Insurance Mathematics (Schadenversicherungsmathematik)

May 27, 2016 | Author: Baby | Category: Types, Research
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Thomas Mack...

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Vorlesung „Schadenversicherungsmathematik“ von Dr. Thomas Mack

1. Grundlagen 1.1. Allgemeines 1.1.1. Was ist Versicherung? Im Versicherungsvertrag (Police, „Risiko“) verpflichtet sich das Versicherungsunternehmen gegen Erhalt eines im voraus fälligen Geldbetrags (Prämie), bei Eintritt von im Vertrag näher definierten ungewissen Ereignissen (Schäden) bestimmte, in ihrer Höhe meist vom betreffenden Ereignis abhängende Zahlungen an den Vertragspartner (Versicherungsnehmer) zu leisten, die den aus dem Ereignis resultierenden wirtschaftlichen Nachteil des Versicherungsnehmers reduzieren oder ausgleichen sollen. Kurz gesagt, das Versicherungsunternehmen übernimmt ungewisse Zahlungen gegen feste Prämie. Für den Versicherungsnehmer ist der Tausch von ungewissen Kosten gegen planbare Kosten schon ein Vorteil an sich; dazu kommt, dass ruinös hohe Schäden mit kleinen Eintrittswahrscheinlichkeiten durch Versicherung überhaupt erst tragbar werden. 1.1.2. Überblick über die wichtigsten privaten Versicherungszweige (nach Beitragseinnahme 2004 in Deutschland in Mrd. €) 70,0 26,5

Leben Kranken

(ca. 80 % Sparanteil)

13,8 6,6 1,7 6,5 6,0 2,9

Kfz-Haftpflicht (KH) Kfz-Vollkasko Kfz-Teilkasko Allg. Haftpflicht Unfall Rechtsschutz

4,4 2,5 3,8 2,5 1,1

Industrielle Sachvers. Gewerbliche Sachvers. Verbundene Wohngebäude Verbundene Hausrat sonstige Sach

1,9 1,4

Transport, Luft- und Raumfahrt Kredit

HUK (R)

Schaden-Vers. Sach

2 1.1.3. Historisches zur Schadenversicherungsmathematik 1909 F. LUNDBERG „Zur Theorie der Rückversicherung“, TICA erfand die „Kollektive Risikotheorie“ 1926 H.CRAMER „Review of F.Lundberg“, SAJ schrieb auch „Math. Methods of Statistics” 1958 1930 F.LUNDBERG „Über die Wahrscheinlichkeitsfunktion einer Risikenmasse“, SAJ 1930 H.CRAMER „On the Mathematical Theory of Risk“, Skandia Jubilee Volume 1932 F.ESSCHER „On the Probability Function in the Collective Theory of Risk“, SAJ 1933 A.N.KOLMOGOROFF Axiomensystem 1936 P.RIEBESELL „ Einführung in die Sachversicherungsmathematik“ 1939 C.O.SEGERDAHL „On Homogeneous Random Processes and Collective Theory of Risk“, Diss. 1940 O.LUNDBERG „On Random Processes and their Application to Sickness and Accident Statistics“, Diss. 1948 H.AMMETER „A Generalization of the Collective Theory of Risk in /49 Regard to Fluctuating Basic Probabilities“, SAJ/MSVVM 1957 Gründung von ASTIN = Actuarial Studies in Non-life Insurance 1969 BEARD/PENTIKÄINEN/PESONEN „Risk Theory“ 1969 H.SEAL „Stochastic Theory of a Risk Business“

die ersten Lehrbücher

1970 H.BÜHLMANN „Mathematical Methods in Risk Theory“ 1978 Gründung der deutschen ASTIN-Gruppe innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Versicherungsmathematik (DGVM, 1903) 1993 Gründung der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) als echter Berufsverband mit Standesregeln etc. 1994 Deregulierung der bisher staatlichen Tarifgenehmigung in Leben und KH _____________ TICA = Transactions of the International Congress of Actuaries SAJ = Scandinavian Actuarial Journal MSVVM = Mitt. der Schweizer Vereinigung der Versicherungsmathematiker

