MPSCAI-2010 Thomas Bindel.pdf

February 1, 2018 | Author: iuliaaaa24 | Category: Programmable Logic Controller, Systems Engineering, Control Theory, Systems Theory, Industries
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Thomas Bindel | Dieter Hofmann Projektierung von Automatisierungsanlagen

Aus dem Programm

Automatisierungstechnik

Sensoren für Prozess- und Fabrikautomation von S. Hesse und G. Schnell Regelungstechnik für Ingenieure von M. Reuter und S. Zacher Regelungstechnik I und II von H. Unbehauen Automatisieren mit SPS – Theorie und Praxis von G. Wellenreuther und D. Zastrow Automatisieren mit SPS Übersichten und Übungsaufgaben von G. Wellenreuther und D. Zastrow Steuerungstechnik mit SPS von G. Wellenreuther und D. Zastrow Lösungsbuch Steuerungstechnik mit SPS von G. Wellenreuther und D. Zastrow Bussysteme in der Automatisierungs- und Prozesstechnik von B. Wiedemann und G. Schnell Übungsbuch Regelungstechnik von S. Zacher

www.viewegteubner.de

Thomas Bindel | Dieter Hofmann

Projektierung von Automatisierungsanlagen Eine effektive und anschauliche Einführung Mit 203 Abbildungen und 22 Tabellen STUDIUM

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Das in diesem Werk enthaltene Programm-Material ist mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Die Autoren übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieses Programm-Materials oder Teilen davon entsteht. Höchste inhaltliche und technische Qualität unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Auslieferung unserer Bücher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Einschweißfolie besteht aus Polyäthylen und damit aus organischen Grundstoffen, die weder bei der Herstellung noch bei der Verbrennung Schadstoffe freisetzen. Autoren und Verlag haben alle Programme, Verfahren, Schaltungen, Texte und Abbildungen in diesem Buch mit großer Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Eine Haftung der Autoren oder des Verlags, gleich aus welchem Rechtsgrund, ist ausgeschlossen.

1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten © Vieweg +Teubner | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Reinhard Dapper | Maren Mithöfer Vieweg+Teubner ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.viewegteubner.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Printed in the Netherlands ISBN 978-3-8348-0386-3

Vorwort Anliegen des vorliegenden Buches ist eine effektive und anschauliche Einführung in die Projektierung von Automatisierungsanlagen. Unter dem Begriff „Projektierung“ ist die Gesamtheit aller Planungs- und Entwurfsmaßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung eines Automatisierungsprojektes für die im vorliegenden Buch betrachteten industriellen Prozesse zu verstehen, welche alle Ingenieurtätigkeiten für Planung und Entwurf von Automatisierungsanlagen bezüglich der hier betrachteten Prozessklassen umfasst. Daraus ist ersichtlich, dass die Projektierung von Automatisierungsanlagen ein komplexes Arbeitsfeld ist, in dem mehrere Fachgebiete – allen voran Elektrotechnik, Automatisierungstechnik, Verfahrenstechnik und Ökonomie – zusammenwirken. Das vorliegende Lehrbuch wendet sich daher an Studenten von Fachhochschulen und Universitäten, die den Fachrichtungen Elektrotechnik, Automatisierungstechnik, Energietechnik, Verfahrenstechnik, Chemieingenieurwesen, Wirtschaftsingenieurwesen bzw. angewandte Informatik angehören. Nicht zuletzt ist es auch für Ingenieure in der Praxis geeignet, die sich das Fachgebiet neu erschließen möchten. Diesem Anliegen folgend, werden schwerpunktmäßig die wesentlichen Schritte und Abläufe bei der Planung und Durchführung von Automatisierungsprojekten beschrieben. Dazu werden ausgehend vom allgemeinen Aufbau einer Automatisierungsanlage die Kernprojektierung, der Entwurf von Regelkreisen und binären Steuerungen sowie die Projektierung der Hilfsenergieversorgung und die Maßnahmen zur Prozesssicherung erläutert, wobei Darstellungen zum Einsatz von CAE-Systemen sowie zur Angebotserstellung und -kalkulation das Themengebiet abrunden. Besonderer Wert wurde dabei auf die Veranschaulichung grundlegender Prinzipien gelegt, d. h. die Autoren haben wegen der enormen thematischen Breite – wo sinnvoll erscheinend – bewusst Abstriche am Umfang vorgenommen, um Leserinnen und Lesern das Verständnis wichtiger Zusammenhänge zu erleichtern. Vorkenntnisse zu Aufbau und Funktionsweise von Automatisierungsanlagen sowie Automatisierungsmitteln bzw. zum Regelungs- und Steuerungsentwurf werden zwar nicht generell vorausgesetzt, erleichtern aber das Verständnis. Wird aus DIN-Normen zitiert, so erfolgt die Wiedergabe mit Erlaubnis des DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Maßgebend für das Anwenden der DIN-Norm ist deren Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der Beuth Verlag GmbH, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin, erhältlich ist. Die Autoren danken allen Kolleginnen und Kollegen – insbesondere Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Joachim Zander – sowie Studierenden, die das Zustandekommen des vorliegenden Buches durch zahlreiche Diskussionen, wertvolle Hinweise sowie Studien- bzw. Diplomarbeiten tatkräftig unterstützt haben. Besonderer Dank gilt Herrn Horst Bindel für die kritische Durchsicht des Manuskripts sowie dem Verlag Vieweg+Teubner für die stets konstruktive Zusammenarbeit. Leipzig, Dresden, im März 2009

Thomas Bindel Dieter Hofmann

Inhaltsverzeichnis 1 Einführung ................................................................................................................. 1 2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten ................................................. 5 3 Kernprojektierung .................................................................................................... 14 3.1 Projektierungsumfang und Einordung der Kernprojektierung ......................... 14 3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage ........................................ 15 3.2.1 Basisstruktur ............................................................................................ 15 3.2.2 Typische Strukturvarianten ...................................................................... 18 3.3 Kernprojektierungsinhalt.................................................................................. 21 3.3.1 Überblick .................................................................................................. 21 3.3.2 Einordnung und Inhalt von Lastenheft sowie Grund- bzw. Verfahrensfließschema ............................................................................................. 23 3.3.2.1 Allgemeines ................................................................................ 23 3.3.2.2 Lastenheft ................................................................................... 23 3.3.2.3 Grund- bzw. Verfahrensfließschema .......................................... 24 3.3.3 Basic-Engineering.................................................................................... 31 3.3.3.1 R&I-Fließschema ........................................................................ 31 3.3.3.2 EMSR Stellenliste sowie EMSR-Stellen- und Signalliste ........... 42 3.3.3.3 Auswahl und Dimensionierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen sowie Prozessorik und Bussystemen .................................. 44 3.3.3.4 EMSR-Stellenblatt sowie Verbraucherstellenblatt ...................... 62 3.3.3.5 Leittechnisches Mengengerüst ................................................... 65 3.3.3.6 EMSR-Geräteliste, Verbraucherliste sowie Armaturenliste ........ 86 3.3.3.7 Angebotserarbeitung .................................................................. 88 3.3.4 Detail-Engineering ................................................................................... 88 3.3.4.1 Allgemeines ................................................................................ 88 3.3.4.2 Pflichtenheft ................................................................................ 88 3.3.4.3 Verkabelungskonzept ................................................................. 90 3.3.4.4 EMSR-Stellenplan: Aufbau, Betriebsmittel-, Anschluss- bzw. Signalkennzeichnung sowie Potentiale und Querverweise ........ 90 3.3.4.5 Kabelliste sowie Klemmenplan ................................................. 108 3.3.4.6 Schaltschrank-Layout ............................................................... 110 3.3.4.7 Montageanordnung (Hook-up).................................................. 113 3.3.4.8 Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf sowie Erarbeitung der Anwendersoftware .................................................................... 113 3.3.4.9 Kennzeichnung von Unterlagen................................................ 113

Inhaltsverzeichnis

VII

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung .............................................................. 115 3.4.1 Einordnung in die Kernprojektierung ..................................................... 115 3.4.2 Entwurf einschleifiger Regelkreise mit PID-Reglern.............................. 116 3.4.3 Abgrenzung kontinuierlicher Prozesse zu ereignisdiskreten Prozessen ......................................................................................................... 143 3.4.4 Entwurf binärer Steuerungen................................................................. 144 3.4.5 Fachsprachen für die Implementierung von Regel- bzw. Steueralgorithmen auf speicherprogrammierbarer Technik ................................... 165 3.4.5.1 Allgemeines .............................................................................. 165 3.4.5.2 Fachsprachen nach DIN EN 61131-3 ....................................... 166 3.4.5.3 Konfigurier- und Parametrierwerkzeuge ................................... 170 4 Projektierung der elektrischen, pneumatischen und hydraulischen Hilfsenergieversorgung ............................................................................................................ 173 4.1 Einführende Bemerkungen............................................................................ 173 4.2 Basisstruktur der Hilfsenergieversorgung ..................................................... 173 4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung ............................................................... 174 4.3.1 Bereitstellung und Verteilung................................................................. 174 4.3.2 Bedarfsermittlung................................................................................... 175 4.3.3 Zuschaltung ........................................................................................... 177 4.3.4 Systematisierung ................................................................................... 178 4.4 Pneumatische Hilfsenergieversorgung ......................................................... 180 4.4.1 Bereitstellung und Verteilung................................................................. 180 4.4.2 Verknüpfung von pneumatischer sowie elektrischer Hilfsenergieversorgung ............................................................................................. 182 4.5 Hydraulische Hilfsenergieversorgung ........................................................... 184 5 Maßnahmen zur Prozesssicherung ...................................................................... 186 5.1 Überblick........................................................................................................ 186 5.2 Basisansatz nach VDI/VDE 2180 .................................................................. 186 5.3 Bemerkungen zum Explosionsschutz ........................................................... 187 5.4 Schutzgrade elektrischer Automatisierungsmittel ......................................... 189 6 Einsatz von CAE-Systemen .................................................................................. 191 6.1 Einführung ..................................................................................................... 191 6.2 Typischer Funktionsumfang .......................................................................... 191 6.2.1 Überblick ................................................................................................ 191 6.2.2 Funktionsumfang für das Basic-Engineering ......................................... 192 6.2.3 Funktionsumfang für das Detail-Engineering ........................................ 193

VIII

Inhaltsverzeichnis

7 Kommerzielle Aspekte .......................................................................................... 196 7.1 Einführung ..................................................................................................... 196 7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten ............................ 196 7.2.1 Allgemeines Kalkulationsmodell ............................................................ 196 7.2.2 Kalkulation von Hard- und Software ...................................................... 198 7.2.3 Kalkulation des Engineerings ................................................................ 198 7.2.4 Kalkulation von Montage und Inbetriebsetzung .................................... 199 7.2.5 Kalkulation von Nebenkosten ................................................................ 200 7.2.6 Kontrollmöglichkeit bezüglich Aufteilung des Komponenten-Nettopreises auf die Hauptkomponenten ....................................................... 200 7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau ................................ 202 7.3.1 Projektaquisition .................................................................................... 202 7.3.2 Angebotsaufbau..................................................................................... 204 7.3.2.1 Prinzipielles ............................................................................... 204 7.3.2.2 Allgemeiner Teil ........................................................................ 205 7.3.2.3 Kommerzieller Teil .................................................................... 207 7.3.2.4 Technischer Teil........................................................................ 208 Literaturverzeichnis .................................................................................................... 209 Anhang ....................................................................................................................... 212 Anhang 1: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponente „Informationserfassung“ .................................................................. 212 Anhang 2: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponente „Informationsausgabe“ .................................................................... 215 Anhang 3: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponente „Informationsverarbeitung“ .............................................................. 217 Anhang 4: Beispiel eines Verkabelungskonzepts ................................................ 221 Anhang 5: Beispiel zur örtlichen Gliederung („Ortswelt“) ..................................... 223 Anhang 6: Ausgewählte Befehle der Fachsprache „AWL“ ................................... 224 Anhang 7: Ausgewählte Symbole der Fachsprache „AS“ .................................... 225 Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens nach Zander ........................................................................................ 226 Anhang 9: Empfehlung zur Angebotsgliederung .................................................. 234 Index ........................................................................................................................... 237

1 Einführung Die Projektierung moderner Automatisierungsanlagen für industrielle Prozesse erfordert ein fundiertes Fachwissen, welches die Inhalte unterschiedlicher Ingenieurdisziplinen umfasst und damit hohe Anforderungen an den Projektierungsingenieur stellt. Der Erwerb dieses hochgradigen Fachwissens ist mit einer schrittbasierten Herangehensweise anschaulich und effektiv möglich. So gelingt es, in vertretbarer Zeit die notwendigen Fähigkeiten für die Ausführung und Realisierung von Projektierungsaufgaben aus der Verfahrenstechnik und verwandten industriellen Feldern zu entwickeln. Zunächst soll die Vielfalt industrieller Prozesse näher betrachtet werden. Am Beispiel einer Brauerei, deren Produkt den interessierten Lesern sicherlich bekannt und in angenehmer Weise bereits begegnet ist, soll diese Vielfalt veranschaulicht werden. Der Brauprozess beginnt im Sudhaus (Bild 1–1).

Bild 1–1: Teilansicht des Sudhauses einer modernen Brauerei [1] Dieser Prozessabschnitt ist durch für verfahrenstechnische Prozesse typische Komponenten wie Behälter und Rohrleitungen geprägt, die im Fall des Brauprozesses die wesentliche apparatetechnische Basis bilden. Ein weiterer Prozessabschnitt umfasst Flaschentransport und -abfüllung (Bild 1–2).

2

1 Einführung

Bild 1–2: Teilansicht der Abfüllanlage (Flaschentransport und Abfüllung) [1] Diese beiden unterschiedlichen Prozesse repräsentieren für das Projektieren von Automatisierungsanlagen wesentliche Basisbeispiele und können gleichzeitig auch Möglichkeiten zur Strukturierung industrieller Prozesse aufzeigen. Ausgehend davon, dass im Sudhaus zum Beispiel Prozessgrößen wie Temperatur und Füllstand geregelt werden, liegt es nahe, darin einen kontinuierlichen Prozess zu sehen. Die anschließenden Tätigkeiten, wie z. B. Abfüllen des Bieres in Flaschen und Büchsen, sind typische Stückgut- oder ereignisdiskrete Prozesse. Bild 1–3 zeigt diese beiden sogenannten Prozessklassen als Möglichkeit einer sinnvollen Klassifikation industrieller Prozesse, auf die in den weiteren Ausführungen immer wieder Bezug genommen werden wird. Industrielle Prozesse

Kontinuierliche Prozesse

Ereignisdiskrete Prozesse

Bild 1–3: Klassifikation industrieller Prozesse Für beide Prozessklassen muss jeweils die Anlagentechnik mit entsprechenden Messeinrichtungen (Sensorik) sowie Stelleinrichtungen (Aktorik) ausgerüstet werden.1 Die Sensorsignale sind die Basis für die Informationsverarbeitung mittels Regel- bzw. Steueralgorithmen, die im Standardfall in Kompaktreglern, speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) bzw. Prozessleitsystemen (PLS) implementiert sind. Diese infor1 Messeinrichtungen (Sensorik) bestehen aus Sensoren und Wandlern, Stelleinrichtungen (Aktorik) aus Stellantrieben und Stellgliedern.

1 Einführung

3

mationsverarbeitenden Systeme, wozu auch separate Wandler wie Potentialtrenner oder Rechenglieder gehören, werden unter dem Begriff „Prozessorik“ zusammengefasst. Die von den Regel- bzw. Steueralgorithmen berechneten Stellsignale beaufschlagen die Stelleinrichtungen und realisieren dadurch die erforderlichen Stelleingriffe. Bild 1–4 zeigt diese für alle zu automatisierenden kontinuierlichen bzw. ereignisdiskreten Prozesse anwendbare Struktur. Gegeben:

Produktionsziel: Rohstoffe

Eingangsstoffe bzw. Eingangsenergien

u

z (Störgrößen)

Produkte Ausgangsstoffe bzw. Ausgangsenergien

Prozess (Strecke)

y

(kontinuierlich bzw. ereignisdiskret)

(Eingangsgrößen)

Informationsausgabe (Stelleinrichtungen)

(Ausgangsgrößen)

Informationserfassung (Messeinrichtungen)

Informationsverarbeitung (Prozessorik sowie Bedien- und Beobachtungseinrichtungen)

Automatisierungsanlage Bild 1–4: Kopplung von Prozess und Automatisierungsanlage Die Kommunikation innerhalb der Automatisierungsanlage basiert auf Einheitssignalen bzw. Bussystemen (vgl. Abschnitt 3.2.1). Die wesentlichen Projektierungsleistungen umfassen also die erforderliche Instrumentierung des verfahrenstechnischen Prozesses mit Mess- bzw. Stelleinrichtungen, den Einsatz darauf abgestimmter konfigurierter Prozessorik sowie eine einheitssignal- und/oder auch busbasierte Datenkommunikation. Neben diesen Basisaufgaben sind für die Gesamtlösung Anforderungen weiterer Aufgabenkategorien zu berücksichtigen (Bild 1–5). Das vorliegende Buch hat demnach das Ziel, dem Auszubildenden aber auch dem bereits in der Praxis Tätigen die aus den im Bild 1–5 genannten Anforderungen resultierende fachliche Vielfalt näher zu bringen und ihre systematische Anwendung auf die

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1 Einführung

Projektierung einer Automatisierungsanlage für kontinuierliche sowie ereignisdiskrete Prozesse zu vermitteln.

Aufgabenkategorien Regelungs- und Steuerungstheorie

Automatisierungsmittel

Projektdokumentation

Hilfsenergieversorgung, Prozesssicherung, kommerzielle Aspekte

Informatik

Ermittlung des Bedarfs an elektrischer, pneumatischer und hydraulischer Hilfsenergie sowie Projektierung der Hilfsenergieverteilung,

Nutzung von CAE-Mitteln für die Projektierung sowie den Entwurf von Regelungen bzw. Steuerungen,

Anforderungen Entwurf u. Inbetriebnahme von Regelungen bzw. Steuerungen,

Auswahl und Dimensionierung von Sensorik, Aktorik, Prozessorik,

Anwendung von Standardentwurfsverfahren der Regelungsund Steuerungstheorie

Auswahl von Bussystemen einschließlich zugehöriger Hardwarekomponenten

Erarbeitung von Lasten-/Pflichtenheft, Erarbeitung von Verfahrens- sowie R&I-Fließschemata und EMSRStellenplänen usw.

Entwurf von Prozesssicherungsstrukturen, Angebotserstellung

Nutzung von echtzeitfähigen Betriebssystemen in SPS und PLS, Entwicklung der Anwendersoftware

Projektierung von Automatisierungsanlagen Bild 1–5: Aufgabenkategorien und daraus resultierende Anforderungen für die Projektierung von Automatisierungsanlagen

2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten In der Projektierungspraxis ist ein im Wesentlichen aus drei nacheinander abzuarbeitenden Phasen bestehender Projektablauf zu erkennen: x Akquisitionsphase (Bild 2–1), x Abwicklungsphase (Bild 2–2) und x Servicephase (Bild 2–3). In der Akquisitionsphase soll sich die Projektierungsfirma (Auftragnehmer) darum bemühen, den Zuschlag für den Auftrag zu erhalten, wobei die Kalkulation des Automatisierungsprojektes von ausschlaggebender Bedeutung ist. Bild 2–1 veranschaulicht diesen Sachverhalt und zeigt, wie der Projektierungsingenieur in die Projektaquisition eingebunden ist. Projektstart

Anfrage/Ausschreibung vom Auftraggeber

• Anfrage wird oft als Lastenheft formuliert (siehe Abschnitt

3.3.2.2) und häufig auch als Ausschreibung (Aufgabenstellung) bezeichnet.

• Angebotserstellung im wesentlichen durch Fachabteilungen Basic-Engineering/Angebot vom Auftragnehmer

(Projektierungsingenieure) unter Mitwirkung von Vertrieb und Fremdfirmen,

• Angebotsabgabe durch Vertrieb Auftragsvergabe

• Vergabeverhandlung beim Kunden (Auftraggeber) durch Vertrieb und Fachabteilungen

1

Bild 2–1: Akquisitionsphase Die Abwicklungsphase (Bild 2–2) erfordert das exakte Zusammenspiel zwischen den für Vertrieb und Abwicklung verantwortlichen Bearbeitern (z. B. Vertriebsingenieure, Projektierungsingenieure, Kaufleute) sowie die erfolgreiche Lösung zugeordneter Aufgaben.

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2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten 1

Detail-Engineering

• Erarbeitung von Pflichtenheft (Abschnitt. 3.3.4.2) und weiteren Projektierungsunterlagen (Abschnitt 3.3.4.3–3.3.4.9) durch Projektierungsingenieure

Fertigung



Anstoß, Überwachung und Abnahme durch Projektleitung

Factory-Acceptance-Test (Werksabnahme)



Beteiligte: Projektleitung zusammen mit dem Kunden unter Mitwirkung des Vertriebs

Montage/IBS *)

Site Acceptance Test (Probebetrieb/Abnahme)

2

• Anstoß, Überwachung und Abnahme durch Projektleitung



Beteiligte: Projektleitung zusammen mit dem Kunden unter Mitwirkung des Vertriebs

*) IBS: Inbetriebsetzung

Bild 2–2: Abwicklungsphase Bild 2–1 bzw. Bild 2–2 zeigen also, dass sich wesentliche Projektierungsleistungen jeweils auf Akquisitions- bzw. Abwicklungsphase verteilen. Das erscheint zunächst ungewöhnlich, erklärt sich aber aus der Tatsache, dass ein bestimmter Teil der Projektierungsleistungen bereits in der Akquisitionsphase zu erbringen ist. Nur so ist es möglich, den erforderlichen Liefer- und Leistungsumfang betriebswirtschaftlich richtig zu kalkulieren und das leittechnische Mengengerüst (siehe Abschnitt 3.3.3.5), welches Art und Anzahl x

zu realisierender Automatisierungsfunktionen (kenntlich gemäß Kennzeichnungssystematik nach DIN 19227)2 einschließlich

x

dafür benötigter Automatisierungsgeräte (Sensorik, Aktorik und Prozessorik einschließlich Bedien- und Beobachtungseinrichtungen) bzw. Bussysteme sowie

x zu verarbeitender Analog- und Binärsignale umfasst, in dem erforderlichen Umfang zu berücksichtigen. Meist wird dieses Mengengerüst aus dem R&I-Fließschema (siehe Abschnitt 3.3.3.1) abgeleitet, das entweder vom Auftraggeber bereits vorgegeben ist oder anhand des Verfahrensfließschemas (siehe Abschnitt 3.3.2.3) vom Auftragnehmer, d. h. von den Projektierungsingenieuren, erst zu erarbeiten ist. Aus dem R&I-Fließschema lassen sich gleichzeitig die 2 Die Kennzeichnungssystematik nach DIN 19227 wird im Abschnitt 3.3.3.1 detailliert erläutert.

2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

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erforderlichen Automatisierungsstrukturen (z. B. Ablauf- oder Verknüpfungssteuerung, einschleifiger Regelkreis, Kaskadenregelung, Split-Range-Regelung, Mehrgrößenregelung etc.) ableiten und in sogenannten Funktionsplänen3 dokumentieren. Schließlich werden in der Servicephase die für einen erfolgreichen Dauerbetrieb wesentlichen Wartungs- und Instandhaltungsleistungen für die errichtete Automatisierungsanlage definiert und erbracht. 2 Service

• Regulierung von Gewährleistungsansprüchen, • Wartung und Instandhaltung, • Anlagenmodernisierung (Softwareupdates, Austausch älterer Geräte, z. B. Rechner)

Ende

Bild 2–3: Servicephase Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Projektierung einer Automatisierungsanlage umfangreiche Aktivitäten zur Projektaquisition, der sich anschließenden Projektierung und technischen Realisierung sowie der Montage, Inbetriebsetzung, Wartung und Instandhaltung erfordert. Die projektausführende Firma wird folglich mit einer komplexen Planungs- und Koordinierungsaufgabe konfrontiert, die sie sowohl funktionell als auch ökonomisch erfolgreich lösen muss. Zum besseren Verständnis wird daher im Bild 2–4 der für die Projektierung erforderliche Planungs- und Koordinierungsinhalt zusammengefasst. Aus den bisherigen Erläuterungen ist erkennbar, dass unter dem Begriff „Projektierung“ die Gesamtheit aller Planungs-, Entwurfs- und Koordinierungsmaßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung eines Automatisierungsprojektes zu verstehen ist, welche alle Ingenieurtätigkeiten für Planung und Entwurf von Automatisierungsanlagen (vgl. Bild 1–5 und Bild 2–4) für die hier betrachteten Prozessklassen (vgl. Bild 1–3) umfasst. Die weiteren Ausführungen beziehen sich vorrangig auf das in Akquisitions- bzw. Abwicklungsphase zu erbringende Basic- bzw. Detail-Engineering (vgl. Abschnitt 3.3.3 bzw. Abschnitt 3.3.4), weil darin Hauptbetätigungsfelder für Projektierungsingenieure liegen.

3 Oft auch als Regelschema bezeichnet und nicht zu verwechseln mit der häufig zur Konfiguration und Parametrierung von speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) verwendeten Fachsprache „FUP“!

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2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

Planungs – und Koordinierungsinhalt

Kommerzielle Planung

Technische Planung

Termine

Ressourcen

Projektmitarbeiter

Prüffeld

Kalkulation

Fertigung

Bild 2–4: Übersicht zum Planungs- und Koordinierungsinhalt Wie Bild 2–1 und Bild 2–2 zeigen, bilden Basic- und Detail-Engineering den Kern des Projektierungsablaufs. Dieser Kern kann folglich auch mit dem Begriff „Kernprojektierung“ treffend bezeichnet werden. Bild 2–5 zeigt den Kernprojektierungsumfang, aus dem gleichzeitig Aufgaben hervorgehen, die der Projektierungsingenieur bei der Kernprojektierung bearbeitet. Kernprojektierung Basic-Engineering

Detail-Engineering

x Erarbeitung R&I-Fließschema, x Auswahl und Dimensionierung von Sensorik/Aktorik/Prozessorik/Bussystemen, x Erarbeitung des leittechnischen Mengengerüstes, x Erarbeitung von Projektierungsunterlagen als Angebotsbasis, x Angebotserarbeitung

x Erarbeitung des Pflichtenheftes, x Erarbeitung von EMSR-Stellenplänen und weiteren Projektierungsunterlagen, x Entwurf der Regel- bzw. Steueralgorithmen, x Erarbeitung der Anwendersoftware

Kernprojektierungsumfang Bild 2–5: Kernprojektierungsumfang Die Inhalte der Kernprojektierung werden im Folgenden detailliert und anwendungsbezogen erläutert, wobei die vorgestellten Prozessbeispiele zum besseren Verständnis beitragen sollen. Diese Prozessbeispiele sind Komponenten des Experimentierfeldes „Prozessautomatisierung“, das die Autoren im Zusammenwirken mit den Firmen

2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

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Festo Didactic und Siemens AG als experimentelle Basis für die Ausbildung im Fachgebiet „Prozessautomatisierung“ entwickelt haben und u. a. auch für den anschaulichen Wissenserwerb zur Projektierung nutzen.4 Für die Auswahl der Prozessbeispiele wurde von der bereits in der Einführung getroffenen Einteilung industrieller Prozesse in kontinuierliche und ereignisdiskrete (vgl. Bild 1–3) ausgegangen. So konnten mit der sogenannten Kleinversuchsanlagentechnik5 (Bild 2–6) die Prozesskomponenten Füllstands-, Durchfluss- und Temperaturregelung als typische Module für die kontinuierliche Verfahrenstechnik entwickelt werden. Diese Module wurden mit modernen Automatisierungsstrukturen – basierend auf „klassischer“ Verdrahtung, moderner Feldbustechnik wie „Profibus DP“ und „AS-Interface“ – sowie mit einem WinCC-basierten Prozessleitsystem ausgerüstet.

Füllstand

Durchfluss Temperatur PCS7-compact

PCS7-compact z.B. Füllstand Operatorpanel OP7

Bild 2–6: Kleinversuchsanlagentechnik des Experimentierfeldes „Prozessautomatisierung“ Hinsichtlich der Aufgabenstellung „Projektierung“ wurden für diese Kleinversuchsanlagentechnik Feldinstrumentierung, Prozessleitsystem sowie die zugehörigen Kommunikationssysteme projektiert und realisiert. Auf diese Weise ist die Kleinversuchsanlagentechnik für Regelstreckenidentifikation, darauf aufbauenden Reglerentwurf sowie Regelkreisinbetriebnahme nutzbar. Das experimentelle Arbeiten wird beispielhaft anhand der WinCC-Bedienoberflächen im Bild 2–7 gezeigt.

4 Das Experimentierfeld „Prozessautomatisierung“ befindet sich am Institut für Automatisierungstechnik der Technischen Universität Dresden und wird in der Ausbildung auch vom Fachbereich „Elektrotechnik“ der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) genutzt. 5 Die Kleinversuchsanlagentechnik wird an der TU-Dresden sowie der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (FH) im Lehrbetrieb genutzt und wird durch die Firma Festo Didactic unter dem Begriff „PCS – Process Control System“ angeboten bzw. vertrieben.

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2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

Führungsverhalten Schwingen an der Stabilitätsgrenze Bild 2–7: Durchflussregelkreis – Führungsverhalten und Schwingen an der Stabilitätsgrenze Eine weitere wirkungsvolle Experimentier- und Demonstrationsmöglichkeit wurde mit dem modularen Produktionssystem „Prozessautomation“ der Fa. Festo Didactic (Bild 2–8) geschaffen. Mit dieser Anlage werden gleichfalls typische Beispiele aus der Verfahrenstechnik wie Station „Reaktor“ (Temperaturregelung am Rührkesselreaktor), Station „Filtern“ (Druckregelung am Filter), Station „Mischen“ (Durchflussregelung am Batch-Prozess) sowie Station „Abfüllen“ (Füllstandsregelung für ereignisdiskreten Abfüllprozess) realisiert und für die Durchführung entsprechender Experimente didaktisch sinnvoll konfiguriert. Im Unterschied zur vorgestellten Kleinversuchsanlagentechnik basiert das modulare Produktionssystem „Prozessautomation“ auf einer umfangreicheren mit ausgeprägt industriellen Automatisierungsmitteln realisierten Automatisierungsstruktur, verbunden mit umfangreicherer Funktionalität und Nutzung in Aus- und Weiterbildung. Des Weiteren werden in diesem Rahmen auch die projektierungsrelevanten Inhalte der Auswahl und Dimensionierung von Sensorik bzw. Aktorik zum Beispiel an Hand einer Stelleinrichtung (Versuchsstand siehe Bild 2–9) hinsichtlich Aktorik behandelt. Diese Stelleinrichtung als zentrale Komponente der mit dem Versuchsstand realisierten Durchflussregelstrecke ist entsprechend auszulegen und an der Durchflussregelstrecke zu erproben.

2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

Station „Reaktor“ Station „Filtern“ Simatic S7-300

WinCC

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Station „Mischen“

Station „Abfüllen“

Bild 2–8: Modulares Produktionssystem „Prozessautomation“ (MPS – PA)

Pneumatischer Stellantrieb mit Gleitschieberstellventil

Induktive Durchflussmesseinrichtung

Bild 2–9: Versuchsstand zur Auswahl und Dimensionierung von Stelleinrichtungen

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2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

In gleicher Weise wurden auch ereignisdiskrete Prozesse betrachtet, wobei als ein Beispiel die sogenannte Abfüllanlage (Bild 2–10) entwickelt wurde, deren ereignisdiskrete Verfahrenstechnik einen typischen Stückgutprozess der industriellen Fertigungstechnik repräsentiert.

Rundschalttisch

Gesamtansicht Bild 2–10: Ereignisdiskreter Prozess „Abfüllanlage“

Stationen

Damit kann für die Prozessverfahrenstechnik das Zuführen, Befüllen, Verschließen und Entnehmen (und Verpacken) eines Bechers geplant und realisiert werden. Das heißt, dieser verfahrenstechnische Prozess benötigt im Einzelnen fünf Stationen (vgl. Bild 2–10), die wie folgt beschrieben werden: 1. An Station 1 – Becher zuführen – wird jeweils ein Becher dem sogenannten Rundschalttisch (Station 5) zugeführt. 2. Nach Ablauf eines Arbeitstaktes (Bewegung des Rundschalttisches um 90°) erreicht dieser Becher Station 2 – Becher füllen. An dieser Station wird der Becher mit der voreinstellbaren Menge einer Flüssigkeit gefüllt. 3. Nach Ablauf eines weiteren Arbeitstaktes steht der Becher an Station 3 – Becher verschließen – zum Verschließen bereit. 4. Schließlich wird nach nochmaligem Arbeitstakt (Bewegung des Rundschalttisches um 90°) an Station 4 – Becher entnehmen – der mit einem mechanisch rastenden Deckel verschlossene Becher zum Entnehmen (und Verpacken) bereitgestellt. Für die jeweilige Bewegung des Rundschalttisches um 90° wird die Station 5 – Rundschalttisch – eingesetzt. Damit steht für die Projektierung ereignisdiskreter Prozesse gleichfalls eine effiziente und anschauliche Beispielanlage zur Verfügung, welche typische Aufgaben für das Projektieren von Automatisierungsanlagen bereithält. Es wird dabei z. B. veranschaulicht, dass die zur Automatisierung ereignisdiskreter Pro-

2 Allgemeiner Ablauf von Automatisierungsprojekten

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zesse erforderlichen binären Steueralgorithmen theoretisch fundiert zu entwerfen und in eine technische Realisierung zu überführen sind (vgl. Abschnitt 3.4). Als eine industrielle Komponente des Experimentierfeldes „Prozessautomatisierung“ steht u. a. eine industrielle Durchflussregelstrecke (Bild 2–11) zur Verfügung, die gleichfalls über eine moderne Feldinstrumentierung sowie Datenkommunikationsstruktur verfügt und damit ein praxisrelevantes Beispiel für die technische Auslegung industrieller Sensorik und Aktorik sowie den Regelkreisentwurf repräsentiert. Bedien- und BeSpeicherproobachtungssygrammierbare stem „WinCC Steuerung flexible“ SIMATIC S7-300 Bild 2.3–3 Industrielles Anlagenbeispiel - Da

Bild 2–11: Industrielle Durchflussregelstrecke

Stelleinrichtung

3 Kernprojektierung 3.1 Projektierungsumfang und Einordung der Kernprojektierung Der Projektierungsumfang eines Automatisierungsprojekts umfasst im Wesentlichen drei Projektkomponenten (Bild 3–1). Die Kernprojektierung ist eine dieser Projektkomponenten. Für den Projektierungsingenieur ist die Kernprojektierung das wichtigste Kompetenzfeld, welches deshalb anschließend entsprechend der im Bild 3–1 genannten Schwerpunkte, die zugleich den Kernprojektierungsumfang bilden, ausführlich behandelt wird. Die hiervon nicht erfasste Projektierung der Hilfsenergieversorgung und -verteilung wird im Abschnitt 4 behandelt. Auf die Montageprojektierung wird im Rahmen des vorliegenden Buches nicht eingegangen, weil die projektausführende Firma hiermit meist eine Fremdfirma beauftragt.

Projektierungsumfang eines Automatisierungsprojektes

Kernprojektierung

x Basic-Engineering, x Detail-Engineering

EMSR-Projekt

Projektierung der Hilfsenergieversorgung und -verteilung

x Projektierung von Bereitstellung und Verteilung der einzelnen Hilfsenergiearten Elektroprojekt, Pneumatikprojekt, Hydraulikprojekt

Montageprojektierung

x Projektierung von baulicher Ausstattung sowie Ausrüstungen für die Aufnahme der Prozessleittechnik Montageprojekt

Bild 3–1: Einordnung der Kernprojektierung in den Projektierungsumfang eines Automatisierungsprojektes

3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage

15

3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage 3.2.1 Basisstruktur Die wesentliche Ausgangsposition für die Kernprojektierung bilden die bereits eingeführten Komponenten einer Automatisierungsanlage (vgl. Bild 1–4). Bild 3–2 zeigt das Ebenenmodell als den in den vergangenen Jahrzehnten für den Aufbau von Automatisierungsanlagen herausgebildeten allgemeinen Standard. Dadurch sind alle Automatisierungsanlagen prinzipiell gleichartig aufgebaut, was einerseits das Gebiet „Prozessleittechnik“ überschaubarer macht und andererseits die Tätigkeiten bei der Instrumentierung effizienter gestaltet.

Bild 3–2: Ebenenmodell als allgemeiner Standard für den Aufbau von Automatisierungsanlagen Werden zur Automatisierung Prozessleitsysteme eingesetzt, so ist festzustellen, dass sie im Gegensatz zu früher heute integraler Bestandteil der „DV-Landschaft“ eines Unternehmens sind. Ursache ist der verstärkte Kostendruck, dem die Produzenten mit ihren Erzeugnissen am Markt zunehmend ausgesetzt sind. Dem begegnen sie u. a. auch durch intensivere Nutzung des Potentials, das moderne Prozessleitsysteme heute bieten, wobei folgende Trends zu beobachten sind: x

zentralisierte Bedienung und Beobachtung örtlich verteilter Produktionsanlagen,

x

intensiver Datenaustausch zwischen Prozessleit- und übergeordneter Betriebsbzw. Unternehmensleitebene.

16

Kernprojektierung

Insbesondere letztgenannter Trend ist wohl auch eine Folge fortschreitender Expansion von Unternehmen bei gleichzeitiger Bündelung immer größerer Verantwortung in den Händen von immer weniger Personen, die Entscheidungen in immer kürzeren Zeiträumen bei gleichzeitig wachsender Tragweite zu treffen haben. Basis dieser Entscheidungen muss der sich in Informationen abbildende jeweils aktuelle Unternehmenszustand sein. Um diese Informationen als Entscheidungsgrundlage zur Verfügung zu haben, müssen „just-in-time“ nach dem Prinzip „Zu jeder Zeit kostenloser Zugriff auf jedes Datum an jedem Ort der Welt!“ Daten zur Verfügung gestellt und zu Informationen aufbereitet werden. Hierzu werden heute verstärkt ERP-6 bzw. MES7Systeme eingesetzt (vgl. Bild 3–2). Dies setzt die sogenannte vertikale Integration voraus, die sich über die Steuerungs- und Regelungsebene bis hin zur Unternehmensleitebene erstreckt, wobei „Bürowelt“ (Betriebs- und Unternehmensleitebene) und „Anlagenwelt“ (Feldebene und Prozessleitebene) auch über größere räumliche Entfernungen hinweg miteinander zu koppeln sind. Aus dem im Bild 3–2 dargestellten Standard lässt sich die Basisstruktur einer Automatisierungsanlage ableiten (Bild 3–3). Damit umfasst also eine Automatisierungsanlage im Kern x Feldebene mit Feldinstrumentierung (Sensorik, Aktorik) und Feldbussystemen, x Schaltraum mit Wandlern, Prozessorik (SPS-Technik sowie Hard- und Softwarekomponenten für die Datenverarbeitung bzw. -kommunikation), Bussystemen sowie Einspeisung von elektrischer bzw. pneumatischer Hilfsenergie, x Prozessleitwarte mit konventionellen bzw. rechnerbasierten Bedien- und Beobachtungseinrichtungen.8 Einheitssignalpegel repräsentieren einen internationalen Standard und ermöglichen damit das Verbinden von Automatisierungsmitteln unterschiedlicher Hersteller. Dafür sind folgende Signalpegel verbindlich: x

Analoge Regelkreise, basierend auf elektrischer Hilfsenergie: - 4 bis 20 mA, - 0 bis10 VDC, - vereinzelt: 0 bis 20 mA; –10 bis +10 VDC.

x

Binäre Steuerungen, basierend auf elektrischer Hilfsenergie: - 0 V entsprechen „0“-Signal (Low-Pegel), - 24 VDC entsprechen „1“-Signal (High-Pegel).

6 Nach [2] unterstützen ERP-Systeme die durchgängige Ressourcenplanung, -optimierung und -verwaltung vom Auftragseingang bis hin zum Warenversand. Als Beispiel eines bekannten ERP-Systems wird in [2] die Softwarelösung SAP/R3 genannt. 7 Nach [2] umfassen MES-Systeme Softwarelösungen für die Betriebsleitebene und verbinden so im Sinne der vertikalen Integration Prozessleitsysteme in der Prozessleitebene mit ERP-Systemen in der Unternehmensleitebene. 8 In einigen Industriezweigen, z. B. Kraftwerkstechnik, Metallurgie u. a., gibt es neben bzw. statt Prozessleitwarten örtliche Leitstände. Diese Variante wird hier nicht weiter betrachtet, weil bei industriellen Prozessen die Bedienung und Beobachtung vorzugsweise in Prozessleitwarten erfolgt.

3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage x

17

Analoge Regelkreise, binäre Steuerungen und Aktorik, basierend auf pneumatischer Hilfsenergie: - pneumatische Arbeitszylinder: 6 bar, - modernere analoge Stelltechnik: ca. 2,5…10 bar, - pneumatische Logik und „ältere“ analoge Stelltechnik: 0,2…1 bar. Komponente: Prozessleitwarte (PLW)

Verfahrensfließschema mit Back-up-Komponenten Prozessleitsystem

Automatisierungsmittel: Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (z. B. Kompaktregler, Anzeiger, usw.)

Schaltschränke / Gefäßsystem

Komponente: Schaltraum (SR) Automatisierungsmittel: z. B. Wandler, SPSTechnik, Bussysteme

Komponente: Feld Automatisierungsmittel: z. B. Sensorik, Aktorik, Feldbussysteme

PI 305

Bild 3–3: Basisstruktur einer Automatisierungsanlage

LI+ 306 LI307

9

9 Örtliche Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sowie örtl. Prozessleitstand sind nicht dargestellt.

18

Kernprojektierung

3.2.2 Typische Strukturvarianten Allgemein geht man davon aus, dass Sensoren natürliche elektrische bzw. pneumatische Signale liefern, die im Feld auf sogenannten Montagerahmen, auch als „örtliche Verteiler“ oder „Klemmenkasten-Feld“ bezeichnet, aufgelegt werden und für jeweils verfahrenstechnisch sinnvoll abgrenzbare Anlagenabschnitte zu den Wandlern im Schaltraum geführt werden. Dafür führt man die einzelnen elektrischen Signalleitungen – auch Stichkabel genannt – zu Stammkabeln zusammen und verlegt diese auf Kabelpritschen bzw. in Kabelkanälen. Im Schaltraum erfolgt die Wandlung natürlicher elektrischer Signale in Einheitssignale, welche in die Prozessleitwarte weitergeführt werden. Gleiches gilt in ähnlicher Weise für pneumatische Signalleitungen. Diese klassische Strukturvariante wird schematisch im Bild 3–4 gezeigt. 10 11

Prozessleitwarte (PLW) EMSR-Stellenleiste in der Prozessleitwarte

pneumat. Einheitssignale (Messbzw. Stellsignale) Schaltraum (SR)

Feld

Konventionelle Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (Kompaktregler, Anzeiger, usw.)

elektrische Einheitssignale (Messbzw. Stellsignale) natürliche elektr. Messsignale bzw. Stellsignale

Rechnerbasierte Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (PC, OperatorPanel, usw.)

Stammkabel

Buskabel

SPSTechnik Stammkabel

Wandler (Messumformer)

Einspeisung Einspeisung pneumat. elektr. HilfsHilfsenerenergiegieversorversorgung gung

... Stammkabel

Stamm- Klemmenkasten kabel

MontageWandler gerüst

...

Elektr. Leitung Pneumat. Leitung

Prozess mit Sensoren bzw. Aktorik

...

Feld (KKF)

... Stichkabel

Bild 3–4: Strukturvariante „Klassisch“ 10 11 10 Örtliche Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sowie örtl. Prozessleitstand sind nicht dargestellt. 11 Die im Allg. nur für die Aktorik benötigte hydraulische Hilfsenergieversorgung ist nicht dargestellt.

3.2 Allgemeiner Aufbau einer Automatisierungsanlage

19

Im Rahmen ständiger Innovation der Sensorik bzw. Aktorik sind in der Feldinstrumentierung Wandler direkt integriert worden, so dass elektrische Einheitssignale unmittelbar ab Sensor im Feld zur Verfügung stehen bzw. vom Aktor direkt aufgenommen werden. Damit wird der Schaltraum entlastet, so dass seine Funktionalität nur noch aus Verteilung der elektrischen bzw. pneumatischen Hilfsenergie sowie dem sogenannten Rangieren besteht. Auch für diese Strukturvariante kommen für die Signalübertragung noch Stich- bzw. Stammkabel zum Einsatz (Bild 3–5).

Prozessleitwarte (PLW) EMSR-Stellenleiste in der Prozessleitwarte

Konventionelle Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (Kompaktregler, Anzeiger, usw.)

elektrische Einheitssignale (Mess- bzw. Stellsignale)

pneumat. Einheitssignale (Mess- bzw. Stellsignale)

Schaltraum (SR)

Montagegerüst

Wandler

Elektr. Leitung Pneumat. Leitung

Buskabel

Stammkabel

SPSTechnik Stammkabel

Einspeisung Einspeisung pneumat. elektr. HilfsHilfsenerenergiegieversorversorgung gung

Rangierung elektrische Einheitssignale (Messbzw. Stellsignale)

Feld

Rechnerbasierte Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (PC, Operator-Panel, usw.)

... Stamm- Klemmenkasten kabel

Stammkabel

...

...

Feld (KKF)

... Prozess mit Sensorik bzw. Aktorik

Stichkabel

Bild 3–5: Strukturvariante „Modifiziert“12 13

12 Örtliche Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sowie örtl. Prozessleitstand sind nicht dargestellt. 13 Die im Allg. nur für die Aktorik benötigte hydraulische Hilfsenergieversorgung ist nicht dargestellt.

20

Kernprojektierung

Werden durchgängig busfähige Sensoren bzw. Aktoren für die Feldinstrumentierung eingesetzt, vereinfachen sich Verdrahtungsaufwand bzw. Verdrahtungsführung erheblich, weil die umfangreiche Einzelverdrahtung jedes Sensors bzw. Aktors durch wenige Buskabel (Koaxialkabel) ersetzt wird. Jedes Mess- bzw. Stellsignal (Einzelsignal) wird dabei digitalisiert und seriell mittels Buskabel übertragen. Durch diese Busverbindungen entfällt die Signalumformung im Schaltraum, und die im Feld montierte Sensorik bzw. Aktorik ist über SPS-Technik direkt mit in der Prozessleitwarte befindlichen Bedien- und Beobachtungseinrichtungen verbunden. Die sich daraus ergebende Strukturvariante „Busbasiert“ zeigt (Bild 3–6).

Prozessleitwarte (PLW)

Rechnergestützte Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (PC, OperatorPanel, usw.) Buskabel

SPSTechnik Schaltraum (SR)

Buskabel

SPSTechnik

Einspeisung elektr. Hilfsenergieversorgung

... Buskabel

Buskabel

Einspeisung pneumat. Hilfsenergieversorgung

...

Feld Elektr. Leitung Pneumat. Leitung

Prozess mit busfähiger Sensorik bzw. Aktorik

Bild 3–6: Strukturvariante „Busbasiert“

14 15

14 Örtliche Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sowie örtl. Prozessleitstand sind nicht dargestellt. 15 Die im Allg. nur für die Aktorik benötigte hydraulische Hilfsenergieversorgung ist nicht dargestellt.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

21

Zunächst ist damit aufgezeigt, welche Strukturen eine Automatisierungsanlage prinzipiell haben kann. Gleichzeitig ist aber dazu anzumerken, dass auch „Mischstrukturen“ – zum Beispiel durch den teilweisen Einsatz von Bussystemen und entsprechender klassischer Verdrahtung – projektierbar sind und so auch realisiert werden. Im Folgenden wird nun dargelegt, wie die im Rahmen der Kernprojektierung auszuführenden Projektierungsleistungen detailliert zu realisieren sind.

3.3 Kernprojektierungsinhalt 3.3.1 Überblick Ausgehend von bereits erläutertem Projektablauf (vgl. Abschnitt 2), Kernprojektierungsumfang (Bild 2–5) sowie Einordung der Kernprojektierung (Bild 3–1) hat sich in der Projektierungspraxis die im Bild 3–7 dargestellte Einordnung der Kernprojektierung bewährt. Bild 3–7 wird deshalb als Leitfaden für die weiteren Ausführungen genutzt. Man kann erkennen, dass die Kernprojektierung das sogenannte Detail-Engineering sowie das Basic-Engineering umfasst. Des Weiteren wird aus Bild 3–7 auch erkennbar, dass die Projektierung der elektrischen, pneumatischen und hydraulischen Hilfsenergieversorgung parallel zur Kernprojektierung stattfindet.

22

Kernprojektierung

Anfrage/Ausschreibung x Lastenheft, x Verfahrensfließschema Basic-Engineering/Angebot x R&I-Fließschema, x Auswahl und Dimensionierung von Sensorik, Aktorik, Prozessorik sowie Bussystemen, x Erarbeitung des leittechnischen Mengengerüstes, x Erarbeitung von Projektunterlagen als Angebotsbasis, x Angebotserarbeitung

Auftragsvergabe

Kernprojektierung

Detail-Engineering Projektierung der Hilfsenergieversorgung und -verteilung x Elektroprojekt, x Pneumatikprojekt, x Hydraulikprojekt

x Erarbeitung von Pflichtenheft sowie EMSRStellenplänen und weiteren Projektierungsunterlagen, x Entwurf der Regelbzw. Steueralgorithmen, x Erarbeitung der Anwendersoftware

Montageprojektierung x Montageprojekt

Fertigung, Werksabnahme, Montage und Inbetriebsetzung, Probebetrieb/Abnahme, Service Bild 3–7: Einordnung der Kernprojektierung mit zugeordneten wesentlichen Projektierungsleistungen in den Projektablauf

3.3 Kernprojektierungsinhalt

23

3.3.2 Einordnung und Inhalt von Lastenheft sowie Grund- bzw. Verfahrensfließschema 3.3.2.1 Allgemeines Die im Bild 3–7 dargestellte Einordnung der Kernprojektierung setzt voraus, dass als erstes die Projektanforderungen in einem sogenannten Lastenheft, im üblichen Praxisumgang auch als Ausschreibung bekannt, zusammengestellt wurden, wobei im Allgemeinen gleichzeitig das Verfahrensfließschema vom Auftraggeber mit übergeben wird.16 Das Lastenheft ist eine wesentliche Vertragsgrundlage für die mit der Planung sowie dem Bau der Automatisierungsanlage beauftragten Firmen und den späteren Betreibern. Daher soll im Folgenden zunächst der Aufbau eines Lastenheftes näher erläutert werden, bevor darauf aufbauend das Verfahrensfließschema betrachtet wird. 3.3.2.2 Lastenheft Das Lastenheft nach VDI/VDE 3694 definiert allgemein, d. h. sowohl hersteller- als auch produktneutral, die Projektanforderungen, welche an die Automatisierungsanlage gestellt werden. Im Lastenheft wird also hersteller- sowie produktneutral festgelegt, Was und Wofür zu bearbeiten ist. VDI/VDE 3694 [3] empfiehlt, das Lastenheft entsprechend der in Tabelle 3–1 genannten Gliederungspunkte aufzubauen. Tabelle 3–1: Gliederung des Lastenheftes nach VDI/VDE 3694 Gliederungspunkt 1 2 3 4 5 6 7 8

Benennung Einführung in das Projekt Beschreibung der Ausgangssituation (Istzustand) Aufgabenstellung (Sollzustand) Schnittstellen Anforderungen an die Systemtechnik Anforderungen an die Inbetriebnahme und den Einsatz Anforderungen an die Qualität Anforderungen an die Projektabwicklung

Bezüglich Untersetzung dieser Gliederungspunkte wird auf [3] verwiesen.

16 DIN EN ISO 10628 unterscheidet neben Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschema noch das Grundfließschema, das für die Kernprojektierung jedoch von eher untergeordneter Bedeutung ist. Für Beispiele zum Grundfließschema wird auf DIN EN ISO 10628 verwiesen.

24

Kernprojektierung

3.3.2.3 Grund- bzw. Verfahrensfließschema Grundfließ-, Verfahrensfließ sowie R&I-Fließschema17 dienen allgemein „der Verständigung der an der Entwicklung, Planung, Montage und dem Betreiben derartiger Anlagen beteiligten Stellen über die Anlage selbst oder über das darin durchgeführte Verfahren“ (siehe [4], Teil 1]. Sie bilden daher die Verständigungsgrundlage für alle Personen, die mit der Anlage bei Errichtung oder Betrieb zu tun haben. In Tabelle 3–2 werden die Informationsinhalte von Grundfließ-, Verfahrensfließ sowie R&I-Fließschema miteinander verglichen. Diese Tabelle ist wie eine Kriterienliste zu verstehen, anhand derer entschieden werden kann, welche Art von Fließschema abhängig vom Informationsbedürfnis derjenigen Personen, die das jeweilige Fließschema als Arbeitsgrundlage verwenden sollen, geeignet ist. Beispielsweise haben potentielle Investoren, welche die Investitionsmittel zur Errichtung einer neuen Produktionsanlage bereitstellen sollen, eine mehr betriebswirtschaftlich orientierte Anlagensicht und damit ein anderes Informationsbedürfnis als die späteren Betreiber dieser Anlage, die den Informationsgehalt des Grund- oder Verfahrensfließschemas keineswegs als ausreichend empfinden dürften. Tabelle 3–2: Vergleich der Informationsinhalte von Grundfließ-, Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschema nach DIN EN ISO 10628 GrundfließVerfahrensR&I-FließInformation schema fließschema schema Benennung der Ein- und Ausx gangsstoffe Durchflüsse bzw. Mengen der Einx x und Ausgangsstoffe/ Hauptstoffe Benennung von Energien/ Energiex x trägern Durchflüsse/Mengen von Enerx x x gien/Energieträgern Fließweg und -richtung von Enerx x x gien/Energieträgern Fließweg und Fließrichtung der x Hauptstoffe x x Art der Apparate und Maschinen (außer Antriebe) x Bezeichnung der Apparate und x Maschinen (außer Antriebe) Charakteristische Betriebsbedinx x gungen Kennzeichnende Größen von Apx x paraten und Maschinen 17 R&I-Fließschema: Rohrleitungs- und Instrumentierungsfließschema

3.3 Kernprojektierungsinhalt

25

(Fortsetzung von Tabelle 3–2) Information Kennzeichnende Daten von Antriebsmaschinen Anordnung wesentlicher Armaturen Bezeichnung von Armaturen Höhenlage wesentlicher Apparate/Maschinen Werkstoffe von Apparaten und Maschinen Bezeichnung von Nennweite, Druckstufe, Werkstoff und Ausführung der Rohrleitungen Angaben zur Dämmung von Apparaten, Maschinen, Rohrleitungen und Armaturen Aufgabenstellung für Messen/Steuern/Regeln Art wichtiger MSR-Geräte

Grundfließschema

Verfahrensfließschema

R&I-Fließschema

x

x

x x x

x x x

x (x)

x x

Weiterhin ist aus Tabelle 3–2 ersichtlich, dass der Informationsgehalt beginnend beim Grund- über das Verfahrensfließschema bis hin zum R&I-Fließschema ansteigt und beim R&I-Fließschema am größten ist. Bezüglich der Zeile „Aufgabenstellung für Messen/Steuern/Regeln“ wurde das „x“ in der Spalte „Verfahrensfließschema“ in Klammern gesetzt, weil die Aufgabenstellung für Messen/Steuern/Regeln zwar aus dem Verfahrensfließschema ableitbar, jedoch im Allgemeinen noch nicht darin dargestellt wird. Das geschieht erst, wenn das Verfahrensfließschema durch Ergänzung mit sogenannten EMSR-Stellen18 zum R&I-Fließschema ergänzt wird (siehe Abschnitt 3.3.3.1). Das im Folgenden zu betrachtende Verfahrensfließschema dokumentiert die erforderliche Prozesstechnologie einer Produktionsanlage, welche zum Beispiel durch Behälter, Pumpen, Kolonnen, Armaturen etc. realisiert wird, die mittels normgerechter grafischer Symbole nach DIN EN ISO 10628 dargestellt werden. Wie bereits im Abschnitt 3.3.2.1 erläutert, soll es vom Auftraggeber als Bestandteil der Ausschreibung mit übergeben werden.19

18 EMSR-Stelle: Elektro-, Mess-, Steuer- und Regelstelle 19 Häufig wird diese Aufgabe auch vom Auftraggeber an Unternehmen (z. B. Ingenieurbüros) übertragen, die in seinem Auftrag die Ausschreibung, Vergabe, Projektplanung, -steuerung und -überwachung übernehmen.

26

Kernprojektierung

Bild 3–8 zeigt ein Verfahrensfließschema, das an Hand eines Reaktors mit Temperaturregelstrecke als Beispiel für einen überschaubaren verfahrenstechnischen Prozess dient. Dieses Verfahrensfließschema wird, wie bereits angesprochen, im Allgemeinen vom Auftraggeber oder durch ein vom Auftraggeber beauftragtes Ingenieurbüro erarbeitet.

Bild 3–8: Beispiel eines Verfahrensfließschemas (Station „Reaktor“ des MPS-PA, vgl. S. 11)20 Wie ebenfalls bereits erläutert, wird mit dem Verfahrensfließschema die zu realisierende Verfahrenstechnologie dokumentiert, wobei bereits in diesem Schema die wichtigsten EMSR-Stellen als Vorgabe für die zu projektierende Automatisierungsanlage eingetragen werden können. Aus dem im Bild 3–8 dargestellten Verfahrensfließschema sind deshalb für die Automatisierungsanlage folgende allgemeine Anforderungen, die anschließend im Lastenheft niederzulegen sind, abzuleiten: x Über ein Heizmodul ist in Verbindung mit einem Widerstandsthermometer sowie einem Rührer die Temperatur im Behälter zu regeln. Der Rührer soll für die gleichmäßige Durchmischung der Flüssigkeit im Behälter sorgen.

20 Im Allgemeinen enthält ein Verfahrensfließschema keine EMSR-Stellen. Wie bereits ausgeführt, sind nach Tabelle 3–2 jedoch Ausnahmen möglich. Man beschränkt sich in diesen Fällen auf die Darstellung der wichtigsten EMSR-Stellen (wie z. B. im Bild 3–8).

3.3 Kernprojektierungsinhalt

27

x Als Anforderung für den zu projektierenden Temperaturregelkreis zeigt die bereits als Vorgabe in das Verfahrensfließschema eingetragene EMSR-Stelle eine SplitRange-Struktur. x Der Füllstand soll mittels binärer Grenzwertsensoren überwacht werden, um auf diese Weise den Trockenlaufschutz sowohl für die Kreiselpumpe des Kühlkreislaufes als auch für die Kreiselpumpe zum Abtransport der Flüssigkeit aus dem Behälter zu realisieren. Gleichzeitig sollen diese Sensoren das Überhitzen der Heizung durch Einschalten bei leerem Behälter verhindern. Auch dafür sind bereits entsprechende EMSR-Stellen im Verfahrensfließschema enthalten. x Schließlich ist mittels der Ventile V301 bzw. V302 (im Bild 3–8 grau dargestellt) die Kopplung zu den benachbarten Anlagengruppen zu realisieren. Um die im Bild 3–8 verwendete Symbolik verstehen und anwenden zu können, wird nun im Folgenden darauf näher eingegangen. Eine Auswahl häufig in Verfahrensfließschemata und damit gleichzeitig auch in R&I-Fließschemata verwendeter Symbole ist in Bild 3–10 bis Bild 3–13 dargestellt. Ergänzend zu DIN EN ISO 10628 [4] ist dabei DIN 2429 [6] zu beachten. Damit wird beispielsweise ermöglicht, bereits im Verfahrensfließschema den Stellantrieb einer Ventilstelleinrichtung, z. B. als Membranstellantrieb, zu spezifizieren und mit einem entsprechenden Symbol im Verfahrensfließschema darzustellen (Bild 3–9). H

M

allgemein

elektromotorisch

pneumatisch

Bild 3–9: Spezifizierung von Stellantrieben nach DIN 2429

handbetätigt

28

Kernprojektierung Sachgruppe 1

Becken

Sachgruppe 7

Sachgruppe 4

Wärmeübertrager mit Kreuzung der Fließlinien

Behälter

Wärmeübertrager ohne Kreuzung der Fließlinien

Kühlturm

Industrieofen Abscheider

Sachgruppe 5

Sachgruppe 2

Kolonne, Behälter mit Einbauten

Fluidfilter

Gasfilter, Luftfilter

Flüssigkeitsfilter

Sachgruppe 3

Sachgruppe 8

Zentrifuge

Sachgruppe 6

Siebapparat

Einrichtung zum Beheizen oder Kühlen, allgemein

Sichter

Sachgruppe 9

Sortierapparat Trockner

Bild 3–10: Ausgewählte Symbole für Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschemata (Sachgruppe 1-9) nach DIN EN ISO 10628

Sachgruppe 10

Sachgruppe 13

Sachgruppe 16 Stetigförderer (allgemein)

Zerkleinerungsmaschine

Formgebungsmaschine allgemein, Vergrößerungsvorrichtung

Mühle

Brecher

Sachgruppe 11

Rührer

Mischer

Kneter

Sachgruppe 17

Sachgruppe 14

Pumpe (allg.)

Sachgruppe 12

Bandförderer mit Zufuhr und Entleerung

Kolbenpumpe

Kreiselpumpe

Sachgruppe 15

Verdichter, Kompressor, Vakuumpumpe

Ventilator

Waage

Sachgruppe 18

Zuteiler für feste Stoffe

Zerteilerelement für Fluide, Spritzdüse

Bild 3–11: Ausgewählte Symbole für Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschemata (Sachgruppe 10-18) nach DIN EN ISO 10628

3.3 Kernprojektierungsinhalt

29

Sachgruppe 19

Sachgruppe 21

D Antriebsmaschine

Absperrarmatur allgemein

Absperrarmatur in Eckform allgemein

Dreiwegearmatur allgemein

Absperrventil allgemein

Absperrventil in Eckform allgemein

(Absperr-) Dreiwegeventil

Absperrhahn allgemein

Absperrhahn in Eckform allgemein

Absperrschieber

Absperrklappe

Sachgruppe 20

Sachgruppe 22

Rückschlagarmatur Schornstein, Kamin

Dreiwegehahn allgemein

Elektrolysezelle

Rückschlagventil

Rückschlagklappe

allgemein

Bild 3–12: Ausgewählte Symbole für Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschemata (Sachgruppe 19-22) nach DIN EN ISO 10628

Sachgruppe 23 Armatur mit stetigem Stellverhalten

Sachgruppe 25 Schauglas

Pfeil für Ein- bzw. Ausgang wichtiger Stoffe

Kondensatableiter

Eingang

Sachgruppe 26

Sachgruppe 24

Bezugszeichen für Niveauangabe, Phasengrenzfläche

Be- und Entlüftungsarmatur, Überdruck-bzw. Unterdrucksicherung

Ausgang

Sicherheitsventil in Eckform mit Federbelastung

Grenze allgemein

Phasengrenzfläche

Werkstoff a / Werkstoff b

RohrRohrleitungs- leitungsklasse klasse ABC DEF

Bild 3–13: Ausgewählte Symbole für Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschemata (Sachgruppe 23-26) nach DIN EN ISO 10628

30

Kernprojektierung

Im Verfahrensfließ- und daher auch im R&I-Fließschema werden Apparate, Maschinen und Geräte sowie Armaturen häufig mit Kennbuchstaben gemäß DIN 28004 (Teil 4) [5] versehen, die in Tabelle 3–3 bzw. Tabelle 3–4 aufgeführt sind. Tabelle 3–3: Kennbuchstaben für Maschinen, Apparate und Geräte nach DIN 28004 KennbuchBedeutung stabe Apparat, Maschine, soweit nicht in eine der nachstehenden Gruppen A einzuordnen B Behälter, Tank, Silo, Bunker C Chemischer Reaktor D Dampferzeuger, Gasgenerator, Ofen Filterapparat, Flüssigkeitsfilter, Gasfilter, Siebapparat, Siebmaschine, F Abscheider G Getriebe H Hebe-, Förder-, Transporteinrichtung K Kolonne M Elektromotor P Pumpe R Rührwerk, Rührbehälter mit Rührer, Mischer, Kneter S Schleudermaschine, Zentrifuge T Trockner V Verdichter, Vakuumpumpe, Ventilator W Wärmeaustauscher X Zuteil-, Zerteileinrichtung, sonstige Geräte Y Antriebsmaschine außer Elektromotor Z Zerkleinerungsmaschine

3.3 Kernprojektierungsinhalt

31

Tabelle 3–4: Kennbuchstaben für Armaturen nach DIN 28004 KennbuchBedeutung stabe A Ableiter (Kondensatableiter) F Filter, Sieb, Schmutzfänger G Schauglas H Hahn K Klappe R Rückschlagarmatur S Schieber V Ventil X Sonstige Armatur Y Armatur mit Sicherheitsfunktion Mit den vorliegenden Erläuterungen sind die Grundlagen dafür geschaffen, Verfahrensfließschemata verstehen bzw. solche selbstständig entwickeln zu können.

