalb spielen Zerkleinerungsprozesse Zerkleinerungsprozesse in vielen Industriebereichen eine wichtige Rolle (Baustoffindustrie, Bergbau, chemische Industrie, Industrie, Lebensmittelindustrie Lebensmittelindustrie u.a.). Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Zerkleinerung geht u.a. daraus hervor, dass man in Industrieländern überschläglich davon ausgehen kann, dass etwa 4 % der Elektroenergieerzeugung für Zerkleinerungsprozesse aufgewendet und etwa 1 % der Industrieproduktion durch diese hervorgebracht werden /7.1./. Das Prozessziel   hängt von den nachfolgenden Prozessen bzw. Verfahrensstufen oder vom Verwendungszweck der Zerkleinerungsprodukte ab. In dieser Hinsicht lassen sich das • Zerkleinern von Festkörpern  und das • Dispergieren   von Agglomeraten (MVT_e_7neu.doc#Agglomerat_Einzelkornbeanspruchung)) Einzelkornbeanspruchung unterscheiden unterscheiden /7.2./, siehe Folie 2.3: Partikelgrößen- oder Partikelformverteilungen : 1) Anstreben günstiger PartikelgrößenHäufig ist die Partikelgrößenverteilung wesentliches wesentliches Qualitätsmerkmal der Zerkleinerungsprodukte (z.B. Primärbaustoffe, Düngemittel, Pigmente). Das betrifft z.B. - Verbesserung des Fließ-, Förder- u- Transportverhaltens, Transportverhaltens, - Verbesserung Verbesserung technologischer Prozessparameter u. Verarbeitungsei-genschaften genschaften (z.B. Streichfähigkeit Streichfähigkeit u.ä.).

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

62 Auch gewissen Partikelformansprüchen kann manchmal durch geeignete Prozesswahl und -führung entsprochen werden, z.B. Erzeugung einer ku bischen Kornform zur Erhöhung der Scherfestigkeit Scherfestigkeit von Aufschüttungen, Aufschüttungen, wie Halden und Dämmen. 2) Oberflächenvergrößerung: Eine unmittelbare Folge jedes Zerkleinerungsvorganges ist die Vergrößerung der Oberfläche. Nicht selten ist jedoch die spezifische Oberfläche eine wesentliche Produkteigenschaft. Das gilt z.B., wenn die Zerkleinerungsprodukte nachfolgenden thermischen oder chemischen Prozessen unterworfen werden. Dann hängt die Kinetik dieser Prozesse wesentlich von der spezifischen Oberfläche der festdispersen Phase ab (z.B. Sinter- und Schmelzprozesse, Lösen und Laugen, Abbindeprozesse). 3) Aufschließen der Wertstoffe : Darunter ist das weitgehende Freilegen von Wertstoffphasen aus ihren Verwachsungen bzw. Verbindungen mit anderen Phasen zu verstehen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Anwendung von Sortierprozessen bei der Aufbereitung von Abfällen oder Rohstoffen. Strukturänderungen und chemische Reaktionen : 4) Strukturänderungen Dieses Arbeitsgebiet der Zerkleinerungstechnik hat in neuerer Zeit eine gewisse Bedeutung erlangt. Hierzu zählen die mechanische Aktivierung und die mechanochemischen Reaktionen. Die technische Zerkleinerung erfolgt überwiegend in Zerkleinerungsmaschinen und damit durch die den Partikeln von außen aufgeprägten mechanischen Beanspruchungen. Obwohl die thermische Zerkleinerung technisch nahezu  bedeutungslos  bedeutungslos ist, werden Effekte, die mit einer thermischen Vorbehandlung  des Zerkleinerungsgutes zusammenhängen (z.B. Verspröden durch Abkühlen von verschiedenen Metallschrotten oder von Kunststoffen) - wenn auch selten - technisch genutzt. 2.1 Bru chvor gänge und Mikr Mikr opro zesse zesse des Zerkl Zerkl einerns

Die Zerkleinerung fester Stoffe spielt in vielen Industriebranchen eine wichtige Rolle • Aufbereitung mineralischer Rohstoffe und fester Abfälle (svw. Wertstoffrückgewinnung und -recycling), • Baustoffindustrie, • chemische und pharmazeutische pharmazeutische Industrie, • Aufbereitung nachwachsender nachwachsender Rohstoffe (Land- und Forsttechnik) • Lebensmittelindustrie Lebensmittelindustrie u.a.m.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

63 Sie hat das Zerteilen von Ausgangspartikeln Ausgangspartikeln in kleinere Teilstücke zum Ziel. Dies erfordert die Überwindung der Bindekräfte im Inneren dieser Partikeln (auf den Bruchflächen). Die wissenschaftlichen Grundlagen der Zerkleinerungstechnik sind in den letzten Jahrzehnten wesentlich erweitert worden. Dies betrifft insbesondere die Aufklärung der Bruchvorgänge sowie die Modellierung der Mikroprozesse des Zerkleinerns, Zerkleinerns, siehe Abschnitt 2.1.2. Abschnitt  2.1.2.

2.1.1 Materialverhalten Materialverhalten und Bruchvorgänge Bruchvorgänge Soll ein Festkörper zerteilt werden, so sind durch Einwirken von Spannungen Spannungen die Bindungskräfte  zwischen den atomaren Teilchen zu überwinden. Dies geschieht geschieht im Allgemeinen mit Hilfe äußerer Kräfte, die bei der mechanischen mechanischen Zerkleinerung an den Kontaktstellen (d.h. Kontakte mit den Arbeitsflächen der Maschine oder benachbarten Partikeln) eingeleitet werden und die Partikeln verformen. 2.1.1.1 Bindungsarten Bindungsarten und Materialverhalten Soll ein Festkörper zerteilt werden, so sind durch Einwirkung von Spannungen die Bindungen zwischen den atomaren Bausteine zu überwinden. eigenschaftsbestimmenden Struktur der ElektronenhülIn Anbetracht der eigenschaftsbestimmenden len der Atome lassen sich unter Nutzung der quantenmechanischen Modellvorstellungen letztlich alle Bindungspotentiale und -kräfte (COULOMBelektrostatischen Ursprung zurückführen: Kräfte) auf ihren elektrostatischen

- starken Hauptvalenzbindungen (Folien 2.4, 2.5, 2.6 und 2.7) a) homöopolare (= kovalente Bindung) : Bildung gemeinsamer Elektronenpaare der Partner, Überlappung von Atomorbitalen (Molekülorbitalmodelle), anisotrop gerichtet mit räumlicher Vorzugsrichtung , z.B. Hartstoffe (Karbide, Nitride), Atomkristalle: nichtmetallische Kristalle aus einer einzigen Atomsorte, z.B. Diamant (C), Si, P, As, S,  b) heteropolare  (= Ionenbindung): Valenzelektronen werden von einem Atom abgegeben und vom anderen aufgenommen, ungerichtete  elektrostatische (COULOMB-) Anziehungskraft ziehungskraft zwischen Anion (- geladen) geladen) und Kation (+ geladen) in einem Ionengitter (= Ionenkristall), Ionenkristalle bestehen aus mindestens 2 Atomsorten, insbesondere mit Metallionen, z.B. Salze, NaCl, CaF2, Oxidkeramik, MgO, Minerale, „Elektronengas-Modell“): c) metallische Bindungen (= „Elektronengas-Modell“)

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

64 frei bewegliche Valenzelektronen im Kristallgitter aus Metallkationen, Kristallorbitalmodell, ungerichtet, - schwache Nebenvalenzbindungen d) Wasserstoffbrückenbindung:

Gerichtete Bindungsbrücke   zwischen einem elektronegativen Atom (z.B. O, N, F, Cl), an das der Wasserstoff kovalent gebunden ist, und einem ebenfalls elektronegativen Atom eines Nachbarmoleküles, an das es mehr oder weniger physikalisch gebunden  ist - und zwar aufgrund seiner Tendenz zu positiver Polarisation H +  und seinem geringen Durchmesser dH = 0,22 nm „schlüpft“ es als Brücke in die Gitterzwischenräume O - H---O, siehe ISRAELACHVILI 1. Der Atomkernabstand der H---O Bindung ist mit a = 0,176 nm größer als der einer intensiveren kovalenten O - H Bindung mit a

= r O + r H = (0,066 + 0,03)nm = 0,096 nm ≈ 0,1 nm ,

aber kleiner als der Abstand gebildet durch die beiden Atomradien von a

= r O + r H = 0,15nm + 0,11nm = 0,26 nm

einer schwächeren VAN-DER-WAALS- Bindung, z.B. Polymere mit F-, O- und N-Atomen (Polyamide, PUR) e) VAN-DER-WAALS-Kräfte, siehe Folie 2.8, sind immer vorhanden, wenn Atome bzw. Moleküle aufeinander wirken. Sie ergeben sich aufgrund der elektrischen Dipolmomente  von Atomen und Molekülen. Sie werden durch: - Orientierungskräfte  = Anziehung zwischen permanenten elektrischen Dipolen, z.B. bei permanent polaren Molekülen (siehe makromolekulare Werkstoffe PVC, PMMA) und zwischen Ionen  und permanenten elektrischen Dipolen, - Induktionskräfte = Anziehung zwischen permanenten Dipolen oder Ionen und induzierten Dipolen  bei symmetrischen Molekülen ohne  permanentem Dipolmoment (z.B. CO2, CH4); - Dispersionskräfte  = Anziehung zwischen ursprünglich unpolaren aber infolge der Elektronenbewegung (Elektronenresonanz ausgelöst durch Lichtabsorption im UV-Wellenlängenbereich) in den Bindungsorbitalen dann folgende induzierte elektrische Dipole zwischen Atomen und bei unpolaren Molekülen, z.B. makromolekulare Werkstoffe PE, PP, PTFE;

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 1 Israelachvili,

J.N., Intermolecular and Surface Forces, S. 110, siehe Tab. F 2. Fehler! Nur Hauptdokument, Academic Press, London 1997. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

65 verursacht. Falls solche nicht permanent oder induziert vorliegen, so existieren sie doch kurzzeitig (Dispersion), weil Atome und Moleküle elektrische Systeme mit bewegten Ladungen, also elektrische Oszillatoren, darstellen (siehe auch Abschnitt 6.1.1.2.2 MVT_e_6neu.doc, MVT_e_6neu.pdf ). Van-der-Waals-Kristalle: z.B. feste Edelgase bei sehr tiefen Temperaturen, Molekülgitterkristalle wie fester Wasserstoff oder alle Kristalle organischer Verbindungen . Diese Aufzählung wurde nach sinkender Bindungsintensität ⇓ geordnet. Als Maß dafür dient die molare Bindungsenergie, die für Atom- und Ionenbindungen in der Größenordnung von etwa 500 kJ/mol liegen wird. Damit lassen sich beispielsweise auch physikalische Eigenschaften von Feststoffen wie sinkender E-Modul ⇓, Schmelzpunkt ⇓ und Härte ⇓ einordnen. Die molaren Bindungsenergien von Wasserstoffbrückenbindungen können mit um eine Größenordnung geringerer Intensität von etwa 15 ... 40 kJ/mol angegeben werden 2, 3, während die Intensitäten von VAN-DER-WAALSBindungen noch geringer sind und zwar bei etwa 1 ... 10 kJ/mol . Abstoßungspotential U ab ∝ a − m Abstoßungskraft Fab ∝ a − ( m + 1) Gesamtpotential  potentielle Energie U Potential-

U = U an

aU=0 aF=0

+ U ab

Atomkernabstand a

aFmax

Gesamtkraft

Bindungsenergie UB

F(a ) = − dU / da

Anziehungskraft Fan ∝ a − ( n + 1) Anziehungspotential U an ∝ a − n  mit n < m Bild 2.1: Wechselwirkungsenergien zwischen Atomen, U B Bindungsenergie, aF=0 Gleichgewichtsabstand (auch a 0), siehe Folie 2.8. Die aufgeführten Bindungsarten unterscheiden sich insbesondere durch ihre charakteristischen Bindungsabstände. Dabei versteht man unter dem Gleichgewichtsatomkern- oder -molekülkernabstand den Abstand bei minimalem   Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 2 Israelachvili, J.N., Intermolecular and Surface Forces, S. 3 Schatt, Werkstoffwissenschaft, S.

125, Academic Press, L. 1997.

57, 1996.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

66 Gesamtpotential Umin oder (betragsmäßig) maximal möglicher Bindungsenergie UB. Unter dem (mechanischen) Potential oder potentielle Energie 2

W12

= −∫ dU = U( x1 ) − U (x 2 ) = U1 − U 2

( 2.1)

1

soll hier das Arbeitsvermögen einer sog. Potentialkraft F = −dU / dx   längs eines beliebigen Weges x verstanden werden. Makroskopische Potentialkräfte sind beispielsweise die • Gewichtskraft im homogenen Erdschwerefeld FG = m ⋅ g   und U = m ⋅ g ⋅ x  oder eine

• Federrückstellkraft (Repulsion) F = c ⋅ x   bzw. deren Potential U = ∫ F( x )dx = c⋅ x 2 / 2 ≡ potentielle Federenergie. Das sog. Wechselwirkungspaar-Potential wurde ursprünglich phänomenologisch definiert, MIE 4 (1903), Folie 2.8: U=−

A an

+

B

mit natürlichen Exponenten n < m.

am

( 2.2)

A Konstante für die Anziehung = Attraktion B Konstante für die Abstoßung = Repulsion Die Abstoßungsenergie und auch die Abstoßungskraft werden hier mit + Vorzeichen versehen, da sie bei Annäherung kompensiert  d.h. zugeführt werden muss - man denke dabei auch an die zuzuführende Energie bei Verdampfungs- oder Desorptionsprozesse. Dagegen wird bei Annäherung der Partner die Anziehungsenergie freigesetzt oder ist verfügbar und wird mit Vorzeichen   geschrieben - siehe z.B. freiwerdende Wärme oder besser Phasenumwandlungs-Enthalpie bei Kondensations- oder Adsorptionsprozessen. Die Konstante A für das Anziehungspotential ist stoffabhängig und lässt sich für ausgewählte Typen der Anziehung auch mit Hilfe der Quantenmechanik theoretisch beschreiben 5. Als Spezialfall von Gl.( 2.2) hat sich für die Beschreibung der VAN-DERWAALS-Wechselwirkungen - s.v.w. Dispersionskräfte - das sog. LEN NARD-JONES-Potential eingeführt: U=−

A a

6

+

B a12

,

( 2.3)

wobei man z.B. für Edelgasatome A = 10 -77 J⋅m6  und B = 10 -134 J⋅m12 annehmen kann 6. Für die Behandlung der Abstoßung, siehe Folie 2.9, werden

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 4 Mie, G., Zur kinetischen Theorie der

einatomigen Körper, Ann. d. Physik 8 (1903) 657-697 siehe auch LONDON (1930) sowie HAMAKER (1937), LIFSCHITZ (1956) u.a. in ISRAELACHVILI (1997) 6 siehe ISRAELACHVILI (1997) S. 9 5 

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

67 a) einerseits die Atome und Moleküle als ideal harte (inelastische und inkompressible) Kugeln mit dem Durchmesser d A (≈ 2⋅r VdW  VAN-DERWAALS-Radius) angenommen: m U *  d A   U ab = B ⋅   mit m = ∞ und deshalb

  a   • Uab = ∞ für a < dA • Uab = 0 für a ≥ dA

0 dA

a

 b) und andererseits realistischer als Kugeln mit einer endlichen Kompressibilität des Kontaktes angenommen:

=B

*

U ab

d    ⋅    A   a  

m

mit m = 9 ... 12

Das Nullpotential U = −

A an

+

B am

= 0  wird beim Abstand aU=0 erreicht:

1

 B  m − n . a U=0 =    A 

( 2.4)

Das Potentialminimum dU/da = 0 im negativen Bereich der Anziehung, d.h. für betragsmäßig maximale Bindungsenergie U max = U B = U min , ergibt sich somit bei einer Gesamtwechselwirkungskraft von Null ( ⇒ Das negative Vorzeichen dient der Normierung auf definitionsgemäß negatives Bindungspotential und Anziehungskraft): F= −

dU da

=−

n⋅A

+

a n +1

m⋅B a m +1

.

( 2.5)

Für den zugehörigen sog. Gleichgewichtsabstand a F=0, d.h. n⋅A m⋅B F= 0 = − n +1 + m +1 , folgt daraus a a

 m ⋅ B     n ⋅ A  

a F=0 = 

∑ Fi =0

1 m− n

.

( 2.6)

Dieser Gleichgewichtsabstand entspricht dem Durchmesser einer   Packung gleichartiger Moleküle, während aU=0 = dA der Durchmesser der ideal harten Molekülkugel ist. Deshalb ist es nun sinnvoll ein Abstandsverhältnis  normiert auf aU=0 einzuführen: 1

a F=0 a U =0

m  m−n =     > 1.   n  

( 2.7)

Davon ausgehend (beim Kräftegleichgewicht ist ε = 0) wird die Dehnung auf den Abstand aF=0 normiert und ist damit bei U = 0 negativ (= Kompression ):

εU =0 =

da a F=0

=

a U = 0 −a F = 0 a F=0

=

a U =0 a F=0

1   m n   − n     −1 = − 1−   .   m    

( 2.8)

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

68 Oben eingesetzt erhält man den Funktionswert für U min n

m

  n ⋅ A   m − n + B  n ⋅ A   m − n .     m ⋅ B   m ⋅ B 

U min = −A

( 2.9)

Mit Hilfe der charakteristischen Kennwerte der allgemeinen Potentialfunktion • aU=0  Atomkernabstand beim Gesamtpotential U = 0 (manchmal ≡ σ geschrieben) • Umin = UB Potentialminimum oder Bindungsenergie (manchmal ≡ ∈ geschrieben) lässt sich mit den obigen Gln.( 2.4) und ( 2.9) die Potentialfumktion U wie folgt umschreiben: A B m  m  U=− n + m = ⋅  a a m − n   n  

n m−n

  a U = 0   n  a U = 0   m  ⋅ U B ⋅ −   .  + a a          

( 2.2)a

Im Falle des LENNARD-JONES-Potentiales ergibt sich daraus:

  a U = 0 6  a U = 0  12  A B U= − 6 + 12 = 4 ⋅ U B ⋅ −  +  . a a a a          

( 2.10)

Am Wendepunkt der Potentialfunktion ist die Anziehungskraft betragsmäßig maximal: d2U dF n⋅ (n+1) ⋅ A m⋅ (m+1) ⋅ B =− =0=− + , 2 da da an+2 a m+ 2

 m ⋅ (m+1) ⋅ B   ⋅ + ⋅   n (n 1) A  

a Fmax = 

( 2.11)

1 m −n

.

( 2.12)

Für das Abstandsverhältnis gilt: 1

a Fmax a U=0

 m ⋅ (m+1)  m−n a F=0  > =  > 1. n ( n 1 ) a ⋅ +     U =0

( 2.13)

Die zugehörige Dehnung ausgehend vom Kräftegleichgewicht εFmax ist positiv: ε F max =

da a F= 0

=

a Fmax

− a F=0

a F=0

=

a Fmax a F=0

m + 1  − 1 =       n + 1 

1 m−n

−1.

( 2.14)

Oben eingesetzt folgt der Funktionswert für F max n +1

m +1

  n ⋅ (n+1)⋅ A   m − n   n ⋅ (n+1)⋅ A   m − n  + m ⋅ B  m ( m 1 ) B m ( m 1 ) B ⋅ + ⋅ ⋅ + ⋅        

Fmax = −n ⋅ A

( 2.15)

oder nach Umrechnung: Fmax = −

m−n n ⋅ A



+1 m+1 a nFmax

.

( 2.16)

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

69 Wiederum eingesetzt folgt der zugehörige Funktionswert für UFmax

  n ⋅ (n+1)⋅ A    m ( m 1 ) B ⋅ + ⋅    

U Fmax = − A

 bzw. nach Umrechnung:

n m−n

  n ⋅ (n+1)⋅ A    + B m ( m 1 ) B ⋅ + ⋅      

U F max = − 1 −

m m−n

 A . ⋅ m ⋅ (m+1)  a nF max n ⋅ (n+1)

( 2.17)

( 2.18)

Der E-Modul ist ein charakteristisches Maß der Feststoffbindung. Er lässt sich ebenfalls atomistisch darstellen 7, siehe Folie 2.9: Ein makroskopisch definiertes Spannungsinkrement dσ = E⋅ ε = E ⋅ dl / l0

( 2.19)

soll am Punkt des inneren atomistischen Kräftegleichgewichtes a F=0 auf den Werkstoff einwirken. • Entweder bewirkt eine äußere Zugkraft die Zunahme des Atomgitterabstandes und damit eine Zunahme der Anziehungskraft oder • eine äußere Druckkraft bewirkt die Abnahme des Atomgitterabstandes und damit auch eine Zunahme der Abstoßungskraft als die jeweils wirksamen Rückstellkräfte. dσ ≡ E⋅

da a F=0

( 2.20)

Mit dem hier atomistisch definierten Zusammenhang zwischen Spannung und Kontaktkraft (s. Abschnitt 6.1.1, MVT_e_6neu.doc, MVT_e_6neu.pdf )

σ=

F AA

=

1−ε A F



εA

AA

( 2.21)

d 2A

1−ε A

Querschnittsfläche der atomaren Packung Packungsdichte der Atome

dA 

Atomdurchmesser

folgen E =

1−ε A a F = 0 dF

εA



d 2A



da

 und für dA ≡ aF=0 und εA ≈ 0,5 (gewöhnlich wird

die Packungsdichte in der atomaren Größenskale vernachlässigt) E≈

1



dF

a F = 0 da

.

( 2.22)

Da ebenfalls dF = c ⋅ da  gilt, lässt sich der E-Modul auch mit Hilfe einer atomistisch definierten Federkonstanten gewinnen E = c / a F =0 . Er kann damit aus dem Tangentenanstieg dF/da am Gleichgewichtspunkt a F=0 ermittelt werden (es ist sinnvoll, die Vorzeichenregelung beizubehalten):

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 7 siehe H. STROPPE: Physik (1994), S.105 MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

70 E=−

E=−

1



dF

a F = 0 da

=− a F= 0

n⋅ ( n+1) ⋅ A a nF += 30

+

1



d 2 U

a F = 0 da 2

m⋅ ( m+1) ⋅ B +3 am F= 0

( 2.23) a F =0

.

( 2.24)

Mit dem zugehörigen Abstand bei maximaler Bindungsenergie zwischen den Atomen aF=0 folgt: E= (m−n ) ⋅ n ⋅

A a

n +3 F= 0

= n ⋅m⋅

(− U B ) a

(2.25) und ( 2.26)

3 F=0

Aus dem nichtlinearen Verlauf der Abstandsfunktion der atomaren Bindungs bzw. Abstoßungskräfte folgt, dass das HOOKsche Gesetz nur bei kleinen Deformationen Gültigkeit besitzt. Als Obergrenze ergibt sich ein Wert E = 1000 kN/mm 2 für eine kovalente CC-Bindung im Diamant 8. Mit den bisherigen Beziehungen für die maximale Bindungskraft F max  Gl. ( 2.16) und den E-Modul Gl.(2.25) lässt sich die bezogene  ideale Zerreißfestigkeit  (molekulare Zugfestigkeit) abschätzen, die zum Überwinden der atomaren Bindekräfte erforderlich ist:

σ Z,max E

Fmax

=

d 2A ⋅ E

=

m−n n ⋅ A





a nF+=10



d 2A



1

+1 m+1 a nFmax m − n n ⋅ A d 2A

=

1



a nF+=10

+1 m + 1 a nFmax

( 2.27)

und mit den Gln.( 2.6) und ( 2.12) folgen a F=0 a Fmax

  n ⋅ (n+1) ⋅ A    =  m ( m 1 ) B ⋅ + ⋅    

σ Z,max E

1

n + 1  ⋅     m + 1  m + 1  1

=

1

m−n

m ⋅ B  m − n  n +1   ⋅     =  m 1 +   n ⋅ A      

1 m−n

( 2.28)

n +1 m −n

,

(2.29)

z.B. für das LENNARD-JONES-Potential (n = 6, m = 12):

σ Z, max =

6 + 1   ⋅     12 + 1  12 + 1  E

6 +1 12 − 6

7

=

7   6 E ⋅     ≈ 13  13  27 E

( 2.30)

oder für eine Ionenbindung (n = 1, m = 12): 1+1

σ Z,max =

2

1 + 1   12−1 E 2   11 E ⋅   = ⋅       ≈ . 12 + 1  12 + 1  13  13  18 E

(2.31)

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 8 Czichos, H., Hütte-Grundlagen der Ingenieurwissenschaften, S. D 42, Springer Berlin

1991.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

71 Unter Annahme idealen Gitteraufbaus sowie gleichmäßiger Zugbeanspruchung lässt sich ebenfalls die ideale Zerreißfestigkeit oder die sog. theoretische Bruchspannung theor abschätzen /3.116/: 1/ 2

 E⋅ γ   σ theor =  A  .   a G   aG ≈ 0,3 nm E γA= σsg

( 2.32)

Gitterkonstante (Gitteratomkernabstand) Elastizitätsmodul spezifisch freie Grenzflächenenergie

Die Gitterkonstante aG hängt vom Atomradius r A und von der Art der Atom packung im Gitter ab, wenn man starre Kugeln voraussetzt 9: a) kubisch flächenzentriert (Flächendiagonale) a G = 4⋅ r A / 2 ,  b) kubisch raumzentriert (Raumdiagonale). a G = 4⋅ r A / 3 Die Schwierigkeit einer theoretischen Berechnung nach Gl.( 2.32) folgt vielfach aus der Tatsache, dass die spezifische freie Grenzflächenenergie γA ≈ 0,1 ... 1 J/m2 nicht ohne weiteres zugänglich ist. Eine Abschätzung aus den Bindungsenergien fehlerfreier Kristalle liefert die maximale theoretische Trennfestigkeit von Kristallgitterebenen E / 5 > σ theor > E / 15 10 /3.116/:

σ theor ≈ E / 15 .