3 Bemerkungen: (1) Non-life Insurance = General Insurance = Schadenversicherung (USA) (UK) (2) Unterschied zwischen Risikotheorie

und

SchadenVMathematik:

Versicherungsprobleme von eigenständigem math. Interesse

Anwendung bekannter und neuer math. Methoden auf Versicherungsprobleme

Schadenzahlprozess Gesamtschaden-Verteilung Ruintheorie Prämienprinzipien Credibilitytheorie

Tarifkalkulation Schadenreservierung Risikoteilung

(3) Aktuar (actuary) = Versicherungsmathematiker Der actuarius im alten Rom schrieb die Senatsbeschlüsse mit. Die erste LebensVGes. Equitable Life (1762) gab ihrem chief official die Bezeichnung „actuary“.

1.1.4. Prüfung zum Aktuar DAV Vorauss.: Mathe-Studium mit Grundkenntnissen in W-Theorie und Statistik Grundwissen Finanz-M (4 SWS), Statist. Methoden / Risikotheorie (3 SWS), Personen-VersM (4 SWS), Schaden-VersM (3 SWS) Modellierung (2 SWS), Informationsverarbeitung (1 SWS, keine Prüfung), Vers.Wirtschaftslehre (3 SWS), Rechnungslegung für Aktuare (2 SWS), Wertorientiertes Risikomanagement (3 SWS), Rechtsgrundlagen u. berufsständische Fragen (2 SWS ohne Prüfung) Spezialwissen in demjenigen der folgenden Gebiete: LebensVM, SchadenVM, PensionsVM, KrankenVM, BausparM, FinanzM, wo man mind. 2 Jahre Praxiserfahrung hat. Im Studium (vor dem Diplom) erworbene Scheine werden von der DAV anerkannt!

4 1.1.5. Unterschied zwischen Lebensversicherung

und

Schadenversicherung

max. 1 Schaden pro Risiko feste Schadenhöhe

mehrere Schäden pro Jahr möglich variable Schadenhöhe

=> niedrige Variabilität

=> hohe Variabilität

lange Policenlaufzeit

kurze Policenlaufzeit (1 Jahr)

=> hohes Gewicht des Zinsertrags

=> niedriges Gewicht des Zinsertrags

===> Finanzmathematik

===> Stochastik

1.1.6. Stoffplan zur Vorlesung „Schadenversicherungsmathematik“ zugleich Überblick über die wichtigsten Tätigkeitsgebiete des Aktuars 1. Grundlagen 1.1. Allgemeines 1.2. Grundüberlegungen zum Versicherungsprinzip 1.3. Individuelles Modell 2. Tarifkalkulation = Berechnung der Prämie pro Risiko 2.1. Problemstellung 2.2. Ausgleichsverfahren bei mehrfacher Klassifikation 2.3. Bildung von Ausprägungsklassen pro Risikomerkmal 2.4. Auswahl der Tarifmerkmale 3. Schadenreservierung = Prognose der künftigen Schadenzahlungen 3.1. Problemstellung 3.2. Zuwachsquoten-Verfahren 3.3. Chain-Ladder-Verfahren 3.4. Kreuzklassifizierte parametrische Verfahren 3.5. Verfahren von Bornhuetter/Ferguson 4. Risikoteilung und Rückversicherung 4.1. Kollektives Modell 4.2. Formen und Gründe der Risikoteilung 4.3. Einfluss der Risikoteilung auf die Schadenvariablen 4.4. Entscheidung über Form und Umfang der Risikoteilung 5. Credibility-Modelle für Prämien und Schadenreserven 5.1. Das Poisson-Gamma-Modell zur Erstellung von Bonus-Malus-Systemen 5.2. Der verteilungsfreie Credibility-Ansatz zur Erfahrungstarifierung 5.3. Die Credibility-Modelle von Bühlmann und Bühlmann/Straub 5.4. Anwendungsbeispiele Voraussetzungen: Grundbegriffe von W-Theorie und Math. Statistik, insbesondere: Test- und Schätztheorie, Maximum-Likelihood-Theorie, Kleinste-Quadrate-Methode, bedingte Erwartungswerte