3.3.3 Basic-Engineering 3.3.3.1 R&I-Fließschema Auf Basis des bereits erläuterten Verfahrensfließschemas wird nun das sogenannte R&I-Fließschema (Rohrleitungs- und Instrumentierungsfließschema)21 als eines der wichtigsten Engineeringdokumente des Automatisierungsprojekts erstellt und als Bestandteil des Angebotes dem Auftraggeber zusammen mit der Kalkulation übergeben.22 Das R&I-Fließschema (vgl. Bild 3–14) beinhaltet das Verfahrensfließschema, erweitert um die für die Automatisierung erforderlichen EMSR-Stellen (Elektro-, Mess-, Steuerund Regelstellen), welche man synonym oft auch als PLT-Stellen (Prozessleittechnische Stellen) bezeichnet. Darüberhinaus enthält das R&I-Fließschema, wie bereits in Tabelle 3–2 ausgeführt, häufig auch Angaben zu relevanten verfahrenstechnischen Kenngrößen wie Maximaldrücken, Behältervolumina, Rohrleitungsnennweiten und weiteren Kenngrößen (z. B. Höhenniveaus).

21 Zum Informationsgehalt des R&I-Fließschemas siehe Tabelle 3–2. 22 Ausführungen zu Angebotsaufbau und Kalkulation folgen im Abschnitt 7.

32

Kernprojektierung

Bild 3–14: Beispiel eines R&I-Fließschemas (Stat. „Reaktor“ des MPS-PA, vgl. S. 11) Mit dem R&I-Fließschema erarbeitet der Projektierungsingenieur die erste verbindliche Projektunterlage. Bevor nun das R&I-Fließschema mit detaillierten Projektunterlagen untersetzt werden kann, muss zunächst die für die Kennzeichnung der im R&IFließschema dargestellten EMSR-Stellen benutzte Symbolik erläutert werden. Den allgemeinen Aufbau eines EMSR-Stellensymbols nach DIN 19227 zeigt Bild 3–15.

Kennzeichnung der EMSR-Stellenfunktion gemäß Bild 3–22 EMSR-Stellen-Kennzeichnung (z. B. lfd. Nr.)

Bild 3–15: Allgemeiner Aufbau eines EMSR-Stellensymbols nach DIN 19227

3.3 Kernprojektierungsinhalt

33

Im oberen Teil des EMSR-Stellensymbols wird die Funktionalität der EMSR-Stelle mit einem Buchstabenkode dargestellt, auf den später noch eingegangen wird. Der untere Teil enthält identifizierende Bezeichnungen, wofür meist laufende Nummern entsprechend der Nomenklatur einer Projektierungsfirma verwendet werden.24 Aus der äußeren Form des EMSR-Stellensymbols sind ebenfalls wichtige Informationen ableitbar. Bevor hierauf näher eingegangen wird, gibt Bild 3–16 zunächst einen Überblick zu den in der Anlagenautomatisierung häufig verwendeten Formen von EMSRStellensymbolen. Bedienung und Beobachtung örtlich

EMSR-Funktionen (allgemein), realisiert durch Einzelautomatisierungsmittel

EMSR-Funktionen, realisiert mittels Prozessleitsystemen

*

Bedienung und Beobachtung in der Prozessleitwarte

Bedienung und Beobachtung im örtlichen Leitstand

*

*

*

EMSR-Funktionen, realisiert mittels SPS-Technik

* in der Anlagenautomatisierung überwiegend angewendete Symbole Bild 3–16: Überblick häufig verwendeter EMSR-Stellensymbole nach DIN 19227 Abhängig von der Länge der Einträge in den EMSR-Stellensymbolen werden als Formen häufig auch die im Bild 3–17 gezeigten modifizierten Symbole verwendet.

24 In diesem Zusammenhang bezeichnet man auch die Systematik der Kennzeichnung von Anlagenkomponenten und EMSR-Stellen als Anlagen- und Apparatekennzeichen (AKZ). Innerhalb einer Industrieanlage sichert deshalb das AKZ die eindeutige Zuordnung von Anlagenkomponenten und EMSR-Stellen zu Teilanlagen und Anlagen. Im Bereich der Kraftwerksautomatisierung wird hierfür beispielsweise das Kraftwerkskennzeichnungssystem (KKS) benutzt.

34

Kernprojektierung

EMSR-Funktionen, dargestellt mittels Langrund, Rechteck mit einbeschriebenem Langrund sowie Langsechseck Bild 3–17: Modifizierte Symbole zur Darstellung von EMSR-Stellenfunktionen Zu Bild 3–16 sind folgende Hinweise zu beachten: 1. Das EMSR-Stellensymbol für EMSR-Funktionen, die mittels Prozessleitsystemen realisiert werden und deren Bedienung und Beobachtung örtlich erfolgt, ist der Vollständigkeit halber mit aufgeführt, besitzt für die verfahrenstechnische Praxis jedoch kaum nennenswerte Relevanz. 2. DIN 19227 wortwörtlich folgend, sollen die in der vierten Zeile verwendeten Symbole für EMSR-Funktionen verwendet werden, die mit Prozessrechnern realisiert werden. Um Bild 3–16 sowie die nachfolgenden Ausführungen konkretisieren zu können, wird anstelle des älteren Begriffs „Prozessrechner“ der modernere Begriff „SPS-Technik“ verwendet. Bild 3–16 ist sowohl zeilenweise als auch spaltenweise zu betrachten – zunächst wird es zeilenweise betrachtet. Symbole zur allgemeinen Darstellung von EMSR-Funktionen (zweite Zeile im Bild 3–16) werden bei Standardinstrumentierungen verwendet, das heißt, die EMSRStelle besteht aus einer Messeinrichtung, einer Stelleinrichtung und der separaten Prozessorik (z. B. in Form eines Kompaktreglers). Die Symbole für EMSR-Funktionen, die mit Prozessleitsystemen realisiert werden (dritte Zeile im Bild 3–16), weisen auf den Einsatz eines Prozessleitsystems (bestehend aus miteinander vernetzter SPSTechnik sowie daran angeschlossener Bedien- und Beobachtungseinrichtung25) hin, das aber wie bei der bereits erwähnten Standardinstrumentierung ebenfalls mit Messbzw. Stelleinrichtungen im Feld zu verbinden ist. Die Symbole für EMSR-Funktionen, die mittels nicht vernetzter SPS-Technik (mit oder ohne daran angeschlossener Bedien- und Beobachtungseinrichtung26) realisiert werden (vierte Zeile im Bild 3–16), finden gleichfalls bei Standardinstrumentierungen Anwendung, wobei die EMSR-Stelle aus Mess- bzw. Stelleinrichtung sowie als Prozessorik der separaten SPS (ggf. auch integriert in ein Operatorpanel) besteht. Bild 3–16 wird nunmehr spaltenweise betrachtet. Bei den EMSR-Stellensymbolen in der zweiten Spalte handelt es sich um EMSR-Stellen, die sich ausschließlich im Feld befinden und daher die Bedienung und Beobachtung mit örtlichen Bedien- und Beobachtungseinrichtungen zu realisieren ist. Die durch eine waagerechte Linie mittig geteilten Symbole in der dritten Spalte weisen darauf hin, dass sich die EMSR-Stellen vom Feld über den Schaltraum bis in die Prozessleitwarte erstrecken und demzufolge 25 z. B. Bedien- und Beobachtungsrechner oder Operator-Panel 26 Die Bedien- und Beobachtungseinrichtung kann in diesem Fall z. B. aus einem vor Ort, im örtlichen Leitstand oder in der Prozessleitwarte installierten Bedien- und Beobachtungsrechner bestehen.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

35

die Bedien- und Beobachtungseinrichtungen in der Prozessleitwarte installiert sind (Standardinstrumentierung). Sind die Symbole durch zwei waagerechte Linien mittig geteilt (vierte Spalte), so erstrecken sich die EMSR-Stellen vom Feld bis zum örtlichen Prozessleitstand (z. B. örtlicher Maschinenleitstand einer Kraftwerksturbine). Schließlich ist die Funktionalität der EMSR-Stelle (z. B. separate Messstelle, Regelkreis, oder binäre Steuerung) festzulegen. Dafür werden Kennbuchstaben nach DIN 19227 benutzt (vgl. EMSR-Stellen im Bild 3–14 bzw. [9]), die im oberen Teil des EMSR-Stellensymbols (vgl. Bild 3–15) einzutragen sind und nachfolgend beispielhaft erläutert werden (Bild 3–18 bis Bild 3–21). EMSR-Stelle 1 (Druckmessung in einem Behälter mit Anzeige in der Prozessleitwarte)

PI 305

PDI 707

Behälter LIAL 306

EMSR-Stelle 3 (Differenzdruckmessung an einer Rohrleitung mit Anzeige vor Ort)

Rohrleitung

EMSR-Stelle 2 (Füllstandsmessung in einem Behälter mit Anzeige und Störungsmeldung bei Erreichen des unteren Grenzwertes in der Prozessleitwarte) Legende: P - Druck (Erstbuchstabe), L - Füllstand (Erstbuchst.), D - Differenz (Ergänzungsbuchst.); I - Anzeige (1. Folgebuchst.), A - Alarmierung / Störungsmeldung (2. Folgebuchst.); L - unterer Grenzwert (3. Folgebuchst.)

Bild 3–18: Beispiele zur Darstellung von Messstellen im R&I –Fließschema. Betrachtet wird ein Behälter bzw. Apparat (Bild 3–18), der mit verschiedenen EMSRStellen ausgerüstet ist. Es wurden als typische Messstellen für verfahrenstechnische Prozesse Druckmessungen und eine Füllstandsmessung projektiert. Die Funktionalität dieser Messstellen ist aus den jeweiligen Kennbuchstaben erkennbar. Das bedeutet im Einzelnen, die EMSR-Stelle PI 305 ist eine Druckmessstelle: Erstbuchstabe27„P“ (engl. pressure) für Druck sowie Folgebuchstabe „I“ (engl. indication) für die analoge Anzeige des gemessenen Drucks. Des Weiteren zeigt die waagerechte Linie im Sym-

27 Die im Folgenden verwendeten Bezeichnungen Erstbuchstabe, Ergänzungsbuchstabe und Folgebuchstabe resultieren aus der Kodetabelle nach DIN19227. Achtung: Je nachdem, ob ein Buchstabe als Erstbuchstabe, Ergänzungs- oder Folgebuchstabe verwendet wird, kann der gleiche Buchstabe verschiedene Bedeutungen haben! Bsp. Kennbuchstabe „L“: Bei Verwendung als Erstbuchstabe steht „L“ für die Messgröße „Füllstand“ (engl. level), bei Verwendung als Folgebuchstabe steht „L“ für den unteren Grenzwert (engl. low).

36

Kernprojektierung

bol dieser EMSR-Stelle, dass sich die Verkabelung vom Feld (Sensor/Aktor vor Ort) bis in die Prozessleitwarte (Anzeigegerät) erstreckt (vgl. auch Bild 3–4). In EMSRStelle PDI 707 ist gleichfalls eine Druckmessung installiert, bei der aber im Unterschied zur EMSR-Stelle PI 305 ein sogenannter Ergänzungsbuchstabe auftritt, in diesem Fall „D“ für Differenz (engl. difference), welcher folglich auf eine Differenzdruckmessung hinweist, und schließlich wird an dritter Stelle mit dem Folgebuchstaben „I“ die analoge Anzeige gekennzeichnet. Ein weiterer Unterschied zwischen EMSR-Stelle PI 305 und EMSR-Stelle PDI 707 besteht bezüglich der waagegerechten Linie und verdeutlicht, dass PDI 707 eine örtliche EMSR-Stelle ist. Die zu PDI 707 gehörenden Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Regler bzw. Steuerungen sowie Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sind also im Feld angeordnet. In EMSR-Stelle LIAL 306 schließlich ist eine Füllstandsmessung installiert: Erstbuchstabe „L“ (engl. level) für den Füllstand, erster Folgebuchstabe „I“ für die analoge Anzeige des Füllstandes, zweiter Folgebuchstabe „A“ (engl. alarm) für Störungsmeldung, dritter Folgebuchstabe L (engl. low) für Störungsmeldung bei Erreichen des unteren Füllstandsgrenzwertes. Es ist bereits nach diesen Beispielen hervorzuheben, dass es eine Standardaufgabe des Projektierungsingenieurs ist, für jede erforderliche EMSR-Stelle die richtigen Kennbuchstaben auszuwählen. Als weitere Beispiele werden EMSR-Stellen für einen Durchfluss- und einen Füllstandsregelkreis dargestellt. Für beide EMSR-Stellen ist auch die im R&I-Fließschema übliche Kennzeichnung von Regelgröße x und Stellgröße y erkennbar, weil die Verbindung zwischen Messort und EMSR-Stellensymbol durch eine Voll- bzw. zwischen EMSR-Stellensymbol und Stellort durch eine strichlierte Linie dargestellt wurde (siehe 28 Bild 3–19). Die EMSR-Stelle FIC 315 (Bild 3–20a) zeigt einen Durchflussregelkreis. Dabei wird die zu regelnde Prozessgröße „Durchfluss“ mit dem Erstbuchstaben „F“ (engl. flow) für Durchfluss/Durchsatz gekennzeichnet und der erste Folgebuchstabe „I“ für die analoge Anzeige des momentanen Durchflusswertes verwendet. Der zweite Folgebuchstabe „C“ (engl. control) kennzeichnet die Funktion des selbsttätigen Regelns. Wirkungsweg EMSR-Stelle o Stellort (strichlierte Linie) Allg. Darstellung des Stellantriebs Stellventil

Allg. Darstellung des Messortes *)

Stellort mit installierter Ventilstelleinrichtung (bei Hilfsenergieausfall schließend)

EMSR-Stellensymbol (vgl. Bild 3–15) Wirkungsweg Messort o EMSR-Stelle (Volllinie)

*) Alternativ kann der Kreis zur Darstellung des Messortes auch weggelassen werden. Bild 3–19: Darstellung der Wirkungswege zwischen EMSR-Stellensymbol und Messbzw. Stellort 28 Die Linienstärke für diese Voll- bzw. strichlierten Linien beträgt üblicherweise 50% der Linienstärke für Rohrleitungen, Armaturen, Behälter, Maschinen und Apparate.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

37

Die zweite EMSR-Stelle LIC 320 (Bild 3–20b) repräsentiert einen Füllstandsregelkreis, wobei die zu regelnde Prozessgröße „Füllstand“ durch den Erstbuchstaben „L“ gekennzeichnet ist und der erste Folgebuchstabe „I“ wieder die analoge Anzeige des momentanen Wertes der Prozessgröße „Füllstand“ sowie der zweite Folgebuchstabe „C“ das selbsttätige Regeln kennzeichnet. Die in beiden EMSR-Stellen eingetragene waagerechte Linie zeigt, dass gemäß Bild 3–16 die Bedienung und Beobachtung in der Prozessleitwarte realisiert wird und sich daher die Verkabelung beider EMSRStellen von der Feldebene aus über den Schaltraum bis in die Prozessleitwarte erstreckt. Durchflussregelung an einer Rohrleitung mit Anzeige der Regelgröße in der Prozessleitwarte

a) FIC

315

Stellsignal Behälter (Stellgröße y)

Pumpe

Messsignal (Regelgröße x)

(zum Verbraucher)

Legende zu a: F-Durchfluss (Erstbuchst.), I-Anzeige (1. Folgebuchst.), C - Regelung (2. Folgebuchst.) b)

Füllstandsregelung in einem Behälter mit Anzeige der Regelgröße in der Prozessleitwarte LIC

320 Stellsignal (Stellgröße y)

Messsignal (Regelgröße x)

Zufluss Pumpe

Behälter

Abfluss (zum Verbraucher)

Legende zu b: L-Füllstand (Erstbuchst.), I-Anzeige (1. Folgebuchst.), C -Regelung (2. Folgebuchst.) Bild 3–20: Beispiele zur Darstellung von Regelkreisen im R&I-Fließschema Ein weiteres Beispiel soll die Darstellung binärer Steuerungen im R&I-Fließschema erläutern. Im Bild 3–21 wird gezeigt, wie neben der bereits bekannten EMSR-Stelle LIC 320 für die Füllstandsregelung mittels EMSR-Stelle LSO± 322 eine binäre Steuerung im R&I-Fließschema dargestellt wird. Die Kennzeichnung dieser EMSR-Stelle beginnt mit dem Erstbuchstaben „L“ entsprechend der zu steuernden Prozessgröße (hier Füllstand). Der erste Folgebuchstabe „S“ kennzeichnet die Funktion der binären Ablauf-/Verknüpfungssteuerung. Mit dem zweiten Folgebuchstaben „O“ wird ein Sicht-

38

Kernprojektierung

zeichen im Sinne einer binären Anzeige („H“ oder „+“ bzw. „L“ oder „–“) deklariert. Im Unterschied zu den EMSR-Stellen für Regelkreise oder Messstellen zeigt Bild 3–21 anhand der EMSR-Stelle LSO± 322 auch, dass mehrere Eingangssignale, zum Beispiel hier die Binärsignale der Sensoren für den oberen bzw. unteren Füllstandsgrenzwert, dem in dieser EMSR-Stelle realisierten Steueralgorithmus zugeführt und verarbeitet werden können. Dazu wird die Verbindung zwischen Binärsensoren und EMSR-Stellensymbol als Volllinie und in entsprechender Weise die Verbindung zwischen EMSR-Stellensymbol und Stelleinrichtungen strichliert dargestellt. Füllstandsregelung in einem Behälter mit Anzeige der Regelgröße in der Prozessleitwarte Ablauf-/Verknüpfungssteuerung zur Füllstandsüberwachung an einem Behälter mit Sichtzeichen in der Prozessleitwarte bei LIC Erreichen des oberen bzw. unteren Füll320 standsgrenzwertes

Zufluss

Stellventil

Auf-ZuVentil

LSO±

322

Abfluss

(zum Verbraucher) Legende: L – Füllstand (Erstbuchstabe), S – Ablauf-/Verknüpfungssteuerung (1. Folgebuchstabe), O – Sichtzeichen für oberen (High,+) bzw. unteren (Low,–) Füllstandsgrenzwert Bild 3–21: Beispiel zur Darstellung binärer Steuerungen im R&I-Fließschema Nachdem die Anwendung der Kennbuchstaben für die EMSR-Technik nach DIN 19227 [9] an ausgewählten Beispielen demonstriert wurde, zeigt Bild 3–22 eine an [10] angelehnte zusammenfassende Zuordnung der Kennbuchstaben zur jeweiligen Bedeutung. Bild 3–22 enthält in x Tabelle 1 bzw. Tabelle 2 Kennbuchstaben, welche als Erst- bzw. Ergänzungsbuchstaben verwendet werden und eine Messgröße oder andere Eingangsgröße sowie ein Stellglied kennzeichnen, x Tabelle 3 Kennbuchstaben, die als Folgebuchstaben verwendet werden und die Verarbeitung der in Tabelle 1 bzw. Tabelle 2 aufgeführten Messgrößen oder anderen Eingangsgrößen sowie des Stellgliedes kennzeichnen.

Q

Abstand, Länge, Stellung, Dehnung, Amplitude

Handeingabe, Handeingriff

Zeit

Stand (auch von Trennschicht)

Feuchte

Druck

Stoffeigenschaft, Qualitätsgrößen, Analyse (außer D, M, V)

Strahlungsgrößen

Geschwindigkeit, Drehzahl, Freq.

Temperatur

zusammengesetzte Größen

Viskosität

Gewichtskraft, Masse

sonstige Größen

G

H

K

L

M

P

Q

R

S

T

U

V

W

X

Anzeige Selbsttätige Regelung

2. Folgebuchstabe

Verhältnis (-messung)

1. Folgebuchstabe

Ergänzungsbuchstabe

Erstbuchstabe

FFIC Durchfluss

Integral, Summe

J

F

Beispiel:

Messstellenabfrage

Durchfluss, Durchsatz

Verhältnis

F

elektrische Größen

Differenz

E

D

Dichte

Tab. 2: Ergänzungsbuchstabe

D

Tab. 1: Erstbuchstabe

Stellgeräte-Funktion

V

Noteingriff, Schutz durch Auslösung, Schutzeinrichtung, sicherheitsrelevante Meldung

Zwischenwert

Unterer Grenzwert Reihenfolge mehrerer Funktionen: I, R, C; daran anschließend ist Reihenfolge frei wählbar (verbreitet: S, O, Z, A).

/

L bzw. -

H bzw. + Oberer Grenzwert

Z

Rechenfunktion

Messumformer-Funktion

T Y

Schaltung, Ablauf- oder Verknüpfungssteuerung

S

Registrierung

Sichtzeichen, Ja/Nein-Anzeige (nicht Störungsmeldung)

O R

Anzeige

Aufnehmerfunktion

Selbsttätige Regelung

Störungsmeldung

I

E

C

A

Tab. 3: Folgebuchstabe

3.3 Kernprojektierungsinhalt 39

Bild 3–22: Kennbuchstaben für die EMSR-Technik nach DIN 19227

40

Kernprojektierung

So überschaubar die Anwendung der Kennbuchstaben gemäß Bild 3–22 zunächst scheint, so schwierig erweist sie sich im Detail. Das betrifft im Einzelnen die Verwendung von x

Kennbuchstabe „S“ als Folgebuchstabe (vgl. Bild 3–22, Tabelle 3),

x

EMSR-Stellenkennzeichnung „US“,

x EMSR-Stellenkennzeichnung „EU“. Im Folgenden wird auf diese Problemkreise näher eingegangen. Verwendung des Kennbuchstabens „S“ als Folgebuchstabe Aufgrund in DIN 19227 noch nicht enthaltener diesbezüglicher Anwendungshinweise wird hier – unabhängig davon, ob dem Kennbuchstaben „S“ weitere Kennbuchstaben folgen – folgende Verwendung vorgeschlagen: x

Ist die betrachtete EMSR-Stelle nicht mit einer übergeordneten EMSR-Stelle (z. B. Steuerung oder Regelung) verbunden, so steht der Kennbuchstabe „S“ für Ablauf-/Verknüpfungssteuerung.29

x

Ist die betrachtete EMSR-Stelle mit einer übergeordneten EMSR-Stelle (z. B. Steuerung oder Regelung) verbunden, so steht der Kennbuchstabe „S“ mit „+“ und/oder „-“ für Schaltung bei Erreichen des oberen bzw. unteren Grenzwertes. Aus diesem Vorschlag kann man entnehmen, dass z. B. zur Darstellung der Verarbeitung des oberen Grenzwertes (erzeugt in einer „Ursprungs“-EMSR-Stelle) in einer übergeordneten EMSR-Stelle im Buchstabencode der „Ursprungs“-EMSR-Stelle der Kennbuchstabe „S“ in Verbindung mit dem „+“-Zeichen verwendet werden muss, d. h. der Kennbuchstabe „O“ (Sichtzeichen) gemäß Bild 3–22 ist hierfür alleine nicht ausreichend. Verwendung der EMSR-Stellenkennzeichnung „US“ Werden Stelleinrichtungen in Abhängigkeit von Signalen anderer EMSR-Stellen durch einen Steueralgorithmus gesteuert (vgl. z. B. Bild 3–60), dann ist es sinnvoll, hierfür eine EMSR-Stelle mit der EMSR-Stellenkennzeichnung „US“ vorzusehen, die mit denjenigen EMSR-Stellen, welche die Eingangssignale für den Steueralgorithmus liefern, durch eine strichlierte Wirkungslinie verbunden ist. In der EMSR-Stelle mit der Kennzeichnung „US“ wird der Steueralgorithmus abgearbeitet, d. h. diese EMSR-Stelle steuert mit den entsprechenden Ausgangssignalen die jeweiligen Stelleinrichtungen an. Die betreffenden Stelleinrichtungen ihrerseits sind also ebenfalls durch strichlierte Wirkungslinien mit dieser EMSR-Stelle zu verbinden (siehe Bild 3–60). Verwendung der EMSR-Stellenkennzeichnung „EU“ EMSR-Stellen mit der Kennzeichnung „EU“ charakterisieren nach DIN 19227 die sogenannte Motorstandardfunktion, die sich aus den Einzel-Funktionen

29 In diesem Fall ist der Kennbuchstabe „S“ sinnvollerweise ohne „+“ und/oder „-“ zu verwenden!

3.3 Kernprojektierungsinhalt x

Handschaltung (EMSR-Stellenkennzeichnung „HS±“),

x

Laufanzeige mit Sichtzeichen (EMSR-Stellenkennzeichnung „SO±“),

41

x

Anzeige des durch den Motor fließenden elektrischen Stromes (EMSR-Stellenkennzeichnung „EI“) zusammensetzt. Durch Zusammenfassung der genannten Einzelfunktionen zu einer Standardfunktion wird einerseits das R&I-Fließschema übersichtlicher, andererseits bietet sich die Verwendung der EMSR-Stellenkennzeichnung „EU“ in denjenigen Fällen an, bei denen sich zwischen Stellsignal und Motor ein in der Schaltanlage befindliches sogenanntes Motor-Control-Center (MCC) bzw. ein Verbraucherabzweig befindet,30 womit die genannten Einzel-Funktionen in komfortabler Weise realisiert werden. Des Weiteren verdeutlichen die in Bild 3–18 bis Bild 3–21 dargestellten Auszüge aus dem R&I-Fließschema der Gesamtanlage auch die unterschiedliche Nutzung der Stelltechnik, wobei Stelleinrichtungen mit pneumatischer Hilfsenergie und elektrischer Hilfsenergie betrachtet werden. Wie aus der eingetragenen Symbolik für diese Stelleinrichtungen ersichtlich wird, werden sowohl von den Regelkreisen als auch von den binären Steuerungen diese Stelleinrichtungen bedient. Dabei ist aus dem R&I-Fließschema eindeutig erkennbar, dass in Regelkreisen – bis auf Ausnahme des Zweipunkt- bzw. Dreipunktregelkreises – meistens analoge Stelleinrichtungen (z. B. analoge Stellventile) eingesetzt werden, während eine binäre Steuerung stets binäre Stelleinrichtungen (z. B. binäre Stellventile wie Auf-Zu-Ventile) bedient. In diesem Zusammenhang spielt die sogenannte Vorzugsrichtung von Stelleinrichtungen bei Ausfall der Hilfsenergieversorgung eine bedeutsame Rolle für die Anlagensicherheit, weil die Stelleinrichtungen im Havariefall auch ohne Hilfsenergieversorgung selbsttätig einen sicheren Anlagenzustand herbeizuführen haben. Bild 3–23 zeigt die in der Anlagenautomatisierung typischen Verhaltensweisen am Beispiel von Ventilstelleinrichtungen. Die jeweils eingezeichnete Pfeilrichtung kennzeichnet das Verhalten dieser Stelleinrichtungen bei Hilfsenergieausfall. Die Festlegung dieses Verhaltens ist für die Anlagensicherheit von ausschlaggebender Bedeutung und daher ein wesentlicher Projektierungsschritt, durch den bereits im R&I-Fließschema eindeutig festgelegt wird, welche Vorzugslage eine Stelleinrichtung einnimmt. Die gleichfalls im Bild 3–23 erfassten elektrischen Stellantriebe verharren im Unterschied zu den pneumatischen Stellantrieben bei Hilfsenergieausfall in der jeweils erreichten Position. Dieses Verhalten ist, wie oben bereits angesprochen, vom Projektierungsingenieur für die richtige Auswahl der Stelleinrichtung zum sicheren Betrieb des verfahrenstechnischen Prozesses zu berücksichtigen. Es kann also festgestellt werden, dass mit dem R&I-Schema die erforderlichen EMSR-Stellen projektiert sowie die Anforderungen an die Automatisierungsanlage erfasst und dokumentiert sind.

30 Ob Motoren über Motor-Control-Center (MCC) oder Verbraucherabzweige (VA) angesteuert werden, hängt von der zu schaltenden Leistung ab. Verbraucherabzweige werden meist bis ca. 11 kW zu schaltende Leistung eingesetzt. Siehe hierzu Beispiel eines Verkabelungskonzepts im Anhang 4.

42

Kernprojektierung

Symbol

Bedeutung im R&I-Fließschema

Ventilstelleinrichtung, bei Hilfsenergieausfall schließend

Ventilstelleinrichtung, bei Hilfsenergieausfall öffnend

Ventilstelleinrichtung, bei Hilfsenergieausfall verharrend 31

Bild 3–23: Typisches Verhalten von Stelleinrichtungen bei Hilfsenergieausfall am Beispiel von Ventilstelleinrichtungen Die Projektierung einer Automatisierungsanlage erfordert eine weitere Detaillierung der projektierten EMSR-Stellen, das heißt, es ist die Frage zu stellen, welche Automatisierungsmittel im Einzelnen für die technische Realisierung einer EMSR-Stelle einzusetzen sind. Diese Aufgabe wird durch Auswahl und Dimensionierung von Messbzw. Stelleinrichtungen sowie Prozessorik und Bussystemen gelöst (vgl. Abschnitt 3.3.3.3). 3.3.3.2 EMSR Stellenliste sowie EMSR-Stellen- und Signalliste Um die im R&I-Fließschema mittels EMSR-Stellen dargestellten Informationen im Projektierungsprozess strukturiert weiterverarbeiten zu können, ist eine Bündelung dieser Informationen erforderlich. Hierzu wird meist die EMSR-Stellenliste benutzt, in der tabellarisch alle EMSR-Stellen aus dem R&I-Fließschema mit wesentlichen ergänzenden Informationen wie z. B. zur Prozessgröße und den Verarbeitungsfunktionen erfasst werden. Mit welchem Detaillierungsgrad ergänzende Informationen in der EMSR-Stellenliste dargestellt werden, ist hauptsächlich vom jeweils vorliegenden Anwendungsfall abhängig. Bild 3–24 zeigt beispielhaft eine EMSR-Stellenliste. Abhängig vom jeweils vorliegenden Anwendungsfall ist auch eine komplexere Ausführung der EMSR-Stellenliste denkbar, aus der mit Blick auf die Erarbeitung der Anwendersoftware (vgl. Abschnitt 3.4.5) hervorgeht, welche Signale in der jeweils betrachteten EMSR-Stelle zu berücksichtigen sind. Hierdurch wird die EMSR-Stellenliste zur EMSR-Stellen- und Signalliste.

31 Neben den im Bild 3–23 dargestellten Symbolen sind in DIN 19227 weitere Symbole für das Verhalten von Stelleinrichtungen bei Hilfsenergieausfall definiert, d. h. Bild 3–23 enthält nur die typischen und daher häufig verwendeten Symbole.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

Bild 3–24: Beispiel einer EMSR-Stellenliste

43

44

Kernprojektierung

3.3.3.3 Auswahl und Dimensionierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen sowie Prozessorik und Bussystemen Ausgehend von Bild 1–4 besteht eine Automatisierungsanlage aus Mess- bzw. Stelleinrichtungen sowie Prozessorik. Die Signalübertragung zwischen diesen Komponenten erfolgt ggf. auch busbasiert. Gegenstand der nachfolgenden Betrachtungen ist die Auswahl und Dimensionierung derartiger Komponenten. Dafür sind generell folgende allgemeingültige Forderungen zu erfüllen: x

Zuverlässigkeit:

x

Prozessbedingungen:

x

Kundenanforderungen:

x

Integrierbarkeit:

x

Energieverbrauch:

x

Kostenbestimmung:

x

Sonstiges:

Die Ausfallsicherheit der eingesetzten Messbzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bussysteme muss die notwendigen Anforderungen für den Betrieb der Produktionsanlage erfüllen. Die für den jeweiligen Produktionsprozess charakteristischen Prozessparameter wie Temperatur, Druck, Medieneigenschaften, Explosionsgefährdung, Strahlung, elektromagnetische Felder usw. sind, soweit erforderlich, bei der Auswahl der Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bussysteme zu berücksichtigen. Häufig gibt der Auftraggeber vor, von welchen Herstellern die erforderlichen Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bussysteme zu beziehen sind. Die Erweiterung einer bereits bestehenden Automatisierungsanlage durch zusätzliche Messbzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bussysteme sollte mit möglichst geringem Aufwand realisierbar sein (z. B. kein Wechsel in der Art der Hilfsenergieversorgung). Die von den Mess- bzw. Stelleinrichtungen (z. B. Pumpenmotoren, elektrische Stellantriebe usw.), Prozessorik (z. B. SPS-Technik) sowie Bussystemen aufgenommene Hilfsenergie ist durch entsprechende Auswahl und Dimensionierung zu minimieren und (bilanzierbar) zu erfassen. Ein Preisvergleich der Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bussysteme unterschiedlicher Hersteller für die Realisierung einer Automatisierungsaufgabe ist eine wesentliche Komponente zur Senkung der Projektkosten. Hierbei sind solche Aspekte wie z. B. Größe, Gewicht und Einbaumöglichkeit von Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik sowie Bussystemen einschließlich Kundendienst u. a. zu betrachten.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

45

Schließlich ist auch eine Wichtung o. g. Forderungen gegeneinander vorzunehmen. Das heißt zum Beispiel, die erforderliche Zuverlässigkeit der Automatisierungsanlage immer höher zu priorisieren als die Senkung der Kosten für die Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik und Bussysteme. Bei Projektierung einer EMSR-Stelle (z. B. Regelung oder binäre Steuerung) beginnt man zunächst mit der Auswahl und Dimensionierung der Messeinrichtungen (Sensorik). Diese Aufgabe gestaltet sich für den Projektierungsingenieur vergleichsweise einfach, denn durch Auswertung entsprechender Firmendokumentationen (Kataloge) wählt er anhand der vom Verfahrenstechniker im Allgemeinen vorgegebenen Messbereiche und unter Berücksichtigung der vorgenannten allgemeinen Bedingungen (Zuverlässigkeit, Prozessbedingungen, Kundenanforderungen, Integrierbarkeit, Energieverbrauch etc.) die jeweils erforderliche Sensorik (Messeinrichtung) aus (siehe Bild 3–25). Dafür sind zusätzlich auch die entsprechenden Prozessparameter wie Temperatur, Druck bzw. Medieneigenschaften zu berücksichtigen. Hinweise zur Auswahl der für den jeweils vorliegenden Anwendungsfall geeigneten Sensorik sind [11, 12, 13, 14] zu entnehmen. Vorgabe durch Verfahrenstechniker

Sensorik

Temperatur 1

Widerstandsthermometer

Temperatur 2

Thermoelement

Druck Füllstand Durchfluss

jeweils Messbereich von … bis…

Halbleiterdrucksensor Ultraschallsensor induktiver Durchflusssensor

einschließlich Wandler

Prozess

Bild 3–25: Zur Auswahl der Sensorik Bei Auswahl und Dimensionierung von Stelleinrichtungen, häufig auch als Aktorik bezeichnet, sind vom Projektierungsingenieur umfangreichere Überlegungen anzustellen. Die im Abschnitt 2 bereits vorgestellten Prozessbeispiele beruhen auf der Darstellung von Durchfluss- bzw. Füllstandsregelungen als typische Regelungsaufgaben. Für beide Regelungsaufgaben ist von einem Flüssigkeitsdurchfluss (häufig Wasser) auszugehen. Folglich besteht die Regelungsaufgabe darin, jeweils einen Durchfluss entsprechend dem vom Regelalgorithmus erzeugten Stellsignal (Stellgröße) zu realisieren.

46

Kernprojektierung

Weil in der Verfahrenstechnik vorrangig x

Kreiselpumpen

x

Kolbenhubpumpen und

x Stellarmaturen als Stellglieder für die Stoffstromstellung zum Einsatz kommen, werden nachfolgend deren Funktionsweise und Einsatzbedingungen näher erläutert. 32 Die Kreiselpumpe (Bild 3–26) wird als erstes Stellglied für die Stoffstromstellung vorgestellt.33 Druckseite

Laufradschaufeln

Saugseite Vorderansicht

Antriebswelle Seitenansicht

Bild 3–26: Aufbau einer Kreiselpumpe (Vorder- und Seitenansicht)

32 Zum besseren Verständnis der Funktionsweise dieser Stellglieder werden auch notwendige Grundlagen aus der Strömungsmechanik (zumindest in verbaler Form, d. h. nicht formelmäßig) kurz aufgegriffen und in die Erläuterungen zur Auswahl und Dimensionierung dieser Stelleinrichtungen einbezogen. Zur Vertiefung sei u. a. auf [15] verwiesen. 33 In der einschlägigen Fachliteratur wird statt des Begriffes „Durchfluss“ häufig auch der Begriff „Förderstrom“ verwendet.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

47

Die Kreiselpumpe saugt Flüssigkeit in das Pumpengehäuse, wobei das drehende Schaufelrad die Flüssigkeit beschleunigt und auf Grund der vorhandenen Zentrifugalkraft durch die Austrittsöffnung (Druckseite) wieder austreten lässt. Der somit erzeugte Förderstrom bewirkt einen Druckunterschied zwischen Pumpeneintritt und Pumpenaustritt. Dabei bildet sich durch das Wegströmen der Flüssigkeit von der Schaufelradachse am Pumpeneintritt ein Unterdruck aus. Das bedeutet, bei Ansaugen von Flüssigkeit aus einem tiefergelegenen Behälter wird die Saughöhe von der Differenz aus Behälterdruck und erreichbarem Unterdruck am Pumpeneintritt begrenzt. Dieser konstruktive Aufbau der Kreiselpumpe bewirkt weiterhin, dass sie im abgeschalteten Zustand nicht dicht schließt. Wird folglich der Gegendruck (aus dem vorliegenden Rohrleitungsabschnitt) zu hoch, so entsteht eine entgegengesetzte Strömung. Um dies zu verhindern, ist in den Förderstutzen der Pumpe oder in die nachfolgende Rohrleitung ein Rückschlagventil einzubauen, welches sich nur bei Vorhandensein des Förder34 drucks öffnet. In diesem Zusammenhang ist weiterhin zu bemerken, dass eine Kreiselpumpe auch über kürzere Zeit gegen ein geschlossenes Ventil (Absperrventil) arbeiten kann, ohne dass dabei der Antrieb überlastet oder zerstört wird. Große Kreiselpumpen, zum Beispiel ab 2 kW aufgenommene elektrische Leistung, sind stets gegen ein geschlossenes Absperrventil an- bzw. abzufahren. Zur Auswahl einer Kreiselpumpe für einen Anlagenabschnitt (Rohrleitungsabschnitt) werden die sogenannte Pumpenkennlinie (Bild 3–27) bzw. bei regelbaren Kreiselpumpen das Pumpenkennlinienfeld (Bild 3–28) verwendet. Das heißt, auf der Abszisse ist der Förderstrom q aufgetragen und auf der Ordinate der sogenannte Förderdruck 'p sowie der Wirkungsgrad Ș. Mit dieser Kennlinie bzw. diesem Kennlinienfeld wird damit jeweils für eine konstante Drehzahl der Zusammenhang zwischen Förderstrom, Förderdruck und Wirkungsgrad dargestellt (Bild 3–27 bzw. Bild 3–28). Förderstrom von Null (Punkt A im Bild 3–27) bedeutet, dass die Kreiselpumpe entweder gegen geschlossenes Ventil gefahren wird, oder der statische Druck in der auf der Pumpen-Druckseite angeschlossenen Rohrleitung ist gleich dem Förderdruck ǻp0. Die Kreiselpumpe ist in diesem Fall zwar in Betrieb, transportiert jedoch keine Flüssigkeit, so dass der Wirkungsgrad Ș für diese beiden Fälle gleich Null ist, weil die gesamte aufgenommene Antriebsenergie im Pumpengehäuse in Wärme umgesetzt wird. Steigt nun der Förderstrom an, erreicht die Pumpe in einem Arbeitspunkt (Nennförderstrom q0, vgl. Punkt B im Bild 3–27) den maximalen Wirkungsgrad. Beim weiteren Ansteigen des Förderstroms (Punkt C im Bild 3–27) nimmt auch die aufgenommene Antriebsleistung zu, wobei sich bei sinkendem Förderdruck der Wirkungsgrad verschlechtert. Die erhöhte Leistungsaufnahme kann auch zur Überlastung des Antriebsmotors führen, weshalb ein bestimmter Förderstrom nicht überschritten werden darf. Die Auswahl einer Kreiselpumpe kann damit nach einer relativ überschaubaren Vorgehensweise erfolgen, wofür zwei Fälle unterschieden werden.

34 Bildet sich an der Saugseite der Pumpe ein Unterdruck aus, der geringer ist als der sogenannte Dampfdruck der Flüssigkeit, tritt eine Verdampfung ein, so dass beim Implodieren der entstandenen Dampfblasen an Stellen höheren Druckes eine Zerstörung des Schaufelrades eintreten kann. Diese Erscheinung wird Kavitation genannt.

48

Kernprojektierung

' p ,K

Pumpenkennlinie Wirkungsgradkennlinie

'p0 (n1 )

A B

K ( n1 )

' p ( n1 ) C

q0

q

Bild 3–27: Kennlinien einer Kreiselpumpe (Pumpenkennlinie und Wirkungsgradkennlinie) Im ersten Fall wird die Pumpe als binäre Stelleinrichtung für die Realisierung eines konstanten Förderstroms – z. B. in einer Rohrleitung – eingesetzt, wobei die Pumpe mit konstanter Drehzahl arbeitet. Im zweiten Fall wird die Pumpe als analoge Stelleinrichtung eingesetzt, wobei die Drehzahl zur Realisierung unterschiedlicher Förderströme verändert wird (Bild 3–28).

' p ,K 'p (n 2 )

A

' p ( n1 )

n

B

K ( n1 )

K (n 2 )

C

q0

q

Bild 3–28: Pumpenkennlinienfeld und Wirkungsgradkennlinien einer Kreiselpumpe

3.3 Kernprojektierungsinhalt

49

Zunächst wird der erste Fall – die Pumpe arbeitet mit konstanter Drehzahl – detaillierter betrachtet. Dazu sind Pumpenkennlinie und Kennlinie des Anlagenabschnitts, der an die Druckseite der Pumpe angeschlossen ist (Anlagenkennlinie35) gemeinsam in ein Koordinatensystem (Druckabfall 'p über q, Bild 3–29) einzutragen und der geplante Arbeitspunkt der Kreiselpumpe durch den Schnittpunkt von Pumpen- und Anlagenkennlinie festzulegen. Pumpenkennlinie

ο‫݌‬

'p Pumpe

Arbeitspunkt:

'p Anlage

Anlagenkennlinie

q0

‫ݍ‬

Bild 3–29: Zur Auswahl einer Kreiselpumpe an Hand der statischen Kennlinien von Anlagenabschnitt und Pumpe (qo: Förderstrom im Arbeitspunkt) Des Weiteren ist der Wirkungsgrad der Pumpe gleichfalls zur Bestimmung des Arbeitspunktes (der Nennverhältnisse) heranzuziehen (Bild 3–30).

K

K max

q0

q

(optimal) akzeptabler Bereich Bild 3–30: Wirkungsgrad einer Kreiselpumpe in Abhängigkeit vom Förderstrom (q0: Förderstrom im Arbeitspunkt)

35 Die Anlagenkennlinie gibt an, wie groß der von der Anlage durch darin befindliche Strömungswiderstände verursachte Druckabfall in Abhängigkeit vom durch die Anlage fließenden Förderstrom ist.

50

Kernprojektierung

Entsprechend der erfolgten Pumpenauswahl ist hierbei ein Kompromiss für das Erreichen des Wirkungsgradmaximums Șmax häufig nicht zu vermeiden. Die Auswahl bzw. Dimensionierung der Pumpe ist im Sinne der Planung akzeptabel, wenn für den Nennförderstrom q0 noch eine Toleranz von zum Beispiel ±10% zum Wirkungsgradmaximum Kmax eingehalten wird. Für den zweiten Fall (drehzahlgeregelte Kreiselpumpe), ist das Pumpenkennlinienfeld (Bild 3–31) die Basis für die Auswahl und Dimensionierung. Dafür werden zum Beispiel für die Drehzahlen n1, n2 und n3 die zugehörigen Pumpenkennlinien eingetragen und an Hand der Anlagenkennlinie der Arbeitspunkt q0 sowie der Arbeitsbereich der Kreiselpumpe durch qmin und qmax festgelegt. Sowohl die Vorgabe des Arbeitspunktes als auch der Arbeitsbereich werden dabei vom Verfahrenstechniker festgelegt.

'p

n1  n2  n3 Pumpenkennlinien

Anlagenkennlinie

n3 n2 n1

qmin

q0

q max

q

Bild 3–31: Anlagenkennlinie und Kennlinienfeld einer Kreiselpumpe (q0: Förderstrom im Arbeitspunkt) Betrachtet man dazu noch das zugehörige Wirkungsgradkennlinienfeld (Bild 3–32), so ergibt sich für den Nennförderstrom q0 und die Drehzahl n2 das Wirkungsgradmaximum Kmax . Berücksichtigt man nun den durch qmin und qmax vorgegebenen Arbeitsbereich wird je nach Drehzahländerung der Wirkungsgrad K im Kennlinienfeld verschoben, wobei auch hier wie im ersten Fall darauf zu achten ist, dass der Wirkungsgrad den akzeptablen Toleranzbereich nicht verlässt.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

51

K

n3

K max n1

qmin

q0

n2

q

q max

akzeptabler Bereich Bild 3–32: Wirkungsgradkennlinienfeld einer Kreiselpumpe in Abhängigkeit vom Förderstrom (q0: Förderstrom im Arbeitspunkt) Anhand des im Bild 3–33 dargestellten Algorithmus lassen sich die einzelnen Schritte zur Auswahl einer Pumpe einprägsam nachvollziehen und berücksichtigen.

Nutzung der Kreiselpumpe als Stellglied mit veränderlicher Drehzahl

Druckerhöhungseinrichtung Festlegung von

qmax und qmin nach verfahrenstechnischen Vorgaben sowie q0 nach ο‫݌‬௉௨௠௣௘ ሺ݊ሻ ൌ ο‫݌‬஺௡௟௔௚௘

ߟ௠௔௫ ሺ݊ሻ nach ‫ݍ‬଴ ሺ݊ሻ

‫ݍ‬଴ nach ο‫݌‬௉௨௠௣௘ ൌ ο‫݌‬஺௡௟௔௚௘

ߟ௠௔௫ nach ‫ݍ‬଴

Pumpenauswahl Bild 3–33: Algorithmus zur Auswahl einer Kreiselpumpe Die Kolbenhubpumpe wird als zweites Stellglied für die Stoffstromstellung vorgestellt. Im Unterschied zur Kreiselpumpe ist bei diesem Pumpentyp der Förderstrom unabhängig vom Gegendruck, das heißt, die Pumpe arbeitet für jeden Förderstrom mit konstantem Förderdruck. Im Bild 3–34 wird dieser Sachverhalt prinzipiell aufgezeigt.

52

Kernprojektierung

Dieses für den Projektierungsingenieur durchaus günstige Verhalten erklärt sich aus dem konstruktiven Aufbau dieses Pumpentyps. ǻp

q Bild 3–34: Kennlinie einer Kolbenhubpumpe für den Zusammenhang zwischen Förderdruck und Förderstrom Entscheidend für den druckunabhängigen Förderstrom ist der Aufbau dieser Pumpe, bei der der Förderstrom mittels eines Kolbens und zweier wechselnd wirkender Rückschlagventile erzeugt wird (Bild 3–35).

Bild 3–35: Prinzipieller Aufbau einer Kolbenhubpumpe Damit wird ersichtlich, dass durch die Verstellung des Kolbenhubes zwischen 0% und 100% auch der Förderstrom zwischen 0% und 100% stellbar ist. Folglich ist auch die Kolbenhubpumpe ein Stellglied zur kontinuierlichen Stoffstromstellung, dessen Aus-

3.3 Kernprojektierungsinhalt

53

wahl und Dimensionierung durch Nominalfördermenge (Fördermenge im Arbeitspunkt) und Druckbelastbarkeit des Pumpengehäuses hinreichend bestimmt ist. Die Stellarmatur (Drosselstellglied) wird als drittes Stellglied für die Stoffstromstellung vorgestellt. Eine Stellarmatur hat die Aufgabe, in einem Rohrleitungssystem durch ihren veränderbaren Strömungswiderstand den Förderstrom zu beeinflussen. Zunächst werden im Bild 3–36 in schematischer Darstellung die in der Verfahrenstechnik üblichen Stellarmaturen aufgezeigt, wobei das Stellventil zweifelsohne die am häufigsten eingesetzte Stellarmatur ist.

h

h

Stellventil

Schieber

ij

ij

Kugelhahn

Stellklappe (zentrisch)

Bild 3–36: Stellarmaturen für die Stoffstromstellung Der im Bild 3–36 dargestellte Schieber ist eine häufig in der Anlagentechnik eingesetzte Stellarmatur, die im Vergleich zum Stellventil entweder vollständig geöffnet oder geschlossen sein kann und damit den Förderstrom entweder komplett sperrt oder vollständig freigibt. Der gleichfalls dargestellte Kugelhahn ist auch eine Stellarmatur und verhält sich funktionell vergleichbar dem Schieber. Schließlich ist es mit der Stellklappe möglich, im Vergleich zu Schieber bzw. Kugelhahn auch ein näherungsweise kontinuierliches Stellen zu realisieren, wobei Stellklappen vorrangig für das Stellen von Gasströmen, zum Beispiel im Zusammenhang mit Verbrennungsregelungen eingesetzt werden. Entsprechend der Bedeutung der Stellventile werden sie im Folgenden ausführlicher betrachtet. Bild 3–37 zeigt den schematischen Aufbau eines solchen Ventils.

Ventilkegel

Ventilhub h

Ventilspindel Stopfbuchse

Ventil im zugefahrenen Zustand Ventilsitz (Dichtring) Bild 3–37: Zum Aufbau eines Stellventils

54

Kernprojektierung

Der Ventilkegel ist das ausschlaggebende Bauteil, da er durch seine geometrische Form das Durchflussverhalten des Stellventils beeinflusst. Im Normalfall ist das Stellventil nicht vollständig geschlossen, weil bei schließendem Aufsetzen des Ventilkegels auf dem Ventilsitz Beschädigungen des Ventilkegels nicht auszuschließen sind. Der jeweils erforderliche Ventilhub h wird von einem Stellantrieb über die Ventilspindel realisiert. Besteht aus verfahrenstechnischen Gründen die Notwendigkeit, einen Rohrleitungsabschnitt vollständig zu sperren, wird zusätzlich ein „Auf/Zu“-Ventil eingesetzt. Stellt man sich nun die Aufgabe, ein Stellventil auszuwählen, so ist zunächst das grundsätzliche Verhalten dieses Stellgliedes in einem Anlagenabschnitt (Rohrleitungsabschnitt) zu diskutieren. Dabei wirkt das Stellventil wie ein veränderlicher Strömungswiderstand, der einen dynamischen Druckabfall ǻp erzeugt, welcher quadratisch von der Strömungsgeschwindigkeit bzw. dem Flüssigkeitsdurchsatz abhängt (Bild 3–38). Das bedeutet, ein Teil des am Rohrleitungsanfang zum Beispiel durch eine Kreiselpumpe erzeugten Gesamtdruckes ǻp0 wird durch das Stellventil abgebaut und bewirkt damit einen Energie-„Verlust“. ݄

ο‫݌‬଴

ο‫݌‬

Bild 3–38: Zur Wirkung eines Stellventils in einem Rohrleitungsabschnitt Im Standardfall verfügt eine verfahrenstechnische Anlage über eine Vielzahl dieser Stellventile, wobei je nach Rohrleitungsabschnitt unterschiedliche Strömungs- und Druckverhältnisse wirken. Es ist folglich nicht elementar, immer das richtige Stellventil auszuwählen, da eine Vielzahl unterschiedlicher verfahrenstechnischer Parameter zu berücksichtigen ist. Damit ergibt sich umso mehr die Notwendigkeit, dem Projektierungsingenieur eine systematische Vorgehensweise für die entsprechende Auswahl und Dimensionierung eines Stellventils bereitzustellen. Daher ist es zunächst erforderlich, wesentliche Parameter zur Klassifizierung solcher Stellventile zu definieren und ihre Nutzung für Auswahl und Dimensionierung zu erläutern. Es wurde für einen stets (experimentell) reproduzierbaren Vergleich von Stellventilen ein Normzustand definiert, der auf einheitlichen und vergleichbaren Druck- und Durchflussverhältnissen basiert und von den Ventilherstellern konsequent angewendet wird. In den USA wurde der sogenannte cV -Wert (coefficient of valve) eingeführt und für den europäischen Markt einige Jahre später von K. H. Früh der sogenannte kV -Wert (Ventilkapazität) entwickelt und etabliert (vgl. VDI/VDE 2173). Sowohl cV-Wert, als auch kV- Wert basieren auf einer vergleichbaren Prüfstandskonfiguration (Bild 3–39) sowie vergleichbaren Prüfstandsexperimenten, die auch unter den Begriffen cV -WertMethode bzw. kV -Wert-Methode bekannt sind. Das bedeutet also, man montiert das

3.3 Kernprojektierungsinhalt

55

nach Projektierungsvorgabe gefertigte Stellventil auf dem Prüfstand, so dass mit Hilfe einer stellbaren Kreiselpumpe unterschiedliche Förderströme durch das Stellventil gepumpt werden können. Als Medium wird dafür Wasser mit der Dichte ȡ= 1000 kg/m3 bei einer Temperatur von 20° Celsius verwendet. Eine Differenzdruckregelung (Bild 3–39) sorgt dafür, dass der Differenzdruck über dem Stellventil unabhängig vom momentanen Ventilhub stets konstant bleibt.

FI

PDIC

݄ ሺͲ ǥ ͳͲͲΨሻ

ο‫ ݌‬ൌ ܿ‫ݐݏ݊݋‬Ǥ

Symbol für allgemeine Darstellung eines Stellortes Bild 3–39: Prüfstand zur Bestimmung der Stellventilkennlinie Der jeweils bei einem bestimmten Ventilhub h durch das Stellventil fließende Förderstrom wird gemessen, wobei der Förderstrom bei der cV -Wert-Methode in Gallonen pro Minute und bei der kV -Wert-Methode in m3 pro Stunde erfasst wird. Für beide Methoden wird, wie bereits ausgeführt, der Differenzdruck über dem Stellventil konstant gehalten und beträgt bei der cV -Wert-Methode 1 psi bzw. bei der kV -Wert-Methode 0,98 bar (0,98·105 Pa). Der sich unter diesen Bedingungen bei einem bestimmten Ventilhub h einstellende Förderstrom heißt daher cV -Wert bzw. kV -Wert. Werden cV Wert bzw. kV -Wert als Messwerte über dem Ventilhub h in einem Diagramm eingetragen und diese Punkte anschließend miteinander verbunden, so entsteht die statische Kennlinie des Stellventils, die als Ventilkennlinie oder auch Grundkennlinie bezeichnet wird. Bild 3–40 zeigt dazu die beiden grundsätzlichen Formen dieser Ventilkennlinien, die man je nach Form als lineare bzw. gleichprozentige Kennlinie bezeichnet.

56

Kernprojektierung

Bild 3–40: Lineare bzw. gleichprozentige Stellventilkennlinie Generell ist die Form der Ventilkennlinien vom Projektierungsingenieur nach einem noch zu erläuternden Algorithmus festzulegen und vom Ventilhersteller für das jeweils angeforderte Stellventil zu realisieren. Wie bereits ausgeführt, schließen Stellventile bei Ventilhub Null im Allgemeinen nicht dicht, um Beschädigungen durch direktes Aufsetzen des Ventilkegels auf dem Ventilsitz zu vermeiden. Den auf diese Weise noch vorhandene Restförderstrom des Stellventils bezeichnet man als kVo-Wert (Bild 3–41). kV [m³/h] kVS

nicht vollständig schließend

kV0

vollständig schließend 0

100

Hub h [%]

Bild 3–41: Lineare Kennlinie eines vollständig schließenden bzw. nicht vollständig schließenden Stellventils Diese Gegebenheit ist aus Kosten- und Funktionsgründen nicht als Nachteil zu betrachten, da für das vollständige Absperren einer Rohrleitung – wie bereits erläutert – häufig die vergleichsweise einfach aufgebauten Auf/Zu-Ventile eingesetzt werden. Darüber hinaus kann das Stellventil auch durch konstruktive Gestaltung, z. B. durch den Einsatz von Weichdichtungen, vollständig schließend ausgeführt werden. Als weitere Ventilparameter werden mit Bild 3–41 der kVs- bzw. ݇௏బ -Wert eingeführt, die gleichfalls für die Auswahl und Dimensionierung eines Stellventils relevant sind. Berücksichtigt man hierbei – wie bereits festgestellt – dass der Verfahrenstechniker den Arbeitsbereich einer verfahrenstechnischen Anlage bestimmt, so kann man wieder auf die bereits bei der Pumpenauswahl erläuterten verfahrenstechnischen Parameter qmin und qmax zurückgreifen und diese für die Berechnung der Parameter kVmax (kleiner kVs )

3.3 Kernprojektierungsinhalt

57

und kVmin (größer ݇௏బ ) nutzen. Dazu wird die allgemeine Größengleichung ݇௩ ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬ට



ο௣

verwendet [7]. In diese Gleichung werden jeweils qmin bzw. qmax eingesetzt. Dar-

aus folgt für die Parameter ݇௩೘೔೙ bzw. ݇௩೘ೌೣ : ݇௩೘೔೙ ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬௠௜௡ ට



ο௣

bzw. ݇௩೘ೌೣ ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬௠௔௫ ට



ο௣

mit q als Förderstrom (Durch-

satz) in m3/h, ȡ als Dichte des strömenden Mediums in 103 kg/m3 sowie ǻp als Druckabfall über dem Stellventil (Vorgabe 1 bar). Anhand des ݇௩೘೔೙ - und ݇௩೘ೌೣ -Wertes wird nun das sogenannte Stellverhältnis ܵ ൌ

௞ೡ೘ೌೣ ௞ೡ೘೔೙

berechnet, welches auch als theoreti-

sches Stellverhältnis bezeichnet wird und somit eine Kennzahl repräsentiert, die den erforderlichen minimalen bzw. maximalen Förderstrom durch das Stellventil festlegt. Der Projektierungsingenieur ermittelt dieses Stellverhältnis als Orientierungsgrundlage für die Stellventilauswahl anhand von Firmenunterlagen der Ventilhersteller, die entsprechende Vorzugsstellverhältnisse ausweisen. Folglich ist das Stellverhältnis ein weiterer wesentlicher Parameter für Auswahl und Dimensionierung eines Stellventils. Anhand des im Bild 3–42 dargestellten Algorithmus’ lassen sich die einzelnen Schritte zur Auswahl eines Stellventils einprägsam nachvollziehen und berücksichtigen. Des Weiteren hat der Projektierungsingenieur in die Auswahl der Stellventilkennlinie auch die Eigenschaften des Rohrleitungssystems der verfahrenstechnischen Anlage mit einzubeziehen. Zunächst ist dafür die sogenannte Rohrleitungskennlinie erforderlich. Diese Kennlinie ist gleichfalls eine statische Kennlinie, die sich aus dem Aufbau des Rohrleitungssystems einer Anlage bzw. eines Anlagenabschnittes ohne Stellventil ergibt und den Zusammenhang zwischen Druckabfall (über dem Rohrleitungssystem) und Durchsatz beschreibt. Die Bestimmung der Rohrleitungskennlinie ist im Vergleich zur Ermittlung der Stellventilkennlinie wesentlich schwieriger, da auf Grund der Konfiguration des Rohrleitungssystems erheblicher Aufwand für die Berechnung des Druckabfalls über dem Rohrleitungssystem in Abhängigkeit vom veränderlichen Durchsatz zu betreiben ist. Nur bei Kenntnis der Rohrleitungskennlinie kann der Projektierungsingenieur die Form der Stellventilkennlinie so bestimmen, dass der optimale Betrieb der Anlage mit eingebautem Stellventil gewährleistet ist. Optimaler Betrieb der Anlage bedeutet, mit Kenntnis der Rohrleitungskennlinie die Stellventilkennlinie so auszuwählen, dass durch additive Überlagerung beider Kennlinien möglichst eine lineare statische Kennlinie für den Arbeitsbereich der Anlage erzielt wird. Diese resultierende Kennlinie bezeichnet man als Anlagenkennlinie. Nicht selten fehlen aber dem Projektierungsingenieur ausreichend exakte Kenntnisse zum Verlauf der Rohrleitungskennlinie, die durch Berechnung oder experimentell – ggf. auch mittels Schätzung – bestimmbar ist, so dass das angestrebte Entwurfsziel – Realisierung einer linearen Anlagenkennlinie – nicht immer vollständig erreichbar ist. Als effizientes Hilfsmittel für diese Aufgabe kann die sogenannte Vierquadrantenmethode [7] eingesetzt werden, die auf folgenden Überlegungen beruht:

58

Kernprojektierung

Theoretische und experimentelle Anlagenuntersuchung zur:

Bestimmung der Art des Druckabfalls über der Rohrleitung

Rohrleitungskennlinie linear: Lineare Stellventilkennlinie

Rohrleitungskennlinie nichtlinear: Gleichprozent. Stellventilkennlinie

Festlegung des Druckabfalls ο‫݌‬ am Stellventil (i. Allg. ο‫ ݌‬ൌ 1 bar)

Berechnung von 1. ݇௏௠௔௫

݇௏௠௜௡  ఘ



ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬௠௜௡ ට ,

ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬௠௔௫ ට , ο௣

ο௣

2. Berücksichtigung der Prozessbedingungen (Medium, Temperatur, Druck)

Berechnung des Stellverhältnisses ܵ ൌ

4.

௞ೇ೘ೌೣ ௞ೇ೘೔೙

Ÿ Wähle in der Vorzugsreihe des Ventillieferanten das Stellventil mit dem nächstgrößeren Stellverhältnis aus!

5.

3. Auswahl des Stellventils

Die Ziffern 1–4 geben die Abarbeitungsreihenfolge an. Bild 3–42: Algorithmus zur Auswahl und Dimensionierung eines Stellventils x Zunächst muss der Projektierungsingenieur über die für das einzusetzende Stellventil ausgewählte Kennlinie sowie die berechnete oder experimentell ermittelte Rohrleitungskennlinie der jeweils betrachteten Anlage verfügen (Bild 3–43).

3.3 Kernprojektierungsinhalt

59

Bild 3–43: Stellventilkennlinie (gleichprozentig) und Rohrleitungskennlinie x Auf dieser Basis ist durch Überlagerung beider Kennlinien eine annähernd lineare Anlagenkennlinie – zumindest im Arbeitsbereich der verfahrenstechnischen Anlage (vgl. Bild 3–44) – zu erzeugen. Die Lösung dieser Aufgabe ist nicht elementar, so dass hierfür ein tragfähiger Lösungsansatz benötigt wird.

Bild 3–44: Anlagenkennlinie mit linearem Arbeitsbereich x Im Nomalfall kann davon ausgegangen werden, dass eine Kreiselpumpe den erforderlichen Druck für den betrachteten Anlagenabschnitt aufbringt, wobei je nach Länge des Rohrleitungssystems der Förderdruck der Pumpe mit steigendem Förderstrom sinkt und gleichzeitig der Druckabfall über dem Rohrleitungssystem zunimmt. Im Bild 3–45 wird dieses Verhalten qualitativ dargestellt.

60

Kernprojektierung

Bild 3–45: Rohrleitungs- und Pumpenkennlinie im Zusammenwirken x Dabei wird deutlich, dass der von der Kreiselpumpe erzeugte Förderdruck ǻpges. mit zunehmenden Förderstrom an der Kreiselpumpe (ǻpPumpe) und dem Rohrleitungssystem (ǻpRohrleitung) nur soweit ab- bzw. aufgebaut wird, dass je nach momentanem Durchsatz ein bestimmter Restdruck (ǻpStellventil) für das Stellventil verbleibt. Dieser Restdruck entspricht dem Druckabfall, der je nach vorhandenem Durchsatz q am eingebauten Stellventil abfällt. x Auf dieser Tatsache baut die bereits erwähnte Vierquadrantenmethode [7] auf und führt zur Vorausberechnung der zu erwartenden Anlagenkennlinie. Dafür sind folgende Arbeitsgänge vorgesehen: Arbeitsgang 1: Ermittlung (Berechnung oder experimentelle Erfassung) der Rohrleitungskennlinie. Arbeitsgang 2: Auswahl der Stellventilkennlinie – linear bzw. nichtlinear – falls eine Kompensation der Nichtlinearität der ermittelten Rohrleitungskennlinie erforderlich ist. Arbeitsgang 3: Eintragen der ausgewählten Stellventilkennlinie in das Vierquadrantenschema (siehe Bild 3–47). Arbeitsgang 4: Ermittlung der am eingebauten Stellventil auftretenden Druckabfälle (ǻpStellventil) in Abhängigkeit vom Durchsatz q aus Bild 3–46.

Bild 3–46: Ermittlung der am Stellventil auftretenden Druckabfälle ǻpStellventil

3.3 Kernprojektierungsinhalt Arbeitsgang 5:

61

Berechnung der kV-Wert-Kennlinie (kV-Werte) aus den Druckabfällen ǻpStellventil gemäß Größengleichung ݇௏ ൌ ͲǡͲ͵ʹ ȉ ‫ݍ‬ට



௱௣ೄ೟೐೗೗ೡ೐೙೟೔೗

Arbeitsgang 6: Arbeitsgang 7:

Übertragen dieser kV-Werte auf die Stellventilkennlinie (vgl. Arbeitsgang 6 im Bild 3–47). Konstruktion der Anlagenkennlinie durch Schnittpunktbestimmung an Hand der ausgewählten diskreten Werte des Förderstroms im Intervall qmin bis qmax sowie der ausgewählten Stellventilkennlinie.

Mit der Vierquadrantenmethode kann man die Anlagenkennlinie vorausbestimmen und damit für das ausgewählte Stellventil die notwendige Projektierungssicherheit schaffen.