( 2.33)

Die theoretische Scherfestigkeit (Fließgrenze bei plastischer Verformung) zum Erzeugen von Versetzungen in Kristallen lässt sich ebenfalls abschätzen 11:

τ( x ) = τmax ⋅ sin(2π⋅

x a0

) ≈ τ max ⋅ 2π⋅

x

( 2.34)

a0

mit dem HOOK’schen Gesetz

τ( x ) = G γ = G

x a0

,

( 2.35)

dem Gleitmodul G=

E

( 2.36)

2⋅ (ν+1)

und der Querdehnungs- oder POISSON-Zahl ν = 0,1 ... 0,45 ergibt sich:

τmax =

G 2π

=

E 4π(ν+1)

.

( 2.37)

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 9 siehe Abschnitt 1.4,

SCHATT Werkstoffwissenschaft 1996, S. 37 10 siehe HÜTTE (1991), S. D 45 11 siehe SCHATT Werkstoffwissenschaft 1996, S. 368 MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

72 Mit beispielsweise ν ≈ 0,3 folgt:

τmax = E / 16 .

( 2.38)

Die reale Festigkeit von Festkörpern liegt aber um mehrere Größenordnungen niedriger als die theoretischen Bruchspannungen (bei Metallen um einen Faktor bis zu 10-5). Die Ursache ist darin zu sehen, dass praktisch keine idealen Gitter vorliegen, sondern reale Festkörper, in denen submikroskopische mikroskopische und makroskopische Baufehler verschiedener Art vorliegen. Diese sind hinsichtlich der Spannungsverteilung Inhomogenitätsstellen (Poren, Kerbe, Primärrisse) . An ihnen stellen sich örtliche Spannungsspitzen ein, die um ein Vielfaches größer als die mittleren Spannungen im Körper sind. 2.1.1.2 Ausbreitung von Dichtestörungen bzw. Schallwellen Schallwellen stellen periodische longitudinale Auslenkungen (Längswellen) elastischer Medien bzw. Dichtewellen dar 12. x

A

Impulsänderung Fx dt

Stauchung dξ = v dt

ρs

Verdichtungsstörung (Schall) dx = cS dt, dm = ρs A dx

Bild 2.2: Ausbreitung einer Längswelle in einem Stab Für eine harmonische Auslenkung ξ am Ort x

ξ( x, t ) = ξ max ⋅ sin(k x  ωt ) ω = 2πf  Kreisfrequenz Kreiswellenzahl k  = 2π / λ

( 2.39) ( 2.40) ( 2.41)

lautet die (dimensionslose) Wellengleichung mit der Phasen- oder Ausbreitungsgeschwindigkeit v P = ω / k  = λf  d 2ξ dx 2



1 d 2ξ v 2P dt 2

( 2.42)

=0.

( 2.43)

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 12 siehe HÜTTE (1991), S. B 192 MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

73 Bei einer aufgebrachten Impulsänderung  (Verdichtungsstoß) d (m⋅ v)   als Folge der einwirkenden Kraft ..

Fx = m ⋅ x =

d (m⋅ v) dt

=

v⋅ dm

( 2.44)

dt

in der Zeit dt am linken Ende eines Stabelementes wird dieses mit der Stauchungsgeschwindigkeit v zu einer Längenänderung d ξ = v⋅ dt ( 2.45) nach rechts gezwungen. Die Kompressionsstörung des Massestückes dm = ρs ⋅ A ⋅ dx ( 2.46) läuft mit einer schnelleren Phasengeschwindigkeit cS in diesem Kompressionsbereich dx = cS⋅ dt  ebenfalls nach rechts. Damit ist die Stoßkraft ( 2.47) Fx = ρs ⋅ A ⋅v ⋅ c S . Der Zusammenhang wird aus dem HOOK’schen Gesetz für die relative Stauchung (= negative Dehnung) ε des elastischen Stabes ersichtlich

ε=

d ξ dx

=

v cS

=

σ E

=

Fx / A E

=

ρs E

⋅ v⋅ cS .

( 2.48)

Die eindimensionale Wellengleichung lautet dann mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit des Schalles im Festkörper: cS = E / ρs

( 2.49)

d 2 ξ ρs d 2 ξ d 2 ξ 1 d 2 ξ − ≡ − = 0. dx 2 E dt 2 dx 2 cS2 dt 2

( 2.50)

Allgemein gilt dann für den Transport elastischer Formänderungsenergie :

∆ξ −

1 d 2ξ cS2 dt 2

=0

( 2.51)

∂ 2 (..) ∂ 2 (..) ∂ 2 (..) ∆ (..) = ∇(..) ⋅ ∇(..) = 2 + 2 + 2   LAPLACE-Operator ∂x ∂y ∂z ∂(..) ∂(..) ∂(..) ∇(..) = grad (..) = ⋅i + ⋅  j + ⋅ k  NABLA-Operator (Vektor!) ∂x ∂y ∂z Stoff

Schallgeschwindigkeit

cS in m/s

Beispiele

Feststoff

c S, s = E / ρ s

3 800

Beton

Flüssigkeit

cS, l = K / ρl

1 484

Wasser (20°C)

343

Luft (20°C)

Gas

cS , g =

κad  p / ρg

Tabelle 2.1: Schallausbreitungsgeschwindigkeiten

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

74 2.1.1.3 Rissbildung, Rissausbreitung und Bruchvorgänge

⇒  Wiederholungen aus der Werkstoffmechanik: mechanisches Verhalten elastisch-plastischer Festkörper , wie z.B. Metalle ⇒ typische Spannungs-Dehnung-Diagramme, siehe Folien 2.10 und 2.11. Jeder Bruch verläuft in den drei Teilvorgängen 13: 1) Rissbildung, 2) Rissausbreitung und 3) Risswachstum. Merkmale zur Kennzeichnung des Bruchgrundvorganges sind: a) Plastische Verformung vor der Rissinstabilität: • Verformungsreicher, • Verformungsarmer oder • Verformungsloser Bruch.  b) Energieverbrauch während der Rissausbreitung: • Zäher Bruch (großer Energieverbrauch) oder • Spröder Bruch (geringer Energieverbrauch). c) Rissausbreitungsgeschwindigkeit v R : • Schneller Bruch in Größenordnung von etwa 1/4 bis 1/3 der Schallgeschwindigkeit im Festkörper v R  ≈ 1000 m/s (z.B. cS,Beton = 3800 m/s, siehe Tabelle 2.1), • Mittelschneller Bruch vR  < cS (vR  ≈ 1 m/s), • Langsamer Bruch v R   1000 m/s) und führt zu einem makroskopischen Sprödbruch (Geräusche!). Folie 2.12.1 spiegelt den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Stadien wider, soweit diese für das Zerkleinern relevant sind. Außer den stofflichen Eigenschaften können auf die Rissausbreitung einen Einfluss ausüben: - Art und Geschwindigkeit der Beanspruchung, - Temperatur, - Form des Körpers und - das Medium (Dispersionsmittel), in dem sich der Bruchvorgang vollzieht. Bemerkenswert ist für die Zerkleinerung auch noch folgender Sachverhalt. In einem Partikel werden immer die jeweils wirksamsten (d.h. größten) Inhomogenitätsstellen den Bruch einleiten. Für nachfolgende Zerkleinerungsereignisse der Bruchstücke stehen dann entsprechend weniger wirksame In-

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

76 homogenitätsstellen zur Verfügung. Dies führt zu einer Erhöhung der Festigkeit mit abnehmender Partikelgröße (siehe z.B. /3.69//3.117/). Ein Sprödbruch ist makroskopisch ein verformungsloser bzw. verformungsarmer Bruch, bei dem die Bruchauslösung bereits bei Spannungen geschieht, die beträchtlich unter der Fließgrenze liegen. Das entspricht einem verformungsarmen  elastisch-spröden Stoffverhalten. Ein Zähbruch   ist demgegenüber mit einer makroskopisch sichtbaren inelastischen Verformung der Umgebung der Bruchstellen verbunden. Sprödbruch ist bei der Zerkleinerung unbedingt anzustreben und liegt auch meist bei der Zerkleinerung mineralischer Rohstoffe tatsächlich vor. Ob Sprödbruch eintritt oder nicht, kann unter den beim Zerkleinern gegebenen Verhältnissen mit von den Beanspruchungsbedingungen * Beanspruchungsgeschwindigkeit, * Temperatur, * Art des Spannungszustandes abhängen. Man darf also nicht von spröden Stoffen, sondern muss von spröden Stoffverhalten sprechen. Jedoch unterscheiden sich die Stoffe in ihrer  Neigung zum Sprödbruch- oder Zähbruchverhalten. Bei erhöhter Beanspruchungsgeschwindigkeit sowie mit  abnehmender Temperatur wächst  bei Stoffen mit inelastischen Verformungsanteilen die  Neigung zum  Sprödbruchverhalten. Wird durch eine starke Versetzungsbewegung an der Rissspitze die Ausbreitung eines Spaltrisses verhindert, so geht der endgültigen Trennung des Körpers eine stärkere plastische Verformung voraus. Damit wird das Abgleiten atomarer und/oder  molekularer Schichten  zum grundlegenden Mechanismus des Zähbruchs. Plastische Verformungen treten zunehmend auf, wenn die Größe beanspruchter Körper abnimmt. Dies ist eine Folge des mit zunehmender Feinheit auftretenden Abbaus an intensiveren Inhomogenitätsstellen. Infolgedessen werden  bei der Beanspruchung die verformenden Scherspannungen eher als die sprödbruchauslösenden Zugspannungen erreicht. Mit abnehmender Partikelgröße unterliegen folglich auch Stoffe mit makroskopisch sehr sprödem Stoffverhalten zunehmend plastischen Verformungen. Diese Erscheinung beobachtet man verständlicherweise auch, wenn man größere Körper in kleinsten Bereichen beansprucht ( Härte, Mikroplastizität) /3.117/. Bei sehr feinen Partikeln stößt man schließlich an eine Grenze, unter der nur noch plastische Verformung auftritt (Mahlbarkeitsgrenze). Für Quarz und Kalzit werden dafür etwa 0,1 bis 1 µm experimentell ermittelt. Damit ist jedoch nur eine Aussage gemacht, für welche Partikel bei der Beanspruchung keine Sprödbruchereignisse mehr auslösbar sind.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

77 2.1.1.4 Energiebilanz der Rissausbreitung & Zerkleinerungsgrenze Ein weiterer Zugang zu Bruchkriterien ist über die Energiebilanz bei der Rissausbreitung gegeben (Energiekonzept der Bruchmechanik). 1920 stellte GRIFFITH erstmalig eine solche Energiebilanz für die instabile Rissausbreitung auf, die für ideal sprödes Stoffverhalten gilt /3.68/. Danach tritt die instabile Rissausbreitung ein, wenn die elastische Verformungsenergie gleich oder größer ist als die für die Bildung beider Rissfläche benötigte Grenzflächenenergie. Für die mathematische Darstellung geht man zweckmäßigerweise von einem langen, schmalen Riss aus, der sich in einer unter Zugspannung  befindlichen, unendlich ausgedehnten Platte befindet. Dieses Rissmodell kann man wiederum als Grenzfall der in Folie 2.12.2 dargestellten elliptischen Innenrisses mit dem Kerbradius ρ ≈ 0 auffassen. Für die an der Rissausbreitung beteiligten Energien ergibt sich je Längeneinheit Rissfront (svw. Plattendicke): a) die elastische Verformungsenergie WV  (Beanspruchungsenergie): WV = −

π σ2 l2 4E

,

( 2.52)

 b) die Grenzflächenenergie WA, d.h. die notwendige Arbeit, die gegen die Bindungsenergie der Moleküle zum Aufbrechen beider Bruchflächen aufzu bringen ist („Energieverbrauch“): WA = 2l γ A .

( 2.53)

In der Folie 2.12.3 sind die negative (!) elastische Verformungsenergie W V und die positive Grenzflächenenergie W A sowie die Gesamtenergie Wges = WV + WA

( 2.54)

in Abhängigkeit von der Risslänge schematisch dargestellt - vergleiche dazu auch die molekularen Potentialfunktionen in der Folie 2.9. Bei sehr kleinen Risslängen oder Bindungsabständen muss für die Rissausbreitung laufend Energie von außen zugeführt werden, das ist die sog. stabile Rissausbreitung, Folie 2.12.1. Erst jenseits des Maximums  der Gesamtenergie , siehe Kurve c in der Folie 2.12.3, wenn eine kritische Risslänge lcrit (= GRIFFITH-Länge) erreicht ist, tritt die sogenannte instabile Rissausbreitung ein. Dazu wird die Gesamtenergie W ges nach ∂l  differenziert und Null gesetzt und es folgt:

∂Wges ∂W ∂W =0= V + A ∂l ∂l ∂l 0=−

πσ 2 l 2E

+ 2γ A .

( 2.55)

( 2.56)

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

78 Unter der Bedingung, dass die im beanspruchten Festkörper gespeicherte elastische Verformungsenergie größer ist als die notwendige Energie zum Aufbrechen der Festkörperbindungen zwischen beiden Bruchflächen, lässt sich das Kriterium der instabilen Rissausbreitung formulieren:

∂WV ∂WA ≥ . ∂l ∂l

( 2.57)

Aus dieser Gl.( 2.56) folgt die benötigte kritische Zugspannung instabilen Rissausbreitung:

crit  zur

1/ 2

 4E γ A    , σcrit =  l π    

( 2.58)

sowie die kritische Risslänge l crit: lcrit =

4E γ A

πσ 2

.

( 2.59)

Sie beträgt beispielsweise l crit ≈  100 µm für Kalkstein mit E ≈ 80 kN/mm2, Grenzflächenenergie γA ≈ 0,1 J/m2 und einer Zugfestigkeit σ ≈ 10 MPa. Setzt man für die Risslänge l den Gitterabstand a G ein, so geht Gl.( 2.58) im Prinzip in Gl.( 2.32) über. Für ideal sprödes Verhalten gilt gemäß GRIFFITH (ohne dominante inelastische Effekte): G crit = R crit = 2 ⋅ γ A .

( 2.60)

In der Gl.( 2.56) wird ∂WV/∂l auch als Energiefreisetzungsrate G bezeichnet, und ihr kritischer Wert G crit  heißt kritische Rissausbreitungsenergie  bzw. aus der Sicht des erforderlichen Energieaufwandes je Bruchflächeneinheit kritischer Risswiderstand  R crit. Schon IRWING14 zeigte bereits die Verknüpfung der Energiefreisetzungsrate G mit der Bruchzähigkeit  K. Und zwar gilt im Beanspruchungsfall I, d.h. einaxiale Zugbeanspruchung mit senkrechtem Riß, siehe Folie 2.13, für den ebenen Spannungszustand   bzw. ebenen Dehnungszustand (ν Querdehnungszahl): G I, crit

=

K 2I , c E

 

bzw.

G I , crit

= (1 − ν )⋅ 2

K 2I , c E

( 2.61)

Wie im Vorstehenden gezeigt worden ist, vermag sich ein Riss nur dadurch fortzupflanzen, dass an seiner Spitze - der Rissfront - sehr hohe Spannungen und somit eine entsprechend hohe Energiedichte  vorhanden sind. Dadurch werden dort inelastische Verformungen   erzwungen. Die Folge davon sind Strukturveränderungen (Gitterstörungen, Amorphisierungen) in der Bruchzone vor der Rißspitze, siehe Folie 2.13 Beanspruchungsfall I. Nach

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

79 DUGDALE 14 ergibt sich unter Berücksichtigung der plastischen Fließgrenze σF eine charakteristische Abmessung der Bruchzone δ von etwa

δ=

0,4⋅ G ⋅ E

σ 2F

,

( 2.62)

vorausgesetzt δ bleibt klein gegenüber der Rißlänge l, δ < l. Diese Bruchzone hat bei spröden Materialien nur eine nanoskalige Abmessung von etwa δ = 1  bis 10 nm, für spröde Polymere liegt sie bei etwa δ = 1 bis 10 µm. Beim gewünschten Sprödbruch sollen Büschel nebeneinander liegender Risse entstehen, siehe Folie 2.16.6 im folgenden Kapitel 2.1.2.2, die einen ausreichend großen Abstand haben müssen, damit ihnen noch genügend Energie für die instabile Rissausbreitung zufließen kann. Ihr Abstand voneinander muss also eine Mehrfaches von δ betragen. Deshalb kann man nach SCHÖNERT 14 als bruchmechanisch begründete Mindestpartikelgröße, also die sog Zerkleinerungsgrenze dZG, etwa annehmen: d ZG

≈ 10 ⋅ δ =

4⋅ G ⋅ E

( 2.63)

σ 2F

Für die feinsten in Mahlprodukten auftretenden Bruchstücke sind also die nanoskaligen Abmessungen der Bruchzone in Betracht zu ziehen. Eine Abschätzung auf bruchmechanischer Grundlage liefert für spröde Stoffe etwa 0,01 bis 0,1 µm, was mit eigenen praktischen Erfahrung bei der Feinstzerkleinerung übereinstimmt 15: 4⋅ G ⋅ E d ZG ≈ ≈ 50 nm 2

σF

 Energieverluste und Temperatureffekte Die enormen Energiedichte wird innerhalb der nanoskaligen Bruchzone dissipiert und sie heizt sich lokal auf. Bei der schnellen Rißausbreitung entsteht eine Temperaturspitze (Bruchtemperatur), die nur wenig vom adiabatischen Wert abweicht (mit c ≈ 0,5 bis 1 kJ/(kg.K) spezifische Wärmekapazität 16 und q Bruch = ∂Q Bruch / ∂A Riß ≈ 0,8 ⋅ G  spezifische Bruchwärme):

∆T =

q Bruch c ⋅ ρs ⋅ δ

,

( 2.64)

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 14 siehe Schönert, K.,

Zerkleinern, in Schubert, H., Handbuch der Mechanischen Verfahrens-

technik, Wiley-VCH Weinheim 2003, S. 191. 15 siehe z.B. Diss. von A. Petrova, OvGU 2008 oder /3.118/ 16 Niedrig, H., Physik, in Czichos, H., Hütte, Springer-Verlag, Berlin 1991, S. B67. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

80 Dadurch treten bei der schnellen instabilen Rissausbreitung kurzzeitig (einige Pikosekunden) hohe Temperaturen  auf /3.69//3.70/. So sind z. B. bei Quarz ca. 3700 °C und Kalkstein ca. 700 °C gemessen worden /3.73/. Wegen der geringen Abmessung der Bruchzone kühlt sie sich nach Durchlaufen des Bruches sehr schnell wieder ab, die Nichtgleichgewichtszustände frieren ein und bleiben auf den Bruchflächen erhalten. Infolgedessen ist die spezifische freie Grenzflächenenergie γA  kein Maß für bei der Rissausbreitung auftretenden Energieumsetzungen, wie es die Griffith-Hypothese voraussetzt. Die spezifische freie Grenzflächenenergie γA  liegt für Festkörper im Bereich von 0,05 bis 2 J/m2, während der   kritische Risswiderstand R crit spröder Materialien mehr als das 100-fache davon beträgt, siehe Tabelle 2.2, z.B. Zementklinker: R crit = 5 … 30 J/m 2  /3.119/. Tabelle 2.2: Bereiche des kritischen Rißwiderstandes14 Materialgruppe Gläser Keramik Polymere Stahl

R crit in J/m2 7 … 20 50 … 500 100 … 104 104 … 105

Frische Bruchflächen unterliegen nach ihrem Entstehen irreversiblen Veränderungen, die vor allem auf den Abbau von Gitterströmungen bzw. Amorphisierungen sowie molekularer Rauhigkeiten hinauslaufen /3.70/ /3.120/. Es erhebt sich weiterhin die Frage, in welcher Weise das umgebende Medium den Bruchvorgang beeinflussen kann. Die Wechselwirkungen (Adsorption) zwischen Feststoffober- bzw. Bruchfläche und den Molekülen des Mediums (einschließlich darin dispergierter bzw. gelöster Substanzen) können sich gemäß Gln.( 2.32) und ( 2.58) durch Herabsetzen der spezifischen freien Grenzflächenenergie auf die theoretische Bruchspannung σth als auch auf die Rissausbreitung auswirken ( adsorptionsbedingte Festigkeitsverminderung, sog. Rehbinder-Effekt /3.65/ /3.71/). Bei Untersuchungen an Glas zeigte sich  bei niedrigen Rissausbreitungsgeschwindigkeiten (< 0,001 m/s in feuchter Luft und < 0,1 m/s in Wasser) tatsächlich eine entscheidende Herabsetzung des Risswiderstandes im Vergleich zum Hochvakuum. Dies wird als spannungskorrosive Wirkung der Wassermoleküle gedeutet /3.70//3.72//3.73/. Andererseits kann das Dispersionsmittel auch die plastischen Mechanismen  beeinflussen /3.65/. Auszuschließen ist allerdings ein Einfluss des Mediums  bei höheren Rissausbreitungsgeschwindigkeiten und damit vor allem auch

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

81 während der instabilen Rissausbreitung wegen dessen zu geringer Spreitungsgeschwindigkeit /3.60//3.66/.

2.1.2 Mikroprozesse des Zerkleinerns Da man definitionsgemäß unter einem Mikroprozess   die Stoffwandlung in den für den jeweiligen Makroprozess charakteristischen kleinsten Substanzgebieten versteht, so sind im Falle des Zerkleinerungsprozesses einzelne Partikel sowie Anordnungen einander benachbarter Partikel (Mehrpartikelanordnungen) diese kleinsten charakteristischen Substanzgebiete, Folie 2.14 . Mit der Untersuchung der zerkleinerungstechnischen Mikroprozesse wird das Ziel vefolgt, den Zusammenhang zwischen Beanspruchung und Zerkleinerungsergebnis aufzuklären, indem einzelne Partikel oder Mehrpartikelanordnungen (Partikelschichten, Gutbetten) weitgehend definierten Beanspruchungsbedingungen unterworfen werden. Von Seiten der Beanspruchung interessieren dabei insbesondere (Einflussgrößen): - Art, - Intensität (Geschwindigkeit, Kraft, Energie) und - Häufigkeit (Anzahl der Beanspruchungsereignisse pro Zeiteinheit) der Beanspruchung; von Seiten des Zerkleinerungsergebnisses (Zielgrößen) demgegenüber; - Bruchwahrscheinlichkeit oder Bruchanteil der Partikeln unterschiedlicher Größe und Form, - die Partikelgrößenverteilung der Bruchstücke sowie - der energiebezogene Oberflächenzuwachs (Energieausnutzung) und - der Aufschlussgrad. Die Ergebnisse der Einzelpartikelzerkleinerung  sind insbesondere für die Modellierung von Brechprozessen   relevant, weil hierbei im wesentlichen Einpartikelschichten beansprucht werden. Die Ergebnisse der Partikelschichtzerkleinerung  (Gutbettzerkleinerung) sind demgegenüber für viele Mahlprozesse aussagekräftig. Deshalb haben sich sowohl die Einzelpartikelzerkleinerung als auch die Partikelschichtzerkleinerung zu bedeutenden Arbeitsgebieten der Zerkleinerungforschung entwickelt (siehe z.B. /3.74//3.79/ bis /3.82//3.86/ bis /3.90//3.121/).

2.1.2.1 Beanspruchungsarten Zunächst sollen die bei der Zerkleinerung angewandten Beanspruchungsarten abgegrenzt werden /3.60//3.74/: MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

82

a) Beanspruchung zwischen zwei Festkörperflächen (Folie 2.14) Bei diesen Beanspruchungsarten können Beanspruchungsintensität und Beanspruchungsgeschwindigkeit voneinander unabhängig variiert werden. Die Beanspruchung durch - Druck (Folie 2.14.1a) ist in vielen Zerkleinerungsmaschinen (z.B. Backenbrecher, Kegelbrecher, Walzenbrecher, Trommelmühlen) anzutreffen. Wesentlich für diese Beanspruchung ist neben dem Formzwang  die relativ niedrige Beanspruchungsgeschwindigkeit (etwa zwischen 0,1 und 5 m/s). - Für eine Beanspruchung durch Schlag (schnelle Druckbeanspruchung) ist kennzeichnend, dass eine Arbeitsfläche, die zwangsgeführt (z.B. * Brechkegel im Flachkegelbrecher; * Nocken eines schnell laufenden Walzengrobbrechers) oder * frei beweglich ist (z.B. fallender Mahlkörper in Trommelmühlen) mit relativ hoher Geschwindigkeit (etwa > 5 m/s) auf das zu zerkleinernde Gut trifft, das mit einer festen Arbeitsfläche in Kontakt ist (Folie 2.14.1c). - Die Beanspruchung durch Scherung  wird in einigen Zerkleinerungsmaschinen besonders in Form der durch Folie 2.14.1b schematisch dargestellten Beanspruchungsart realisiert. Die Partikel sind zwischen zwei Arbeitsflächen, die eine Relativbewegung zueinander ausführen, eingespannt. - Zu dieser Gruppe ist weiterhin die Schneid- und/oder   Scherbeanspruchung zu zählen, Folie 2.14.1e und f. Diese tritt auf, wenn der Abstand a der Wirkungslinien der beiden keilförmigen Schneidwerkzeuge sehr klein gegenüber der Stück- oder Partikelabmessung ist a 100) von Aufgabepartikeln gegebener Stoffart und enger Größenklasse bei festgelegter Beanspruchungsart beansprucht und der Anteil der gebrochenen Partikel in Abhängigkeit von der   Beanspruchungsintensität   (in Klassen einteilen!) ermittelt wird. Die von einem Partikel bis zum Eintreten der ersten Bruchereignisse aufgenommene Energie soll als Zerkleinerungsenergie W Z  bezeichnet werden und stellt eine Zufallsgröße dar, deren Verteilung durch die Bruchwahrscheinlichkeit beschrieben wird. Die einem Partikel angebotene Beanspruchungsenergie W B  kann sich durchaus von W Z unterscheiden. Ist für ein Partikel WB < WZ, bleibt das charakteristische Bruchereignis aus; ist WB > WZ, so lässt sich das überschüssige Energieangebot nur für sekundäre Bruchereignisse - allerdings mit geringerer Effektivität - nutzen. Anzustreben ist deshalb bei technischen Prozesse WB = WZ. Dies ist streng  jedoch nur dadurch realisierbar, dass sich die Partikel an der Arbeitsflächen einer Zerkleinerungsmaschine die für ihre Zerkleinerung erforderliche Energie WZ aus dem Energievorrat der Maschine entnehmen (siehe Abschn. 2.3). Umfangreiche Untersuchungen ergaben, dass die Bruchwahrscheinlichkeit drei- oder vierparametrigen logarithmischen Normalverteilungen gehorcht /3.60//3.79//3.80//3.81//3.121/. In der Folie 2.25.6 sind experimentell gewonnene Bruchwahrscheinlichkeitsverteilungen Φ(Fm,Z) für die Druckbeanspruchung von Zementklinker bei verschiedenen Eingangspartikelgrößen dargestellt, deren prinzipieller Verlauf auf das Vorliegen dreiparametriger logarithmischer Normalverteilungen mit oberer Grenze   hindeutet. Beanspruchungen jenseits dieser oberen Grenze  bedeuten sichere Bruchereignisse mit 100%-iger Wahrscheinlichkeit. Beim Vergleich der Kurven ist die Festigkeitszunahme mit abnehmender Partikelgröße deutlich erkennbar. Ähnliche qualitative Zusammenhänge sind bei der Druckbeanspruchung anderer Materialien ermittelt worden. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

89 Folie 2.25.7 liefert einen Vergleich der Bruchwahrscheinlichkeitsverteilungen Φ bei verschiedenen Beanspruchungsarten in Abhängigkeit von der masse bezogenen Zerkleinerungsenergie W m,Z  für gebrannte Tonpellets von d = 12,5 mm. Danach sind für die gegebenen Stoffeigenschaften die mit größerer Beanspruchungsgeschwindigkeit bzw –intensität  arbeitenden Schlag- und Prallbeanspruchungen deutlich überlegen . Ähnliche Ergebnisse lieferten Untersuchungen mit Glaskugeln /3.80/.