5 1.1.7. Bücher von Praktikern zur Schadenversicherungsmathematik DGVM-Schriftenreihe „Angewandte Versicherungsmathematik“, Verlag Versicherungswirtschaft, Karlsruhe Heft 28: Schadenversicherungsmathematik von Th. MACK 1. Aufl. 1997, 2. Aufl. 2002, 412 Seiten, € 32,Heft 22: Beiträge zur Credibility-Theorie, 1989, 178 Seiten Heft 19: Mathematische Verfahren der Rückversicherung, 1988, 125 Seiten Heft 18: Ausgewählte Themen der kollektiven Risikotheorie, von G.DRUDE, 1988, 230 Seiten Heft 12: Beiträge zum versicherungsmathematischen Grundwissen, 1987, 138 Seiten Hefte 12, 19, 22 sind unabh. Einzelartikel versch. Autoren HART/BUCHANAN/HOWE, Actuarial Practice of General Insurance, Institute of Actuaries of Australia, 1996 592 Seiten DAYKIN/PENTIKÄINEN/PESONEN, Practical Risk Theory for Actuaries, Chapman & Hall, London 1994, 546 Seiten, relevant insbesondere Part One = S.1-207. CASUALTY ACTUARIAL SOCIETY, Foundations of Casualty Actuarial Science, Casualty Actuarial Society, Arlington/USA 1989, 1993 und 2002, ca. 600 Seiten, unabhängige Einzelartikel verschiedener Autoren Neuauflage 2002 STRAUB, Erwin, Non-Life Insurance Mathematics, Springer, Berlin 1988, 136 Seiten. “Surveys of Actuarial Studies” Nr.1: Loss Reserving Methods, 1981, 124 Seiten Nr.2: Rate Making, 1983, 138 Seiten Nr.3: Solvency, 1986, 127 Seiten Nationale-Nederlanden, Rotterdam BEARD/PENTIKÄINEN/PESONEN, Risk Theory, 1.Auflage Methuen & Co, London 1969, 2.Auflage Chapman and Hall, London 1977, 3.Auflage Chapman and Hall, London 1984, 408 Seiten

6 1.1.8. Allgemeines zur Modellbildung Ein Modell ist ein stark vereinfachtes Abbild der Realität, das in allen für das Untersuchungsziel wesentlichen Aspekten der Realität möglichst genau entsprechen soll. Realität

Modell spezifizieren

Daten

Parameter schätzen N

Daten

Anpassung testen Prognose berechnen N Prognose validieren (Plausi.kontr.; Sensitivitätsprüf., Ausreißereinfluss; ...)

Prognose anwenden Schwierigster Schritt: Modellspezifikation 1.1.9. Bezeichnungen P, E, Var, Cov, Sta = Risiko

=

Var , Vko = Sta/E, Φ = Vert.Fkt. der Std.Normal-Vert. Zufallsvariable R ≥ 0 mit 0 < E(R) < ∞, 0 < Var(R) < ∞

• (kleinste) Einheit, die Gegenstand eines V-Vertrags sein könnte • R gibt die Höhe des vom VU [unter diesem Vertrag] zu bezahlenden Jahresgesamtschadens an • Die Realisationen von R in verschiedenen Jahren werden als unabhängig angenommen. Police

=

Vers.Vertrag für ein oder mehrere Risiken eines VN

Risikogruppe = („Kollektiv“)

Menge von Risiken mit ähnlichen äußeren Merkmalen (z.B. Einfamilienhäuser in München in der Feuervers.)