Bild 3–47: Vierquadrantenmethode

62

Kernprojektierung

Ein weiterer Schwerpunkt der Projektierungsarbeit ist die Auswahl der Prozessorik für die Informationsverarbeitung, die das Bindeglied zwischen der Sensorik (Informationserfassung) und Aktorik (Informationsausgabe) ist. Das sogenannte leittechnische Mengengerüst (vgl. Abschnitt 3.3.3.5) erfasst dazu systematisch und umfassend alle Geräte für die Informationsverarbeitung sowie die zugehörigen Signalpegel. Daher wird bezüglich Auswahl und Dimensionierung der Prozessorik auf entsprechende Erläuterungen zum leittechnischen Mengengerüst verwiesen. Die Auswahl und Dimensionierung von Bussystemen ist in der Fachliteratur (z. B. [8]) so umfassend und ausführlich behandelt, dass darauf verwiesen wird. 3.3.3.4 EMSR-Stellenblatt sowie Verbraucherstellenblatt EMSR-Stellenblatt Im R&I-Fließschema sind u. a. die für die Automatisierung erforderlichen EMSR-Stellen dargestellt. Mit diesen EMSR-Stellen wird im R&I-Fließschema beschrieben, welche Funktionen (Messen, Steuern, Regeln, Stellen, Anzeigen, Alarmieren, …) in der Automatisierungsanlage (Bild 1–4) zu realisieren sind. Damit eine EMSR-Stelle die an sie gebundenen Funktionen ausführen kann, ist sie – wie im Abschnitt 3.3.3.3 beschrieben – zu instrumentieren, d. h. mit Geräten auszustatten. Diese Gerätetechnik wird EMSR-Stellenbezogen einerseits in der bereits erläuterten EMSR-Geräteliste tabellenartig, andererseits – um über den Informationsgehalt der EMSR-Geräteliste hinausgehende Detailinformationen bereitzustellen – in sogenannten EMSR-Stellenblättern dokumentiert. Das EMSR-Stellenblatt ist somit als Zusammenfassung aller für eine EMSR-Stelle relevanten Informationen zu betrachten und wird beim Einsatz eines CAE-Systems (siehe Abschnitt 6) während des Basic-Engineerings quasi „automatisch“ mit Daten gefüllt. Damit bei der Fülle der zur Verfügung stehenden Informationen die Übersicht erhalten bleibt, hat sich in der Projektierungspraxis heute das im 36 Bild 3–48 dargestellte Datenblatt prinzipiell durchgesetzt. Verbraucher-Stellenblatt Ähnlich wie für eine EMSR-Stelle kann man für jeden Verbraucher (z. B. Antriebe von Lüftern oder Ventilen) Detailangaben in sogenannten Verbraucher-Stellenblättern festhalten. Weil das Verbraucher-Stellenblatt prinzipiell ähnlich wie das EMSR-Stellenblatt aufgebaut ist, braucht hier darauf nicht in der gleichen Ausführlichkeit eingegangen zu werden. Bild 3–49 zeigt beispielhaft ein Datenblatt, das sich heute in der Projektierungspraxis prinzipiell durchgesetzt hat.

36 Hinweis zur Spalte „Spezifikation“ im Bild 3–48: Eine Spezifikation umfasst neben der Angabe eines allgemeinen Gerätetyps (z. B. Stellventil, Speisetrenner etc.) auch Angaben zum eingesetzten konkreten Gerät eines bestimmten Herstellers.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

Bild 3–48: Beispiel eines EMSR-Stellenblattes

63

64

Bild 3–49: Beispiel eines Verbraucher-Stellenblattes

Kernprojektierung

3.3 Kernprojektierungsinhalt

65

3.3.3.5 Leittechnisches Mengengerüst Bei der Erstellung des leittechnischen Mengengerüstes wird zunächst anhand des R&I-Fließschemas ermittelt, welche Prozessgrößen (z. B. Druck, Temperatur, Füllstand etc.) wie zu verarbeiten sind (z. B. messen, steuern, regeln, anzeigen, überwachen, stellen usw.). Anschließend werden auf dieser Basis nach Auslegung und Dimensionierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen sowie Prozessorik und Bussystemen in Anlehnung an die bereits erläuterte Struktur von Automatisierungsanlagen (Bild 1–4) die erforderlichen Mengen von Geräten zur x

Informationserfassung (Messeinrichtungen),

x

Informationsverarbeitung (Baugruppen speicherprogrammierbarer Steuerungen bzw. Prozessleitsysteme37 einschließlich Bedien- und Beobachtungseinrichtungen38, Kompaktregler, Wandler und Rechenglieder),

x Informationsausgabe (Stelleinrichtungen) zwecks sich daran anschließender Kalkulation (siehe Abschnitt 7.2) bestimmt. Auf der Grundlage des leittechnischen Mengengrüstes können anschließend auch die Mengen von x

Kabeln,

x

Montagematerial,

x Gefäßsystemen (z. B. Schaltschränke oder Klemmenkästen im Feld) kalkuliert werden. Schließlich wird das leittechnische Mengengerüst auch zur Kalkulation des Engineerings sowie zur Kalkulation von Montage und Inbetriebsetzung benutzt. Den prinzipiellen Aufbau des leittechnischen Mengengerüstes zeigt Bild 3–50. Die in diesem Bild unterhalb der Komponenten „Informationserfassung“, „Informationsverarbeitung“ sowie „Informationsausgabe“ in Verbindung mit den jeweiligen Ebenenbezeichnungen fettgedruckten Kategorien sind als Kriterien zu verstehen, nach denen das leittechnische Mengengerüst gemäß der im R&I-Fließschema dargestellten EMSR-Stellenfunktionen im Detail strukturiert wird. Diese Struktur wird zunächst anhand Bild 3–50 allgemein sowie komponentenbezogen im Detail erläutert und anschließend in Strukturtabellen umgesetzt, die als Orientierung für den Aufbau des leittechnischen Mengengerüstes dienen können.

37 Hierzu gehören auch Baugruppen für die busbasierte Datenübertragung, d. h die im Bild 1–5 genannte diesbezügliche Anforderung ist hier mit enthalten. 38 Im Vergleich zu rechnergestützten Bedien- und Beobachtungseinrichtungen sind konventionelle Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (Anzeiger, Registriergeräte usw.) bei den hier betrachteten Prozessklassen von eher untergeordneter Bedeutung. Daher werden konventionelle Bedien- und Beobachtungseinrichtungen nicht weiter betrachtet.

66

Kernprojektierung

Bild 3–50: Prinzipieller Aufbau des leittechnischen Mengengerüstes Leittechnisches Mengengerüst: Komponente „Informationserfassung“ Wie im Bild 3–50 dargestellt, wird diese Komponente in der Ebene „Messgröße“ in Kategorien unterteilt, die mit Bild 3–22 in Tabelle 1 (Erstbuchstabe) aufgeführten bzw. in Kombination mit Ergänzungsbuchstaben gemäß Bild 3–22 (Tabelle 2) entstehenden Kennbuchstabenkombinationen bezeichnet sind. Messsignale, die durch Messungen an Stelleinrichtungen (z. B. Positionsmessung, Drehzahlmessung) entstehen oder Signale sind, mit denen der Schaltzustand elektrischer Betriebsmittel39 in der Schaltanlage rückgemeldet wird, werden nicht in der Komponente „Informationserfassung“, sondern in der Komponente „Informationsausgabe“ berücksichtigt und fortan als Rückmeldesignale betrachtet. Dadurch ergibt sich gleichzeitig als Vorteil, dass die Stelleinrichtungen aus Sicht der insgesamt zu berücksichtigenden Stell- bzw. Rückmeldesignale wie ein Objekt, d. h. objektorientiert betrachtet werden können. Das erhöht einerseits die Übersichtlichkeit, andererseits wird dadurch die sehr wahrscheinlich fehlerprovozierende Zuordnung des Stellsignals sowie der Rückmeldesignale einer Stelleinrichtung zu jeweils der Komponente „Informationserfassung“ bzw. „Informationsausgabe“ vermieden. Die Ebene „Signalform“ mit den Kategorien „analog“ bzw. „binär“ sagt aus, dass jede dieser Messgrößen mit analogen bzw. binären Messeinrichtungen gemessen werden kann.

39 Ein solches Betriebsmittel ist neben Verbraucherabzweigen z. B. das MotorControl-Center (MCC), das die Funktionen der EMSR-Stellen „HSO“, „EI“ und „SO“ in der EMSR-Stelle „EU“ bündelt (siehe Abschnitt 3.3.3.1, S. 40).

3.3 Kernprojektierungsinhalt

67

In der Ebene „Messverfahren“ werden – jeweils bezogen auf die in der übergeordneten Ebene „Signalform“ angeordneten Kategorien „analog“, bzw. „binär“ – diejenigen Kategorien angeordnet, die das zur Informationserfassung jeweils angewendete Messverfahren beschreiben. Die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ enthält – jeweils bezogen auf die in der wiederum übergeordneten Ebene „Messverfahren“ angeordneten Kategorien – die Kategorien „pneumatisch“ bzw. „elektrisch“40 zur Charakterisierung der benötigten Hilfsenergieversorgung. Zugeordnet zur jeweils benötigten Hilfsenergieversorgung werden in der Ebene „Signalart“ als Kategorien schließlich die im jeweils vorliegenden Anwendungsfall zu nutzenden Signalarten (z. B. analog: 0/4…20 mA, 0…10VDC, 0,2…1 bar, örtlich41, softwaremäßig42, digital43; binär: 0/24 VDC, 0,2/1 bar, digital) angegeben, wobei im Falle analoger elektrischer bzw. binärer elektrischer Signale zusätzlich in Signale eigensicherer44 bzw. nichteigensicherer Messeinrichtungen unterschieden wird. Am Beispiel der Prozessgröße „Stand“ wird die erläuterte Struktur im Bild 3–51 exemplarisch dargestellt, wobei aus Platzgründen nicht alle Messverfahren berücksichtigt wurden. Hierzu wird auf die im Anhang 1 enthaltenen Strukturtabellen für die in der Verfahrenstechnik wesentlichen Prozessgrößen verwiesen. Leittechnisches Mengengerüst: Komponente „Informationsausgabe“ Wie aus Bild 1–4 ersichtlich, ist die Komponente „Informationsausgabe“ aus Sicht des Signalflusses in der Automatisierungsanlage nach der Komponente „Informationsverarbeitung“ angeordnet. Es läge daher nahe, sie erst nach Behandlung der Komponente „Informationsverarbeitung“ zu betrachten. Für die Erarbeitung des leittechnischen Mengengerüstes ist es jedoch sinnvoller, die Komponente „Informationsausgabe“ vor der Komponente „Informationsverarbeitung“ zu betrachten, weil erst nach Bearbeitung 40 In der Komponente „Informationserfassung“ sind nur die pneumatische bzw. elektrische Hilfsenergie relevant. 41 Signalart „örtlich“ bei analogen Messeinrichtungen bedeutet, dass die betreffende Messgröße mit einem in unmittelbarer Nähe des Messortes installierten Messgerät gemessen und angezeigt wird, der Messwert jedoch nicht in weiteren Geräten (z. B. Wandler oder Regler) weiterverarbeitet wird bzw. keine Fernübertragung in den Schaltraum oder die Prozessleitwarte bzw. den örtlichen Leitstand stattfindet. 42 Signalart „softwaremäßig“ bei analogen elektrischen Messeinrichtungen bedeutet, dass im Falle der EMSR-Stellenrealisierung mit speicherprogrammierbarer Technik (z. B. SPS-Technik oder Prozessleitsystem) ein binäres Signal erzeugt wird, wenn das durch ein entsprechend konfiguriertes und parametriertes Anwenderprogramm (Software) überwachte Analogsignal Grenzwerte, die in den Parametern des Anwenderprogramms hinterlegt sind, überschreitet. Daher muss diese Signalart nicht weiter unterteilt werden. 43 Dieser Fall liegt dann vor, wenn eine Messeinrichtung Messwerte per Feldbus (z. B. PROFIBUS) überträgt oder Konfigurier- und Parametrierinformationen z. B. mittels HART-Protokoll erhält. 44 Der Begriff „Eigensicherheit“ wird später im Zusammenhang mit den Ausführungen im Abschnitt 5.3 erläutert.

68

Kernprojektierung

der Komponenten „Informationserfassung“ und „Informationsausgabe“ Anzahl und Art der in der Komponente „Informationsverarbeitung“ zu verarbeitenden Signale bekannt sind. Bei der Betrachtung dieser Komponente wird von der für kontinuierliche Prozesse typischen Voraussetzung ausgegangen, dass die Informationsausgabe mittels Eingriff in Stoffströme (z. B. Flüssigkeits- oder Gasströme) bzw. massegebundene Energieströme (z. B. Dampf- oder Brennstoffströme) erfolgt.45 Ferner wird vorausgesetzt, dass – wie es bei der Errichtung verfahrenstechnischer Anlagen häufig der Fall ist – bei den Stelleinrichtungen nur der Stellantrieb Lieferumfang des LeittechnikLieferanten ist, d. h. das Stellglied befindet sich meistens im Lieferumfang des Verfahrenslieferanten. Nach [16] werden zum Eingriff in Stoffströme bzw. massegebundene Energieströme x Drosselstellglieder (z. B. Armaturen wie Stellventile, Klappen, Hähne) und x Arbeitsmaschinen (z. B. Pumpen, Verdichter) eingesetzt, die mit entsprechenden elektrischen bzw. pneumatischen Stellantrieben zur im jeweiligen Einsatzfall benötigten Stelleinrichtung ergänzt werden. Aus dieser grundlegenden Einteilung resultieren für die Ebene Gerätekategorie die im Bild 3–51 genannten Kategorien „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ bzw. „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“. Leittechnisches Mengengerüst

Komponente: Prozessgröße:

Stand

Signalform:

analog

Messverfahren:

Art der Hilfsenergieversorgung:

Signalart:

Informationsverarbeitung

Informationserfassung Druck

binär

hydrostatisch Auftriebs(Bodendruck- prinzip messung) pneumatisch

0,2…1 bar

örtlich

Informationsausgabe







kapazitiv

elektrisch

0/4…20 mA, 0…10 VDC

örtlich

eigen- nicht eigen- nicht sicher eigens. sicher eigens.

Ultraschall

elektrisch

softwaremäßig

digital

0/24 VDC

digital

Schwimmerschalter

pneumatisch

0,2/1 bar

eigen- nicht sicher eigens.

Bild 3–51: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationserfassung“ am Beispiel der Messgröße „Stand“ Die nachfolgende Ebene „Signalform“ enthält die Kategorien „analog“ bzw. „binär“. Die Signalform „analog“ sagt aus, dass das Drosselstellglied zwischen den beiden Endlagen „Auf“ bzw. „Zu“ stetig positioniert werden kann. Bei Signalform „binär“ nimmt das Drosselstellglied entweder nur die Endlage „Auf“ oder die Endlage „Zu“ ein.

45 Stelleinrichtungen für ereignisdiskrete Prozesse (z. B. pneumatische Arbeitszylinder) werden im Rahmen des vorliegenden Buches nicht betrachtet, weil das den Rahmen sprengen würde.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

69

Die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung des Stellantriebs“ sagt aus, dass der Stellantrieb der Stelleinrichtung mit pneumatischer bzw. elektrischer Hilfsenergie betrieben wird.46 Die sich anschließende Ebene „Zubehör“ enthält zur näheren Charakterisierung der Stelleinrichtung die Kategorien x x

Stellungsregler, Stellgliedrückmeldung (z. B. mittels Widerstandsferngeber über ein Analogsignal oder mittels Endlagenschaltern über Binärsignale) x Einrichtung für den Noteingriff (z. B. „Handrad“). Zugeordnet zu den übergeordneten Kategorien „Stellungsregler“ bzw. „Stellgliedrückmeldung“ werden in der Ebene „Signalart“ als Kategorien schließlich die im jeweils vorliegenden Anwendungsfall zu nutzenden Signalarten (z. B. analog: 0/4…20 mA, 0…10 VDC, 0,2…1 bar, örtlich47, softwaremäßig48, digital49; binär: 0/24 VDC, 0,2/1 bar, digital) angegeben, wobei im Falle binärer elektrischer bzw. analoger elektrischer Signale ähnlich wie bei Messeinrichtungen zusätzlich in Signale eigensicherer50 bzw. nichteigensicherer Stromkreise unterschieden wird. Aus Platzgründen wird die Detailgliederung des leittechnischen Mengengerüstes jeweils für die Gerätekategorie „Drosselstellglied“ (Bild 3–52 und Bild 3–53) bzw. „Arbeitsmaschine“ (Bild 3–54 und Bild 3–55) getrennt betrachtet.

46 Stelleinrichtungen, die mit hydraulischer Hilfsenergie zu betreiben sind, werden hier nicht mit betrachtet, weil bei den hier betrachteten Prozessklassen (vgl. Bild 1–3) größtenteils Stelleinrichtungen eingesetzt werden, die mit elektrischer bzw. pneumatischer Hilfsenergie betrieben werden. 47 Die Signalart „örtlich“ ist nur für die Zubehörkategorie „Stellgliedrückmeldung“ relevant und bedeutet, dass die Stellgliedrückmeldung mit einem Messgerät oder einer Anzeige (z. B. Skale bzw. örtliche Laufanzeige), die an der Stelleinrichtung installierten sind, realisiert wird, der Messwert jedoch nicht in weiteren Geräten (z. B. Wandler oder Regler) weiterverarbeitet wird bzw. keine Fernübertragung in den Schaltraum oder die Prozessleitwarte bzw. den örtlichen Leitstand stattfindet. Nichtelektrisch arbeitende Stellgliedrückmeldungen werden formal der SignalartUnterkategorie „eigensicher“ zugeordnet. Auch hier muss nicht weiter in Signalarten unterteilt werden. 48 Signalart „softwaremäßig“ bei analogen elektrischen Stellgliedrückmeldungen bedeutet, dass im Falle der EMSR-Stellenrealisierung mit speicherprogrammierbarer Technik (z. B. SPS-Technik oder Prozessleitsystem) ein binäres Signal erzeugt wird, wenn das durch ein entsprechend konfiguriertes und parametriertes Anwenderprogramm (Software) überwachte Analogsignal der Stellgliedrückmeldung Grenzwerte, die in den Parametern des Anwenderprogramms hinterlegt sind, überschreitet. Auch hier muss nicht weiter in Signalarten unterteilt werden. 49 Dieser Fall liegt dann vor, wenn an eine Stelleinrichtung per Feldbus (z. B. PROFIBUS) Stellsignale oder – z. B. mittels HART-Protokoll – Konfigurier- und Parametrierinformationen übertragen werden. 50 Der Begriff „Eigensicherheit“ wird später im Zusammenhang mit den Ausführungen im Abschnitt 5.3 erläutert.

70

Kernprojektierung Leittechnisches Mengengerüst

Komponente:

Informationserfassung

Signalform:

Stellungsregler (elektrisch)

0/4…20 mA, 0….10 VDC eigennicht sicher eigens.

digital

Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung

binär

analog

Art der Hilfsenergieversorgung des elektrisch Stellantriebs:

Signalart:

Informationsausgabe

Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung

Gerätekategorie:

Zubehör:

Informationsverarbeitung

pneumatisch Stellungsregler (pneumatisch)

0,2…1 bar

Einrichtung für Noteingriff

0/4…20 mA, 0….10 VDC

Stellgliedrückmeldung

0,2…1 bar * )

eigennicht sicher eigens.

örtlich

softwaremäßig

eigen- nicht sicher eigens.

0/24 VDC 0,2/1 bar * ) digital eigen- nicht sicher eigens.

)

* Nur relevant, wenn die Stelleinrichtung mit einem pneumatischen Signal angesteuert wird!

Bild 3–52: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsausgabe“ für die Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“, Signalform „analog“ Wie aus Bild 3–52 ersichtlich und bereits erläutert, wird die Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ in der Ebene „Signalform“ in die Kategorien „analog“ bzw. „binär“ unterteilt. Ebenfalls aus Platzgründen wird die Detailgliederung für diese beiden Kategorien getrennt dargestellt, wobei die Detailgliederung für die Kategorie „analog“ im Bild 3–52 und für die Kategorie „binär im Bild 3–53 dargestellt ist. Wie aus Bild 3–52 bzw. Bild 3–53 zu erkennen ist, schließt sich – wie ebenfalls bereits weiter oben erläutert – an die Ebene „Signalform“ die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ an. Da sich die nächstfolgenden Ebenen „Zubehör“ bzw. „Signalart“ bei mit elektrischer bzw. pneumatischer Hilfsenergie betriebenen analogen Drosselstellgliedern kaum unterscheiden, werden sie im Bild 3–52 für die Kategorien „elektrisch“ bzw. „pneumatisch“ der übergeordneten Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ weitestgehend zusammengefasst dargestellt, wobei Unterschiede im Bild 3–52 kenntlich gemacht wurden. Während die Zuordnung der Signalarten aus der Ebene „Signalart“ zur Zubehörkategorie „Stellungsregler“ keiner weiteren Erläuterung bedarf, werden Hinweise bezüglich der Zuordnung zur Zubehörkategorie „Stellgliedrückmeldung“ als notwendig erachtet. Das betrifft im Einzelnen: x

Eine mit einem pneumatischen Stellantrieb ausgerüstete Stelleinrichtung kann 51 durchaus mit einer elektrischen Stellgliedrückmeldung versehen sein.

51 Im Gegensatz dazu ist der Fall, dass eine mit einem elektrischen Stellantrieb und einem elektrischen Stellungsregler ausgerüstete Stelleinrichtung über eine pneumatische Stellgliedrückmeldung verfügt, eher unwahrscheinlich und wird hier deshalb nicht betrachtet.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

71

x

Für die Signalarten „örtlich“ und „softwaremäßig“ sind die diesbezüglichen Hinweise bei der Erläuterung der Komponente „Informationserfassung“ (siehe entsprechende Fußnoten auf S. 69) zu beachten. Im Vergleich dazu unterscheiden sich die nächstfolgenden Ebenen „Zubehör“ bzw. „Signalart“ bei mit elektrischer bzw. pneumatischer Hilfsenergie betriebenen binären Drosselstellgliedern erheblich, weswegen sie im Bild 3–53 für die Kategorien „elektrisch“ bzw. „pneumatisch“ der übergeordneten Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ jeweils getrennt betrachtet werden. Zu beachten ist hierbei ferner, dass es sich bei den im Bild 3–53 genannten Zubehörkategorien „Koppelrelais“ und „Verbraucherabzweig“52 anders als beim Zubehör für analoge Drosselstellglieder nicht um direkt an der Stelleinrichtung montiertes Zubehör handelt. Bei der Zuordnung von Signalarten aus der Ebene „Signalart“ zu Kategorien übergeordneter Ebenen wurden bei der Zubehörkategorie „Druckschalter“ zwecks übersichtlicherer Strukturierung die Unterkategorien „pneumatisch“ bzw. „elektropneumatisch“ zusätzlich eingeführt. Im Übrigen sind die für analoge Drosselstellglieder geltenden Hinweise zu den Signalarten „örtlich“ bzw. „softwaremäßig“ zu beachten (s. o.). Leittechnisches Mengengerüst

Komponente:

Informationsverarbeitung

Informationserfassung

Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung

Gerätekategorie: analog

Signalform: Art der Hilfsenergieversorgung des Stellantriebs: Zubehör:

Informationsausgabe

binär

pneumatisch

elektrisch

Koppelrelais, Verbraucherabzweig (VA)

Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung

Einrichtung für Noteingriff

Stellgliedrückmeldung

Druckschalter

Einrichtung für Noteingriff

pneumaelektrotisch pneumatisch

Signalart: 0/24 VDC, 0/230 VAC

digital ** )

0/24 VDC

0,2/1 bar * )

örtlich

eigeneigennicht nicht sicher eigens. sicher eigens. * Nur relevant, wenn die Stelleinrichtung mit einem pneumatischen Signal angesteuert wird! ) ** Nur für Verbraucherabzweig relevant!

digital

0,2/1 bar

digital

0/24 VDC eigennicht sicher eigens.

)

Bild 3–53: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsausgabe“ für die Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“, Signalform „binär“

52 Bei binären Drosselstellgliedern werden elektromotorische Antriebe über Verbraucherabzweige (Schütze mit Sicherheitseinrichtungen), elektromagnetische Stellantriebe bei Eingangssignal 0/24 VDC über Koppelrelais bzw. bei Eingangssignal 0/230 VAC über Verbraucherabzweige angesteuert.

72

Kernprojektierung

Bild 3–54: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsausgabe“ für die Gerätekategorie „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“, Signalform „analog“ Wie bereits aus Bild 3-54 ersichtlich und schon weiter oben erläutert, wird die Gerätekategorie „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ in der Ebene „Signalform“ in die Kategorien „analog“ bzw. „binär“ unterteilt. Ebenfalls aus Platzgründen wird die Detailgliederung für diese beiden Kategorien getrennt dargestellt, wobei die Detailgliederung für die Kategorie „analog“ im Bild 3–54 und für die Kategorie „binär“ im Bild 3–55 dargestellt ist. Wie aus Bild 3–54 bzw. Bild 3–55 zu erkennen ist, schließt sich – wie ebenfalls bereits weiter oben erläutert – an die Ebene „Signalform“ die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ an. Gemäß Bild 3–55 werden bei analogen Stellantrieben für Arbeitsmaschinen die nachfolgenden Ebenen „Zubehör“ bzw. „Signalart“ jeweils getrennt für die Kategorien „elektrisch“ bzw. „pneumatisch“ der übergeordneten Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ betrachtet. Bei Arbeitsmaschinen mit analogen elektrischen Stellantrieben ist bei der Zuordnung von Signalarten aus der Ebene „Signalart“ zur Zubehörkategorie „Frequenzumrichter“ zu beachten, dass eine Unterscheidung zwischen eigensicheren bzw. nichteigensicheren Signalen entfällt, weil sich Frequenzumrichter im Allgemeinen im nicht explosionsgefährdeten Bereich befinden und daher keine Explosionsschutzmaßnahmen erforderlich sind. Dies gilt auch bezüglich der Zuordnung zur 53 Zubehörkategorie „Stellgliedrückmeldung“, wobei ferner die gleichen Hinweise wie für die Stellgliedrückmeldung an analogen Drosselstellgliedern (siehe Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“) zu beachten sind. Bei Arbeits53 Aus Platzgründen wurden im Bild 3–54 bezüglich Stellgliedrückmeldung elektrische analoge/binäre sowie pneumatische analoge/binäre Signalarten zusammengefasst dargestellt.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

73

maschinen mit analogen pneumatischen Stellantrieben wird die Drehzahl des pneumatischen Antriebsmotors54 mittels Druckregler, der mit einem pneumatischen oder elektrischen Einheitssignal sowie digital55 angesteuert werden kann, eingestellt. Bezüglich der Zuordnung von Signalarten zur Zubehörkategorie „Stellgliedrückmeldung“ sind die gleichen Hinweise wie für die Stellgliedrückmeldung an analogen Drosselstellgliedern (siehe Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“) zu beachten. Gemäß Bild 3–55 werden bei binären Stellantrieben für Arbeitsmaschinen die nachfolgenden Ebenen „Zubehör“ bzw. „Signalart“ jeweils getrennt für die Kategorien „elektrisch“ bzw. „pneumatisch“ der übergeordneten Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ betrachtet. Bezüglich der Zuordnung von Signalarten zu Kategorien übergeordneter Ebenen bei Arbeitsmaschinen mit binären elektrischen bzw. binären pneumatischen Stellantrieben gilt: Es sind einerseits die für analoge Drosselstellglieder geltenden Hinweise zur Signalart „örtlich“ (siehe Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“) zu beachten, andererseits wurden bei der Zuordnung von Signalarten aus der Ebene „Signalart“ zu Kategorien übergeordneter Ebenen bei der Zubehörkategorie „Druckschalter“ zwecks übersichtlicherer Strukturierung die Unterkategorien „pneumatisch“ bzw. „elektropneumatisch“ zusätzlich eingeführt. Die jeweils im Bild 3–52, Bild 3–53, Bild 3–54 bzw. Bild 3–55 dargestellten Detailgliederungen für die Komponente „Informationsausgabe“ wurden in Strukturtabellen umgesetzt, die im Anhang 2 enthalten sind.

54 Es werden hier ausschließlich rotierende pneumatische Antriebsmotoren betrachtet, weil nur solche Antriebsmotoren zum pneumatischen Antrieb von Arbeitsmaschinen für den Eingriff in Stoffströme relevant sind. 55 In diesem Fall wird das Stellsignal über einen Feldbus zum Antrieb der Arbeitsmaschine übertragen.

74

Kernprojektierung

Bild 3–55: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsausgabe“ für die Gerätekategorie „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“, Signalform „binär“ Leittechnisches Mengengerüst: Komponente „Informationsverarbeitung“ Wie im Bild 3–50 dargestellt, wird diese Komponente in der Ebene „Gerätekategorie“ in die Kategorien „SPS/PLS“ (mit den CPU-, Stromversorgungs-, Kommunikations-, Analogeingabe- bzw. Analogausgabe-, Binäreingabe- bzw. Binärausgabebaugruppen sowie Bedien- und Beobachtungseinrichtungen), „Wandler und Rechenglieder“ sowie „Kompaktregler“ unterteilt. Die nächstfolgende Ebene „Signalform“ mit den Kategorien „analog“ bzw. „binär“ sagt aus, dass die Geräte für die Informationsverarbeitung analoge oder binäre Signale verarbeiten, unabhängig davon, ob die Signale mit Einheits-, Standard- (z. B. Signale von Widerstandsthermometern bzw. Thermoelementen) oder digitalen Signalen (z. B. durch einen Feldbus) übertragen werden. Die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ enthält die Kategorien „pneumatisch“ bzw. „elektrisch“56 zur Charakterisierung der benötigten Hilfsenergieversorgung. Zugeordnet zur jeweils benötigten Art der Hilfsenergieversorgung werden in der Ebene „Signalart“ als Kategorien schließlich die im jeweils vorliegenden Anwendungsfall für die Signalübertragung zu nutzenden Signaltypen (z. B. analog: 0/4…20 mA, 0…10 VDC, 0,2…1 bar, binär: 0/24 VDC, 0/230 VAC, 0,2/1 bar) angegeben.57 Anders als bei den Komponenten „Informationserfassung“ bzw. „Informationsausgabe“ ist die erläuterte allgemeine Struktur – um praktikabel zu sein – je nach betrachteter Gerätekategorie in eine detail-

56 In der Komponente „Informationsverarbeitung“ sind nur pneumatische bzw. elektrische Hilfsenergie relevant. 57 Bei elektrischen Signalen wird in der Kategorie „Signalart“ zusätzlich zwischen „potentialgetrennt“ bzw. „nicht potentialgetrennt“ unterschieden.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

75

lierte Struktur zu überführen. Daher werden die Gerätekategorien im Folgenden einzeln behandelt. Die detaillierte Struktur der Gerätekategorie „SPS/PLS“ ist im Bild 3–56 dargestellt. Um im Mengengerüst für die Gerätekategorie „SPS/PLS“ das im jeweiligen Anwendungsfall benötigte Baugruppenspektrum abbilden zu können, wurde im Bild 3–56 zusätzlich die nur für diese Gerätekategorie relevante Unter-Ebene „Allgemeiner Baugruppentyp“ eingeführt.58 In dieser Ebene wurde nicht berücksichtigt, dass auch Baugruppen-„Mischformen“59 auftreten können. Das erklärt sich daraus, dass bei der Erarbeitung des leittechnischen Mengengerüstes zunächst die Anzahl der je Signalart benötigten Kanäle zu ermitteln ist. Die Aufteilung auf Baugruppen wird anschließend meist mit CAE-Mitteln vorgenommen, die häufig von den Lieferanten der SPS/des PLS mitgeliefert werden.60 Obwohl in der Ebene „Baugruppentyp“ bereits aus Bezeichnungen wie z. B. „AE“ oder „BA“ hervorgeht, dass analoge bzw. binäre Signale verarbeitet werden, ist im Bild 3–56 die Ebene „Signalform“ dennoch mit eingeführt worden, um mit den noch folgenden Erläuterungen für die Gerätekategorien „Wandler und Rechenglieder“ sowie „Kompaktregler“ kompatibel zu sein. Aus dem gleichen Grund wird auch die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ beibehalten, obwohl hier nur die Kategorie „elektrisch“ relevant ist. Ferner wurden im Bild 3–56 in der Ebene „Signalart“ nur Einheitssignale bzw. Standardsignale (z. B. Signale von Widerstandsthermometern bzw. Thermoelementen) sowie die digitale Signalübertragung mit Feldbussen berücksichtigt.61

58 Diese Ebene ist wie eine zusätzliche Unterteilung der Ebene „Gerätekategorie“ zu verstehen, d. h. sie bildet innerhalb der Ebene „Gerätekategorie“ eine Unterebene. 59 z. B. Analogbaugruppe mit 8 Analogeingängen und 8 Analogausgängen bzw. Baugruppen mit sowohl Analogein- bzw. -ausgängen als auch Binärein- bzw. -ausgängen auf einer einzigen Baugruppe 60 Beispiel eines solchen CAE-Mittels ist der elektronische Katalog CA 01 [17]. 61 Zum Anschluss von Signalen, die nicht dem im Bild 3–56 in der Ebene „Signalart“ dargestellten Spektrum entsprechen (z. B. 0/48…125 VDC-, 0/120 VAC-, 0/230 VAC-Signale), werden von den SPS-/PLS-Herstellern Spezialbaugruppen angeboten.

76

Kernprojektierung

Bild 3–56: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsverarbeitung“ für die Gerätekategorie „SPS/PLS“ Bedien- und Beobachtungseinrichtungen nehmen innerhalb der Gerätekategorie „SPS/PLS“ eine Sonderstellung ein, weil es nicht sinnvoll ist, sie als Baugruppen zu betrachten und daher der Unterebene „Allgemeiner Baugruppentyp“ zuzuordnen. Ferner sind die bei den übrigen Gerätekategorien eingeführten Ebenen „Signalform“, „Art der Hilfsenergieversorgung“ und „Signalart“ für Bedien- und Beobachtungseinrichtungen von SPS/PLS bedeutungslos. Die detaillierte Struktur für Bedien- und Beobachtungseinrichtungen wird deshalb im Bild 3–57 gesondert dargestellt. Es ist jedoch nützlich, innerhalb der Ebene „Gerätekategorie“ eine zusätzliche (Unter-)Ebene einzuführen, die hier aber sinnvollerweise „Gerätetyp“ statt „Baugruppentyp“ genannt wird. Um die Struktur noch deutlicher herauszuarbeiten, wurden in der Ebene „Gerätetyp“ für die Kategorie „Konfigurier- und Parametriereinrichtung“ die Unterkategorien „stationär“ bzw. „mobil“ eingeführt. Die sonstige Zuordnung von Gerätetypen zur Gerätekategorie „Bedien- und Beobachtungseinrichtungen“ ist eindeutig und wird daher nicht näher erläutert. Die detaillierte Struktur der Gerätekategorie „Wandler bzw. Rechenglieder“ ist im Bild 3–58 dargestellt. Obwohl in der Systematik nach DIN 19227 Wandler und Rechenglieder in der Kategorie „Anpasser“ zusammengefasst werden (siehe Abschnitt 3.3.4.4), ist eine getrennte Betrachtung von Wandlern bzw. Rechengliedern innerhalb der Gerätekategorie „Wandler und Rechenglieder“ sinnvoll, weil sich die Aufgaben, die Wandler bzw. Rechenglieder jeweils in einer Automatisierungsanlage zu erfüllen haben, doch erheblich voneinander unterscheiden. Bei Wandlern werden in der Ebene „Signalform“ die Kategorien „analog“ und „binär“ als Einheit betrachtet, um damit anzudeuten, dass das Ausgangssignal eines Wandlers durchaus ein pneumatisches Signal sein kann, wenn das Eingangssignal ein elektrisches Signal ist und umge-

3.3 Kernprojektierungsinhalt

77

kehrt.62 Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, wird daher die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ hier – anders als z. B. bei der Komponente „Informationserfassung“ – in Teilebenen gegliedert, die sich durch Kombination der Art der Hilfsenergieversorgung von jeweils Eingangssignal (elektrisch/pneumatisch) und Ausgangssignal (elektrisch/pneumatisch) ergeben. Eine Zuordnung von Kategorien in der Ebene „Signalart“ durch Angabe von Einheitssignalen ist bei Wandlern – anders als bei den bisher betrachteten Gerätekategorien – im Allgemeinen nicht sinnvoll, weil Wandler prinzipiell beliebige Eingangssignale – also z. B. auch Signale, die keine Einheitssignale sind – in beliebige Ausgangssignale wandeln können. Der Versuch, diese sich daraus ergebende Vielfalt hier systematisch darzustellen, würde aber jeden Rahmen sprengen und muss daher unterbleiben. Leittechnisches Mengengerüst

Informationserfassung

Gerätekategorie:

Informationsverarbeitung

Informationsausgabe

SPS/PLS

Bedien- und Beobachtungseinrichtungen

Gerätetyp:

Operator-Panel

Bedien- und Beobachtungsrechner

Prozessdatenverarbeitungsrechner

Konfigurier- und Parametriereinrichtung stationär mobil (z. B. Desktop-PC) (z. B. Laptop)

Bild 3–57: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsverarbeitung“ bezüglich „Bedien- und Beobachtungseinrichtungen

62 Gerätebeispiele sind analoge elektropneumatische Wandler oder Wandler, die binäre elektrische Signale in binäre pneumatische Signale wandeln. Die letztgenannten Wandler werden beispielsweise benötigt, um ein binäres Drosselstellglied mit pneumatischem Stellantrieb mittels eines binären elektrischen Signals zu öffnen bzw. zu schließen. Hiervon nicht erfasst sind Analog-/Digital- bzw. Digital/Analogwandler, weil sie hier nicht als eigenständige Geräte wie z. B. elektropneumatische Wandler sondern als Elemente von Baugruppen der Gerätekategorie „SPS/PLS“ betrachtet werden.

78

Kernprojektierung

Sinnvoll erscheint allerdings, in der Ebene „Signalart“ folgende Kategorien zuzuordnen: x x

x

Wandler mit sowohl elektrischem Eingangs- als auch elektrischem Ausgangssignal:63 Zuordnung der Kategorien „nicht potentialgetrennt“ bzw. „potentialgetrennt“ mit den Unterkategorien „eigensicher“ bzw. „nicht eigensicher“, Wandler mit entweder elektrischem Eingangs- und pneumatischem Ausgangssignal oder pneumatischem Eingangs- und elektrischem Ausgangssignal: Zuordnung der Kategorie „potentialgetrennt“ mit den Unterkategorien „eigensicher“ bzw. „nicht eigensicher“,64 Wandler mit sowohl pneumatischem Eingangs- als auch Ausgangssignal: Zuordnung der Kategorie „potentialgetrennt“ mit den Unterkategorien „eigensicher“ bzw. „nicht eigensicher“ nicht sinnvoll.

Während für Wandler sowohl die Signalformen „analog“ als auch „binär“ relevant sind, ist für Rechenglieder 65 nur die Signalform „analog“ von Bedeutung. Anders als bei Wandlern werden in der Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ die Kategorien „elektrisch“ bzw. „pneumatisch“ getrennt betrachtet. Die Zuordnung von Signalarten zu Kategorien übergeordneter Ebenen ist eindeutig und wird daher nicht näher erläutert. Die detaillierte Struktur der Gerätekategorie „Kompaktregler“ ist im Bild 3–59 dargestellt. Bezüglich der Ebenen „Signalform“, „Art der Hilfsenergieversorgung“ bzw. „Signalart“ ist zu beachten, dass sich die definierten Kategorien und deren Zuordnung zu Ebenen sowohl auf die Eingangs- als auch die Ausgangssignale eines Kompaktreglers beziehen. Ferner wird die Art der Hilfsenergieversorgung des Kompaktreglers an sich (z. B. 24 VDC, 230 VAC) zwar hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht mit betrachtet, der Vollständigkeit halber aber mit in die Strukturtabellen (siehe Anhang 3) einbezogen. Die sonstige Zuordnung von Kategorien untergeordneter Ebenen zu Kategorien übergeordneter Ebenen ist eindeutig und wird daher nicht näher erläutert. Die jeweils im Bild 3–56, Bild 3–57, Bild 3–58 bzw. Bild 3–59 dargestellten Detailgliederungen für die Komponente „Informationsverarbeitung“ wurden in Strukturtabellen umgesetzt, die im Anhang 3 enthalten sind.

63 Beispiel für derartige (analoge) Wandler sind Potentialtrennstufen, die den elektrischen Stromkreis des Eingangssignals galvanisch von dem des Ausgangssignals trennen. 64 Unterscheiden sich bei einem Wandler Art der Hilfsenergieversorgung von Eingangs- bzw. Ausgangssignal, so kann man das im weitesten Sinn als eine Art Potentialtrennung betrachten. Der als Synonym für den Begriff „galvanische Trennung“ in der Gerätetechnik verwendete Begriff „Potentialtrennung“ ist nur dann sinnvoll anwendbar, wenn sowohl Eingangs- als auch Ausgangssignale des Wandlers elektrische Signale sind. Streng genommen ist seine Anwendung im betrachteten Fall daher überflüssig, wird aber dennoch beibehalten, um betrachtungskonform zu dem Fall zu sein, bei dem sowohl Eingangs- als auch Ausgangssignale des Wandlers elektrische Signale sind. 65 Beispiel eines solchen Gerätes ist ein elektrisches bzw. pneumatisches Radizierglied.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

79 Leittechnisches Mengengerüst

Informationserfassung

Gerätekategorie:

Informationsverarbeitung

SPS/PLS

Informationsausgabe

Wandler bzw. Rechenglieder

Kompaktregler

analog

analog/binär

Signalform:

Art der Hilfsenergieversorgung E/A:

Signalart:

E elektrisch A elektrisch

potentialgetrennt eigensicher

E elektrisch A pneumatisch

nicht potentialgetrennt

nicht eigens.

E pneumatisch A elektrisch

potentialgetrennt eigensicher

elektrisch

pneumatisch

0/4…20 mA 0…10 VDC

0,2…1 bar

E pneumatisch A pneumatisch

E: Eingangssignal A: Ausgangssignal

nicht eigens.

Bild 3–58: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsverarbeitung“ für die Gerätekategorie „Wandler bzw. Rechenglieder“

Leittechnisches Mengengerüst

Informationserfassung

Gerätekategorie:

SPS/PLS

Wandler bzw. Rechenglieder

Signalform: Art der Hilfsenergieversorgung E/A:

Kompaktregler

analog

elektrisch

Wider- Thermo- Wider- digital stands- element standsthermofernpot.- nicht pot.- pot.- nicht pot.meter geber getr. getr. getr. getr. 0/4…20 mA 0…10 VDC

Signalart:

Informationsausgabe

Informationsverarbeitung

binär

elektrisch

pneumatisch

0,2…1 bar

digital

Relais- 0/24 VDC ausgang pot.- nicht pot.getr. getr.

E: Eingangssignal A: Ausgangssignal

Bild 3–59: Detaillierte Struktur der Komponente „Informationsverarbeitung“ für die Gerätekategorie „Kompaktregler“

80

Kernprojektierung

Die nun folgende beispielhafte Erarbeitung eines leittechnischen Mengengerüstes orientiert sich an der Station „Reaktor“ des MPS-PA (siehe Abschnitt 2, S. 11),66 bei der ein Rührkesselreaktor mit der Flüssigkeit A bis zum Erreichen des Füllstandszwischenwertes befüllt wird. Anschließend wird die Flüssigkeit B bis zum oberen Füllstandsgrenzwert dosiert. Danach wird unter ständigem Rühren geheizt, bis die erforderliche Temperatur – gegeben durch den oberen Temperaturgrenzwert – erreicht ist. Nun wird das Reaktionsprodukt bis zum unteren Temperaturgrenzwert abgekühlt, worauf der Rührwerksmotor abgeschaltet und der Rührkesselreaktor bis zum Erreichen des unteren Füllstandsgrenzwertes entleert wird. Für die Instrumentierung sollen folgende Voraussetzungen gelten: x Der Rührkesselreaktor wird in nicht explosionsgefährdeter Umgebung betrieben, d. h. es sind keine eigensicheren Stromkreise vorzusehen und daher keinerlei Signale eigensicherer Mess- bzw. Stelleinrichtungen zu berücksichtigen.67 x Der Füllstand wird nach dem Verdrängerprinzip gemessen (Ausgangssignal 4…20 mA) und im Prozessleitsystem angezeigt. Die Grenzwerte für den Füllstand werden im Prozessleitsystem gebildet, indem der gemessene Füllstand in entsprechenden Funktionsbausteinen der Anwendersoftware verarbeitet wird (vgl. Abschnitt 3.4.5.2). x Die Temperatur im Rührkesselreaktor R1 wird mittels eines Widerstandsthermometers mit Fühlerkopftransmitter gemessen (Ausgangssignal 4…20 mA) und im Prozessleitsystem angezeigt. Zusätzlich ist eine örtliche Temperaturmesseinrichtung mit Anzeige – realisiert mit einem Metallausdehnungsthermometer (in eigensicherer Ausführung68) – vorgesehen. Die Grenzwerte für die Temperatur werden im Prozessleitsystem gebildet, indem die gemessene Temperatur in entsprechenden Funktionsbausteinen der Anwendersoftware verarbeitet wird (vgl. Abschnitt 3.4.5.2). x Die Messeinrichtungen übertragen analoge Messwerte mittels 4…20 mA-Stromsignal, d. h. eine digitale Signalübertragung mit einem Feldbus entfällt. x Die Armaturen V1 bis V5 werden durch elektromagnetische Antriebe betätigt (Eingangssignal 0/24 VDC). Einrichtungen für Noteingriffe sind nicht vorgesehen. x Die Endlagen der Armaturen werden mit mechanischen Endlagenschaltern über im Prozessleitsystem realisierte Sichtzeichen rückgemeldet (Ausgangssignal jeweils 0/24 VDC). x Die Antriebsmotoren von Pumpen und Rührwerk werden über Verbraucherabzweige mit 0/24 VDC-Binärsignalen jeweils ein- bzw. ausgeschaltet. Die Betriebszustände „Ein“ bzw. „Aus“ werden jeweils mit 0/24 VDC-Binärsignalen, die jeweils von den Verbraucherabzweigen erzeugt werden, rückgemeldet. An den Antriebsmotoren sind keine Einrichtungen für Noteingriffe vorgesehen. Auf Störmeldung sowie Strommessung wird zur Vereinfachung ebenfalls verzichtet. 66 Aus didaktischen Gründen wurde hier die Instrumentierung vereinfacht bzw. geändert. 67 Die Begriff „Eigensicherheit“ wird später im Zusammenhang mit den Ausführungen im Abschnitt 5.3 erläutert. 68 Die Angabe „eigensicher“ ist hier strengegnommen überflüssig und wird nur der Vollständigkeit halber mit genannt.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

81

x Die Informationsverarbeitung soll mittels Prozessleitsystem realisiert werden, wobei für die – Analogsignale bzw. Binäreingangssignale Baugruppen mit potentialgetrennten Analog- bzw. Binäreingängen, – Binärausgangssignale Baugruppen mit Relaisausgängen verwendet werden sollen. Als Bedien- und Beobachtungseinrichtung dient ein Desktop-PC, der als stationäres Kompaktgerät ausgeführt ist und gleichzeitig als Bedien- und Beobachtungsrechner, Prozessdatenverarbeitungsrechner sowie Konfigurier- und Parametriereinrichtung fungiert. Bild 3–60 zeigt das zugehörige R&I-Fließschema, wobei die Überfüllsicherung der Einfachheit halber nicht mit dargestellt wurde. US 1

M1 M

GS±O±

GS±O±

5

6

Stoff A

M M2

Stoff B

M M3 P1

V1

V2

P2 LIS+/-

GS±O±

2

7 R1

Heizen

Rücklauf

V3 V4

Kühlen

TIS± 3 TI

GS±O± 8

4

V5 GS±O± 9

Reaktionsprodukt Bild 3–60: R&I-Fließschema des Rührkesselreaktors

82

Kernprojektierung

Tabelle 3-5: Leittechnisches Mengengerüst für den im Bild 3–60 dargestellten Rührkesselreaktor – Komponente Informationserfassung bzw. Informationsausgabe (Abkürzungen siehe Bild 3–50) Informationserfassung: Signalform

Messverfahren

Art der Hilfsenergieversorgung

Signalart 4…20 mA, nicht eigensicher

Signalform binär

softwaremäßig

örtlich

Prozessgröße L (EMSR-Stelle LIS± 2) analog

Verdrängerprinzip

elektrisch

1

X

Prozessgröße T (EMSR-Stellen TIS± 3 und TI 4)

analog

Widerstandsthermometer

elektrisch

1

X

Metallausdehnungsthermometer

1 (eigensicher)

Informationsausgabe: Signalform

Art der Hilfsenergieversorgung des Stellantriebs

Signalform binär Zubehör

Signalform analog

0/24 VDC, nicht eigensicher

softwaremäßig

örtlich

Drosselstelleinrichtung mit Stellantrieb (Armaturen V1 bis V5)

binär

Koppelrelais

5x elektromagnetisch (5x 24 VDC)

Stellgliedrückmeldung

5 Endlagenschalter (10x 24 VDC)

elektrisch

Arbeitsmaschine mit Stellantrieb (Rührwerk und Pumpen)

binär

elektrisch

Verbraucherabzweig

Ein, Aus (6x 24 VDC)

Stellgliedrückmeldung

Ein, Aus (6x 24 VDC)

Unter Berücksichtigung der vorgenannten Voraussetzungen sowie des im Bild 3–60 gezeigten R&I-Fließschemas ergibt sich das in Tabelle 3–5 bzw. Tabelle 3–6 dargestellte leittechnische Mengengerüst. Der Tabellenaufbau wurde im Vergleich zu den

3.3 Kernprojektierungsinhalt

83

im Anhang enthaltenen Strukturtabellen aus Platzgründen leicht modifiziert, indem für das betrachtete Beispiel nichtrelevante Spalten bzw. Zeilen weggelassen wurden. Häufig besteht bei der Festlegung von Baugruppenanzahlen die Forderung, jeweils eine Kanalreserve von mindestens 10% zu berücksichtigen. Bezüglich Analogeingabe- sowie Binärausgabebaugruppen ist diese Forderung erfüllbar. Bei den Binäreingabebaugruppen ist zu entscheiden, ob zur Erfüllung der Forderung weniger Binärsignale verarbeitet werden oder eine weitere Binärbaugruppe verwendet wird. Tabelle 3-6: Leittechnisches Mengengerüst für den im Bild 3–60 dargestellten Rührkesselreaktor – Komponente Informationsverarbeitung (Abkürzungen siehe Bild 3–50) Informationsverarbeitung: PLS Anzahl Baugruppen Allgemeiner Baugruppentyp

Signalart

STRVG CPU

S T R V G 1

C P U

AE

BE

BA

1

AE

2x 4…20 mA, potentialgetrennt

BE

16x 0/24 VDC, potentialgetrennt

BA

11x 0/24 VDC, Relaisausgang

Bedien- und Beobachtungseinrichtung Gerätetyp Desktop-PC als Bedien- und Beobachtungsrechner, Prozessdatenverarbeitungsrechner sowie Konfigurierund Parametriereinrichtung (einschließlich Tastatur, Maus, Bildschirm)

1x AE-Baugruppe mit 8 potentialgetrennten AE 1x BE-Baugruppe mit 16 potentialgetrennten BE 1x BA-Baugruppe mit 16 Relaisausgängen Anzahl

Bemerkung

1

Kompaktgerät

84

Kernprojektierung

Zur Abbildung des leittechnischen Mengengerüstes wird neben der erläuterten Tabellenform oft auch auf projektspezifische Typicals zurückgegriffen.69 In diesen grafischen Darstellungen werden einerseits die Komponenten zur Informationserfassung und des „eingangsseitigen“ Teils der Informationsverarbeitung (siehe Bild 3–61) sowie andererseits die Komponenten des „ausgangsseitigen“ Teils der Informationsverarbeitung und der Informationsausgabe (siehe Bild 3–62) dargestellt. Wie Bild 3–61 und Bild 3–62 zeigen, können Typicals durch Verwendung der Spalte „Kosten“ auch als übersichtliches Hilfsmittel für die Angebotskalkulation eingesetzt werden. Analoge Differenzdruckmessung mittels Wirkdruckverfahren, Signalübertragung mittels Einheitsstromsignal (nicht eigensicher), Signalverarbeitung im Prozessleitsystem, Option „Anzeige örtlich“

Erläuterungen: AE: Analogeingabekanal Kl: Klemme LU-LT: Lieferumfang Leittechnik St: Stück UV: Unterverteiler (Feldebene) Bild 3–61: Typical für Differenzdruckmessung 69 Auf dieser Basis lassen sich die im Abschnitt 3.3.4.4. erläuterten Grob-EMSRStellenpläne generieren, die das Verständnis der angebotenen Lösung erheblich verbessern. Als hilfreiche Projektierungsunterlagen werden sie daher manchmal bereits beim Basic-Engineering erarbeitet.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

85

Stelleingriff in Stoffstrom mittels analogen Drosselstellglieds mit pneumatischem Stellantrieb, Ansteuerung mittels Einheitsstromsignal (nicht eigensicher) und Stellungsregler vom Prozessleitsystem aus, keine örtliche Anzeige; Zubehör: elektrische Stellgliedrückmeldung analog/binär sowie Einrichtung für Noteingriff

Erläuterungen: AA: Analogausgabekanal AE: Analogeingabekanal BE: Binäreingabekanal Kl: Klemme LS: Lageschalter LU-LT: Lieferumfang Leittechnik St: Stück UV: Unterverteiler (Feldebene) WFG: Widerstandsferngeber Bild 3–62: Typical für Stelleingriff in Stoffstrom mit analogem Drosselstellglied

86

Kernprojektierung

3.3.3.6 EMSR-Geräteliste, Verbraucherliste sowie Armaturenliste EMSR-Geräteliste Im R&I-Fließschema werden die für die Automatisierung erforderlichen EMSR-Stellen dargestellt. Mit diesen EMSR-Stellen wird im R&I-Fließschema u. a. beschrieben, welche Funktionen (messen, steuern, regeln, stellen, anzeigen, alarmieren, Noteingriff, …) in der Automatisierungsanlage zu realisieren sind. Damit eine EMSR-Stelle die an sie gebundenen Funktionen ausführen kann, ist sie – wie im Abschnitt 3.3.3.3 bereits erläutert – zu instrumentieren, d. h. mit Geräten auszustatten. Während mit dem leittechnischen Mengengerüst ermittelt wird, wie viele Geräte eines bestimmten Typs erforderlich sind, d. h. die Gerätetechnik aus einer eher beschaffungsorientierten Sicht betrachtet wird, spiegelt die EMSR-Geräteliste die EMSR-Stellenbezogene Sicht auf die Gerätetechnik wider. Ist also die zur Realisierung der jeweiligen EMSR-Stelle benötigte Gerätetechnik im leittechnischen Mengengerüst in die Kategorien „Informationserfassung“, „Informationsverarbeitung“ sowie „Informationsausgabe“ aufgeteilt, d. h. von der jeweiligen EMSR-Stelle losgelöst, dargestellt, so werden in der EMSRGeräteliste die zur Realisierung der jeweiligen EMSR-Stelle benötigten Geräte bezogen auf diese EMSR-Stelle blockartig zusammengefasst und tabellenartig in der EMSR-Geräteliste dargestellt. Bild 3–63 zeigt hierzu ein Beispiel. Verbraucherliste Die „Verbraucher“ elektrischer, pneumatischer sowie hydraulischer Hilfsenergie (z. B. elektrische Antriebe von Stellarmaturen, pneumatische bzw. hydraulische Stellungsregler an Stellarmaturen) sind im Allgemeinen schon EMSR-Stellen zugeordnet und daher bereits in einer entsprechend konfigurierten EMSR-Geräteliste mit erfasst. Zur Planung des Bedarfs an pneumatischer, hydraulischer und insbesondere elektrischer Hilfsenergie ist es jedoch zweckmäßig, die „Verbraucher“ in einer separaten Liste, der sogenannten Verbraucherliste zu erfassen. Da diese Liste prinzipiell ähnlich wie die EMSR-Geräteliste (vgl. Bild 3–63) aufgebaut ist, wird hier nicht weiter darauf eingegangen. Armaturenliste Ob Armaturenlisten Bestandteil der Projektunterlagen des Gewerks „Automatisierungstechnik“ sind, hängt im Wesentlichen von der Gestaltung der Nahtstelle zwischen den Gewerken „Verfahrenstechnik“ und „Automatisierungstechnik“ ab. Im in der Praxis häufig anzutreffenden Regelfall legt das Gewerk „Verfahrenstechnik“ die Stellglieder wie z. B. Klappen oder Ventile nach den verfahrenstechnischen Erfordernissen aus, d. h. die Armaturen sind Bestandteil des Liefer- und Leistungsumfangs der Verfahrenstechnik. Das Gewerk „Automatisierungstechnik“ dimensioniert und liefert dann gemäß den verfahrenstechnischen Vorgaben die Stellantriebe. In diesem Fall wird die Armaturenliste vom Gewerk „Verfahrenstechnik“ erarbeitet und dem Gewerk „Automatisierungstechnik“ zur Verfügung gestellt. Davon abweichend kann es in Ausnahmefällen durchaus vorkommen, dass die Stelleinrichtungen, d. h. sowohl Stellglieder als auch Stellantriebe, Bestandteil des Liefer- und Leistungsumfangs für das Gewerk „Automatisierungstechnik“ sind. In diesem Fall ist die Armaturenliste vom Gewerk „Automatisierungstechnik“ zu erarbeiten. Da diese Liste prinzipiell ähnlich wie die EMSR-Geräteliste (vgl. Bild 3–63) aufgebaut ist, wird hier nicht weiter darauf eingegangen.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

Bild 3–63: Beispiel einer EMSR-Geräteliste

87

88

Kernprojektierung

3.3.3.7 Angebotserarbeitung Die Erarbeitung des Angebots ist eine wichtige beim Basic-Engineering zu erbringende Leistung. Hierbei wird auf Basis der in den Abschnitten 3.3.2.2 (Lastenheft), 3.3.2.3 (Grund- bzw. Verfahrensfließschema) sowie 3.3.3.1 bis 3.3.3.6 erläuterten Unterlagen der Liefer- und Leistungsumfang beschrieben und kalkuliert. Es wird hier nicht darauf eingegangen, sondern im Rahmen von Abschnitt 7 (Kommerzielle Aspekte), weil dort die diesbezüglichen Erläuterungen sich besser strukturiert darstellen lassen.

3.3.4 Detail-Engineering 3.3.4.1 Allgemeines Ausgehend von der im Bild 3–7 dargestellten Einordnung der Kernprojektierung in den Projektablauf werden vom Auftraggeber in der Anfrage bzw. Ausschreibung die Projektanforderungen im Allgemeinen in einem Lastenheft zusammengestellt. Zusammen mit der Anfrage bzw. Ausschreibung übergibt der Auftraggeber dem Anbieter, der sich um den Auftrag bemüht, das Verfahrensfließschema. Auf dieser Basis wird das im Abschnitt 3.3.3 beschriebene Basic-Engineering durchgeführt und ein Angebot erarbeitet. Vergibt der Auftraggeber den Auftrag an den Anbieter, so sind im Rahmen des Detailengineerings Projektierungsunterlagen für die Errichtung der Automatisierungsanlage zu erarbeiten, z. B. x

Pflichtenheft (vgl. Abschnitt 3.3.4.2)

x

Verkabelungskonzept (vgl. Abschnitt 3.3.4.3)

x

EMSR-Stellenpläne (vgl. Abschnitt 3.3.4.4)

x

Kabellisten und Klemmenpläne (vgl. Abschnitt 3.3.4.5)

x

Schaltschrank-Layouts (vgl. Abschnitt 3.3.4.6)

x Montageanordnungen (vgl. Abschnitt 3.3.4.7) sowie Regelungs- und Steuerungsentwurf einschließlich Erarbeitung der Anwendersoftware durchzuführen (vgl. Abschnitte 3.3.4.8, 3.4.2 und 3.4.4 sowie 3.4.5). 3.3.4.2 Pflichtenheft Im Lastenheft (vgl. Abschnitt 3.3.2.2) wurden nach VDI/VDE 3694 die allgemeinen Projektanforderungen, welche an die Automatisierungsanlage gestellt werden, sowohl hersteller- als auch produktneutral definiert, und auf dieser Grundlage wurde auch das R&I-Fließschema erarbeitet. Nun sind diese allgemeinen Anforderungen vom Auftragnehmer in die konkrete Lösung umzusetzen, wobei gleichzeitig auch die Unterlagen (z. B. EMSR-Stellenpläne, Kabel- und Klemmenpläne, Schaltschrank-Layouts) entstehen müssen, nach denen die Automatisierungsanlage errichtet werden kann. Damit wird das Lastenheft durch die Beschreibung der konkreten Lösung zum Pflichtenheft ergänzt. Ähnlich wie im Abschnitt 3.3.2.2 ergibt sich die Fragestellung, Wie und Womit die im Lastenheft definierten allgemeinen Anforderungen an die Automatisierungsanlage durch die vom Auftragnehmer umzusetzende Lösung realisiert werden.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

89

VDI/VDE 3694 empfiehlt, das Pflichtenheft, welches die Frage „Wie und Womit?“ beantwortet, gemäß der in Tabelle 3-7 genannten Gliederungspunkte aufzubauen. Bezüglich Untersetzung dieser Gliederungspunkte wird erneut auf VDI/VDE 3694 [3] verwiesen. Tabelle 3-7: Gliederung des Pflichtenheftes nach VDI/VDE 3694 Gliederungspunkt Benennung Lastenheft (Gliederung siehe Tabelle 3–1) 1–8 9 9.1 9.2 9.3 10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6

Systemtechnische Lösung Kurzbeschreibung der Lösung Gliederung und Beschreibung der systemtechnischen Lösung Beschreibung der systemtechnischen Lösung für den regulären (Anlauf, Normalbetrieb, Wiederanlauf) und für den irregulären Betrieb (gestörter Betrieb, Notbetrieb) Systemtechnik Datenverarbeitungssystem Datenverwaltungs-/Datenbanksystem Software Gerätetechnik Technische Daten der Geräte Technische Angaben für das Gesamtsystem

Durch den in Tabelle 3–7 dargestellten Aufbau wird das Pflichtenheft zu einem Prüfinstrument, das den Liefer- und Leistungsumfang des Auftragnehmers sowie die erforderlichen Beistellungen des Auftraggebers verbindlich festlegt und anhand dessen der Auftraggeber kontrollieren kann, ob und wie der Auftragnehmer den vereinbarten Liefer- und Leistungsumfang erbracht hat. Damit ist das Pflichtenheft auch gleichzeitig eine wichtige Grundlage für die Abnahme des Liefer- und Leistungsumfangs durch den Auftraggeber, die ihrerseits Bedingung dafür ist, dass der Auftragnehmer dem Auftraggeber die Schlussrechnung zur Bezahlung vorlegen darf. Die Ergebnisse aus dem „Wie und Womit“ werden in einzelnen Ausführungsunterlagen dokumentiert, nach denen die Automatisierungsanlage errichtet werden kann. Zu diesen Unterlagen zählen: x

R&I-Fließschema,

x

EMSR-Stellen-, Signal-, Geräte-, Verbraucher- und Armaturenlisten,

x

EMSR-Stellen- bzw. Verbraucherstellenblätter,

Basic-Engineering

90

Kernprojektierung

x

EMSR-Stellenpläne,

x

Kabellisten und Klemmenpläne,

x

Schaltschrank-Layouts,

x

Montageanordnungen.

Detail-Engineering

3.3.4.3 Verkabelungskonzept Um die für das Detail-Engineering erforderlichen Unterlagen (z. B. EMSR-Stellenpläne, Kabellisten und Klemmenpläne) erarbeiten zu können, muss zuvor ein Verkabelungskonzept entwickelt werden. Welche Art von Verkabelungskonzept im jeweils vorliegenden Anwendungsfall zweckmäßig ist, hängt vom Typ der umzusetzenden Strukturvariante (siehe Abschnitt 3.2.2) ab. Insofern kann Bild 3–4 bis Bild 3–6 als Basis für das zu entwickelnde Verkabelungskonzept dienen. Anhang 4 zeigt hierzu ein Beispiel. 3.3.4.4 EMSR-Stellenplan: Aufbau, Betriebsmittel-, Anschluss- bzw. Signalkennzeichnung sowie Potentiale und Querverweise Allgemeiner Aufbau von EMSR-Stellenplänen Zunächst ist es sinnvoll, zwischen dem Grob-EMSR-Stellenplan sowie dem FeinEMSR-Stellenplan zu unterscheiden. Im Einzelnen bedeutet das, der Projektierungsingenieur legt zunächst fest, welche Automatisierungsmittel für die Funktion der einzelnen EMSR-Stellen erforderlich sind. Dies dokumentiert er – wie im Abschnitt 3.3.3.5 bereits erläutert – beim Basic-Engineering im leittechnischen Mengengerüst. Darauf aufbauend wird anschließend im Rahmen des Detail-Engineerings die konkrete Verdrahtung der Automatisierungsmittel geplant und mittels Grob-EMSRStellenplan70 bzw. Fein-EMSR-Stellenplan71 dokumentiert. In den EMSR-Stellenplänen soll die Symbolik nach DIN 19227 [9] angewendet werden. Deshalb wird sie im Folgenden eingeführt und beispielhaft erläutert. Die nach DIN 19227 für EMSR-Stellenpläne zur Verfügung stehenden Symbole lassen sich in folgende Symbolgruppen unterteilen: x

Aufnehmer,

x

Anpasser,72

x

Ausgeber,

x

Regler,

70 Der Grob-EMSR-Stellenplan ist eine dem Übersichtsschaltplan vergleichbare grafische Darstellung. 71 Der Fein-EMSR-Stellenplan ist eine dem Stromlaufplan vergleichbare grafische Darstellung. 72 In der Symbolgruppe „Anpasser“ wird zwischen Wandlern (Umformer, Umsetzer), Rechengliedern, Signalverstärkern, Signalspeichern und Binärverknüpfungen unterschieden. Symbole für Wandler, Rechenglieder, Signalverstärker und Signalspeicher nach DIN 19227 zeigt Bild 3–65, bezüglich der Symbole für Binärverknüpfungen verweist DIN 19227 auf DIN EN 60617, Teil 12 [22].