2.1.2.3 Bruchstückgrößenverteilung Die Bruchstückgrößenverteilung hängt bei der Einzelpartikelzerkleinerung außer von den - Materialeigenschaften, - Bruchverläufen (Folie 2.17), - von der Art und der - Intensität der Beanspruchung ab. So ergaben Untersuchungen mit Kugeln aus verschiedenen Materialien, dass sich die Bruchstückgrößenverteilungen ebenfalls als dreiparametrige logarithmische Normalverteilungen mit oberer Grenze d o darstellen lassen. Das gilt offensichtlich sowohl dann, wenn man noch zusätzlich die Zerkleinerungsenergie, d.h. die von den Kugeln bis zur Brucheinleitung aufgenommene elastische Verformungsenergie als Parameter wählt (Folie 2.25.8a) /3.80/ /3.81/, als auch für den Fall, dass auf die Untergliederung in Zerkleinerungsenergieklassen verzichtet wird, also die Bruchstückgrößenverteilung aller Aufgabe-Kugeln gemeinsam getrachtet wird /3.82/.  dreiparametrige logarithmische Normalverteilungen:

Insbesondere die dreiparametrige Verteilungen sind für die Darstellung von Zerkleinerungsergebnissen geeignet. Deshalb sollen im Folgenden nur diese weiter betrachtet werden. Steht man vor dem Problem zu prüfen, ob sich eine experimentell ermittelte Partikelgrößenverteilung durch eine dreiparametrige log-Normalverteilung mit oberer Grenze darstellen lässt, so sind die Parameter µln, δln  und do  zunächst nicht bekannt. Eine dreiprametrige log Normalverteilung würde im logarithmischen Wahrscheinlichkeitsnetz eine gekrümmte Kurve liefern, wie sie z.B. in Folie 1.12.6 dargestellt ist. Diese lässt sich durch Einführen der transformierten Partikelgrößenvariablen δ

δ = d o ⋅

d  d o −d 

( 2.72)

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

90 (δ = 0 wenn d = 0 sowie δ → ∞ wenn d = do) und damit uδ =

lnδ−µδ,ln

( 2.73)

σδ,ln

zu einer Geraden Q 3(δ) strecken. Diese Gerade stellt dann eine zweiparametrige log-Normalverteilung dar, aus der die transformierten Parameter µδ,ln und σδ,ln abgelesen werden können (Folien_MVT_1neu.doc Folie 1.8.6, Folien_MVT_1neu.pdf ). Zur Abschätzung von d o benutzt man entweder die Beziehung d o

 d    ≈d 50 ⋅  97,7    d 50  

3/ 2

( 2.74)

oder lnδ 95 − lnδ 50 = lnδ 50 − lnδ 5 ,

( 2.75)

die aus den Symmetriebedingungen der Darstellung im logarithmischen Wahrscheinlichkeitsnetz folgt. Daraus ergibt sich: 2 δ 50 =δ 5 ⋅ δ 95

( 2.76)

Setzt man die für jeden Punkt gültige Transformation gemäß Gl.( 2.72) in Gl.( 2.76) ein, so erhält man daraus nach Umstellungen die Beziehung: d o =d 50 ⋅

d 5 ⋅ d 50 − 2 ⋅d 5 ⋅ d 95 + d 50 ⋅ d 95 2 d 50 −d 5 ⋅ d 95

.

( 2.77)

Zur Berechnung von d o  sind also d5, d50  und d95  der Darstellung gemäß Folien_MVT_1neu.doc Folie 1.8.6, Folien_MVT_1neu.pdf ,  zu entnehmen. Anstatt d5 und d95  lassen sich auch andere Werte, z.B. d 20 und d80, verwenden. Hat man do bestimmt, so ergeben sich mittels Gl. ( 2.72) 5 und 95.  Man trägt nunmehr diese Werte für eine gegebene Partikelgrößenverteilung in das logarithmische Wahrscheinlichkeitsnetz ein und verbindet diese durch eine Gerade. Kommen nun auch alle anderen Punkte der Kurve L in Folie 1.6.6 durch die Transformation gemäß Gl.( 2.72) auf der Geraden T zu liegen, so gilt das als ausreichend dafür, dass d einer dreiparametrigen log-Normalverteilung folgt. Gemäß der Gl.(1.34) MVT_e_1neu.doc#d50_LNVT und der Gl.(1.35) MVT_e_1neu.doc#Standardabweichung_LNVT   können dann µδ,ln  und σδ,ln an dieser Geraden abgelesen werden. Ließ sich die Funktion Q 3(d) nur unbefriedigend zu einer Geraden strecken, so ist durch eine numerische Anpassungsoptimierung schrittweise ein geeigneter Wert für do zu ermitteln.  multimodale Verteilungen: MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

91 Entsprechend der Bruchverläufe von Kugeln gemäß Folie 2.19 (Bildung eines Feinkornkegels durch Zertrümmerung und eines groben „Restes“) können zumindest bimodale Verteilungen entstehen . Werden bevorzugt unregelmäßige Ausgangskörper   genügend enger Größenklassen beansprucht, so entstehen demgegenüber multimodale Verteilungen mit mehreren Modalwerte oder Mischverteilungen, die sich aus mehreren statistischen Teilkollektiven zusammensetzen, siehe auch Folie 2.26. Letztere folgen wiederum dreiparametrigen logarithmischen Normalverteilungen mit oberer Grenze . Folie 2.25.8b liefert hierfür ein Beispiel. Folglich lässt sich die Bruchstückgrößenverteilung Q 3(d,WZ) in folgender Form darstellen /3.83/ /3.84/:  N

Q3 (d,WZ ) = ∑ Q 3, k (d,d o, k ,d 50, k ,σ ln, k )⋅ µ TK , k ( WZ ) k =1

( 2.78)

 bzw. für die Verteilungsdichte:  N

q 3 (d,WZ ) = ∑ q 3, k (d,d o, k ,d 50, k ,σ ln, k )⋅ µ TK , k ( WZ ) .

( 2.79)

Dabei bezeichnen

F 2.1

k =1

 N die Anzahl der Teilkollektive, µ TK,k  ihre Masseanteile und WZ die Zerkleinerungsenergie. Die dreiparametrigen logarithmischen Normalverteilungen q 3,k  in Gl.( 2.79) einschließlich ihrer Parameter d 50,k, σln,k   und do,k , sind durch die Gln. (1.34), (1.35) und (1.39) definiert, siehe auch (MVT_e_1neu.doc#d50_LNVT, MVT_e_1neu.doc#Standardabweichung_LNVT , MVT_e_1neu.doc#delta_du_do_d). In Folie 2.25.8b sind diese Parameter für das dargestellte Beispiel mit eingetragen. Auf Grundlage einer großen Zahl von Untersuchungen wurde vor allem festgestellt /3.83/ bis /3.85/: a) Die Anzahl N der entsprechenden Teilkollektive verringert sich mit abnehmender Aufgabepartikelgröße (z.B. für Quarzit von fünf für die Aufgabepartikelgrößenklasse 32 ... 40 mm auf drei für 2,5 ... 3,15 mm), wobei die Form ihrer Verteilungsdichten im Wesentlichen unbeeinflusst bleibt.  b) Die Parameter d o,k , d50,i und σln,k sind mit Ausnahme von d o und d50 für das jeweils gröbste Kollektiv unabhängig von der Zerkleinerungsenergie . c) Die Veränderung der Mischverteilungen vollzieht sich mit wachsender Zerkleinerungsenergie über die Verminderung des Masseanteils µ k

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

92 des jeweils gröbsten Kollektiv und eine entsprechende Zunahme der Anteile der feineren Teilkollektive, ⇒ siehe dazu die vereinfachte Modellierung der Zerkleinerungskinetik Folie 2.27. Aus den Ergebnissen kann zunächst abgeleitet werden, dass das vermeintliche "Chaos" eines Zerkleinerungsprozesses in hohem Maße Ordnung bzw. Gesetzmäßigkeit in sich birgt. Weiterhin liegt, wenn man die Bruchstückgrößenverteilungen von Kugeln und unregelmäßigen Ausgangspartikeln vergleicht, offensichtlich ein Partikelformeinfluss  vor. Wie ausgeprägt die Partikelform das Bruchgeschehen beeinflusst, verdeutlicht auch Folie 2.28.8. In Folie 2.28.8 ist der energiebezogene Oberflächenzuwachs A S /W (jetzt überwiegend Energieausnutzung genannte)   für die Einzelpartikelzerkleinerung von Glaskugeln  unabhängig von der Zerkleinerungsenergie WZ (Beachte Ähnlichkeitsgesetz der Bruchmechanik Gl.( 2.83) und Abschn. 2.5) und beträgt 0,003 m2 /J. Für unregelmäßige Glaspartikeln ( Glasbruch) ist ∆AS/W im Bereich niedriger Zerkleinerungsenergien höher  als der genannte Wert für Kugeln. Dies dürfte auf den Partikelformeinfluss zurückzuführen sein. Dass für unregelmäßig geformte Partikel bei höheren Zerkleinerungsenergien die Energieausnutzung abfällt, ist eine Folge der Reibungsarbeit, die auf bei Teilbrüchen entstandene Bruchstücke zurückzuführen ist. Beim Zerkleinern in Grob- und Mittelzerkleinerungsmaschinen (Brechern), die durch Druck oder Schlag beanspruchen, liegen die Mehrpartikelanordnungen im Prozessraum im Ausgangszustand gewöhnlich als Einzelpartikelschicht vor. Somit sind Beanspruchungsbedingungen gegeben, die denen  bei der Einzelpartikelzerkleinerung nahe kommen. Auch bei der Prallzerkleinerung  lassen sich, wenn Überlastung vermieden wird, Verhältnisse realisieren, die denen bei der Einzelpartikelbeanspruchung weitgehend entsprechen.

2.1.2.4 Partikelschichtbeanspruchung Derartig günstige Voraussetzungen scheiden für den Betrieb von Fein- und Feinstzerkleinerungsmaschinen ( Mühlen) aus, die von Druck- oder Schlag beanspruchung Gebrauch machen. Hier wird das Gut in Vielpartikelschichten (Gutbetten) beansprucht, siehe Folie 2.15 und Folie 2.28.9.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

93 Dabei wird zusätzlich Energie verbraucht für Verdichtungsvorgänge  und wegen der im Allgemeinen vorliegenden nicht-allseitigen Begrenzung der Gutbetten zwischen den Mahlorganen (z. B. Kugel/Kugel, Kugel/Platte) auch für Fließvorgänge. Infolgedessen kann ein Teil des Gutes, der von den Guteigenschaften, der Anfangsschichthöhe (Anzahl der Partikellagen) und der Beanspruchungsgeometrie abhängt, der Belastung seitlich ausweichen. Mit zunehmender Anzahl der Partikellagen   im Ausgangszustand nehmen der Energieverbrauch  für die Verdichtung sowie die Fließvorgänge zu und infolgedessen der Anteil gebrochener Partikel bezogen auf die ursprünglich  beanspruchten ab /3.89//3.90/. Die Beanspruchung in einem Gutbett   unterscheidet sich gegenüber der einzelner Partikel auch durch die Krafteinleitung sowie die seitliche Begrenzung des individuellen Beanspruchungsraumes eines Partikels durch die  Nachbarpartikeln. Die von außen eingeleitete Kraft beansprucht das Gutbett, in dem die einzelnen Partikeln entsprechend ihrer Lage sehr unterschiedlich  belastet werden. Die Anzahl der einem Partikel benachbarten Partikeln - also die Koordinationszahl - liefert die maximal mögliche Zahl der Lastangriffspunkte (Kontaktstellen). Die Zahl der tatsächlichen Lastangriffspunkte wird verständlicherweise immer kleiner als die Koordinationszahl sein, weil Nachbarpartikeln auch kleiner als der ihnen zur Verfügung stehende Hohlraum sein können, so dass sie von der Kraftwirkung verschont bleiben. Folglich werden die in Gutbetten auftretenden Beanspruchungszustände wesentlich von den granulometrischen Eigenschaften und der Packungsstruktur  mitbestimmt /3.87//3.88/. Dies äußert sich sowohl im Bruchanteil der Ausgangspartikelgrößen als auch in der Bruchstückgrößenverteilung. Vom Gesichtspunkt des Bruchanteils ist es am günstigsten, wenn die einzelnen Partikel jeweils nur wenigen Lastangriffspunkten ausgesetzt sind /3.69/. Kleinere Partikel, die ein großes umhüllen, beeinträchtigen deshalb dessen Zerkleinerung. Dieser Schutzeffekt ist verständlicherweise umso ausgeprägter, je mehr sich die Partikelgrößen unterscheiden. Umgekehrt erhöht sich der Bruchanteil der kleineren Partikel. Über den Einfluss der Beanspruchungsgeometrie informiert Folie 2.28.9 am Beispiel der Zerkleinerung von Quarzit 2,5 ... 3,15 mm, wobei die Ausgangsschichthöhe h zwischen den Beanspruchungsorganen das 5-fache der mittleren Partikelgröße der Ausgangspartikelgrößenklasse betrug /3.86/. In Folie 2.28.9b ist der Bruchanteil S in Abhängigkeit von der Kraft F B dargestellt, mit der der jeweils obere bewegliche Stempel auf die Partikelschicht wirkte. Der Bruchanteil S stellt das Verhältnis der Masse gebrochener MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

94

Partikel zur ursprünglich beanspruchten Masse dar , wobei letztere mittels der schraffierten Flächen in Folie 2.28.9a definiert ist. Als gebrochen gilt hierbei ein Partikel, das durch Bruchereignisse feiner als die untere Grenze der Ausgangspartikelgrößenklasse geworden ist. Man erkennt deutlich, dass für alle Beanspruchungsgeometrien der Bruchanteil S mit wachsender Belastung einem Grenzwert zustrebt, der aber für die günstige Geometrie Platte/Platte um ein Vielfaches höher liegt als für die Geometrie Kugel/Kugel. Folie 2.28.9c zeigt für die gewählten Beanspruchungsgeometrien die Energieausnutzung als Funktion der auf die beanspruchte Masse bezogenen Beanspruchungsenergie W m,B. Die große Spreizung der Kurvenverläufe für die verschiedenen Beanspruchungsgeometrien wird weitgehend aufgehoben, wenn man auf der Abszisse die auf die zerkleinerte Masse bezogene Beanspruchungsenergie aufträgt. Unabhängig von der Darstellungsweise fällt aber immer die Energieausnutzung mit steigender Beanspruchungsintensität ab . Im Interesse einer hohen Energieausnutzung sollten deshalb bei Mahlprozessen nicht-allseitig begrenzte Gutbettanteile bei jedem Beanspruchungsereignis nur mit entsprechend geringer Intensität belastet und anschließend zunächst aufgelockert sowie durchmischt werden, bevor das nächste Ereignis mit ähnlicher Intensität folgt /3.122//3.123/. Dadurch werden nicht nur größere Energieverluste für die stärkere Verdichtung der Partikelschicht vermieden, sondern es stellt sich auch eine neue, für die Beanspruchung günstigere Packungsstruktur ein. Die bei der Einzelpartikelzerkleinerung gewonnene Erkenntnis, dass die jeweils höchste Energieausnutzung erreicht wird für Beanspruchungsintensitäten, die gerade die Bruchwahrscheinlichkeit Φ = 100 % gewährleisten, dürfte sich sinngemäß auf die Gutbettzerkleinerung übertragen lassen. Danach sollten Gutbetten bei jedem Beanspruchungsereignis nur bis zu etwa 95 % vom Grenzwert des Bruchanteils S (Folie 2.28.9b) belastet werden. Schließlich  begünstigen geringe Ausgangsschichthöhen die Energieausnutzung. Folie 2.29.10 verdeutlicht am Beispiel der Zerkleinerung von Quarzit 2,5 ... 3,15 mm als Gutbett zwischen ebenen Stempeln (a) und in einer Wälzmühle (b), dass die bei der Einzelpartikelzerkleinerung ermittelten Mischverteilungen (Folie 2.29.10b), auch hierbei identifizierbar sind und mit wachsender Beanspruchungsintensität (Beanspruchungsenergie bzw. Zahl der Mahltellerumläufe) der Anteil der feineren Teilkollektive (insbesondere des feinsten) zunimmt (Fläche unter der Verteilungsdichte-Kurve!), während der des gröbsten abnimmt /3.85/. Eine günstige Beanspruchungsenergieverteilung und eine daraus resultierende erwünschte enge Partikelgrößenverteilung bei der Kollektivzerkleinerung verdeutlicht noch einmal Folie 2.30.1 und 2, Fall 2 (Zertrümmerung) bzw. a. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

95

2.1.3 Mechanische Aktivierung und Mechanochemie Intensive mechanische Beanspruchungen und Bruchvorgänge führen bei Zerkleinerungsprozessen - insbesondere im Fein- und Feinstpartikelbereich - zur mechanischen Aktivierung des Mahlgutes. Chemische Wirkungen aufgrund der mechanischen Aktivierung sind Gegenstand der Mechanochemie (Tribochemie). Bei der mechanischen Aktivierung entstehen räumliche und damit auch energetische Störungen des atomaren oder molekularen Gefüges: - Zunahme atomarer Fehlstellen, - Gitterdeformationen, - Aufbrechen von Bindungen, - Einbau von Gitterstörungen, - Bildung von freien Radikalen und freien Elektronen, - Zunahme von Versetzungen. Dem parallel verläuft eine Verringerung der Primär- und Sekundärteilchengröße. Die Störungen sind die Folge der bei den Beanspruchungsereignissen in submikroskopischen Bereichen auftretenden hohen Energiedichten . Die auf diese Weise erzeugten Störungen erfassen zunächst die Oberflächenschichten der Partikeln (etwa 10 -4  bis 10-2  mm). Sekundäre Folgeerscheinungen reichen aber wesentlich tiefer. Infolgedessen wird der Anteil der aktivierten Zustände, insbesondere bei längerer Feinstmahlung in Schwingmühlen, Strahlmühlen und Attritoren bedeutsam. Die Störungen bzw. aktivierten Zustände lassen sich durch geeignete physikalische Meßmethoden (z.B. Röntgendiffraktometer) nachweisen. Infolge der Zunahme der spezifischen Oberfläche und der Störungen erhöht sich durch die mechanische Aktivierung die überschüssige freie Energie des Gutes, wo bei die größten Beträge während der Mahlprozesse auftreten. Da es sich um thermodynamisch instabile Zustände handelt, verläuft eine Rückbildung in Richtung der energieärmsten Zustände. Allerdings bleibt ein Restbetrag erhalten, der eine erhöhte Reaktionsfähigkeit   des Gutes ermöglicht, deren  Nutzung Gegenstand zahlreicher Untersuchungen war. Sie kann sich bei den nachgeschalteten Prozessen in einer - Erhöhung der Löslichkeit  und der Lösegeschwindigkeit, - der Verbesserung der katalytischen Reaktionsfähigkeit, - der Zunahme der Sinteraktivität, - der Adsorptionsaktivität bzw. - der Hydratationsfähigkeit  bei Bindemitteln (z.B. Zement) oder - der Reaktionsgeschwindigkeit bei chemischen Reaktionen äußern.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

96 Auch Modifikationsumwandlungen können sich als Ergebnis der mechanischen Aktivierung einstellen. 2.2 Parameter der Makropr ozesse in Zerkl einerungs maschi nen

In Zerkleinerungsmaschinen werden im Allgemeinen Partikelkollektive kontinuierlich, seltener diskontinuierlich verarbeitet. Vom Standpunkt der Energieausnutzung sollte ein Makroprozess so ablaufen, dass bei jedem Beanspruchungsereignis den beanspruchten Partikeln gerade so viel Energie zugeführt wird, wie diese zur Brucheinleitung benötigen, d.h. die Zerkleinerungsenergie, die bekanntlich von der Beanspruchungsenergie zu unterscheiden ist (siehe Abschn. 2.1.2.2). Die Zerkleinerungsenergie ist als Zufallsgröße  zu betrachten, die durch die Bruchwahrscheinlichkeitsverteilung charakterisiert wird. Vom energetischen Standpunkt sind deshalb solche Zerkleinerungsprozesse als günstig zu beurteilen, - bei denen sich die Partikel die Zerkleinerungsenergie selbst unmittelbar an den Arbeitsorganen entnehmen können, - eine gegenseitige Partikelbehinderung weitgehend ausgeschlossen ist - und das entstandene Feingut schnell den Prozessraum verlassen kann. Unter Beachtung dieser Gesichtspunkte stellen beispielsweise die Zerkleinerung von Einpartikelschichten zwischen den - Arbeitsflächen von Backen-, Kegel- und Walzenbrechern - sowie die Zerkleinerung an den Prallleisten von Rotor-Prallbrechern - und an den Hämmern von Hammerbrechern günstige Varianten dar, falls in den letzten beiden Fällen die Prallgeschwindigkeit genügend groß, d.h. auf die Festigkeit der Partikel abgestimmt ist. An den Arbeitsorganen  dieser Maschinen entnimmt sich jedes Partikel aus dem angebotenen Energievorrat nur soviel Energie, wie es zum Zerkleinern benötigt, d.h. die Zerkleinerungsenergie. Demgegenüber wird beim Mahlkörperfall in Kugelmühlen oder auch bei der Beanspruchung in Schleuderradprallmühlen den Partikeln eine Energie aufgeprägt, die im Allgemeinen kleiner oder größer als die Zerkleinerungsenergie sein wird. In diesem Fall ist es wichtig, die Beanspruchungsenergieverteilung durch die Wahl der Prozessbedingungen so gut wie möglich mit der Bruchwahrscheinlichkeitsverteilung der zu zerkleinernden Partikel abzustimmen. Hinzu kommt noch, dass vor allem bei vielen Fein- und Feinstzerkleinerungsmaschinen (z.B. Trommelmühlen, Wälzmühlen, Schwingmühlen) die Zerkleinerung im Wesentlichen durch Beanspruchung

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

97 von Partikelschichten (Gutbetten) geschieht. Daraus resultieren nicht nur zusätzliche Energieverluste durch Partikelreibung bei Fließ- und Verdichtungsvorgängen, sondern auch eine breitere Beanspruchungsenergieverteilung (Folie 2.30.1). Bei der Fein- und Feinstzerkleinerung beeinflussen physikalische und stoffliche Eigenschaften des fluiden Dispergiermittels  den Prozess. Technische Zerkleinerungsprozesse werden entweder trocken  (meist Luft, in Sonderfällen eine Schutzgasatmosphäre) oder nass (überwiegend Wasser bzw. wässrige Lösungen) realisiert. Zur Verbesserung der Mahlwirkung hat in neuerer Zeit sowohl bei der Trocken- als auch der Nassmahlung die Anwendung von Zusatzstoffen – so genannten Mahlhilfsmitteln - größere Verbreitung erlangt /7.2.//7.7./. Derartige Stoffe, die nur in geringen Mengen zugesetzt werden, wirken sich insbesondere über Adsorptionsvorgänge an den Partikeloberflächen auf die Mikroprozesse im Prozessraum aus. Insgesamt handelt es sich jedoch bei den vom Medium und darin dispergierten bzw. gelösten Bestandteilen hervorgebrachten Wirkungen um sehr komplexe Erscheinungen. Einen wesentlichen Einfluss können Medium und seine Bestandteile auf die Wechselwirkungskräfte zwischen den Partikeln ausüben. Diese bestimmen  bekanntlich den Agglomerations- bzw. Dispergierungszustand in dem jeweiligen Mahlgut oder der Mahlguttrübe sowie deren Fließeigenschaften. Dies wiederum wirkt sich unmittelbar auf die im Abschn. 2.1.2 erörterten Mikro prozesse der Gutbettbeanspruchung sowie auf das gesamte Transportverhalten des Mahlgutes im Prozessraum aus. Aber auch die Wechselwirkungskräfte, die zwischen den Partikeln und Mahlorganen (z. B. Kugeln in Kugelmühlen) oder Partikeln und Prozessumwandlungen wirken und zu Anbackungen führen, sind in diesem Zusammenhang zu beachten. Die Ergebnisse vieler systematischer Untersuchungen sprechen nachdrücklich dafür, dass die Zerkleinerung verbessernde Wirkungen von Mahlhilfsmitteln hauptsächlich durch Beeinflussung der Wechselwirkungskräfte und daraus resultierende Verbesserungen von Dispergierungszustand sowie Fließverhalten des Mahlgutes bzw. der Mahltrübe zu erklären sind /7.2//7.7/. Für die Trockenmahlung eignen sich als Mahlhilfsmittel bestimmte polarunpolare organische Stoffe. Deren polare Gruppen müssen die Adsorbierbarkeit gewährleisten und die unpolaren Gruppen der Adsorptionsschichten die Herabsetzung der Wechselwirkungskräfte (Van-derWaals-Kräfte, evtl. auch kapillare Haftkräfte) hervorbringen. Zu den Stoffen, die sich für bestimmte Anwendungsfälle als geeignet erwiesen haben, gehören z. B.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