Portefeuille

Menge von beliebigen Risiken (z.B. alle Risiken eines VU)

=

7 1.2. Grundüberlegungen zum Versicherungsprinzip 1.2.1. Ausgleich im Kollektiv und vers.techn. Risiko Wieso funktioniert V? Für VN ist Tausch variabler Kosten gegen fixe Kosten ein Vorteil. Aber für VU? Satz 1 vom Ausgleich im Kollektiv Für den Gesamtschaden SΙ = R1 + ... + RΙ einer Folge von iid Risiken R1, R2, ... gilt (1) lim Vko(SI ) = 0 I→∞

d.h. Sta(SI) wächst bei wachsendem Kollektiv langsamer als E(SI)

⎛ S - E(SΙ ) ⎞ P⎜ Ι >∈⎟ = 0 für jedes ∈>0 I→∞ ⎝ E(SΙ ) ⎠ d.h. das Überschreiten einer prozentualen Maximalabweichung vom Erwartungswert wird bei wachsendem Kollektiv immer unwahrscheinlicher.

(2) lim

Beweis (1) ( Vko(SI ) ) = 2

Var(SI )

( E(SI ) )

2

=

I ⋅ Var(R 1 )

( I ⋅ E(R1 ) )

2

=

( Vko(R1 ) )

2

I

⎛ S - E(SI ) ⎞ (2) P ⎜ I > ∈⎟ = P ( SI - E(SI ) > ∈⋅ E(SI ) ) ⎝ E(SI ) ⎠ ⎛S ⎞ = P ⎜ I - E(R 1 ) > ∈ ⋅ E(R 1 ) ⎟ → 0 lt. schwachem Gesetz der großen Zahlen ⎝ I ⎠ bzw. mit Tschebyscheff 2 Vko(SI ) ) ( Var(SI ) → 0 nach (1) ≤ = 2 ∈2 (∈⋅E(SI ) ) d.h. (2) verwendet schwächere Voraussetzung. Beachte: Absolut werden die Abweichungen immer größer! (Vgl. im folgenden Beispiel die Standardabweichung, die aber langsamer wächst als der Erwartungswert) Aus bwl. Sicht ist aber die relative Abweichung relevant!

8 Beispiel:

Würfeli =ˆ Risikoi, Augensummei =ˆ Ri

I Würfel,



I

E(SI)

Var(SI)

1

3,5

1 6

6

∑n 1

2

Sta(SI)

35 − 3, 52 = 12

zI =

0,1 ⋅ E(SI ) Sta(SI )

2⋅Φ(-zI)

exakte P

1,71

0,205

(0,84)

1

5,40

0,648

0,517

0,522

10

35

350 12

100

350

3500/12

17,1

2,05

0,040

=

35000/12

54,0

6,48

1E-10

=

1000 3500

⎛ S − E(SI ) ⎞ > ∈⎟ P⎜ I ⎝ E(SI ) ⎠

⎛ S − E(SI ) ∈⋅E(SI ) ⎞ > P⎜ I ⎟ Sta(SI ) ⎠ ⎝ Sta(SI )

=

ZGWS



⎛ ∈⋅E(SI ) ⎞ 2 ⋅Φ⎜⎟ ⎝ Sta(SI ) ⎠

In der Realität sind die Risiken nicht iid insbes. nicht identisch verteilt (z.B. versch. große Häuser in der Feuervers.), aber auch manchmal (benachbarte Häuser in Feuer, Sturm, Erdbeben) nicht unabhängig. Definition: Eine Folge R1, R2, ... von Risiken genügt dem Ausgleich im Kollektiv, wenn für SI = R1+...+RI gilt: lim