3.3 Kernprojektierungsinhalt x

Steuergeräte,

x

Stellgeräte und Zubehör,

x

Bediengeräte,

91

x Leitungen, Leitungsverbindungen, Anschlüsse, Signalkennzeichen. Bild 3–64 bis Bild 3–67 zeigen häufig verwendete Symbole. Es ist zulässig, diese Symbole miteinander zu kombinieren. Im Bild 3–68 sind Beispiele von Kombinationssymbolen dargestellt.

Bild 3–64: Ausgewählte Symbole für Aufnehmer nach DIN 19227

92

Kernprojektierung

Bild 3–65: Ausgewählte Symbole für Anpasser (Wandler, Rechenglieder, Signalverstärker, Signalspeicher) nach DIN 19227

Bild 3–66: Ausgewählte Symbole für Ausgeber, Regler, Steuer- und Bediengeräte nach DIN 19227

3.3 Kernprojektierungsinhalt

93

Bild 3–67: Ausgewählte Symbole für Stellgeräte und Zubehör sowie Signalkennzeichen und Leitungen nach DIN 19227

Bild 3–68: Beispiele für Kombinationssymbole nach DIN 19227

94

Kernprojektierung

Die nachfolgenden Darstellungen (Bild 3–69 bis Bild 3–73) zeigen beispielhaft, wie die zuvor erläuterte Symbolik in EMSR-Stellenplänen angewendet wird.

1,4 bar

PID

Prozessleitwarte

H

Schaltraum

0,2 … 1 bar

1,4 bar

0,2 … 1 bar

Feld

0,2 … 1 bar

1,4 bar PD

F

max. 3 bar

Graphisches Symbol für Zuluft nach DIN ISO 1219 (pneumatische Druckquelle)

Bild 3–69: Grob-EMSR-Stellenplan der pneumatischen Durchflussregelung FIC 001

3.3 Kernprojektierungsinhalt

95

PID

Feld

Schaltraum

Prozessleitwarte

H

L

N PE 230 VAC

L+

L+

L- PE

L- PE

PD

F

max. 3 bar

Graphisches Symbol für elektrische Klemme

Bild 3–70: Fein-EMSR-Stellenplan der elektrischen Durchflussregelung FIC 002

I

I

Block: FIC 003 w x

L+

L- PE

PID

y

L+

L- PE

Feldverteiler

Schalt- und Ein-/AusVerarbeitungsebene – Verteilerebene gangsebene Funktionsebene

Bedien- und Beobachtungsebene

Kernprojektierung

Mess- und Stellebene

Feld

Schaltraum

Prozessleitwarte

96

PD

F

max. 3 bar

Graphisches Symbol für elektrische Klemme im Feld bzw. Schaltraum; in der Verarbeitungsebene – Funktionsebene bzw. Bedien- und Beobachtungsebene bei softwaremäßiger Realisierung graphisches Symbol für Signalverzweigung

Bild 3–71: Fein-EMSR-Stellenplan der elektrischen Durchflussregelung FIC 003 (Anzeige und Regelung softwaremäßig realisiert)

97

I

I

Verarbeitungsebene – Funktionsebene

Bedien- und Beobachtungsebene

3.3 Kernprojektierungsinhalt

Block: TIC 302 PI

y

Schalt- und Verteilerebene

Ein-/Ausgangsebene

w yH x

R

T Bild 3–72: Grob-EMSR-Stellenplan der EMSR-Stelle TIC 302 (siehe auch R&I-Fließschema im Bild 3–14)

Kernprojektierung

Querverweis

Betriebsmittelkennzeichnung Potential

Zugeordnete übergeordnete Kennzeichnung

98

Bild 3–73: Fein-EMSR-Stellenplan der EMSR-Stelle HSI 1302 mit Kennzeichnung der Betriebsmittel sowie Darstellung von Potentialen, Querverweisen und übergeordneter Kennzeichnung

3.3 Kernprojektierungsinhalt

99

Betriebsmittelkennzeichnung Im EMSR-Stellenplan miteinander verbundene Geräte (Aufnehmer, Anpasser, Regler, Ausgeber, Stellgeräte, Klemmen etc.) werden allgemein als Betriebsmittel bezeichnet. Um in der Projektdokumentation diese Betriebsmittel eindeutig identifizieren zu können, enthalten die Projektdokumentationen ausführliche Fein-EMSR-Stellenpläne (vgl. Bild 3–73), in denen u. a. das Kennzeichnungssystem nach DIN 40719 [18] verwendet wird.73 Dieses Kennzeichnungssystem ist in Kennzeichnungsblöcke gegliedert, die durch Vorzeichen jeweils voneinander getrennt werden (Tabelle 3-8). Tabelle 3-8: Prinzip der Betriebsmittelkennzeichnung ÜbergeordEinAufstelnete Kennbau= ++ + lungsort -zeichnung ort

Betriebsmittelkennzeichen gemäß Bild 3–76 bis Bild 3–78

Nachfolgend wird nun der Aufbau der einzelnen Kennzeichnungsblöcke überblicksartig erläutert. Kennzeichnungsblock „Übergeordnete Kennzeichnung“ Um den Kennzeichnungsblock „Übergeordnete Kennzeichnung“ anwenden zu können, ist das Automatisierungsobjekt, d. h. die Produktionsanlage (Brauerei, Kraftwerk etc.), prozessorientiert zu gliedern. Eine zweckmäßige allgemeine und daher häufig in ähnlicher Weise verwendete Struktur einschließlich Beispiel zeigt Bild 3–74.74 Wie dieses Bild veranschaulicht, werden in der übergeordneten Kennzeichnung anstelle der ausführlichen Bezeichnungen oft Abkürzungen verwendet, z. B. lautet die übergeordnete Kennzeichnung für das o. g. Anwendungsbeispiel = L&F LP PA FP1 RKR. Weil die Anwendung des Kennzeichnungsblockes „Übergeordnete Kennzeichnung“ zur Kennzeichnung der im EMSR-Stellenplan dargestellten Betriebsmittel trotz Verwendung von Abkürzungen zuviel Platz beanspruchen würde, benutzt man die sogenannte aufgeteilte Kennzeichnungsschreibweise, indem die übergeordnete Kennzeichnung durch Eintrag in das Schriftfeld des EMSR-Stellenplans formal allen in diesem EMSR-Stellenplan dargestellten Betriebsmitteln zugeordnet wird (vgl. Bild 3–73). Soll einzelnen Betriebsmitteln eines EMSR-Stellenplans eine andere übergeordnete Kennzeichnung zugeordnet werden, so ist an diese Betriebsmittel die übergeordnete Kennzeichnung in der zusammenhängenden Kennzeichnungsschreibweise anzutragen.

73 DIN 40719 ist zurückgezogen und zum Teil durch DIN 6779 [19] bzw. DIN IEC 61346 [20] ersetzt worden. Grundlegende aus DIN 40719 bekannte Prinzipien der Betriebsmittelkennzeichnung bleiben aber weitgehend erhalten, Änderungen ergeben sich hauptsächlich bei Kennbuchstaben. Aus diesem Grund und weil darüber hinaus in der Praxis nach wie vor die Kennzeichnungssystematik nach DIN 40719 dominiert [21], stützen sich die Erläuterungen zum Prinzip der Betriebsmittelkennzeichnung auf DIN 40719. 74 Weitere Hinweise zur Anlagenstrukturierung siehe DIN IEC 61346 [20].

100

Kernprojektierung

Allgemeine Anlagenstruktur

Beispiel für übergeordnete Kennzeichnung

Ebene 1: Werk

Lacke & Farben GmbH (L&F)

Ebene 2: Komplex Ebene 3: Anlage Ebene 4: Teilanlage Ebene 5: Anlagenteil

Lackproduktion (LP) Produktionsanlage (PA) Fertigprodukt 1 (FP1) Rührkesselreaktor (RKR)

Bild 3–74: Häufig verwendete allgemeine Anlagenstruktur und Anwendungsbeispiel Kennzeichnungsblöcke „Aufstellungsort“ und „Einbauort“ (Ortskennzeichnung) Die Kennzeichnungsblöcke „Aufstellungsort“ und Einbauort“ bilden in der Betriebsmittelkennzeichnung zusammen die sogenannte Ortskennzeichnung. Um diese Kennzeichnungsblöcke anwenden zu können, ist das Automatisierungsobjekt, d. h. die Produktionsanlage (Brauerei, Kraftwerk etc.), örtlich zu gliedern.75 Begonnen wird dabei mit den Aufstellungsorten, die man sich als Räume vorstellen kann, in denen z. B. Montagegerüste für die Aufnahme von Feldgeräten (Mess- bzw. Stelleinrichtungen), Schaltschränke, Schalttafeln, Bedienpulte etc. aufgestellt werden.76 Die einfachste und für Anlagen, die den im Bild 1–3 genannten Prozessklassen zugeordnet sind, als allgemeingültig zu betrachtende Gliederung der Aufstellungsorte umfasst daher die Ebenen x

Feld,

x

Schaltraum und

x Prozessleitwarte (vgl. Bild 3–64 bis Bild 3–72), die – dem jeweiligen Anwendungsfall angepasst – durchaus weiter untergliedert werden können (vgl. Bild 3–73),77 wobei die Untergliederungen innerhalb des Kennzeichnungsblocks „Aufstellungsort“ meist mit jeweils einem Punkt voneinander getrennt werden. Den einzelnen Aufstellungsorten können nun Einbauorte zugeordnet werden. Als Einbauorte werden die bereits erwähnten Montagegerüste, Schaltschränke, Schalttafeln, Bedienpulte usw. betrachtet, in die Geräte wie z. B. Feldgeräte (Mess- und Stelleinrichtungen), Wandler (z. B. Potentialtrenner), (konventionelle) Regler, Anzeigegeräte

75 In der Projektierungspraxis wird diese Tätigkeit auch als „Einrichtung der Ortswelt“ bezeichnet. 76 Im weitesten Sinne ist somit auch die Ebene „Feld“ wie ein Aufstellungsort zu betrachten. 77 Anhang 5 zeigt hierzu ein verallgemeinertes Beispiel.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

101

oder speicherprogrammierbare Steuerungen eingebaut werden sollen.78 Eine örtliche Gliederung zeigt Bild 3–75, wobei bezüglich der Einbauorte aus Gründen der Übersichtlichkeit auf eine Untergliederung in Einbauzeilen bzw. -spalten verzichtet wurde.

Ortskennzeichnung Aufstellungsorte

Einbauorte

++ Feld + Montagegerüst 1 (MG1) + Montagegerüst 1 (MG2) + Bedienpult (BP) + Schaltschrank (S)

++Schaltraum (SR) + Schaltschrank 1 (S1) + Schaltschrank 2 (S2) + Verteilerschrank (V)

++ Prozessleitwarte (PLW) + Schaltschrank 1 (S1) + Schaltschrank 2 (S2) + Bedienpult (BP)

Bild 3–75: Beispiel einer örtlichen Gliederung

78 Wenn gefordert wird, den Einbauort eines Gerätes z. B. innerhalb eines Schaltschrankes genauer anzugeben, wird dem Schaltschrank ein Koordinatensystem zugeordnet, das die Einbauorte (Steckplätze) durch Angabe von Einbauzeile und spalte lokalisiert. Die Angabe von Einbauzeile und -spalte wird mit einem Punkt von der übrigen Kennzeichnung des Einbauortes abgetrennt. Will man z. B. angeben, dass ein Gerät im Schaltschrank „S2“, Ebene „C“ eingebaut ist, so lautet die Kennzeichnung des Einbauortes +S2.C.

102

Kernprojektierung

Gemäß Bild 3–75 lautet unter Verwendung der dort angegeben Abkürzungen die Ortskennzeichnung für ein in der Prozessleitwarte im Schaltschrank 1, Ebene C eingebautes Gerät: ++PLW+S1.C (vgl. Bild 3–82). Bei der Ortskennzeichnung ist zu beachten, dass nach DIN 40719 auf die Angabe des Aufstellungsortes auch verzichtet werden kann bzw. in diesem Fall dem Einbauort der Kennzeichnungsblock „Übergeordnete Kennzeichnung“ vorangestellt werden darf (vgl. Bild 3–79). Die diesbezügliche Entscheidung hängt im Wesentlichen von den Gegebenheiten des zu bearbeitenden Projektes ab. Der Aufstellungsort ist aber unbedingt anzugeben, wenn die Bezeichnung eines Einbauortes in mehreren Aufstellungsorten verwendet wird. Gemäß Bild 3–75 betrifft das z. B. Einbauort „Bedienpult“ in den Aufstellungsorten „Feld“ sowie „Prozessleitwarte“ bzw. Einbauort „Schaltschrank 1“ in den Aufstellungsorten „Schaltraum“ sowie „Prozessleitwarte“. Hinsichtlich der Ortskennzeichnung wird ähnlich verfahren wie beim Kennzeichnungsblock „Übergeordnete Kennzeichnung“ (siehe S. 99): Man benutzt auch hier die aufgeteilte Kennzeichnungsschreibweise, indem die Ortskennzeichnung durch Eintrag in das Schriftfeld des EMSR-Stellenplans formal allen in diesem EMSR-Stellenplan dar79 gestellten Betriebsmitteln zugeordnet wird. Soll einem einzelnen Betriebsmittel eines EMSR-Stellenplans eine andere Ortskennzeichnung zugeordnet werden, so ist an dieses Betriebsmittel die Ortskennzeichnung in der zusammenhängenden Kennzeichnungsschreibweise anzutragen (vgl. Bild 3–73). Kennzeichnungsblock „Betriebsmittelkennzeichen“ Nach DIN 40719 wird bei der Betriebsmittelkennzeichnung zwischen elektrischen und nichtelektrischen Betriebsmitteln unterschieden. Dem Betriebsmittelkennzeichen für elektrische Betriebsmittel ist das Zeichen „-“, nichtelektrischen Betriebsmitteln das Zeichen „--“ voranzustellen. Sowohl bei elektrischen Betriebsmitteln als auch nichtelektrischen Betriebsmitteln werden Kennbuchstaben verwendet, die jeweils für elektrische Betriebsmittel im Bild 3–76 und Bild 3–77, für nichtelektrische Betriebsmittel im Bild 3–78 aufgeführt sind. Beispielsweise sind Relais bzw. Schütze elektrische Betriebsmittel, die gemäß Bild 3–77 Betriebsmittelkennzeichen „-K“ tragen, das um die laufende Nummer innerhalb der Betriebsmittelart (im vorliegenden Fall „K“) zu ergänzen ist (vgl. auch Bild 3–73, Strompfad80 B4). Nichtelektrische Betriebsmittel sind z. B. Ventile, die gemäß Bild 3–78 das Betriebsmittelkennzeichen „--A“ tragen, das auch hier um die laufende Nummer innerhalb der Betriebsmittelart (im vorliegenden Fall „A“) zu ergänzen ist. Betrachtet man unter Berücksichtigung der vorgenannten Ausführungen die im Bild 3–73 dargestellten Betriebsmittel, ist festzustellen, dass die in den Strompfaden A4, A5 und A6 dargestellten Ventilstelleinrichtungen nicht das Betriebsmittelkennzeichen „--A“, sondern das für elektrische Betriebsmittel zutreffende 79 Die in das Schriftfeld des EMSR-Stellenplans eingetragene Ortskennzeichnung (siehe Markierung im Bild 3–73) wird auch als „Blattort“ bezeichnet. Dabei kann auch auf die Angabe des Aufstellungsortes verzichtet werden. 80 Die Strompfade sind wie ein Koordinatensystem zu betrachten, mit dem Objekte auf dem Zeichnungsblatt lokalisiert werden können, was bei blattübergreifenden Querverweisen, wie sie z. B. bei der Darstellung von Potentialen auftreten, wichtig ist. Meist werden die horizontalen Strompfade mit Buchstaben, die vertikalen mit Zahlen bezeichnet.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

103

Betriebsmittelkennzeichen „-Y“ tragen, wobei eigentlich die Zuordnung zu nichtelektrischen Betriebsmitteln zu erwarten gewesen wäre. Es ist deshalb davon auszugehen, dass Betriebsmittel wie Widerstände, Kondensatoren, Spulen, Relais eindeutig der Gruppe der elektrischen Betriebsmittel zugeordnet werden können. Bei Betriebsmitteln, die im Vergleich dazu eine Kombination aus sowohl elektrischen als auch nichtelektrischen Betriebsmitteln bilden, ist die Zuordnung jedoch komplizierter. Bezogen auf die im Bild 3–73 dargestellten Ventilstelleinrichtungen gilt, dass sie aus dem elektrischen Betriebsmittel „Magnetstellantrieb“ sowie dem nichtelektrischen Betriebsmittel „Ventil“ bestehen und somit eine Kombination aus sowohl elektrischem als auch nichtelektrischem Betriebsmittel bilden. Korrekterweise wäre bei solchen Betriebsmittelkombinationen jedes Betriebsmittel für sich zu kennzeichnen. Bei den im Bild 3–73 dargestellten Ventilstelleinrichtungen müsste demzufolge der Magnetstellantrieb mit dem Betriebsmittelkennzeichen „-Y“ und das Ventil mit dem Betriebsmittelkennzeichen „--A“ versehen werden. Um die Betriebsmittelkennzeichnung jedoch überschaubar zu halten, wird die Kombination der Betriebsmittel wie ein einziges Betriebsmittel betrachtet und das Betriebsmittelkennzeichen danach ausgewählt, ob für das betrachtete Betriebsmittel zur Darstellung im EMSR-Stellenplan eher elektrische 81 bzw. nichtelektrische Eigenschaften wesentlich sind. Bei den exemplarisch betrachteten Ventilstelleinrichtungen ist davon auszugehen, dass bei der Darstellung im EMSR-Stellenplan die elektrischen Eigenschaften wesentlich sind und daher für das hier betrachtete Betriebsmittel „Ventilstelleinrichtung“ das Betriebsmittelkennzeichen „Y“ verwendet wird. Zusammenfassende Beispiele zur Betriebsmittelkennzeichnung Abschließend werden beispielhaft die vollständigen Betriebsmittelkennzeichnungen für die im Strompfad A4 bzw. B4 dargestellten Betriebsmittel (vgl. Bild 3–73) angegeben. Das im Strompfad A4 dargestellte Betriebsmittel ist eine Ventilstelleinrichtung, deren vollständige Betriebsmittelkennzeichnung daher =B1.HSI2+Feld-Y2 lautet. (der Kennzeichnungsblock für den Aufstellungsort wurde hierbei nicht mit genutzt). Für das im Strompfad B4 dargestellte Relais lautet die vollständige Betriebsmittelkennzeichnung =B1.HSI2+S2.C-K2 (der Kennzeichnungsblock für den Aufstellungsort wurde hierbei ebenfalls nicht genutzt). In beiden Fällen wurde im Bild 3–73 bezüglich der übergeordneten Kennzeichnung von der bereits auf S. 99 erläuterten Schreibweise Gebrauch gemacht.

81 Für den Fall, dass – obwohl eher die elektrischen Eigenschaften wesentlich sind – das nichtelektrische Betriebsmittelkennzeichen besser geeignet ist, so ist es anstelle des elektrischen Betriebsmittelkennzeichens zu verwenden. Dies trifft z. B. für die Betriebsmittelkennzeichnung elektrisch angetriebener Pumpen zu.

104

Kernprojektierung

Kennbuchstabe

A

B

C

D

Art des Betriebsmittels

Beispiele

Baugruppen, Teilbaugruppen

Verstärker mit getrennten Komponenten, Magnetverstärker, Laser, Maser, gedruckte Schaltung Gerätekombinationen; Baugruppen und Teilbaugruppen, die eine konstruktive Einheit bilden, aber nicht eindeutig einem anderen Kennbuchstaben zugeordnet werden können, wie Einschübe, Steckkarten, Flachbaugruppen, Ortssteuerstellen usw.

Umsetzer von nichtelektrischen auf elektrische Größen oder umgekehrt

Thermoelektrischer Fühler, Thermozelle, Dynamometer, photoelektrische Zelle, Kristallwandler, Mikrophon, Tonabnehmer, Lautsprecher, Kopfhörer, Drehfeldgeber, Funktionsdrehmelder; Messumformer, Thermoelemente; Widerstandsthermometer; Photowiderstand; Druckmessdosen; Dehnungsmessdosen; Dehnungsmesstreifen; Piezoelektrische Geber; Drehzahlgeber; Geschwindigkeitsgeber; Impulsgeber;Tachogenerator; Wegund Winkelumsetzer;

Kondensatoren

Binäre Elemente, Verzögerungseinrichtungen, Speichereinrichtungen

Integrierte digitale Schaltkreise und Geräte, Zeitglied, bistabiles Element, Monostabiles Element, Kernspeicher, Register, Magnetbandgerät, Plattenspieler; Einrichtungen der binären und digitalen Steuerungs-, Regelungs- und Rechentechnik. Integrierte Schaltkreise mit binären und digitalen Funktionen; Verzögerer; Signalblocker; Zeitglieder; Speicher- und Gedächtnisfunktionen, z. B. Trommel- und Magnetbandspeicher, Schieberegister; Verknüpfungsglieder z. B. UNDund ODER-Glieder. Digitale Einrichtungen, Impulszähler, digitale Regler und Rechner

Kennbuchstabe

Art des Betriebsmittels

Beispiele

Verschiedenes

Beleuchtungseinrichtung, Heizeinrichtung, Einrichtung, die an anderer Stelle nicht aufgeführt ist; Elektrofilter, Elektrozäune, Lüfter, Meßtechnische Geräteabsperrungen, Abgleichgefäße

F

Schutzeinrichtungen

Sicherung, Überspannungsentladevorrichtung, Überspannungsableiter; Fernmeldeschutzschalter, Schutzrelais, Bimetallauslöser, magnetische Auslöser; Druckwächter; Windfahnenrelais, Fliehkraftschalter; Buchholzschutz; Elektronische Einrichtungen zur Signalüberwachung; Signalsicherung; Leitungsüberwachung; Funktionssicherung;

G

Generatoren, Stromversorgungen

rotierender Generator, rotierender Frequenzwandler, Batterie, Oszillator, Quarzoszillator; ruhende Generatoren und Umformer; Ladergeräte; Netzgeräte; Stromrichtergeräte; Taktgeneratoren

H

Meldeeinrichtungen

Optisches oder akkustisches Messgerät; Signalleuchten; Geräte für das Gefahren- und Zeitmeldewesen; Zeitfolgemelder, Manöver-Registriergeräte; Fallklappenrelais; Leuchtdiode

E

J

frei verfügbar

K

Relais, Schütze

L

Induktivitäten und Drosseln

M

Motoren

Leistungsschütze, Hilfsschütze; Hilfsrelais, Zeitrelais; Blinkrelais und Reedrelais Induktionsspule, Wellensperre, Drosselspule (Nebenschluss und Reihenschaltung)

Bild 3–76: Kennbuchstaben für elektrische Betriebsmittel nach DIN 40719

Kennbuchstabe

Art des Betriebsmittels

Beispiele

Analoge Elemente

Operationsverstärker, hybrides analoges/digitales Gerät: Einrichtungen der analogen Steuerungs-, Regelungs- und Rechentechnik; elektronische und elektromechanische Regler; Umkehrverstärker; Trennverstärker; Impedanzwandler; Steuersätze; Analogregler und Analogrechner; integrierte Schaltkreise mit analogen Funktionen, Transduktoren

Messgeräte, Prüfeinrichtungen

anzeigende, schreibende und zählende Messeinrichtung, Impulsgeber, Uhr; Analog, binär und digital anzeigende und registrierende Messgeräte (Anzeiger, Schreiber, Zähler), Mechanische Zählwerke; binäre Zustandsanzeigen; Oszillographen; Datensichtgeräte; Simulatoren; Prüfadapter; Mess-, Prüf- und Einspeisepunkte

StarkstromSchaltgeräte

Leistungsschalter, Trennschalter; Schalter in Hauptstromkreisen; Schalter mit Schutzeinrichtungen; Schnellschalter; Lasttrenner; SternDreieck-Schalter; Polumschalter; Schaltwalzen; Trennlaschen; Zellenschalter; Sicherungstrenner; Sicherungslasttrenner; Installationsschalter; Motorschutzschalter

R

Widerstände

einstellbarer Widerstand, Potentiometer, Regelwiderstand, Nebenwiderstand, Heißleiter, Kaltleiter; Festwiderstände; Anlasser; Bremswiderstände; Kaltleiter; Messwiderstände; Shunt

S

Schaltvorrichtungen für Steuerkreise, Wähler

T

Transformatoren

N

P

Q

Steuerschalter, Taster, Grenztaster, Wahlschalter, Wähler, Koppelstufe; Befehlsgeräte; Einbaugeräte; Drucktaster; Schwenktaster; Leuchttaster; Steuerquittierschalter; Messstellenumschalter; Steuerwalzen; Kopierwerke; Dekadenwahlschalter; Kodierschalter; Funktionstasten; Wählscheiben; Drehwähler Spannungswandler, Stromwandler; Netz-, Trenn- und Steuertransfomator

Kennbuchstabe

Art des Betriebsmittels

Beispiele

U

Modulatoren, Umsetzer von elektrischen in andere elektrische Größen

Diskriminator, Demodulator, Frequenzwandler, Kodiereinrichtung, Inverter, Umsetzer, Telegraphenübersetzer; Frequenz-Modulatoren (-Demodulatoren); (Strom-) Spannungs-Frequenzumsetzer, Frequenz-Spannungs- (Strom)-Umsetzer; Analog-Digital-Umsetzer; Digital-Analog-Umsetzer; Signal-Trennstufen; Gleichstrom- und Gleichspannungswandler; Parallel-Serien-Umsetzer; Serien-Parallel-Umsetzer; Code-Umsetzer; Optokoppler; Fernwirkgeräte

V

Röhren, Halbleiter

W

Übertragungswege, Hohlleiter, Antennen

Schaltdraht, Kabel, Sammelschiene, Hohlleiter; gerichtete Kupplung eines Hohlleiters, Dipol, parabolische Antenne; Lichtleiter; Koaxialleiter; TFH-, UKW-Richtfunk- und HF-Leitungsübertragungswege; Fernmeldeleitungen, Schleifleitungen, Schleifringübertrager

X

Klemmen, Stecker, Steckdosen

Trennstecker und Steckdose, Klemme, Prüfstecker, Klemmleiste, Lötleiste, Zwischenglied, Kabelendverschluss und Kabelverbindung; Koaxstecker; Buchsen; Messbuchsen; Vielfachstecker; Steckverteiler; Rangierverteiler; Kabelstecker; Programmierstecker; Kreuzschienenverteiler; Klinken

Y

elektrisch betätigte mechanische Einrichtung

Bremse, Kupplung, Ventil;Stellantriebe, Hubgeräte; Bremslüfter; Regelantriebe; Sperrmagnete; mechanische Sperren; Motorpotentiometer; Permanentmagnete, Fernschreiber; elektrische Schreibmaschinen; Drucker; Plotter; Bedienungsplattenschreiber; Auslösespulen

Z

Abschlüsse, Gabelübertrager, Filter, Begrenzer,

Kabelnachbildung, Dynamikregler, Kristallfilter; R/C- und L/C-Filter; Funkentstör- und Funkenlöscheinrichtungen; aktive Filter; Hoch-, Tief- und Bandpässe; Frequenzweichen; Dämpfungseinrichtungen

Elektronenröhre, Gasentladungsröhre, Diode, Transistor, Thyristor; Anzeigeröhren, Verstärkerröhren, Thyratron; HG-Stromrichter; Zenerdioden; Tunneldioden; Kapazitätsdioden; Triac's

Bild 3–77: Kennbuchstaben für elektrische Betriebsmittel nach DIN 40719 (Fortsetzung von Bild 3–76)

3.3 Kernprojektierungsinhalt

105

Kennbuchstabe

Art der Betriebsmittelgruppe

Beispiele

Kennbuchstabe

Art der Betriebsmittelgruppe

Beispiele

A

Durchfluss- und Durchsatzbegrenzer

Armatur, Hahn, Klappe, Schieber, Ventil, Berstscheibe, Blende, Düse, Begrenzer

M

nichtelektrische Antriebe

Benzinmotor, Turbine, Dieselmotor, Gasmotor

B

Baugruppen für Bauwerks- und Gebäudeabschlüsse

Abdämmunng, Abdeckung, Abschliessung, Schott, Tor, Fenster, Jalousie

N

Baugruppen für Stoffmischung

Mischer, Neutralisationsgerät

Wärmetauscher

Heizelemente, Berieselungskühler, Heizkörper, Kühler, Konvektor

P

C

Förderer für flüssige und gasförmige Medien

Abzug, Gebläse, Lüfter, Verdichter, Pumpe

D

Behälter

Abgleichgefäß, Behälter, Becken, Speicher, Tank

Q

Fundament

E

Baugruppen für Transport und Hebeeinrichtungen

Baugruppen für Halterungen, Unterstützungen, Verkleidungen, Isolierungen, Fundamente

Förderer, Flaschenzug, Greif- und Hubgeräte, Hubwerk, Winde R

F

Baugruppen für Dosierer und Zuteiler

Dosierer, Schnecke, Schaufelrad

Baugruppen für Rohrleitungen, Kanäle, Rinnen, Schweißnähte

Rohre, Bögen, Kanäle, Durchdringung, Flansch, Formstück, Redundanzstück, Verbindungen, Verschraubungen, Schweißnähte, Siphon, Stützen

S

spätere Normung

G

Baugruppen zur Übertragung und Umsetzung kinetischer Energie

Kupplung, Welle, Getriebe, Kettentrieb, Kraftverstärker, Riementrieb, Rutschkupplung

T

spätere Normung

U

spätere Normung

V

spätere Normung

W

frei verfügbar

X

Nichtelektrische Messwertgeber, Regler

Y

Nichtelektrische Prüf-, Mess- und Meldegeräte

Z

frei verfügbar

H

Baugruppen zur Begrenzung kinetischer Energie

Bremse

J

Baugruppen zur Behandlung von Feststoffen

Abkantmaschine, Bearbeitungsmaschine, Brecher, Presse, Paketiermaschine

K

Baugruppen zum Separieren und Trocknen von Stoffen

Abscheider, Absorptionsgerät, Abstreifer, Ausfüllgefäß, Filter, Dekanter, Entgaser, Ionenaustauscher,Katalysator, Magnettrommel, Rechen, Sieb, Trenngerät, Trockner, Verdampfer, Wäscher

L

Baugruppen zur Stoffverbrennung

Brenner, Rost

Bild 3–78: Kennbuchstaben für nichtelektrische Betriebsmittel nach DIN 40719 Anschlusskennzeichnung Die Anschlusskennzeichnung wird durch Anfügen des Kennzeichnungsblocks „Anschluss“ an die Betriebsmittelkennzeichnung gebildet. Dem Kennzeichnungsblock „Anschluss“ wird dabei das Vorzeichen „:“ vorangestellt (siehe Tabelle 3-9). Dieses Vorzeichen kann – wie aus Bild 3–73 zu entnehmen ist – abhängig von den Gegebenheiten des jeweils zu bearbeitenden Projekts auch weggelassen werden. Das Prinzip der ausführlichen Anschlusskennzeichnung zeigt Tabelle 3-9. Tabelle 3-9: Prinzip der Anschlusskennzeichnung ÜbergeordEinAufstelnete Kennbau= ++ + lungsort zeichnung ort

-

Betriebsmittelkennzeichen

:

Anschluss

Im EMSR-Stellenplan wird häufig aus Platzgründen statt der ausführlichen Anschlusskennzeichnung nur der Kennzeichnungsblock „Anschluss“ zur alleinigen Anschlusskennzeichnung verwendet. Potentiale und Querverweise Nach Erläuterung von Betriebsmittel- bzw. Anschlusskennzeichnung folgen nun Ausführungen zu den im Bild 3–73 dargestellten Potentialen und Querverweisen, mit denen man EMSR-Stellenpläne übersichtlich gestalten kann.

106

Kernprojektierung

Potentiale Potentiale ermöglichen, Stromkreise blattübergreifend und dabei zugleich übersichtlich darzustellen. Um Potentiale im EMSR-Stellenplan eindeutig voneinander unterscheiden zu können, werden sie – wie Bild 3–73 beispielhaft zeigt – mit einer Kennzeichnung versehen. Diese Kennzeichnung kann aus einer, z. B. der Betriebsmittelkennzeichnung angelehnten, Kennzeichnung bestehen, die in jedem Fall durch den nachfolgend erläuterten Querverweis zu ergänzen ist. Querverweise Querverweise ermöglichen ähnlich wie Potentiale, Stromkreise blattübergreifend und dabei zugleich übersichtlich darzustellen. Querverweise werden bei Betriebsmitteln benötigt, die – wie z. B. Potentiale oder Relais – aus bestimmten Gründen blattübergreifend darzustellen sind. Wird beispielsweise das gleiche Potential auf mehreren Zeichnungsblättern gleichzeitig verwendet, so werden darin jeweils an den Enden der jeweiligen Potentiallinie mit einem Querverweis der Ursprungsort (Wo kommt das Potential her?) bzw. Zielort (Wo führt das Potential hin?) angegeben (vgl. Bild 3–73). Ähnliches gilt für Relais, wenn die Verdrahtung der Relaisspule getrennt von der Verdrahtung der Relaiskontakte (z. B. Öffner, Schließer, Wechsler) auf verschiedenen Blättern darzustellen ist. In diesem Fall werden die Querverweise in den betreffenden Zeichnungsblättern an die Relaisspule bzw. die -kontakte angetragen. Wie Bild 3–73 zeigt, können Querverweise ähnlich wie Potentialbezeichnungen aufgebaut werden, d. h. sie setzen sich z. B. aus einer dem Kennzeichnungsblock „Übergeordnete Kennzeichnung“ angelehnten Kennzeichnung – verbunden durch die Vorzeichen „/“ sowie „.“ – einer Zeichnungsblattnummer und einer Strompfadangabe zusammen. Der im Bild 3–73 markierte Querverweis =.HSI1/1.8B am Potential =STRVG-S2.PE ist unter diesen Maßgaben wie folgt zu interpretieren: Das Potential entstammt laut übergeord82 83 neter Kennzeichnung „=.HSI1“ der Teilanlage „B1“ , Anlagenteil „HSI1“ . Die übrigen Angaben des Querverweises sagen aus, dass der Ursprungsort dieses Potentials auf Blatt 1, Strompfad „8B“ zu finden ist. Signalkennzeichnung Mit Blick auf die Dokumentation der Signalverarbeitung in Regelungen bzw. Steuerungen – ob konventionell oder mit speicherprogrammierbaren Steuerungen bzw. Prozessleitsystemen realisiert – werden in EMSR-Stellenplänen Verbindungslinien als Übertragungswege von Signalen aufgefasst. An diese Verbindungslinien können – wo zweckmäßig – Signalkennzeichnungen entsprechend Tabelle 3-10 angetragen werden.

82 Der Punkt nach dem Gleichheitszeichen wurde durch die entsprechende Angabe aus der übergeordneten Kennzeichnung ersetzt, die dem Zeichnungsblatt zugewiesen wurde (siehe Markierung im Bild 3–73). 83 Ohne die Allgemeinheit einschränken zu wollen, wird hier vorausgesetzt, dass bei der übergeordneten Kennzeichnung lediglich die letzten beiden Gliederungsstufen gemäß Bild 3–74 verwendet werden.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

107

Tabelle 3-10: Prinzip der Signalkennzeichnung Übergeordnete " Signalname (Klartext) = Kennzeichnung Im EMSR-Stellenplan wird häufig nur der Kennzeichnungsblock „Signalname (Klartext)“ mit dem Vorzeichen " zur alleinigen Signalkennzeichnung verwendet. Zusammenfassung zur Betriebsmittel-, Anschluss- bzw. Signalkennzeichnung Bild 3–79 zeigt in Anlehnung an DIN 40719 bzw. DIN 6779 überblicksartig, welche Kombinationen von Kennzeichnungsblöcken sich jeweils bei Betriebsmittel-, Anschluss- bzw. Signalkennzeichnung bewährt haben.84 Übergeordnete Kennzeichnung

Ortskennzeichnung

Betriebsmittelkennzeichnung

=

Kennzeichnung der Aufstellungsorte

++ +

Kennzeichnung der Einbauorte von elektrischen Betriebsmitteln

+

Betriebsmittelkennzeichnung elektrischer Betriebsmittel

+ +

+

-

+ = +

Betriebsmittelkennzeichnung nichtelektrischer Betriebsmittel *)

+ +

--

+ +

Anschlusskennzeichnung

Signalkennzeichnung

=

-

:

+ -

: : : :

=

+

-

+

+

-

:

=

" "

*) Kombination der Kennzeichnungsblöcke wie bei elektrischen Betriebsmitteln

Bild 3–79: Bewährte Kombinationen von Kennzeichnungsblöcken für jeweils Betriebsmittelkennzeichnung, Anschlusskennzeichnung bzw. Signalkennzeichnung nach DIN 40719 bzw. DIN 6779 84 Im Vergleich zu DIN 40719 stehen in DIN 6779 für die Kennzeichnung zusätzlich auch die Kennzeichnungsblöcke „Gemeinsame Zuordnung“ (Vorzeichen „*“, darf allen anderen Blöcken vorangestellt werden) sowie „Funktionale Zuordnung“ (Vorzeichen „==“) zur Verfügung.

108

Kernprojektierung 85

3.3.4.5 Kabelliste sowie Klemmenplan Kabellisten sowie Klemmenpläne werden unter dem Begriff „Verkabelungsunterlagen“ zusammengefasst und für die Montageprojektierung und Schaltschrankfertigung benötigt. Beim Einsatz von CAE-Systemen (siehe Abschnitt 6) entstehen diese wichtigen Unterlagen gleichzeitig und quasi automatisch bei Erarbeitung der EMSR-Stellenpläne. Kabelliste86 Kabellisten sind Tabellen (vgl. Bild 3–80), in denen jedes Kabel bezüglich seiner allgemeinen Kabelziele dokumentiert wird. Neben der Kabelkennzeichnung, auf die anschließend näher eingegangen wird, enthalten Kabellisten meist auch Angaben zu Kabellänge, Kabeldurchmesser und Verlegeart (z. B. Verlegung auf Trassen, in Kanälen oder Panzerrohren). Anhand von Kabellänge und -durchmesser kann ferner bestimmt werden, welche Abmessungen Trassen, Kanäle oder Panzerrohre haben müssen bzw. wie viele Trassen, Kanäle oder Panzerrohre zwischen Kabelursprung und Kabelziel parallel zu verlegen sind, damit die Belastungsgrenzen von Trassen, Kanälen oder Panzerrohren eingehalten werden. Kabelkennzeichen S1 S2 4001

Quelle

Ziel

Kabeltyp

+S1-X1

+S2-X1

JE-Y(St)Y 20x2x0,8

Länge 80 m

Durchmesser 2 cm

Bild 3–80: Beispiel zum allgemeinen Aufbau einer Kabelliste Bezüglich der Kabelkennzeichnung empfiehlt DIN 40719, Kabel für elektrische Leitungsverbindungen als elektrische Betriebsmittel zu betrachten und zur Angabe der Kabelziele die im Rahmen der Betriebsmittelkennzeichnung bereits erläuterte Kennzeichnung des Einbauortes anzuwenden. Sofern auf dem Zeichnungsblatt ausreichend Platz vorhanden ist, können im sogenannten klassifizierenden Teil der Kabelkennzeichnung die Kennzeichen der Einbauorte beider Kabelziele verwendet werden. Im Unterschied zur bereits erläuterten Kennzeichnung elektrischer Betriebsmittel werden in der Kabelkennzeichnung das Vorzeichen „-“ und das Betriebsmittelkennzeichen „W“ sowie vor den Kennzeichen der Einbauorte das Vorzeichen „+“ weggelassen. Bezüglich des zählenden Teils empfiehlt DIN 40719 – sofern es sich um ein Kabel für elektrische Leitungsverbindungen handelt – eine einstellige Gruppierung der Kabel 85 Die Dokumentation drahtloser Verbindungen wird im Rahmen des vorliegenden Buches nicht behandelt. 86 Ohne die Allgemeinheit einschränken zu wollen, gelten die nachfolgenden Ausführungen in analoger Form auch für pneumatische, hydraulische bzw. optische Leitungsverbindungen.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

109

nach Spannungsebenen, an die eine laufende Nummer angehangen wird. Für die Gruppierung gilt dabei der in Tabelle 3-11 aufgeführte Vorschlag. Tabelle 3-11: Vorschlag zur Gruppierung von Kabeln nach DIN 40719 Gruppen-Nr. Spannung 0 Leistungskabel > 1 kV 1 Leistungskabel ” 1 kV 2 Steuer- und Messkabel > 60 V 3 4 5 6 Steuer- und Messkabel ” 60 V 7 8 9 Ein sogenanntes Stammkabel, das vom im Aufstellungsort „++SR“ befindlichen Schaltschrank S1 (Einbauort „+S1“) zum im Aufstellungsort „++PLW“ befindlichen Schaltschrank S2 (Einbauort „+S2“) elektrische Einheitssignale überträgt, erhält den vorangehenden Ausführungen folgend das Kabelkennzeichen „S1 S2 4 001“, wobei 87 die Angabe „001“ die laufende Nummer der Kabelzählung ist. Sollte die Kabelkennzeichnung unter Verwendung der Einbauorte missverstanden werden können – z. B. weil in mehreren Aufstellungsorten die gleichen Bezeichnungen für Einbauorte verwendet werden – ist den Erläuterungen zu Bild 3–75 folgend zusätzlich die Bezeichnung der Aufstellungsorte mit in die Kennzeichnung einzubeziehen. Das Kabelkennzeichen würde dann – sinnvollerweise unter Verwendung eines Trennzeichens (z. B. „.“) – wie folgt lauten: SR.S1 PLW.S2 4 001. Klemmenplan Leitungsverbindungen – gleichgültig ob elektrische zweiadrige verdrillte Leitung bzw. mehradriges Kabel oder pneumatische, hydraulische bzw. optische Leitungsverbindungen – werden zwecks „Signalübergabe“ in Schaltschränken auf Klemmenleisten aufgelegt. Daher muss neben den Anfangs- bzw. Endpunkten eines Kabels – auch als Ziele bezeichnet – bekannt sein, auf welche Klemmen welcher Klemmenleiste das Kabel aufzuschalten ist. Diese detaillierten Informationen werden in Klemmenplänen bereitgestellt, die wie Kabellisten ebenfalls tabellenartig aufgebaut sind. Bild 3–81 zeigt exemplarisch das Beispiel eines Klemmenplans für elektrische Leitungsverbindungen. Klemmenpläne für pneumatische, hydraulische bzw. optische Leitungsverbindungen sind ähnlich aufgebaut und werden hier nicht weiter betrachtet.

87 Zu Veranschaulichung der hier beispielhaft verwendeten Aufstellungs- bzw. Einbauorte siehe Bild 3–75.

110

Kernprojektierung

3.3.4.6 Schaltschrank-Layout Betriebsmittel wie z. B. Klemmenleisten, Messumformer, speicherprogrammierbare Steuerungen sowie konventionelle Regler bzw. Anzeigegeräte werden in Schaltschränken installiert. Zu diesen Schaltschränken werden – wie bereits erläutert – Stammkabel verlegt, die in den Schaltschränken auf Klemmenleisten aufgelegt werden. Von diesen Klemmenleisten führen – sofern elektrische Betriebsmittel anzuschließen sind, was in der Mehrzahl der Fälle die Regel ist – einzelne elektrische Leitungsverbindungen zu den im Schaltschrank eingebauten elektrischen Betriebsmitteln.88 Die Betriebsmittel werden im Allgemeinen nicht auf der Baustelle, sondern bereits während der Schaltschrankfertigung in die Schaltschränke eingebaut. Hierfür sind einerseits Angaben erforderlich, nach denen die Betriebsmittel (schaltschrank-) intern miteinander oder mit im Schaltschrank befindlichen Klemmenleisten89 verbunden werden sollen, andererseits werden Informationen benötigt, wo das jeweilige elektrische Betriebsmittel im Schaltschrank einzubauen ist. Die erforderlichen Angaben für die (schaltschrank-) interne Verdrahtung der Betriebsmittel liefern die bereits erläuterten Klemmenpläne (vgl. Abschnitt 3.3.4.5), die Informationen für den Einbauort werden sogenannten Schaltschrank-Layouts entnommen. Schaltschrank-Layouts sind technische Zeichnungen, in denen Schaltschränke so in verschiedenen Ansichten dargestellt werden, dass aus ihnen die Einbauorte der Betriebsmittel ersichtlich sind. Wie Bild 3–82 zeigt, wird zu diesem Zweck in der Art eines Koordinatensystems ein Schaltschrank in z. B. horizontale Ebenen90 aufgeteilt, in denen die Betriebsmittel anzuordnen sind. Die festgelegten Ebenen bilden somit gleichzeitig die Basis für die bereits erläuterte Ortskennzeichnung (vgl. Abschnitt 3.3.4.4).

88 Die Verbindung elektrischer Betriebsmittel untereinander bzw. mit Klemmenleisten im Schaltschrank wird (schaltschrank-) interne Verdrahtung genannt, weil sich solche Verbindungen innerhalb des Schaltschranks befinden. 89 Es wird hier davon ausgegangen, dass es sich bei einer Klemmenleiste um ein Betriebsmittel handelt, auf das sowohl elektrische als auch pneumatische, hydraulische bzw. optische Leitungsverbindungen aufgelegt werden können. 90 Abhängig von den Vorgaben des jeweils zu bearbeitenden Projekts kann zusätzlich eine Aufteilung in vertikale Ebenen zweckmäßig sein.

3.3 Kernprojektierungsinhalt

Bild 3–81: Beispiel eines Klemmenplans für elektrische Betriebsmittel

111

112

Bild 3–82: Beispiel eines Schaltschrank-Layouts

Kernprojektierung

3.3 Kernprojektierungsinhalt

113

3.3.4.7 Montageanordnung (Hook-up) Meist beauftragt die projektausführende Firma eine Fremdfirma mit der Ausführung des Montageprojekts. Zwar ist die Montageprojektierung – wie im Abschnitt 3.1 bereits erläutert – nicht Gegenstand des vorliegenden Buches, jedoch sind prinzipielle Hinweise zur Montageprojektierung hier sinnvoll, weil die projektausführende Firma die Montageleistungen vor Auftragserteilung ausschreiben muss. Montageanordnungen sind ein wichtiges Hilfsmittel zur Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs für das Montageprojekt. Aus diesem Grund ist es für den Projektierungsingenieur sinnvoll, beim Detail-Engineering jeder EMSR-Stelle eine Montageanordnung als Typical zuzuweisen. In gleicher Art und Weise, wie Betriebsmittel gemäß Schaltschranklayouts in Schaltschränke eingebaut werden, informieren Montageanordnungen (Hook-up’s), wo und wie Betriebsmittel (z. B. Mess- bzw. Stelleinrichtungen) in der Ebene „Feld“ einzubauen sind. Aufgrund des Aufbaus von Montageanordnungen (Bild 3–83) kann die anbietende Fremdfirma systematisch das erforderliche Montagematerial zusammenstellen und kalkulieren. Ebenso können Montageanordnungen auch als Bestellgrundlage für das Montagematerial dienen. Bild 3–83 zeigt beispielhaft eine Montageanordnung, wie sie sich heute als allgemeiner Standard durchgesetzt hat. 3.3.4.8 Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf sowie Erarbeitung der Anwendersoftware Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf sowie Erarbeitung der Anwendersoftware sind wichtige beim Detail-Engineering zu erbringende Projektierungsleistungen. Es wird hier nicht darauf eingegangen, sondern im Rahmen von Abschnitt 3.4, weil dort die diesbezüglichen Erläuterungen sich besser strukturiert darstellen lassen. 3.3.4.9 Kennzeichnung von Unterlagen Projektdokumentationen sind mehr oder weniger umfänglich. Hinsichtlich Wiederauffindbarkeit beim Nachschlagen einzelner Unterlagen ist deshalb von Vorteil, wenn die Projektunterlagen mittels eines erprobten Kennzeichnungssystems gekennzeichnet und eingeordnet werden. Häufig wird hierzu das ebenfalls in DIN 40719 [18] genormte 91 Kennzeichnungssystem verwendet. Es besteht aus einem Kennzeichnungsblock, dem als Vorzeichen das Zeichen „&“ vorangestellt ist. Für die Kennzeichnung der Unterlagen werden die Kennbuchstaben gemäß Bild 3–84 verwendet.

91 DIN 40719 ist zurückgezogen und teilweises durch DIN 6779 [19] ersetzt worden. Grundlegende Prinzipien der Unterlagenkennzeichnung bleiben aber weitgehend erhalten. Aus diesem Grund und weil darüber hinaus in der Praxis nach wie vor die Kennzeichnungssystematik nach DIN 40719 dominiert [21], stützen sich die Erläuterungen zum Prinzip der Betriebsmittelkennzeichnung auf DIN 40719.

114

Bild 3–83: Beispiel einer Montageanordnung (Hook-up)

Kernprojektierung

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung Kennbuchstabe

Unterlageartengruppen

Beispiele

A

Verzeichnisse

Titelblatt, Unterlagenverzeichnis

B

übergeordnete Unterlagen

Erläuterung Schaltungsunterlagen und Betriebsmittel-Kennzeichnung; Blockschema, Auslöseschema; Kurzschlussbzw. Spannungsfallrechnung;

C

frei verfügbar

D

E

F

G

H

Anordnungsunterlagen (Anlage)

Anlagenschutz und Objektschutzunterlagen

Dimensionierungsund Funktionsunterla-gen

Erd- und Grundbauar-beiten

Rohrbauausführungs -unterlagen

Lageplan,Gebäudeplan; Trassenplan; Einplanungsvorgaben;Erschließungsunterlagen; Transport- und Montageplan; Unterflurplan; Trassenplan; Grundwasser/Wasserschutzanlagen; Schallschutzanlagen, Gesamtanlage; Lageplan; Dispositionsplan 1:100, Trassenplan; Vermessungsunterlagen; Einplanungsvorgeben Erdschutz, Blitzschutz, EMV; Fluchtweg-, Brandschutzunterlagen; Objektschutzunterlagen; Strahlungsschutzunterlagen; Sicherheitstechnische Auslegungsunterlagen; Vorgaben Aggregateschutz Funktionsplan, Funktionsbeschreibung; Kennblätter für Mess-, Regel- und Schutzkreise; Baubeschreibungen; bautechnische Systembeschreibungen, Wärmeschaltplan; Anlagenübersichtsschaltplan; Systemschaltplan, Systembeschreibungen, Unterlagen Systemauslegung; Vorgaben Komponentenauslegung Aushubplan, Gründungsplan; Erd- und Grundbauplan; Gebäudeisolierungsunterlagen Belastungsplan, Bewehrungsplan; Schalplan; Stahlbaupläne; Statik-Unterlagen; Werkpläne Verankerung, Dübel, Fundament

115 Kennbuchstabe

Unterlageartengruppen

J

Ausbauausführungsunterlagen

K

Konstruktionsunterlagen

Beispiele Bauangaben; Installationsplan, Ausbaupläne, Ausbauübersicht, Innenausbau; Ausbauwerkpläne Anstrich, Beschichtung, Sanitärinstallation; Mauerwerk-, Setzsteinplan; Begrünungs-, Einfriedungsplan Portale, Tragegerüste, Unterkonstruktion, Konstruktionsgruppen für Fertigung und Montage, Montageteile Fertigteil-Montage; Fertigungs-, Zusammenstellungsunterlagen

L

Material-Bedarfslisten

M, N

frei verfügbar

P

Progr.-unterlagen

System-Software; Anwender-Software

Q

Unterlagen für Hydraulik und Pneumatik

Gas-, Drucklift-, Hydraulikplan

R

frei verfügbar

S

Schaltungsunterlagen

T

Prüfbescheinigungen

U

Anordnungsunterlagen (Baueinheiten)

Bestückungs-, Anordnungsplan

V

Verdrahtungsunterlagen

Anschlussplan; Geräteverdrahtungsplan, -liste

Verbindungsunterlagen

Unterlagen für Kabelverlegung, Kabelliste Rohrleitungsplan

W

Übersichtsschaltplan; Stromlaufplan;

X

Komponenten-, Geräteunterlagen

Maßbild; Datenblatt; Innenschaltplan;

Y

Gerätelisten

Gerätezusammenstellungen, Ersatzteilliste;

Z

Unterlagen für Projektsteuerung

Terminplanung und Überwachg.; Schulung;

Bild 3–84: Kennbuchstaben für die Unterlagenkennzeichnung nach DIN 40719

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung 3.4.1 Einordnung in die Kernprojektierung Den Ausführungen von Abschnitt 3.3.1 sowie 3.3.4.8 folgend, ist der Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf im Rahmen des Detail-Engineerings durchzuführen und – bei Einsatz speicherprogrammierbarer Technik – in Anwendersoftware umzusetzen. Im Folgenden wird auf den Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf sowohl aus systemtheoretischer Sicht (Abschnitt 3.4.2 bis 3.4.4) als auch aus Sicht der Implementierung auf speicherprogrammierbarer Technik (Abschnitt 3.4.5) eingegangen Entsprechend der im Abschnitt 1 getroffenen Klassifikation industrieller Prozesse in kontinuierliche bzw. ereignisdiskrete sind beim Entwurf signifikante Unterschiede zu beachten. So ist der Entwurf von Regelalgorithmen vorrangig für den Betrieb kontinuierlicher Prozesse erforderlich, während der Entwurf von binären Steueralgorithmen primär ereignisdiskreten Prozessen zuzuordnen ist, aber auch für den Betrieb kontinuierlicher Prozesse (z. B. bei der Prozesssicherung zur Realisierung entsprechender Verriegelungsbedingungen und ähnlicher Aufgaben) unabdingbar ist. Für den Entwurf von Regelalgorithmen ist die Regelungstheorie die systemtheoretische Basis, während für den Entwurf der binären Steuerungen die sogenannte Steuerungstheorie (Theorie des Entwurfs kombinatorischer bzw. sequentieller binärer Systeme) die systemtheoretische Basis bildet. Beide Entwurfs- bzw. Theoriefelder müssen vom Projektierungsingenieur beherrscht werden.

116

Kernprojektierung

3.4.2 Entwurf einschleifiger Regelkreise mit PID-Reglern Die nachfolgenden Betrachtungen werden auf den Entwurf einschleifiger Regelkreise mit PID-Reglern beschränkt, weil sie die in der verfahrenstechnischen Praxis am häufigsten eingesetzten Regler sind [23]. Bild 3–85 zeigt den Wirkungsplan einschleifiger Regelkreise mit PID-Reglern.92 Der Entwurf solcher Regelkreise umfasst generell folgende Aufgaben: x

Auswahl des geeigneten PID-Reglertyps (P, I, PI, PD, PID),

Ermittlung der Reglerparameter Kp (Proportionalbeiwert93), Tn (Nachstellzeit) und Tv (Vorhaltzeit). Dazu wird für die einzelnen Reglertypen vorausgesetzt, dass die Regelglieder jeweils in Parallelstruktur aufgebaut sind (Bild 3–86), denn nur auf Basis dieser Struktur sind die Reglerparameter voneinander entkoppelt einstellbar.

x

Vergleichsglied w

e –

PID-Regelglied

yR

Stellantrieb

PID-Regler

: : : : : : : :

y

Stellglied

zL

Regelstrecke

x

Stelleinrichtung

r w e yR y x r zV zL

Strecke

zV

Messeinrichtung

Führungsgröße, Erweiterte Strecke Regeldifferenz, Reglerausgangsgröße, Stellgröße, Regelgröße, Rückführgröße (gemessene Regelgröße) Versorgungsstörung, Laststörung

Bild 3–85: Wirkungsplan eines einschleifigen Regelkreises mit PID-Regler [24]

92 Gemäß DIN 19226 besteht der Regler aus dem Vergleichsglied für den Vergleich zwischen Führungsgröße w und Rückführgröße r (gemessene Regelgröße x) sowie dem Regelglied. 93 Der Proportionalbeiwert wird landläufig auch „Reglerverstärkung“ genannt.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

117

P-Anteil

e

I-Anteil

yR

e

PIDRegelglied

yR

D-Anteil

PID-Regelglied

Bild 3–86: Aufbau von PID-Regelgliedern in Parallelstruktur Im Allgemeinen ist die Ermittlung der Reglerparameter – auch als Reglerentwurf bezeichnet – in einen Entwurfsablauf eingebettet (Bild 3–87). Des Weiteren wird die bereits erläuterte Linearität der Strecke (vgl. Abschnitt 3.3.3.3, S. 59) im Arbeitsbereich des Regelkreises vorausgesetzt und damit die Anwendbarkeit der hierfür ermittelten Reglerparameter (auch als Parametersatz des Reglers bezeichnet) für den gesamten Arbeitsbereich gesichert. Um sicherzugehen, dass diese Voraussetzung auch tatsächlich erfüllt ist, muss beim Reglerentwurf das statische Verhalten von Stelleinrichtung, Regelstrecke und Messeinrichtung unbedingt untersucht werden. Dazu liefert die sogenannte statische Kennlinie hinreichende Informationen. Diese Kennlinie ist sowohl auf Basis der theoretischen Prozessanalyse als auch mittels experimenteller Prozessanalyse, auch häufig als Prozessidentifikation bezeichnet, zu ermitteln. Generell wird für jede statische Kennlinie das allgemein mit XA bezeichnete Ausgangssignal an der Ordinate (y-Achse) und das mit XE bezeichnete Eingangssignal an der Abszisse (x-Achse) angetragen. Aus Sicht der Projektierung ist die experimentelle Ermittlung der statischen Kennlinie auf jeden Fall zu bevorzugen, weil dadurch alle die den Verlauf der statischen Kennlinie beeinflussenden Größen angemessen berücksichtigt werden.

118

Kernprojektierung

Am Beispiel des bereits im Abschnitt 2 erwähnten pneumatischen Stellantriebs soll zunächst die statische Kennlinie auf der Basis der theoretischen Prozessanalyse bestimmt werden. Ausgangspunkt ist Bild 3–88.

Start statisches Verhalten (statische Kennlinie) dynamisches Verhalten (Übergangsfunktion, Übertragungsfunktion)

Prozessanalyse oder

Reglerstruktur Reglerentwurf Reglerparameter Stabilitätsuntersuchung Führungsverhalten Störverhalten

Regelkreistest

Ergebnis Ok?

n

j Inbetriebnahme

Entwurfsziele erreicht? j Ende Bild 3–87: Allgemeiner Ablauf des Regelungsentwurfs

n

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

119

Aus Bild 3–88 ist folgende Kräftebilanz ableitbar: FA

(3-1)

FM  FC  FR  FP

mit x FA : mit Hilfe des Eingangsdruckes pe über die Membran erzeugte Kraft, x FM : Newtonsche Trägheitskraft, x FC : Federkraft, x FR : Reibungskraft der Ventilspindel sowie x FP : Kraft am Ventilkegel. pe Aeff

dS

FA

hS

FM p2 FC

FR p1 FP

Legende: pe hS p1 p2 dS dx Aeff

dx

Eingangsdruck, Hub der Ventilspindel (Ventilhub), Druck unterhalb des Ventilkegels, Druck oberhalb des Ventilkegels, Durchmesser der Ventilspindel, „aktueller“ (wirksamer) Durchmesser des Ventilkegels, effektiv wirksame Membranfläche

Bild 3–88: Prinzipieller Aufbau eines pneumatischen Stellantriebs

120

Kernprojektierung

Für die einzelnen Kraftkomponenten gelten folgende Bestimmungsgleichungen: x

FA

x

FC

A eff ˜ p e , c ˜ hS ,

m S ˜ hS (ms: Masse der bewegten Teile),  x FR FD  FT mit FD U D ˜ hS (FD: Kraft durch geschwindigkeitsproportionale F ˜ sgn h (F : Kraft durch trockene Reibung, F : Kraft zur Dämpfung) und F FM

x

T

B

S

T

B

Überwindung der Gleit-/Haftreibung),

FP AX ˜ p1  AX  AS p2 mit (AX: aktuelle Querschnittsfläche des Ventilkegels, AS: Querschnittsfläche der Ventilspindel).

x

In guter Näherung kann man in Gleichung (3-1) für die weitere Modellbildung die Kraft FT, sowie die Kraft FP am Ventilkegel vernachlässigen, woraus die Differenzialgleichung (3-2) A ˜p m ˜ h  U ˜ h  c ˜ h eff

e

S

S

D

S

S

folgt, welche den analytischen Zusammenhang zwischen Eingangssignal pe und Ausgangssignal hs des pneumatischen Stellantriebs beschreibt. Setzt man nun in Gleichung (3-2) alle zeitlichen Ableitungen gleich Null (stationärer Zustand, Stationarität), so erhält man daraus die für die statische Kennlinie des pneumatischen Stellantriebs geltende Beziehung

hS

Aeff ˜ p e

(3-3)

c

bzw. bei Berücksichtigung der üblicherweise für den stationären Zustand verwendeten Großbuchstaben für das Eingangs- bzw. Ausgangssignal dann in Form der Beziehung

HS

Aeff ˜P e c

.

(3-4)

Das bedeutet, der Hub HS des pneumatischen Stellantriebs hängt linear vom Druck Pe in der Membrankammer ab. Bild 3–89 zeigt die zugehörige statische Kennlinie in einem Diagramm. Hs [mm]

Pe [bar] Bild 3–89: Statische Kennlinie des Stellantriebs (vereinfacht)

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

121

Die Dynamik des pneumatischen Stellantriebes ergibt sich gleichfalls aus der Differentialgleichung (3-2). Um die Dynamik besser veranschaulichen zu können, wird aus Differentialgleichung (3-2) die zugehörige Übertragungsfunktion abgeleitet. Das heißt, durch Überführung der Differentialgleichung (3-2) in den Laplacebereich entsteht94

Aeff ˜ Pe ( s )

m S ˜ s 2 ˜ H S (s)  U D ˜ s ˜ H (s)  c ˜ H S (s)

und daraus durch Bildung des Quotienten

G( s )

H S ( s) P e ( s)

Aeff mS ˜ s  U D ˜ s  c 2

(3-5)

H S (s) die Übertragungsfunktion P e ( s)

.

(3-6)

Diese Übertragungsfunktion lässt sich auch als Übertragungsglied darstellen95 (Bild 3–90).

Pe

Aeff mS ˜ s 2  U D ˜ s  c

HS

Bild 3–90: Darstellung des pneumatischen Stellantriebs als Übertragungsglied Als Beispiel für die experimentelle Ermittlung einer statischen Kennlinie wird nachfolgend die Durchflussregelstrecke des Experimentierfeldes „Prozessautomatisierung“ am Institut für Automatisierungstechnik der TU Dresden betrachtet, in der ein Stellventil mit pneumatischem Stellantrieb (Bild 3–91) als Stelleinrichtung verwendet wird. Bei entsprechender Feldinstrumentierung einschließlich zugeordneter Bedien- und Beobachtungsfunktionalität ist die statische Kennlinie der Durchflussregelstrecke auch experimentell zu ermitteln.96 Dabei sind im Einzelnen folgende Schritte abzuarbeiten: x Schritt 1: Vergrößern der Reglerausgangsgröße yR in Schritten von beispielsweise 10% über den gesamten Bereich der Reglerausgangsgröße,97 98 94 Erforderliche Kenntnisse zur Überführung von Differenzialgleichungen in Übertragungsfunktionen werden als bekannt vorausgesetzt. 95 Erforderliche Kenntnisse zur Darstellung von Übertragungsfunktionen als Übertragungslieder werden als bekannt vorausgesetzt. 96 Dabei ist zu beachten, dass in die statische Kennlinie nicht nur das statische Verhalten der Durchflussregelstrecke eingeht, sondern auch das statische Verhalten von Stell- bzw. Messeinrichtung! 97 Die Reglerausgangsgröße yR wird dabei von Hand verändert (Handbetrieb), d. h. der Regelkreis ist nicht geschlossen. 98 Der Arbeitsbereich des jeweiligen Aktors bzw. der Regelstrecke wird im Zusammenhang mit der Anlagenauslegung durch den Verfahrenstechniker festgelegt.

122

Kernprojektierung

x Schritt 2: Ablesen Durchflusses ܸሶ (Ablesen jeweils erst nach Erreichen des stationären Zustands), x Schritt 3: Eintragen der so ermittelten Wertepaare in ein Diagramm und Verbinden der eingetragenen Punkte miteinander (Bild 3–92).