98 - Alkohole wie Hexanol, Oktanol, Oktandiol, Ethylenglykol und Propylenglykol; - Amine wie n-Alkylamine mittlerer Kettenlänge und Triethanolamin sowie - auch eine ganze Reihe von Carboxylaten, vor allem Fettsäuren. Bei der Nassmahlung  lassen sich diese Wechselwirkungen erheblich vermindern. Allerdings bilden sich in polaren Dispergiermitteln an einer Partikeloberfläche sowohl eine Hydrathülle als auch als Folge von Löse- und Adsorptionsvorgängen eine Oberflächenladung und eine elektrische Doppelschicht aus. Deshalb wirken zwischen Partikeln, die sich in der Trübe genügend genähert haben, nicht nur - anziehende (verminderte!) Van-der-Waals-Kräfte, - sondern auch sterische Abstoßungswirkungen, hervorgerufen durch die Hydrathülle, sowie - abstoßende elektrostatische Kräfte. In diesem Zusammenhang spielen für die Doppelschichtphänomene auch die - Elektrolytkonzentration im Allgemeinen und - der pH-Wert sowie - die Konzentration mehrwertiger Ionen im Besonderen eine wichtige Rolle. Für die Nassmahlung lässt sich ganz allgemein formulieren: In einer feinstpartikelhaltigen Trübe hoher Feststoffkonzentration ist die Mahlwirkung umso intensiver, je besser der Dispergierungszustand der Partikeln bzw. je fließfähiger die Trübe ist. Für Trüben dieser Art sind deshalb Mahlhilfsmittel in Betracht zu ziehen, die eine dispergierende und die Fließfähigkeit verbessernde Wirkung hervorbringen. Diese beruht entweder darauf, dass auf den Partikeln durch Adsorption (z. B. H+, OH-, mehrwertige Kationen, Phosphationen) genügend hohe gleichsinnige Partikelladungen erzeugt oder die Hydrathüllen verstärkt werden (z. B. mittels Natriumsilikat, hydrophilen Polymeren niedriger Molekularmasse (Polyacrylamide, Polyacrylsäuren u.a. mit Mol.-Massen von etwa 5000 bis 10000 g/mol)). Das Mahlmedium  beeinflusst aber auch über seine physikalischen Eigenschaften (Dichte und Viskosität) die Mahlprozesse. So ist in Mühlen, die mit einer Mahlkörperfüllung arbeiten, die Suspendierwirkung von Wasser wesentlich ausgeprägter als die von Luft. Dies führt dazu, dass die feinsten Partikeln im Wasser weitgehend homogen verteilt sind und in den der Beanspruchung unterworfenen Gutbetten zwischen den Mahlkörpern sowie zwischen Kahlkörpern und Mühlenwand anteilig weniger vertreten sind als die gröberen Partikelgrößenklassen. Infolgedessen sind in der Partikelgrößenverteilung des Mahlproduktes die mittleren Partikelgrößenklassen stärker vertreten als  bei einer vergleichbare Trockenmahlung. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

99 Bei glatter Mühlenauskleidung fördert die Nassmahlung aufgrund der verminderten Reibung das Abgleiten der Mahlkörperfüllung auf der Mühlenwand und beeinflusst dadurch über die Mahlkörperbewegung auch die Mahlwirkung. Insgesamt lässt sich sagen, dass bei der Nassmahlung  im Vergleich zur Trockenmahlung eine höhere Energieausnutzung  erreicht wird. Die früher vielfach verbreitete Auffassung, dass bei Trockenmahlung im Vergleich zur  Nassmahlung mit einem etwa um ein Drittel höheren Energieaufwand zu rechnen ist /7.16/, dürfte aber eine zu weit reichende Verallgemeinerung darstellen. Unbedingt zu vermeiden ist die Feuchtmahlung, d.h. der Bereich jener Mahlgutfeuchten, in dem es zu starken Agglomerationserscheinungen aufgrund kapillarer Haftkräfte kommt. Im Übrigen wird die Entscheidung zwischen Trocken- und Nassmahlung noch durch weitere Gesichtspunkte beeinflusst (Anforderungen der nachfolgenden Prozesse, Verschleiß u.a.m. /7.16/). 2.3 Techni sche Zerkl einerungs arbeit und Zerkleinerun gsgesetze

2.3.1 Wirkungsgrad eines technischen Zerkleinerungsprozesses Die bei der technischen Zerkleinerung aufzuwendende Arbeit beträgt ein Vielfaches des Zuwachses an Grenzflächenenergie, wobei aber - wie schon im Abschn. 2.1.1 ausgeführt - letztere keine Größe darstellt, die die bei Bruchvorgängen unerlässlichen Energieaufwendungen charakterisiert. Der Zuwachs an Grenzflächenenergie kann folglich auch keine sinnvolle Bezugsgröße für die Definition des theoretischen Wirkungsgrades der Zerkleinerung darstellen. Dafür kommt nur der kritische Risswiderstand  R c in Betracht:

ηth =

∆AS ⋅ R c . 2⋅W

( 2.80)

∆AS

Oberflächenzuwachs eines Zerkleinerungsprozesses W technische Zerkleinerungsarbeit Geht man davon aus, dass z. B. die Energieausnutzung von KugelmühlenProzessen etwa - zwischen 0,001 und 0,004 m2 /J beträgt und für mineralische Rohstoffe der - Risswiderstand überschläglich mit 30 bis 60 J/m2 angesetzt werden kann, so berechnen sich - theoretische Wirkungsgrade ηth von 1,5 bis 12 %  /6.3/.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

100 Geht man von der im Prozessraum einer Zerkleinerungsmaschine bereitgestellten Energie aus, so können folgende Verlustarbeitsbeträge notwendig werden: a) für die elastische Deformation (Hystereseverluste) von Partikeln, die nicht zur Auslösung von Bruchereignissen führt,  b) für die nichtelastische Deformation von Partikeln und der Arbeitsflächen, soweit diese über die in der Bruchzone auftretende hinausgeht und nicht schon im Risswiderstand erfasst ist, c) die kinetische Energie der Bruchstücke, d) die Reibung  der Partikel untereinander (einschließlich der Reibung auf den Bruchflächen) und an den Arbeitsflächen, e) für den Verschleiß der Arbeitsflächen, f) die innere Reibung beanspruchter Partikel infolge thermoelastischer Effekte, der Schallwellenausbreitung oder von Oszillationen elastisch verformter Bruchstücke. Diese Verlustarbeitsbeträge, die überwiegend als Wärme anfallen, werden sowohl von den - Eigenschaften des zu zerkleinernden Gutes  (Dispersitätszustand, Festigkeits- bzw. Bruchverhalten) als auch den - Prozessbedingungen   (der Art, Intensität und Geschwindigkeit der Beanspruchung, der Temperatur, dem Medium, der Art des Gutstromes u.a.)  beeinflusst. Aufgrund von Abschätzungen ist anzunehmen, dass vor allem die Reibungsverluste und gegebenenfalls zusätzlich die Verluste für nichtelastische Deformation dominieren. Letztere sind vor allem über die Beanspruchungsgeschwindigkeit und -temperatur beeinflussbar. Die Reibungsverluste werden durch die - Partikelanordnung bzw. Partikelanzahlkonzentration im Prozessraum (damit auch durch die Partikelgrößenverteilung), - die Wechselwirkungskräfte zwischen den Partikeln und durch - die Beanspruchungsgeometrie bestimmt. Da sich bei der Einzelpartikelzerkleinerung die Reibungsverluste weitgehend reduzieren lassen, stellt ein energetischer Wirkungsgrad, der sich auf den für die Einzelpartikelzerkleinerung notwendigen Energieverbrauch bezieht, eine für die Beurteilung technischer Zerkleinerungsprozesse sinnvolle Größe dar. Reale Zerkleinerungsprozesse - vor allem jene in Mühlen mit Gutbettbeanspruchung - lassen sich in diesem Zusammenhang auch als Vielstufenprozesse aufeinander folgender Einzelpartikelzerkleinerungen simulieren /6.3/. Allerdings setzt die Anwendung dieses Wirkungsgrades eine hinreichende Kenntnis der Energieausnutzung bei der Einzelpartikelzerkleinerung voMVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

101 raus. Diese hängt bekanntlich nicht nur von der Stoffart, sondern auch von den Aufgabepartikelgrößen und vor allem auch von der Zerkleinerungsenergie selbst ab (siehe z. B. auch Bild 3.35).

2.3.2 Produktfeinheit = f(Zerkleinerungsarbeit) Die Frage nach der Verknüpfung des energetischen Aufwandes - die Zerkleinerungsarbeit  - mit dem Prozessergebnis   - also Produktfeinheit = f(Zerkleinerungsarbeit) - beschäftigt die Zerkleinerungsforschung seit mehr als 100 Jahren. Ein solcher phänomenologischer Zusammenhang lässt sich zunächst über die folgende Differentialgleichung herstellen: dW d (d )

= −C ⋅ d − n

( 2.81)

Diese Gleichung ( 2.81) verknüpft das Arbeitsinkrement dW/d(d), das in einem inkrementalen Volumenelement zu einer Größenreduktion (- Vorzeichen) führt, mit einer einfachen Potenzfunktion der Partikelgröße d -n selbst. - Für einen Exponent n = 2 ergibt die Integration zwischen der Aufgabepartikelgröße dA und dem Feingut dF: d F 

W  Ritt 

= −C  Ritt  ∫ d 

−2

d ( d ) = C  Ritt  ⋅

d  A

1

d F 

d  d  A

  1 1   = C  Ritt  ⋅  −  .  d F  d  A  

( 2.82)

Da 1/d einer volumenbezogenen Partikeloberfläche entspricht, beschreibt diese Gleichung den direkten Zusammenhang zwischen Zerkleinerungsar beit und Oberflächenzuwachs ∆A S ∝ 1 / d F − / 1 / d A , der schon von RITTINGER /6.6/ gefunden wurde. Er betrachtete das Zerteilen eines Würfels in kleinere Würfel und meinte, dass die erforderliche Arbeit W Ritt der neu geschaffenen Oberfläche ∆AS proportional sein müsse: W  Ritt  = const ⋅ ∆ AS  .

( 2.83)

Dieser Zusammenhang, der in die Fachliteratur als so genanntes RITTINGER-Gesetz eingegangen ist, lässt sich nicht auf die Grundlagen der im Abschn. 2.1.1. dargelegten modernen Vorstellungen über Rissbildung und Rissfortpflanzung zurückführen. - Davon ausgehend stellte RUMPF  ein Ähnlichkeitsgesetz der   Bruchmechanik auf, für das zwar von anderen Voraussetzungen ausgegangen wird, aber das ebenfalls zum Ergebnis von Gl.( 2.83) führt /77/:

∆AS W

=

∆A S, V WV

=

∆A S, m Wm

= const.

( 2.84)

Der energiebezogene Oberflächenzuwachs   bzw. die Energieausnutzung  oder die reziproke oberflächenbezogene Zerkleinerungsarbeit MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

102 sind somit konstant. Versuche, die zur Einzelpartikeldruckzerkleinerung angestellt wurden, bestätigten das Ähnlichkeitsgesetz der Bruchmechanik in bestimmten Partikelgrößenbereichen experimentell, indem die bis zum Bruchbeginn von Partikeln tatsächlich aufgenommene elastische Verformungsenergie dem Oberflächenzuwachs gegenübergestellt wurde /6.3//6.4/. Es gibt recht gut den phänomenologischen Zusammenhang beim Feinkornmahlen mit hohem Oberflächenzuwachs wieder. - KICK stellte 1885 ein Ähnlichkeitsgesetz auf, das zunächst richtig voraussetzt, dass für eine ähnliche Verformung geometrisch ähnlicher und im Übrigen physikalisch gleicher Körper eine dem Volumen proportionale Arbeit zuzuführen ist /6.8/. Die weiteren Voraussetzungen jedoch - dass die Festigkeit unabhängig von der Partikelgröße und die Bruchflächen des  bei σBruch = konst. erfolgenden Bruches ähnlich verlaufen - stimmen mit der Realität bzw. mit den Ergebnissen der Bruchmechanik nicht überein. Auf Grund der von KICK getroffenen Voraussetzungen ergibt sich für das Zerteilen eines Würfels der Kantenlänge d A in kleinere Würfel der Kantenlänge dF der Zusammenhang mit dem Exponenten n = 1:

 d    d  = −C Kick  ∫ d −1 d (d ) = − C Kick  ⋅ ln d  d  = C Kick  ⋅ ln  A   d F   d  d F 

W Kick 

( 2.85)



 A

 A

Diese Beziehung ( 2.85) ist in die Fachliteratur als so genanntes KICKsches „Zerkleinerungsgesetz“ eingegangen und entspricht etwa dem  phänomenologischen Zusammenhang beim Grobkornbrechen mit geringem Oberflächenzuwachs. - Im Bereich zwischen dem Grobbrechen  (KICK) und dem Mahlen (RITTINGER, RUMPF) erhält man für n = 3/2: d F 

W  Bond 

= −C  Bond  ∫ d −3 / 2

d ( d ) = 2 ⋅ C  Bond  ⋅

d  A

W  Bond 

1

= 2 ⋅ C  Bond  ⋅

d F 

  ⋅ 1 −  

d F   



d  A  

1 d 

d F 

d  A

  = 2 ⋅ C  Bond  ⋅   

1 d F 



   d  A  

1

( 2.86)

Diese Beziehung wurde von BOND  in den 50er Jahren angegeben, nach der zwischen der massebezogenen Zerkleinerungsarbeit Wm,Bond  und den 80 %-Partikelgrößen d A,80 bzw. dF,80 des Aufgabe- bzw. zerkleinerten Gutes folgender Zusammenhang besteht /6.9/: W m, Bond  =C 

*  Bond 

     

   − d F ,80 d  A,80    1

1

( 2.87)

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

103 Tabelle 2.3: Mittlere Wm,i - Werte: (s. Schubert 23 o. Höffl 24)

Feststoff

mittlerer Arbeitsindex mittlere Feststoffdichte s Wm,i in kWh/t in kg/m3 Baryt 5,21 4500 Basalt 18,88 2910 Bauxit 9,66 2200 Dolomit 12,4 2740 Eisenerze 14,23 3550 Feldspat 11,9 2590 Ferrosilizium 11,10 4410 Glas 13,65 2580 Gips 7,8 2690 Granit 16,70 2660 Graphit 48,5 1750 Kalisalz 8,92 2400 Kalkstein 13,89 2650 Kohle 14,3 1400 Koks 16,7 1310 Pyriterze 9,83 4060 Quarz 14,95 2650 Schiefer 15,67 2570 Zementklinker 14,95 3150 Diese Gleichung hat sich als relativ leistungsfähig erwiesen. Die Konstante CBond repräsentiert dabei die Stoffeigenschaften des zu zerkleinernden Gutes. Sie enthält sämtliche Arbeitsbeträge, die in der Zerkleinerungsmaschine aufgebracht werden müssen. Für C Bond = 5 ⋅ Wm,i lassen sich die Gln.( 2.86) oder ( 2.87) wie folgt umformen: W m, Bond 

= W m,i ⋅

100 µ m d F ,80

  ⋅ 1 −  

d F ,80  

. d  A,80  

( 2.88)

Unter dem Arbeitsindex Wm,i  wird die massebezogene Zerkleinerungsar beit verstanden, um ein Material von "unendlicher" Partikelgröße auf ein Feingut dF,80 = 100 µm zu zerkleinern (Tabelle 2.3):

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 23 Schubert,

H., Aufbereitung fester mineralischer Rohstoffe, Bnd I, S. 95, Deutscher Verlag

für Grundstoffindustrie, Leipzig 1989 24 Höffl, K.,

Zerkleinerungs- und Klassiermaschinen, S.45, AVS-Institut, Unterhaching 1993

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

104 Die Diskussion um diese so genannten Zerkleinerungsgesetze  spielt bis in die Gegenwart hinein eine nicht geringe Rolle. Dabei wurden im Allgemeinen sogar die der Ableitung zugrunde liegenden Voraussetzungen verlassen und diese so genannten Gesetze auf die Zerkleinerung von Partikelkollektiven angewendet. Wenn man aber bedenkt, dass bei der technischen Zerkleinerung die Verlustarbeitsbeträge wesentlich die Gesamtarbeit mitbestimmen, so leuchtet ein, dass bei der Kollektivzerkleinerung kein Zusammenhang im Sinne dieser Gesetze zwischen Zerkleinerungsarbeit und Zerkleinerungsergebnis bestehen kann. Wenn unter bestimmten technischen Zerkleinerungsbedingungen anscheinend die Gültigkeit eines dieser "Gesetze" erkannte worden ist, so darf dies lediglich so verstanden werden, dass die Summe aller aufgewendeten Arbeitsbeträge empirisch eine dem "Gesetz" entsprechende Abhängigkeit lieferte.

2.3.3 Abschätzung des zeitlichen Zerkleinerungsfortschrittes Aus dem  Ähnlichkeitsgesetz der Bruchmechanik Gl.( 2.84) folgt mit dem mittleren Leistungseintrag P=

1 t Pr ozess

t Pr ozess

∫ P( t) dt

( 2.89)

0

ein überschläglicher zeitproportionaler Oberflächenzuwachs   oder reziproke Partikelgrößenabnahme:

∆AS = const. ⋅ P ⋅ t Pr ozess

( 2.90)

Eine genauere Modellierung wird im folgenden Abschnitt 2.4 erläutert. 2.4 Bil anzmodell e von Zerkl einerungs prozessen

Über die Modellierung von Mahlprozessen existiert eine recht umfangreiche Literatur (siehe z. B. /6.11/ bis /6.13/. In Folie 2.31.1 sind wichtige Modelle für Mahlprozesse  hinsichtlich der getroffenen Voraussetzungen miteinander verglichen. Zunächst soll ein diskontinuierlicher Mahlprozess betrachtet werden. Die sich dabei als Funktion der Zeit ergebenden Veränderung der Partikelgrößenzusammensetzung des Mahlgutes lassen sich am einfachsten qualitativ charakterisieren, wenn man zunächst ein Aufgabegut betrachtet, das nur aus einer Partikelgrößenklasse besteht. Mit Beginn der Zerkleinerung wird diese Klasse zunehmend abgebaut, erst schneller, später langsamer (Kurve A in Folie 2.31.2). Eine mittlere Partikelgrößenklasse, die anfänglich nicht vorhanden war, wird zunächst überwiegend aufgebaut. Mit fortschreitender Mahldauer

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

105 wird jedoch das Verhältnis von neu erzeugten zu weiter zerkleinerten Anteilen dieser Klasse immer kleiner. Es erreicht schließlich eines, d.h., der während des gesamten Prozessverlaufes erzielbare Maximalanteil dieser Klasse ist erreicht. Anschließend fällt das Verhältnis auf einen Wert kleiner als eins ab (Kurve B in Folie 2.31.2). Sehr feine Partikelgrößenklassen werden während des Prozesses nur aufgebaut (Kurve C in Folie 2.31.2). Diese Überlegungen lassen sich sinngemäß auf ein aus mehreren Klassen bestehendes Gut übertragen. Bei der Modellierung eines diskontinuierlichen Mahlprozesses (Folie 2.31.1a) kann man ohne wesentliche Einschränkungen davon ausgehen, dass infolge der Durchmischung die Partikelgrößenverteilung des Mahlgutes keine Funktion des Ortes im Prozessraum ist und folglich über diesen hinweg auch gleichartige Zerkleinerungsergebnisse auftreten (fully mixed model oder lumped model). Für die Modellierung ist es üblich, die Zerkleinerungsergebnisse in zwei Teilvorgänge zu zerlegen. Die folgenden Definitionen gelten für die bezüglich der Partikelgröße und der Zeit stetigen Integralgleichungen. Bei davon abweichenden Bedingungen der Modellbildung sind entsprechende Anpassungen erforderlich. Der Auswahlvorgang wird durch eine Auswahlfunktion (selection function) S(x) beschrieben. Diese stellt den Masseanteil der differentiellen Partikelgrößenklasse x ... x+dx dar, der in der Zeiteinheit Bruchereignissen unterworfen ist. Bei der Aufstellung eines derartigen mathematischen Modells muss man die Partikelgrößen x* < x vor und nach Zerkleinerungsereignissen y* < y unterscheiden. Den Bruchvorgang kennzeichnet eine Bruchfunktion B(y, x). Sie gibt den Masseanteil y* < y an, der aus dem in der Zeiteinheit ausgewählten Masseanteil von x...x+dx durch Bruchereignisse entsteht (sog. kumulative Bruchfunktion). Beim diskontinuierlichen Prozess befindet sich eine Gesamtmasse m mit der Partikelgrößenverteilung Q3(x) = D(x) im Prozessraum. Die in der Klasse x...x+dx befindliche Teilmasse ist folglich m⋅

 

∂  m

Zeiteinheit ∂t  die Masse

∂  D( x, t ) ∂  x

∂  D( x, t ) dx . Aus ihr geht in der ∂  x

 

S ( x) B( y, x) dx  ∂ t 

( 2.91)

in Partikelgrößen (y* < y) < x über. Dabei lässt sich

 ∂D( x, t )  S( x )dx  ∂ m ∂x   ∂t

( 2.92)

als Zerkleinerungsgeschwindigkeit der Klasse x...x+dx auffassen, siehe Gl. ( 2.97). Mit Hilfe dieses mathematischen Modells lassen sich die als Funktion MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

106 der Zeit vollziehenden Veränderung der Partikelgrößenzusammensetzung des Mahlgutes beschreiben. Dabei kann man so vorgehen, dass entweder die Änderungen in den • Massen bzw. Masseanteilen aller Partikelgrößen y* < y oder die • in den Partikelgrößenklassen y...y+dy erfasst werden. Der erstgenannte Weg, der hier vor allem weiter verfolgt werden soll, führt zu einer • Integralgleichung, der letztgenannte zu einer • Differentialgleichung, die den in der Verfahrenstechnik üblichen Bilanzmodellen (= Mengen-, Im puls-, Energie- und Kostenbilanzen) entspricht. Diese lauten verbal formuliert (Folie 2.32): Akkumulation = Eingangsströme - Ausgangsströme Quellen/Senken Die Mengenbilanz berücksichtigt die Einflüsse des ( 2.93) • gerichteten Stofftransportes (Konvektion) • ungerichteten Stofftransportes (Diffusion, Konduktion) und den • Auf- und Abbau von Wechselwirkungen  zwischen Partikeln, Molekülen, Ionen oder Atomen ⇒ Auf- und Abbau von starken Wechselwirkungen (= Hauptvalenzbindungen), z.B.: chemische Synthese- und Zerfallsreaktionen, Feststoffzerkleinern, Kristallisieren und Auflösen; ⇒ Auf- und Abbau von schwachen Wechselwirkungen (= Nebenvalenzbindungen), z.B.: Erstarren und Schmelzen, Kondensieren und Verdampfen, Adsorbieren, Absorbieren und Desorbieren, Koaleszieren und Dispergieren, Agglomerieren und Deglomerieren. Dafür haben sich in den Fachdisziplinen der Verfahrenstechnik unterschiedliche mathematische Formulierungen ergeben. Demzufolge lautet das allgemeine Bilanzmodell der Mechanischen Verfahrenstechnik  in vektoranalytischer Schreibweise: ∂ [ ρ b ⋅ µ i ] ∂ t 

ρ b

µi



= −div[ ρ b ⋅ µ i ⋅ vi ] + div[ Di ⋅ grad ( ρ b ⋅ µ i )] ± Gi

( 2.94)

Partikelmassekonzentration (≡ trockene Partikelschüttgutdichte !) im Volumenelement dV=dx ⋅ dy ⋅ dz , ≡  Feststoffmassekonzentration in Suspensionen c s = ms/V Massenanteil, Wahrscheinlichkeit des Auftretens der i-ten Klasse im betrachteten Volumenelement dV (Inkrement der Verteilungssumme dQ3 (d ) = q 3 (d) ⋅ d (d) = µ i )

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

107

∂[ρ b ⋅ µi ] ∂t 

vi



ρ b µi vi

Akkumulation (Speicherung) der Partikelgrößenklasse i im  betrachteten Volumenelement Geschwindigkeit der Partikeln der i-ten Klasse konvektiver (gerichteter) Massestrom  der i-ten Klasse durch

das Volumenelement dV Di Diffusionskoeffizient der i-ten Klasse Di grad (ρ b µ i ) diffusiver (ungerichteter) Massestrom  der i-ten Klasse durch das Volumenelement dV Partikelwechselwirkungsterm, StoffumwandlungsgeschwinGi digkeit ≡ Änderung des Masseanteiles der i-ten Klasse im betrachteten Volumenelement dV durch Aufbau  von Partikelwechselwirkungen (+ Agglomerieren ) oder Zerstörung von Partikelwechselwirkungen (- Zerteilen) Diese allgemeine Komponentenbilanzgleichung stellt ein gekoppeltes Gleichungssystem für i = 1...N Partikelgrößenklassen dar (Folie 2.33). Bei Zerteilprozessen bedarf der Wechselwirkungsterm in Gl.( 2.94) einer Konkretisierung. Beispielsweise tritt bei Rohrmühlen der Aufgabemassen A  mit der Partikelgrößenverteilungsfunktion Q 3,A(x) ein. Die Mühle strom m  F   mit der Partikelgrößenverteilungsverlässt der Feingutmassenstrom m funktion Q3,F(y). Vereinfachend werden die Partikeltransportvorgänge normal zu einem durchströmten Flächenelement dA=db ⋅ dz   nur eindimensional  betrachtet (Modell ideales Strömungsrohr mit Pfropfenströmung). Damit ist für einen kontinuierlichen Mahlprozess: ∂ [ ρ b.l ⋅ µ i ] ∂ t 

=−

∂ [ ρ b ,l ⋅ µ i ⋅ vi ] ∂ l

+

∂   ∂ ( ρ b,l ⋅ µ i )  Di  − S i ⋅ ρ b,l ⋅ µ i ∂ l  ∂ l 

i −1

+ ∑ S  j ⋅ bij ⋅ ρ b,l ⋅ µ  j  j =1

( 2.95)

ρ b,l

Partikelschüttgutdichte

des

axialen

Volumenelementes

dV=dl ⋅ db ⋅ dz=dA⋅ dl

∂ ρ b, l ⋅ µi ∂t

zeitliche Änderung der i-ten Partikelgrößenklasse am Ort l zur

ρ b, l ⋅ µ i ⋅ v i

Zeit t durch Transport- und Zerkleinerungsvorgänge axialer konvektiver Massestrom der i-ten Klasse am Ort l zur

vi

Zeit t Axialgeschwindigkeit der i-ten Klasse

Di

∂[ρ b.l ⋅ µ i ] axialer Diffusionsstrom der i-ten Klasse am Ort l zur Zeit t ∂l

Di Si

⋅ ρ b,l ⋅ µ i

axialer Diffusionskoeffizient der i-ten Klasse Massesenke der i-ten Klasse am Ort l zur Zeit t, d.h., Masseanteil, der in der Zeiteinheit aus der i-ten Klasse durch Zerkleinern in feinere Klassen verschwindet

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

108 Si

massebezogene Zerkleinerungsgeschwindigkeitskonstante der i-ten Klasse

i −1

∑ S  ⋅ b  j

i ,  j

⋅ ρ b,l ⋅ µ i

Massequelle der i-ten Klasse am Ort L zur Zeit t, d.h.