I→∞

⎛ S - E(SΙ ) ⎞ P⎜ Ι > ∈⎟ = 0 für jedes ∈>0 ⎝ E(SΙ ) ⎠

9 Satz 2 vom Ausgleich im Kollektiv (BÜHLMANN)

Eine Folge R1, R2, ... von Risiken mit E(R i ) ≥ μ0 > 0 2

Var(R i ) ≤ σ0 < ∞

Cov(R i , R j ) ≤ 0 für | i − j | > n 0

(d.h. nur endlich viele sind positiv korreliert)

genügt dem Ausgleich im Kollektiv. Beweis: ⎛ S - E(SI ) ⎞ Var(SI ) P⎜ I > ∈⎟ ≤ 2 ⎝ E(SI ) ⎠ (∈⋅E(SI ) ) I

E(SI ) =

∑ E(R )

(Tschebyscheff)

≥ μ 0I

i

i=1

Var(SI ) =

∑ Cov(R , R ) i

j

i, j



0

+1)

∑ (2n

0

+1)

∑ (2n

0

+1) σ 0 = (2n 0 +1)σ 0 I

i



i



max

∑ (2n

j: j-i ≤ n 0

max j-i ≤ n 0

2

Cov(R i , R j )

(Weglassen nichtpositiver Summanden)

(Sta(R ) ⋅ Sta(R ) ) i

j

2

i



2 ⎛ SI - E(SI ) ⎞ (2n 0 +1)σ 0 I P⎜ > ∈⎟ ≤ → 0 2 ∈2 μ 0 I 2 ⎝ E(SI ) ⎠

(„Schwarz“)

10 Fazit 1. Ein gewisser Ausgleich findet also fast immer statt. Natürlich bei pos. Korrelation langsamer als bei Unabhängigkeit Ideal wären neg. korrel. Risiken, was es aber prakt. nicht gibt. 2. Im Gegensatz zum VN bleibt der Gesamtschaden S eines VU stets zufallsabhängig = variabel: - Zufallsrisiko - Schätz-, =Diagnose-, =Irrtumsrisiko - Änderungs-, =Prognoserisiko

vers.techn. Risiko

Gefahr, dass S > E(S) ausfällt

Zufallsrisiko

= Abweichung von S gegenüber E(S)künftig bei bekannter Verteilung

Prognoserisiko

= Änderung von E(S)künftig gegenüber E(S)bisher

Schätzrisiko

= Abweichung von E(S) gegenüber E(S)bisher

1.2.2. Prämienkalkulation und Sicherheitskapital Seien R1, R2, ... iid Risiken. Dann gilt das starke Gesetz der großen Zahlen R + ... + R I ⎛ ⎞ = E(R1 ) ⎟ = 1 . P ⎜ lim 1 I →∞ I ⎝ ⎠

(*)

Dies lässt sich auf zweierlei Weise interpretieren. 1.

R1, R2, ... sind unabh. Wdhg. (= Vers.Jahre) eines festen Risikos bei unveränderten äußeren Bedingungen (Sch.EintrittsW., monetäre Beding.). Dann besagt (*), dass die durchschnittliche Sch.Zahlung pro Jahr fast sicher gegen E(R1) konvergiert, d.h. E(R1) ist die theoretisch richtige (Jahres-)Nettoprämie = Festbetrag für die Übernahme von R1, deren wahrer Wert stets unbekannt bleibt. „Äquivalenzprinzip”

2.

R1, R2, ... sind iid Risiken im gleichen Jahr. Dann ist das arithm. Mittel

1 I

I

∑ Ri

lt. (*)

i =1

ein konsistenter Schätzer für E(R1), d.h. man kann E(R1) schätzen, indem man eine möglichst große Gruppe von wie R1 verteilten unabh. Risiken bildet und deren Durchschnittsschaden 1 I ∑ R i bildet. In der Praxis bilden die VU daher oft Gemeinschaftsstatistiken zur Schätzung von E(R1).