Stellventil mit pneumatischem (Membran-) Stellantrieb

Bild 3–91: Stellventil mit pneumatischem Stellantrieb des Versuchsstandes „Industrielle Durchflussregelstrecke“ des Experimentierfeldes „Prozessautomatisierung“ am Institut für Automatisierungstechnik der TU Dresden Durchfluss in %

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 0

20

40

60

80

100

Reglerausgangsgröße in %

Bild 3–92: Statische Kennlinie der industriellenDurchflussregelstrecke

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

123

Als ein weiteres Beispiel für die Modellbildung wird der häufig in der Verfahrenstechnik eingesetzten Warmwasserbereiter (Bild 3–93) betrachtet. Auch bei dieser Modellbildung, sowohl des statischen als auch dynamischen Verhaltens, soll wieder das Bilanzierungsprinzip als Basis für die Entwicklung des Prozessmodells angewendet werden. ݉ሶ௓ǡ ܶா ܳሶo

ܳሶ௓ௌ

‫ܣ‬ை ǡ ߙo ܶ஺ ߙଵ

ܶ ܳሶ஺

‫ܣ‬ௐ ǡ ߙଶ

ܳሶ௓ா

ߣ ݀ ݉ሶ஺

ܲ௘௟

ܳሶ஺ௌ

Bild 3–93: Aufbau des Warmwasserbereiters Als Bilanzgleichungen werden zunächst Energie- bzw. Massebilanz aufgestellt. Die Wandung des Warmwasserbereiters wird als eben angesehen,99 so dass nicht zwischen innerer bzw. äußerer Wärmeaustauschfläche unterschieden werden muss, sondern mit der Wandungsoberfläche AW als Wärmeaustauschfläche gerechnet werden kann. Beginnend mit der Energiebilanz ist dazu von folgenden Beziehungen auszugehen:100

dU dt

Q ZE  Q ZS  Q A  Q Ü  Q AS

(3-7)

mit 99 Die Behälterwandung wird hierzu gedanklich aufgetrennt und in eine ebene Fläche umgeformt. Diese Fläche entspricht der Wärmeaustauschfläche. 100 Erforderliche Kenntnisse zur Wärmelehre (Kalorimetrie bzw. Wärmeausbreitung in festen Substanzen) werden vorausgesetzt.

124

U Q

Kernprojektierung

m ˜ c ˜T, ZE

Pel ,

Q ZS

m Z ˜ c ˜ TE ,

Q A

k ˜ AW ˜ T  T A ,

Q Ü Q

D Ü ˜ AO ˜ T  T A ,

AS

m A ˜ c ˜ T .

1 k Wärmedurchgangskoeffizient

1

D1



d

O



1

D2

(3-8)

,

Wärmeleit- Wärmeübergangsfähigkeit koeffizient

Damit gilt, dass die in einem Warmwasserbereiter verbleibende Wärmemenge (Energie) aus der Summe der zugeführten bzw. abgeführten Wärmemengen resultiert. Diese Wärmemenge wird auch als innere oder gespeicherte Energie U des Warmwasserbereiters bezeichnet. Des Weiteren bezeichnet man den mittels elektrischer Ener , den durch das flüssige Medium zugeführten gie zugeführten Wärmestrom mit Q ZE Wärmestrom mit Q ZS , den durch die Behälterwände abfließenden Wärmestrom mit

Q A , den an die Umgebungsluft abfließenden Wärmestrom mit Q Ü und den durch das flüssige Medium abgeführten Wärmestrom mit Q AS . Für die Massebilanz gilt:

dm dt

m Z  m A ,

(3-9)

d. h. die Änderung der im Warmwasserbereiter gespeicherten Flüssigkeitsmenge hängt von der Differenz zwischen zufließender und abfließender Wassermenge ab. Setzt man nun für diese Bilanz voraus, dass zufließende und abfließende Wassermenge gleichgroß sind ( m Z m A ), so ergibt sich für die Änderung der im Warmwasserbereiter gespeicherten Flüssigkeitsmenge m

dm dt

0,

(3-10)

d. h. m const . Unter Berücksichtigung von (3-10) und der Annahme einer konstanten spezifischen Wärmekapazität c gilt

dU dt

d m ˜ c ˜ T dt

dm dc dT ˜ c ˜T  m ˜ ˜T  m ˜ c ˜ dt dt dt

m˜c˜

dT . dt

(3-11)

Damit lässt sich die Differenzialgleichung (3-7) durch Einsetzen und Umstellen in

m˜c

dT dt

Pel  m Z ˜ c ˜ TE  T k ˜ AW  DÜ ˜ AO  m A ˜ c  TA k ˜ AW  DÜ ˜ AO

(3-12)

überführen. Nimmt man der Einfachheit halber ferner an, dass das zu erhitzende Wasser mit der Temperatur TE TA in den Warmwasserbereiter eintreten soll, vereinfacht sich (3-12) unter Berücksichtigung von (3-10) zu

m˜c

dT dt

Pel  T k ˜ AW  D Ü ˜ AO  m A ˜ c  TE k ˜ AW  D Ü ˜ AO  m Z ˜ c .

(3-13)

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

125

Berücksichtigt man ferner die bereits genannte Voraussetzung m Z

m˜c dT ˜ T DÜ ˜ AO  k ˜ AW  m A ˜ c dt

m A , so folgt

Pel  TE . DÜ ˜ AO  k ˜ AW  m A ˜ c

(3-14)

Durch Zusammenfassung der Konstanten in (3-14) zu Koeffizienten folgt

a1

dT T dt

b1 ˜ Pel  b2 ˜ TE

(3-15)

mit

a1

m˜c , D Ü ˜ AO  k ˜ AW  m A ˜ c

b1

1 , D Ü ˜ AO  k ˜ AW  m A ˜ c

b2

1.

(3-16)

Die umgeformte Differentialgleichung (3-15) wird mittels Laplacetransformation in (3-17) a1 ˜ s ˜ T ( s )  T ( s ) b1 ˜ Pel ( s )  b2 ˜ TE ( s ) überführt, woraus der im Bild 3–94 dargestellte Signalflussplan ableitbar ist.101

Pel (s)

b1 1 a1 s  1

TE (s)

T (s)

b2

Bild 3–94: Signalflussplan des Warmwasserbereiters Die hier beispielhaft entwickelten Modellgleichungen beschreiben qualitativ das dynamische Verhalten typischer Regelstrecken der Verfahrenstechnik und bilden damit generell als Elemente eines Modellkataloges typischer verfahrenstechnischer Regelstrecken die Basis zur Auswahl der jeweils erforderlichen Reglerstruktur. Die Dynamik der Temperaturregelstrecke ist z. B. durch PT1-Verhalten beschreibbar. Damit ist als generelle Fragestellung zu klären, welche Reglerstruktur für welchen Streckentyp jeweils auszuwählen ist. Aus Sicht der Projektierung werden für die Lösung dieser Fragestellung die nachfolgend genannten Hinweise gegeben.

101 Erforderliche Kenntnisse zur Ableitung von Signalflussplänen aus Differenzialgleichungen werden vorausgesetzt.

126

Kernprojektierung

Für verfahrenstechnische Prozesse sind im Allgemeinen zwei Streckentypen zu unterscheiden: x

(erweiterte) Strecken102 mit Ausgleich (Bild 3–95),

Tg

h (t )

Wendetangente

KS Tt ˆ

Totzeit

Tu ˆ

Verzugszeit

Tg ˆ

Ausgleichszeit

K S ˆ Proportionalbeiwert

Tu , Tt

der (erweiterten) Strecke

t

Bild 3–95: Übergangsfunktion h(t) einer (erweiterten) Strecke mit Ausgleich x (erweiterte) Strecken ohne Ausgleich (Bild 3–96).

h (t )

Asymptote

'h KI ˜ Tu Tu , Tt

Tt ˆ

Totzeit

Tu ˆ

Verzugszeit

KI ˆ

't t

‫ܭ‬ூ ൌ

Proportionalbeiwert der (erweiterten) Strecke

ǻ݄ ǻ‫ݐ‬

Bild 3–96: Übergangsfunktion h(t) einer (erweiterten) Strecke ohne Ausgleich

102 Die Schreibweise „(erweiterte) Strecke“ weist darauf hin, dass an der betreffenden Stelle sowohl die Strecke als auch die erweiterte Strecke (vgl. Bild 3–85) gemeint sind!

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

127

Zusammenfassend ist festzustellen, dass verfahrenstechnische Strecken generell in (erweiterte) Strecken mit Ausgleich103 bzw. (erweiterte) Strecken ohne Ausgleich104 klassifizierbar sind. Zur Auswahl der Reglerstruktur sind folgende allgemeingültige Vorschriften bekannt: Für erweiterte Strecken mit proportionalem Verhalten ist zur Erzielung eines geeigneten Führungs-105 bzw. vernünftigen Störverhaltens106 stets ein Regler mit I-Anteil (z. B. PI-Regler, I-Regler, PID-Regler) erforderlich. Für erweiterte Strecken mit integrierendem Verhalten ist zur Erzielung eines geeigneten Führungsverhaltens bzw. eines vernünftigen Störverhaltens bei Laststörungen107 stets ein P-Regler auszuwählen. Sollen Versorgungsstörungen108 ausgeregelt werden, muss zur Erzielung eines vernünftigen Störverhaltens zwingend ein Regler mit I-Anteil eingesetzt werden.109 Daraus resultierend können die in Tabelle 3-12 zusammengestellten Empfehlungen als Entscheidungshilfe für den Reglerentwurf verwendet werden. Die Empfehlungen gelten nur unter der Voraussetzung, dass sich die Führungs- bzw. Störgrößen sprungförmig ändern.

103 auch (erweiterte) Strecken mit proportionalem Verhalten genannt 104 auch (erweiterte) Strecken mit integrierendem Verhalten genannt 105 Geeignetes Führungsverhalten: Die Rückführgröße r(t) (gemessene Regelgröße x(t)) folgt der Führungsgröße w(t) mit ausreichender Genauigkeit, und die bleibende Regeldifferenz verschwindet. 106 Vernünftiges Störverhalten: Die Rückführgröße r(t) (gemessene Regelgröße x(t)) wird möglichst wenig durch Störgrößen beeinflusst, und stationäre Störungen werden ohne bleibende Regeldifferenz ausgeregelt. 107 Laststörungen sind am Streckenausgang angreifende Störungen (siehe Bild 3–85). 108 Versorgungsstörungen sind vor Stellantrieb, am Streckeneingang oder innerhalb der Strecke angreifende Störungen (siehe Bild 3–85). 109 Beim Reglerentwurf ist in dieser Situation zu beachten, dass durch die im Regelkreis befindlichen beiden I-Anteile Stabilitätsprobleme entstehen können. Bei Anwendung hierfür geeigneter Reglerentwurfsverfahren (z. B. Verfahren des symmetrischen Optimums [28]) sind diese Probleme jedoch beherrschbar.

128

Kernprojektierung

Tabelle 3-12: Allgemeine Empfehlungen zur Wahl der Reglerstruktur

Erweiterte Strecke

Reglertyp

Typ

Beispiele für typische Regelgrößen

F/S

P

Strom, Spannung

PT1

P

I

PI

PD

PID

F/V/L

-

+

++

-

-

Füllstand, Spannung, Druck, Durchfluss

F/V/L

-

+

++

-

+

PTn (n>1)

Temperatur

F/V/L

-

-

++

-

++

PTnTt (n>0)

Volumen- bzw. Massenstrom

F/V/L

-

++

++

-

+

I

Füllstand

F/L

++

-

-

+

+

V

-

-

+

-

+

IT1

Weg bei z. B. Personen-/Lastenaufzug

F/L

+

-

-

++

-

V

-

-

-

-

+

++ gut geeignet, + geeignet, - ungeeignet F: Führungsverhalten, S: Störverhalten (V: Versorgungsstörung; L: Laststörung)

Bekannterweise gelingt es nicht immer, das analytische Modell der Strecke bzw. erweiterten Strecke hinreichend genau zu entwickeln. Deshalb ist die Fragestellung nach einer alternativen Bestimmung des Modells der Strecke bzw. erweiterten Strecke interessant. Eine Antwort darauf ist die experimentelle Prozessanalyse. Wie am Beispiel des pneumatischen Stellantriebes erkennbar, ist die Ermittlung der statischen Kennlinie einer (erweiterten) Strecke bzw. auch einer Streckenkomponente dabei der erste Schritt. Darauf aufbauend wird als Vorgabe der Verfahrenstechnik der sogenannte Arbeitsbereich der (erweiterten) Strecke einschließlich des Arbeitspunktes in die statische Kennlinie eingetragen und auf Linearität überprüft. Von diesem Arbeitspunkt aus werden dann die erforderlichen Experimente, z. B. Aufprägen eines sprungförmigen Testsignals auf den Eingang der (erweiterten) Strecke zur Bestimmung des dynamischen Verhaltens durchgeführt. Das heißt, anhand der Sprungantwort ist feststellbar, ob die jeweilige (erweiterte) Strecke P-, PT1-, PTn- bzw. I- oder IT1-Verhalten besitzt. Die Sprungantwort der erweiterten Strecke wird zur Ermittlung von Kennwerten bzw. Parametern (Proportionalbeiwert, Zeitkonstanten) genutzt, mit denen durch Einsetzen in sogenannte Bemessungsformeln, auch als praktische Einstellregeln bezeichnet, die Reglerparameter Kp, Tn und Tv berechnet werden. Aus dieser Sprungantwort werden beispielsweise die Kennwerte Tg, Tu sowie bei erweiterten Strecken mit Ausgleich der Proportionalbeiwert KS bzw. bei erweiterten Strecken ohne Aus-

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

129

gleich der Integrierbeiwert KI (vgl. Bild 3–95 bzw. Bild 3–96) ermittelt,110 anschließend z. B. in die Bemessungsformeln des Verfahrens nach Chien/Hrones/Reswick eingesetzt und die Reglerparameter Kp, Tn sowie Tv berechnet. Als Beispiel von auf der grafischen Auswertung der Sprungantwort basierenden Einstellregeln wird nachfolgend das nach Chien/Hrones/Reswick benannte Verfahren vorgestellt. Voraussetzung für die Anwendung der Einstellregeln nach Chien/Hrones/Reswick ist eine erweiterte Strecke mit Ausgleich und Verzögerung erster Ordnung mit Totzeit bzw. zweiter oder höherer Ordnung (mit oder ohne Totzeit), so dass aus der Sprungantwort dieser erweiterten Strecke die Kennwerte Tg, Tu und KS (vgl. Bild 3–95) zu ermitteln sind. Die erforderlichen Reglerparameter werden danach unter Berücksichtigung der in Tabelle 3-12 enthaltenen Hinweise zur Wahl der Reglerstruktur mittels der in Tabelle 3-13 angegebenen Einstellregeln, auch als Bemessungsformeln bezeichnet, berechnet. Tabelle 3-13: Einstellregeln nach Chien/Hrones/Reswick Versorgungsstörung Führungsverhalten bzw. Laststörung

'h P-Regler

PI-Regler

PID-Regler

0

'h

20%

'h

0

'h

20%

KP

0,3 Tg ˜ K S Tu

KP

0,7 Tg ˜ K S Tu

KP

0,3 Tg ˜ Ks Tu

KP

0, 7 Tg ˜ K s Tu

KP

0, 6 Tg , ˜ K s Tu

KP

KP

0,35 Tg , ˜ K s Tu

KP

0,6 Tg , ˜ K s Tu

Tn

4 ˜ Tu

0,7 Tg ˜ , Ks Tu

Tn

2,3 ˜ Tu

Tn

1, 2 ˜ T g

Tn

KP

0,95 Tg ˜ , K s Tu

KP

1, 2 Tg , ˜ K s Tu

KP

0,6 Tg , ˜ Ks Tu

KP

0,95 Tg , ˜ K s Tu

Tn

2,4 ˜ Tu ,

Tn

2 ˜ Tu ,

Tn

Tg

Tn

1,35 ˜ T g

Tv

0,42 ˜ Tu

Tv

0,42 ˜ Tu

Tv

0,5 ˜ Tu

,

Tg

,

Tv

0,47 ˜ Tu

Am Beispiel der im Bild 3–97 dargestellten normierten Sprungantwort einer erweiterten Strecke soll nun die Anwendung der Einstellregeln nach Chien/Hrones/Reswick erläutert werden. Bei diesem Sprungexperiment wird das Reglerausgangssignal yR

110 Um KS bzw. KI als im Allgemeinen einheitenlose Parameter bestimmen zu können, müssen Sprungantwort und Eingangssignal der (erweiterten) Strecke (meist Reglerausgangsgröße yR) jeweils auf den Bereich 0…100% normiert werden.

130

Kernprojektierung

zum Zeitpunkt t=0,5 s um ǻyR=6% erhöht,111 woraus sich der im Bild 3–97 dargestellte Verlauf der Rückführgröße r(t) als Reaktion ergibt.

r (t ) %

lim r (t ) t of

Tg

Wendetangente

42% ܶ௨ ൌ Ͳǡͷ ‫ݏ‬ ܶ௚ ൎ ʹ ‫ݏ‬

r0

30%

Tu1

2

3

4

t s

3

4

t s

y R (t ) %

16%

y R0

'yR

10 % 1

2

Bild 3–97: Beispiel der normierten Sprungantwort einer erweiterten Strecke als Grundlage für den Reglerentwurf nach den Einstellregeln von Chien/Hrones/Reswick Im Bild 3–97 sind bereits Wendetangente sowie Asymptote für lim r (t ) eingezeichnet. t of

Mittels der Schnittpunkte der Wendetangente mit der Zeitachse einerseits sowie der Asymptote für lim r (t ) andererseits werden – wie im Bild 3–97 gezeigt – die Kennwertof

te Tg, Tu bestimmt. Der Proportionalbeiwert ‫ܭ‬ௌ der Strecke wird aus der Beziehung

KS

lim r (t )  r0 t of

'y R

berechnet. Mit r0

größe, im Arbeitspunkt), lim r (t ) t of

KS

30% (Rückführgröße, d. h. gemessene Regel42 % und ' y R

y R (t )  y R 0

6 % ergibt sich

42%  30% 2. Weiterhin ist aus Bild 3–97 erkennbar, dass es sich um eine er6%

weiterte Strecke mit P-Verhalten handelt, die mindestens zwei Zeitkonstanten112 111 Das Sprungexperiment findet im geöffneten Regelkreis statt, d. h. der Regler befindet sich im Handbetrieb, so dass das Eingangssignal yR(t) nicht durch den Regler sondern von Hand erzeugt wird! Die Größe y R ist die Reglerausgangs0

größe im Arbeitspunkt. 112 Weil für t 0 der Anstieg der Sprungantwort gleich Null und keine Totzeit erkennbar ist, müssen mindestens zwei Zeitkonstanten in der erweiterten Strecke enthalten sein.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

131

enthält. Soll das Regelglied für Führungsverhalten ausgelegt werden, so ist aus Tabelle 3-12 zu entnehmen, dass es PI- oder PID-Verhalten aufweisen sollte. Bei der Inbetriebnahme wird man zuerst den weniger Entwurfs- sowie Realisierungsaufwand erfordernden PI-Regler erproben, dessen Parameter KP 1,2 sowie Tn 2s gemäß Tabelle 3-13 für Führungsverhalten mit einer maximalen Überschwingweite ' h 20 % nach Führungsgrößensprüngen berechnet wurden. Ist mit diesem Regler das gewünschte Regelkreisverhalten nicht erzielbar, kann der PID-Regler herangezogen werden. Im Unterschied zu den auf der grafischen Auswertung der Sprungantwort basierenden Verfahren für die Berechnung der Reglerparameter wird beim Verfahren von Ziegler/Nichols am geschlossenen Regelkreis experimentiert, wobei folgende Schritte abzuarbeiten sind:113 Schritt 1: Betreiben des geschlossenen Regelkreises mit einem P-Regler. Schritt 2: Prüfung, ob der ausgewählte Regelkreis gefahrlos an der Stabilitätsgrenze, an der Dauerschwingungen114 auftreten, betrieben werden darf. Schritt 3: Schrittweises Erhöhen des Proportionalbeiwertes KR („Reglerverstärkung“) des P-Reglers, bis der Regelkreis an der Stabilitätsgrenze Dauerschwingungen ausführt. Derjenige Proportionalbeiwert KR, bei dem der Regelkreis an die Stabilitätsgrenze gelangt, entspricht der sogenannten kritischen Reglerverstärkung KRkrit. Schritt 4: Bestimmung der kritischen Periodendauer Tkrit. der Dauerschwingung an der Stabilitätsgrenze. Schritt 5: Auswahl der geeigneten Reglerstruktur entsprechend des dynamischen Verhaltens der betrachteten erweiterten Strecke sowie gemäß Anforderungen an das Führungs- bzw. Störverhalten (siehe Hinweise in Tabelle 3-14).115 Schritt 6: Einsetzen von KRkrit bzw. Tkrit. in die Bemessungsformeln für die Berechnung der erforderlichen Reglerparameter (siehe Tabelle 3-15).

113 Prinzipiell kann das Verfahren auch angewendet werden, wenn die Übertragungsfunktion der erweiterten Strecke bekannt ist. Sofern der Regelkreis mit P-Regler aus systemtheoretischer Sicht die Stabilitätsgrenze erreichen kann, lassen sich die Kennwerte KRkrit. (kritische „Reglerverstärkung“) bzw. Tkrit. (kritische Periodendauer; Periodendauer der Dauerschwingung an der Stabilitätsgrenze) durch analytische Auswertung der charakteristischen Gleichung 1+GO(jȦ)=0 ermitteln, wobei GO(jȦ) der Frequenzgang des aufgeschnittenen einschleifigen Regelkreises ist. 114 Voraussetzung ist, dass der Regelkreis aus systemtheoretischer Sicht überhaupt die Stabilitätsgrenze erreichen kann, d. h. nicht jeder Regelkreis ist in der Lage, die erforderlichen Dauerschwingungen auszuführen. 115 Hierzu muss dass dynamische Verhalten der erweiterten Strecke qualitativ – z. B. aus Erfahrungswissen oder einer qualitativen theoretischen Prozessanalyse – bekannt sein.

132

Kernprojektierung

Die Anwendung des Verfahrens von Ziegler/Nichols wird zu einem späteren Zeitpunkt am Beispiel einer Durchflussregelstrecke erläutert, so dass an dieser Stelle auf ein Anwendungsbeispiel verzichtet wird. Tabelle 3-14: Empfehlungen zur Wahl der Reglerstruktur beim Reglerentwurf nach Ziegler/Nichols Reglerstruktur

Typ der erweiterten Strecke

Mit Reglerstruktur prinzipiell ausregelbar:

P-Regler

IT1Tt

F,L

Bleibende Regeldiff. bei V sowie F , L !

P, PT1Tt

F,V,L

Bleibende Regeldiff. bei V sowie F , L !

IT1Tt

F ,L ,V

Auf Stabilität achten!

PT2Tt, PTn (n>2)

F,V,L

Bleibende Regeldiff. bei V sowie F , L !

ITn, ITnTt (n>2)

F ,L ,V

Auf Stabilität achten!

PI-Regler

PID-Regler

Bemerkung

F: Führungsgrößenänderung; L: Laststörungsänderung; V: Versorgungsstörungsänderung, : sprungförmige Änderung; : anstiegsförmige Änderung Tabelle 3-15: Einstellregeln nach Ziegler/Nichols Kp

Reglerparameter Tn

Tv

P-Regler

0,5 ˜ K Rkrit

-

-

PI-Regler

0,45 ˜ K Rkrit

0,83˜ Tkrit

-

0,6 ˜ K Rkrit

0,5 ˜ Tkrit

0,125 ˜ Tkrit

Reglertyp

PID-Regler

Sofern es gelingt, durch theoretische bzw. experimentelle Prozessanalyse die Übertragungsfunktion der erweiterten Strecke zu bestimmen, können sogenannte analytische, d. h. auf der Übertragungsfunktion der erweiterten Strecke basierende Entwurfsverfahren angewendet werden. Ein solches Verfahren ist u. a. das Entwurfsverfahren nach Reinisch [26], dessen Grundzüge im Folgenden kurz erläutert werden. Das Ziel bei der Anwendung des Entwurfsverfahrens nach Reinisch besteht darin, für eine gegebene erweiterte Strecke (vgl. Bild 3–85) einen Regler zu entwerfen, so dass der aufgeschnittene Regelkreis (Reihenschaltung aus Regelglied, Strecke und Messeinrichtung gemäß Bild 3–85) ein IT1-Verhalten aufweist, weil dann x

der geschlossene Regelkreis wie ein Schwingungsglied zweiter Ordnung betrachtet werden kann,

x

durch den I-Anteil des Reglers bleibende Regeldifferenzen ausregelbar sind,

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung x

133

eine maximale Überschwingweite ' h (z. B. 10% des stationären Endwertes der Regelgröße x) einstellbar ist.

Das Übertragungsverhalten des aufgeschnittenen Regelkreises wird durch die Übertragungsfunktion

GO (s)

GR ( s) ˜ GES (s)

(3-18)

beschrieben, wobei GR (s) die Übertragungsfunktion des Regelgliedes und GES ( s ) die der (erweiterten) Strecke (s. o.) ist. Sofern man nun für GO (s) das für den aufgeschnittenen Regelkreis geforderte IT1-Verhalten vorgibt und ferner GES ( s ) bekannt ist, lässt sich aus (3-18) die Übertragungsfunktion

GR (s)

GO ( s ) G ES ( s )

(3-19)

des Regelgliedes bestimmen. Zu diesem Zweck wird zunächst die in Zeitkonstantenform darzustellende Übertragungsfunktion

GES (s)

1 sT1c 1 sT2c  1  sTmc sT e sTI 1  sT1 1  sT2  1  sTn K pS

t

l

(3-20)

der (erweiterten) Strecke so approximiert, dass sich daraus die im Folgenden erläuterten vier Streckentypen ableiten lassen116 und anschließend die „Soll“-Übertragungsfunktion des aufgeschnittenen Regelkreises GO (s) geeignet vorgegeben. 1. Approximation der Übertragungsfunktion GES ( s) x Streckentyp A1 (Bedingung: Erweiterte Strecke mit P-Verhalten): - Abspaltung einer dominierenden117 Nenner-Zeitkonstanten, - Zusammenfassung der übrigen Zeitkonstanten von Zähler und Nenner einschließlich ggf. vorhandener Totzeit Tt zur Summenzeitkonstanten118 TSA1 führt zur approximierten (erweiterten) Strecke mit der Übertragungsfunktion

GES A1 ( s)

K pS A1

1  sT1 1  sTS

A1

.

(3-21)

x Streckentyp A2 (Bedingung: Erweiterte Strecke mit P-Verhalten): - Abspaltung zweier dominierender Nenner-Zeitkonstanten, 116 Sind mehr als zwei dominierende oder keine dominierenden Zeitkonstanten vorhanden, so lässt sich das Entwurfsverfahren im Allgemeinen nicht mit befriedigendem Ergebnis anwenden! 117 Eine Zeitkonstante T1 ist im Vergleich zu einer anderen Zeitkonstanten T2 dominierend, wenn T1>10T2 gilt! 118 Die Bildung der Summenzeitkonstanten wird zu einem späteren Zeitpunkt gleichzeitig für alle vier Streckentypen erläutert!

134

Kernprojektierung Zusammenfassung der übrigen Zeitkonstanten von Zähler und Nenner einschließlich ggf. vorhandener Totzeit Tt zur Summenzeitkonstanten TSA2 führt zur approximierten (erweiterten) Strecke mit der Übertragungsfunktion

-

GES A 2 ( s)

K pS A2

1  sT1 1  sT2 1  sTS

A2

.

(3-22)

x Streckentyp B1 (Bedingung: Erweiterte Strecke mit I-Verhalten): - keine dominierenden Nenner-Zeitkonstanten vorhanden, - Zusammenfassung aller Zeitkonstanten von Zähler und Nenner einschließlich ggf. vorhandener Totzeit Tt zur Summenzeitkonstanten TSB1 führt zur approximierten (erweiterten) Strecke mit der Übertragungsfunktion

GES B1 ( s)

K p S B1



sTI 1  sTS B1

(3-23)

.

x Streckentyp B2 (Bedingung: Erweiterte Strecke mit I-Verhalten): - Abspaltung einer dominierenden Nenner-Zeitkonstanten, - Zusammenfassung aller Zeitkonstanten von Zähler und Nenner einschließlich ggf. vorhandener Totzeit Tt zur Summenzeitkonstanten TSB2 führt zur approximierten (erweiterten) Strecke mit der Übertragungsfunktion

GES B 2 ( s)

K p SB 2



sTI 1  sT1 1  sTS B 2

.

(3-24)

Die Summenzeitkonstante TSx ( x A1 › A2 › B1 › B2) , welche jeweils in den Übertragungsfunktionen der einzelnen Streckentypen enthalten ist, wird nach folgender Vorschrift berechnet: n

TS x

m

¦T ¦T c  T

i 1› 2›3

i

j

(3-25)

t

j 1

0 dom. ZK: i=1 1 dom. ZK: i=2 2 dom. ZK: i=3 (ZK: Zeitkonstante, dom.: dominierend) 2. Festlegung der „Soll“-Übertragungsfunktion GO (s) Gefordert ist IT1-Verhalten. Daher gilt für die „Soll“-Übertragungsfunktion GO (s) folgender Ansatz:

GES B1 ( s )

1 . sTI 1  sTS x





(3-26)

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

135

a ( ' h ) ˜ T S x ergibt sich somit als „Soll“-ÜbertragungsfunkAus der Beziehung T I tion des aufgeschnittenen Regelkreises

1 . s ˜ a ('h) ˜ TS x 1  sTS x

GES B1 ( s )



(3-27)



Der Faktor a('h) wird in Abhängigkeit von der jeweils geforderten Überschwingweite entsprechend Tabelle 3-16 festgelegt. Tabelle 3-16: Faktor a in Abhängigkeit von der Überschwingweite ' h 'h / %

0

5

10

15

20

30

40

50

60

a

4

1,9

1,4

1,07

0,83

0,51

0,31

0,19

0,1

3. Berechnung der Übertragungsfunktion GR (s) des Regelgliedes Aus Beziehung (3-19) lässt sich nun die Übertragungsfunktion GR (s) des Regelgliedes bestimmen. Hierzu werden die zuvor bestimmte Übertragungsfunktion Übertragungsfunktion GO (s) des aufgeschnittenen Regelkreises sowie die approximierte Übertragungsfunktion GES ( s ) der (erweiterten) Strecke in (3-19) eingesetzt. Beispielsweise ergibt sich für den Streckentyp A1 allgemein:

GES A1 GO ( s ) GR ( s )

K pS

A1

(1  sT1 )(1  sTS A1 ) s ˜ a ˜ TS A1 GO ( s ) GES A1

,

1 , ˜ (1  sTS A1 )

(3-28)

(1  sT1 )(1  sTS A1 ) s ˜ a ˜ TS A1 ˜ (1  sTS A1 ) ˜ K p S

A1

(1  sT1 ) . s ˜ a ˜ TS A1 ˜ K p S A1

Die in (3-28) bestimmte Übertragungsfunktion ist – wie man durch Koeffizientenvergleich feststellen kann – die Übertragungsfunktion eines PI-Reglers:

GR ( s )

Ÿ Tn Ÿ

(1  sT1 ) s ˜ a ˜ TS A1 ˜ K p S

GRPI ( s ) A1

§ 1 · ¸¸ K P ¨¨1  © sTn ¹

K P (1  sTn ) sTn

T1

(3-29)

1 s ˜ a ˜ TS A1 ˜ K p S A1

KP sTn

KP Ÿ KP sT1

T1 . a ˜ TS A1 ˜ K p S A1

Führt man diese Rechnung für jeden der festgelegten vier Streckentypen aus, erhält man die im Bild 3–98 gezeigte Zuordnung zwischen Streckentyp und Reglertyp einschließlich der Beziehungen zur Berechnung der Reglerparameter.

136

Kernprojektierung

Streckentyp Reglertyp Typ A

PI-Regler

Reglerparameter Kp

T1 ; Tn aTS A K p S

T1

A

Typ B

T T B

Typ C Typ D

T ˜T

1 2 1 2 PID-Regler K p aT K ; Tn T1  T2 ; Tv T  T S pS 1 2

P-Regler

Kp

PD-Regler K p

TI aTSC K p S

B

C

TI ; Tv aTS D K p S

T1

D

Bild 3–98: Zuordnung Streckentyp/Reglertyp einschließlich Beziehungen zur Berechnung der Reglerparameter beim Verfahren nach Reinisch Das Entwurfsverfahren nach Reinisch wird nun auf die Übertragungsfunktion

G (s)

(1  0,67 ˜ s ) (1  120 ˜ s )(1  40 ˜ s )(1  2 ˜ s )(1  1,5 ˜ s )(1  0,5 ˜ s )

(3-30)

einer erweiterten Strecke angewendet. Man erkennt aus dieser (in Zeitkonstantenform dargestellten) Übertragungsfunktion, dass es sich um eine erweiterte Strecke mit PVerhalten handelt und zwei dominierende Zeitkonstanten, nämlich T1=120 s sowie T2=40 s, auftreten. Demzufolge ist diese erweiterte Strecke dem Streckentyp B zuzuordnen. Daher kommt als Reglertyp gemäß Bild 3–98 nur ein PID-Regler in Betracht. Fordert man ferner, dass die gemessene Regelgröße nach sprungförmigen Führungsgrößenänderungen um höchstens 5% überschwingen darf, ergibt sich aus Tabelle 3-16 a('h) 1,9 . Die Summenzeitkonstante beträgt 3,33 s, der Proportionalbeiwert der erweiterten Strecke ist gleich Eins. Mit diesen Werten erhält man gemäß Bild 3–98 folgende Reglerparameter: ‫ܭ‬௣ ൌ

ଵଶ଴௦ାସ଴௦ ଵǡଽȉଷǡଷଷ௦ȉଵ

ൌ ʹͷǡ͵Ǣܶ௡ ൌ ͳʹͲ‫ ݏ‬൅ ͶͲ‫ ݏ‬ൌ ͳ͸Ͳ‫ݏ‬Ǣܶ௩ ൌ

ଵଶ଴௦ȉସ଴௦ ଵଶ଴௦ାସ଴௦

ൌ ͵Ͳ‫ݏ‬Ǥ

(3-31)

Zum besseren Verständnis wird nun der experimentellbasierte Reglerentwurf an Hand der Durchflussregelstrecke der Versuchsanlage MPS-PA119 der Fa. Festo Didactic beispielhaft erläutert [27]. Zuerst wird für die Durchflussregelstrecke die statische 119 Die Bezeichnung MPS – PA (Modulares Produktionssystem – Prozessautomatisierung) ist eine firmenspezifische Bezeichnung der Fa. Festo Didactic für die im Vertrieb befindliche neue Anlagengeneration für die Prozessautomatisierung.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

137

Kennlinie ermittelt (Bild 3–99). Dadurch ist es möglich, die Linearität der Regelstrecke zu beurteilen und einen geeigneten Arbeitspunkt für die auszuführenden Sprungexperimente festzulegen. Wie aus der statischen Kennlinie im Bild 3–99 erkennbar, ist eine ausgeprägte Nichtlinearität vorhanden. Das heißt, die eingesetzte Kreiselpumpe liefert bis nahezu 40% der Stellleistung keinen signifikanten Durchsatz. Das ist ein anschauliches Beispiel einer im Vergleich zu den verfahrenstechnischen Erfordernissen zu schwach ausgelegten Kreiselpumpe. Anders formuliert: Das Stellverhalten der eingesetzten Kreiselpumpe ist für den projektierten Durchflussregelkreis unzureichend, da nicht der gesamte Arbeitsbereich nutzbar ist. Rückführgröße r (gemessener Durchfluss ܸሶ ) [%] 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

10

20

30

40

50

60

70 80 90 100 Reglerausgangsgröße yR [%]

Bild 3–99: Statische Kennlinie der Durchflussregelstrecke Der im Bild 3–100 dargestellte zeitliche Verlauf eines Sprungexperiments überdeckt fast den gesamten Linearitätsbereich und bewirkt mittels eines Stellgrößensprungs von 40% auf 90% die auszuwertende Sprungantwort. Die auf diese Weise erhaltene Sprungantwort kann im Allgemeinen mittels der sogenannten Wendetangente (vgl. Bild 3–95) oder mit dem Verfahren nach Strejc [25] ausgewertet werden. Wie die Erfahrungen aus der verfahrenstechnischen Praxis zeigen, ist das Verfahren von Strejc zur Auswertung der Sprungantwort bevorzugt anzuwenden. Bei diesem Verfahren werden die Kennwerte Verzugszeit Tu und die Ausgleichszeit Tg nach der im Bild 3–101 dargestellten Vorgehensweise ermittelt. Hierzu wird nach Normierung der Sprungantwort zunächst der Proportionalbeiwert

138

Kernprojektierung

lim h(t ) der erweiterten Strecke bestimmt120 und anschließend durch Abtragen

KS

t of

von 0,2·KS und 0,8·KS auf der Ordinate jeweils die zugehörige t20% - bzw. t80% Prozentzeit ermittelt (vgl. Bild 3–101). Reglerausgangsgröße Rückführgröße [%] Reglerausgangsgröße yR 100

Rückführgröße r (gemessener Durchfluss ܸሶ )

90 80 70 Werte für h10% bzw. h90%

60

Werte für h20% bzw. h80%

50 40 30 20

0

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10 t [s]

Bild 3–100: Sprungexperiment an der Durchflussregelstrecke (Stellgrößensprung von 40% auf 90%)

h (t )

KS 0,8 ˜ K S 0, 2 ˜ K S t 20

t 80

t s

Bild 3–101: Zur Bestimmung der Kennwerte Tu und Tg nach Strejc

120 Der Proportionalbeiwert kann auch aus der statischen Kennlinie nach der Beziehung K S

'x bestimmt werden. 'y

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

139

Als weiteres bewährtes Paar [25] sind auch 0,1·KS und 0,9·KS für die Berechnung der Reglerparameter verwendbar. In Tabelle 3-17 sind die erforderlichen Berechnungsformeln für die Kennwerte Tu und Tg angegeben. Tabelle 3-17: Berechnungsformeln für die Kennwerte Tu und Tg

20

10

80

90

Tu

...

1,161 ˜ t 20  0,161 ˜ t 80

1,048 ˜ t10  0,048 ˜ t 90

Tg

...

0,721˜ (t 80  t 20 )

0, 455 ˜ (t90  t10 )

Für die hier betrachtete Durchflussregelstrecke wird zunächst anhand der statischen Kennlinie (vgl. Bild 3–99) der Proportionalbeiwert KS der Strecke berechnet. Aus der statischen Kennlinie ergibt sich K S

'x 'y

91,5%  27,5% 1,28. Darauf aufbauend 90%  40%

bestimmt man dann zum Beispiel die Werte h20% bzw. h80% und setzt diese Werte in die Berechnungsformeln entsprechend Tabelle 3-17 ein.121 In Tabelle 3-18 sind die zugehörigen Ergebnisse zusammengestellt. Tabelle 3-18: Berechnung der Kennwerte Tu und Tg nach Strejc (vgl. auch Bild 3–100) ʹͲൗ ( ͺͲ

ͳͲൗ ( ͻͲ

)

)

h20%/10%

h20

40,3% : t 20

0,8s  0,35s 0,45s

h10

33,9% : t10

0,65s  0,35s

h80% / 90%

h80

78,7% : t80

2,4s  0,35s

h90

85,1% : t90

3,2s  0,35s

Tu Tg

1,161˜ t 20  0,161˜ t80

0,19s

0,721˜ (t80  t 20 ) 1,15s

2,05s

1,048 ˜ t10  0,048 ˜ t 90

0,3s 2,85s

0,18s

0,455˜ (t90  t10 ) 1,16s

Setzt man nun die ermittelten Kennwerte des Ansatzes nach Strejc – zum Beispiel für 20%/80% – in die Einstellregeln nach Chien/Hrones/Reswick ein, ergeben sich die in Tabelle 3-19 aufgeführten Reglerparameter für jeweils einen P-, PI- bzw. PID-Regler, die jeweils für Führungsverhalten mit 20% Überschwingen ausgelegt wurden.

121 Wahlweise kann man auch die Werte für h10% und h90% verwenden.

140

Kernprojektierung

Tabelle 3-19: Reglerparameter für die Durchflussregelstrecke P-Regler

Kp

Tn

0,7 ˜

Tg Tu ˜ K S

PI-Regler

3,31

0,6 ˜

Tg Tu ˜ K S

1,0 ˜ Tg

Tv

PID-Regler

2,83 1,15 s

0,95 ˜

Tg Tu ˜ K S

4,49

1,35 ˜ Tg

1,55 s

0,47 ˜ Tu

0 , 0893 s

Den Empfehlungen zur Wahl der Reglerstruktur (vgl. Tabelle 3-12) folgend, ist bei einer erweiterten Strecke mit Ausgleich für Führungsverhalten ein Regler mit I-Anteil einzusetzen. Betrachtet man die in Bild 3–100 dargestellte Sprungantwort, so kann man für das dynamische Verhalten der erweiterten Strecke näherungsweise PT1TtVerhalten ansetzen. Somit kommt gemäß Tabelle 3-12 im vorliegenden Fall nur der PI-Regler für den Einsatz im Regelkreis in Frage. Die Ergebnisse der Reglererprobung für das Führungsverhalten werden im Bild 3–103 dargestellt. Ein anderer Zugang, der sich vor allem für schwingungsfähige Regelkreise, wie am Beispiel der Durchflussregelstrecke gegeben, eignet, ist das Verfahren von Ziegler/Nichols. Wie dazu Bild 3–102 für die bereits behandelte Durchflussregelstrecke zeigt, gelingt es, den Durchflussregelkreis zum Dauerschwingen an der Stabilitätsgrenze anzuregen.

5Tkrit.

Bild 3–102: Dauerschwingungen des Durchflussregelkreises an der Stabilitätsgrenze

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

141

Aus Bild 3–102 ist als kritische Reglerverstärkung KPkrit. = 11,8 sowie als Periodendauer der Dauerschwingung an der Stabilitätsgrenze Tkrit. = 6,7 s abzulesen. Um bleibende Regeldifferenzen nach Führungs- bzw. Störgrößenänderungen ausregeln zu können, ist, wie bereits ausgeführt (vgl. Tabelle 3-12 bzw. Tabelle 3-14), ein PI-Regler einzusetzen, wenn für das dynamische Verhalten der erweiterten Strecke näherungsweise PT1Tt-Verhalten angenommen wird. Entsprechend den in Tabelle 3-15 angegebenen Bemessungsformeln erhält man für den PI-Regler folgende Reglerparameter:

0 , 45 ˜ K PKrit .

KP

5 ,31 bzw. T n

0 ,83 ˜ T Krit .

5 ,5 s .

Die Validierung der mittels Ziegler/Nichols bzw. dem Verfahren nach Chien/Hrones/Reswick (CHR-Verfahren) ermittelten Reglerparameter erfolgt gleichfalls wieder an der Durchflussstrecke der Versuchsanlage MPS-PA der Fa. Festo Didactic. Dazu wurden die Sprungantworten des geschlossenen Regelkreises für einen Sollwertsprung von 50 % auf 80 % aufgenommen und im Bild 3–103 dargestellt. Führungsgröße Rückführgröße [%] 100 95 Führungsgröße w

90 85 80 75

Rückführgröße r (gemessener Durchfluss ܸሶ)

70

Ziegler/Nichols – PI-Regler Rückführgröße r (gemessener Durchfluss ܸሶ)

65 60

CHR-Verfahren – PI-Regler

55 50 0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3.5

t [s]

Bild 3–103: Übergangsverhalten des geschlossenen Regelkreises (Parametrierung nach dem Verfahren von Ziegler/Nichols (ZN) bzw. Chien/Hrones/Reswick (CHR) für einen Führungsgrößensprung von 50 % auf 80 % Das im Bild 3–103 dargestellte Führungsverhalten des Durchflussregelkreises ist im Sinn der auf S. 127 genannten Güteforderungen akzeptabel und zeigt eine günstige Dynamik, wobei die Stellsignale zunächst in die obere Begrenzung laufen und damit das nahezu aperiodische Einschwingverhalten der Regelgröße „Durchfluss“ fördern. Damit ist auch das geringere Überschwingen, welches entsprechend dem CHRVerfahren mit 20% vorgegebenen wurde, erklärbar. Zusammenfassend kann daher eingeschätzt werden, dass die ermittelten Reglerparameter (Ziegler/Nichols- bzw. CHR-Verfahren) für das geforderte Führungsverhalten des Durchflussregelkreises gut geeignet und damit für den Dauerbetrieb des Regelkreises verwendbar sind.

142

Kernprojektierung

Zusammenfassend ist demnach für den Entwurf einschleifiger Regelkreise mit PIDReglern aus Sicht der Projektierung wie folgt vorzugehen: Schritt 1: Ermittlung der statischen Kennlinie der (erweiterten) Strecke mittels theoretischer Prozessanalyse Ÿ Ergebnis: Statische Kennlinie zur Festlegung des Linearitätsbereiches bzw. Arbeitsbereiches sowie des Arbeitspunktes

Linearitätsbereich und Arbeitspunkt Alternativ: Ermittlung der statischen Kennlinie der (erweiterten) Strecke mittels experimenteller Prozessanalyse Ÿ Ergebnis: Statische Kennlinie zur Festlegung des Linearitätsbereiches bzw. Arbeitsbereiches sowie des Arbeitspunktes Schritt 2: Sprungexperimente im Arbeitspunkt Ÿ Ergebnis: Ermittlung von Kennwerten bzw. Parametern der (erweiterten) Strecke

z. B. Verzugszeit Tu, Ausgleichszeit Tg , Zeitkonstanten sowie Proportionalbeiwert der Strecke KS Ÿ Ableitung der erforderlichen Reglerstruktur gemäß zu erfüllenden Güteforderungen (vgl. hierzu auch Tabelle 3-12 bzw. Tabelle 3-14) Alternativ: Ermittlung des Prozessmodells durch theoretische Prozessanalyse Schritt 3: Ermittlung der Reglerparameter durch Nutzung ausgewählter Bemessungsformeln (z. B. nach Ziegler/Nichols, Chien/Hrones/Reswick, Strejc, Reinisch) Ÿ Ergebnis: Parametersätze für die Regelalgorithmen

Proportionalbeiwert Kp, Nachstellzeit Tn und Vorhaltzeit Tv

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

143

Schritt 4: Regelkreistest, d. h. simulative Untersuchung des Regelkreisverhaltens122 Ÿ Ergebnis: Simulative Aussage zum Erfolg des Reglerentwurfs

Sofern das simulierte Regelkreisverhalten den Güteforderungen entspricht, kann der Regelkreis in Betrieb genommen werden. Schritt 5: Regelkreisinbetriebnahme und Regelkreiserprobung (Stabilität, Führungsbzw. Störverhalten) Ÿ Ergebnis: Inbetriebnahmevorschrift

3.4.3 Abgrenzung kontinuierlicher Prozesse zu ereignisdiskreten Prozessen Bezugnehmend auf die in der Einführung im Bild 1–4 dargestellte Kopplung von Automatisierungsanlage und Prozess ist festzustellen, dass aus Sicht der Projektierung keine wesentlichen Unterschiede zwischen kontinuierlichen und ereignisdiskreten Prozessen bestehen. Für beide Prozessklassen ist im Sinne der Instrumentierung eine einheitliche Vorgehensweise charakteristisch, d. h. man kann für beide Prozessklassen nach der gleichen Methodik projektieren. Der Projektierungsingenieur wählt zunächst die Messeinrichtungen aus, wobei für den einschleifigen Regelkreis in kontinuierlichen Prozessen analoge Sensoren und für die binäre Steuerung in ereignisdiskreten Prozessen binäre Sensoren einzusetzen sind. In gleicher Weise werden die Stelleinrichtungen ausgewählt, das bedeutet also analoge Stelleinrichtungen für einschleifige Regelkreise und binäre Stelleinrichtungen für binäre Steuerungen. Ein wesentlicher Unterschied zwischen Regelkreis und binärer Steuerung besteht jedoch beim Entwurf der Regel- bzw. binären Steueralgorithmen. Wie dazu im Abschnitt 3.4.2 ausgeführt, sind theoretische bzw. experimentelle Prozessanalyse sowie Anwendung von Bemessungsformeln (siehe z. B. Tabelle 3-13 bzw. Tabelle 3-15) die Basis für Strukturierung und Parametrierung eines Regelgliedes. Beim Entwurf der binären Steueralgorithmen ist darüber hinaus zu beachten, dass ein offener Wirkungsablauf vorliegt. Damit ist also für den Entwurf der binären Steuerungen eine modifizierte Entwurfsmethodik erforderlich, die aber gleichfalls durch den Projektierungsingenieur als effizientes und praxisrelevantes Werkzeug für die Realisierung binärer Steueralgorithmen nutzbar ist. Diese Entwurfsmethodik wird im folgenden Abschnitt detaillierter erläutert und an Hand ausgewählter Anwendungsbeispiele vertieft.

122 Konnte die Prozessanalyse als Information über die (erweiterte) Strecke lediglich Kennwerte wie z. B. Ausgleichs- bzw. Verzugszeit liefern, lässt sich der Regelkreis im Allgemeinen nicht simulieren, weil dazu Differenzialgleichung, Übertragungsfunktion, Frequenzgang, Gewichts- bzw. Übergangsfunktion benötigt werden.

144

Kernprojektierung

3.4.4 Entwurf binärer Steuerungen Entwurf und Realisierung binärer Steuerungen für industrielle Prozesse umfassen generell den Entwurf von binären Steueralgorithmen und die technische Realisierung (Bild 3–104). Prinzipielle Erläuterungen zur technischen Realisierung erfolgten bereits im Abschnitt 3.3.3.5, so dass darauf verwiesen wird. Somit ist der Entwurf binärer Steueralgorithmen Gegenstand der weiteren Ausführungen.

Entwurf und Realisierung binärer Steuerungen

Entwurf binärer Steueralgorithmen x

Analyse der Verfahrenstechnik des ereignisdiskreten Prozesses/der Steuerstrecke,

x

Zuordnung der erforderlichen Steuerungsaufgaben – Dekomposition,

x

Definition der Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen,

x

Entwurf der Steueralgorithmen,

x

Verifikation der entwickelten Algorithmen (z. B. mittels Simulation).

Technische Realisierung x

Auswahl speicherprogrammierbarer Technik nach technischen und ökonomischen Leistungsmerkmalen, d. h. - Hardwarekonfiguration der speicherprogr. Technik, - Implementierung von Steueralgorithmen mittels Fachsprachen einschließlich Test, - Validierung an der Steuerstrecke sowie - Preis und Service.

Bild 3–104: Entwurf und Realisierung binärer Steuerungen Die wesentlichen Leistungen für den Entwurf binärer Steueralgorithmen sind aus Bild 3–104 erkennbar. Bereits hier muss hervorgehoben werden, dass der Steuerungsentwurf nur im wechselseitigen Zusammenwirken des Entwurfs binärer Steueralgorithmen mit der technischen Realisierung gelingen kann. Die vielfach in der Praxis angewandte Vorgehensweise des „sofortigen (intuitiven) Programmierens“ einer SPS impliziert zahlreiche Fehlermöglichkeiten, die nur durch einen gut strukturierten und systemtheoretisch basierten Entwurf binärer Steueralgorithmen vermieden werden können. Dies gilt auch für ggf. erforderliche Änderungen oder Erweiterungen der binären Steueralgorithmen bzw. die effektive Beseitigung von Entwurfsfehlern.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

145

Des Weiteren ist in diesem Zusammenhang die wesentliche Fragestellung nach dem Entwurf eines kombinatorischen binären bzw. sequentiellen binären Steuerungsalgorithmus’ zu beantworten. Das bedeutet, der Projektierungsingenieur muss aus der Analyse der Steuerstrecke und der Kenntnis der Anforderungen an die Steuerstrecke entscheiden, ob er einen kombinatorischen oder sequentiellen binären Steueralgorithmus123 entwirft. Diese Entscheidungsfindung basiert auf der Auswertung verschiedenster Überlegungen und erfordert deshalb eine systematische sowie Schritt für Schritt abzuarbeitende Entwurfsmethodik. Diese Entwurfsmethodik zeigt Bild 3–105 im Überblick. x

Schritt 1: Dekomposition des Prozesses/der Steuerstrecke

x

Schritt 2: Definition der Eingangsgrößen (Eingangsvektor) bzw. Ausgangsgrößen (Ausgangsvektor)

x

Schritt 3: Entscheidung – kombinatorischer oder sequentieller binärer Steueralgorithmus – ist die Schalttabelle widerspruchsfrei? NEIN

JA Entwurf Kombinatorischer binärer Steueralgorithmus x

Schritt 4: -

-

-

Schalttabelle aufstellen, Verknüpfungsfunktionen in kanonischer disjunktiver Normalform (KDNF) darstellen, Minimierung mittels Karnaugh-Verfahren oder Verfahren nach Kazakov und minimale Normalform aufstellen,

Sequentieller binärer Steueralgorithmus x

Schritt 4: -

Petri-Netz für Normalbetrieb aufstellen, Petri-Netz(e) für fehlersicheren Betrieb aufstellen, Umsetzung in z. B. Ablaufsprache S7 Graph oder andere Fachsprachen.

Logikplan als Basis für Umsetzung in ein Anwenderprogramm entwickeln.

Bild 3–105: Entwurf kombinatorischer bzw. sequentieller binärer Steueralgorithmen im Vergleich

123 Bei kombinatorischen binären Steueralgorithmen (KBS) sind den Eingangskombinationen (Belegungen der Eingangsgrößen) eindeutig Ausgangskombinationen (Belegungen der Ausgangsgrößen) zugeordnet. Bei sequentiellen binären Steueralgorithmen (SBS) ist dies jedoch nicht mehr gegeben – daher greifen sequentielle Steueralgorithmen zur Wiederherstellung der Eindeutigkeit auf die inneren Zustände als quasi zusätzliche Eingangsgrößen zurück.

146

Kernprojektierung

An Hand ausgewählter Anwendungsbeispiele [36] wird diese Entwurfsmethodik nachfolgend ausführlicher behandelt.

Schritt 1: Dekomposition des zu steuernden ereignisdiskreten Prozesses Ausgehend von der Tatsache, dass ereignisdiskrete Prozesse im Allgemeinen die Realisierung umfangreicher Steuerungsaufgaben erfordern, sind auch die zu entwerfenden binären Steueralgorithmen umfangreich und deshalb für die technische Realisierung übersichtlich zu strukturieren. In vielen Fällen werden daher technische Prozesse in Teilkomponenten zerlegt und für den auszuführenden Entwurf der binären Steuerung entkoppelt betrachtet. Diese sogenannte Dekomposition von Prozess- bzw. Steuerungsaufgaben ist ein wesentlicher Schritt des eigentlichen Steuerungsentwurfs. Am Beispiel der im Abschnitt 1 bereits vorgestellten Abfüllanlage (vgl. auch Bild 2–10) werden demnach folgende Stationen unterschieden (Bild 3–106): x

Station 1: Becher zuführen,

x

Station 2: Becher füllen,

x

Station 3: Becher verschließen,

x

Station 4: Becher entnehmen,

x

Station 5: Rundschalttisch sowie

x

die kontinuierliche Prozesskomponente „Füllstand“.

Station 2: Becher füllen Station 1: Becher zuführen

Station 5: Rundschalttisch

kontinuierliche Prozesskomponente „Füllstand“

Station 3: Becher verschließen

Station 4: Becher entnehmen

Bild 3–106: Übersicht zum ereignisdiskreten Prozess „Abfüllanlage“

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

147

Die ereignisdiskrete Prozesskomponente „Abfüllanlage“ umfasst also fünf Stationen, wobei jede Station einen Prozessabschnitt bildet und separat gesteuert wird. Zusätzlich ist noch eine Koordination für das parallele Zusammenwirken aller Stationen erforderlich, um das synchrone Starten der Stationen zu sichern sowie den jeweiligen Stop jeder Einzelstation auszuwerten. Für den Entwurfsansatz liegt damit nahe, jede Station durch eine autarke Steuerung zu bedienen und das Zusammenwirken dieser Steuerungsmodule mittels Synchronisationssignalen über einen Steuerungsmodul „Koordinationssteuerung“ zu realisieren (Bild 3–107).

Koordinationssteuerung (Steuerung zur Synchronisation der Stationen)

Steuerung Station 1

Steuerung Station 2

Steuerung Station 3

Steuerung Station 4

Steuerung Station 5

Becher zuführen

Becher füllen

Becher verschließen

Becher entnehmen

Rundschalttisch

Regelung kont.Komponente Füllstand

Bild 3–107: Dekomposition der Steuerung „Abfüllanlage“ Schritt 2: Definition der binären Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen Als wichtiger Schritt des systemtheoretisch basierten Steuerungsentwurfes sind zunächst die erforderlichen binären Variablen zu definieren, wobei im Sinne der Boole´schen Algebra die Eingangsgrößen xi sowie die Ausgangsgrößen yj zu unterscheiden sind. Dabei bilden die am zu steuernden Prozess (Steuerstrecke) montierten Sensoren und Bedienelemente (z. B. Schalter und Taster einschließlich der in entsprechenden Bedienoberflächen des Prozessleitsystems vorhandenen Schaltflächen) den Vektor der Eingangsgrößen xi, kurz auch als Eingangssignale xi bezeichnet, und die gleichfalls am zu steuernden Prozess montierten Aktoren sowie Anzeigen (z. B. als entsprechende Symbole in eine Bedienoberfläche integriert) den Vektor der Ausgangsgrößen yj, auch als Ausgangssignale yj der binären Steuerung bezeichnet. Am Beispiel der Station „Rundschalttisch“ (Station 5, vgl. Bild 3–108) werden zunächst die entsprechenden Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen für den Steuerungsentwurf definiert. Es wird vorausgesetzt, dass der Rundschalttisch für jeden Schaltschritt immer ein Startsignal der Koordinationssteuerung erhält, wobei die drei Sensoren B1 bis B3 (2 aus 3-Auswahl) die jeweils um 90° geänderte Tischposition (nach jedem Schritt) erfassen. Das heißt, nach jedem Schaltschritt müssen diese Sensoren ansprechen und das Signal „logisch 1“ liefern. Anderenfalls liegt eine Fehlfunktion vor. Im Sinne einer Mindestfehlersicherheit ist die Funktionalität des Rundschalttisches auch bei Ausfall eines dieser drei Sensoren aufrechtzuerhalten – in diesem Fall ist aber gleichzeitig ein Voralarm auszulösen. Bei Ausfall eines zweiten Sensors ist Hauptalarm auszulösen und der Rundschalttisch einschließlich der übrigen Anlagenkomponenten sofort zu stoppen sowie eine Reparaturanforderung zur Anzeige zu bringen.

148

Kernprojektierung

B2

Tisch mit 4 Positionssensoren (B0, B1, B2, B3) B3

B1

Backup-Sensoren für die 2 aus 3-Auswahl

B0 Tischmotor

Zahnrad

a) Technologisches Schema

b) Anlagenansicht

Bild 3–108: Technologisches Schema und Anlagenansicht für die Station „Rundschalttisch“ (Station 5) Folgende Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen werden für Station 5 definiert: Eingangsgrößen xi des Steuerungsmoduls: x

x0 : Sensor für Tischposition B0,124

x

x1 : Sensor für Tischposition B1,

x

x2 : Sensor für Tischposition B2,

x

x3 : Sensor für Tischposition B3,

x x4 : Freigabesignal von Koordinationssteuerung, Ausgangsgröße yi des Steuerungsmoduls: x

y1 : Aktor für Steuerung des Tischantriebs,

x

y2 : Anzeige „Voralarm“, z. B. Anzeige auf WinCC-Bedienoberfläche,

x

y3 : Anzeige „Hauptalarm“, z. B. Anzeige auf WinCC-Bedienoberfläche.

Hinsichtlich der nächsten zu betrachtenden Station „Becher verschließen“ (vgl. Bild 3–109) werden ähnlich wie bei Station 5 zunächst Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen definiert. 124 Sensor B0 ist alternativ zur 2 aus 3-Auswahl einsetzbar und wird in den folgenden Entwurfsbeispielen nicht berücksichtigt, d. h. für den Entwurf der binären Steueralgorithmen sind nur die Sensoren B1, B2 und B3 relevant.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

149 6 3

Zylinder 3.2

B14

Zylinder 3.1

B11

B13

2

5

B12 1

4

Vakuumsauger

Rundschalttisch

B22 B21 Arbeitsschritt

Sensor

B15 5

4

Zylinder 3.3

Bild 3–109: Technologisches Schema der Station „Becher verschließen“ (Station 3) Zuerst eine kurze Beschreibung des technologischen Ablaufs: Zu Beginn wird Arbeitszylinder 3.1 aktiviert, das heißt, es ist ein Becher im Rundschalttisch an der Station „Becher verschließen“ vorhanden (Sensor B21 hat angesprochen), und das Startsignal der Koordinationssteuerung liegt an. Damit senkt sich der Greifkopf mit Vakuumsauger in das Deckelmagazin, wobei gleichzeitig der Vakuumsauger aktiviert wird. Sobald nun Arbeitszylinder 3.1 seine untere Endlage (Arbeitsstellung) erreicht hat (Sensor B12 hat angesprochen), wird die Ansteuerung von Arbeitszylinder 3.1 deaktiviert, und er fährt in seine Ruhelage (Ausgangslage) über dem Bechermagazin zurück. Der Vakuumsauger bleibt dabei weiter aktiv und hebt den angesaugten Deckel mit hoch. Hat Arbeitszylinder 3.1 seine Ruhelage wieder erreicht (Sensor B11 hat angesprochen), wird Arbeitszylinder 3.2 aktiviert und fährt den Greifkopf von der Position des Deckelmagazins über den in der Aufnahme des Rundschalttisches befindlichen Becher. Dabei bleibt der Vakuumsauger ebenfalls aktiviert. Erreicht Arbeitszylinder 3.2 seine Endlage (Sensor B14 hat angesprochen), wird abermals Arbeitszylinder 3.1 aktiviert. Gleichzeitig wird auch Kurzhubzylinder 3.3 aktiviert und hebt den Becher etwas aus dem Rundschalttisch heraus. Der Sensor B15 spricht an, wenn Kurzhubzylinder 3.3 seine Endlage erreicht hat. Hat auch Arbeitszylinder 3.1 seine untere Endlage wieder erreicht (Sensor B12 hat angesprochen), werden sowohl Zylinder 3.1 als auch Zylinder 3.3 deaktiviert. Durch die mechanischen Konstruktionsparameter dieser Station ist sichergestellt, das der Deckel auf den Becher aufgepresst wurde, wenn der Sensor B12 anspricht.

150

Kernprojektierung

Für das ordnungsgemäße Zurückfahren aller Arbeitszylinder ist nun sicherzustellen, dass Arbeitszylinder 3.1 seine Ruheposition (Ausgangsposition, Sensor B11 spricht an) erreicht hat, bevor Arbeitszylinder 3.2 in seine Ruheposition (Sensor B13 spricht an) zurückfahren kann. Spricht der Sensor B13 an, so wird auch Arbeitszylinder 3.2 deaktiviert. Die Ruhelage (Ausgangsposition) der Station „Becher verschließen“ ist wieder erreicht. Folgende Eingangs- bzw. Ausgangsgrößen werden für Station 3 (Becher verschließen) definiert: Eingangsgrößen xi des Steuerungsmoduls: x x1: Sensor B11 für Zylinder 3.1 (Grundstellung x1=1:Zylinder in oberer Pos.), x x2: Sensor B12 für Zylinder 3.1 (Arbeitsstellung x2=1: Zylinder in unterer Pos.), x x3: Sensor B13 für Zylinder 3.2 (Grundstellung x3=1: Zylinder über Deckelmagazin), x x4: Sensor B14 für Zylinder 3.2 (Arbeitsstellung x4=1: Zylinder über Rundschalttisch), x x5: Sensor B15 für Zylinder 3.3 (Arbeitsstellung x5=1: Becher angehoben), x x6: Tischaufnahme B21 (x6=0: kein Becher an Station im Rundschalttischh; x6=1: Becher an Station im Rundschalttisch), x x7: Deckelmagazin B22 (x7=0: Deckel vorhanden; x7=1: keine Deckel vorh.), x x8: Signal von Koordinationssteuerung (Startsignal), x x9: Quittierung (Signal zur Quittierung eines Fehlers). Ausgangsgrößen yj des Steuerungsmoduls: x

y1: Ventil V3.1 zur Steuerung von Zylinder 3.1 (vertikaler Arbeitszylinder),

x

y2: Ventil V3.2 zur Steuerung von Zylinder 3.2 (horizontaler Arbeitszylinder),

x

y3: Ventil V3.3 zur Steuerung von Zylinder 3.3 (Kurzhubzylinder),

x

y4: Ventil V3.4 zur Steuerung des Vakuumsaugers (saugt Deckel mittels Vakuumsauger an).