 J =1

 bij

Masse, die der i-ten Klasse in der Zeiteinheit durch Zerkleinern gröberer Klassen zugeführt wird diskrete Bruchstückgrößenverteilung, d.h. der Masseanteil, der von den gebrochenen Partikeln der j-ten Klasse in die i-te Partikelgrößenklasse übergeht

Die einen diskontinuierlichen Zerkleinerungsprozess beschreibende Integralgleichung lautet /6.11/: τ   xo

 D( y, τ ) =  D( y,0) +

∫∫

σ   x = y

∂  D( x, t ) ∂  x

S ( x) B( y, x) dx dt 

( 2.96)

Masseanteil Masseanteil für Masseanteil für alle Partikelgrößen y* < y, für y* < y y* < y erzeugt aus gröberen Partikelgrößen x > y, nach der Zeit  bei t = 0 während der Zeit t = 0... τ t=τ Zur Lösung der Integralgleichung müssen zunächst S(x) und B(y,x) bekannt sein. Diese Funktionen lassen sich experimentell gewinnen, indem enge Partikelgrößenklassen in geeigneter Weise markiert (z. B. radioaktiv) und die als Folge der Zerkleinerung eintretenden Veränderungen messtechnisch erfasst werden. In Gl.( 2.96) sind sowohl die Zeit als auch die Partikelgröße stetige Variablen. Für die praktische Lösung der Integralgleichung wird man meist davon ausgehen müssen, dass die Partikelgrößenverteilungsfunktion bzw. die Bruchfunktion nicht analytisch darstellbar ist. Ähnliches kann für die Auswahlfunktion gelten. Dann stellt man Gl.( 2.96) zu einer partikelgrößen-diskretisierten Form um, d.h. man betrachtet die auf diskrete Klassen  entfallenden Anteile und deren Veränderungen. Folglich tritt anstelle des Intergrals eine Summe. Außerdem lässt sich die Zeit diskretisieren, indem z. B. man die Anzahl der Arbeitsspiele oder die Zahl der Mühlenumdrehungen einführt. Geht man demgegenüber von Gl.( 2.95) aus, in der die Zeit als stetige, die Partikelgröße  dagegen als diskrete Variable  betrachtet wird (n Partikelgrößenklassen 1...j...i...n; 1 gröbste Klasse), so erhält man eine Prozessgleichung für die diskontinuierliche Mahlung in Form eines gekoppelten Differentialgleichungssystems:

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

109 d µ i ( t ) dt

i −1

= −Si ⋅ µi ( t ) + ∑ S j⋅ bij⋅ µi ( t )

( 2.97)

 j =1

Si, S j Auswahlfunktion für die i-te bzw. j-te Partikelgrößenklasse (im Sinne der in Gl.( 2.95) gegebenen Definition, aber partikelgrößendiskretisiert)  bij Bruchfunktion, d.h. Masseanteil, der von den gebrochenen Partikeln der oberen j-ten Klasse in die darunter liegende i-te Partikelgrößenklasse übergeht (sog. nicht-kumulative Bruchfunktion) Wenn - wie in Gl.( 2.97) zum Ausdruck kommt - die Zerkleinerungsgeschwindigkeit dem in der Partikelgrößenklasse vorhandenen Masseanteil der Klasse dx oder diskretisiert für die Klasse i ∂D( x,t )≈µi ( x,t )   proportional ist und die Auswahlfunktion nur von x oder i abhängt, handelt es sich im Sinne der Prozesskinetik um einen Prozess 1. Ordnung mit sog. lineare Zerkleinerungskinetik, siehe Gl.( 2.97), dµ i / dt ∝ µ i . Eine  nichtlineare Zerkleinerungskinetik n-ter Ordnung  liegt dann vor, wenn die Auswahlfunktion auch eine Funktion der im Prozessraum vorhandenen Partikelgrößenverteilung in der Klasse dx (Folie 2.34) S( x ,D( x,t )) = S( x )⋅ D n x −1 ( x ,t )

( 2.98)

 bzw. des Masseanteiles

µi S( x ,µi ( t )) = Si ⋅ µin  −1 ( t ) i

d µ i / dt ∝ µ in i

bzw.

( 2.99) ( 2.100)

des Mahlgutes ist. Aus dem Vorstehenden folgt aber auch, dass die in den Zerkleinerungsgeschwindigkeitskonstanten S i, S j enthaltenen Arbeitsbeträge, wiederum zur Kompensation der Bindungen (chemische Haupt- und physikalische Nebenvalenzen) im Festkörper erforderlich sind. Deshalb soll diese Energieverteilung Si = f ( Wm ,i )   mit einem Exponentialansatz beschrieben werden:

(Folie 2.35)

    

Si = Si , ∞ ⋅ exp −

Si,∞ Wm,i,char  Wm,i

Wm.i , char   Wm , i

   

( 2.101)

Grenzwert der Geschwindigkeitskonstanten für W m,i → ∞ charakteristischer massebezogener Energiebetrag (Aktivierungsenergie) der i-ten Klasse massebezogener Zerkleinerungsarbeit der i-ten Klasse

Die Modelle für die kontinuierliche Mahlung unterscheiden sich hauptsächlich dadurch, inwieweit sie auch den Transport und damit die Ortsabhängigkeit der Zerkleinerungsvorgänge berücksichtigen. Im einfachsten Fall beachtet man die Transportprozesse in der Mühle nicht und erfasst somit nur die MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

110 über den ganzen Prozessraum hinweg erfolgenden mittleren Veränderungen durch Zerkleinern (Folie 2.31.1b). Somit lässt sich die Integralgleichung auf Grundlage der Bilanz der Gutteilmasse aller Partikelgrößen y* < y wie folgt formulieren: τ 

m(τ ) D( y, τ )

=



  A (t ) dt  + m(0)⋅ D( y,0) +  D A ( y , t )⋅ m σ 

 Nach der Zeit t= τ im Prozessraum enthaltenen Masse aller Partikelgrößen < y τ   xo

+∫

∫ m(t )

∂  D( x, t )

σ   x = y

∂  x

Zur Zeit t = 0 im Prozessraum enthaltenen Masse aller Partikelgrößen y* < y

Während τ  in der Aufgabe dem Prozessraum zugeführten Masse aller Partikelgrößen y* < y

τ 



 F  (t ) dt  S ( x ) B( y, x) dx dt −  DF  ( y, t ) m

( 2.102)

σ 

Während τ  im Prozessraum neu er- Während τ  aus dem Prozessraum zeugte Masse aller Partikelgrößen < ausgetragene Masse y* < y y  A ( t );m  F ( t ) Aufgabe- bzw. Austragsmassestrom m D A ( y, t );D F ( y, t ) Partikelgrößenverteilungsfunktion des Aufgabegutes  bzw. des Produktaustrages (Feingutes) Im Falle des stationären Betriebes gelten die beiden Gesamtbilanzen:  =m   A = m  F  m

( 2.103)

m = m( t ) = m(0) = m(τ)

( 2.104)

und D(y) = D(y, 0) = D(y, τ),

( 2.105)

sowie DA(y) = const. und DF(y) = const.

( 2.106)

Dann folgt aus Gl.( 2.97): D F ( y) = D A ( y) +

xo

∂D( x ) S( x ) B( y, x )dx  x∫= y ∂ x m m

( 2.107)

 auch unmittelbar die mittlere Verweilzeit τm wobei man wegen τ m = m / m einsetzen kann. Im Falle eines diskontinuierlichen Prozesses reduziert sich Gl.( 2.102) für m  A =m F  =0  und m = m(t) = m(0) = m(τ) zu Gl.( 2.96).

Berücksichtigt man den Guttransport als Propfenströmung, dann bedeutet dies, die Veränderung der Feinheit des Aufgabegutes längs seines Weges durch die Mühle unter Vernachlässigung der diffusiven Transportkomponenten zu erfassen (Folie 2.31.1c). Bei der Modellaufstellung hat man von den längs der Mühlenachse angeordneten differentiellen Mahlraumelementen der Länge dl mit der MahlgutbelaMVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

111 dung dm(l) auszugehen. Bei Vernachlässigung der Ortsabhängigkeit der Auswahl- und Bruchfunktion erhält man für den stationären Fall unter Beachtung von Gl.( 2.102): D( y, L) = D( y,0) +

Mit dt =

∂m(l) ∂D( x,1) S( x ) B( y, x )dx dl  σ x = y ∂l ∂x m 1L

xo

∫ ∫

( 2.108)

∂m dl geht Gl.( 2.108) in Gl.( 2.97) über. ∂l m

Man kann bei der Modellierung auch so vorgehen, dass die Transportprozesse nur indirekt berücksichtigt werden, indem man die Verweilzeitverteilung F(τ) des Mahlgutes in das Modell aufnimmt (Folie 2.31.1d). Stellt man wiederum eine Integralgleichung auf, so lässt sich jeder Verweilzeit τ ein Anteil f(τ) d τ zuordnen, auf den sich das Modell der diskontinuierlichen Mahlung Gl. ( 2.96) bzw. der kontinuierlichen Mahlung mit Pfropfenströmung gemäß Gl. ( 2.102) anwenden lässt. Um die Partikelgrößenverteilung des gesamten Feingutes zu erhalten, muss dann noch über alle τ integriert werden: ∞



 D( y ) =  D( y ,τ )  f  (τ ) d τ  .

( 2.109)

τ = 0

2.5 Bewertun g des Prozesserfo lges der Zerkleinerun g

Zur Bewertung des Prozesserfolges   der Zerkleinerung werden insbesondere die massebezogene und die oberflächenbezogene Zerkleinerungsarbeit, die Energieausnutzung, der energetische Wirkungsgrad sowie die Zerkleinerungsverhältnisse herangezogen (Folie 2.36). Die massebezogene Zerkleinerungsarbeit W m, entweder summarisch W W = m m

oder differentiell W = m

W m

dW dt dt dm

=

P

 m

,

( 2.110)

von der Zerkleinerungsmaschine geleistete Arbeit zerkleinerte Masse

eignet sich auch für einen allgemeinen Vergleich von Zerkleinerungsprozessen hinsichtlich des Energieaufwandes  (Folie 2.37). Die oberflächenbezogene Zerkleinerungsarbeit W A  berechnet sich, wenn ∆AS den Oberflächenzuwachs durch Zerkleinern darstellt, zu: W = A

W

∆A S

.

( 2.111)

Damit liegt eine Bewertungsgröße vor, die unmittelbar Energieaufwand und Zerkleinerungsergebnis verknüpft.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

112 In neuerer Zeit wird jedoch zunehmend der Kehrwert AS /W für die Beurteilung von Zerkleinerungsprozessen vorgezogen, den man als Energieausnutzung bezeichnet. Die für eine Beurteilung in Betracht zu ziehenden energetischen Wirkungsgrade wurden bereits in Abschn. 2.3.1. erörtert. Für die Beurteilung technischer Makroprozesse relevant ist danach der energetische Wirkungsgrad, der sich auf den für die Einzelpartikelzerkleinerung notwendigen Energiever brauch bezieht /6.5./. Richtwerte dafür betragen - 70 - 100 % für Walzenbrecher, - 25 - 40 % für Prallbrecher und -mühlen, - 7 - 15 % für Wälzmühlen, - 6 - 9 % für Kugelmühlen und - 1 - 2 % für Strahlmühlen /6.6./. Will man die Partikelgrößenverteilung des Aufgabegutes und des zerkleinerten Gutes vergleichen, so ist zunächst an eine Gegenüberstellung beider Verteilungsfunktionen zu denken. Vor allem geschieht dies aber mit Hilfe der Zerkleinerungsverhältnisse, die Relationen granulometrischer Kenngrößen von zerkleinertem und Aufgabegut bzw. Maschinenparametern darstellen. Es sind zu unterscheiden: a) Zerkleinerungsverhältnisse bezogen auf obere Partikelgrößen: no = d  A,o / d F ,o

( 2.112)

dA,o obere Partikelgröße des Aufgabegutes dF, o obere Partikelgröße des zerkleinerten Gutes Es wird vor allem zur Abstimmung aufeinander folgender Zerkleinerungsstufen benutzt. Anstatt der oberen Partikelgrößen werden meist die besser zugänglichen Partikelgrößen d 95 herangezogen.  b) Zerkleinerungsverhältnis bezogen auf mittlere Partikelgrößen: nm = d  A,m / d F ,m ( 2.113) dA,m mittlere Partikelgröße des Aufgabegutes dF, m mittlere Partikelgröße des zerkleinerten Gutes c) Wirksames Zerkleinerungsverhältnis einer Zerkleinerungsmaschine: nw = d  A,o / s

( 2.114)

s Austragspaltweite der Zerkleinerungsmaschine Dieses Zerkleinerungsverhältnis kann natürlich nur dort bestimmt werden, wo die Austragsspaltweite für die obere Partikelgröße des zerkleinerten Gutes maßgebend ist. Das ist bei Grob- und Mittelzerkleinerungsmaschinen vorwiegend der Fall. Da sich die Austragsspaltweite während eines Arbeitsspieles ändern, kann (z. B. bei Backen- und Ke-

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

113 gelbrechern) ist zusätzlich anzugeben, ob sie im engsten oder weitesten Zustand zu messen ist. d) Scheinbares Zerkleinerungsverhältnis einer Zerkleinerungsmaschine: ns = w / s

( 2.115)

w Maulweite der Zerkleinerungsmaschine Seine Anwendung ist auf Backen- und Kegelbrecher beschränkt.

2.6 Zerkleinerungsmaschinen

Die vielfältigen Aufgaben der Zerkleinerungstechnik haben zur Entwicklung einer großen Zahl von Zerkleinerungsmaschinen geführt. Diese lassen sich - nach der Kraft- bzw. Energiezuführung (-einwirkung), - nach den Festigkeitseigenschaften und - den Partikelgrößenbereichen der zu zerkleinernden Stoffe, in Maschinen für - die Trocken- und - Nasszerkleinerung sowie - nach konstruktiven Gesichtspunkten gliedern. Hinsichtlich der Festigkeitseigenschaften sind die Hartzerkleinerung (z. B. Eruptivgesteine, kieselige Sedimente, Korund, Schlacken, Zementklinker), die Mittelhartzerkleinerung  (z. B. Kalk, Anhydrit, Steinkohle) und die Weichzerkleinerung (z. B. Weichbraunkohle, Steinsalz, Getreide) zu unterscheiden: Tabelle 2.4: Ritz-Härteskala nach MOHS

Härtegrad nach MOHS 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

Standardmineral Bemerkungen Talk vom Fingernagel schabbar Gips, Steinsalz vom Fingernagel ritzbar Kalkspat Kupferblech Flussspat Messingblech ≈ 3,5 bis 4 Apatit Eisenblech ≈ 4 bis 5, Fensterglas ≈ 5 Feldspat Taschenmesser ≈ 6 Quarz Feile ≈ 7 bis 8 Topas, Beryll ab hier Edelsteinhärte ff. Korund Porzellan ≈ 9 Diamant Siliziumcarbid ≈ 9,5

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

114 Hinsichtlich der Partikelgrößenbereiche des zu verarbeitenden Gutes hat sich die Einteilung in Grobzerkleinerung (Grobbrechen), Mittelzerkleinerung (Feinbrechen) und Feinzerkleinerung (Mahlen) sowie Feinstzerkleinerung eingeführt (Folie 2.38). Zunehmend gewinnt die zusätzliche Abgrenzung der Feinstzerkleinerung an Bedeutung. Bei der folgenden Darstellung wird zweckmäßigerweise im Gegensatz zu allen anderen Abschnitten dieser Vorlesung von der Einteilung nach konstruktiven  Gesichtspunkten ausgegangen, weil sich dahinter zugleich eine solche nach der Art der Kraft- bzw. Energiezuführung und teilweise auch jene nach den Festigkeitseigenschaften sowie nach den verarbeitbaren Partikelgrößenbereichen verbirgt.

2.6.1 Backen- und Kegelbrecher Backenbrecher und Kegelbrecher eignen sich vor allem für das Brechen harter bis mittelharter Stoffe. Ihre Wirkungsweise gibt schematisch die Folie 2.39.1 wieder. Das Gut wird im Prozessraum vor allem durch Druck, bei den Flachkegelbrechern wegen der höheren Drehzahl auch durch Schlag beansprucht. Ein Pendelschwingbrecher  ist in Folie 2.39.1a dargestellt. Die Zerkleinerung erfolgt zwischen der festen Brechbacke (1), die im Brechergehäuse sitzt, und der beweglichen Brechbacke (2), die auf einer Schwinge (3) befestigt ist. Die Zugstange (4) ist auf dem exzentrischen Teil der Antriebswelle (10) gelagert und bildet mit den Druckplatten (5) eine Kniehebelsystem, das beim Auf- und Abwärtsgang der Zugstange (4) mehr oder weniger gestreckt wird. Beim Aufwärtsgang erfolgt das Brechen, beim Abwärtsgang das Nachrutschen des Gutes. Nach mehrmaliger Beanspruchung verlässt letzteres den Brecherraum durch den Austragspalt. Die Austragespaltweite s ist durch eine Verstellvorrichtung (7) veränderbar. Damit das Kniehebelsystem immer in kraftschlüssiger Verbindung bleibt, steht es unter der Spannung der Rückhaltefeder (6). Auf der Antriebswelle (10) sitzen beiderseits schwere Schwungscheiben, die die stoßartigen Belastungen während des Vorwärtsganges der Schwinge ausgleichen. Die Druckplatten können so bemessen sein, dass sie zugleich einen Überlastungsschutz darstellen. Bei modernen größeren Brechern sind aber im allgemeinen andere Formen des Überlastungsschutzes vorhanden (drehmomentenMVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

115  begrenzte Kupplungen, Überstromauslöser, Rutschkupplungen u.a.). Die Brechbacken bestehen aus hochwertigem Hartstahl. Um die Rissbildung zu fördern, sind die Brechflächen gezahnt ausgebildet. Da der Einzugswinkel der Brechbacken den Reibungswinkel nicht überschreiten darf, wählt man für diesen etwa 16 bis 22°. Bei Feinbrechern wird die Schwingenbrechbacke vielfach derart gewölbt ausgebildet, dass sich der Einzugswinkel zum Austragspalt hin vermindert und dadurch Gutstauungen entgegengewirkt wird. Die Austragsspaltweite ist für die obere Partikelgröße des gebrochenen Gutes maßgebend. Darunter ist bei gezahnten Brechbacken der Abstand von Zahnspitze der einen zum Zahngrund der anderen im geöffneten Zustand zu verstehen. Das Zerkleinerungsverhältnis ns liegt etwa zwischen 5 : 1 bis 9 : 1 . Pendelschwingenbrecher (Folie 2.40.2) werden - als Grobbrecher mit Maulweiten von etwa 200 bis 1000 mm  und - als Großbackenbrecher mit Maulweiten von etwa 1200 bis 2200 mm ge baut.  Neben der Maulweite bestimmt die Maulbreite die Größe der Aufgabeöffnung. Die Hubzahl liegt bei Großbackenbrechern etwa bei 140 bis 180 min -1, - bei Grobbrechern bis 180 bis 250 min -1 und - bei Feinbrechern bei 275 bis 400 min -1.

Durchsatz siehe Folie 2.41. Bei den Kurbelschwingenbrechern (Folie 2.39.1b) ist die Schwinge unmittelbar an der Kurbel der Antriebswelle aufgehängt, und unten ist sie mit einer Druckplatte gegen einen verstellbaren Gleitklotz abgestützt. Infolgedessen  beschreibt die Brechbacke im oberen Teil eine elliptische, am Austragspalt nahezu eine auf- und abwärts gehende lineare Bewegung, wodurch der Gutdurchfluss beschleunigt wird. Als Nachteil ergibt sich der größere Verschleiß der Brechbacken. Im Ganzen gesehen ist die Konstruktion gedrungener als  jene von Pendelschwingenbrechern (Folie 2.40.3).  Neben diesen wichtigen Backenbrechern gibt es noch eine Reihe von Sonder bauformen (siehe z. B. /6.2/).

Kegelbrecher   besitzen einen kreisringförmingen Brechspalt und zeichnen sich gegenüber den Backenbrechern durch einen scheinbar kontinuierlichen Brechvorgang aus. Beim Steilkegelbrecher (Folie 2.39.1c, Folie 2.42.4) wird der Brechraum von einem hohlkegelförmigen Brechmantel (1) und dem Brechkegel (2) beMVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

116 grenzt. Bei der dargestellten Maschine mit bewegter Brechkegelachse (8) wird letztere an ihrem unteren Ende mit Hilfe einer Exzenterbüchse auf einer Kreisbahn geführt, so dass für den Brechkegel eine Kreispendelbewegung entsteht, bei der jeweils beim Annähern der entsprechenden Teile der Brechflächen die Brechkräfte auf das Gut übertragen werden. Auch hier werden die Brechflächen im Allgemeinen gezahnt ausgebildet. Das Einstellen der Brechspaltweite erfolgt durch Heben bzw. Senken der Brechkegelachse (8). Die Drehzahlen der Exzenterbüchse liegen - bei Grobbrechern etwa zwischen 80 und 200 min -1, - bei Feinbrechern zwischen 250 und 500 min -1. Das Zerkleinerungsverhältnis ns entspricht etwa dem von Backenbrechern.

Flachkegelbrecher (Folie 2.39.1d, Folie 2.43.6) unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Ausbildung des Brechraumes und der durch höhere Drehzahlen verursachten Schlagbeanspruchung von Steilkegelbrechern. Der Tragkegel (3) sitzt auf der konischen Brechkegelachse (8), die drehbar in einer Exzenterbüchse gelagert ist. Diese wiederum ist zentrisch drehbar in einer Laufbuchse und wird über ein Kegelradpaar angetrieben. Die Kugelkalotte des Tragkegels ruht auf einer Kugellagerschale. Für Spaltweitenänderungen ist der Brechrumpf mit seinem Brechmantel (1) höhenverstellbar. Beim Eindringen von nicht zerkleinerbaren Fremdkörpern in den Brechraum gestatten Federn bzw. ein Hydrauliksystem (11) das Ausweichen des gesamten Brechrumpfes nach oben. Das Aufgabegut fällt zunächst auf einen Streuteller (9), der es über die Maulöffnung verteilt. Infolge der taumelnden Bewegung des Brechkegels (2) wird das Gut gegen den Brechmantel (1) geschleudert und dort durch Schlag beansprucht. Es kann dem schnell zurückweichenden Brechkegel nicht unmittel bar folgen, wird abermals vom zurückkommenden Kegel erfasst und erneut am Brechmantel beansprucht. Dieser Vorgang wiederholt sich mehrfach auf dem Wege zum Austragspalt. Die Hubbewegung am Austragspalt beträgt ein Mehrfaches der engsten Austragspaltweite. Letztere ist hier aber im Gegensatz zu Backen- und Steilkegelbrechern maßgebend für die obere Partikelgröße des zerkleinerten Gutes. Die Hubzahl liegt zwischen 250 und 500 min -1. Das Zerkleinerungsverhältnis ns kann bis zu 15 : 1 betragen. Flachkegelbrecher werden je nach Größe und Ausbildung des Brechraumes als Grobbrecher (dA,o  maximal etwa 250 mm) oder Feinbrecher eingesetzt. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

117 Im Aufgabegut dürfen im Gegensatz zu Backen- und Steilkegelbrechern keine feucht-klebenden Verunreinigungen enthalten sein. Für den Durchsatz  von Backen- und Kegelbrechern (Folie 2.44) sind bei sprödem Gut vor allem die "Durchflussgeschwindigkeit" sowie der "Durchflussquerschnitt" und weniger die Festigkeitseigenschaften maßgebend. Für die Praxis sind empirische Durchsatzformeln entwickelt worden, die für einige häufig vorkommende Brechgüter recht gut zutreffen /6.2.//6.14//6.15./

Vergleich Steilkegelbrecher - Backenbrecher : Vorzüge Backenbrecher: - niedrige Bauhöhe - leichte Auswechselbarkeit von Verschleißteilen - günstige Nachstellmöglichkeiten für den Austragspalt  Nachteile Backenbrecher: - kostspieligere Fundamente Wesentliche Vor- und Nachteile von Kegelbrechern folgen aus dem Vorstehendem: - größere Bauhöhe - schwierigere Auswechselbarkeit von Verschleißteilen. Bei gleicher Maulweite wie beim Kegelbrecher sind die Anschaffungskosten des Backenbrechers niedriger, bei gleichem Durchsatz allerdings höher. Ganz allgemein lässt sich sagen, dass bei grobem Aufgabegut und relativ niedrigen Durchsätzen Backenbrecher meist vorzuziehen sind. Bei großen Durchsätzen werden gewöhnlich die Vorteile der Steinkegelbrecher überwiegen.