11 Bemerkungen (1) Wenn VU zur Bezahlung des Jahres-Gesamtschadens S = ΣR i seines Portefeuilles nur die theoret. Prämie E(S) hätte, wäre VU insolvent, sobald S > E(S) (d.h. mit ca. 50% W.!). => (2) VU braucht Sicherheitskapital (Eigenkapital) c derart, dass die Insolvenz-W. ∈ = P (S > E(S) + c ) = 1 − G ( E(S) + c )

„genügend klein“ ist. 1− ∈ = P (S ≤ E(S) + c ) = G ( E(S) + c ) heißt SicherheitsW. Die Ermittlung der Gesamtschaden-Vert. G eines VU ist daher eine wichtige Aufgabe der SchVMath. (→ 4.1). Allgemeiner: bei Planungshorizont von J Jahren soll gelten k

P( c − ∑ ( S j − E(S j ) ) < 0 für mindestens ein k ≤ J) = ∈ j=1

→ Ruintheorie. In der Praxis: Berechnung mittels Simulationen (3) c sollte „risikofrei“ angelegt werden (z.B. bei 3% Zins). Da c aber dennoch unter Verlustrisiko steht (durch S), verlangt der Kapitalmarkt/Geldgeber mehr Ertrag (Zins, Dividende), z.B. 20%. => (4) Dieser Zusatzzins (von z.B. (0,2–0,03)c = 0,17c) muss von den VN erbracht werden, da sie den Schutz des Sicherheitskapitals genießen: => Sicherheits- oder Schwankungszuschlag (= Gewinnzuschlag) Beispiel: Die EU-Solvabilitäts-Richtlinien verlangen, dass (rund) c

> 0, 23 ⋅ E(S) ( ≈)

Der Zusatz-Zins = Schwankungszuschlag hat also die Größenordnung von 0,04 ⋅ E(S). Satz 3 (Sicherheitskapital und Schwankungszuschlag)

Zur Reduktion der Insolvenzwahrscheinlichkeit auf ein vertretbares Niveau benötigt das VU ein Sicherheitskapital. Da dieses unter Verlustrisiko steht, verlangen die Geldgeber (der Kapitalmarkt) einen über dem „risikofreien“ Zins liegenden Ertrag. Dieser Zusatzzins (= Sicherheitszuschlag = Schwankungszuschlag = Gewinnzuschlag) muss von den VN erbracht werden, da sie den Schutz des Sicherheitskapitals genießen. (Wenn VU kein Sicherheitskapital aufnähme, sondern nur Schwankungszuschlag, müsste dieser viel höher sein und bei Nichtgebrauch zurückgezahlt werden.)

12

Genauere Aussagen zur Größe des SiKap ermöglichen die Ungleichungen von CANTELLI: (C1)

P(X ≥ E(X) + a) ≤

Var (X) Var (X) + a 2

für a > 0

P(X – E(X) ≥ a) ≤ P( |X – E(X)| ≥ a) ≤

(C2)

P(X ≥ E(X) - a) ≥

Beweis von (C1):

a2 Var (X) + a 2

Var (X) a2

(Tschebyscheff)

für a > 0

Sei Y:= X – E(X), σ²:= Var(Y) = Var(X), dann ist

4 2 2 2 ⎛ ⎛ σ 2 + aY ⎞ 2 ⎞ ⎟ = σ + 0 + a E (Y ) = σ ⎟ , P(Y ≥ a ) = E(1{Y ≥ a } ) ≤ E⎜ ⎜⎜ 2 ⎜ ⎝ σ + a 2 ⎟⎠ ⎟ (σ 2 + a 2 ) 2 σ2 + a 2 ⎠ ⎝ wobei das ≤ sich durch die Fallunterscheidung in Y≥a und Y c 2 = Var (SI ) 2 Var (SI ) + c ε d.h. zur Einhaltung einer fest vorgegebenen Insolvenz-W ε sollte das SiKap c parallel zu Sta(SI) wachsen (gemäß Cantelli). P(SI ≥ E(SI) + c) ≤