Schritt 3: Entscheidung, ob ein kombinatorischer oder sequentieller binärer Steueralgorithmus zu realisieren ist Ob in einer Steuerung ein kombinatorischer oder sequentieller binärer Steueralgorithmus zu implementieren ist, kann der Projektierungsingenieur anhand seiner Praxiserfahrung treffen, kann andererseits aber auch systematisch abgeleitet werden. Verfügt der Projektierungsingenieur über ausreichend Praxiserfahrung, kann er an Hand der Struktur der Steuerstrecke und durch Analyse der vorgegebenen Anforderungen festlegen, welcher Entwurf auszuführen ist. Anderenfalls ist die Steuerstrecke einschließlich der Anforderungen mittels einer Schalttabelle zu analysieren. Das heißt, es muss festgestellt werden, ob sich für jede Belegung des Eingangsgrößenvektors eindeutig eine Belegung des Ausgangsgrößenvektors zuordnen lässt. Ist dies der Fall, muss die binäre Steuerung immer mit einem kombinatorischen binären Steueralgorithmus realisiert werden.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

151

Auf der Basis dieser Überlegungen lässt sich nun die Schalttabelle (Bild 3–110) für den Rundschalttisch wie folgt entwickeln: x4

x3

x2

x1

y1

y2

y3

0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1 1 1 1 1

0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 0 0 1 1 1 1

0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1

0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 0 1 1 1

0 0 0 1 0 1 1 0 0 0 0 1 0 1 1 0

1 1 1 0 1 0 0 0 1 1 1 0 1 0 0 0

Bild 3–110: Schalttabelle für die Station „Rundschalttisch“ An Hand der Schalttabelle kann demnach eindeutig festgestellt werden, dass in der Steuerung für die Station „Rundschalttisch“ ein kombinatorischer binärer Steueralgorithmus zu implementieren ist, weil jeder Eingangskombination genau eine Ausgangskombination zugeordnet ist. Damit wird aus der Schalttabelle (Bild 3–110) die sogenannte kanonische disjunktive Normalform (KDNF) entwickelt und aus dieser wiederum durch Anwendung eines systematischen Minimierungsverfahrens, zum Beispiel des Verfahrens von Karnaugh [29] oder des Verfahrens von Kazakov [29], die minimale Normalform. Die kanonische disjunktive Normalform (KDNF) ist eine binäre Verknüpfungsfunktion125, die aus der disjunktiven Verknüpfung aller derjenigen Elementarkonjunktionen126 gebildet wird, für welche die jeweils betrachtete Ausgangsgröße den Wert (die Belegung) „1“ annimmt. Als Beispiel wird für die Ausgangsgröße y1 die aus der Schalttabelle (Bild 3–110) abgelesene KDNF angegeben: 125 Die Verknüpfungsfunktion (binäre Schaltfunktion) ordnet jeder Belegung des Eingangsgrößenvektors (Eingangskombinationen) eindeutig eine Belegung des Ausgangsgrößenvektors (Ausgangskombinationen) unter Verwendung der booleschen Verknüpfungen UND, ODER bzw. NICHT zu. 126 Die Elementarkonjunktionen werden durch die konjunktive (UND-) Verknüpfung aller Eingangsgrößen, welche am Aufbau der Schalttabelle beteiligt sind, in ihren jeweiligen Belegungen (d. h. negiert bzw. nichtnegiert) gebildet.

152

Kernprojektierung

y1KDNF

x

4







š x 3 š x 2 š x 1 › x 4 š x 3 š x 2 š x 1 › x 4 š x 3 š x 2 š x 1 › x 4 š x 3 š x 2 š x 1 (3-32)

Auf dieser Basis kann nun die minimale Normalform mit Hilfe z. B. der Karnaugh-Tafel (Bild 3–111) ermittelt werden. Dabei sind folgende Hinweise beim Erstellen der Karnaugh-Tafel zu beachten: x

Vorzugsweise Anwendung der Karnaugh-Tafel für bis zu 4 Eingangsgrößen, wobei sowohl zeilen- als auch spaltenweise zwischen den benachbarten Feldern stets die Hamming-Distanz D=1 einzuhalten ist,127

x

Bilden möglichst weniger und zugleich großer symmetrischer 2er-, 4er- bzw. 8erBlöcke,

x

Herauslesen der minimierten Verknüpfungsfunktion.

x2 x1

00

01

11

10

00

0

0

0

0

01

0

0

0

0

11

0

1

1

1

10

0

0

1

0

x 4 x3

Bild 3–111: Karnaugh-Tafel für die Ausgangsgröße

y1

In der Karnaugh-Tafel für die Ausgangsgröße y1 kann man drei 2er-Blöcke bilden (vgl. Bild 3–111). Jeder dieser Blöcke entspricht dabei jeweils einer Primkonjunktion (Primimplikant), die disjunktiv zur minimierten Verknüpfungsfunktion zusammengefügt werden. Die sich in einem Block jeweils ändernde Eingangsgröße wird bei der Bildung der Primkonjunktionen ignoriert, die übrigen werden mit der jeweils zugehörigen Belegung übernommen. Aus der Karnaugh-Tafel gemäß Bild 3–111 ergibt sich für die Ausgangsgröße durch Bilden von drei 2er-Blöcken folgende minimierte Verknüpfungsfunktion:

y1 min

x 4 š x 3 š x1 › x 4 š x 2 š x1 › x 4 š x 3 š x 2

y1

(3-33)

Die somit vorliegende minimierte Verknüpfungsfunktion lässt sich günstig in Form eines Logikplanes darstellen bzw. mittels der Fachsprachen FUP (Funktionsplan), KOP (Kontaktplan) oder AWL (Anweisungsliste) in speicherprogrammierbarer Technik implementieren. Sie ist, wie Gleichung (3-33) zeigt, die disjunktive Verknüpfung der 127 Diese Forderung bedeutet, die Karnaugh-Tabelle so aufzubauen, dass sich bei zeilenweisem bzw. spaltenweisem Übergang von einem Feld zum nächsten nur eine einzige Eingangsgröße in ihrer Belegung ändert.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

153

aus der Karnaugh-Tafel ermittelten Primimplikanten bzw. Primkonjunktionen128 und ersetzt die KDNF vollständig. Die minimale Normalform kann auch mittels des Verfahrens von Kazakov entwickelt werden. Hierzu sind folgende Hinweise zu beachten: x Vorteilhafte Anwendung für mehr als 4 Eingangsgrößen sowie bei Vorhandensein vieler gleichgültiger Belegungen (don’t care-Belegungen). x Schrittweise Ausführung der Verfahrensschritte in folgender Reihenfolge: 1. Einordnen derjenigen Belegungen der Eingangsgrößen xi (Elementarkonjunktionen), für welche die jeweils betrachtete Ausgangsgröße yj den Wert „1“ annimmt, in die 1-Menge (M1) bzw. Einordnen derjenigen Belegungen der Eingangsgrößen xi, für welche die jeweils betrachtete Ausgangsgröße yj den Wert „0“ annimmt, in die 0-Menge (M0). 2. Ordnen und Aufschreiben der 1-Menge sowie 0-Menge in tabellarischer Form. Trennen der 1-Menge durch einen waagerechten Strich von der 0-Menge. 3. Beginnend mit der ersten Elementarkonjunktion aus M1 wird für alle in ihr enthaltenen Eingangskombinationen, beginnend mit der einzelnen Eingangsgröße, geprüft, ob die Bedingung Pi  M1 und Pi Œ M0 erfüllt ist. Diese Bedingung ist dann nicht erfüllt, wenn die Eingangskombinationen (Dualzahl), die der jeweils betrachteten Primkonjunktion Pi entspricht, sowohl in M1 als auch in M0 auftritt. Anderenfalls ist diese Eingangskombination Primkonjunktion bzw. Primimplikant Pi. Die jeweils so ermittelte Primkonjunktion Pi wird hinter die gerade betrachtete Elementarkonjunktion geschrieben. Dazu wird zusätzlich geprüft, welche weiteren Elementarkonjunktionen der Menge M1 ebenfalls durch diese Primkonjunktion Pi abgedeckt werden. Ist dies der Fall, so wird gleichfalls die Nummer der Primkonjunktion Pi hinter diese (zusätzlich) abgedeckten Elementarkonjunktionen geschrieben. 4. Das Verfahren wird solange fortgesetzt, bis für jede Elementarkonjunktion aus M1 mindestens eine Primkonjunktion zur Abdeckung gefunden wurde. Das bedeutet also, alle durch systematisches Vergleichen der in der 1-Menge betrachteten Eingangsgrößen bzw. Eingangsgrößenkombinationen, welche die Bedingungen der 1-Menge erfüllen aber nicht in der 0-Menge vorhanden sind, bilden die Primimplikanten. Als Beispiel hierzu wird wieder auf die KDNF für die Ausgangsgröße y1 zurückgegriffen und die minimale Normalform bestimmt (Bild 3–112).

128 Ein Primimplikant bzw. eine Primkonjunktion P ist eine Eingangskombination, welche eine oder mehrere Elementarkonjunktionen abdeckt, d. h., eine oder mehrere Elementarkonjunktionen in ihrer logischen Funktionalität vollständig ersetzt.

154

Kernprojektierung

1-Menge

0-Menge

x4

x3

x2

x1

1 1 1 1 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 1 1

0 1 1 1 0 0 0 0 1 1 1 1 0 0 0 1

1 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 1 0 0 1 0

1 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0

=4xx42x12 x 1 PP1 1=x P1 =4xx43xx13 x 1 P2=x 2== =4xx43xx23 x 2 PP1 3=x P2; P2 P3 P1; P1;

Bild 3–112: Schema für die Ermittlung der Elementarkonjunktionen nach Kazakov Als minimale Normalform ergibt sich

y 1min

( x 4 š x 2 š x1 ) › ( x 4 š x 3 š x1 ) › ( x 4 š x 3 š x 2 ) .

(3-34)

Stellt man fest, dass einer Belegung der Eingangsgrößen an Hand der Anforderungen an die Steuerstrecke unterschiedliche Belegungen der Ausgangsgrößen zuzuordnen sind, ist ein sequentieller binärer Steueralgorithmus zu entwerfen. Das heißt, basierend auf der Anzahl der Eingangsgrößen soll mittels der Schaltbelegungstabelle immer geprüft werden, ob für alle Belegungen der Eingangsgrößen stets ein eindeutiger Zusammenhang zu den Ausgangsgrößen vorliegt. Dazu ist für jede der 2n (n entspricht der Anzahl der Eingangsgrößen) Belegungen der Eingangsgrößen die eindeutige Zuordnung zu einer Belegung der Ausgangsgrößen festzulegen. Das heißt also, aus der zu entwickelnden Schalttabelle ist die Entscheidung bezüglich des Entwurfes kombinatorischer oder sequentieller binärer Steueralgorithmen abzuleiten. Diese Vorgehensweise ist auch für die Station „Becher verschließen“ anzuwenden. Dazu werden der bereits weiter oben beschriebene technologische Ablauf sowie die Definition der Ein- bzw. Ausgangsgrößen für die Station „Becher verschließen“ detailliert ausgewertet und in der Schalttabelle (Bild 3–113) abgebildet.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

x8 0 1 1 1 1

x7 0 0 0 0 0

x6 0 0 0 0 0

x5 0 0 0 0 0

x4 0 0 0 0 0

x3 x2 1 0 1 0 1 0 1 1 1 0 usw.

155

x1 1 1 0 0 0

y4 0 0 0 0 0

y3 0 0 0 0 0

y2 0 0 0 0 0

y1 0 1 1 0 0

Bild 3–113: Schalttabelle (nicht vollständig) für die Station „Becher verschließen“ Bereits nach wenigen Zeilen ist aus der Schalttabelle erkennbar, dass kein eindeutiger Zusammenhang zwischen den Belegungen der Eingangsgrößen und den Belegungen der Ausgangsgrößen vorliegt (vgl. Markierungen im Bild 3–113) und deshalb ein sequentieller binärer Steueralgorithmus zu entwerfen ist. Des Weiteren ist zu bemerken, dass – wenn z. B. neun Eingangsgrößen vorliegen, die 512 (29) unterschiedliche Belegungen der Eingangsgrößen ermöglichen – die Entwicklung einer Schalttabelle bzw. der Entwurf eines kombinatorischen binären Steueralgorithmus nahezu ausgeschlossen ist und nur der Entwurf eines sequentiellen binären Steueralgorithmus infrage kommt. Die Station „Becher verschließen“ repräsentiert nun eine solche Steuerungsaufgabe. Dieser Steueralgorithmus129, aber auch andere sequentielle binäre Steueralgorithmen, lassen sich im Allgemeinen effizient mittels Petri-Netzen130 beschreiben. Als Beispiel wird das Petri-Netz des Steueralgorithmus` für den regulären Betrieb der Station „Becher verschließen“ betrachtet.131 Dazu wird der oben bereits beschriebene technologische Ablauf in einem Petri-Netz dargestellt (Bild 3–114). Zunächst befindet sich die Station „Becher verschließen“ in der Anfangsinitialisierung (Stelle s1) und je nach Position der sogenannten Marke (schwarzer Punkt in Stelle s1) befördern die Transitionen t8 oder t1 diese Marke in die Stelle s2. Sowohl in der Stelle s1 als auch in der Stelle s2 sind die Ausgangsgrößen y1, y2, y3 und y4 negiert und damit die Arbeitszylinder in ihrer Ausgangsposition sowie der Vakuumsauger inaktiv (Bild 3–114). Nach Auslösung des Startsignals (Eingangsgröße x8) an Transition t2 wird Stelle s3 markiert, und Arbeitszylinder 3.1 sowie Vakuumsauger werden als erste Aktoren durch die Ausgangsgrößen y4 bzw. y1 aktiviert (y4 , y1=1). Nachdem Arbeitszylinder 3.1 die untere Endlage erreicht hat, schaltet Transition t3, so dass Stelle s4 markiert wird, wodurch Ausgangsgröße y1 deaktiviert (y1=0) wird und Arbeitszylinder 3.1 in seine Grundstellung zurückfährt. Nachdem Arbeitszylinder 3.1 seine Grundstellung wieder erreicht hat, schaltet nun Transition t4, so dass Stelle s5 markiert wird. An Stelle s5 wird Ausgangsgröße y2 aktiviert (y2=1), und Arbeitszylinder 3.2 fährt in seine Arbeits129 Mit dem hier zu entwerfenden Steueralgorithmus soll ein technologischer Ablauf realisiert werden. Daher werden derartige Steueralgorithmen auch als Ablaufsteuerung bezeichnet. 130 Grundlegende Erläuterungen zum Petri-Netz-Konzept folgen auf S. 157. 131 Weil der reguläre Betrieb betrachtet wird, muss die Eingangsgröße x9, die für den irregulären Betrieb wichtig ist, nicht mit einbezogen werden.

156

Kernprojektierung

stellung (Vakuumsauger über Rundschalttisch). Nach Erreichen dieser Arbeitsstellung (x4=1) schaltet Transition t5, so dass Stelle s6 markiert wird. An Stelle s6 werden alle Ausgangsgrößen aktiviert (y1, y2, y3, y4=1), wodurch der Deckel auf den Becher aufgepresst wird. Haben Kurzhubzylinder (Zylinder 3.3) und Arbeitszylinder 3.1 ihre Arbeitspositionen eingenommen (x5, x4=1), schaltet Transition t6, so dass Stelle s7 markiert wird und alle Ausgangsgrößen bis auf y2 deaktiviert werden (y1, y3, y4=0; y2=1). Erreicht der Arbeitszylinder 3.1 seine Grundstellung, schaltet die Transition t7, wodurch schließlich alle Ausgangsgrößen deaktiviert sind (y1, y2, y3, y4=0). Haben alle Arbeitszylinder wieder ihre Grundstellung erreicht (x4, x5=0; x1=1), bleiben die Ausgangsgrößen weiter deaktiviert (Anfangsinitialisierung). Die Transition t8 schaltet nach Rücksetzen des Startsignals (x8=0), so dass wieder Stelle s2 markiert wird und damit der beschriebene Zyklus erneut abläuft. s1 t8

‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ହ ‫଺ݔ ר‬ ‫ ר‬തതത ‫ ר  ଻ݔ‬തതത ‫଼ݔ‬

t1 s2 t2 s3 t3 s4 t4 s5 t5 s6 t6 s7 t7 s8

തതതǢ ‫ݕ‬ଵ തതതǢ ‫ݕ‬ଶ തതതǢ ‫ݕ‬ଷ തതത ‫ݕ‬ସ ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത ‫ ר  ଻ݔ‬തതത ‫଼ݔ‬ തതതǢ ‫ݕ‬ଵ തതതǢ ‫ݕ‬ଶ തതതǢ ‫ݕ‬ଷ തതത ‫ݕ‬ସ ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത ‫ ଼ݔ ר ଻ݔ‬ ‫ݕ‬ଵ Ǣ തതതǢ ‫ݕ‬ଶ തതതǢ ‫ݕ‬ଷ ‫ݕ‬ସ ‫ݔ‬ଵ ‫ݔ ר‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത തതത ‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത ‫଼ݔ ר ଻ݔ‬ തതതǢ ‫ݕ‬ଶ തതതǢ ‫ݕ‬ଷ ‫ݕ‬ସ ‫ݕ‬ଵ തതതǢ ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ר‬ଷ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ସ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത ‫଼ݔ ר ଻ݔ‬ ‫ݕ‬ଵ ‫ݕ‬ଶ Ǣ തതതǢ തതതǢ ‫ݕ‬ଷ ‫ݕ‬ସ ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ଶ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ଷ ‫ݔ ר‬ସ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത ‫଼ݔ ר ଻ݔ‬ ‫ݕ‬ଵ Ǣ ‫ݕ‬ଶ Ǣ ‫ݕ‬ଷ Ǣ ‫ݕ‬ସ ‫ݔ‬ଵ ‫ݔ ר‬ଶ ‫ ר‬തതത തതത ‫ݔ‬ଷ ‫ݔ ר‬ସ ‫ݔ ר‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത ‫଼ݔ ר ଻ݔ‬ ‫ݕ‬ଵ ‫ݕ‬ଶ Ǣ തതതǢ തതതǢ ‫ݕ‬ଷ തതത ‫ݕ‬ସ ‫ݔ‬ଵ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ଶ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ଷ ‫ݔ ר‬ସ ‫ ר‬തതത ‫ݔ‬ହ ‫ ר ଺ݔ ר‬തതത ‫଼ݔ ר ଻ݔ‬ ‫ݕ‬ଵ തതതǢ തതതǢ ‫ݕ‬ଶ തതതǢ ‫ݕ‬ଷ തതത ‫ݕ‬ସ

Bild 3–114: Petri-Netz der Station „Becher verschließen“ Die bisherigen Erläuterungen zum Entwurf sequentieller binärer Steueralgorithmen zeigen, wie Steueralgorithmen auf Basis einer informellen Spezifikation in Form von Anlagenbeschreibungen oder verbalen Beschreibungen der zu steuernden Prozesse entwickelt werden. Diese Methode wird in der gegenwärtigen Praxis des Steuerungsentwurfs nahezu ausschließlich angewendet.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

157

Aktuelle Veröffentlichungen und Aktivitäten (vgl. [30, 31, 32, 33, 34, 35]) deuten darauf hin, dass es vorteilhaft ist, wenn Steueralgorithmen ähnlich wie Regelalgorithmen beim Reglerentwurf auf Basis geeigneter (Steuer-)Streckenmodelle entworfen werden, weil x Regelungs- bzw. Steuerungsentwurf nach einer vereinheitlichten Methodik durchgeführt werden können, x „…es anschaulicher ist, die Probleme auf der Anlagenebene (Steuerstrecke) zu durchdenken als auf der Ebene der Steuereinrichtung.“ [30]132 x Steuerstreckenmodell und Steueralgorithmus als Steuerkreis simuliert werden können. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, soll hier das prozessmodellbasierte Entwurfsverfahren nach Zander [30, 31] als Methode des prozessmodellbasierten Entwurfs von Steueralgorithmen überblicksartig vorgestellt werden.133 Beim prozessmodellbasierten Entwurfsverfahren nach Zander wird auf Basis der informellen Spezifikation das Streckenmodell entwickelt. Um die Entwurfsaufgabe überschaubar zu halten, ist Ziel der Modellierung nicht das Steuerstreckenmodell sondern das Prozessmodell. Es unterscheidet sich vom Steuerstreckenmodell dadurch, dass hierbei der nominale, nicht jedoch – wie beim Steuerstreckenmodell – der universelle Prozessablauf modelliert wird.134 Um den nominalen Prozessablauf, d. h. das Prozessmodell beschreiben zu können, bieten sich ablauforientierte Beschreibungen an. Beim prozessmodellbasierten Entwurfsverfahren nach Zander werden hierzu die mit Bild 3–114 bereits eingeführten Petri-Netze verwendet, die häufig zur Beschreibung von Prozessabläufen benutzt werden. Das Petri-Netz ist ein Graph, der aus Stellen und Transitionen aufgebaut ist, wobei Stellen und Transitionen durch gerichtete Kanten miteinander verbunden sind. Zur Darstellung von Abläufen werden die Stellen als Prozesssituationen und die Transitionen als Ereignisse aufgefasst [55]. Ferner enthalten die Stellen Marken, die über die der Stelle nachfolgenden Transitionen zu anderen Stellen abfließen, sobald die entsprechenden Transitionen schalten.135 Die sich dabei ergebenden Markenflüsse symbolisieren somit die Prozessabläufe. Um Prozessmodelle in Petri-Netzen abbilden zu können, sind Stellen und Transitionen des PetriNetzes steuerungstechnisch zu interpretieren. Hierzu wird der in der Steuerstrecke ablaufende Prozess als ereignisdiskreter Prozess aufgefasst, der sich als eine alternierende Abfolge von Operationen und Prozesszuständen darstellen lässt [30]. Gemäß [30] ist dabei eine Operation ein beliebiger in der Steuerstrecke ablaufender Vorgang (z. B. Werkstück fräsen, Zähler initialisieren, Zeitglied starten), der durch Stell132 Man umgeht dadurch beim Steuerungsentwurf das Einführen von Zuständen in der Steuereinrichtung, was gerade für Ungeübte häufig zu abstrakt und daher besonders problematisch ist [30]. 133 Ausführlichere Erläuterungen siehe Anhang 8. 134 Der nominale Prozessablauf ist dadurch gekennzeichnet, dass hierbei nur Abläufe betrachtet werden, welche im Sinne einer steuerungstechnischen Zielstellung für den Entwurf des Steueralgorithmus’ relevant sind. Er bildet damit eine Teilmenge innerhalb des universellen Prozessablaufs, bei dem alle Prozessabläufe, die in der Steuerstrecke prinzipiell möglich sind, betrachtet werden. 135 Das Schalten von Transitionen ist gleichbedeutend mit dem Eintreffen von Ereignissen, wodurch sich neue Prozesssituationen einstellen [30].

158

Kernprojektierung

signale y ausgelöst wird. Ein Prozesszustand ergibt sich gemäß [30] jeweils am Ende einer Operation als ein im Sinne der steuerungstechnischen Zielstellung relevantes Ergebnis (z. B. Werkstück ist gefräst, Zählwert ist erreicht), das über Ereignissignale x (Messsignale, Bediensignale, Führungssignale von übergeordneten Steuereinrichtungen, Signale für Störungsmeldungen von z. B. Sensoren oder Aktoren) erkannt und der Steuereinrichtung rückgemeldet werden muss. Bild 3–115 zeigt, wie nominale Prozessabläufe durch steuerungstechnische Interpretation von Stellen und Transitionen in Petri-Netzen – im Folgenden als Prozessnetze bezeichnet – abgebildet werden. Die Transition q1 schaltet, wenn die Stelle p1 eine Marke enthält (markiert ist) und ߚ(q1) den Wert 1 annimmt. Die Stellen p sind Prozesszustände, denen über die Interpretationen ߙሺ‫݌‬ሻ Ereignissignale x zugeordnet werden.

ߙሺ‫݌‬ଵ ሻ ൌ ‫ݔ‬ଵ

p1

Die Transitionen q sind Operationen, denen über die Interpretationen ߚሺ‫ݍ‬ሻ boolesche Ausdrücke in den Stellsignalen y zugeordnet werden.

q1

p2

ߚሺ‫ݍ‬ଵ ሻ ൌ ‫ݕ‬ଵ ‫ݕ‬ଶ

ߙሺ‫݌‬ଶ ሻ ൌ ‫ݔ‬ଶǡ ‫ݔ‬ଷ

Bild 3–115: Steuerungstechnische Interpretation von Stellen und Transitionen in Prozessnetzen Um das ereignisdiskreten Prozessen im Allgemeinen innewohnende nichtdeterministische Verhalten modellieren zu können, wird es im Prozessnetz mit nichtdeterministischen Verzweigungen beschrieben [30], deren Funktionsweise im Anhang 8 erläutert ist. Nach Aufstellung des Prozessnetzes wird durch Rückwärtsverschiebung der Interpretationen des Prozessnetzes das Steuernetz generiert. Dies geschieht in folgenden Schritten [30]: 1. Für jede Stelle p des Prozessnetzes ist Į(p) auf alle Vortransitionen zu verschieben. 2. Für jede Transition q des Prozessnetzes ist ȕ(q) auf die Vorstelle zu verschieben. 3. Die Transitionen qi sind als ti und die Stellen pj als sj zu bezeichnen. 4. ȕ(q) ist als Į(p) zu interpretieren, wobei p Element der vorgelagerten Stellen von q ist.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

159

5. Į(p) ist als ȕ(q) zu interpretieren, wobei q Element der vorgelagerten Transitionen von p ist. 6. Die in der Stelle pa des Prozessnetzes vorhandene Anfangsmarkierung ist auf die Stelle sa zu übertragen. Das steuerungstechnisch interpretierte Petri-Netz mit den Stellen s und den Transitionen t ist das generierte Steuernetz. Bei der Anwendung auf parallele ereignisdiskrete Prozesse sind Besonderheiten (z. B. zeitbedingter Nichtdeterminismus) zu beachten, auf die im Anhang 8 näher eingegangen wird. Die folgenden Anwendungsbeispiele veranschaulichen den Entwurf von binären Steueralgorithmen unter Nutzung des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens nach Zander. Dabei verdeutlicht das erste Beispiel ausführlich die prinzipielle Herangehensweise, während das zweite Beispiel mehr den Mechanismus nichtdeterministischer Verzweigungen beleuchtet. In beiden Beispielen werden an den Stellen des Prozessnetzes nur die Eingangsgrößen mit ihren Belegungen aufgeführt, die für die Rückmeldung des Prozesszustandes unbedingt erforderlich sind, d. h. es wird zur Verbesserung der Übersichtlichkeit sowie Handhabbarkeit eine verkürzte Schreibweise angewendet. Gleiches gilt in ähnlicher Weise für die Ausgangsgrößen: An den Transitionen des Prozessnetzes werden nur die Ausgangsgrößen mit ihren Belegungen angeführt, die für das Auslösen einer Operation unbedingt erforderlich sind. Beispiel 1: Rührkesselreaktor Das R&I-Fließschema des Rührkesselreaktors Bild 3–60 wurde bereits erläutert. Die Bezeichnungen der Ereignis- bzw. Stellsignale werden – bis auf das Signal „START“ – jeweils aus Kombinationen von Kennbuchstaben für Armaturen, Antriebe, Behälter mit Kennbuchstaben für Prozessgrößen sowie laufenden Nummern gebildet. Beispielsweise bedeutet bei den Ereignissignalen V1 GS+, dass in der Armatur V1 die obere Endlage erreicht ist, d. h die Armatur voll geöffnet ist, sowie R1 LS/, dass im Rührkesselreaktor R1 der Füllstand den Zwischenwert erreicht hat. Bei den Stellsignalen bedeuten V2 bzw. M3, dass die Armatur V2 geöffnet bzw. der Antriebsmotor M3 für das Rührwerk eingeschaltet wird. Der bereits auf S. 80 im Überblick dargestellte Prozessablauf wird wie folgt präzisiert: x

x

x

Der Anfangsprozesszustand ist der Prozesszustand „Entleeren ist abgeschlossen“ (Ereignissignal V5 GS-). Daran schließt sich die Ruheoperation an, bei der sämtliche Stellsignale inaktiv sind. Im Anschluss an die Ruheoperation wird durch Betätigen des Starttasters der Prozesszustand „Anlage ist eingeschaltet“ (Ereignissignal START) eingenommen. Anschließend wird das Ventil V1 (Stellsignal V1) geöffnet und dadurch die Operation „Dosieren A vorbereiten“ ausgelöst, worauf sich, wenn die Ventilspindel des Ventils V1 die Endlage „Auf“ erreicht, der Prozesszustand „Dosieren A ist vorbereitet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal V1 GS+) einstellt. Nun wird die Pumpe P1 eingeschaltet (Stellsignal P1) und dadurch die Operation „Dosieren A“ ausgelöst. Bei Erreichen des Füllstands-Zwischenwerts stellt sich der Prozesszustand „Dosieren A ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1 LS/) ein.

160 x

Kernprojektierung

Anschließend wird die Operation „Dosieren A ist beendet“ ausgelöst, indem Pumpe P1 ausgeschaltet und Ventil V1 geschlossen wird, worauf sich, wenn die Ventilspindel des Ventils V1 die Endlage „Zu“ erreicht, der Prozesszustand „Dosieren A ist abgeschlossen“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal V1 GS-) einstellt. x Daraufhin wird Ventil V2 (Stellsignal V2) geöffnet und dadurch die Operation „Dosieren B vorbereiten ausgelöst“, worauf sich, wenn die Ventilspindel des Ventils V2 die Endlage „Auf“ erreicht, der Prozesszustand „Dosieren B ist vorbereitet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal V2 GS+) einstellt. x Nun werden Pumpe P2 (Stellsignal P2) sowie gleichzeitig Rührwerksmotor M3 (Stellsignal M3) eingeschaltet. Dadurch wird die Operation „Dosieren B und Mischen“ ausgelöst. Bei Erreichen des oberen Füllstandsgrenzwerts stellt sich der Prozesszustand „Dosieren B ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1 LS+) ein. x Anschließend wird die Operation „Dosieren B ist beendet“ ausgelöst, indem Pumpe P2 ausgeschaltet und Ventil V2 geschlossen werden, jedoch der Rührwerksmotor M3 weiterhin eingeschaltet bleibt, worauf sich, wenn die Ventilspindel des Ventils V2 die Endlage „Zu“ erreicht, der Prozesszustand „Dosieren B ist abgeschlossen“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal V2 GS-) einstellt. x Nun wird, indem zum Heizen das Ventil V3 (Stellsignal V3) geöffnet wird und der Rührwerksmotor M3 weiterhin eingeschaltet bleibt, die Operation „Heizen“ ausgelöst. Bei Erreichen des oberen Temperaturgrenzwertes stellt sich der Prozesszustand „Heizen ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1 TS+) ein. x Anschließend wird, indem zum Kühlen das Ventil V4 (Stellsignal V4) geöffnet wird und der Rührwerksmotor M3 weiterhin eingeschaltet bleibt, die Operation „Kühlen“ ausgelöst. Bei Erreichen des unteren Temperaturgrenzwertes stellt sich der Prozesszustand „Kühlen ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1 TS-) ein. x Daraufhin wird, indem der Rührwerksmotor M3 ausgeschaltet und zum Ablassen das Ventil V5 (Stellsignal V5) geöffnet wird, die Operation „Entleeren“ ausgelöst. Bei Erreichen des unteren Füllstandsgrenzwerts stellt sich der Prozesszustand „Entleeren ist beendet“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal R1 LS-) ein. x Anschließend wird, indem Ventil V5 geschlossen wird, die Operation „Entleeren abschließen“ ausgelöst, worauf sich, wenn die Ventilspindel des Ventils V5 die Endlage „Zu“ erreicht, der Prozesszustand „Entleeren ist abgeschlossen“ (Rückmeldung mittels Ereignissignal V5 GS-) einstellt. Der dargestellte geforderte Prozessablauf ist nun in ein Prozessnetz (Bild 3–116) umzusetzen, aus dem anschließend mittels Rückwärtsverschiebung der Interpretationen des Prozessnetzes das Steuernetz (Bild 3–117) generiert wird. Beim Betrachten von Bild 3–117 entsteht beinahe zwangsläufig der Eindruck, dass im Prozessnetz lediglich Transitionen und Stellen gegeneinander auszutauschen wären, um das Steuernetz zu erhalten. Dies verhält sich aber nur im vorliegenden speziellen Anwendungsfall so, weil das Prozessnetz hier keine nichtdeterministischen Verzweigungen wie im zweiten Anwendungsbeispiel enthält.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

Prozessnetz p0

161

Prozesszustand

Operation

p1

Entleeren ist abgeschlossen ܸͷ‫ ܵܩ‬െ തതതത തതതത തതതത തതതത ܸͳ ‫ܸ  ר ͵ܸ  ר ʹܸ ר‬Ͷ Ruheoperation തതതത ‫ʹܲ  ר‬ തതതത ‫ ר‬തതതത ‫ ר‬തതതത ܸͷ ‫ͳܲ  ר‬ ‫ ͵ܯ‬ Anlage ist eingeschaltet ܵܶ‫ܴܶܣ‬

q1

ܸͳ

q0

p2 q2 p3 q3 p4 q4 p5

ܸͳ‫ ܵܩ‬൅

ܴͳ‫ܵܮ‬Ȁ തതതത ‫ ר‬തതതത ܲͳ ܸͳ ܸͳ‫ ܵܩ‬െ

ܸʹ‫ ܵܩ‬൅

p6

ܴͳ‫ ܵܮ‬൅

q6

തതതത ܲʹ ‫͵ܯ ר‬ ܸʹ ‫ ר‬തതതത ܸʹ‫ ܵܩ‬െ

q7

ܸ͵ ‫͵ܯ ר‬

p8

ܴͳܶܵ ൅

q8

ܸͶ ‫͵ܯ ר‬

p9

ܴͳܶܵ െ

q9

ܸͷ ‫ ר‬തതതത ‫͵ܯ‬

q10

Dosieren A Dosieren A ist beendet Dosieren A abschließen Dosieren A ist abgeschlossen

ܸʹ

ܸʹ ‫͵ܯ ר ʹܲ ר‬

p10

Dosieren A ist vorbereitet

ܲͳ ‫ͳܸ ר‬

q5

p7

Dosieren A vorbereiten

ܴͳ‫ ܵܮ‬െ തതതത ܸͷ

Dosieren B vorbereiten Dosieren B ist vorbereitet Dosieren B und rühren Dosieren B ist beendet Dosieren B abschließen Dosieren B ist abgeschlossen Heizen Heizen ist beendet Kühlen Kühlen ist beendet Entleeren Entleeren ist beendet Entleeren abschließen

Bild 3–116: Prozessnetz für das Beispiel „Rührkesselreaktor“

162

Kernprojektierung Prozessnetz

p0

p1

ܸͷ ‫ ܵܩ‬െ തതതത ܸͳ ‫ ר‬തതതത ܸʹ ‫  ר‬തതതത ܸ͵ ‫  ר‬തതതത ܸͶ തതതത തതതത തതതത ‫  ר‬തതതത ‫͵ܯ‬ ‫ܸ ר‬ͷ ‫ʹܲ  ר ͳܲ  ר‬ ܵܶ‫ܴܶܣ‬

q1

ܸͳ

q0

Steuernetz

s0 t0 s1 t1

p2

ܸͳ ‫ܵܩ‬

s2

q2

ܲͳ ‫ͳܸ ר‬

t2

p3

ܴͳ ‫ܵܮ‬Ȁ

s3

q3

തതതത ܲͳ ‫ ר‬തതതത ܸͳ

t3

p4

ܸͳ ‫ܵܩ‬

s4

q4 p5 q5 p6

ܸʹ ܸʹ ‫ ܵܩ‬൅ ܸʹ ‫͵ܯ ר ʹܲ ר‬ ܴͳ ‫ ܵܮ‬൅

t4 s t5 s6

തതതതǡ തതതത ܸͳ ܸʹǡ തതതത ܸ͵ǡ തതതത ܸͶǡ തതതത ܸͷǡ തതതത ܲͳǡ തതതത ܲʹǡ തതതത ‫͵ܯ‬ ܵܶ‫ܴܶܣ‬ ܸͳ ܸͳ ‫ܵܩ‬ ܲͳǡ ܸͳ ܴͳ ‫ܵܮ‬ തതതത ܲͳǡ തതതത ܸͳ ܸͳ ‫ܵܩ‬ ܸʹ ܸʹ ‫ܵܩ‬ ܸʹǡ ܲʹǡ ‫͵ܯ‬ ܴͳ ‫ ܵܮ‬൅ തതതത ܸʹǡ തതതത ܲʹǡ ‫͵ܯ‬

q6

തതതത ܲʹ ܸʹ ‫ ר‬തതതത

t6

p7

ܸʹ ‫ܵܩ‬

s7

ܸ͵ǡ ‫͵ܯ‬

q7

ܸ͵ ‫͵ܯ ר‬

t7

ܴͳ ܶܵ ൅

s8

ܸͶǡ ‫͵ܯ‬

t8

ܴͳ ܶܵ െ

s9

തതതത ܸͷǡ ‫͵ܯ‬

t9

ܴͳ ‫ ܵܮ‬െ

p8 q8 p9 q9 p10 q10

ܴͳ ܶܵ ൅ ܸͶ ‫͵ܯ ר‬ ܴͳ ܶܵ െ ܸͷ ‫ ר‬തതതത ‫͵ܯ‬ ܴͳ ‫ ܵܮ‬െ തതതത ܸͷ

s10 t10

ܸʹ ‫ܵܩ‬

തതതത ܸͷ ܸͷ ‫ ܵܩ‬െ

Bild 3–117: Durch (teilweise angedeutete) Rückwärtsverschiebung der Interpretationen des Prozessnetzes generiertes Steuernetz

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

163

Beispiel 2: X/Y-Schlittenverfahreinheit Bild 3–118 zeigt den schematischen Aufbau der Schlittenverfahreinheit [37]. My

›୷

š୦ Sh Sr

š୪

Sl

š୰

Mx ›୶ Su š୳

Bild 3–118: Schematischer Aufbau der X/Y-Schlittenverfahreinheit Zwei Antriebsmotoren – jeweils einer für die Bewegung entlang der X-Achse (Motor Mx, Stellsignal yx) bzw. entlang der Y-Achse (Motor My, Stellsignal yy) – sollen die Schlittenverfahreinheit vom durch die Sensoren Sl und Su markierten Startpunkt zum Zielpunkt, der durch die Sensoren Sh und Sr markiert wird, bewegen. Die Bewegung, welche durch das von einer übergeordneten Steuereinrichtung erzeugte Ereignissignal x0 ausgelöst wird, kann zwischen Start- bzw. Zielpunkt beliebig ablaufen, so dass eine vorzeitige Berührung der rechten (Sensor Sr löst Ereignissignal xr aus) bzw. oberen Kante (Sensor Sh löst Ereignissignal xh aus) nicht ausgeschlossen ist. In solchen Fällen soll die Bewegung entlang der jeweils erreichten Kante durch den betreffenden Antriebsmotor bis zum Zielpunkt fortgeführt werden, wobei der jeweils andere Antriebsmotor ausgeschaltet ist. Hierin zeigt sich das nichtdeterministische Verhalten der Steuerstrecke: Im Vorhinein kann nicht festgelegt werden, ob eine Kantenberührung vor Erreichen des Zielpunktes auftritt oder nicht bzw. wenn eine Kantenberührung auftritt, welche Kante berührt wird. Zehn Sekunden nach Erreichen des Zielpunktes soll die Schlittenverfahreinheit zum Startpunkt zurückgefahren werden, wobei für die Rückfahrt die gleichen Bedingungen wie für die Hinfahrt gelten und Kantenberührungen jeweils durch die Sensoren Sl (löst Ereignissignal xl aus) und Su (löst Ereignissignal xu aus) detektiert werden.

164

Kernprojektierung

Bild 3–119 zeigt das Prozess- bzw. das daraus generierte Steuernetz. Zum besseren Verständnis des Prozessnetzes ist bezüglich der jeweils mit der Transition q0 bzw. q2 verbundenen Operation folgendes zu beachten: x Mit der Transition q0 ist eine Ruheoperation verbunden, bei der sämtliche Stellsignale inaktiv sind. x Mit der Transition q2 ist ebenfalls eine Operation verbunden, bei der sämtliche Stellsignale inaktiv sind. Sie wirkt demzufolge ähnlich wie die mit der q0 verbundene Ruheoperation, wird hier jedoch sinnvollerweise als Warteoperation bezeichnet, weil anders als bei der Ruheoperation nicht auf den Start, sondern auf die Fortsetzung des Prozessablaufs gewartet wird. Der besseren Übersichtlichkeit wegen wurden die Operationen und Prozesszustände nicht wie im Beispiel 1 (siehe Bild 3–116) bezeichnet.

Bild 3–119: Prozess bzw. Steuernetz zur Steuerung der X/Y-Schlittenverfahreinheit

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

165

3.4.5 Fachsprachen für die Implementierung von Regel- bzw. Steueralgorithmen auf speicherprogrammierbarer Technik 3.4.5.1 Allgemeines Die Software für speicherprogrammierbare Steuerungen bzw. Prozessleitsysteme136 umfasst allgemein: x Systemsoftware (Firmware, Bausteinbibliotheken, Konfigurier-, Parametrier-, Testund Inbetriebnahmesoftware), x Anwendersoftware (Anwenderprogramm). Mit der Entscheidung für den Einsatz einer speicherprogrammierbaren Steuerung bzw. des Prozessleitsystems eines bestimmten Herstellers ist die Systemsoftware als vorgegeben zu betrachten, weil Hardware und Systemsoftware bei speicherprogrammierbaren Steuerungen bzw. Prozessleitsystemen eine Einheit bilden. Auf Basis der Systemsoftware entwickelt nun der Projektierungsingenieur (Anwender) die zur Lösung einer vorliegenden Aufgabe geeignete Anwendersoftware. Diese Tätigkeit umfasst das Konfigurieren und Parametrieren sowohl auf der Prozessführungsebene (Prozessdatenverarbeitung, Prozessbedienung und -beobachtung)137 als auch auf der Steuerungs- und Regelungsebene. Während das Konfigurieren und Parametrieren auf der Prozessführungsebene produktabhängig unterschiedlich gehandhabt wird, kann der Anwender beim Konfigurieren und Parametrieren auf der Steuerungs- und Regelungsebene standardisierte Fachsprachen benutzen. Um die nachfolgenden Betrachtungen überschaubar zu halten, wird im Folgenden nur das Konfigurieren und Parametrieren auf der Steuerungs- und Regelungsebene betrachtet. International haben sich für das Konfigurieren und Parametrieren der Steuerungs- und Regelungsebene folgende Fachsprachen durchgesetzt: x Strukturierter Text (ST), x Kontaktplan (KOP), x Anweisungsliste (AWL), x Funktionsplan (FUP), x Ablaufsprache (AS). Als zunehmend problematisch erweist sich hierbei, dass die SPS- bzw. PLS-Hersteller zwar die genannten Fachsprachen anbieten, jedoch jeder Hersteller seinen eigenen „Dialekt“ verwendet. Dadurch ist z. B. bei einer Modernisierung der Austausch des Systems von Hersteller A gegen ein moderneres Produkt des Herstellers B wie ein Rückbau mit anschließender Neuerrichtung zu betrachten, was mit entsprechend hohen Investitionsaufwendungen verbunden ist. Vor dem Hintergrund einer weiter anhaltenden stürmischen Weiterentwicklung der Rechentechnik wird die Zahl der Fälle zunehmen, auf die dieses Modernisierungsszenario zutrifft. Daher müssen sich die Hersteller der Forderung stellen, dass mit ihren Produkten solche Modernisierungsprojekte künftig mit wirtschaftlicherem Aufwand als bisher realisierbar sind. Das setzt aber 136 Speicherprogrammierbare Steuerungen bzw. Prozessleitsysteme werden hier unter dem Begriff „speicherprogrammierbare Technik“ zusammengefasst. 137 Das Konfigurieren und Parametrieren auf der Prozessführungsebene wird oft auch als HMI-Konfiguration bezeichnet.

166

Kernprojektierung

voraus, dass die genannten Fachsprachen international einheitlich genormt werden. Diesem Anspruch widmet sich die Norm DIN EN 61131-3 [38], indem sie sich als Ziel die Bereitstellung eines einheitlichen, d. h. herstellerunabhängigen, Konfigurier- und Parametrierstandards für die Erstellung der Anwendersoftware setzt, damit die auf dieser Basis erstellte Anwendersoftware auf jeder Hardware abgearbeitet werden kann, die den Standard DIN EN 61131-3 „versteht“. Im Folgenden werden die Fachsprachen nach DIN EN 61131-3 näher betrachtet. 3.4.5.2 Fachsprachen nach DIN EN 61131-3 In DIN EN 61131-3 [38] werden die zur Konfiguration und Parametrierung der Steuerungs- und Regelungsebene nutzbaren Fachsprachen genormt. Dazu zählen: 1. Strukturierter Text (ST, engl. „ST“ – Structured Text): x

textuelle Sprache, die wie eine Hochsprache strukturiert ist,

x

ermöglicht Beschreibung komplexerer Prozeduren, die mit grafischen Sprachen nicht oder nur schwer darstellbar sind sowie Einbindung externer Anwendungen (z. B. C++-Anwendungen). 2. Anweisungsliste (AWL, engl. „IL“ – Instruction List):138 x

textuelle Sprache, die aus Steuerungsanweisungen mit einem Operator und einem Operanden besteht,

x

ermöglicht Beschreibung komplexerer Prozeduren, die mit grafischen Sprachen nicht oder nur schwer darstellbar sind. 3. Kontaktplan (KOP, engl. „LD“ – Ladder Diagram): x

grafische Fachsprache,

x abgeleitet aus direkt verdrahteten Relaissteuerungen. 4. Funktionsbausteinsprache (FBS, engl. „FBD“ – Function Block Diagram): x

grafische Fachsprache,

x

abgeleitet aus dem Logikplan elektronischer Schaltungen (FUP),

x

„Dialekt“: CFC (Continuous Function Chart o Konfiguration und Parametrierung von auf SPS-Technik ablaufenden Regelungen). 5. Ablaufsprache (AS, engl. „SFC” – Sequential Function Chart):139 x

Petri-Netz-ähnliche grafische Fachsprache für ablauforientierte Steuerungsprogramme,

x

ist aus Schritten und Transitionen aufgebaut.

138 Ausgewählte Befehle der Fachsprache „AWL“ sind im Anhang 6 aufgeführt. 139 Ausgewählte Symbole der Fachsprache „AS“ sind im Anhang 7 aufgeführt. Die Kenntnis der Funktionsweise einer Ablaufkette wird als bekannt vorausgesetzt. Zur Vertiefung wird auf DIN EN 60848 [39] verwiesen.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

167

Zur Veranschaulichung wird am Beispiel der logischen Funktion (Verknüpfungsfunktion) E ( A › B ) & ( C › D ) im Bild 3–120 die Darstellung in ST, AWL, KOP und FBS gezeigt. Befehl „Load“

ST:

E:=NOT((A OR B) AND (C OR D)); Schrägbalken bedeutet Negation

KOP: A

C

FBS: A

D

C

E

Kreis bedeutet Negation

OR

B

A B C D

Befehl „Store Not“ (negiertes Ergebnis wird gespeichert)

E B

AWL: LD OR AND( OR ) STN

AND

E

OR

D Bild 3–120: Darstellung der Verknüpfungsfunktion E

( A › B ) & ( C › D ) in den

140

Fachsprachen ST, KOP, FBS und AWL

Um die Betrachtungen zu den genannten Fachsprachen abzurunden, wird im Folgenden am Beispiel des bereits im Abschnitt 3.3.3.5 vorgestellten Rührkesselreaktors (Bild 3–60) gezeigt, wie Anwenderprogramme aus Funktionsbausteinen zusammengesetzt werden, wobei zur Konfiguration und Parametrierung der Funktionsbausteine die Fachsprachen „FBS“ bzw. „AS“ benutzt werden sollen. Zentrale EMSR-Stelle ist die EMSR-Stelle US 1 (vgl. Bild 3–60), in welcher der Steueralgorithmus abgearbeitet wird. Eingangsgrößen für den Steueralgorithmus sind einerseits Grenzwerte sowie Zwischenwert des Füllstands (EMSR-Stelle LIS+/- 2) und gleichfalls die Grenzwerte der Temperatur (EMSR-Stelle TIS± 3), die mittels Funktionsbausteinen jeweils aus gemessenem Füllstand bzw. gemessener Temperatur gebildet werden, andererseits die Endlagen der Armaturen V1 bis V5 (EMSR-Stellen GS±O± 5 bis GS±O± 9). Die Ausgangsgrößen bilden die Signale für das Ein- bzw.

140 Mit der Ablaufsprache werden sequentielle binäre Systeme beschrieben. Die als Beispiel dienende Verknüpfungsfunktion beschreibt jedoch ein kombinatorisches binäres System. Eine Darstellung der Verknüpfungsfunktion mit der Ablaufsprache ist daher nicht zweckmäßig.

168

Kernprojektierung

Ausschalten der Antriebsmotoren M1 bzw. M2 für die Pumpen P1 bzw. P2 sowie des Antriebsmotors M3 für das Rührwerk im Rührkesselreaktor R1. Es bietet sich an, für die Bildung der Grenzwerte sowie des Zwischenwertes aus den gemessenen Werten (Analogwerte) für Füllstand bzw. Temperatur einen geeigneten Funktionsbaustein in der Fachsprache „FBS“ und für den Steueralgorithmus einen Funktionsbaustein in der Fachsprache „AS“ zu entwickeln.141 Den Funktionsbaustein „ESV“ (Eingangssignalverarbeitung), der jeweils für die Bildung der Grenzwerte sowie des Zwischenwertes aus den gemessenen Werten (Analogwerte) für Füllstand bzw. Temperatur verwendet wird, zeigt (Bild 3–121). Er wird zur Realisierung der Funktionen der EMSR-Stellen „LIS+/- 2“ bzw. „TIS±3“ eingesetzt. Datentypen

Datentypen ESV Real Bool Bool String Integer Integer

min Zwischenwert max Einheit Steckplatznummer Kanalnummer

an den Funktionsbaustein „angeschlossene“ Eingangssignale bzw. von anderen Funktionsbausteinen übergebene Parameter

x OGW ZW UGW

Real Bool Bool Bool

an den Funktionsbaustein „angeschlossene“ Ausgangssignale bzw. an andere Funktionsbausteine zu übergebende Parameter

Bild 3–121: Funktionsbaustein zur Bildung von Grenzwerten bzw. des Zwischenwertes von Füllstand bzw. Temperatur für das Beispiel „Rührkesselreaktor“

141 Es soll hier nur die prinzipielle Vorgehensweise veranschaulicht werden. Daher wird auf die beim Entwickeln von Funktionsbausteinen erforderliche Variablendeklaration nicht eingegangen.

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

169

Auf der linken Seite des Funktionsbausteins werden jeweils Parameter sowie Signale aufgeführt, die an den Funktionsbaustein übergeben werden. Parameter sind hier:142 x minimaler Wert (min), Zwischenwert, und maximaler Wert (max), bezüglich welcher die Eingangsgröße zu überwachen ist, x Einheit der Eingangsgröße, x Steckplatznummer der Baugruppe, zu welcher der Kanal gehört, an den die Eingangsgröße angeschlossen ist, x Kanalnummer, an der die Eingangsgröße „angeschlossen“ ist. Auf der rechten Seite werden jeweils Signale bzw. Parameter, die vom Funktionsbaustein ausgegeben bzw. übergeben werden, dargestellt. Signale sind hier: 143 x Ausgangswert (x), x oberer Grenzwert erreicht (OGW), x Zwischenwert erreicht (ZW), x unterer Grenzwert erreicht (UGW). Bild 3–122 zeigt den inneren Aufbau des mittels Ablaufsprache144 darzustellenden Funktionsbausteins „Ablaufkette“ 145 für den regulären Betrieb,146 der den Steueralgorithmus enthält und daher die Funktionen der EMSR-Stelle US 1 realisiert. Der Steueralgorithmus wurde – wie im Abschnitt 3.4.4 bereits erläutert (siehe S. 157ff.) – prozessmodellbasiert entworfen. Bei der Umsetzung des im Bild 3–117 gezeigten Steuernetzes in die Symbolik der Ablaufsprache brauchen Stellsignale, die nicht über mehrere Schritte aktiv sein sollen, nicht im Folgeschritt deaktiviert zu werden, weil diese Stellsignale aufgrund der Eigenschaften der Ablaufsprache nach Deaktivierung des Schrittes, in dem sie aktiv waren, automatisch deaktiviert werden. Daraus ergeben sich die im Bild 3–122 erkennbaren Vereinfachungen. Die Bezeichnungen der Schritte S0…S10 korrespondieren mit den Bezeichnungen s0 … s10 der Stellen des Steuernetzes (vgl. Bild 3–117). Zur Verbesserung der Verständlichkeit können diese Bezeichnungen auch mit den Bezeichnungen derjenigen Operationen, die den Transitionen des Prozessnetzes bzw. den Stellen des Steuernetzes zugeordnet sind, ergänzt werden. Aus Gründen der besseren Übersichtlichkeit wurde im Bild 3–122 darauf verzichtet.

142 An den Funktionsbaustein „ESV“ werden in diesem Beispiel keine Signale von anderen Funktionsbausteinen übergeben. 143 Vom Funktionsbaustein „ESV“ werden in diesem Beispiel keine Parameter an andere Funktionsbausteine übergeben. 144 Zur Symbolik siehe Anhang 7. 145 Durch absolute Adressierung ist bei Binärsignalen die Kanalnummer festgelegt. Da ferner Skalierungen oder Überwachungsmechanismen wie bei Analogsignalen im Allgemeinen nicht erforderlich sind, werden bei Binärsignalen keine solchen Funktionsbausteine wie für Analogsignale benötigt. 146 Der Einfachheit halber wird hier nur der Steueralgorithmus für den regulären Betrieb betrachtet.

170

Kernprojektierung

Die beschriebenen Funktionsbausteine sind nun entsprechend Bild 3–123 in einem Anwenderprogramm zusammenzufügen. Dabei sind die jeweils an den Funktionsbaustein angeschlossenen Signale bzw. übergebene/zu übergebende Parameter zu bezeichnen.147 Das am Anschluss „x“ des Funktionsbausteins „ESV“ anzuschließende Signal wird nur zur Anzeige (d. h. nicht zur Steuerung) benötigt und wird daher nicht beschaltet. Aus ähnlichen Gründen wird beim Funktionsbaustein „TIS 3“ der Ausgang „ZW“ nicht beschaltet (wird nicht für die Steuerung benötigt). 3.4.5.3 Konfigurier- und Parametrierwerkzeuge Zum Konfigurieren und Parametrieren der Anwendersoftware werden bei speicherprogrammierbaren Steuerungen als Konfigurier- und Parametrierwerkzeuge Programmiergeräte (PC’s) eingesetzt. Bei Prozessleitsystemen, die bei vergleichsweise komplexeren Automatisierungsaufgaben eingesetzt werden und bei denen im Vergleich zu speicherprogrammierbaren Steuerungen neben der Steuerungs- und Regelungsebene auch die Prozessführungsebene (vgl. Ebenenmodell gemäß Bild 3–2) zu konfigurieren und zu parametrieren ist, sind hingegen Engineeringsysteme erforderlich.

147 Die beim Entwurf des Steueralgorithmus für die Ereignis- bzw.Stellsignale verwendeten Bezeichnungen werden bei der Entwicklung des Funktionsbausteins „Ablaufkette“ zu Platzhaltern, an die jeweils die „realen“ Signale „angeschlossen“ werden. Um dies zu verdeutlichen, wurden für die „realen“ Signale zwar ähnliche, jedoch nicht die gleichen Bezeichnungen gewählt (was prinzipiell auch möglich wäre).

3.4 Entwurf aus Sicht der Projektierung

171

S0 START S1

V1 V1 GS+

S2

P1 R1 LS/

S3

V1 Ablaufkette

V1 GSS4

V2 V2 GS+

S5

P2

M3

R1 LS+ S6

V2 V2 GS-

S7

Bool Bool Bool Bool Bool Bool Bool Bool Bool Bool Bool

LS+ LS/ LSTS+ TSSTART V1 GS+ V1 GSV2 GS+ V2 GSV5 GS-

V1 Bool V2 Bool Bool V3 V4 Bool V5 Bool P1 Bool P2 Bool M3 Bool

V3 R1 TS+

S8

V4 R1 TS-

S9

V5

M3

R1 LSS10

(warten) V5 GS-

Bild 3–122: Funktionsbaustein „Ablaufkette“ für das Beispiel „Rührkesselreaktor“

172

L_Min L_ZW L_Max mm L_SNR L_KNR

Kernprojektierung LIS 2 ESV x min L_OGW OGW Zwischenwert L_ZW ZW max L_UGW UGW Einheit Steckplatznummer Kanalnummer

T_Min

US 1 Ablaufkette LS+ LS/ LS-

TIS 3 ESV

min x T_OGW OGW TS+ Zwischenwert T_Min max ZW T_UGW °C UGW Einheit TST_SNR Steckplatznummer T_KNR Kanalnummer STARTEN V1_GS+ V1_GSV2_GS+ V2_GSV5_GS-

V1 V2 V3 V4 V5 P1 P2 M3

V1_Auf V2_Auf V3_Auf V4_Auf V5_Auf P1_Ein P2_Ein M3_Ein

START V1 GS+ V1 GSV2 GS+ V2 GSV5 GS-

Bild 3–123: Struktur des Anwenderprogramms für das Beispiel „Rührkesselreaktor“

4 Projektierung der elektrischen, pneumatischen und hydraulischen Hilfsenergieversorgung 4.1 Einführende Bemerkungen Jede Automatisierungsanlage basiert in ihrer Funktionalität auf der Nutzung unterschiedlicher Hilfsenergien, wobei, wie bereits in der Überschrift zum Ausdruck gebracht, vorrangig die elektrische, pneumatische und hydraulische Hilfsenergie zum Einsatz kommen. Nahezu alle EMSR-Stellen benötigen elektrische sowie pneumatische Hilfsenergie, z. B. für pneumatische Stellantriebe. Die hydraulische Hilfsenergie ist für die „klassischen“ EMSR-Stellen weniger erforderlich, wird aber dort eingesetzt, wo besonders große Stellkräfte, wie zum Beispiel in der Kraftwerkstechnik oder an Schneideinrichtungen in der Stahlindustrie bzw. anderen Branchen des Maschinenbaus, aufzubringen sind. Demzufolge sind für die Bereitstellung dieser Hilfsenergien entsprechende Projektierungsleistungen zu realisieren. Die dafür erforderliche prinzipielle Vorgehensweise wird im Folgenden erläutert. Darüber hinausgehende Ausführungen sind nicht Ziel und Inhalt dieses Buches.

4.2 Basisstruktur der Hilfsenergieversorgung Bild 4–1 zeigt einführend die Projektkomponenten sowie ihr Zusammenwirken für das komplette Projekt einer Automatisierungsanlage (vgl. auch Bild 3–1). Dabei werden mittels der sogenannten Verbinder die Verknüpfung von Pneumatik- und Hydraulikprojekt mit dem EMSR-Projekt sowie mittels der sogenannten Klemmen die Verknüpfung von Elektro- und EMSR-Projekt dokumentiert. Das bedeutet, bereits bei der Erarbeitung der sogenannten EMSR-Stellenpläne (vgl. Abschnitt 3.3.4.4) ist festzulegen, welche Hilfsenergieart in welchem Umfang (elektrische Leistung, Luftbedarf bzw. hydraulische Hilfsenergie) erforderlich ist. Die einzelnen Zuführungen der Hilfsenergien sind jeweils in die sogenannte Verbinderliste (pneumatische oder hydraulische Hilfsenergie) bzw. Klemmenpläne (elektrische Hilfsenergie) einzutragen. Verbinderliste148 und Klemmenpläne ergänzen die Planungsunterlagen des Kernprojektes, indem Bedarf sowie Zuführung der elektrischen, pneumatischen bzw. hydraulischen Hilfsenergie für die projektierten Automatisierungsmittel vollständig erfasst und an Hand der oben genannten Verbinderlisten und Klemmenpläne sowie der daraus resultierenden Erweiterung der EMSR-Stellenpläne dokumentiert werden. Des Weiteren sind auch die Anforderungen seitens EMV (Elektromagnetische Verträglichkeit) sowie Blitzschutz zu berücksichtigen, für deren vertiefende Behandlung auf entsprechende Spezialliteratur (z. B [40, 41]) verwiesen wird.

148 In Verbinderlisten werden pneumatische Leitungsverbindungen ähnlich wie elektrische Leitungsverbindungen in Klemmenplänen dokumentiert.

174

4 Projektierung

Projektkomponenten für die Hilfsenergieversorgung und das Zusammenwirken mit der EMSR-Technik einer Automatisierungsanlage

EMSR – Projekt / Kernprojekt

Pneumatik- und Hydraulikprojekt Bereitstellung und Verteilung pneumatischer und/oder hydraulischer Hilfsenergie

Verbinder

Verbindung von Sensorik, Aktorik und Prozessorik

Verbinder liste

Elektroprojekt Klemmen Bereitstellung und Verteilung der elektrischen Hilfsenergie Klemmenplan

Forderungen des Explosions- und Blitzschutzes sowie der Elektromagnetischen Verträglichkeit

Bild 4–1: EMSR-Projekt im Zusammenwirken mit dem Elektro-, Pneumatik- und Hydraulikprojekt Damit ist im Weiteren die Fragestellung relevant, wie die notwendigen Hilfsenergien bereitgestellt werden bzw. ihr Bedarf im Einzelnen ermittelt wird. Am Beispiel der elektrischen Hilfsenergie wird zunächst auf die Bereitstellung und die Ermittlung der erforderlichen elektrischen Leistung eingegangen.

4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung 4.3.1 Bereitstellung und Verteilung Generell kann davon ausgegangen werden, dass der Bedarf an elektrischer Hilfsenergie, insbesondere für eine Produktionsanlage, erheblich ist, wozu auch die zugehörige Automatisierungsanlage beiträgt. Deshalb ist es wichtig, den erforderlichen Bedarf an elektrischer Hilfsenergie umfassend zu ermitteln und beim Gesamtenergiebedarf einer Industrieanlage zu berücksichtigen. Dabei sollte hauptsächlich von der im

4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung

175

Bild 4–2 dargestellten Struktur ausgegangen werden. Die benötigte elektrische Hilfsenergie wird demnach meist aus einem leistungsstarken Energienetz entnommen.149

Bild 4–2: Übersicht zur Bereitstellung und Verteilung der elektrischen Hilfsenergie Als Hauptverbraucher sind neben der Automatisierungsanlage vor allem die Produktionsanlage an sich sowie der Büro- und Sozialkomplex zu berücksichtigen. Ausgehend von der Automatisierungsanlage werden dazu Verbraucher der Spannungsebenen 400 VAC, 230 VAC und 24 VDC betrachtet. Diese Verbraucher sind für Automatisierungsanlagen charakteristisch und bestimmen den elektrischen Leistungsbedarf der Automatisierungsanlage.

4.3.2 Bedarfsermittlung Als Basisansatz wird hierzu für jede einzelne EMSR-Stelle der elektrische Leistungsbedarf ermittelt und danach die Summe des Bedarfs aller EMSR-Stellen, die dem Gesamtbedarf der Automatisierungsanlage entspricht, gebildet. Dazu wird folgende Vorgehensweise empfohlen (vgl. Bild 4–3):

149 In bestimmten Industriezweigen (Zuckerindustrie, Papierindustrie) ist üblich, neben der Industrieanlage ein Kraftwerk für die Bereitstellung der benötigten elektrischen Hilfsenergie zu errichten.

176 Schritt 1: Schritt 2:

Schritt 3: Schritt 4:

4 Projektierung Tabellieren aller EMSR-Stellen einer Automatisierungsanlage. Ermittlung des erforderlichen elektrischen Leistungsbedarfes für jede EMSR-Stelle an Hand der Firmendokumentationen für die jeweils ausgewählten Automatisierungsmittel. Zeilenweises Addieren der elektrischen Leistungen für die Spannungsebenen 400 VAC, 230 VAC bzw. 24 VDC. Ermittlung des gesamten elektrischen Leistungsbedarfes für die Automatisierungsanlage durch Addition der in der letzten Spalte von Bild 4–3 ausgewiesenen Teilleistungen. EMSR-Stellen (Regelkreise, binäre Steuerungen und separate Messstellen – Basis R&I-Fließschema und EMSR-Stellenpläne) Leistungsbedarf [kW]

Hauptverteilung der elektrischen Hilfsenergie (Starkstromzellen)

Ð

400 V

Prozessleitwarte

Î

AC 230 V AC

EMSRStelle 1

EMSRStelle 2

1,0

1,5

0,3

EMSRStelle 3

0,5 (Reserve)

0,5

24 V DC 400 V

Schaltraum

Î

AC 230 V AC

10,0 1,0

0,5

0,5

24 V DC 400 V

Feld

Î

AC 230 V DC 24 V DC Gesamtleistungsbedarf

5,0 0,7 0,3

12,0 2,1 (Reserve) 1,2

™ 400 V AC:

EMSRStelle n

™



1,5

4,0



1,3



0,0



10,0



2,0



0

10,0



2,0

29,0

0,7



3,2

6,7

1,0



0,5

3,0

™ 230 V AC: 43 kW



10 kW

™ 24 V DC: 3 kW

56 kW

Bild 4–3: Zur Ermittlung des Leistungsbedarfes für eine Automatisierungsanlage (Beispiel Experimentierfeld „Prozessautomatisierung“ des Institutes für Automatisierungstechnik der TU Dresden)

4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung

177

Für die vollständige Realisierung des Elektroprojektes zur Verteilung der elektrischen Hilfsenergie sowie der Ermittlung des elektrischen Leistungsbedarfes einer Automatisierungsanlage sind in Ergänzung der obigen Ausführungen weitere vertiefende Projektierungsleistungen erforderlich, die nachfolgend zumindest benannt und kurz vorgestellt werden. Dazu ist an erster Stelle der sogenannte Gleichzeitigkeitsfaktor zu betrachten, welcher berücksichtigt, dass nicht alle Verbraucher einer Industrieanlage gleichzeitig in Betrieb sind, wodurch eine gewisse Reduktion des Bedarfes an elektrischer Leistung erzielt werden kann. Die Ermittlung dieses Gleichzeitigkeitsfaktors ist hauptsächlich durch die Anforderungen des verfahrenstechnischen Prozessbetriebes sowie die redundante Auslegung der relevanten Verbraucher bestimmt. Des Weiteren ist auch die Einteilung der Verbraucher nach statischer oder dynamischer Last wesentlich. So wirken zum Beispiel Apparateheizungen als statische Lasten und die gleichfalls in der Automatisierungsanlage eingesetzten Elektromotoren als dynamische Lasten. Dabei gilt, dass bei statischen Lasten an Hand des Wirkungsgrades die tatsächlich vom Verbraucher aufgenommene elektrische Leistung berechnet werden kann, während bei dynamischen Lasten eine Berechnung nach DIN ISO 5199 durchzuführen ist (vgl. auch [42]). Diese Betrachtungen erfordern folglich detaillierte Planungsleistungen, die den Rahmen der in diesem Abschnitt vorgestellten Grundansätze zu Inhalt und Ausführung eines Elektroprojektes deutlich überschreiten würden.