⇒ weitere Beispiele: Folie 2.45, Folie 2.46, Folie 2.47 2.6.2 Walzenbrecher und –mühlen Walzenbrecher und Walzenmühlen verfügen überwiegend über gegenläufig rotierende Walzenpaare (Folie 2.48.1), zwischen denen das Gut vor allem durch Druck, bei unterschiedlichen Walzenumfangsgeschwindigkeiten auch durch Scherung und bei schnell laufenden Nockenwalzenbrechern auch durch Schlag beansprucht wird. Bei den Einwalzenbrechern (Folie 2.48.1c) wird der Prozessraum von einer Walze und einer ebenen oder gewölbten Arbeitsfläche  begrenzt. Für bestimmte Aufgaben im Bereich der Fein- und Feinstzerkleinerung werden auch Maschinen mit mehreren Walzenpaaren eingesetzt.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

118 Unter Walzengrobbrechern   sollen Maschinen verstanden werden, deren Walzenoberfläche mit Nocken, Stacheln, Zähnen oder anderen Brechorganen  besetzt sind und die zum Grobbrechen von mittelhartem bis weichem Gut eingesetzt werden. Walzenfeinbrecher  für die Mittel- bis Feinzerkleinerung von hartem Gut  besitzten glatte Walzenoberfläche. Walzenmühlen  sind Maschinen für die Fein- bis Feinstzerkleinerung mit glatten oder profilierten (geriffelten) Walzen. Zu ihnen gehören auch die sog. Walzenstühle, die zum Mahlen von Getreide und anderen mittelharten bis weichen Stoffen eingesetzt werden. In neuerer zeit gewinnen die Gutbett-Walzenmühlen  für die HochdruckZerkleinerung harter bis mittelharter Stoffe an Bedeutung. Wesentlich für die Arbeitsweise dieser Zerkleinerungsmaschinen ist das möglichst rutschfreie Einziehen des Aufgabegutes in den Walzenspalt. Dafür sind die Bedingungen bei glatten Walzenoberflächen am ungünstigsten. Deshalb sollen sie im Folgenden kurz unter der zusätzlichen Annahme von kugelförmigem Partikel anhand Folie 2.48.2 erörtert werden: Die radiale Stützkraft F lässt sich in die Horizontalkomponente F H und die Vertikalkomponente FV = F sin β/2 ( 2.116) zerlegen. Letztere wirkt dem Einziehen entgegen. Die tangentiale Reibungskraft FR = µ F ( 2.117) µ

Reibungskoeffizient

versucht, das Partikel in den Walzenspalt einzuziehen. Ihre Vertikalkomponente FS = FR  cos β/2 = µ F cos β/2

( 2.118)

ist FV entgegengerichtet. Soll das Partikel eingezogen werden, muss folglich gelten: F S  > F V 

bzw.

µ > tan β/2

( 2.119)

d.h., der Tangens des halben Einzugswinkeln muss kleiner als der Reibungskoeffizient sein. Nimmt man auf glatten Walzen für mittlere Verhältnisse µ ≈ 0,3 an, so ergibt sich β ≈ 30°. Die Einzugsbedingungen werden nach Gl.( 2.119) vom Reibungskoeffizienten und vom Einzugswinkel bestimmt. Der erstgenannte ist durch den Oberflächenzustand der Walzen und des Gutes vorgegeben. Der Einzugswinkel hängt bei gegebener Partikelgröße vom Walzendurchmesser und der Spalt-

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

119 weite ab. Praktisch müssen solche Bedingungen vorhanden sein, dass auch die gröbsten Partikel eingezogen werden. Aus Folie 2.48.2 folgt:  Dw + s  Dw + d o

= cos β  / 2 .

( 2.120)

Daraus berechnet sich: D W =  DW  =

d  A,o − s 1+ tan 2  β  / 2

1+ tan  β  / 2 −1 2

d A ,o cosβ / 2−s 1−cosβ / 2

 bzw.

.

( 2.121)

Wenn das Gut vollständig eingezogen werden soll, muss tan β/2 < µ sein:  DW  >

d  A,o − s 1+ µ 2

1+ µ  −1 2

.

( 2.122)

Mit µ ≈ 0,3 und n W = 4 : 1 (d A,o = 4 s) wird DW ≥ 70 s bzw. D W ≥ 17 dA,o.

( 2.123)

Für glatte Walzen wählt man gewöhnlich DW  20 dA,o. Bei profilierten Walzen sind die Reibungsverhältnisse günstiger, und es darf DW  (10 bis 12) d A,o angenommen werden. ( 2.124)  Noch günstigere Verhältnisse liegen bei Nockenwalzenbrechern vor. Hier ist evtl. eine Vorzerkleinerung durch Schlagbeanspruchung über dem Spalt möglich, wenn die Drehzahl genügend groß ist. Ein Walzenfeinbrecher  ist in Folie 2.48.1a schematisch dargestellt. Die Walze (1) ist fest gelagert. Die Lager der anderen Walze (2) sind verschiebbar angeordnet, so dass diese beim Eindringen von nicht zerkleinerbaren Körpern in den Spalt gegen Druck eines Feder- bzw. Hydrauliksystems ausweichen kann. Weiterhin ist eine Spaltweitenverstellung vorhanden. Die Walzenmäntel bestehen aus verschleißfestem Stahl und sind auswechselbar. Brecher dieser Art werden für die Mittel- bis Feinzerkleinerung harten bis mittel-harten Gutes eingesetzt. Ihr Zerkleinerungsverhältnis nc beträgt 3 : 1 bis 4 : 1 . Die Walzendurchmesser der größten ausgeführten Maschinen erreichen 1800 mm, so dass obere Partikelgrößen bis zu etwa 90 mm verarbeitbar sind. Bei gröberem Gut arbeitet man mit Umfangsgeschwindigkeiten bis zu etwa 4 m/s. Für feineres oder weniger hartes Material kann die Umfangsgeschwindigkeit wesentlich größer sein und unter besonders günstigen Voraussetzungen 20 m/s erreichen.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

120 Ein Walzengrobbrecher , dessen Aufbau prinzipiell dem Feinbrecher entspricht, ist in Folie 2.49.3 dargestellt. Die Walzen bestehen gewöhnlich aus mehreren, auswechselbar auf die Welle geschobenen Hartstahlscheiben, die miteinander verspannt sind und deren Oberflächen kräftige Nocken, Zähne oder ähnliche Arbeitsorgane tragen.

Zweiwalzenbrecher  werden für die jeweiligen Zerkleinerungsaufgaben in schwereren oder leichteren Ausführungen gebaut. Die Walzenumfangsgeschwindigkeiten liegen zwischen 2 und 12 m/s. Es sind Zerkleinerungsverhältnisse no bis zu 8 : 1 möglich. Die größten Maschinen weisen Walzendurchmesser von etwa 1600 mm  auf und können obere Aufgabepartikelgrößen von 600 bis 800 mm verarbeiten. Brecher dieser Art werden für mittelhartes bis weiches Gut eingesetzt. Folie 2.48.1c gibt schematisch einen Einwalzenbrecher wieder. Hier kann die Schwinge (3) ausweichen. Brecher dieser Art werden für die gleichen Zerkleinerungsaufgaben wie Zweiwalzenbrecher eingesetzt. Große Maschinen können obere Aufgabestückgrößen bis 1200 mm verarbeiten. In Folie 2.48.1d ist ein Doppelwalzenstuhl schematisch dargestellt, wie er  beispielsweise zum Mahlen von Getreide und anderen mittelharten bis weichen Stoffen eingesetzt wird, wenn ein feinstpartikelarmes Produkt erwünscht ist. Die Walzen sind vielfach geriffelt, und sie werden mit unterschiedlichen Drehzahlen betrieben (Drehzahlverhältnisse von 1 : 1,25 bis 1 : 5), woraus Scherbeanspruchungen  resultieren. Die Umfangsgeschwindigkeit der schneller rotierenden Walze kann bis zu 5 m/s betragen. Das Gut wird über geriffelte Speisewalzen (4) aufgegeben, um eine gleichmäßige Dosierung über die gesamte Walzenbreite zu erreichen. Abstreifer bzw. Bürsten (5) entfernen an den Walzen haftendes Gut.

Quetschwalzenstühle  besitzen Walzen gleicher Umfangsgeschwindigkeit und dienen zur Herstellung von Flocken aus pflanzlichen Stoffen. Walzenstühle mit glatt geschliffenen Walzen werden zur Verarbeitung von mittelviskosen Suspensionen (z. B. Farbabreibung oder Feinstzerkleinerung von Schokoladenmassen) eingesetzt. Die Walzen arbeiten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, wodurch die Übergabe der Suspensionsschicht an die jeweils schneller laufende Walze ermöglicht wird (Folie 2.48.1e). Die Spalteinstellung erfolgt durch Variation der Anpresskräfte. Die kleinsten Spaltweiten betragen etwa 20 µm. Im Allgemeinen sind mehrere Spaltpassagen notwendig, um die gewünschte Feinheit zu erreichen.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

121 Die Zielstellung, die Zerkleinerung im Walzenspalt wegen verschiedener Vorteile für die Mahlung härterer Stoffe bei höheren Durchsätzen zu erschließen, hat zur Entwicklung der Gutbett-Walzenmühlen  geführt, Folie 2.50. Da die Gutbettbeanspruchung im Walzenspalt angemessen hohe Presskräfte voraussetzt, ist Agglomeration im Mahlprodukt ein unvermeidliche Folge. Die konsequente Verfolgung dieser Problematik führte zu dem Ergebnis, dass die Kombination einer Hochdruckbeanspruchung im Walzenspalt,  bei der das Mahlprodukt als bandartiger Strang (Schülpe) geringerer Festigkeit austritt, und einer nachgeschalteten Desagglomeration (z. B. in einer Kugelmühle) bei optimaler Abstimmung eine günstige Lösung aus der Sicht der Energieausnutzung darstellt /6.36//6.37/. Eine Gutbettwalzenmühlen für die Hochdruckbeanspruchung ähnelt in vielerlei Hinsicht einer Walzenpresse für die Pressagglomeration (siehe Abschn. 7.2). Die gleichmäßige und kontinuierliche Zufuhr des Aufgabegutes in den Walzenspalt wird mittels eines über diesem angeordneten Fülltrichters erreicht, in dem ständig ein gewisses Füllniveau zu gewährleisten ist. Wesentlich für ein gegebenes Gut ist die Abstimmung zwischen dem anzustrebenden Zerkleinerungsziel - z. B. Feingutanteil, - massebezogene Oberfläche und den Prozessparametern - Walzendurchmesser, - Spaltweite, - Walzenumfangsgeschwindigkeit, - Pressung) /6.36/. Die günstigsten Pressungen liegen zwischen 50 und 300 MPa , die Walzenumfangsgeschwindigkeiten zwischen 0,2 und 3 m/s . Die entstehenden Schülpen weisen Feststoffvolumenanteile φs > 70 % auf und enthalten etwa 10  bis 30 % agglomerierte Anteile d < 10 µm . Die Desagglomeration der Schülpen kann bei Trockenmahlung in nachgeschalteten Kugel-, Prall- oder Hammermühlen geschehen.

2.6.3 Prallbrecher und Prallmühlen Prallbrecher besitzen vorwiegend eine schnell umlaufende Prallwalze, und im Brechraum sind weitere Prallorgane fest angeordnet (Prallplatten; Mahlbahnen). Sie werden für grobes bis mittelgrobes Gut eingesetzt. Prallmühlen für die Fein- und Feinstzerkleinerung sind hinsichtlich der Aus bildung der Prallorgane sehr variationsreich. In jedem Fall ist aber ebenfalls

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

122 ein schnell umlaufender Rotor vorhanden, der gewöhnlich vielfältig gegliedert ist, um die erforderlichen hohen Stoßzahlen  realisieren zu können. Prallbeanspruchungen sind nicht auf die in diesem Abschnitt behandelten Brecher und Mühlen beschränkt, sondern treten auch in weiteren Zerkleinerungsmaschinen - meist neben anderen Beanspruchungsarten - auf (z. B. in Hammerbrechern und -mühlen sowie in Strahlmühlen). Bei der Prallzerkleinerung entstammt die für die Bruchauslösung notwendige elastische Verformungsenergie der kinetischen Energie der Stoßpartner. Der Beanspruchungsvorgang folgt in erster Näherung den Stoßgesetzen der Mechanik. Danach sind zwei Stoßperioden zu unterscheiden: - Während der ersten ändern sich Translation und Rotation der beiden am Stoß beteiligten Massen so lange, bis beide an der Berührungsstelle die gleiche Geschwindigkeit in Richtung der Stoßnormalen besitzen. Dabei wird ein Teil der kinetischen Energie in elastische Formänderungsenergie umgesetzt. Gleichzeitig können plastische Verformungen ablaufen, deren Anteil mit steigender Beanspruchungsgeschwindigkeit jedoch zurückgedrängt wird. - In der nachfolgenden zweiten Stoßperiode wandelt sich, falls es bis dahin nicht zum Bruch gekommen ist, die elastische Energie wieder in kinetische zurück, und die beiden Massen trennen sich wieder. Bei vollplastischem Stoß entfällt diese Periode. Im Falle des bei der Prallbeanspruchung anzustrebenden geraden zentralen Stoßes berechnet sich bei rein elastischer Verformung die gespeicherte Energie W nach: W =

1 m1 ⋅ m2 2 ( m1 +m2 )

⋅(v1 −v2 ) 2 .

( 2.125)

m1; m2 Masse der Stoßpartner v1; v2 Geschwindigkeit der Stoßpartner Ist die Partikelmasse wesentlich kleiner als die Masse des anderen Stoßpartners (Rotor, Prallplatte), so reduziert sich Gl.( 2.125) zu: 1 2 W = mP ⋅ vrel . 2

( 2.126)

mP Partikelmasse vrel = v1 - v2  Aufprallgeschwindigkeit Die maximalen Zugspannungen entstehen nach der Theorie von JOHNSON, KENDAL und ROBERTS (JKR, 1971) am äußeren Rand der Berührungsfläche am Ende der ersten Stoßperiode (Folie 2.17).

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

123 Wenn man eine rotationssymmetrische Druckverteilung im Kontaktkreis (Modell einer Normalkraftbelastung im unendlich ausgedehnten Halbraum) voraussetzt  p JKR  =  p HERTZ

− p BOUSSINESQ ,

d.h.,

( 2.127)

2

  r    2 ⋅ γA ⋅ E *  p( r ) =  p 0 ⋅ 1 −   − π ⋅ r K  ⋅ [1 − (r / r K  )2 ]  r K   so reduziert sich die HERTZ’sche Kontaktabplattung (siehe auch Gl.( 2.66)) um den hinteren Term dieser Gleichung: h K  =

2 r K 

r 1, 2

 2  r K ,0   3 / 2   . ⋅ 1 − ⋅   3   r K    

( 2.128)  p  p0

r K  r

( 2.129)

Der zugehörige Kontaktkreisradius für p(r = r K,p=0) = 0 ist mit dem mittleren E-Modul E*, dem mittleren Krümmungsradius r 1,2 nach den Gln.( 2.67) und ( 2.69) und der spezifisch freien Grenzflächenenergie γA (siehe 2.1.1.3): r K , p = 0

= r K  ⋅

1−

r 1, 2 r K 



π ⋅ γA . r K  ⋅ E *

( 2.130)

Wenn der Kontaktkreisradius r > r K,p=0 ist, wird der Kontaktdruck negativ (= Zugspannung). Wenn nun der äußere Rand erreicht wird r = r K , geht die Zugspannung nach der JKR-Theorie gegen unendlich, was physikalisch nicht gerechtfertigt ist, da maximal nur die Zugfestigkeit erreicht werden kann  p(r = r K ) ≤ σ Zs . Daraus folgt dann auch der Ringriss am Rande der Kontaktfläche (Folie 2.17). Der maximalen Wert für r = 0 im elastischen HERTZ’schen Druckbereich entspricht 150% des mittleren Druckes  p = F N /(π ⋅ r K 2 )   infolge des Einwirkens der Normalkraft (Stoßkraft) F N:  p 0 (r  = 0) =  p 0

=

r K  ⋅ E *

π ⋅ r 1,2

3

F N

2

π ⋅ r K 2

= ⋅

3

= ⋅ p . 2

( 2.131)

Für die in geometrisch ähnlichen und stofflich gleichartigen Partikeln (Partikel-E-Modul EP, Krümmungsradius r P an der Stoßstelle) aufgebaute maximale Zugspannung σmax ergibt sich bei Aufprall auf eine ebene, starre, unendlich große Masse aus der Dimensionsanalyse analog Gl.( 2.32) /6.18/: 1/ 5

 m P ⋅ v 2rel   =C 3  EP   E P ⋅r P  

σ max

( 2.132)

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

124 Folglich wird die Spannungsbildung an der Stoßstelle auch durch die Krümmung des Partikels  beeinflusst. Die Krümmung der Prallorgane  wirkt sich in gleicher Weise aus. Bei gegebener Geometrie des Prozessraumes sind vom Standpunkt der Energieausnutzung - die mittlere Partikelfestigkeit und - die Prallgeschwindigkeit aufeinander abzustimmen, wobei mit abnehmender Partikelgröße die mittlere Partikelfestigkeit bekanntlich zunimmt. Im Prozessraum erfolgt die Beanspruchung der Partikel beim Auftreffen auf die Prallorgane (Rotor, Prallflächen) oder beim Zusammentreffen der Partikel. Beim letzteren treten zu einem hohen Anteil exzentrische und schiefe Stöße auf, so dass Teile der Energie für Reibeffekte und die Partikelrotation verbraucht werden. Will man die Partikelstöße weitgehend vermeiden, so muss die mittlere freie Weglänge Λ  der Partikeln größer als die Flugbahn zwischen Rotor und Prallfläche sein. Λ  lässt sich nach abschätzen /6.10//6.19/:

Λ≈ ϕs

d  10ϕ s

.

( 2.133)

Feststoffvolumenanteil im Prozessraum

In Folie 2.51.1 ist der für die Prallzerkleinerung interessierende Bereich eingetragen. Die danach für das Brechen und Mahlen erforderlichen Flugbahnen lassen sich in den entsprechenden Zerkleinerungsmaschinen durchaus verwirklichen. Im Bereich der Feinstmahlung entsteht jedoch ein zusätzliches Problem. Hier sind auch die Bremswege der Partikel infolge des Luftwiderstandes zu berücksichtigen. Man erkennt, dass das Feinstpartikel schon auf relativ kurzen Wegen abgebremst wird. Die Abstände zwischen den Prallorganen müssten dann relativ klein gewählt werden, um noch genügend hohe Prallgeschwindigkeiten zu realisieren. Dies führt zu konstruktiven Schwierigkeiten, so dass sich für Feinheiten < 0,01 mm die Strahlmühlen besser für die Prallzerkleinerung eignen. Einwalzenprallbrecher (Folie 2.51.2a und b) bestehen aus einem innen mit Verschleißplatten ausgekleideten Gehäuse, in dem die mit mehreren leicht auswechselbaren Prallleisten (2) bestückte Prallwalze (1) rotiert. Die hängenden Prallplatten (3) sind verstellbar, wodurch der Abstand zwischen Prallplatten und Prallleisten und die Neigung der Prallplatten verändert werden können. Beim Eintritt von Fremdkörpern in den Brechraum können die Prall platten nach oben ausweichen.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

125 Gegenüber anderen Brechern sind die Variationsmöglichkeiten groß - Ausbildung des Einlaufs, - Zahl und Form der Pralleisten, - Rotorumlaufgeschwindigkeit, - Ausbildung des Prozessraumes, - Zahl und Anordnung einer Mahlbahn (Folie 2.51.2b). Das Aufgabegut wird zunächst von den mit 20 bis 60 m/s umlaufenden Prallleisten getroffen und, falls die Bruchspannungen überschritten werden, zerkleinert. Die Prallleisten sollten scharfe Kanten  besitzen, weil gemäß Gl. ( 2.132) mit abnehmendem Krümmungsradius die maximale Spannung an der Stoßstelle wächst. Ein Partikel, das beim Prall an den Prallleisten nicht zerkleinert wurde, wird gemäß den sich aus der Stoßpartnerschaft ergebenden Verhältnissen abgeworfen. Die "Gutwolke" eines zertrümmerten Partikels strebt demgegenüber kegelförmig auseinander. Da der gerade zentrale Stoß anzustreben ist (Folie 2.52.3) sollten die Prall platten möglichst senkrecht  zu den wahrscheinlichsten Flugbahnen angeordnet sein. Die von den Prallplatten zurückgeworfenen Partikel werden schließlich erneut von den Prallleisten erfasst. Die geschilderten Vorgänge wiederholen sich bis zum Austrag mehrfach. Dabei wird der überwiegende Teil der Zerkleinerungsarbeit an den Prallleisten verrichtet. Für das Zerkleinerungsergebnis sind die Brechraumgestaltung und die Prallleistenumfangsgeschwindigkeit wesentlich. Durch die Abstände zwischen dem Umlaufkreis der Prallleisten und den Prallplatten wird die obere Partikelgröße mitbestimmt (Folie 2.53). Besteht die Forderung, einerseits Überpartikel soweit wie möglich zu begrenzen und andererseits einen höheren Feinpartikelanteil im Fertiggut zu erreichen, so ist die zusätzliche Anordnung einer Mahlbahn zweckmäßig (Folie 2.51.2b). Das Zerkleinerungsverhältnis von Prallbrechern kann in weiten Grenzen verändert werden. Weil es sehr groß sein kann, lassen sich u. U. zwei bis drei hintereinander geschaltete Maschinen ersetzen. Günstige Bedingungen für den Einsatz von Prallbrechern sind gegeben, wenn ein - größeres Zerkleinerungsverhältnis und - eine breitere Partikelgrößenverteilung zulässig sind und - ein Aufgabegut mit ausgeprägt inhomogenem Gefüge vorliegt. Die Anwendung der Prallzerkleinerung wird durch das Verschleißverhalten  begrenzt. Allerdings ist es in neuerer Zeit immer mehr gelungen, sowohl durch die Entwicklung geeigneter Verschleißwerkstoffe (insbesondere für die

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

126 Prallleisten, und zwar Chrom-Molybdän-Stähle mit geeigneter Wärmebehandlung) als auch durch entsprechende konstruktive Gestaltung mehr und mehr in das Gebiet der Hartzerkleinerung einzudringen. Wegen der Festigkeitszunahme mit abnehmender Partikelgröße ergibt sich die Notwendigkeit, in Prallmühlen  im Vergleich zu den Prallbrechern mit entsprechend höheren Prallgeschwindigkeiten zu arbeiten. Diese liegen in den derzeitig gebauten Mühlen etwa im Bereich von 60 bis 300 m/s , wobei die Beanspruchungsgeschwindigkeit umso höher liegen muss, je größere Feinheiten angestrebt werden. Die hinsichtlich der konstruktiven Gestaltung sehr variationsreichen Prallmühlen unterscheiden sich durch - die Anordnung der Rotorwelle (vertikal oder horizontal), - die Ausbildung des Rotors (Schleuderrad, Prallteller, Schlagkreuz-, Schlagleisten-, Schlagstiftrotor u.a.), - den bevorzugten Weg des Gutes durch den Mahlraum (radial, axial, peri pher) und - die wesentlichen Einstellungs- bzw. Regelungsmöglichkeiten zum Erreichen der Endfeinheit. In Folie 2.51.2c ist eine Schleuderrad-Prallmühle dargestellt. Das Aufgabegut gelangt durch ein Zentralrohr auf den Schleuderteller, von wo es in eine gegenläufig rotierende Mahlschüssel abgeworfen wird. Diese Schüssel ist so ausgebildet, dass ständig eine Mahlgutschicht vorhanden ist, die den Schüsselboden vor Verschleiß schützt. Das Mahlgut wird aus der Schüssel über den oberen Rand in einen konischen Trichter ausgetragen. Schließlich gelangt es in den aufwärts gerichteten Luftstrom. Aus diesem scheiden sich in der Vorklassierzone (Zwischenkonus!) und in der Nachklassierzone (Innenkonus mit Leitschaufelsystem am Eintritt!) die noch nicht genügend aufgemahlenen Partikel ab und gelangen erneut auf das Schleuderrad. Je nach Einstellung sind Feinheiten zwischen - 5 mm und - 75 µm erzielbar. In Folie 2.51.2d ist eine Pralltellermühle dargestellt. Der Prallteller (1) sitzt auf horizontaler Welle. Die Aufgabe wird durch eine zentrale Öffnung in der Mahlraumtür zugeführt. Das Gut wird von Prallscheiben (2) gegen die profilierte und gekühlte Mahlbahn (4) und einen dazu senkrecht angeordneten ebenfalls gekühlten Mahlring (5) geschleudert. Das Mahlgut gelangt schließlich in die hinter dem Prallteller gelegene Klassierzone. Diese wird vom Prallteller, den rückseitigen Kanten der Prallscheiben und einer auswechsel baren Blende (6) mit Leitschaufelsystem begrenzt. Die Blenden unterscheiden sich im Durchmesser der zentralen Öffnung. Das Mahlgut.Luft-Gemisch MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

127 strömt in dieser Klassierzone auf Spiralbahnen nach innen. Hierbei wird das Grobgut in die Mahlzone zurückgeworfen. Die maximale Umlaufgeschwindigkeit der Prallscheiben beträgt 120 m/s. Die Feinheit des Fertiggutes kann mit Hilfe der Luftmenge geregelt werden. Es sind für geeignete Materialien sehr hohe Feinheiten erzielbar (< 10 µm). Bei den Schlagkreuzmühlen sind auf dem Rotor Schlagarme in sternförmiger Anordnung starr befestigt. Der Mahlraum wird von einem Rotor bzw. Sieb begrenzt. Sie eignen sich für mittelhartes bis weiches Gut.

Schlagstiftmühlen  (Folie 2.51.2e) besitzen einen Rotor (1), auf dem Stifte (2, 3) in konzentrischen Kreisen angeordnet sind. Die rotierenden Stiftkreise greifen in die Lücken zwischen anderen Siftkreisen ein, die am Gehäusedeckel befestigt sind. Der Abstand der Stifte ist auf dem inneren Stabkreis am größten und nimmt nach außen hin laufend ab. Das Gut gelangt zunächst auf den inneren Stiftkreis. Zentrifugalkräfte fördern es durch die Stiftkreise hindurch auf Spiralbahnen nach außen. Dabei wird es von den Stiften getroffen und zerkleinert (Folie 2.52.5). Mühlen dieser Art werden bis zu etwa 200 m/s Umfangsgeschwindigkeit des Rotors ausgebildet. Sie eignen sich für die Feinstzerkleinerung von mittelhartem und weichem Gut. Es gibt auch Stiftmühlen mit gegenläufig rotierenden Stiftkreisen, womit sich noch höhere Prallgeschwindigkeiten realisieren lassen.

⇒ weitere Beispiele: Folie 2.53, Folie 2.54, Folie 2.55, Folie 2.56, Folie 2.57 und Folie 2.58

2.6.4 Hammerbrecher und Hammermühlen Diese Zerkleinerungsmaschinen besitzen im Prozessraum schnell umlaufende Rotoren, auf denen Schläger (Hämmer) gelenkig befestigt sind. Letztere werden durch Fliehkräfte radial ausgerichtet. Das dem Prozessraum zugeführte Gut wird hauptsächlich durch Prall und Schlag beansprucht. Im Vergleich zu Prallbrechern und -mühlen ist zu berücksichtigen, dass infolge der Gestaltung des Prozessraumes und der Ausbildung des Schlägersystems freie Flugbewegungen der Partikel nur in beschränktem Umfange möglich sind. Das Zerkleinerungsverhältnis nc liegt vorwiegend zwischen 10 und 15 . Bauarten für härteres und gröberes Gut nennt man Hammerbrecher, leichtere Ausführungen Hammermühlen. Die größere Zahl der Bauarten verfügt über MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

128 eine Schlägerwelle. Darüber hinaus sind auch Zweiwellenhammerbrecher entwickelt worden. In Folie 2.59.1a ist ein Hammerbrecher mit Siebrost und Schultereinlauf  dargestellt. Auf der Welle sitzt der Rotor (1), der aus mehreren auf der Welle angeordneten Scheiben besteht, an denen die Hämmer (2) aus verschleißfestem Stahl gelenkig befestigt sind. Die Drehrichtung des Rotors ist so vorgesehen, dass das Gut in den Brechraum eingezogen wird. Der auswechselbare Rost (3) schließt den Brechraum nach unten ab. Da die Hämmer symmetrisch ausgebildet sind, können sie nach eingetretenem Verschleiß gewendet werden. In Folie 2.59.1b ist ein   reversierbarer Hammerbrecher mit Kopfeinlauf und Gegenwalzen  dargestellt. Brecher dieser Art eignen sich auch für stark klebendes Gut (z. B. feuchte tonhaltige Braunkohle). Die Drehzahl der Gegenwalzen (4) steigt in Austragsrichtung etwas an, wodurch eine Selbstreinigung eintritt. Zusätzlich lassen sich Kratzer anbringen. Bei den Zweiwellenhammerbrechern   laufen die Rotoren gewöhnlich gegenläufig. Bei dem Prallhammerbrecher  der Folie 2.59.1c dagegen rotieren sie gleichsinnig. Diese Maschinen eignen sich für die Vorzerkleinerung von mittelhartem groben Gut. Die größten Hammerbrecher, die für die Vorzerkleinerung von mittelhartem Gut (z. B. in der Zementindustrie) eingesetzt werden, weisen Schlagkreisdurchmesser  von mehr als 3 m auf. Die Form der Hämmer (Folie 2.60.4) hat einen wesentlichen Einfluss auf die Zerkleinerungswirkung. Nach Gl.( 2.132) und vom Standpunkt der Feinstpartikelverminderung sind Hämmer mit scharfen Schlagkanten vorzuziehen. Die Hammeranordnung spielt bei rostlosen Hammerbrechern für den Grobgutdurchfall und damit die Partikelgrößenverteilung des Fertiggutes eine Rolle. Bei Vorhandensein eines Rostes sind dessen Ausbildung und Spaltweite vor allem dafür maßgebend. Rostlose Hammerbrecher  bzw. -mühlen setzt man für leicht zerkleinerbares und feuchtes Aufgabegut (z. B. Braunkohlen) oder dann ein, wenn ein höherer Feinkornanfall zu vermeiden ist. Hammerbrecher und Hammermühlen haben eine verbreitete Anwendung gefunden. Mittelharte bis weiche Stoffe, die auch zäh und feucht sein können

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

129 (z. B. Braunkohlen, Steinkohlen, Salze, Gips), werden in leichteren Bauarten zerkleinert. Die schwereren Ausführungen sind für die Zerkleinerung von Zementrohstoffen, Kalkstein und ähnliche Materialien geeignet. Für die Zerkleinerung dünnwandiger metallischer Sekundärrohstoffe  (Autokarosserien, eisenbehaftete Aluminiumschrotte u.a.) haben sich modifizierte Hammerbrecher mit unten bzw. oben liegendem Rost eingeführt. In Folie 2.59.1d ist ein Hammerbrecher, häufig auch als Shredder (s.v.w. „HammerReißer“) bezeichnet, für die Zerkleinerung von Stahlleichtschrott dargestellt. Der zu zerkleinernde Schrott wird über Treibrollen (5) gesteuert dem Prozessraum zugeführt. An der Ambosskante (6) reißen die Hämmer einzelne Schrottstücke ab (Zugbeanspruchung !!), die im Prozessraum nachzerkleinert und verdichtet werden. Der ausreichend zerkleinerte Schrott tritt aus dem oben liegenden Rost aus. Die Umfangsgeschwindigkeiten der Hämmer liegen bei Hammerbrechern und -mühlen bevorzugt im Bereich 20 bis 60 m/s . Die Durchsätze und der Leistungsbedarf der schweren a) und leichten Ausführung b) eines Einrotorhammerbrechers sind der Folie 2.60.5 zu entnehmen.

2.6.5 Wälzmühlen Bei den Wälzmühlen (Rollmühlen, Ringmühlen) wälzen sich Mahlkörper auf Mahlbahnen ab und zerkleinern das dort in Form dünner Schichten befindliche Gut durch Druckbeanspruchung sowie teilweise durch Scherung bzw. Abriebwirkung. Bei höheren Umlaufgeschwindigkeiten tritt auch Schlagbeanspruchung auf. Die Mahlbahnen können - teller-, - schüssel- oder - ringförmig sowie - zylindrisch ausgebildet sein. Als Mahlkörper kommen - Walzen, - Kugeln oder - Kegelstümpfe zur Anwendung. Der erforderliche Mahldruck wird durch die - Schwerkraft, durch - Zentrifugal-, - Feder- oder hydraulische Druckkräfte hervorgebracht. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

130 Wichtige Bauarten sind in Folie 2.61.1 dargestellt. Wälzmühlen werden für die Trocknmahlung (z. T. in Verbindung mit einer Mahltrocknung) eingesetzt. Die meisten Bauarten sind als Luftstrommühlen ausgebildet, d.h. das jeweils genügend aufgemahlene Gut wird über ein Windsichtsystem ausgetragen, während das Grobgut in den Mahlraum zurückgelangt. Auf diese Weise lassen sich relativ große Zerkleinerungsverhältnisse erreichen. Das Prinzip der Wälzzerkleinerung hat wegen - seiner prozesstechnischen Vorteile, - günstigen Energieausnutzung, - vergleichsweise niedrigen Betriebskosten, - sowie großen Anpassungsfähigkeit ständig an Bedeutung gewonnen.

Kollergänge  (Folie 2.61.1a) werden für spezielle zerkleinerungstechnische Aufgaben eingesetzt, wie sie beispielsweise in der grob- und feinkeramischen sowie Gießereiindustrie vorliegen, wo Zerkleinern und Mischen feuchter Massen in einem Prozessraum angestrebt werden. Sie besitzen Mahlwalzen (gewöhnlich zwei), die auf einer ebenen Mahlschüssel abrollen, und werden entweder mit feststehender Mahlbahn und umlaufenden Walzen (Folie 2.61.1a) oder mit stillstehenden Walzenachsen und umlaufender Mahlbahn (Folie 2.61.1b) ausgebildet. In beiden Fällen können die Mahlwalzen nach oben ausweichen. Es sind weiterhin Bauarten für den diskontinuierlichen und den kontinuierlichen Betrieb zu unterscheiden. Letztere verfügen häufig über einen innerhalb oder außerhalb angeordneten Siebring, durch den Fertiggut abgezogen wird. Die Mahlwalzen führen nur in de Mitte eine rollende Bewegung aus. Nach den Rändern hin wird das Abrollen durch Gleiten überlagert, so dass sich der Druckbeanspruchung Scherbeanspruchungen überlagern. Walzenschüsselmühlen  (Folie 2.61.1b) haben in neuerer Zeit eine starke Weiterentwicklung erfahren. Diese erfolgte zunächst vor allem für die Mahlung von Zementrohstoffen und Steinkohle; in letzter Zeit dringen diese Zerkleinerungsmaschinen aufgrund von Fortschritten bei der Verschleißbeherrschung aber auch in die Hartzerkleinerung (z. B. Zementklinker) ein (siehe z. B. [375] bis [382] [287]). Zwei oder drei (bei Großmühlen auch vier) kegelstumpfförmige (Folie 2.61.1b) oder ballige (Folie 2.61.1c) Mahlwalzen werden mittels Federkraft (Folie 2.61.2) oder hydraulisch (Folie 2.62.4) auf eine rotierende, schüsselförmige Mahlbahn gedrückt. Die Walzenumfangsgeschwindigkeiten betragen bis zu etwa 5 m/s. Das zu mahlende Gut wird der Mahlbahn zentral zugeführt und unter der Wirkung von Zentrifugalkräften nach außen gefördert (Folie 2.62.3). Wichtiges Ziel der Prozessführung ist die MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

131 Gewährleistung eines gleichmäßigen, stabilen Mahlgutbettes [381] [383] [384]. Darauf haben einerseits das Fließverhalten des Mahlgutes und andererseits insbesondere die Geschwindigkeit der Mahlschüssel sowie die Höhe des Staurands am Tellerumfang Einfluss. Letztere ist bei einigen Bauarten verstellbar. Das Fließverhalten des Mahlgutes hängt verständlicherweise mit von dessen Feuchte und Temperatur ab. Folglich lässt sich gegebenenfalls das Mahlgutbett auch durch Eindüsen von Wasser stabilisieren. Das zu mahlende Gut wird zentral aufgegeben und unter der Wirkung der Zentrifugalkräfte nach außen gefördert, wobei es den Bereich der Mahlwalzen passieren muss. Schließlich wird es über den Schüsselrand abgeworfen und gelangt über den die Schüssel umgebenden Düsenring in einen aufsteigenden Luftstrom, der so beschaffen ist, dass sich ein wirbelschichtartiges Gutbett bildet. Dort findet eine Vorsichtung statt. Das vom Luftstrom erfasste Gut gelangt in einen über dem Mahlraum angeordneten Sichter. Das Sichterfeingut stellt Fertiggut dar, das Sichtergrobgut fällt in die Mahlzone zurück. Auf diese Weise lassen sich relativ große Zerkleinerungsverhältnisse erreichen (bei großen Ausführungen und mittelhartem Gut ist die Zerkleinerung von etwa - 50 mm auf 10 % bis 30 % - 0,09 mm  möglich). Diese Mühlen eignen sich gut als Mahltrockner, und zwar mit Abgasen bis etwa 8 % Feuchte, mit Zuheizung bis etwa 15 % Feuchte. Die größten Ausführungen haben Durchsätze von 400 t/h erreicht, noch größere sind geplant. Bei den Zentrifugalkraftwälzmühlen (Pendelrollenmühlen) (Folie 2.61.1c) drücken die pendelnd aufgehängten Mahlwalzen infolge der bei der Drehung des Walzensystems auftretenden Fließkräfte gegen die Mahlbahn. Bei den Kugelwälzmühlen (Folie 2.61.1d) sind die Mahlkörper Kugeln, die ähnlich einem Kugellager in einem waagerechten Mahlring angeordnet sind und durch Federdruck in den Mahlring gepresst werden.

⇒ weitere Beispiele: Folie 2.63

2.6.6 Trommelmühlen Für diese Zerkleinerungsmaschinen ist ein horizontal gelagerter, zylindrisch oder zylindrisch-konischer, rotierender Mahlraum charakteristisch. In der Trommel befindet sich das Mahlgut mit den Mahlkörpern. Bei der Drehung der Trommel wird der Inhalt umgewälzt bzw. gestürzt und dadurch das Mahlgut zerkleinert. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

132 Als Mahlkörper werden vornehmlich Kugeln aus Stahl oder Hartguss und Stahlstäbe verwendet. Seltener macht man von anderen Mahlkörperformen oder Werkstoffen Gebrauch. Übernehmen größere Stücke des jeweiligen Haufwerkes die Funktion der Mahlkörper, spricht man von autogener Mahlung. Unter dem Mahlkörperfüllungsgrad φMK  ist das Verhältnis des Schüttgutvolumens der Mahlkörperfüllung VMK  zum gesamten Mahlraum- bzw. Prozessraumvolumen VMR  zu verstehen:

ϕMK  =

VMK  VMR 

=

m MK 

ρs,MK  ⋅ (1 − εMK  ) ⋅ VMR 

≤ 0,5 .

(2.134)

mMK   Mahlkörpermasse εMK  Porenvolumenanteil der Mahlkörperfüllung ρs,MK  Feststoffdichte (Reindichte) der Mahlkörper Für Kugeln kann εMK  ≈  0,35...0,4 (nahe einer kubische Packung) angesetzt werden, wobei φMK   maximal 0,5 erreichen kann, um noch eine Bewegung zu gewährleisten. Entsprechend stellt der Mahlgutfüllungsgrad φMG  das Verhältnis von Schüttgutvolumen der Mahlgutfüllung zum Mahlraumvolumen dar:

ϕMG =

VMG VMR 

=

m MG

ρs,MG ⋅ (1 − ε MG ) ⋅ VMR 

.

(2.135)

mMG  Mahlgutmasse εMG Porenvolumenanteil der Mahlgutfüllung ρs,MG Feststoffdichte (Reindichte) des Mahlgutes Demgegenüber ist unter dem effektiven (relativen) Mahlgutfüllungsgrad φMG,eff das Verhältnis von Schüttgutvolumen des Mahlgutes V MG  zum Lückenvolumen der Mahlkörperfüllung V MK ⋅εMK  zu verstehen: ρ ⋅ (1 − ε MK ) ⋅ VMR  ϕMG VMG m MG ϕMG ,eff  = = = ⋅ s,MK  VMK  ⋅ ε MK  ϕMK  ⋅ ε MK  ρs ,MG ⋅ (1 − ε MG ) ⋅ VMR  m MK  ⋅ ε MK 

ϕMG ,eff  =

1 − ε MK  (1 − ε MG ) ⋅ ε MK 



ρs,MK  m MG ⋅ = 0,6 ... 1,1   ρs,MG m MK 

(2.136)

Der wirksame Mahlgutfüllungsgrad einer Suspension (Index Tr wie Trübe)  bei der Nassmahlung vermindert sich entsprechend des Wasservolumenanteils (1-φs):

ϕMG ,Tr  = ϕs ⋅ ϕMG ,eff   

(2.137)

Der Bewegungsablauf der Mahlkörper   ist für die Mahlwirkung bestimmend. Er wird von - der Drehzahl und

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

133 - dem Durchmesser der Trommel, - der Ausbildung der Mühlenauskleidung sowie - den Reibungsverhältnissen zwischen Mühlenauskleidung und Mahlkörperfüllung einerseits und innerhalb der Mahlkörperfüllung andererseits beeinflusst. Eine qualitative Vorstellung vermitteln die Folie 2.64 und Folie 2.65.1. Bei kontinuierlich betriebenen Mühlen beträgt die Mahlkörperfüllung maximal 45 %. Zwischen den Mahlkörpern befindet sich das Mahlgut, das trocken oder in Form einer Mahltrübe vorliegt. Der Feuchtebereich zwischen etwa 2 und 20 Masse-% ist wegen des ungünstigen Fließverhaltens infolge kapillarer Haftmechanismen zu vermeiden. Trommelmühlen werden mit solchen Drehzahlen betrieben, dass sich die Mahlkörper im Laufe des Aufwärtsganges von der Trommelwand lösen. In der Zone (1-1) bis (2-2) in Folie 2.65.1a ist die auf die Mahlkörperfüllung wirkende Resultierende aus Zentrifugalkraft und radialer Schwerkraftkomponente nach außen gerichtet. In diesem Bereich wird deshalb die Füllung gegen die Trommelwand gedrückt. Bei glatter Mühlenauskleidung kann ein Schlupf zwischen der Winkelgeschwindigkeit der Trommel und der Mahlkörperfüllung vorhanden sein, der eine Folge des Abgleitens der Mühlenfüllung auf der Mühlenwand ist. Zwischen (1-1) und (2-2) wird das Mahlgut durch Druck und Scherung bzw. Abriebwirkung beansprucht. Der Bewegungsablauf in der Zone (2-2) bis (3-3) hängt für eine gegebene Mahlkörperfüllung davon ab, wie hoch die Mahlkörper gehoben worden sind, bevor sie sich von der Mühlenwand lösen. Es kann, wie in Folie 2.65.1a dargestellt, zum Mahlkörperfall (Kataraktwirkung) kommen, oder die gehobenen Mahlkörper rollen und gleiten nur auf der jeweiligen Unterlage (Kaskadenwirkung) ab (Folie 2.65.1b). In einem Zwischenbereich trifft man beide Vorgänge kombiniert an. Der Mahlkörperfall ruft Schlagbeanspruchungen   hervor. Beim Abrollen und Abgleiten treten insbesondere Scherbeanspruchungen bzw. Abriebwirkungen auf. Das Zentrifugieren der Mahlkörper   beginnt bei der kritischen Drehzahl nkrit, die sich ergibt , wenn man die auf die Mahlkörper wirkende Zentrifugal beschleunigung r ω2 gleich der Schwerebeschleunigung g setzt z = Fr  =

a g

=

r ω2 g

.

( 2.138)

Es ist üblich, die so genannte theoretische kritische Drehzahl nkrit  für die äußere Mahlkörperlage unter der Voraussetzung anzugeben, dass die Winkelgeschwindigkeit der Mahlkörper bei der Trommeldrehung die gleiche wie die

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

134 der Trommel ist, also kein Schlupf vorliegt. Unter Voraussetzung von r ≈ D/2 und ω = 2 π n erhält man: n

= krit

1

2g 42,3



D



D

in min − 1 .

( 2.139)

Ist ein Schlupf vorhanden, dann ist die praktische kritische Drehzahl größer als die theoretische. Für den Vergleich des Mahlregimes verschiedener Mühlen hat die relative Drehzahl  Bedeutung:

ψ=

n n

krit

=

D 2g

2πn=0,6...0,8 .

( 2.140)

Die Mehrzahl der Mühlen arbeitet im Bereich von (0,6 bis 0,8) n krit. Unter Berücksichtigung der Bedeutung und der Belange des Einsatzes wird abgesehen von Sonderbauformen - vor allem eingeteilt in: a) Kugelmühlen (Folie 2.66): Das Verhältnis der Länge L zum Durchmesser D ( Schlankheitsgrad) der überwiegend zylindrischen, manchmal auch zylindrisch-konischen Mahlräume überschreitet nicht L/D < 2,5. Mühlen für die kontinuierliche Mahlung arbeiten gewöhnlich mit Klassierern im Kreislauf (mechanische Klassierer oder Hydrozyklone bei Nassmahlung; Windsichter bei Trockenmahlung).  b) Stabmühlen: Als Mahlkörper werden Stahlstäbe verwendet, die nahezu so lang wie die zylindrischen Mahlräume sind. Sie werden bevorzugt zur Herstellung gröberer Mahlprodukte (do = 0,5 bis 1,5 mm) eingesetzt und nass oder trocken - gewöhnlich nicht mit Klassierern im Kreislauf - betrie ben. c) Mühlen für die autogene Mahlung: Die so genannten Pebble-Mühlen entsprechen hinsichtlich der Abmessungsverhältnisse den Kugelmühlen. Sie werden vorwiegend für die Fein- bis Feinstmahlung eingesetzt, wobei eine zwischen den Brechstufen ausgesiebte und dosiert zugesetzte gröbere Partikelklasse die Funktion der Mahlkörper übernimmt. Davon sind spezielle Mühlenkonstruktionen für die Autogenmahlung zu unterscheiden, die sich im Allgemeinen durch große Mühlendurchmesser auszeichnen. Ihnen wird grobstückiges Gut aufgegeben, das sie mit hohem Zerkleinerungsverhältnis auf Mahlfeinheit zerkleinern. d) Rohrmühlen:

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

135 Als Mahlkörper werden Kugeln und nur selten andere Formen verwendet. Die zylindrische Mahltrommel ist relativ lang ( L/D von 2 bis 8). Rohrmühlen mit L/D ≥ 4 werden vor allem in der Zementindustrie für die Durchlaufmahlung eingesetzt. Die Mahltrommeln kontinuierlich arbeitender Mühlen besitzen gewöhnlich Öffnungen im Zentrum der Stirnwände, durch die das Aufgabegut zugeführt  bzw. das gemahlene Produkt ausgetragen wird. Bei einigen Bauarten sind auch andere Austragarten üblich. In Folie 2.67.3 sind die wesentlichen Austragarten dargestellt. Bei den Überlaufmühlen  (Folie 2.67.3a) fließt das Mahlgut bei  Nassmahlung als Suspension über. Der Austraghohlzapfen weist einen etwas größeren Innendurchmesser als der Aufgabezapfen auf, so dass sich ein geringes Gefälle für den Gutfluss ergibt. Dieses Austragsprinzip ist für Nasskugel- und Nassstabmühlen eingeführt. Die in Folie 2.67.4 dargestellte Ausbildungsform ist aber auch bei der Luftstrommahlung in Kugelmühlen üblich.