4.3.3 Zuschaltung Bei der Zuschaltung der elektrischen Hilfsenergie ist zwischen der Prozessorik, beispielsweise repräsentiert durch speicherprogrammierbare Steuerungen oder Prozessleitrechner, und den eigentlichen Großverbrauchern der Produktionsanlage zu unterscheiden. Daher sollte die Zuschaltung der elektrischen Hilfsenergie stets getrennt erfolgen, das heißt, zuerst die Zuschaltung der Prozessorik und danach der Großverbraucher. Generell ist dabei nach dem Prinzip der Selbsthalteschaltung (Bild 4–4) zu verfahren. Das heißt, mittels des Tasters „EIN“ sind zuerst für die Prozessorik die Schaltschütze K1 und K2 zu betätigen, um damit die elektrische Spannung von 230 VAC durchzuschalten und danach mittels der Schaltschütze K3 und K4 das Durchschalten der Spannung von 400 VAC zu bewirken. Dabei sind sowohl für die Prozessorik als auch für die Großverbraucher jeweils zwei Schütze in Reihe geschaltet, womit erreicht wird, dass beim Ausschalten bzw. bei NOT-Ausschaltung die elektrische Hilfsenergie durch mindestens ein Schaltschütz abgeschaltet wird, falls, bedingt durch technischen Defekt, ein Schütz „klemmen“ sollte. Für die NOT-AUS-Schaltung (Bild 4–4b) wurde hier beispielhaft je ein NOT-AUS-Schalter der Prozessleitwarte, dem Schaltraum und dem Feld zugeordnet. Der Anschluss von Baugruppen speicherprogrammierbarer Technik (z. B. Analogeingabebaugruppen, Binärausgabebaugruppen usw.) ist den jeweiligen Produktdokumentationen zu entnehmen (z. B. [17]), so dass hier darauf verwiesen wird.

178

4 Projektierung

Bild 4–4: Basisstruktur für die Zuschaltung der elektrischen Hilfsenergie

4.3.4 Systematisierung Zur Einordnung des Elektroprojekts werden nachfolgend prinzipielle Vorgehensweise und Leistungsumfang zusammenfassend dargestellt (Bild 4–5 und Bild 4–6). Dabei soll verdeutlicht werden, wie die Projektierungsleistungen für die Bereitstellung der elektrischen Hilfsenergieversorgung für die Automatisierungsanlage zugleich Bestandteil des Elektroprojekts einer Industrieanlage sind. Sowohl an Hand einzelner Ausführungsbeispiele als auch durch die Vorstellung prinzipieller Lösungsschritte wird der Elektroprojektierungsumfang dargestellt und damit ein detaillierteres Bearbeiten der Projektierungsinhalte für die Bereitstellung und Verteilung der elektrischen Hilfsenergie ermöglicht.

4.3 Elektrische Hilfsenergieversorgung

Übersicht Erarbeitung eines Übersichtbildes zur Verteilung der elektrischen Hilfsenergie für die einzelnen Verbrauchergruppen einer Industrieanlage (Bild 4–2). (Schritt 1)

Leistungsbedarf – Teil 1 Ermittlung des elektrischen Leistungsbedarfes für die Automatisierungsanlage, d. h. für

• Prozessleitwarte, • Schaltraum und • Feld (Bild 4–3).

(Schritt 2)

Leistungsbedarf – Teil 2 Ermittlung des elektrischen Leistungsbedarfes für die weiteren Verbrauchergruppen der gesamten Industrieanlage (Schritt 3)

Basisstromlaufplan Erarbeitung eines Basisstromlaufplanes (Hauptverteilungsstromlaufplanes) für die Automatisierungsanlage sowie die weiteren Verbrauchergruppen der gesamten Industrieanlage (Schritt 4) Bild 4–5: Ansatz zur Projektierung der elektrischen Hilfsenergie – Teil 1

179

180

4 Projektierung

Dekomposition des Basisstromlaufplanes Dekomposition des Basisstromlaufplanes in mehrere Ebenen entsprechend des Umfangs von Automatisierungsanlage sowie den weiteren Verbrauchergruppen der gesamten Industrieanlage – Erarbeitung aller Einzelstromlaufpläne. (Schritt 5)

Schaltschranklayout Erarbeitung der Schaltschrankbelegungspläne (Schaltschranklayouts) zur Realisierung der Verteilung der elektrischen Hilfsenergie. (Schritt 6)

Verbinderliste Erarbeitung der Verbinderliste für die Automatisierungsanlage, d. h. des Planungsdokumentes zur Kopplung von Elektroprojekt und EMSR-Projekt. (Schritt 7) Bild 4–6: Ansatz zur Projektierung der elektrischen Hilfsenergie – Teil 2

4.4 Pneumatische Hilfsenergieversorgung 4.4.1 Bereitstellung und Verteilung Die pneumatische Hilfsenergie wird meistens durch sogenannte Kolbenverdichter oder Schraubenverdichter erzeugt. Für beide Typen von Lufterzeugern (Kompressoren) hält die einschlägige Industrie eine umfangreiche Produktpalette bereit, wobei je nach Luftmengen- und Luftdruckbedarf die unterschiedlichsten Anforderungen zu realisieren sind. Für die Projektierung einer Anlage zur Erzeugung und Verteilung der pneumatischen Hilfsenergie wird daher folgende Vorgehensweise empfohlen:

4.4 Pneumatische Hilfsenergieversorgung Schritt 1:

Schritt 2:

Schritt 3:

181

Ermittlung des erforderlichen Bedarfes an pneumatischer Hilfsenergie (Luftmenge). Dafür sind vom Projektierungsingenieur, ausgehend vom Normalbetrieb, für jeden Luftverbraucher, zum Beispiel pneumatischer Stellantrieb oder pneumatischer Arbeitszylinder, die erforderlichen Luftmengen zu ermitteln, wozu jeweils die entsprechenden Herstellerunterlagen auszuwerten sind. Die Summierung des Luftverbrauchs aller auf der Basis pneumatischer Hilfsenergie arbeitenden Automatisierungsmittel ergibt den Gesamtluftbedarf einer Automatisierungsanlage. Auswahl und Dimensionierung eines Drucklufterzeugers einschließlich eines geeigneten Druckminderers (Abströmregler). Der Projektierungsingenieur sollte bei der Auswahl und Dimensionierung eines Drucklufterzeugers ca.10% bis 20% Reserve bezüglich des ermittelten Gesamtluftbedarfes ansetzen. Dabei kann generell davon ausgegangen werden, dass bei der Lufterzeugung ein Schraubenverdichter weniger Geräuschbelastung als ein Kolbenverdichter erzeugt. Vorteilhafterweise ist der mittels Drucklufterzeuger realisierbare Primärdruck ca. 40% über dem in der Automatisierungsanlage benötigten Arbeitsdruck anzusetzen, wodurch a priori eine Reserve für die jeweils abgeforderten Luftmengen erzielt wird. Der gleichfalls benötigte Druckminderer muss den für die Automatisierungsanlage relevanten Arbeitsdruck gewährleisten und gleichzeitig auch die erforderliche Luftmenge bereitstellen, d. h. den erforderlichen Luftdurchsatz sichern. Auswahl und Dimensionierung von Luftspeicher, Ölabscheider und Lufttrockner (Kondenstrockner) Je nach Durchsatz des für die Automatisierungsanlage ausgewählten Drucklufterzeugers sowie Anzahl der in der Automatisierungsanlage vorhandenen Automatisierungsmittel, die mit pneumatischer Hilfsenergie zu versorgen sind, wird die Größe von Druckluftspeicher, Ölabscheider, Kondenstrockner und Nassabscheider bestimmt.

Dieser Vorgehensweise entsprechend ist für die Lufterzeugung und -aufbereitung die im Bild 4–7 dargestellte Anlagenstruktur zu planen.

182

4 Projektierung Druckluftspeicher Druckminderer

Luftfilter

Druckluft- Ölab- Kondenserzeuger scheider trockner

Ableitung Kondenswasser

zu den Verbrauchern

Druckluftverteiler

Nassabscheider Öl

Kondenswasser

Bild 4–7: Struktur einer Anlage zur Erzeugung und Verteilung pneumatischer Hilfsenergie

4.4.2 Verknüpfung von pneumatischer sowie elektrischer Hilfsenergieversorgung Die Verknüpfung von pneumatischer und elektrischer Hilfsenergie erfolgt in anschaulicher Form am Beispiel pneumatischer Stellventile, gilt aber auch in ähnlicher Weise für Stelleinrichtungen ereignisdiskreter Prozesse. Als wesentliches Automatisierungsmittel für diese Verknüpfung kommt das sogenannte Wegeventil (Bild 4–8) zum Einsatz. Das aus zwei Kammern bestehende Wegeventil wird mit dem binären elektrischen Einheitssignal 0 VDC bzw. 24 VDC gesteuert. Gleichzeitig ist es an die pneumatische Hilfsenergie angeschlossen. Je nach Schaltzustand wird die pneumatische Hilfsenergie zum Stellungsregler durchgeschaltet oder im Ruhezustand, wie im Beispiel (vgl. Bild 4–8) dargestellt, durch Entlüftung gegen Atmosphäre entspannt. Dazu sind pro Kammer drei Anschlüsse vorgesehen, woraus sich auch die Bezeichnung 3/2Wegeventil ableitet. Sowohl bei analogem pneumatischen als auch analogem elektrischen Stellsignal soll mittels pneumatischem Stellantrieb jeweils ein Drosselstellglied betätigt werden. Im ersteren Fall wird ein pneumatischer, im letzteren Fall ein elektropneumatischer Stellungsregler benötigt. Sofern es sich bei dem analogen elektrischen Stellsignal um ein Einheitsstromsignal handelt, was in der gegenwärtigen verfahrenstechnischen Praxis überwiegend der Fall ist, wird der elektropneumatische Stellungsregler als I/p-Stellungsregler ausgeführt und auch so bezeichnet. Die durchgängig pneumatische Lösung (analoges pneumatisches Stellsignal mit pneumatischem Stellungsregler) wird heute im Wesentlichen nur noch angewendet, wenn sich die Stelleinrichtung im explosionsgefährdeten Bereich befindet und andere Explosionsschutz-

4.4 Pneumatische Hilfsenergieversorgung

183

maßnahmen wie z. B. Eigensicherheit150 im Vergleich zur durchgängig pneumatischen Lösung nicht kostengünstig realisierbar sind. 3/2 Wegeventil mit elektromagnetischer Verstelleinheit und mechanischer Rückstelleinheit (Feder)

Stellsignal y (pneumatisch bzw. elektrisch)

pneumatischer bzw. elektropneumatischer Stellungsregler

Stellventil mit pneumatischem Stellantrieb sowie pneumatischem Stellungspneumatische elektrisches regler (bei analogem pneumatischem Hilfsenergie Binärsignal Stellsignal) bzw. elektropneumatischem (z. B. 8 bar) (0/24 VDC) Stellungsregler (bei analogem elektrischem Stellsignal) Bild 4–8: Zur Verknüpfung von pneumatischer und elektrischer Hilfsenergie Die Funktion des sogenannten pneumatischen Arbeitszylinders als wesentlichem Aktor für ereignisdiskrete Prozesse basiert gleichfalls auf pneumatischer Hilfsenergie, wobei das pneumatische Standardsignal von 6 bar verwendet wird. Die auch hier erforderliche Kopplung von pneumatischer und elektrischer Hilfsenergie erfolgt, wie bereits oben ausgeführt, gleichfalls mittels Wegeventil. Im Bild 4–9 wird dieses Zusammenwirken aufgezeigt. Wie beim Beispiel der pneumatischen Stellventile wird auch hier das Wegeventil mittels der binären Signale 0/24 VDC beaufschlagt und damit die pneumatische Hilfsenergie zum Arbeitszylinder durchgeschaltet.

150 Siehe Abschnitt 5.3.

184

4 Projektierung

Endlagensensor 1

Endlagensensor 2

pneumatischer Arbeitszylinder 5/2 Wegeventil mit elektromagnetischer Verstelleinheit und mechanischer Rückstelleinheit (Feder) elektrisches Binärsignal (0/24 VDC)

pneumatische Hilfsenergie (6 bar)

Bild 4–9: Pneumatischer Arbeitszylinder – binär angesteuert

4.5 Hydraulische Hilfsenergieversorgung Für die pneumatische bzw. elektrische Hilfsenergieversorgung sind normalerweise die zentrale Elektroenergieversorgung bzw. das zentrale Luftnetz verfügbar, so dass diese Hilfsenergien effektiv und durchgängig in der Automatisierungsanlage bereitstehen. Hingegen wird die hydraulische Hilfsenergie in der Automatisierungsanlage im Allgemeinen dort erzeugt, wo die entsprechende Aktorik diese Hilfsenergie benötigt. Im Bild 4–10 wird an Hand des dargestellten hydraulischen Grundkreislaufes das funktionelle Zusammenwirken der wesentlichen Hydraulikkomponenten erläutert. Eine im Allgemeinen mittels Drehstrommotor angetriebene Zahnradpumpe erzeugt den erforderlichen Ölstrom sowie Vordruck. Dabei wird das Hydrauliköl aus einem Ölbehälter (Wanne) über einen Filter angesaugt und der Vordruck mittels Druckbegrenzungsventil konstant gehalten. Ein Öldruckspeicher sichert gleichfalls diesen konstanten Vordruck, indem er zum Beispiel gegen den Druck einer Feder oder eines Gaspolsters Hydrauliköl aufnimmt, welches er bei Auftreten entsprechender Ölverbrauchsspitzen mit dem jeweils erforderlichen Öldruck wieder abgibt. Das eingebaute Rückschlagventil sorgt dafür, dass bei nicht arbeitender Zahnradpumpe der Vordruck im hydraulischen Grundkreislauf erhalten bleibt (z. B. ist bei Nennlast auf den hydraulischen Arbeitszylinder mit einer Drift von 5mm/h zu rechnen [43]). Über das 4/2Wegeventil fließt das Hydrauliköl wieder zurück in den Ölbehälter. Je nach Einsatzfeld der projektierten Hydraulikanlage sowie der ausgewählten hydraulischen Bauelemente sind in Ölkreisläufen Drücke von etwa 63 bar bis 320 bar üblich.

4.5 Hydraulische Hilfsenergieversorgung Endlagensensor 1

185 Endlagensensor 2

hydraulischer Arbeitszylinder 4/3 Wegeventil mit elektromagnetischer Verstelleinheit und mechanischer Rückstelleinheit (Rückstellfedern sind nicht mit dargestellt) elektrische Binärsignale (0/24 VDC)

Öldruckspeicher

Druckbegrenzungsventil Rückschlagventil

M

Zahnradpumpe

Filter Ölbehälter

Bild 4–10: Prinzip der Bereitstellung von hydraulischer Hilfsenergie

5 Maßnahmen zur Prozesssicherung 5.1 Überblick In den bisherigen Ausführungen wurden die hauptsächlichen inhaltlichen Schwerpunkte der Projektierungsarbeit beschrieben und erläutert. Zusätzlich dazu muss unbedingt auch das Thema „Prozesssicherung“ ausgeführt werden, weil die Prozesssicherung eine wichtige Ergänzung der Projektierungsarbeit ist. Dabei liegt auf der Hand, dass zum Beispiel für die Automatisierung eines Kernkraftwerkes bedeutend höhere Anforderungen umzusetzen sind, als für die Automatisierungsanlage einer Brauerei. Projektierungsleistungen zur Prozesssicherung erfordern daher vom Projektierungsingenieur viel Erfahrung und sind ein wesentlicher Beitrag für den sicheren Betrieb einer Automatisierungsanlage. Die nachfolgenden Ausführungen können sich daher nur auf die Erläuterung prinzipieller Herangehensweisen beziehen, wobei der Basisansatz entsprechend VDI/VDE 2180 die Grundlage bildet. Nachfolgend werden zur Auswahl sowie zum Einsatz der für die Prozesssicherung relevanten Automatisierungsmittel die erforderlichen Grundlagen, verbunden mit einer systematischen Vorgehensweise (Auswahlstrategie), aufgeführt.

5.2 Basisansatz nach VDI/VDE 2180 Zur Erhöhung der Prozesssicherheit empfiehlt VDI/VDE 2180 eine niveaugestufte Erweiterung der Automatisierungsanlage. Das bedeutet, es werden zusätzliche Automatisierungsmittel projektiert und in die vorhandene Automatisierungsanlage integriert bzw. parallel zu dieser installiert. Hierzu werden folgende Stufen unterschieden: Stufe 1: In Stufe 1 werden die prozessleittechnische Einrichtung, basierend auf Sensorik, Aktorik und Prozessorik für die Realisierung des Nominalbetriebs sowie weitere Sensoren für die Überwachung von Grenzwerten der Produktionsanlage (kontinuierlicher und/oder ereignisdiskreter Prozess) eingesetzt. Dabei wird von der Basisüberlegung ausgegangen, dass die für den Nominalbetrieb projektierte Sensorik bzw. Aktorik im Zusammenwirken mit den in der Prozessorik implementierten Regel- bzw. Steueralgorithmen die Produktionsanlage immer in den von der Verfahrenstechnik festgelegten Arbeitsbereich führen bzw. dort halten. Bewegen sich aber einzelne Prozessparameter aus diesem Arbeitsbereich heraus, sprechen die Überwachungssensoren an und führen durch entsprechende Steuereingriffe die Prozessparameter aus dem zulässigen Grenzbereich in den Arbeitsbereich – nach VDI/VDE 2180 auch als Gutbereich bezeichnet – zurück. Stufe 2: In Stufe 2 wird nun davon ausgegangen, dass auch die Überwachungssensoren ausfallen können und damit entsprechende Prozessparameter weiter in den noch zulässigen Fehlbereich abdriften können. Damit die Automatisierungsanlage auch auf diese verschärfte Prozesssituation reagieren kann, werden zusätzliche, von der vorhandenen Automatisierungsan-

5.3 Bemerkungen zum Explosionsschutz

Stufe 3:

187

lage unabhängige, hilfsenergielose prozessleittechnische Schutzeinrichtungen, z. B. Überdruckventile, Überströmventile u. ä. Automatisierungsmittel, für die Prozesssicherung eingesetzt. Damit gelingt es, die Produktionsanlage vor kritischen Betriebszuständen, nach VDI/VDE 2180 als unzulässige Fehlbereiche bezeichnet, zu bewahren und durch entsprechende Noteingriffe wieder in den Arbeitsbereich zurückzuführen. Die Stufe 3 umfasst die Stufen 1 und 2, wobei zusätzlich als wesentliche Erweiterung zur damit verfügbaren Automatisierungsanlage eine weitere prozessleittechnische Schutzeinrichtung – basierend auf kompletter Ausstattung mit Sensorik, Aktorik sowie Prozessorik – projektiert und in heißer Redundanz zur vorhandenen Automatisierungsanlage bereitgehalten wird. Damit verfügt diese Automatisierungsanlage über eine zusätzliche Automatisierungsstruktur, die bei entsprechenden Funktionsstörungen der für den Gutbereich zuständigen prozessleittechnischen Einrichtung einschließlich PLT-Schutzeinrichtung (aus Stufe 2) den weiteren Betrieb der Produktionsanlage übernimmt und sichert.

5.3 Bemerkungen zum Explosionsschutz Im Rahmen der Prozesssicherheit kommt auch dem Explosionsschutz (Ex-Schutz) eine tragende Bedeutung zu. Das heißt, je nach zu automatisierender Prozessverfahrenstechnik sind häufig explosionsgefährdete Prozessabschnitte in Produktionsanlagen vorhanden, so dass eine zu projektierende Automatisierungsanlage zumindest in diesen Prozessabschnitten explosionssicher ausgelegt werden muss. Solche Prozessabschnitte bzw. auch komplette Produktionsanlagen findet man zum Beispiel in Lackfabriken, Zementwerken, Tanklagern, aber auch in Mühlen oder Kläranlagen. Für die Projektierung dieser Anlagen werden nachfolgend grundlegende Hinweise gegeben, wobei nach [40] u. [49] dafür auch die „Verordnung über elektrische Anlagen in explosionsgefährdeten Räumen – Elex V“ und weitere Vorschriften heranzuziehen sind. Gleichzeitig gilt aber auch für dieses Projektierungsfeld, dass die Erfahrungen des Projektierungsingenieurs sowie das entsprechende Firmen-Know How Funktionalität und Prozesssicherheit der projektierten Automatisierungsanlage entscheidend mitbestimmen. Bei jedem Automatisierungsprojekt sind daher im Zusammenwirken mit dem Verfahrenstechniker die explosionsgefährdeten Bereiche festzulegen und in eine der sogenannten Ex-Zonen einzuordnen. Zunächst wird der Begriff „Ex-Zone“ erläutert. Die Einteilung der explosionsgefährdeten Anlagenabschnitte erfolgt gemäß Elex V, wobei 11 Zonen unterschieden werden, deren Relevanz für den Ex-Schutz einer Automatisierungsanlage und damit für die Projektierung der Automatisierungsanlage unterschiedlich ist. Für Automatisierungsanlagen wesentliche Ex-Zonen werden nachfolgend kurz vorgestellt. Es gilt folgende Gruppen- bzw. Zoneneinteilung: x Gruppe 1: Explosionsgefährdung durch Gase, Dämpfe oder Nebel für komplette Anlagen bzw. Anlagenabschnitte: - Zone 0: Bereiche mit ständiger oder langzeitiger Explosionsgefährdung, - Zone 1: Bereiche mit gelegentlicher Explosionsgefährdung, - Zone 2: Bereiche mit seltener Explosionsgefährdung,

188

5 Maßnahmen zur Prozesssicherung

x Gruppe 2: Explosionsgefährdung durch Stäube für komplette Anlagen bzw. Anlagenabschnitte: - Zone 10: Bereiche mit häufiger oder langzeitiger Explosionsgefährdung, - Zone 11: Bereiche mit gelegentlicher Explosionsgefährdung, x Gruppe 3: Explosionsgefährdung durch Erzeugung oder Anwendung explosionsfähiger Gasgemische für medizinisch genutzte Räume: - Zone G bzw. M: Bereiche mit dauernder oder zeitweiser Explosionsgefährdung. Der Projektierungsingenieur muss also entscheiden, welche Ex-Zonen er für die Ausführung seiner Automatisierungsanlage berücksichtigen muss. Die Anforderungen des Explosionsschutzes beeinflussen selbstverständlich auch Entwicklung und Bauformen von Automatisierungsmitteln, insbesondere der Sensorik bzw. Aktorik. Diese Feldgeräte sind in explosionssicherer Ausführung generell durch das im Bild 5–1 dargestellte Symbol als äußere gut sichtbare Kennzeichnung für explosionssichere Technik gekennzeichnet und nahezu ausnahmslos in explosionssicheren Automatisierungsanlagen einzusetzen. Darüberhinaus erkennt man diese Automatisierungsmittel auch sofort an ihrer robusten Bauform bzw. robusten Gehäuseausführung.

Bild 5–1: Ex-Zeichen entsprechend Elex V [40] Zur Realisierung dieser explosionssicheren Automatisierungsmittel werden bewährte konstruktive Prinzipien angewendet, die unter dem Fachbegriff „Zündschutzarten“ zusammengefasst sind. Zur besseren Veranschaulichung werden dazu als Auszug im Bild 5–2 einige Beispiele vorgestellt. Nähere Erläuterungen sind DIN EN 50018, DIN EN 50020, DIN EN 50028, VDE 0170 bzw. VDE 0171 zu entnehmen. Das erste Beispiel beschreibt die Zündschutzart „Eigensicherheit i“ (vgl. Bild 5–2a). In einem eigensicheren Stromkreis wird die Stromkreisenergie so begrenzt, dass weder im Nominalbetrieb noch im Fehlerfall eine explosive Umgebung durch zum Beispiel Zündfunken oder Lichtbogen entzündet wird. Eine weitere Möglichkeit bietet die Zündschutzart „Druckfeste Kapselung – d“ (vgl. Bild 5–2b), wobei durch Konstruktion eines druckfesten Gehäuses verhindert wird, dass Explosionen im Inneren des Gehäuses Schäden in der äußeren Umgebung verursachen. Schließlich kann auch die Zündschutzart „Vergusskapselung – m“ eingesetzt werden (vgl. Bild 5–2c), bei welcher die Bauelemente, die eine explosionsfähige Umgebung zünden könnten, so in einer Vergussmasse eingeschlossen sind, dass keinerlei Schäden in der äußeren Umgebung verursacht werden.

5.4 Schutzgrade elektrischer Automatisierungsmittel

189

U

a) Eigensicherheit „i“

b) Druckfeste Kapselung „d“

b) Vergusskapselung „m“ Bild 5–2: Beispiele für Zündschutzarten [49]

5.4 Schutzgrade elektrischer Automatisierungsmittel Schließlich ist in diesem Zusammenhang auch die Problematik des Berührungs- und Fremdkörperschutzes sowie der Schutzgrade des Wasserschutzes anzusprechen. Diese Schutzfunktionalitäten sind gleichfalls für die Auswahl und Projektierung der auf elektrischer Hilfsenergie basierenden Automatisierungsmittel wichtig und durch entsprechende Kennzeichnung nach DIN 40050 auf diesen Automatisierungsmitteln kenntlich zu machen. Dafür wird eine Kennzeichnung aus entsprechenden Kennziffern verwendet, die wie folgt aufgebaut ist: IP Angabe zum Berührungs- und Fremdkörperschutz (Tabelle 5–1) Angabe zum Wasserschutz (Tabelle 5–2) Für den Berührungs- und Fremdkörperschutz sind die nachfolgend genannten Schutzgrade festgelegt (Tabelle 5–1).

190

5 Maßnahmen zur Prozesssicherung

Tabelle 5–1: Schutzgrade für den Berührungs – und Fremdkörperschutz [40] Erste Kennziffer

Schutzgrad

0

Kein besonderer Schutz

1

Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern mit einem Durchmesser größer als 50 mm, ein Schutz gegen absichtlichen Zugang z. B. mit der Hand, jedoch Fernhalten großer Körperflächen.

2

Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern mit einem Durchmesser größer als 12 mm, Fernhalten von Fingern oder vergleichbaren Gegenständen

3

Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern mit einem Durchmesser größer als 2,5 mm (kleine Fremdkörper), Fernhalten von Werkzeugen, Drähten oder ähnlichem von einer Dicke größer als 2,5 mm.

4

Schutz gegen Eindringen von festen Fremdkörpern mit einem Durchmesser größer als 1mm (kornförmige Fremdkörper), Fernhalten von Werkzeugen, Drähten oder ähnlichem von einer Dicke größer als 1 mm.

5

Schutz gegen schädliche Staubablagerungen. Das Eindringen von Staub ist nicht vollkommen verhindert. Der Staub darf nicht in solchen Mengen eindringen, dass die Arbeitsweise des Betriebsmittels beeinträchtigt wird (staubgeschützt).

6

Schutz gegen Eindringen von Staub, vollständiger Berührungsschutz

Für den Wasserschutz sind wie für den Berührungs- und Fremdkörperschutz Schutzgrade festgelegt, die nachfolgend aufgeführt werden (vgl. Tabelle 5–2). Tabelle 5–2: Schutzgrade für den Wasserschutz [40] Zweite Kennziffer

Schutzgrad

0

Kein besonderer Schutz

1

Schutz gegen tropfendes Wasser, das senkrecht fällt. Es darf keine schädliche Wirkung haben (Tropfwasser)

2

Schutz gegen tropfendes Wasser, das senkrecht fällt. Bei Kippen des Betriebsmittels um 15° bezüglich seiner normalen Lage darf es keine schädliche Wirkung haben (schrägfallendes Tropfenwasser).

3

Schutz gegen Wasser, das in einem beliebigen Winkel bis zu 60° zur Senkrechten fällt. Es darf keine schädliche Wirkung haben (Sprühwasser).

4

Schutz gegen Wasser, das aus allen Richtungen gegen das Betriebsmittel spritzt. Es darf keine schädliche Wirkung haben (Strahlwasser).

5

Schutz gegen einen Wasserstrahl aus einer Düse, der aus allen Richtungen gegen das Betriebsmittel gerichtet wird. Es darf keine schädliche Wirkung haben (Strahlwasser).

6

Schutz gegen schwere See oder starken Wasserstrahl. Wasser darf nicht in schädlichen Mengen in das Betriebsmittel eindringen (Überfluten).

7

Schutz gegen Wasser, wenn das Betriebsmittel unter festgelegten Druck- und Zeitbedingungen ins Wasser getaucht wird. Wasser darf nicht in schädlichen Mengen eindringen (Eintauchen).

8

Das Betriebsmittel (Gehäuse) ist geeignet zum dauernden Untertauchen in Wasser bei Bedingungen, die durch den Hersteller zu beschreiben sind.

6 Einsatz von CAE-Systemen 6.1 Einführung Bei der Projektierung von Automatisierungsanlagen sind Basic- bzw. Detail-Engineering bevorzugte Einsatzgebiete für CAE-Systeme. Zweckmäßigerweise wird zwischen CAE-Systemen für den Entwurf von Regel- bzw. Steueralgorithmen und CAESystemen für die Erarbeitung der Unterlagen für das Basic- bzw. Detail-Engineering unterschieden. Bekannte Systeme für den Entwurf von Regel- bzw. Steueralgorithmen sind z. B. WinMOD [44], WinFact [45] und MATLAB simulink [46]. Schwerpunkt der sich anschließenden Betrachtungen sind jedoch CAE-Systeme für die Erarbeitung der Unterlagen für das Basic- bzw. Detail-Engineering. Bezüglich der CAE-Systeme für den Entwurf von Regel- bzw. Steueralgorithmen wird auf die o. g. Fachliteratur verwiesen.

6.2 Typischer Funktionsumfang 6.2.1 Überblick Vergleicht man bekannte CAE-Systeme für die Erarbeitung der Projektunterlagen wie z. B. EPLAN PPE [47] bzw. PRODOK [48] miteinander, so lassen sich typische Funktionen erkennen, die in nahezu allen CAE-Systemen der gleichen Leistungsklasse vorhanden sind und hier unter dem Begriff „typischer Funktionsumfang“ zusammengefasst werden. Da ein Teil der Projektunterlagen beim Basic- und ein Teil beim DetailEngineering erarbeitet wird, sind im typischen Funktionsumfang Funktionen sowohl für das Basic- als auch für das Detailengineering enthalten. Für das Basic-Engineering werden im Wesentlichen Funktionen für die Erarbeitung von z. B. x EMSR-Stellenlisten, x Signallisten, x Verbraucherlisten, x EMSR-Stellenblättern x Gerätelisten usw. benötigt. Darüberhinaus unterstützen manche CAE-Systeme beim Basic-Engineering auch die Erarbeitung von R&I-Fließschemata. Bei der Betrachtung des Funktionsumfangs für das Basic-Engineering soll davon ausgegangen werden, dass das R&I-Fließschema vorliegt und so den Ausgangspunkt für das Basic-Engineering bildet. Beim Detail-Engineering handelt es sich im Wesentlichen um Funktionen für die Erarbeitung von x

EMSR-Stellenplänen,

x

Montageunterlagen (Kabellisten und Klemmenpläne, Schaltschranklayouts).

192

6 Einsatz von CAE-Systemen

Es ist daher zweckmäßig, den dazu erforderlichen typischen Funktionsumfang im Folgenden jeweils getrennt für Basic- bzw. Detail-Engineering zu betrachten.

6.2.2 Funktionsumfang für das Basic-Engineering Bild 6–1 zeigt – vom Verfahrens- bzw. R&I-Fließschema ausgehend – beispielhaft die Aufeinanderfolge typischer für das Basic-Engineering benötigter Funktionen (z. B. Anlegen der Anlagenstruktur, Anlegen von EMSR-Stellen, Anlegen von EMSR-Stellenelementen, Generieren von Projektunterlagen) und beschreibt auf diese Weise den typischen Funktionsumfang für das Basic-Engineering. Ausgehend vom Verfahrens- bzw. R&I-Schema wird die Produktionsanlage in z. B. Werke, Komplexe, Anlagen, Teilanlagen, Anlagenteile etc. gegliedert. In diesen Ebenen werden die EMSR-Stellen angelegt und die zugehörigen verfahrenstechnischen Daten bzw. Rohrleitungsdaten zusammengetragen. Anschließend wird die EMSR-Stelle instrumentiert, d. h. gemäß den Funktionen, die mit den im Bild 3–22 aufgeführten Kennbuchstaben gekennzeichnet werden, sind in der EMSR-Stelle EMSR-Stellenelemente, d. h. Geräte, anzulegen, wobei diesen Geräten eine Spezifikation zuzuweisen ist.151 Die in der Angebotsphase benötigten Projektierungsunterlagen werden schließlich unter Verwendung vom Hersteller des CAESystems mitgelieferter Formulare152 quasi „auf Knopfdruck“ generiert, d. h. zeitraubendes Ausfüllen von Listen entfällt. Parallel zum Anlegen von EMSR-Stellen werden – falls es die projektspezifischen Gegebenheiten erfordern – allgemeine Funktionspläne (z. B. in Form von Programmablaufplänen oder Petri-Netzen) erarbeitet. Da dies nicht von allen CAE-Systemen für die Projektierung von Automatisierungsanlagen unterstützt wird, wurden die diesbezüglichen Funktionen im Bild 6–1 aus dem typischen Funktionsumfang ausgeklammert.

151 Im Allgemeinen enthalten die CAE-Systeme bereits einen Grundstock an Spezifikationen. 152 Die CAE-Systeme verfügen über Formulareditoren, mit denen Formulare geändert bzw. neu erstellt werden können.

6.2 Typischer Funktionsumfang

193

Verfahrensfließschema, R&IFließschema

1. Anlegen der Anlagenstruktur (z. B. Werk, Komplex, Anlage, Teilanlage, …) 2. Anlegen von EMSR-Stellen und Eingabe der zugehörigen verfahrenstechnischen Daten (z. B. Temperaturen, Drücke, Durchflüsse,…) bzw. Rohrleitungsdaten (z. B. Nennweite, Material, …)

3. Anlegen von EMSR-Stellenelementen (z. B. Sensoren, Messumformer, informationsverarbeitende Komponenten wie SPS-Baugruppen, Aktoren, Meldeleuchten, …) sowie Anlegen und Zuweisen konkreter Gerätespezifikationen (dadurch gleichzeitig Erfassen des elektrischen Energieverbrauchs)

4. Generieren der in der Angebotsphase benötigten Unterlagen (z. B. EMSR-Stellenliste, Verbraucherliste, EMSR-Stellenblätter, EMSR-Geräteliste, Gerätespezifikationen, …) Bild 6–1: Typischer Funktionsumfang für das Basic-Engineering

6.2.3 Funktionsumfang für das Detail-Engineering Bild 6–2 zeigt – vom Basic-Engineering ausgehend – beispielhaft die Aufeinanderfolge typischer für das Detail-Engineering benötigter Funktionen (z. B. Einrichten der „Ortswelt“, Verkabelung, Entwicklung und Zuweisung von Typicals, Generieren von Projektunterlagen) und beschreibt auf diese Weise den typischen Funktionsumfang für das Detail-Engineering.

194

6 Einsatz von CAE-Systemen

Detail-Engineering

1. Entwickeln des Verkabelungskonzepts und Einrichten der „Ortswelt“ (örtliche Gliederung der Automatisierungsanlage)

2. Verbinden der EMSR-Stellenelemente (Geräte) entsprechend Verkabelungskonzept über Kabel, Klemmenleisten, Klemmen und Anschlüsse

3. Entwickeln von EMSR-Stellenplan-Typicals und Zuweisung zu EMSR-Stellen

4. Generieren der für die Abwicklungsphase benötigten Unterlagen (z. B. EMSR-Stellenpläne, Klemmenpläne, Kabellisten, …) Bild 6–2: Typischer Funktionsumfang für das Detail-Engineering Das Verkabelungskonzept ist entsprechend den Hinweisen aus Abschnitt 3.2 (vgl. Bild 3–4, Bild 3–5 sowie Bild 3–6) zu entwickeln. Mit dem in CAE-Systemen häufig verwendeten Begriff „Ortswelt“ ist die örtliche Gliederung einer Automatisierungsanlage gemeint. Im Allgemeinen umfasst diese örtliche Gliederung gemäß Abschnitt 3.3.4.4 (Bild 3–75) mindestens die Ebenen x

„Feld“: - Aufstellungsort für die verfahrenstechnischen Komponenten (z. B. Behälter, Apparate, Aggregate), - Einbauort für Mess- bzw. Stelleinrichtungen, örtliche Wandler sowie örtliche Verteiler (in der Feldebene installierte Klemmenkästen),

x „Schaltraum“: - Aufstellungsort für Schaltschränke, - Einbauort für SPS-Technik sowie Wandler (Messumformer), x „Prozessleitwarte“: - Aufstellungsort für Schaltschränke, - Einbauort für Komponenten zur Bedienung und Beobachtung (z. B. Rechentechnik für Bedien- und Beobachtungssysteme von Prozessleitsystemen).

6.2 Typischer Funktionsumfang

195

Jede Ebene kann – abhängig vom konkreten Anwendungsfall – mit Unterebenen untergliedert werden. Um EMSR-Stellenelemente gemäß Verkabelungskonzept über Kabel, Klemmenleisten, Klemmen und Anschlüsse miteinander verbinden zu können, werden in Montagegerüsten153, örtlichen Verteilern154 sowie Schaltschränken und Baugruppenträgern Steckplätze, die wie Platzhalter für die konkreten EMSR-Geräte zu betrachten sind, eingerichtet. Damit die EMSR-Stellenpläne quasi „auf Knopfdruck“ generiert werden können, muss der EMSR-Stelle zuvor ein sogenanntes Typical (Stromlaufplan mit Platzhaltern für z. B. Betriebsmittelkennzeichnungen, Gerätebezeichnungen, Anschluss- zw. Klemmenleistenbezeichnungen) zugewiesen werden.155 Klemmenpläne, Kabellisten etc. lassen sich in der gleichen Weise wie die EMSR-Stellenlisten, Verbraucherlisten, EMSR-Stellenblätter usw. erzeugen. Da nicht jedes CAE-System für die Projektierung von Automatisierungsanlagen das Erstellen von Montageanordnungen (Hook-up’s) bzw. Schaltschrank-Layouts unterstützt, wurden die diesbezüglichen Funktionen im Bild 6–2 aus dem typischen Funktionsumfang ausgeklammert.

153 Montagegerüste werden vorzugsweise als Unterebenen in der Ebene „Feld“ eingerichtet und dienen beispielsweise zur Aufnahme örtlich installierter Messumformer von Messeinrichtungen. 154 Örtliche Verteiler werden wie Montagegerüste vorzugsweise als Unterebenen in der Ebene „Feld“ eingerichtet und dienen im Allgemeinen zur Aufnahme von Klemmenleisten, von denen aus sogenannte Stammkabel zur Ebene „Schaltraum“ geführt werden (vgl. Abschnitt 3.2). 155 Vom Hersteller des CAE-Systems werden Typicals mitgeliefert, die mit den gleichfalls mitgelieferten Editoren geändert bzw. neu erstellt werden können.

7 Kommerzielle Aspekte 7.1 Einführung Die Ausführungen in den vorangegangenen Abschnitten waren – mehr oder weniger – technikorientiert, weil diese Themen die hauptsächliche Substanz der Projektierungsarbeit für Automatisierungsanlagen sind. Weil aber bereits in den ersten Etappen der Projektierung kommerzielle Erfordernisse eine Rolle spielen, sollen hier Kalkulation und Angebotsaufbau näher betrachtet werden. Wie aus der Übersicht zum Projektierungsumfang (siehe Abschnitt 2) hervorgeht, sind diese Aspekte bereits in der Akquisitionsphase (vgl. Bild 2–1) zu berücksichtigen. Folgerichtig ist daher die Kalkulation Bestandteil des die Akquisitionsphase durchdringenden Planungs- und Koordinierungsinhalts (vgl. Bild 2–4) und bildet gleichzeitig eine wesentliche Grundlage des Angebots. Beide Aspekte werden im Folgenden näher betrachtet.

7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten 7.2.1 Allgemeines Kalkulationsmodell Den Erläuterungen zur Kalkulation wird hier das nachfolgend dargestellte allgemeine Kalkulationsmodell zugrundegelegt (Bild 7–1). Es soll zeigen, wie sich der GesamtNettopreis einer Automatisierungsanlage zusammensetzt und ist daher preisorientiert aufgebaut.156

156 Üblicherweise wird die Kalkulation auf Basis der ermittelten Kosten K erarbeitet. Um daraus den Preis P zu ermitteln, wird auf die zuvor ermittelten Kosten K die in Prozent anzugebende Vetriebsspanne Vsp entsprechend der Beziehung P=K/(1-(Vsp/100%)) aufgeschlagen. Der besseren Übersicht wegen wurde dieser Schritt im Bild 7–1 jedoch nicht mit dargestellt.

7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten

Basic-Engineering

Leittechnisches Mengengerüst

Rahmenterminplan (für Personaleinsatz- und Produktionsplanung)

197

Preiskomponente 1

Kalkulation Hard-/Software (Abschn. 7.2.2)

Preiskomponente 2

Kalkulation Engineering (Abschn. 7.2.3) Kalkulation Montage und Inbetriebsetzung (Abschn. 7.2.4)

Hauptkomponenten

Komponenten-Nettopreis

GesamtNettopreis

Preiskomponente 3

Kalkulation Neben-„kosten“ (Abschn. 7.2.5)

Hinweis: Die Plausibilitätsprüfung der Anteile der Hauptkomponenten am Komponenten-Nettopreis kann auf Basis von Tabelle 7–1 durchgeführt werden.

Bild 7–1: Allgemeines Kalkulationsmodell

157

Das leittechnische Mengengerüst als Kalkulationsgrundlage ist Resultat des BasicEngineerings (siehe Abschnitt 3.3.3). Es entsteht, indem zunächst anhand des R&IFließschemas ermittelt wird, welche Prozessgrößen (z. B. Druck, Temperatur, Füllstand etc.) wie zu verarbeiten sind (z. B. messen, steuern, regeln, anzeigen, überwachen, stellen usw.). Anschließend werden auf der Grundlage dieser Informationen ermittelt: x

erforderliche Mengen von Messeinrichtungen, Kompaktreglern, Baugruppen158 speicherprogrammierbaren Steuerungen,159 Stelleinrichtungen sowie Kabel, Montagematerial und Gefäßsysteme (z. B. Schaltschränke oder Feldverteiler) für die Kalkulation von Hard-/Software,160

x

Aufwendungen für Konfiguration und Parametrierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen, speicherprogrammierbaren Steuerungen, Prozessleitsystemen einschließlich Beschaffung und Projektmanagement für die Kalkulation des Engineerings,

157 Die Kalkulation des Detail-Engineerings ist in der Kalkulation des Engineerings enthalten. Daher wird das Detail-Engineering im Bild 7–1 nicht explizit mit aufgeführt. 158 Gemeint sind Analogeingabe-/Analogausgabe- bzw. Binäreingabe-/Binärausgabe- sowie Sonderbaugruppen. 159 separat bzw. als Bestandteil eines Prozessleitsystems 160 Bezüglich Software siehe Abschnitt 7.2.2

198

7 Kommerzielle Aspekte

x

Aufwendungen für Montage und Inbetriebsetzung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen, speicherprogrammierbaren Steuerungen, Prozessleitsystemen einschließlich Kabel und Montagematerial für die Kalkulation von Montage/Inbetriebsetzung. Dabei ist zu beachten, dass bei der Kalkulation von sowohl Engineering als auch Montage und Inbetriebsetzung der Rahmenterminplan mit einzubeziehen ist, um z. B. Tätigkeiten außerhalb der „Normal“-Arbeitszeit161 mit entsprechend angepassten Stundensätzen berücksichtigen zu können. Weiterhin sind in der Kalkulation Neben„Kosten“ zu berücksichtigen, die z. B. Aufwendungen für Fracht und Verpackung, Versicherungen, Reisekosten etc. beinhalten. Sie werden im Allgemeinen mittels Prozentsätzen, die jeweils auf die Preiskomponenten 1 bis 3 bezogen werden, in den Gesamt-Nettopreis162 einbezogen.

7.2.2 Kalkulation von Hard- und Software Kalkulationsrelevante Hardwarekomponenten sind: x

Feldgeräte (Mess- und Stelleinrichtungen),

x

Warteneinrichtung,

x

Automatisierungssystem (Kompaktregler, speicherprogrammierbare Steuerungen im separaten Einsatz und/oder als integraler Bestandteil eines Prozessleitsystems),

x

Rechentechnik für Prozessdatenverarbeitung, Bedien- und Beobachtungssystem sowie Engineeringsystem,

x Bussysteme und Interfaces. Kalkulationsrelevante Softwarekomponenten sind: x

Systemsoftware für Automatisierungs-, Bedien- und Beobachtungs-, Engineeringsystem (vgl. Abschnitt 3.4.5.1),

x

Betriebssysteme für Rechentechnik,

x Sonstige Standard- bzw. Ergänzungssoftware (Excel, Access, C++ etc.). Preiskomponente 1 (Bild 7–1) für Hard- und Software wird durch Multiplikation von Einzelpreisen mit den Mengen entsprechend des leittechnischen Mengengerüstes ermittelt. Häufig wird die Preisermittlung durch firmeneigene Kalkulationsinstrumente unterstützt.

7.2.3 Kalkulation des Engineerings Kalkulationsrelevante Engineeringkomponenten sind: x

Projektmanagement (Projektabwicklung) einschließlich Termin- und Personaleinsatzplanung,

x

Detail-Engineering einschließlich

161 In vielen Unternehmen gilt als „Normal“-Arbeitszeit die Arbeitszeit montags bis freitags 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr. 162 Der Gesamt-Bruttopreis ergibt sich aus dem Gesamt-Nettopreis zzgl. Umsatzsteuer.

7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten -

199

ggf. erforderlicher Überarbeitung (Präzisierung) von Unterlagen des BasicEngineerings (R&I-Fließschema, EMSR-Stellenliste usw.), Erarbeitung von Pflichtenheft, EMSR-Stellenplänen, Verkabelungsunterlagen, Schaltschrank-Layouts usw., Erarbeitung der Anwendersoftware Beschaffung von Hard- und Software, Dienstleistungen (z. B. Schulung, Softwareinstallation).

Zur Preisermittlung wird zunächst dem R&I-Fließschema der Umfang an Automatisierungsfunktionen (welche Prozessgrößen sind wie zu verarbeiten) entnommen und anschließend Preiskomponente 2 (Bild 7–1) für das Engineering durch Hochrechnung über Typicalpreise bzw. an Stundensätze gebundenen zeitlichen Aufwand bestimmt. Dabei ist zu beachten: x

Die Stundensätze variieren in Abhängigkeit von der Qualifikation der Mitarbeiter und dem Zeitpunkt, zu dem Arbeiten ausgeführt werden sollen (z. B. außerhalb der „Normal“-Arbeitszeit),

x

Der Zeitaufwand ist von der Anzahl der gleichzeitig im Projekt tätigen Mitarbeiter abhängig. Die dafür erforderlichen Angaben sind dem Rahmenterminplan zu entnehmen, der – wie bereits ausgeführt – eine wichtige Kalkulationsgrundlage ist. Auch hier wird die Kalkulation häufig durch firmeneigene Kalkulationsinstrumente unterstützt.

7.2.4 Kalkulation von Montage und Inbetriebsetzung Kalkulationsrelevante Komponenten von Montage und Inbetriebsetzung sind: x Kabel, Montagematerial (z. B. Panzerrohre, Kabelpritschen, Befestigungselemente) und Kleinmaterial (z. B. Schrauben), x Montageleistungen, x Leittechnische163 und verfahrenstechnische164 Inbetriebsetzung. Zur Preisermittlung wird bei der Kalkulation des Materials (Kabel bzw. Montagematerial) in gleicher Weise wie bei der Kalkulation von Hard-/Software (siehe Abschnitt 7.2.2) verfahren. Bei der Kalkulation von Montage- bzw. Inbetriebsetzungsleistungen wird wie bei der Kalkulation des Engineerings (siehe Abschnitt 7.2.3) verfahren. Das Ergebnis ist somit Preiskomponente 3 (Bild 7–1). Soll mit der Montage eine Fremdfirma beauftragt werden, schreibt die projektausführende Firma die Montage aus. Die projektausführende Firma kalkuliert in diesem Fall die Preiskomponente für die Montage auf Basis des Angebotspreises derjenigen Fremdfirma, die den Zuschlag für das Montageprojekt erhalten hat. 163 Die leittechnische Inbetriebsetzung (auch „kalte“ IBS genannt) umfasst den Test der Signalwege sowie die Kalibrierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen. 164 Die verfahrenstechnische Inbetriebsetzung (auch „heiße“ IBS genannt) umfasst den Test von verfahrenstechnischer und Automatisierungsanlage unter realen Produktionsbedingungen.

200

7 Kommerzielle Aspekte

7.2.5 Kalkulation von Nebenkosten Kalkulationsrelevante Neben-„Kosten“ sind: x Finanzierungskosten (Kapitalkostensatz gemäß firmenspezifischer Festlegung), x Reisekosten, x Versand und Verpackung, x Versicherungen (z. B. Transportversicherung), x Zölle, x Währungsrisiko, x Abwicklungsrisiko. Der Preis für die Neben-„Kosten“ wird wie folgt ermittelt: x Reisekosten: Kosten pro Reise (Fahrtkosten, Übernachtung, Reisestunden, Tagegeld) x Anzahl der Reisen, x Versicherungen: Ansatz gemäß Angaben der Versicherer, x „Übrige“ Nebenkosten: Berechnung über firmenspezifisch festgelegte und auf die Preiskomponenten bezogene Prozentsätze. Folgende Richtwerte haben sich für Versand und Verpackung bzw. Abwicklungsrisiko als sinnvoll erwiesen: - Versand und Verpackung: 2…3% von Preiskomponente 1 für Hard-/Software, - Abwicklungsrisiko: bis zu 10% des Komponenten-Nettopreises.

7.2.6 Kontrollmöglichkeit bezüglich Aufteilung des KomponentenNettopreises auf die Hauptkomponenten Wie bereits im Bild 7–1 angedeutet, ist nach erfolgter Kalkulation eine Plausibilitätsprüfung bezüglich des Anteils von Preiskomponente 1, 2 bzw. 3 am KomponentenNettopreis möglich und zur Untermauerung der kalkulierten Preise bzw. zur Vorbereitung nachfolgender Preisverhandlungen zu empfehlen. Aus der Literatur (z. B. [50]) sind verschiedene Ansätze zur Aufteilung des Gesamtnettopreises bekannt. Anliegen der nachfolgenden Ausführungen ist es, auf Basis dieser Ansätze eine Kontrollmöglichkeit für die Aufteilung des KomponentenNettopreises auf die Hauptkomponenten des im Bild 7–1 dargestellten Kalkulationsmodells zu schaffen. Ohne die Allgemeinheit einschränken zu wollen, soll das Kalkulationsmodell auf Automatisierungsanlagen angewendet werden, die mit Prozessleitsystemen ausgerüstet sind.165 Die Gesamtinvestition zur Errichtung einer Produktionsanlage (z. B. petrochemische Anlage, Pharma-Anlage, Kraftwerk) ist im Allgemeinen auf mehrere Gewerke, die in Ausschreibungen auch als Lose bezeichnet werden, aufgeteilt. Nach [50] kann man 165 Sinngemäß sind die nachfolgenden Ausführungen auch auf mit SPS-Technik ausgerüstete Automatisierungsanlagen übertragbar. Einen Sonderfall bilden Anlagen, die nicht mit einem Bedien- und Beobachtungssystem ausgerüstet sind. Bei solchen Anlagen reduzieren sich die Aufwendungen für das Engineering sowie die Montage und Inbetriebsetzung.

7.2 Hinweise zur Kalkulation von Automatisierungsprojekten

201

sinngemäß folgende typische Lose in Produktionsanlagen unterscheiden: Bau, Elektrotechnik, MSR-Technik (Prozessleittechnik), Rohrleitungen, Montage, Maschinen und Apparate. Setzt man die Gesamtinvestition mit 100% an, so entfallen nach [50] im statistischen Mittel ca. 15% der Gesamtinvestition auf die EMSR-Technik bei einer Streuung von ca. ±9% um diesen Mittelwert. Diese Streuungen werden im Wesentlichen durch folgende Faktoren verursacht [50]:166 1. Domäne (z. B. Petrochemie, Pharmaindustrie, Kraftwerk), der die zu errichtende Anlage zuzuordnen ist, 2. Anlagengröße, die sich in der Zahl der EMSR-Stellen oder dem Komplexitätsgrad der Kontrolllogik ausdrücken lässt. Ein gewisser Anteil der angegeben Streuung rührt sicherlich auch daher, dass die in den ausgewerteten Anfragen [50] enthaltenen Anforderungen an Hard-/Software, Engineering sowie Montage und Inbetriebsetzung unterschiedlich ausgeprägt waren.167 In Auswertung der angegebenen Literatur sowie durch Zusammenarbeit mit Industriepartnern ist es möglich, für Neuanlagen geltende richtungweisende prozentuale Anteile zur Aufteilung des Komponenten-Nettopreises für die Prozessleittechnik auf die Hauptkomponenten festzulegen (Tabelle 7–1) und somit als Kontrollmöglichkeit zu nutzen. Tabelle 7–1: Aufteilung des Komponenten-Nettopreises auf die Hauptkomponenten „Hard-/Software“, „Engineering“, „Montage und Inbetriebsetzung“ bei Neuanlagen Komponente Prozentsatz Hard-/Software Engineering Montage und Inbetriebsetzung

40% 45% 15%

Im Zusammenhang mit den in Tabelle 7–1 genannten prozentualen Angaben ergibt sich die nicht unbegründete Frage nach dem prozentualen Anteil der Nebenkosten am Gesamt-Nettopreis. Hier kann nur festgestellt werden, dass Nebenkosten immer mit Blick auf das konkrete zu kalkulierende Projekt mit seinen Anforderungen gemäß den im Abschnitt 7.2.5 enthaltenen Hinweisen kalkuliert werden müssen und daher eine allgemeine Prozentangabe wenig bzw. gar nicht tauglich wäre.168 166 Entsprechend [50] ist auch der Standort mit seinen Bedingungen als dritter Einflussfaktor mit zu berücksichtigen. Die Autoren des vorliegenden Buches sehen diesen Faktor in der Kalkulation einer Automatisierungsanlage im Vergleich zu den anderen genannten Faktoren aber eher als von untergeordneter Bedeutung an. 167 Ein Beispiel hierfür ist, dass der Lieferant einer Automatisierungsanlage in einem Projekt die gesamte Stelleinrichtung (z. B. Stellventil mit zugehörigem Antrieb), in einem anderen Projekt jedoch nur die Stellantriebe zu liefern hat. 168 Am Beispiel der Kalkulation von Reisekosten zeigt sich dies deutlich: Bei Projekten „vor der Haustür“ sind z. B. so gut wie keine Reisekosten zu kalkulieren, was

202

7 Kommerzielle Aspekte

7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau 7.3.1 Projektaquisition Wie bereits im Abschnitt 2 erläutert, wird im Rahmen des vorliegenden Buches von einem durch eine Projektierungsfirma (Auftragnehmer) typischerweise realisierten Projektablauf ausgegangen, der im Wesentlichen durch folgende nacheinander abzuarbeitende Phasen beschrieben wird: x

Akquisitionsphase (vgl. Bild 2–1),

x

Abwicklungsphase (vgl. Bild 2–2) und

x Servicephase (vgl. Bild 2–3). Gegenstand der nachfolgenden Betrachtungen ist die Akquisitionsphase, in der sich der Auftragnehmer um den Auftrag bemüht. Sie umfasst diejenigen Tätigkeiten, die mit dem im Bild 2–1 dargestellten Ablauf, der sich vom Projektstart bis hin zur Vergabe erstreckt, verbunden sind. Der Projektstart setzt voraus, dass Auftraggeber Investitionen planen. Als diesbezügliche Informationsquellen können dienen: x

Kontakte zu Auftraggebern,

x

Anfragen von Auftraggebern mit der Bitte um Abgabe eines sogenannten Budgetangebotes,169

x

Amtsblätter (z. B. Amtsblätter der jeweiligen Bundesländer, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft, etc.). Als wichtigste Informationsquellen sind sicherlich Kontakte zu Auftraggebern zu betrachten, weil man so im Vergleich zu den übrigen genannten Möglichkeiten am frühesten von beabsichtigten Investitionen Kenntnis erhält. Je früher ein Auftragnehmer Kenntnis von einer geplanten Investition hat, desto mehr Zeit bleibt ihm, zu gegebener Zeit ein überzeugendes Angebot vorzulegen, d. h. desto größer sind seine Chancen bei der Auftragsvergabe. Hat ein Auftragnehmer Kenntnis über die beabsichtigte Investition eines Auftraggebers erlangt, so wird er im Allgemeinen mit diesem Auftraggeber telefonisch oder schriftlich (z. B. per E-Mail) Kontakt aufnehmen, um einen Termin für ein persönliches Gespräch im Rahmen eines Kundenbesuchs zu vereinbaren. Im Verlauf dieses Gesprächs werden meist folgende Schwerpunkte angesprochen:

jedoch eher selten vorkommt. Im allgemeinen Fall ist die Automatisierungsanlage an einem Ort zu errichten, der sich viele Kilometer von der Niederlassung der projektausführenden Firma entfernt befindet. Dadurch wird die Kalkulation der Reisekosten für ein konkretes Projekt entfernungsabhängig. Hinzu tritt, dass abhängig vom Projektumfang und Schwierigkeitsgrad (z. B. Pilotanlage für ein neues Produktionsverfahren) unterschiedlich viele Reisen erforderlich sind. 169 Budgetangebote (unverbindliche Schätzpreisangebote) werden von Auftraggebern dazu verwendet, im Sinne einer groben Schätzung einen ungefähren Überblick über das für die Investitionsplanung zu berücksichtigende Budget zu erlangen.

7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau x

Art und Umfang der Investition,

x

Ziele, die der Auftraggeber mit der Investition erreichen will,

203

x

Projektorganisation (Ansprechpartner sowie zeitlicher Rahmen, in dem das Projekt realisiert werden soll). Die Auskünfte des Auftraggebers zu den genannten Schwerpunkten ermöglichen es dem Auftragnehmer, die in der nach der Kontaktaufnahme folgenden Kundenanfrage genannten Anforderungen, welche häufig in einem Lastenheft niedergelegt sind, treffsicher zu interpretieren. Dadurch gelingt es ihm, das Angebot170 auf die Ziele des Auftraggebers auszurichten und überzeugend diejenige Lösung vorzuschlagen, die dem Auftraggeber im Sinne der angestrebten Ziele den größten Nutzen verspricht. Hat der Auftraggeber alle ihm vorliegenden Angebote ausgewertet, schließen sich die Vergabeverhandlungen mit den anbietenden Auftragnehmern (Anbieter) an. Folgende Schwerpunkte werden im Rahmen von Vergabeverhandlungen diskutiert: x

Erfüllung der technischen Anforderungen,

x

Vertragsbedingungen171 (z. B. Haftung, Gewährleistungsfrist, Lieferbedingungen und -frist),

x Preis. Meist erhalten die Anbieter im Rahmen der Vergabeverhandlungen die Gelegenheit, ihr Angebot zu präsentieren. Damit die Angebotspräsentation optimal auf die Zuhörer ausgerichtet werden kann, ist es zweckmäßig, den Kreis der Zuhörer entsprechend ihrer spezifischen Interessen in Gruppen zu unterteilen, wie folgendes Beispiel zeigt: x

Entscheider (z. B. Geschäftsführer oder Vorstandsgremium), welche die Kaufgenehmigung erteilen und sich auf die Auswirkungen des Angebots auf Unternehmen und Geschäftsergebnis sowie die Sicherung des Return on Investment (ROI) konzentrieren,

x

Coach (z. B. Accountmanager172), der den Anbieter durch den Verkaufsprozess führt und sich auf den Erfolg des Anbieters konzentriert,

x

Wächter (z. B. Unternehmensberater, Ingenieurbüros), die im Vergabeprozess als Prüfungsinstanz fungieren und sich auf die Erfüllung der Anforderungen an die angebotenen Lieferungen (Produkte) und Leistungen konzentrieren,

x

Anwender, welche die angebotenen Lieferungen und Leistungen nutzen werden und sich daher auf den Nutzen der angebotenen Lieferungen und Leistungen für die tägliche Arbeit konzentrieren. Die Angebotspräsentation optimal auf die Zuhörer auszurichten heißt, in der Projektpräsentation auf das den Interessen der jeweiligen Zuhörergruppe entsprechende Informationsbedürfnis gezielt einzugehen. Demzufolge ist die Angebotspräsentation 170 Erläuterungen zum Angebotsaufbau siehe Abschnitt 7.3.2. 171 Nähere Erläuterungen siehe Abschnitt 7.3.2.3. 172 Account-Manager werden auf Anbieterseite häufig eingesetzt, um die Aktivitäten der einzelnen Geschäftsbereiche des Anbieters gegenüber wichtigen Kunden (potentielle Auftraggeber) zu koordinieren. Der Kundenvorteil besteht darin, dass für alle geschäftlichen Angelegenheiten auf Anbieterseite immer die gleiche Person – der Account-Manager – als erster Ansprechpartner zur Verfügung steht.

204

7 Kommerzielle Aspekte

so aufzubauen, dass sie den Zuhörern des jeweiligen Zuhörerkreises überzeugend beantwortet, wie durch den im Angebot unterbreiteten Lösungsvorschlag die vom betreffenden Zuhörerkreis verfolgten Interessen verwirklicht werden. Abhängig vom mit dem Projekt verbundenen Investitionsvolumen führt der Auftraggeber häufig mit jedem der Anbieter mehrere Vergabeverhandlungen. Bei Vergabeverhandlungen, an denen auf Auftraggeberseite Entscheider teilnehmen, stehen für diese Gruppe insbesondere Antworten auf folgende Fragen im Mittelpunkt: x Wie beeinflussen die angebotenen Lieferungen und Leistungen die Geschäftsstrategie des Unternehmens? x Welchen Mehrwert bringen sie für das Unternehmen? x Woraus besteht der im Angebot dargestellte Ansatz? x Welches sind die Risiken des Ansatzes, und wie werden sie unter Kontrolle gehalten? x Welche Ressourcen werden auftraggeberseitig benötigt? x Warum soll der Auftrag mit dem Anbieter statt mit einem der Konkurrenten realisiert werden? Wenn es dem Anbieter gelingt, sowohl Angebot als auch Vergabeverhandlungen einschließlich Angebotspräsentationen im dargestellten Sinn überzeugend zu gestalten, kommt es zum Vertragsabschluss mit dem Auftraggeber, wodurch die Akquisitionsphase abgeschlossen wird.

7.3.2 Angebotsaufbau 7.3.2.1 Prinzipielles Die Erarbeitung des Angebots173 ist gemäß Bild 2–1 ein Teilschritt der Akquisitionsphase. Es gleicht einer Bewerbung und ist daher mit entsprechender Sorgfalt zu erarbeiten. Wie für eine gute Bewerbung ist für ein gutes Angebot ausschlaggebend, dass es mit seinem Aufbau und dem auf die Interessen und Bedürfnisse seiner Empfänger ausgerichteten Inhalt die Erfüllung der gestellten Anforderungen sowie den Nutzen der angebotenen Lieferungen und Leistungen überzeugend vermittelt. Ziel der folgenden Ausführungen ist es daher, ein paar diesbezügliche Empfehlungen für den Angebotsaufbau zu geben. Die aktuelle Vergabepraxis zeigt, dass eine prinzipielle Gliederung des Angebots in x allgemeinen Teil, x kommerziellen Teil, x technischen Teil günstig ist.

173 Auf die Erarbeitung von Budgetangeboten wird im Rahmen des vorliegenden Buches nicht eingegangen, weil sie in der Praxis der Angebotserstellung (d. h. im „Tagesgeschäft“) im Vergleich zum hier betrachteten verbindlichen Angebot nicht so häufig vorkommen.