Austragkammermühlen  (Folie 2.68.5) besitzen am Austragende eine Kammer, die durch eine für das Mahlgut durchlässige Rostwand vom Mahlraum abgetrennt ist. Diese Austragkammer ist durch radial oder spiralartig ausge bildete Hebeleisten gegliedert, so dass das in die Kammer ausgeflossene Gut  bei der Trommeldrehung dem Austragshohlzapfen aufließen kann. Infolgedessen ist ein größeres Gefälle für den Gutfluss im Mahlraum gegeben, das  bei den verschiedenen Bauarten durch Öffnen bzw. Schließen von Rostöffnungen einstellbar ist. Dieses Austragprinzip ist sowohl für Trocken- als auch für Nassmahlung bei Kugel-, Stab- und Rohrmühlen eingeführt. Bei den Trommelmühlen mit peripherem Austrag  (Folie 2.67.3c) gelangt das zerkleinerte Gut durch Öffnungen in der Mühlenpanzerung auf Siebmäntel, die am Umfang der Mahltrommel angeordnet sind. Nur das Gut, das feiner als die Maschenweite des Siebmantel ist, kann endgültig die Mühle verlassen. Von diesem Austragprinzip wird bei den so genannten Siebkugelmühlen in geringerem Umfange für kleinere bis mittelgroße Mühlen bei Trockenund Nassmahlung Gebrauch gemacht. In der Absicht, die Stabmühlen auch der Trockenmahlung zugänglich zu machen, werden diese mit peripherem Endaustrag (Folie 2.67.3d) oder peripherem Mittenaustrag ausgebildet. Die inneren Wandungen des Mahlraumes sind hohen Beanspruchungen unterworfen und sind deshalb mit verschleißfestem Material ausgekleidet (Mühlenpanzerung). Die Ausbildungsform der Mantelpanzerung  (glatt, gewellt, MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

136 gerippt Folie 2.68.6) beeinflusst die Reibungsverhältnisse der Mahlkörperfüllung auf der Mühlenwand, damit deren Bewegungsablauf und somit auch die Mahlwirkung. Die größten im Einsatz befindlichen Kugelmühlen weisen Durchmesser von etwa 6500 mm bei Antriebsleistungen bis zu etwa 8000 kW auf. Für Stabmühlen betragen die entsprechenden Angaben 4500 mm  Durchmesser und 2500 kW Antriebsleistung. Soll in Nasskugelmühlen relativ grobes Gut (d A,o > 10 mm) gemahlen und ein höherer Feinstpartikelanteil vermieden werden, so sollte eine Austragkammermühle mit L/D von etwa 0,7 bis 1 gewählt und diese unter Kataraktbedingungen betrieben werden. Beim üblichen Kreislaufbetrieb mit einem Klassierer werden sich dann relativ hohe umlaufende Lasten ergeben. Bei feinerem Aufgabegut (dA,o < 10 mm) und angestrebter größerer Feinheit des Fertiggutes ist eine Überlaufmühle mit einem L/D-Verhältnis zwischen 1 und 2 vorzuziehen. Stabmühlen werden mit L/D-Verhältnissen zwischen 1,3 bis 3 hergestellt, um zu verhindern, dass sich die Stäbe aufrichten können. In einer Stabfüllung konzentriert sich die Mahlwirkung immer nur auf die jeweils gröbsten Partikel, so dass die Mahlprodukte auch ohne Kreislaufklassierung relativ enge Partikelgrößenverteilungen aufweisen. Die Mahlkörpergröße  ist sowohl hinsichtlich der Mahlkörperenergie (abhängig von Mahlkörpergröße, -dichte, Trommeldurchmesser, Trommeldrehzahl u.a.) als auch der Einzugsverhältnisse  des Gutes zwischen die Mahlkörper auf die Guteigenschaften, d.h. insbesondere dessen Partikelgrößenverteilung und Partikelfestigkeit, sowie auf die angestrebte Mahlfeinheit abzustimmen. Für jede Partikelgrößenklasse existiert unter sonst gegebenen Bedingungen eine Mahlkörpergröße, mit der die größte Zerkleinerungsgeschwindigkeit erreicht wird. Unter Beachtung anderer Einflussgrößen sollte der Mahlkörperdurchmesser etwa das 5- bis 15fache der oberen Aufgabepartikelgröße betragen. Die speziell für die autogene Trocken- und Nassmahlung   konstruierten Mühlen weisen große Durchmesser auf (Folie 2.70.9). Das L/D-Verhältnis von Nassautogenmühlen liegt im Bereich von  0,33 bis 2, das von Trockenmühlen (Aerofallmühlen Folie 2.69.8) beträgt 0,3 bei den kleineren und 0,23  bei den größeren Mühlen. Die größten Ausführungen für die Nassmahlung haben Durchmesser von 11 m bei 9000 kW   Antriebsleistung und die für Trockenmahlung 10 m und 5000 kW erreicht. In diesen Mühlen wird vorge-

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

137  brochenes oder auch nicht vorgebrochenes Gut auf obere Partikelgrößen von 1 bis 0,1 mm gemahlen. Rohrmühlen mit L/D-Verhältnis zwischen 2 und 8 finden vor allem in der Zementindustrie Anwendung. Die Bauarten mit großen L/D-Verhältnissen sind gewöhnlich als Mehrkammermühlen mit abgestuften Mahlkörperabmessungen für den Durchlaufbetrieb ausgebildet. Es ist aber auch in der Zementindustrie ein gewisser Trend zu Mühlen zu beobachten, die mit Klassierern im Kreislauf arbeiten und ein entsprechend kleineres L/D-Verhältnis aufweisen. In Folie 2.70.10 sind verschiedene Mahlsysteme für Zementklinker dargestellt. Die Antriebsleistungen der größten Rohrmühlen haben inzwischen 7000 kW erreicht. Wegen der vielen Einflussgrößen existieren praktisch keine Methoden zur Durchsatzbestimmung  von Trommelmühlen, die eine Auslegung mit befriedigender Genauigkeit ohne experimentelle Untersuchungen bzw. ohne Vergleich mit unter ähnlichen Bedingungen praktisch betriebenen Mühlen zulassen (siehe z. B. /6.2.//6.15//6.16//6.38//6.39/). Als Einflussgrößen, die den Durchsatz bestimmen, sind zu nennen: a) vom Aufgabegut bzw. Fertiggut abhängige Einflussgrößen: - Mahlbarkeit, - Partikelgrößenzusammensetzung des Aufgabegutes und des Fertiggutes,  b) vom gewählten Mühlentyp abhängige Einflussgrößen: - Typ und Abmessungen der Mühlen, - Art der Mühlenauskleidung, c) regelbare bzw. einstellbare Einflussgrößen: - Mahlkörperfüllungsgrad ϕMK , - Mahlkörpergrößen, - relative Mühlendrehzahl ψ, - Mahltrübedichte bzw. Feuchte des Mahlgutes, - Mahlgutfüllungsgrad ϕMG, - Trübespiegelniveau, - Trennwirkung des Kreislaufklassierers und umlaufende Last. Es ist sowohl theoretisch begründbar (siehe z.B. /6.2//6.15//6.16//6.38//6.39/ als auch empirisch bestätigt, dass die Leistungsaufnahme P einer Trommelmühle nicht dem Mühlenvolumen V = π D 2 L / 4  proportional ist, sondern dass sich der Durchmesser in stärkerem Maße als ∼ D² auswirkt. Für einen gegebenen Mühlentyp und vergleichbare Arbeitsbedingungen (d. h. Form und Größe der Mahlkörper, ϕKF = const., ϕGF = const., ψ = const. usw.) gilt /6.39/: P = k 2 ⋅ ρs, MK  ⋅ L ⋅ D

2+n2

= k 2 ⋅ ρs, MK  ⋅ VM ⋅ D n

2

( 2.141)

  gilt entsprechend: Für den Mühlendurchsatz m MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

138 2 + n1  = k 1 ⋅ ρs , MK  ⋅ L ⋅ D m

= k 1 ⋅ ρs, MK  ⋅ VM ⋅ D n

1

mit

( 2.142)

k 1, k 2

Konstanten, abhängig vom betrachteten Mühlentyp und für vergleichbare Prozessbedingungen n1 ≈ 0,5 und n 2 = 0,3 bis 0,5. Aus Gl.( 2.142) folgt:

 m VM

∝ D n1

( 2.143)

Folglich ergibt sich für die massebezogene Zerkleinerungsarbeit  Wm: Wm

=

P

 m



1 D

n1 − n 2

.

( 2.144)

Setzt man n1 - n2 = 0, so ist W m unabhängig vom Mühlendurchmesser; für n1 - n2 > 0 nimmt Wm mit steigendem D ab. Überschläglich lässt sich die Leistungsaufnahme einer Trommelmühle mit Stahlmahlkörpern wie folgt berechnen /6.21/, D und L in m: P =8,44 ⋅ k T ⋅ k ϕ ⋅ k ψ ⋅ L ⋅ D 2,5

in kW.

( 2.145)

k T ist ein vom Mühlentyp abhängiger Faktor: k T = 1,0 Nassüberlaufkugelmühle, k T = 1,13 Nassaustragskammermühle, k T = 1,25 Trockenaustragskammermühle k ϕ vom Mahlkörperfüllungsgrad ϕMK  abhängiger Faktor s. Folie 2.71.11 k ψ von der relativen Drehzahl ψ abhängiger Faktor

2.6.7 Planetenmühlen

⇒ Planetenkugelmühle25 siehe Folie 2.72 2.6.8 Schwingmühlen Schwingmühlen bestehen aus zylindrischen oder trogähnlich, elastisch aufgehängten Mahlgefäßen (1), die mittels eines Wuchtmassensystems (2) zu Kreisschwingungen bzw. Ellipsenschwingungen in einer senkrechten Ebene angeregt werden (Folie 2.73.1). Die Beschleunigung r .ω2  (r Amplitude, ω  Winkelgeschwindigkeit) beträgt vorwiegend das 3- bis 10-fache  der Schwerebeschleunigung. Im Mahl behälter befinden sich Mahlkörper (Kugeln oder Stäbe). Sie werden durch die Schwingungen des Gefäßes zu Wurfbewegungen veranlasst. Während der

  Dr.- Ing.habil . J. Tomas 1992 25  Schubert,

H., Handbuch der Mechanischen Verfahrenstechnik, S. 329 ff, Wiley-VCH

Weinheim 2003. MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

139 Wurfbewegung sind die Mahlkörper aufgelockert. Die Zerkleinerungswirkung wird vor allem durch Schlagbeanspruchung  zwischen den Mahlkör pern sowie zwischen Mahlkörpern und Gehäusewand am Ende der Wurfbewegung hervorgebracht. Die Umlaufbewegung der gesamten Mahlkörperfüllung entgegen der Drehrichtung des Antriebs und die Drehbewegungen der Mahlkörper um ihre eigene Achse sind dagegen von geringerem Einfluss auf die Mahlwirkung. Schwingmühlen für die satzweise Mahlung werden mit Mahlrauminhalten zwischen etwa 1 und 250 l gebaut. Der auf Blattfedern gelagerte Mahltrog wird vom elastisch gekoppelten Antrieb durch verstellbare Wuchtmassen zu Kreisschwingungen mit Frequenzen zwischen etwa 1000 und 1500 min -1 bei Amplituden von wenigen Millimetern erregt. Als Mahlkörper gelangen meist Porzellan- oder Stahlkugeln von etwa 10 mm Durchmesser zur Verwendung. Dann sollte das Aufgabegut etwa < 0,5 mm sein. Es kann trocken oder nass vorliegen und in Abhängigkeit von seinen stofflichen Eigenschaften und der Mahldauer auf < 10 µ m zerkleinert werden. Der Mahlkörperfüllungsgrad sollte etwa 80 %  betragen. Solche Mühlen werden z. B. für die Mahlung von Farben, Lacken , Glasuren, Metallpulvern und keramischen Massen eingesetzt (Folie 2.73.2). Für die kontinuierliche Schwingmahlung haben sich vor allem die Rohrschwingmühlen (Folie 2.73.3) eingeführt, die zwei, drei oder vier über- und nebeneinander horizontale Stahlrohre als Mahlräume besitzen. Diese führen wiederum Kreis- bzw. Ellipsenschwingungen in einer Vertikalebene aus. In Abhängigkeit von den anzustrebenden Mahlwirkungen sind die Mahlrohre  parallel oder hintereinander geschaltet. Der Ein- und Austritt des Mahlgutes erfolgt durch Stabroste oder Lochbleche an den Rohrenden. Mühlen dieser Art werden mit Rohrlängen bis zu etwa 4,5 m und 700 mm  Durchmesser gebaut. Die Schwingungszahlen der Rohre betragen 1000 bis 3000 min -1  und die Durchmesser der Bewegungsbahnen 3 bis 12 mm. Vom Gesichtspunkt der Mahlwirkung sind bei nicht zu grobem Mahlgut die höheren Drehzahlen bei entsprechend kleineren Amplituden vorzuziehen, weil dadurch bei konstanter Beschleunigung die Stoßzahl zwischen den Mahlkörpern je Zeiteinheit erhöht wird. Die Mahlkörperdurchmesser sollten mindestens 8 bis 12 mm betragen. Sie können 60 mm erreichen. Die Mahlkörperfüllungsgrade liegen zwischen 60 und 80 %. Kontinuierlich arbeitende Schwingmühlen werden für die Feinund Feinstmahlung eingesetzt (keramische Stoffe, Spezialzemente, Schleifmittel u.a.). Die Durchsätze liegen etwa zwischen 1 und 40 t/h.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

140

⇒ weitere Beispiele: Folie 2.74, Folie 2.75 2.6.9 Strahlmühlen Strahlmühlen bestehen aus einem Mahlraum, in den expandierende Gase mit hoher Geschwindigkeit eintreten Folie 2.76.1. Das Mahlgut wird vorwiegend durch einen Injektor in den Mahlraum eingetragen. Da beim Austritt der Gase aus den Düsen intensive Turbulenz entsteht, so sind die dort befindlichen Partikeln vielfältigen Stoßvorgängen unterworfen. In Abhängigkeit von der Prallenergie und der Stoßpartnerschaft kommt es dabei zum Zertrümmern bis zum Abreiben. Als Mahlmedien werden Druckluft oder - insbesondere für größere Einheiten - überhitzter Dampf verwendet. Die obere Partikelgröße des Aufgabegutes sollte < 0,1 bis 1 mm sein. Die erreichbare Feinheit des Fertiggutes liegt unter 10 µm. Verbreitet ist die Spiralstrahlmühle  (Micronizer). Sie besteht aus einem flachzylindrischen Mahlraum, in den das Trägergas aus mehreren am Umfang angeordneten Düsen eintritt (Folie 2.76.1). Die Düsen lassen sich im Winkel bereich von 30 bis 70 ° gegenüber der Tangente einstellen, wodurch eine Spiralströmung erzwungen und der Wandverschleiß vermindert werden. Der Trägergasdruck beträgt 0,5 bis 1,5 MPa, weshalb das expandierende Gas Überschallgeschwindigkeiten erreichen kann. Da die Umlaufströmung mit  MG = m  s   stark abgebremst wird, sollte die wachsender Mahlgutbeladung m  g < 0,3  den Betrag 0,3 nicht überschreiten. Gutbeladung µsg = ms / m Bei der in .1 dargestellten Bauart erfolgt die Abtrennung des Fertigproduktes erst in einem nachgeschalteten Zyklon. Bei anderen Bauarten ist der Zyklon unmittelbar zentrisch um die Austragöffnung des Mahlraumes an der Bodenseite angeordnet, so dass die Umlaufströmung des Mahlraumes weiter für die Trennung im Zyklon ausgenutzt wird. Spiralstrahlmühlen werden mit Mahlraumdurchmessern bis zu etwa 1000 mm gebaut, wobei sich Durchsätze bis zu mehreren t/h erzielen lassen. Größere Verbreitung hat auch die Umlaufstrahlmühle (Jet-O-Mizer) erlangt (Folie 2.76.2). Die Trägergasstrahlen, die in der unteren Umlenkzone unter einem Druck bis zu 2,5 MPa in den Mahlraum eintreten, erzwingen hier und im Steigrohr eine hochturbulente Strömung, in der das durch den Aufgabein jektor zugeführte Gut zerkleinert wird. Nach schroffer Umlenkung wird das Feingut mit der Trägerluft über eine Sichtzone ausgetragen.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

141 Bei den Fließbettgegenstrahlmühlen (Folie 2.76.3) werden zwei oder vier mit Gut beladene Injektorstrahlen Injektorstrahlen gegeneinander gegeneinander gerichtet. Mühlen dieser Art werden vor allem für harte, stark schleißende Materialien eingesetzt. Die Anwendung der Strahlmühlen insbesondere für die Feinstmahlung mittelharter Stoffe hat ständig zugenommen. Nachteilig ist der hohe spezifische Energieverbrauch. Vorteilhaft kann gegebenenfalls die durch Expansion des Trägergases Trägergases verursachte Temperaturverminderung der Mahlatmosphäre sein.

2.6.10 Scheibenmühlen Bei diesen Mühlen, die eine große Variationsbreite besitzen, erfolgt die Zerkleinerung im Spalt zwischen zwei scheibenartig ausgebildeten Arbeitsflächen, von denen die eine gewöhnlich feststeht, die andere rotiert. Hinsichtlich ihrer Ausbildung sind diese Mühlen vor allem variationsfähig in Bezug auf die geometrische Ausbildung der Scheiben (Form und Größe des Mahlraumes, Profil der Scheibenoberflächen) sowie der Umfangsgeschwindigkeit. Bei geringeren Geschwindigkeiten dominieren Druck- und Scherbeanspruchung, bei höheren Schlag- und Scherbeanspruchung. Im weiteren Sinne rechnen hierzu auch die Mahlgänge, die zu den ältesten Zerkleinerungsmaschinen überhaupt zählen. Sie bestehen aus zwei übereinander liegenden zylindrischen Mühlsteinen aus Hartgestein, von denen der obere oder untere rotiert. In die Stirnflächen sind Rillen von einigen Millimetern Tiefe (sog. Hauschläge) eingeschlagen. Früher waren Mahlgänge in der Getreide- und Ölmüllerei weit verbreitet, wo sie durch Walzenstühle verdrängt worden sind. Heute haben sie noch eine gewisse Bedeutung für solche Zerkleinerungsaufgaben wie Feinzerfasern von Holz, Kork und ähnlichen weichen Stoffen. Scheibenmühlen Scheibenmühlen im eigentlichen Sinne ähneln hinsichtlich ihrer Arbeitsweise den Mahlgängen, wobei die Scheiben horizontal oder auch vertikal angeordnet sein können. Die Scheiben bestehen aus Hartstahl und besitzen profilierte Oberflächen. Um die Profilierung an die Guteigenschaften anpassen zu können, sind die Scheiben bei einigen Bauarten austauschbar. Weiterhin lassen sich gewöhnlich die Scheibenabstände einstellen. Mühlen dieser Art laufen mit wesentlich höheren Drehzahlen als Mahlgänge. Sie dienen vor allem zum Zerfasern von Holz-, Papier-, Leder-, Gummi- und Kunststoffabfällen. Auch die sog. Kolloidmühlen, die für die Nassmahlung auf wenige µm Partikelgröße eingesetzt werden, sind vielfach Scheibenmühlen mit sehr engem, verstellbarem Spalt.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

142

2.6.11 Rührwerksmühlen Diese Mühlen bestehen aus einem vertikalen zylindrischen Mahlraum (4) mi t Kühlmantel (7), in dem eine fliegend gelagerte Rührwerkwelle rotiert und dadurch die Mahlkörperfüllung durch bewegt (Folie 2.77.1). Bei den schnell laufenden Rührwerksmühlen (Umfangsgeschwindigk (Umfangsgeschwindigkeit eit 8 bis 12 m/s) sind die Rührelemente scheibenartig ausgebildet (Folie 2.77.1). Die Mahlkörperfüllung beträgt etwa 80 %. Das Mahlgut wird in Form einer Sus pension unter in den Mahlraum eingedrückt und fließt oben über, wobei die Mahlkörper durch das zylindrische Sieb (5) zurückgehalten werden. Mahlkörperdurchmesser körperdurchmesser und -dichte sind der jeweiligen Mahlaufgabe auszupassen /6.21//6.22/. Da diese Mühlen vorwiegend für die Mahlung von etwa 100 µm auf 1 µm eingesetzt werden, kommen vor allem Kugeln zwischen etwa 1 und 0,5 mm aus Glas, Keramik, Stahl sowie auch Quarzerde in Betracht. Was die Mahlwirkung anbelangt, so werden noch unterschiedliche Auffassungen vortreten. Einerseits wird sie hauptsächlich auf Schlagbeanspruchung Schlagbeanspruchung zwischen aufeinander treffen den Mahlkörpern /6.22/, andererseits auf Scher beanspruchungen  beanspruchungen in Schichtenströmungen Schichtenströmungen der Mahlkörper zurückgeführt zurückgeführt /6.22/. Schnell laufende Rührwerksmühlen werden z. B. für die Feinstmahlung von Pigmenten, Dispersionsfarbstoffen, Pflanzenschutzmitteln und Pharmazeutika eingesetzt. Die Ausbildung langsam laufender Rührwerksmühlen (Umfangsgeschwindigkeit etwa 0,3 bis 1,5 m/s) ähnelt den schnell laufenden weitgehend. Die Rührelemente bestehen hier aus radialen Rührarmen an der Welle. Als Mahlkörper werden ebenfalls Kugeln benutzt, die aber im allgemeinen Durchmesser von etwa 3 bis 6 mm haben. Die Anwendungsgebiete ähneln denen der schnell laufenden. Mit Stahlkugeln haben sie auch verbreitet Einsatz für die Mahlung von Ferriten gefunden. gefunden.

⇒  weitere Beispiele, Ringspaltmühlen: Folie 2.78, Folie 2.79, Folie 2.80 und Folie 2.81

2.6.12 Scheren und Schneidmühlen Scheren und Schneidmühlen zerkleinern durch Scherung mittels scharf geschliffener Messer. Wichtige Anwendungsgebiete für die schneidende Beanspruchung sind die Zerkleinerung von Stahlschrott, Kabelschrott und KunstMVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

143 stoffen. In der Aufbereitung mineralischer Rohstoffe werden vor allem Tone durch schneidende Beanspruchung zerkleinert (Tonraspler, Tonhobel). Die Zerkleinerung von Stahlschrott geschieht vornehmlich durch Guillotinescheren, deren Aufbau Folie 2.77.1 zeigt. Im Scherenständer (1)  befinden sich der Messerschlitten (2) und der Niederhalter (3). Den unteren Teil des Ständers bildet der Messertisch (4), der den Untermesserhalter aufnimmt. Die Scherenmesser (9) und (10) sind am Messerschlitten (2) bzw. am Untermesserhalter befestigt. Der Arbeitszyklus einer Guillotineschere ist wie folgt:  Nach Beladen des Zuführbettes Zuführbettes (5) mit Schrott drückt der Schieber (6) diesen unter den Niederhalter (3). Der Niederhalter presst den Schrott für den ersten Schnitt zusammen. Nachfolgend wird der gepresste Schrottstrang weiter vorgeschoben und geschnitten. Während eines Schnitts presst der Niederhalter gleichzeitig den Schrott für den nachfolgenden. Für sehr sperrige Schrotte werden diese Scheren zusätzlich mit einer Vorverdichtungseinrichtung Vorverdichtungseinrichtung ausgerüstet. Die Schneidmühlen für Kunststoffe und ähnliche Materialien lassen sich in Strangschneider Strangschneider und Haufwerkschneider Haufwerkschneider gliedern /6.23/. Beim Strangschneider  (Folie 2.77.2) wird der Materialstrang (4) mittels Transportwalzen (5) der Schnittstelle zugeführt, wo er zwischen einem feststehenden Ständermesser Ständermesser (3) und der Messerwalze (1) geschnitten wird. In Folie 2.77.3 ist ein Haufwerkschneider  schematisch wiedergegeben. Er eignet sich zum Zerkleinern von Kunststoffen, aber auch von Kabelschrott. Das Gut wird zwischen dem Rotormesser (2) und dem Ständermesser (3) zerkleinert (Rotorumfangsgeschwindigkeit zwischen 10 und 15 m/s). Das genügend genügend zerkleinerte Gut verlässt durch das Sieb (7) den Prozessraum.

2.6.13 Sonstige Maschinen zur mechanischen Zerkleinerung In den bisher besprochenen Zerkleinerungsmaschinen werden die zur Zerkleinerung erforderlichen Energiebeträge an mindestens einer Festkörperfläche auf die zu zerkleinernden Partikel übertragen. Neben diesen Beanspruchungsarten ist die Energieeinleitung durch das umgebende Medium für die Zerkleinerungstechnik gegenwärtig nahezu bedeutungslos. Die Zerkleinerung von Agglomeraten Agglomeraten geringerer Festigkeit durch Scherkräfte in Turbulenzfeldern oder Scherströmungen besitzt eine gewisse technische Bedeutung /6.24/. Vor mehr als 10 Jahren sind umfangreiche Untersuchungen durchgeführt elektrohydraulischen Effekt der Zerkleinerungstechnik zu worden, um den elektrohydraulischen MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

144 erschließen /6.25/. Dabei wird das zu zerkleinernde Gut von der Schallwellenfront einer elektrischen Entladung unter Wasser beansprucht. Die bei diesem Prozess erforderliche spezifische Zerkleinerungsarbeit liegt aber über der in herkömmlichen Zerkleinerungsmaschinen. Obwohl Weiterentwicklungen denkbar sind, so ist jedoch nicht zu erwarten, dass die elektrohydraulische Zerkleinerung wesentliche Bedeutung erlangen wird. In neuerer Zeit ist der SNYDER-Prozess Gegenstand intensiver Untersuchungen /6.26/. Hierbei befindet sich das zu zerkleinernde Gut in einer Druckkammer, aus der sich ein auf 0,6 bis 5 MPa komprimiertes Gas (Luft, Dampf) plötzlich entspannen kann, wobei das Gut durch ein Rohr in eine Austragskammer transportiert wird. Das Fluid erreicht bei der Entspannung Schall- bis Überschallgeschwindigkeit. Die Zerkleinerungswirkung wird vor allem den bei der Entspannung auftretenden Stoßwellenfronten und den Partikelstößen (Prall) zugeschrieben. Letztere werden noch dadurch begünstigt, dass man bei den üblichen Zwillings- bzw. Vierlingsanordnungen die aus jeweils zwei Kammern expandierenden Medien aufeinander treffen lässt.

2.7 Thermisc he Zerkl Zerkl einerung

Bei der thermischen Zerkleinerung können die für die Brucheinleitung erforderlichen und unter Wärmeeinwirkung entstehenden Spannungen Spannungen durch mehrere Effekte bedingt sein, und zwar auf Grund unterschiedlicher Wärmedehnung in den Partikeln bei Vorhandensein eines genügend hohen Temperaturgradienten, durch verschiedene Wärmeausdehnungskoeffizienten der das Partikel aufbauenden Phasen oder durch die bei Phasenübergängen eines Minerals auftretenden Volumenänderungen. Weiterhin können sie durch Ausscheiden von Kristallwasser, Kristallwasser, Erwärmen von Einschlüssen (flüssig (flüssig oder gasgasförmig) und chemische Reaktionen verursacht sein /6.25/. Sehr wirksam für die Spannungserzeugung ist z. B. der bei 573°C im Quarz auftretende Phasenwechsel ( α-Quarz in β-Quarz). Die Wärmewirkungen entstehen bei der direkten Wärmezu- oder -abfuhr, durch eine energiereiche Strahlung, einen elektrischen Strom oder elektromagnetische Felder /6.25/. So ist manchmal die thermische Zerkleinerung durch schnelles Erhitzen, das zum Dekrepitieren führen kann (z. B. für Baryt und Fluorit), oder durch Erhitzen mit anschließendem Abschrecken Abschrecken in Wasser möglich. Der energetische Wirkungsgrad dieser Prozesse ist allerdings gering.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Partikeltechnologie Zerkleinerung Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

145 Die Erzeugung von Wärmespannungen mit Hilfe einer energiereichen Strahlung (z. B. Laser) kann vielleicht für die Gewinnung, Ver- und Bearbeitung in der Werksteinindustrie Bedeutung erlangen, wohl aber kaum für die Zerkleinerungstechnik. Die Methoden der elektrothermischen Zerkleinerung waren insbesondere im Zusammenhang mit der Zerkleinerung großer Stücke in Tagebauen Gegenstand intensiver Untersuchungen /6.25/. Die Erzeugung von Wärmspannungen kann zunächst durch elektrische Ströme geschehen, und zwar vor allem mit Hilfe des so genannten Wärmedurchschlages, der bei Körpern mit geringer, aber mit der Temperatur ansteigender elektrischer Leitfähigkeit eintreten kann (Niederfrequenz- oder HochfreuenzKontaktmethode). Weitere Möglichkeiten zur Erzeugung von Wärmespannungen bestehen in elektromagnetischen Wechselfeldern (Hochfrequenz-Kondensator-Methode, Mikrowellenmethode, Hochfrequenz-Induktions-Methode) /6.25/.

MVT_e_2neu Mechanische Verfahrenstechnik - Part ikeltechnologie Zerkleinerung Prof. Dr. J. Tomas, 16.03.2014

View more...

Comments

Copyright ©2017 KUPDF Inc.
SUPPORT KUPDF