7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau

205

Anliegen des allgemeinen Teils ist es, hauptsächlich den am Vergabeprozess beteiligten Entscheidern (vgl. Abschnitt 7.3.1) das Angebot im Kurzüberblick zu präsentieren und dabei vorzugsweise diejenigen Fragen zu beantworten, die sich den Entscheidern im Vergabeprozess stellen. Mit anderen Worten: Der allgemeine Teil ist darauf auszurichten, hauptsächlich die Entscheider vom Nutzen der angebotenen Lieferungen und Leistungen zu überzeugen. Daher hat gerade dieser Teil eine enorme Bedeutung für die Vergabe, weil er aus den genannten Gründen den Vergabeprozess entscheidend beeinflussen kann. Der kommerzielle Teil enthält die Vertragsbedingungen, mit denen Auftragnehmer und Auftraggeber z. B. Liefer- und Leistungsumfang, Haftung, Lieferfrist, Gewährleistungsfrist, Zahlungsbedingungen usw. vereinbaren. Im technischen Teil werden die angebotenen Lieferungen und Leistungen schließlich detailliert beschrieben. Richtet sich der allgemeine Teil an Entscheider bzw. Coach, so sind der kommerzielle bzw. technische Teil an die Wächter bzw. Anwender adressiert. Mit der vorgeschlagenen Dreiteilung ist es daher möglich, die im Angebot enthaltenen Informationen empfängerbezogen, d. h. orientiert an den Interessen und Informationsbedürfnissen der genannten Gruppen gezielt darzustellen. Auf diese Weise entsteht also ein im Sinne der im Abschnitt 7.3.1 dargelegten Ausführungen überzeugendes Angebot. In den folgenden Abschnitten wird der Aufbau des allgemeinen, kommerziellen sowie technischen Teils näher betrachtet. Dabei ist zu beachten, dass die genannten Teile – obwohl sie inhaltlich klar voneinander getrennt sind – in der Angebotsgliederung fließend ineinander übergehen. Ein Beispiel zur Gliederung eines Angebots, aus dem der hier überblicksartig beschriebene Angebotsaufbau ersichtlich wird, ist Anhang 9 zu entnehmen. 7.3.2.2 Allgemeiner Teil Das Anliegen des allgemeinen Teils wurde bereits im Abschnitt 7.3.2.1 angedeutet und soll mit den nachfolgenden Ausführungen weiter untersetzt werden. Es besteht – wie bereits erläutert – darin, die am Vergabeprozess beteiligten Entscheider vom Nutzen der angebotenen Lieferungen und Leistungen zu überzeugen. Das bedeutet, bereits im allgemeinen Teil des Angebots auf wesentliche Fragen einzugehen, die sich den Entscheidern während des Vergabeprozesses stellen. Diesem Gedanken folgend, bietet es sich meist an, im allgemeinen Teil auf folgende Schwerpunkte einzugehen: x

Kurzfassung der Aufgabenstellung,

x

in hohem Maße aussagefähige und zugleich äußerst kurze Beschreibung der angebotenen Lieferungen und Leistungen,

x

Benennung von Kaufargumenten, d. h. Darstellung von Gründen, warum die angebotenen Lieferungen und Leistungen den Unternehmenswert erhöhen (Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit),

x

Benennung von Gründen für die Zusammenarbeit mit dem Anbieter, z. B. - vielfach eingesetzte Lösung (vgl. Microsoft versus Open Source), - Lieferantenkompetenz, - Zuverlässigkeit und Image des Lieferanten,…

206

7 Kommerzielle Aspekte

Die genannten Schwerpunkte sind auch Bestandteil der Angebotspräsentation (vgl. Abschnitt 7.3.1) vor den am Vergabeprozess beteiligten Entscheidern, d. h. mit den Überlegungen, die dem allgemeinen Teil des Angebots zugrunde liegen, wird gleichzeitig auch diese Angebotspräsentation mit vorbereitet. Die immense Bedeutung des allgemeinen Teils liegt – wie an den aufgezählten Schwerpunkten erkennbar wird – darin, dass sich hierin für den Anbieter die Chance ergibt, einerseits Vertrauen zu schaffen und andererseits darzustellen, was sein Angebot von denen der Mitbewerber unterscheidet, warum sich der potentielle Auftraggeber also gerade für das vorliegende und gegen alle anderen Angebote entscheiden soll. Das angesprochene Vertrauen entsteht, indem der Anbieter mit seinen Ausführungen zu den genannten Schwerpunkten zeigt, dass er die Interessen des potentiellen Auftraggebers ernst nimmt. In diesem Sinn schafft der Anbieter schon Vertrauen alleine durch sein Bemühen, im Angebot an exponierter Stelle auf diese Schwerpunkte einzugehen. Vor dem Hintergrund, dass Auftraggeber und Auftragnehmer während der Auftragsabwicklung vertrauensvoll zusammenarbeiten sollen und nicht früh genug begonnen werden kann, diese Vertrauensbasis zu schaffen, ist diese Tatsache nicht hoch genug einzuschätzen. Verstärkt wird die Bedeutung des allgemeinen Teils zusätzlich noch dadurch, dass hiermit der landläufigen Meinung „Der niedrigste Preis entscheidet!“ entgegengewirkt werden kann. Wie konnte diese Meinung entstehen? Bei Vergabeprozessen zeigt sich immer wieder, dass Angebote neben dem auf der ersten Angebotsseite befindlichen Preis die Vertragsbedingungen sowie den Liefer- und Leistungsumfang enthalten – nicht mehr und nicht weniger. Setzt man voraus, dass alle Anbieter ihrem Preis den gleichen Liefer- und Leistungsumfang zugrundegelegt haben, dann bleibt dem potentiellen Auftraggeber keine andere Wahl, als nach dem niedrigsten Preis zu entscheiden – er hat ja keine anderen Entscheidungskriterien zur Verfügung! Das ändert sich grundlegend, wenn die Anbieter in den Angeboten im allgemeinen Teil auf die genannten Schwerpunkte eingehen. Dann entscheidet nicht mehr der niedrigste Preis, sondern der potentielle Auftraggeber wählt das preiswerteste Angebot, d. h. insbesondere dasjenige, mit dem er sich – emotional ausgedrückt – am wohlsten und sichersten fühlt. Gerade für das Sicherheitsgefühl, also das Gefühl bei einem der Anbieter „gut aufgehoben“ zu sein, ist die Benennung von Gründen für die Zusammenarbeit mit dem Anbieter enorm wichtig. Haben Auftraggeber und Anbieter zuvor bereits bei anderen Aufträgen erfolgreich zusammengearbeitet, bieten diese zurückliegenden Aufträge hervorragende Möglichkeiten für den Anbieter, Gründe für die erneute Zusammenarbeit im allgemeinen Teil des Angebots anzuführen. Ein solcher Grund könnte z. B. sein, dass ein umfangreicher Auftrag mit einem äußerst anspruchsvollen Zeitplan erfolgreich bewältigt wurde. Vor diesem Hintergrund haben Abwicklungs- bzw. Servicephase zurückliegender Aufträge eine hohe Bedeutung bei der Akquisition neuer Projekte, weil der Anbieter in diesen Phasen seine Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit unter Beweis stellen kann. Je besser der diesbezügliche Ruf des Anbieters ist, desto besser kann er dies im allgemeinen Teil des Angebots als Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu anderen Anbietern herausstellen, und um so höher sind daher seine Chancen bei der Auftragsvergabe.

7.3 Hinweise zu Projektakquisition sowie Angebotsaufbau

207

7.3.2.3 Kommerzieller Teil Der kommerzielle Teil des Angebots enthält Vertragsbedingungen, mit denen Auftraggeber und Auftragnehmer sich u. a. zu folgenden Bedingungen vereinbaren: x

Liefer- und Leistungsumfang (wird detailliert meist im technischen Teil beschrieben, der dem Angebot als Anlage beigefügt ist; daher wird im Angebot meist auf die betreffende Anlage verwiesen),

x

Preis und Preisbasis (Festpreis, Aufwandspreis…),174

x

Zahlungsbedingungen,

x

Eigentumsvorbehalt,

x

Lieferfrist, Termine,175

x

Versandbedingungen und Liefervorbehalte (Exportbedingungen!),

x

Abnahmeprozedur (Gefahrenübergang),

x

Haftung bezüglich – Personen-, Sach- und Vermögensschäden, – Verzug, – Gewährleistung,

x

Gewährleistungsfrist,

x

Angebotsbindefrist,

Allgemeine Vertragsbedingungen

x Gerichtsstand und anwendbares Recht. Außer dem Liefer- und Leistungsumfang, der abhängig vom Umfang der angefragten Lieferungen und Leistungen in den jeweiligen Angeboten immer wieder neu zu beschreiben ist, sind die allgemeinen Vertragsbedingungen, zu denen der Anbieter seine Lieferungen und Leistungen potentiellen Auftraggebern am Markt anbietet, nahezu immer die gleichen. Das können vom Anbieter hierfür individuell ausgearbeitete allgemeine Vertragsbedingungen sein, häufig werden aber auch am Markt allgemein akzeptierte allgemeine Vertragsbedingungen verwendet. Typische Beispiele für den Anlagenbau sind: x Allgemeine Bedingungen für Lieferungen und Leistungen der Elektroindustrie [51], x Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB) [52]. x Verdingungsordnung für Leistungen (VOL) [53].

174 Es sind hierbei nicht nur Preis und Preisbasis zu vereinbaren, sondern auch Vereinbarungen zur Preisanpassung bei Änderungen von Lieferungen und Leistungen zu treffen. 175 Bei den Terminen sind nicht nur Liefer- bzw. Abnahmetermin zu vereinbaren, sondern auch der Termin für den als „Design-Freeze“ bezeichneten Stichtag. Bis zu diesem Stichtag sind vom Auftraggeber gewünschte Änderungen des Lieferund Leistungsumfangs vom Auftragnehmer ohne Mehrkosten für den Auftraggeber zu berücksichtigen. Nach diesem Stichtag gilt das nicht mehr, d. h. Änderungen des Liefer- und Leistungsumfangs werden dem Auftraggeber nach den hierzu getroffenen Vereinbarungen bezüglich Preis und Preisbasis in Rechnung gestellt.

208

7 Kommerzielle Aspekte

Der Idealfall wäre, dass die vom Anbieter in seinem Angebot zugrundegelegten Lieferbedingungen mit den Bestellbedingungen des Auftraggebers übereinstimmen. Das ist jedoch im Allgemeinen oft nicht der Fall. Besonders strittig sind regelmäßig die Klauseln bezüglich Haftung sowie Gewährleistungsfrist. Im Rahmen der Vergabeverhandlungen einigen sich daher Auftraggeber und Auftragnehmer auf für beide Seiten akzeptable allgemeine Vertragsbedingungen, d. h. es entsteht ein Kompromiss. Sofern beide Vertragsparteien häufiger Verträge miteinander abschließen, kann ein solcher Kompromiss zur Grundlage eines von Auftraggeber und Auftragnehmer anzustrebenden Rahmenvertrags werden, auf dessen Basis künftige Verträge abgeschlossen werden. Dadurch können beide Vertragsparteien erheblich Zeit sparen, die sonst für im Regelfall sehr zähfließend verlaufende Verhandlungen zu den allgemeinen Vertragsbedingungen aufgewendet werden müsste. 7.3.2.4 Technischer Teil Im technischen Teil des Angebotes werden – wie bereits im Abschnitt 7.3.2.2 erläutert – die angebotenen Lieferungen und Leistungen detailliert beschrieben. Basis dieser Beschreibung kann das vom potentiellen Auftraggeber bereitgestellte Lastenheft oder ein sogenanntes Leistungsverzeichnis (tabellenartige Auflistung der geforderten Liefe176 rungen und Leistungen, Aufbau siehe z. B. [54]) sein. Insofern ist die Gliederung des technischen Teils bereits vorgegeben. Ferner bietet es sich an, die Beschreibung der Lieferungen und Leistungen als Vorstufe zum Pflichtenheft (vgl. Abschnitt 3.3.4.2) zu erarbeiten, um während der Abwicklung (siehe Bild 2–2) die Pflichtenheftphase schneller abschließen zu können und dadurch Zeit zu sparen.

176 Dabei ist zu beachten, dass in der Beschreibung der potentielle Auftraggeber auf unklare Anforderungen aufmerksam gemacht und außerdem dargestellt wird, was nicht im Liefer- und Leistungsumfang enthalten ist (Ausschlüsse).

Literaturverzeichnis [1]

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Anhang Anhang 1: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponente „Informationserfassung“ Im Folgenden wird für die Komponente „Informationserfassung“ exemplarisch die aus Bild 3–51 abzuleitende Strukturtabelle für die Prozessgröße „Stand“ dargestellt (sowohl für Signalform „analog“ als auch „binär“). Daraus lassen sich in ähnlicher Weise die Strukturtabellen für die weiteren in der Verfahrenstechnik wesentlichen Prozessgrößen ableiten (vgl. auch Bild 3–22) x

Dichte (D).

x

Durchfluss/Durchsatz (F), Durchflussverhältnis (FF) bzw. Durchflussmenge (FQ),

x

Abstand, Länge, Stellung, Dehnung, Amplitude (G),

x

Feuchte (M),

x

Druck (P) bzw. Druckdifferenz (PD),

x

Stoffeigenschaft/Qualitätsgrößen/Analyse (Q),

x

Strahlung (R),

x

Geschwindigkeit/Drehzahl/Frequenz (S),

x

Temperatur T bzw. Temperaturdifferenz (TD),

x

Viskosität (V),

x Gewichtskraft/Masse (W). Zur Strukturtabelle für die Prozessgröße „Stand“ wird nachfolgend eine allgemeine Strukturtabelle als Vorlage mit bereitgestellt.177 In die einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfelder ist jeweils die Anzahl der im Projekt benötigten Messeinrichtungen des entsprechenden Typs einzutragen. Bei binären Messverfahren bietet es sich an, in den Feldern zusätzlich jeweils in Klammern die Anzahl der erzeugten binären Signale mit anzugeben, um sie damit im leittechnischen Mengengerüst der Gerätekategorie SPS/PLS einfacher berücksichtigen zu können.178 Felder, die nichtrelevante Kombinationen von Signalarten mit Kategorien179 der Ebenen „Signalform“, „Messverfahren“ sowie „Art der Hilfsenergieversorgung“ beschreiben, werden mit einer Sperrmarkierung versehen. Bei Eintragungen in die Spalte „örtlich“ der Kategorie „Signalart“ sind keine Angaben darüber erforderlich, ob es sich um 177 Zur besseren Strukturierung und Unterscheidung wurde in der Spalte „Signalart“ auf die Kategorie „Signalform“ Bezug genommen, obwohl diese Kategorie schon als eigenständige Spalte existiert. 178 Beispielsweise können mit einer einzigen konduktiven Messeinrichtung mehrere diskrete Füllstände gleichzeitig überwacht werden. Diese Messeinrichtung liefert daher mehrere binäre Signale. 179 Die Bezeichnungen von Kategorien sind in den nachfolgenden Tabellen kursiv geschrieben.

Anhang 1: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst

213

ein analoges oder binäres Einheitssignal handelt, d. h. parallele Angaben in den Spalten mit den Einheitssignalen und in der Spalte „örtlich“ zum gleichen Messverfahren sind zulässig, wobei in der Spalte „örtlich“ zusätzlich noch die Art der verwendeten Messeinrichtung angegeben werden kann. Ggf. sind den Tabellen Zeilen zur Erfassung weiterer Messverfahren hinzuzufügen bzw. – um spezielle Kategorien-Kombinationen erfassen zu können – Messverfahren mehrfach aufzuführen. Das betrifft insbesondere Messverfahren, die der Signalform „binär“ zugeordnet sind. So lässt sich z. B. der Fall berücksichtigen, dass konduktive Messverfahren zur binären Füllstandsmessung in einem Fall ein Binärsignal, in anderen Fällen jedoch mehrere Binärsignale liefern.

214

Anhang

Anhang 2: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst

215

Anhang 2: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponente „Informationsausgabe“ Wie bereits auf S. 67 ausgeführt, ist die Komponente „Informationsausgabe“ aus Sicht des Signalflusses nach der Komponente „Informationsverarbeitung“ angeordnet. Es läge daher nahe, sie erst nach Behandlung der Komponente „Informationsverarbeitung“ zu betrachten. Für die Erarbeitung des leittechnischen Mengengerüstes ist es jedoch sinnvoller, die Komponente „Informationsausgabe“ vor der Komponente „Informationsverarbeitung“ zu behandeln. Im Folgenden werden die Strukturtabellen für die Komponente „Informationsausgabe“ dargestellt, wobei in die Tabelle für die Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ und die Tabelle für die Gerätekategorie „Arbeitsmaschine mit Stellantrieb als Stelleinrichtung“ unterschieden wird. In die einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfelder der Spalten „Signalart“ 180 bzw. „Anzahl NE“ ist jeweils die Anzahl der im Projekt benötigten Stelleinrichtungen des jeweiligen Typs einzutragen, wobei in der Gerätekategorie „Drosselstellglied mit Stellantrieb“ bei Signalform „binär“ sinnvollerweise zusätzlich der Typ des Stellantriebs (z. B. elektromotorisch, elektromagnetisch) mit anzugeben ist. Bei der Zubehörkategorie „Stellgliedrückmeldung“ (SGRM) bietet es sich an, in den Feldern zusätzlich jeweils x die Art, in der die Stellgliedrückmeldung realisiert wird (z. B. Widerstandsferngeber oder mechanische Endlagenschalter) sowie x in Klammern die Anzahl der erzeugten binären Signale mit anzugeben, um sie damit im leittechnischen Mengengerüst der Gerätekategorie SPS/PLS einfacher berücksichtigen zu können. Felder, die nichtrelevante Kombinationen von Signalarten mit Kategorien181 der Ebenen „Signalform“, „Art der Hilfsenergieversorgung“ sowie „Zubehör“ beschreiben, werden mit einer Sperrmarkierung versehen. Bei Eintragungen in die Spalte „örtlich“ der Kategorie „Signalart“ sind keine Angaben darüber erforderlich, ob es sich um ein analoges 0/4…20 mA-, 0…10 VDC-, 0,2…1 bar- oder binäres 0/24 VDC- bzw. 0,2/1 bar-Einheitssignal handelt, d. h. parallele Angaben in den Spalten mit den Einheitssignalen und in der Spalte „örtlich“ zum gleichen Zubehör sind zulässig. In den Strukturtabellen werden die folgenden Abkürzungen verwendet. A: Analogsignal KR: Koppelrelais A/B: Analog-/Binärsignal MCC: Motor-Control-Center B: Binärsignal NE: Einrichtung für Noteingriff DR-E: Druckregler (elektropneumatisch) SGRM: Stellgliedrückmeldung DR-P: Druckregler (pneumatisch) SR-E: Stellungsregler (elektrisch) DS-E: Druckschalter (elektropneumatisch) SR-P: Stellungsregler (pneumatisch)

180 Zur besseren Strukturierung und Unterscheidung wurde in der Spalte „Signalart“ auf die Kategorie „Signalform“ Bezug genommen, obwohl diese Kategorie schon als eigenständige Spalte existiert. 181 Die Bezeichnungen von Kategorien sind in den nachfolgenden Tabellen kursiv geschrieben.

216 DS-P: FU:

Anhang Druckschalter (pneumatisch) Frequenzumrichter

VA:

Verbraucherabzweig182

182 Verbraucherabzweige sind Schütze, die im Allgemeinen mit Schutzeinrichtungen kombiniert sind.

Anhang 3: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst

217

Anhang 3: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst – Komponente „Informationsverarbeitung“ Im Folgenden werden die Strukturtabellen für die Komponente „Informationsausgabe“ dargestellt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird jede der zugehörigen Gerätekategorien einzeln betrachtet.183 Gerätekategorie „SPS/PLS“ Die Strukturtabelle für die Gerätekategorie „SPS/PLS“ ist in eine Tabelle für SPSbzw. PLS-Hardware sowie für Bedien- und Beobachtungseinrichtungen unterteilt. In diesen Strukturtabellen brauchen die Ebenen „Signalform“ und „Art der Hilfsenergieversorgung“ nicht mit berücksichtigt zu werden.184 In die einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfelder der Spalte „Signalart“185 ist jeweils die Anzahl der im Projekt benötigten Analogeingänge, Analogausgänge, Binäreingänge sowie Binärausgänge des jeweiligen Signaltyps einzutragen. In der Spalte „Anzahl der Baugruppen“ wird die Anzahl von Baugruppen eines konkreten Baugruppentyps verdichtet (siehe Legende zur Strukturtabelle). Für Bedien- und Beobachtungseinrichtungen (S. 219) ist in der Spalte „Anzahl“ jeweils die Anzahl der pro Gerätetyp benötigten gleichartigen Geräte einzutragen. Ggf. ist in den Tabellen zur Berücksichtigung verschiedener Ausführungsformen desselben Gerätetyps der betreffende Gerätetyp mehrfach aufzuführen. In der Spalte „Bemerkung“ können bei besonderer Ausführungsart Eigenschaften wie x Ausführung als Industrie-PC, x Ausführung als Embedded-PC, x Eignung für den Einsatz im explosionsgeschützten Bereich etc. vermerkt werden. In der Strukturtabelle werden folgende Abkürzungen verwendet: AE: Analogeingang, AA: Analogausgang, BE: Binäreingang, BA: Binärausgang, CPU: Central Processing Unit (Zentrale Verarbeitungseinheit), KB: Kommunikationsbaugruppe (z. B. für Profibusanschluss), STRVG: Stromversorgung. 183 Die Bezeichnungen von Kategorien sind in den zugehörigen Strukturtabellen kursiv geschrieben. 184 Die Ebene „Signalform“ wird nicht mit berücksichtigt, weil diesbezügliche Informationen bereits aus den Bezeichnungen der Baugruppen für den Anschluss der analogen bzw. binären Signale hervorgehen. Die Ebene „Art der Hilfsenergieversorgung“ in einer gesonderten Spalte zu berücksichtigen, ist hier nicht sinnvoll, weil diese Ebene nur die Kategorie „elektrisch“ enthält. 185 Zur besseren Strukturierung und Unterscheidung wurde in der Spalte „Signalart“ auf die Kategorie „Signalform“ Bezug genommen, obwohl diese Kategorie schon als eigenständige Spalte existiert.

218

Anhang

Gerätekategorie „Wandler und Rechenglieder“ Die Darstellung dieser Gerätekategorie erfolgt zum einen in der Tabelle für die Kategorie „Rechenglieder“ (S. 219) und zum anderen in der Tabelle für die Kategorie „Wandler“ (S.220). Tabelle „Rechenglieder“: Bei Rechengliedern ist in der Spalte „Signalart“ jeweils die Anzahl der im Projekt benötigten gleichartigen Geräte einzutragen.186 Für jeden Rechenglied-Typ ist jeweils eine Zeile vorgesehen. Tabelle „Wandler“:187 In die einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfelder der Spalte „Signalart“ sind jeweils die Signalarten von Eingangs- bzw. Ausgangssignal, Art der Hilfsenergieversorgung des Wandlers“ 188 sowie die Anzahl der im Projekt benötigten gleichartigen Geräte einzutragen. Für jeden Wandlertyp ist dabei jeweils eine Spalte vorgesehen. Abkürzungen in den Strukturtabellen: E: Eingangssignal, A: Ausgangssignal, HEV: Hilfsenergieversorgung (des Wandlers). Gerätekategorie „Kompaktregler“ (S.220) Das Kriterium „Art der Hilfsenergieversorgung“ (des Kompaktreglers) eignet sich nicht als Unterscheidungskriterium und wurde daher in der Detailstruktur nicht mit betrachtet. Dennoch ist es sinnvoll, der Vollständigkeit halber dieses Kriterium in der Strukturtabelle „indirekt“ mit zu berücksichtigen. Hierzu wird in der Strukturtabelle die Spalte „HEV“ (Hilfsenergieversorgung) zusätzlich eingeführt. 189

ist jeIn den einzelnen (nicht gesperrten) Tabellenfeldern der Spalte „Signalart“ weils die Anzahl der pro Kompaktregler zu verarbeitenden analogen/binären Eingangs- bzw. analogen/binären Ausgangssignale des jeweiligen Signaltyps einzutragen. Daraus ergeben sich bestimmte Signalkonfigurationen. In der Spalte „Anzahl gleichartiger Geräte entsprechend der definierten Signalkonfiguration“ kann anschließend eingetragen werden, wieviele gleichartige Geräte im Projekt benötigt werden.

186 Das Kriterium „Art der Hilfeenergieversorgung des Gerätes“ eignet sich nicht als Unterscheidungskriterium und wurde daher in der Detailstruktur nicht mit betrachtet. Dennoch ist es sinnvoll, der Vollständigkeit halber dieses Kriterium auf diese Art und Weise hier „indirekt“ mit zu berücksichtigen. 187 Analog-/Digital- bzw. Digital/Analogwandler sind von dieser Gerätekategorie nicht erfasst, weil sie hier nicht als eigenständige Geräte sondern als Elemente von Baugruppen der Gerätekategorie „SPS/PLS“ betrachtet werden. 188 Das Kriterium „Art der Hilfeenergieversorgung des Wandlers“ eignet sich nicht als Unterscheidungskriterium und wurde daher in der Detailstruktur nicht mit betrachtet. Dennoch ist es sinnvoll, der Vollständigkeit halber dieses Kriterium wie bei Wandlern hier „indirekt“ mit zu berücksichtigen. 189 Zur besseren Strukturierung und Unterscheidung wurde in der Spalte „Signalart“ auf die Kategorie „Signalform“ Bezug genommen, obwohl diese Kategorie schon als eigenständige Spalte existiert.

Anhang 3: Strukturtabellen für das leittechnische Mengengerüst

219

Jede Signalkonfiguration ist somit einem bestimmten Kompaktreglertyp gleichzusetzen. Daher ist für jede Signalkonfiguration jeweils ein Zeilenblock vorgesehen. In der Strukturtabelle werden folgende Abkürzungen verwendet: R: Widerstandsferngeber, W: Widerstandsthermometer, Th: Thermoelement.

220

Anhang

Anhang 4: Beispiel eines Verkabelungskonzepts

Anhang 4: Beispiel eines Verkabelungskonzepts bei Automatisierung mit Prozessleitsystemen (PLS)

221

222

Anhang

Anhang 5: Beispiel zur örtlichen Gliederung („Ortswelt“)

Anhang 5: Beispiel zur örtlichen Gliederung („Ortswelt“)

223

224

Anhang

Anhang 6: Ausgewählte Befehle der Fachsprache „AWL“ nach DIN EN 61131-3 Befehlsart

Befehl

Modifizierer

LD ST

Bitbefehle

Laden eines Operanden N *)

setzt booleschen Operanden auf „1“

R

setzt booleschen Operanden auf „0“ zurück

& OR

Vergleichsbefehle

Speichern eines Operanden bzw. Zwischenergebnisses

S AND

Arithmetikbefehle

Bedeutung

Boolesche UND-Verknüpfung N, (

Boolesche ODER-Verknüpfung

XOR

Boolesche Exklusiv-ODER-Verknüpfung

ADD

Addition

SUB MUL

(

Subtraktion Multiplikation

DIV

Division

GT

Vergleich: > (Greater Than)

GE

Vergleich: • (Greater or Equal than)

EQ NE

(

Vergleich: = (EQual) Vergleich: (Not Equal)

LE

Vergleich: ” (Less or Equal than)

LT

Vergleich: < (Less Than) Unbedingter Sprung zur Sprungmarke

JMP

C

Bedingter Sprung zur Sprungmarke, wenn Bedingung erfüllt

N

Bedingter Sprung zur Sprungmarke, wenn Bedingung nicht erfüllt

C

Bedingter Aufruf eines Funktionsbausteins, wenn Bedingung erfüllt

N

Bedingter Aufruf eines Funktionsbausteins, wenn Bedingung nicht erfüllt

Unbedingter Aufruf eines Funktionsbausteins Ablaufbefehle

CAL

Unbedingter Rücksprung von Funktion oder Funktionsbaustein RET

)

*) „N“ bedeutet Negation

C

Bedingter Rücksprung von Funktion oder Funktionsbaustein, wenn Bedingung erfüllt

N

Bedingter Rücksprung von Funktion oder Funktionsbaustein, wenn Bedingung nicht erfüllt Klammer schließen

Anhang 7: Ausgewählte Symbole der Fachsprache „AS“

Anhang 7: Ausgewählte Symbole der Fachsprache „AS“ nach DIN EN 61131-3 bzw. DIN EN 60848

225

226

Anhang

Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens nach Zander [30], [31], [32] Grundlegendes zum prozessmodellbasierten Entwurfsverfahren Kompliziertere Prozesse bzw. komplexere Steuerstrecken werden in Elementarsteuerstrecken mit klar abgegrenzten Funktionen und definierten Schnittstellen zerlegt, um eine übersichtlichere und einfachere Modellierung des Prozesses zu gewährleisten. Daraus werden dann Modelle in Form von steuerungstechnisch interpretierten PetriNetzen (SIPN) erstellt und aus diesen Modellen die Steueralgorithmen abgeleitet. Zur Steuerung der Prozesse, die in der Steuerstrecke ablaufen, ist eine Steuereinrichtung erforderlich. Die Steuerstrecke ist dabei der Prozess, der gesteuert werden muss, und die Steuereinrichtung bewirkt in der Steuerstrecke die gewünschten Operationen in der erforderlichen Reihenfolge. Operationen sind beliebige in der Steuerstrecke ablaufende Vorgänge. Diese werden von der Steuereinrichtung in Abhängigkeit von Messsignalen, Signalen von Zeitgliedern und Bediensignalen (z. B. Taster betätigen) gemäß dem in ihr implementierten Steueralgorithmus über Stelleinrichtungen mit Stellsignalen ausgelöst. Je nach Anwendungsgebiet und Aufgabenstellung kann eine Operation auf der einen Seite binären Charakter, z. B. Einschalten eines Rührwerkes oder Füllen eines Behälters, haben. Auf der anderen Seite kann es sich aber auch um kontinuierliche Vorgänge handeln, z. B. das Heizen mit Regelung der Temperatur. Wird nun bei der Ausführung einer bestimmten Operation ein im Sinne der steuerungstechnischen Zielstellung relevantes Ergebnis erreicht, z. B. Behälter ist gefüllt, dann hat sich ein neuer Prozesszustand eingestellt, durch den dieses Ergebnis repräsentiert wird. Den damit verbundene Zustandswechsel vom aktuellen Prozesszustand in den neuen Prozesszustand nach dem Beenden der Operation nennt man Ereignis. Die Signale, welche die Einnahme des neuen Prozesszustandes an die Steuereinrichtung zurückmelden, werden als Ereignissignale bezeichnet. Beim Erreichen des neuen Prozesszustandes wird eine neue Operation von dem in der Steuereinrichtung implementierten Steueralgorithmus in der Steuerstrecke eingeleitet, sobald die Einnahme des neuen Prozesszustandes durch Ereignissignale an die Steuereinrichtung zurückgemeldet wurde. Da im Allgemeinen im Voraus keine Aussage darüber gemacht werden kann, welcher Prozesszustand nach dem Ausführen der Operation eingenommen wird, d. h. kommen alternative Folgeprozesszustände in Betracht, von denen sich nur jeweils einer tatsächlich einstellt, spricht man von nichtdeterministischem Verhalten. Dieses Verhalten kann mehrere Ursachen haben: Einerseits kann es durch unterlagerte Prozesse, z. B. Abnutzungserscheinungen von Werkzeugen oder parallele Teilprozesse, sowie andererseits durch Störungen, z. B. Werkzeugbruch, bewirkt werden. Aus diesem nichtdeterministischen Verhalten gehen nichtdeterministischen Verzweigungen hervor. Im Bild A8-1 wird dieser Sachverhalt am Beispiel eines willkürlich gewählten Petri-Netzes dargestellt.

Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens p1

nichtdeterministische Verzweigung

q2 p3 q4

‫ݔ‬ଵ

q1

‫ݕ‬ଵ ‫ݕ ٿ‬ തതതଶ

p2

ሺ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ש‬ଷ ሻǡ ‫ݔ‬ସ

‫ݕ‬ଷ ‫ݔ‬ହ ǡ ‫ݔ‬ തതതǡ തതത଴ ଺ ‫ݍ‬

‫ݕ‬ସ

227

q3 p4 q5

‫ݕ‬ଷ ‫ݔ‬ହ ‫ ଺ݔ‬ǡ ‫݌‬ തതതǡ തതത଻

‫ݕ‬ହ

Bild A8-1: Darstellung nichtdeterministischen Verhaltens der Steuerstrecke durch nichtdeterministische Verzweigungen im Prozessnetz190 Der in der Steuereinrichtung ablaufende Steueralgorithmus besitzt im Vergleich dazu deterministisches Verhalten. Er löst gezielt die nächste Operation aus, wenn sich nach Beendigung der aktuellen Operation ein neuer Prozesszustand eingestellt hat. Das bedeutet, ein neuer Prozesszustand erfüllt die Bedingungen an einer Transition in dem Steueralgorithmus, der in der Steuereinrichtung abläuft, durch den mittels Stellsignalen eine neue Operation in der Steuerstrecke ausgelöst wird. Der Prozessablauf sowie der auf dieser Basis entworfene Steueralgorithmus werden mit Hilfe von SIPN dargestellt, weil sich Abläufe mit graphischen Mitteln anschaulich darstellen lassen und das SIPN ein hierfür in der Steuerungstechnik gebräuchliches, allgemeines Beschreibungsmittel ist. Grundlegendes zu steuerungstechnisch interpretierten Petri-Netzen (SIPN) Neben der guten Eignung zur grafischen Darstellung von Abläufen ist bei SIPN von Vorteil, dass die in den üblichen Automatenmodellen verwendeten Belegungsvektoren für die Ein- bzw. Ausgangssignale (Ereignissignalvektor bzw. Stellsignalvektor) durch verkürzte Schaltbedingungen bzw. Aktionen in den Petri-Netzen ersetzt werden können, „wodurch eine Nutzung für umfangreichere Steuerungsprobleme der industriellen Praxis überhaupt erst möglich wird.“ [30]. Darüber hinaus bietet das SIPN auch die Möglichkeit, parallele Prozesse innerhalb der Steuerstrecke zu modellieren. Dabei sind mehrere Dinge zu beachten. Zum einen können sich Widersprüche aufgrund der verkürzten Schaltbedingungen bei alternativen Verzweigungen ergeben. Des Weiteren können Durchläufe auftreten. Um diese Entwurfsfehler aufzudecken, ist das den 191 Steueralgorithmus beschreibende SIPN einer Verifikation zu unterziehen. Ferner ist durch Validierung sicherzustellen, dass der entworfene und in einem SIPN darge190 Erläuterungen zum Prozessnetz folgen auf S. 227. 191 Verifikation bedeutet Überprüfung des Steueralgorithmus` auf Verklemmungen, Durchläufe und Widersprüche, d. h. Aufdeckung von Entwurfsfehlern.

228

Anhang

stellte Steueralgorithmus der zu lösenden Aufgabenstellung gemäß formaler Spezifikation entspricht (Validierung). Bei dem hier zur Anwendung kommenden Typ von Petri-Netz handelt es sich allgemein um ein binäres Petri-Netz mit Stellen und Transitionen, bei denen jede Markierung m binär ist, d. h. 0 oder 1. Durch entsprechende Interpretationen dieser Netzelemente gelangt man zum steuerungstechnisch interpretierten Petri-Netz. Von der formulierten, z. B. verbalen Prozessbeschreibung ausgehend, wird zunächst das als Prozessnetz bezeichnete SIPN aufgestellt, woraus durch Rückwärtsverschiebung der Interpretationen des Prozessnetzes das als Steuernetz bezeichnete SIPN generiert wird. Im Folgenden wird die Interpretation der Netzelemente von Prozess- bzw. Steuernetz erläutert. Prozessnetz Das Prozessnetz ist das SIPN, welches den nominalen Prozessablauf beschreibt. Es ist somit als Teilmenge des ebenfalls als SIPN dargestellten Steuerstreckennetzes zu betrachten, das seinerseits den universellen Prozessablauf beschreibt. Da jedoch für den Entwurf des Steueralgorithmus nur der nominale Prozessablauf interessiert, wird beim prozessmodellbasierten Entwurf des Steueralgorithmus` das Prozessnetz und nicht das Steuerstreckennetz benutzt. Die Stellen des Prozessnetzes werden mit p bezeichnet, die Transitionen mit q (siehe Bild A8-1). Die Stellen p des Prozessnetzes werden über die Interpretationen Įi(p) als Prozesszustände interpretiert, denen Ereignissignale (Bediensignale, Rückmeldesignale von Stell- bzw. Zeitgliedern etc.) zugeordnet sind. Die Transitionen q werden über die Interpretationen ȕj(q) als Operationen interpretiert, die mittels zugeordneter boolescher Ausdrücke in den Stellsignalen y diese Operationen in der Steuerstrecke auslösen.192 Der Übergang von einem Prozesszustand zum nächsten, dem Folgeprozesszustand, wird als Ereignis bezeichnet. Der im Bild A8-1 dargestellte Ausschnitt eines willkürlich gewählten Prozessnetzes zeigt den Prozesszustand p1, in welchem sich die Anfangsmarkierung befindet. Dadurch kann die Transition q1 schalten, d. h. in der Steuerstrecke werden die mit den Stellsignalen y1 und y2 verbundenen Operationen ausgelöst. Die beiden Stellsignale müssen konjunktiv miteinander verknüpft sein (siehe Bild A8-1), um zu garantieren, dass beide gleichzeitig mit den entsprechenden Belegungen aktiv sind. Der Schaltausdruck ȕ(q1) nimmt folglich den Wert 1 an, die Transition schaltet, und die Operation kann somit ausgeführt werden. Wird der neue Prozesszustand p2 erreicht, d. h. Į(p2) nimmt den Wert 1 an, sind damit auch die mit den Stellsignalen y1 und y2 verbundenen Teiloperationen beendet. Die jeweils den Stellen zugeordneten Ereignissignale (siehe Bild A8-1) können entweder disjunktiv oder konjunktiv miteinander verknüpft sein. Im Beispiel gemäß Bild A8-1 schließt sich an den Prozesszustand p2 eine nichtdeterministische Verzweigung an. Die in den Zweigen befindlichen Transitionen sind jeweils mit der Ausführung der mit dem Stellsignal y3 verbundenen Operation gekoppelt. Im Ergebnis der Operation kann sich entweder der Prozesszustand p3 oder p4 einstellen. Aus der Menge der nach der aktuellen Operation möglichen Prozesszustände p3 oder p4 stellt sich aber nur ein einziger tatsächlich ein, wobei zu Beginn der mit dem Stellsignal y3 verbundenen Operation im Allgemeinen nicht vorhergesagt werden kann, 192 Die Interpretationen ȕj(q) sind in Prozessnetzen daher Schaltausdrücke in den Stellsignalen y.

Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens

229

welcher. Dieser Sachverhalt wird als funktionsbedingter Nichtdeterminismus bezeichnet. Die bei der nichtdeterministischen Verzweigung zu berücksichtigenden Folgeprozesszustände p3 bzw. p4 müssen zwecks Beobachtbarkeit eindeutig voneinander unterscheidbar sein. Das heißt, in dem konkreten Beispiel gemäß Bild A8-1 darf Prozesszustand p3 nicht nur alleine durch das Ereignissignal x5 bzw. Prozesszustand p4 nicht nur alleine durch das Ereignissignal x6 zurückgemeldet werden, da in diesem Fall die Prozesszustände nicht eindeutig voneinander unterscheidbar sind und dadurch die Beobachtbarkeit verletzt würde. Daher muss bei einem der beiden Prozesszustände mindestens ein Ereignissignal eines Prozesszustandes (z. B. x5 bei p3, siehe Bild A8-1) negiert und konjunktiv mit dem Ereignissignal des jeweils anderen Prozesszustandes verknüpft werden (‫ݔ‬ҧହ bei p4, siehe Bild A8-1). Dies muss beim Entwurf des Prozessnetzes unbedingt beachtet werden, damit die Steuereinrichtung später auf den sich einstellenden Prozesszustand reagieren kann, da er eindeutig durch die Ereignissignale an die Steuereinrichtung rückgemeldet werden muss, was eben voraussetzt, dass sich im Ergebnis von nichtdeterministischen Verzweigungen einstellende Prozesszustände anhand der ihnen zugeordneten Ereignissignale eindeutig unterscheidbar sind. Des Weiteren gilt es, ungewollte Durchläufe zu verhindern. Das kann zum Beispiel passieren, wenn die Ereignissignale der Interpretation Į(p) eines Folgeprozesszustandes die Einnahme desselben bereits rückmelden, obwohl die vorgelagerte Operation noch gar nicht gestartet worden ist. Angelehnt an das Beispiel gemäß Bild A8-1, werden x5 und x6 jeweils als Schalter betrachtet, die entweder ein- oder ausgeschaltet sind. Wird nun zu einem bestimmten Zeitpunkt die an q1 gebundene Operation ausgeführt, und ist x5 schon eingeschaltet, x6 aber noch ausgeschaltet, würde die Operation, welche an q2 gebunden ist, nicht ausgeführt werden, wenn der Prozesszustand p2 eingenommen wird, da der Folgeprozesszustand p3 sofort eingenommen werden würde. Daher müssen Verriegelungsbedingungen definiert werden, mit denen solche Durchläufe vermieden werden können. So kann man beispielsweise das Einnehmen des Prozesszustandes p3 davon abhängig machen, dass der an p2 gebundene Schaltausdruck nicht mehr erfüllt ist, d. h. man verknüpft den an p3 gebundenen Schaltausdruck konjunktiv mit dem negierten an p2 gebundenen Schaltausdruck. Ferner kann es erforderlich sein, die Einnahme von Prozesszuständen davon abhängig zu machen, ob in anderen Netzen Prozesszustände eingenommen wurden oder Operationen aktiv sind. Hierzu gibt es prinzipiell folgende Möglichkeit: Definition von Verriegelungsbedingungen, die sich auf jeweils x aktive Operationen oder x eingenommene Prozesszustände anderer Netze beziehen. Diese Mechanismen sind im Bild A8-1 dargestellt. Die Transition q0 sei dabei eine Transition aus z. B. einem anderen Prozessnetz. Nun wird im Prozesszustand p3 festgelegt, dass dieser nur aktiv werden kann, wenn x5=1, x6=0 und der Schaltausdruck ȕ(q0)=0 ist. Das heißt, der Prozesszustand p3 darf nicht eingenommen werden können, wenn die der Transition q0 zugeordnete Operation aktiv ist, also der Schaltausdruck in den Stellsignalen, welche die betrachtete Operation auslösen, gleich Eins ist. Abkürzenderweise wird im Bild A8-1 in dem Schaltausdruck, der dem Prozesszustand p3 zugeordnet ist,‫ݍ‬ത଴ für ȕ(q0)=0 und ‫ݍ‬଴ für den Fall ȕ(q0)=1 geschrieben. Dies gilt fortan allgemein für jedes weitere Prozessnetz sowie in analoger Weise auch für Steuernetze. Ähnlich verhält es sich mit dem Prozesszustand p4, bei dem die Ereignissignale um ‫݌‬ҧ଻ ergänzt wurden: Während in z. B. einem anderen Netz

230

Anhang

der Prozesszustand p7 eingenommen ist, soll der Prozesszustand p4 nicht eingenommen werden können. Diese Arten von Verriegelungsbedingungen ergeben nur bei parallelen bzw. unabhängigen Petri-Netzen Sinn, worauf später noch näher eingegangen wird. Generierung des Steuernetzes durch Rückwärtsverschiebung der Interpretationen des Prozessnetzes Aus dem Prozessnetz soll nun der Steueralgorithmus generiert werden. Mittels Rückwärtsverschiebung der Interpretationen des Prozessnetzes entgegen der Pfeilrichtung wird dieses in das den gesuchten Steueralgorithmus beschreibende Steuernetz überführt (Bild A8-2).

q2 p3 q4

p1

‫ݔ‬ଵ

q1

‫ݕ‬ଶ ‫ݕ‬ଵ ‫ٿ‬തതത

p2

ሺ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ש‬ଷ ሻǡ ‫ݔ‬ସ

‫ݕ‬ଷ  ‫ݔ‬ହǡ തതത‫ݍ‬ ‫ ଺ݔ‬തതത଴

‫ݕ‬ସ 

s1

q3 p4 q5

t1

‫ݕ‬ଷ  ‫ݔ‬ହ ‫ ଺ݔ‬ǡ ‫݌‬ തതതǡ തതത଻

s2 t2 s3

‫ݔ‬ହ തതത ‫ ଺ݔ‬തതത ‫ݍ‬଴ *)

‫ݕ‬ସ

‫ݕ‬ଵ ǡ ‫ݕ‬ തതതଶ ሺ‫ݔ‬ଶ ‫ݔ ש‬ଷ ሻ‫ݔٿ‬ସ ‫ݕ‬ଷ t3 s4

*) ‫ݔ‬ହ ଺ ‫݌‬ തതത‫ݔ‬ തതത ଻

‫ݕ‬ହ 

‫ݕ‬ହ 

*) Die Zeichen für die UND-Verknüpfung wurden aus Platzgründen weggelassen. Bild A8-2: Überführung des Prozessnetzes in das Steuernetz Nichtdeterministische Verzweigungen im Prozessnetz werden dabei zu deterministischen Verzweigungen im Steuernetz. Um das Steuernetz vom Prozessnetz zu unterscheiden, werden im Steuernetz die Transitionen mit t und die Stellen mit s bezeichnet. Betrachtet man Prozess- und Steuernetz in ihrem Zusammenwirken, dann lösen die zu den Stellen im Steuernetz gehörigen Stellsignale die jeweiligen Operationen im Prozessnetz aus. Die Stellsignale sind im Steuernetz nicht mehr konjunktiv verknüpft, sondern durch Komma getrennt. Das hat den Hintergrund, dass, wie bereits erwähnt, die einzelnen Operationen mit verschiedenen Stellsignalen verbunden sind. Die Stellsignale können im Steuernetz einzeln aktiviert werden, d. h. jedes Stellsignal kann in seiner Wirkung einzeln für sich betrachtet werden. Dieser Tatsache trägt in der Aufzählung der Stellsignale die Trennung durch Kommata Rechnung. Stellt sich ein neuer Prozesszustand im Prozessnetz ein, wird dieser mit Ereignissignalen an das Steuernetz zurückgemeldet, wodurch die jeweilige Transition im Steuernetz, der diese Ereignissignale zugeordnet sind, schalten kann. Dadurch wird nun die nächste Stelle im Steuernetz aktiviert, was wieder zum Schalten einer Transition und somit zum Auslö-

Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens

231

sen der nächsten Operation im Prozessnetz führt. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass eine Transition im Prozessnetz anders als im Steuernetz nicht in theoretisch unendlich kurzer Zeit schaltet, sondern innerhalb einer bestimmten Zeitspanne (z. B. innerhalb einer Minute). Oft kann das Steuernetz durch Zusammenlegung von Stellen-Transitionsfolgen, die in der gleichen Stelle enden, vereinfacht werden. Dieses Steuernetz nennt man dann auch reduziertes oder vereinfachtes Steuernetz. Anwendung des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens auf parallele ereignisdiskrete Prozesse Die bisherigen Betrachtungen lassen sich auch auf parallele Prozesse übertragen, indem neben dem bereits diskutierten funktionsbedingten Nichtdeterminismus der bei parallelen ereignisdiskreten Prozessen auftretende zeitbedingte Nichtdeterminismus berücksichtigt wird. Die dabei auftretenden Probleme werden ausführlich in [31] und [32] diskutiert, so dass darauf verwiesen wird. Zur Lösung der dort diskutierten Probleme ist bei der Entwicklung von Prozessnetzen gemäß [31] folgendes zu beachten: x Bei der Eröffnung von Parallelität müssen allen Stellen, die einer Eröffnungstransition nachfolgen, die gleichen Ausdrücke in den Ereignissignalen x zugeordnet werden. x Zeitbedingte Nichtdeterminismen werden durch Warteoperationen berücksichtigt, die jeweils an Kanten anzutragen sind. Bild A8-3 zeigt hierzu ein Beispiel.

‫ݕ‬ଵ

q1

p1 ‫ݔ‬ଵ y4 y4

p2 ‫ݔ‬ଶ w1 w1

‫ݕ‬ଷ Jeweils an den Kanten angetragene Warteoperationen.

p3 ‫ݔ‬ଷ w2 w2

q5

q4 p4 ‫ݔ‬ସ q6

q3

‫ݕ‬ଶ

q2

‫ݕ‬ହ q7

p5 ‫ݔ‬ସ ‫଺ݕ‬

p6 ‫ݔ‬ହ q8

‫ ଻ݕ‬q9

p7 ‫ݔ‬ହ ‫ ଼ݕ‬q10

p8 ‫ݔ‬ହ ‫ݕ‬ଽ

Bild A8-3: Darstellung von funktions- bzw. zeitbedingtem Nichtdeterminismus in Pro193 zessnetzen ereignisdiskreter paralleler Prozesse

193 Zur besseren Übersichtlichkeit wurden die Bezeichnungen der Plätze statt daneben in die Plätze eingetragen.

232

Anhang

Darstellung von Zeitverzögerungen und zeitbegrenzten Aktionen in Prozessnetzen [32] Im weiteren Verlauf soll nun erläutert werden, wie Zeitverzögerungen und Zeitbegrenzungen im Prozessnetz dargestellt werden können. Hierbei wird auf die drei wichtigsten und daher gebräuchlichsten Möglichkeiten eingegangen. Zeitbegrenzung einer Operation / feste Weiterschaltzeit Das erste zeitabhängige Konstrukt ist im Bild A8-4 dargestellt. Es handelt sich dabei um eine zeitlich begrenzte Operation, d. h. die mit dem Stellsignal y1 verbundene Operation soll drei Sekunden lang aktiv sein. Nachdem diese Zeitspanne abgelaufen ist, wird die Operation automatisch beendet, da sich der neue Prozesszustand p2 eingestellt hat.

Prozessnetz

p1 q1 p2

‫ݔ‬ଵ ‫ݕ‬ଵ ͵‫ݏ‬Ȁ‫݌‬ଵ

Steuernetz

s1 t1 s2

‫ݕ‬ଵ ͵‫ݏ‬Ȁ‫ݏ‬ଵ ‫ݕ‬ଶ

Bild A8-4: Zeitbegrenzung einer Operation (vorgegebene Prozesszeit) Die Zeitspanne von drei Sekunden legt daher die Prozesszeit fest, indem derselbe Schaltausdruck Į(p1) sowohl p1 als auch p2 zugeordnet wird, mit dem Unterschied, dass durch die Zeitangabe die Einnahme des Prozesszustandes p2 erst nach der angegeben Zeitspanne (in diesem Fall drei Sekunden) rückgemeldet wird. Hieraus ergibt sich, dass die Beendigung der an q1 gekoppelten Operation verzögert wird. Im Steuernetz bedeutet dies, dass nach drei Sekunden die Transition t1 auf jeden Fall schaltet. Zeitverzögertes Beenden einer Operation / Zeitverzögertes Schalten einer Transition Gemäß Bild A8-5 kann die Einnahme des Prozesszustandes p2 erst rückgemeldet werden, wenn die Ereignissignale xn aktiv wurden und danach drei Sekunden abgelaufen sind. Ist zum Beispiel das Ereignissignal x1=1, wird dies erst nach drei Sekunden wirksam, d. h. erst dann wird die der Transition q1 zugeordnete Operation beendet. Für das Steuernetz bedeutet das, dass erst nach Ablauf von drei Sekunden, nachdem die der Transition t1 zugeordnete Schaltbedingung erfüllt wurde, weitergeschaltet werden kann. Die Zeit von drei Sekunden beginnt also erst dann zu laufen, nachdem die der Transition t1 zugeordnete Schaltbedingung erfüllt wurde. Daraus resultiert somit eine Ausschaltverzögerung.

Anhang 8: Grundzüge des prozessmodellbasierten Entwurfsverfahrens

Prozessnetz

p1

‫ݔ‬ଵ

q1

‫ݕ‬ଵ

p2

͵‫ݏ‬Ȁ‫ݔ‬௡

233

Steuernetz

s1 t1 s2

‫ݕ‬ଵ ͵‫ݏ‬Ȁ‫ݔ‬௡ ‫ݕ‬ଶ

‫ݔ‬௡ ൌ ሺ‫ݔ‬ଵ ǡ ‫ݔ‬ଶ ǡ ǥ ǡ ‫ݔ‬௡ିଵ ǡ ‫ݔ‬௡ ሻ் Bild A8-5: Zeitverzögertes Beenden einer Operation Zeitverzögertes Aktivieren einer Operation / Aktivierung eines Platzes Gemäß Bild A8-6 wird die Transition q1 in Abhängigkeit der Aktivierung der Vorstelle p1 nach der vorgegebenen Zeit aktiviert. Das heißt, die der Transition q1 zugeordnete Operation kann nur ausgelöst werden, wenn sich der Prozesszustand p1 seit mindestens drei Sekunden eingestellt hat. Auf das Steuernetz bezogen wird die Stelle s1 und somit eine Ausgabe der der Stelle s1 zugeordneten Stellsignale erst dann aktiviert, nachdem nach Markierung der Stelle s1 drei Sekunden vergangen sind. Daraus resultiert somit eine Einschaltverzögerung. Prozessnetz

p1 q1 p2

‫ݔ‬ଵ ‫ݕ‬ଵ ሺ͵‫ݏ‬Ȁ‫݌‬ଵ ሻ ‫ݔ‬ଶ

Steuernetz

s1 t1 s2

‫ݕ‬ଵ ሺ͵‫ݏ‬Ȁ‫ݏ‬ଵ ሻ ‫ݔ‬ଶ ‫ݕ‬ଶ

Bild A8-6: Zeitverzögertes Aktivieren einer Operation

234

Anhang

Anhang 9: Empfehlung zur Angebotsgliederung Angebot ………. Angebotsnummer ………. Sehr geehrte Damen und Herren, nachfolgend erhalten Sie, wie vereinbart, unser Angebot ………. Das Angebot enthält alle Komponenten für Einführung und Einsatz ………. Unser Angebot im Überblick Die Aufgabe Am Standort werden………. Als problematisch erweist sich hierbei………. Hauptproblem ist………. Darüber hinaus soll………. Um dieses Ziel erreichen zu können, sind ………. Aufgrund der Vielzahl dabei zu berücksichtigender Aspekte (….) bietet sich der Einsatz von … an. Die Lösung aus einer Hand Unsere Lösung umfasst folgende Komponenten: x

……….,

x ………., Mit diesen Komponenten werden …. Die ausführliche Beschreibung der angebotenen Lieferungen und Leistungen finden Sie im technischen Teil des Angebots (siehe Anlage…). Die angebotene Lösung führen wir in folgenden Schritten ein: 1. ………., 2. ……….,

Anhang 9: Empfehlung zur Angebotsgliederung

235

Die Investition Für eine Investition in Höhe von …. können Sie unsere Lösung einsetzen. Auf Basis unserer Erfahrungswerte liegt die Amortisationszeit unserer Lösungen zwischen … und … Jahren. Der Wert unserer Lösung Der Einsatz unserer Lösung wird einen erheblichen geschäftlichen Nutzen bieten können, weil x

……….,

x

……….,

Die Vorteile einer Zusammenarbeit mit … Folgende Gründe sprechen für eine Realisierung des Projektes mit unserem Unternehmen: x

……….,

x

……….,

Die ausführliche Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs sowie die allgemeinen Vertragsbedingungen entnehmen Sie bitte dem nachfolgenden Angebotsteil. Wir hoffen, dass unser Angebot Ihren Wünschen entspricht und sehen Ihrer Antwort erwartungsvoll entgegen. Für Fragen steht Ihnen ………. jederzeit gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen

Anlage: Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs sowie allgemeine Vertragsbedingungen

236

Anhang

Anlage Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs sowie allgemeine Vertragsbedingungen für

x Beschreibung des Liefer- und Leistungsumfangs Aufgabenstellung Lösungskonzept Liefer- und Leistungsumfang

x Allgemeine Vertragsbedingungen Preis und Preisbasis Zahlungsbedingungen Eigentumsvorbehalt Lieferfrist, Termine Versandbedingungen und Liefervorbehalte Abnahmeprozedur Haftung Gewährleistungsfrist Angebotsbindefrist Gerichtsstand und anwendbares Recht

Index Abgrenzung zwischen kontinuierlichen und ereignisdikreten Prozessen 143 Ablauf der Kernprojektierung 22 Abwicklungsphase 5, 6 Akquisitionsphase 5 Aktorik 2 Angebotsaufbau: allgemein 204; allgemeiner Teil 205; Beispiel 233; kommerzieller Teil 207; technischer Teil 208; Vertragsbedingungen 207 Anlagenkennlinie 59 Anschlusskennzeichnung: Kombination von Kennzeichnungsblöcken 107; Prinzip 105 Armaturenliste 86 Aufgabenkategorien 4 Auswahl der Prozessorik 62 Auswahl der Sensorik 45 Auswahl und Dimensionierung von Mess- bzw. Stelleinrichtungen, Prozessorik, Bussystemen: allgemein 44 Auswahl und Dimensionierung von Stelleinrichtungen 45 Basic- und Detailengineering 8 Basic-Engineering 8, 31 Basisstruktur 17; Strukturvariante busbasiert 20; Strukturvariante klassisch 18; Strukturvariante modifiziert 19 Betriebsmittel: Kennbuchstaben für elektrische Betriebsmittel 104;

Kennbuchstaben für nichtelektrischen Betriebsmittel 105 Betriebsmittelkennzeichen: elektrisches Betriebsmittel 102; nichtelektrisches Betriebsmittel 102 Betriebsmittelkennzeichnung: allgemein 99; Anschlusskennzeichnung 105; aufgeteilte Kennzeichnungsschreibweise 99; Beispiele 103; Kennzeichnungsblock "Aufstellungsort" 100; Kennzeichnungsblock "Betriebsmittelkennzeichen" 102; Kennzeichnungsblock "Einbauort" 100; Kennzeichnungsblock "Übergeordnete Kennzeichnung" 99; Kombination von Kennzeichnungsblöcken 107; Ortskennzeichnung 100; zusammenhängende Kennzeichnungsschreibweise 99 CAE-Systeme für die Projektierung: Funktionsumfang – BasicEngineering 192; Funktionsumfang – DetailEngineering 193 Detail-Engineering 8; allgemein 88 Durchflussregelstrecke: Reglerparameter 140; Sprungantwort 138; statische Kennlinie 137 Ebenenmodell 15 Einheitssignalpegel 16 Elektrische Hilfsenergieversorgung: Bereitstellung und Verteilung 174; Systematisierung 178;

238 Verknüpfung mit pneumatischer Hilfsenergieversorgung 182; Zuschaltung 177 EMSR-Geräteliste 86 EMSR-Stellenblatt 62 EMSR-Stellenliste 42 EMSR-Stellenplan: allgemeiner Aufbau 90; fein 90; grob 90; Symbole 90; Symbolgruppen 90 EMSR-Stellensymbol: allgemein 32; häufig verwendete 33 Erarbeitung der Anwendersoftware: allgemein 165; Fachsprachen 166 Ermittlung des elektrischen Leistungsbedarfs 175 Experimentierfeld „Prozessautomatisierung“ 9 Fachsprachen nach DIN EN 61131-3: allgemein 166; Fachsprache AS 166, 171, 224; Fachsprache AWL 166, 167, 223 Fachsprache FBS 166, 167 Fachsprache KOP 166, 167 Fachsprache ST 166, 167 Funktionsplan 7 Gesamtumfang eines Automatisierungsprojektes 14 Gliederung des Lastenheftes 23 Gliederung des Pflichtenheftes 89 Hilfsenergieversorgung: allgemein 173; Basisstruktur 173 Hook-up 113, 114 Hydraulische Hilfsenergieversorgung 184 Kabelliste 108 Kalkulation von Automatisierungsprojekten: Aufteilung des Komponenten-

Index Nettopreises 200; Engineering 198; Hard- und Software 198; Kalkulationsmodell 196; Montage und Inbetriebsetzung 199; Nebenkosten 200 Kalkulationsmodell 196 Kennbuchstaben für: Armaturen 31; elektrische Betriebsmittel 104; EMSR-Technik 39; Maschinen, Apparate und Geräte 30; nichtelektrische Betriebsmittel 105 Kennzeichnung von Unterlagen: allgemein 113; Kennbuchstaben 115 Kennzeichnungsschreibweise: aufgeteilt 99 Kernprojektierung: Definition 8; Einordnung 14; Umfang 8 Klassifikation industrieller Prozesse 2 Klemmenplan 109, 111 Kolbenhubpumpe: allgemein 51 Kombinationssymbole 93 Kreiselpumpe: allgemein 46; Aufbau 46 Kugelhahn: allgemein 53 kV -Wert 55 kV0 -Wert 56 kVs -Wert 56 Lastenheft 23 Leistungsbedarf: elektrischer 175; Ermittlung 175 Leittechnisches Mengengerüst: allgemein 65; Komponente Informationsausgabe 67; Komponente Informationserfassung 66;

Index Komponente Informationsverarbeitung 74; Strukturtabelle für Komponenten 212, 215, 217 Messeinrichtung 3, 45 Montageanordnung 113, 114 nichtdeterministische Verzweigung: allgemein 158, 227; funktionsbedingt 158; zeitbedingt 227, 230 Örtliche Gliederung: allgemein 101; Beispiel 223 Ortskennzeichnung 100; aufgeteilte Kennzeichnungsschreibweise 102; zusammenhängende Kennzeichnungsschreibweise 102 Pflichtenheft 88 PID-Regelglied in Parallelstruktur 117 Planungs- und Koordinierungsinhalt 7 Pneumatische Hilfsenergieversorgung: Bereitstellung und Verteilung 180; Verknüpfung mit elektrischer Hilfsenergieversorgung 182 pneumatischer Stellantrieb: Aufbau 119; statische Kennlinie 120; Übertragungsfunktion 121 Potentiale: allgemein 106; Kennzeichnung 106 Projektablauf: Abwicklungsphase 6; Akquisitionsphase 5; Servicephase 7 Projektakquisition: allgemein 202; Vergabeverhandlung – allgemein 203; Vergabeverhandlung – Personengruppen 203; Vergabeverhandlung – Schwerpunkte 204 Projektierung (Def.) 7

239 Projektierungsleistungen 22 Prozessklassen 2 prozessmodellbasierter Steuerungsentwurf nach Zander 157 Prozessorik 3 Prozesssicherung: allgemein 186; Basisansatz nach VDI/VDE 2180 186; Explosionsschutz – allgemein 187; Explosionsschutz – Gruppen- bzw Zoneneinteilung 187; Schutzgrade – allgemein 189; Schutzgrade – Wasserschutz 190 Querverweise: allgemein 106; Kennzeichnung 106 R&I-Fließschema: allgemein 31; Darstellung binärer Steuerungen 38; Darstellung von Regelkreisen 37; Symbole für Sachgruppe 10-18 28; Symbole für Sachgruppe 1-9 28; Symbole für Sachgruppe 19-22 29; Symbole für Sachgruppe 23-26 29 Regelungsentwurf: allgemeiner Ablauf 118 Reglerentwurf: experimentelle Vorgehensweise 142; Verfahren nach Chien/Hrones/ Reswick – allgemein 129; Verfahren nach Chien/Hrones/Reswick – Anwendungsbeispiel 129; Verfahren nach Chien/Hrones/Reswick – Einstellregeln 129; Verfahren nach Reinisch – allgemein 132; Verfahren nach Reinisch – Anwendungsbeispiel 136; Verfahren nach Reinisch – Einstellregeln 136; Verfahren nach Strejc – allgemein 137; Verfahren nach Strejc – Anwen-

240 dungsbeispiel 140; Verfahren nach Strejc – Einstellregeln 139; Verfahren nach Strejc – Kennwertberechnung 139; Verfahren nach Ziegler/Nichols – allgemein 131; Verfahren nach Ziegler/Nichols – Anwendungsbeispiel 140; Verfahren nach Ziegler/Nichols – Einstellregeln 132; Verfahren nach Ziegler/Nichols – Wahl der Reglerstruktur 132 Wahl der Reglerstruktur 128 Reglerentwurf mittels Streckenkennwerten 128 Rohrleitungs – und Pumpenkennlinie im Zusammenwirken 60 Rohrleitungskennlinie: allgemein 57 Schaltschrank-Layout 110, 112 Schieber: allgemein 53 Sensorik 2 Servicephase 5, 7 Signalkennzeichnung: allgemein 106; Kombination von Kennzeichnungsblöcken 107 Signalliste 42 Spezifizierung des Stellantriebs 27 Stelleinrichtung 3, 45 Stellglied 46 Stellglieder für die Stoffstromstellung: allgemein 53 Stellklappe: allgemein 53 Stellventil: allgemein 53; Aufbau 53; Auswahl und Dimensionierung 57; Bestimmung der Kennlinie 55; Druckabfälle 60; kV -Wert 55; kV0 -Wert 56; kVs -Wert 56; Stellverhältnis 57; Vierquadrantenmethode 61 Stellverhältnis 57

Index Steuerungsentwurf: Ablauf 145; allgemein 144; Petri-Netz Station verschließen 156; Verfahren nach Karnaugh – allgemein 152; Verfahren nach Karnaugh – Anwendungsbeispiel 152; Verfahren nach Kazakov – allgemein 153; Verfahren nach Kazakov – Anwendungsbeispiel 153; Verfahren nach Zander – allgemein 157; Verfahren nach Zander – Anwendungsbeispiel Rührkesselreaktor 159; Verfahren nach Zander – Anwendungsbeispiel X/Y-Schlittenverfahreinheit 163; Verfahren nach Zander – Prozessnetz 158; Verfahren nach Zander – Rückwärtsverschiebung 158 Strukturvariante: busbasiert 20; klassisch 18; modifiziert 19 Strukturvarianten 18 Symbole für Anpasser 92; Aufnehmer 91; Ausgeber, Regler, Steuer- und Bediengeräte 92; Stellgeräte und Zubehör sowie Signalkennzeichen und Leitungen 93 Typical 84 Übergangsfunktion: Strecke mit Ausgleich 126; Strecke ohne Ausgleich 126 Verbraucherliste 86 Verbraucher-Stellenblatt 62 Verfahrensfließschema 25

Index Vergleich der Informationsinhalte von Grundfließ-, Verfahrensfließ- sowie R&I-Fließschema 24 Verhalten von Stelleinrichtungen bei Hilfsenergieausfall 41 Verkabelungskonzept 90, 222 Vertragsbedingungen 207 Verwendung der EMSRStellenkennzeichnung „EU“ 40; „US“ 40 Verwendung des Kennbuchstabens „S“ als Folgebuchstabe 39

241 Verzweigung: nichtdeterministische 158, 227 Vierquadrantenmethode 57; Ablauf 60; Diagramm 61 Warmwasserbereiter: Aufbau 123; Modellbildung 123; Übertragungsfunktion 125 Wirkungsplan einschleifiger Regelkreise mit PID-Reglern 116 Wirkungswege 36

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