Im iid-Fall gilt 1− ε 1− ε 1 − ε Sta (R i ) Var (SI ) ==> (Ici ) 2 = I Var (R i ) ==> ci = ⋅ , ε ε ε I d.h. bei wachsendem Portefeuille kann der Schw.Zuschlag pro Risiko reduziert werden oder es ergibt sich eine höhere Sicherheits-W (gemäß Cantelli). c2 =

(3)

Wenn alle Risiken untertarifiert sind (negativer Schw.Zuschlag), d.h. Nettoprämie bi = E(Ri) - δ, δ > 0, dann gilt im iid-Fall I 2δ2 →∞ ⎯I⎯ ⎯→ 1 , 2 2 I δ + I ⋅ Var (R 1 ) d.h. Insolvenz ist asymptotisch sicher.

P(SI ≥ E(SI) - Iδ) ≥

13 Satz 4 (Prämienkomponenten)

Die Bruttoprämie besteht also aus - einem Schätzer für E(S) bzw. E(R) - dem Schwankungszuschlag - dem Betriebskostenzuschlag - Vers.Steuer (MWSt)

(der künftigen Verteilung) (Durchlaufposten ca. 20-40%)

Die VN sind i.a. bereit, diesen zusätzlichen Betrag zum Erwwert zu zahlen dafür, dass ihnen Unsicherheit abgenommen wird (Risikoaversion) (z.B. lieber 4.000 Euro nehmen als eine 50%-Chance auf 10.000 Euro bzw. lieber € 400 zahlen als eine 1%-Verlustchance auf € 25.000 (Auto-Kasko-Vers.)). Fazit: Die Leistung eines VU besteht also - im Erreichen eines möglichst ausgeglichenen Portefeuilles (beachte: RV!) - im Bereithalten eines möglichst hohen (optimalen! wegen Schw.Zuschlag) Sicherheitskapitals.

1.2.3. Aufteilung des Schwankungszuschlags =ˆ Sicherheitskapitals auf die einzelnen Risiken I

Gegeben sei ein Portefeuille {R1, R2, ..., RI} von Risiken mit Jahresgesamtschaden S =

∑R i =1

i

und Sicherheitskapital c. Eine Abbildung (I, c) → (c1, c2, ..., cI) mit ci > 0,

I

∑ ci = c i =1

heißt Kapitalallokation. Dies bewirkt automatisch auch eine Aufteilung des insgesamt erforderlichen Schwankungszuschlags auf die einzelnen Risiken. Beispiele:

c Ei = c Ai =

E(R i ) c , E(S) Sta(R i ) I

∑ Sta(R )

c ,

j

j=1

c Vi =

Var(R i ) I

∑ Var(R )

c .

j

j=1

Sta(R i ) ⎛ Var(R i ) ⎞ c ⎜ bzw.ci = c im allgemeinen keine KA, Sta(S) ⎝ Var(S) ⎟⎠ da ∑ ci = c nur für vollständig korrelierte (bzw. für unabhängige) Risiken gilt. Dagegen definiert ci =

14 Ein Teilportefeuille ist eine Teilmenge {R i | i ∈ M ⊂ I *} von {R 1 ,..., R I }; es kann mit einer Teilmenge M ⊂ I * = {1, 2, ..., I} identifiziert werden. Bezeichnungen:

SM = ∑ R i , c M = ∑ c i i∈M

i∈M

Eine Kapitalallokation heißt stabil, wenn für jedes Teilportefeuille M ⊂ I* P (SM ≤ E(SM ) + c M ) ≤ P (S ≤ E(S) + c ) gilt, d.h. die Sicherheitswahrscheinlichkeit im Teilportefeuille ist nicht größer als die Sicherheitswahrscheinlichkeit im Gesamtportefeuille bzw. das Teilportefeuille bekommt nicht mehr Kapital zugeordnet, als es für sich allein zum Erreichen der gleichen Sicherheitswahrscheinlichkeit wie das Gesamtportefeuille bräuchte (sonst würde sich M von I * − M lossagen wollen). Eine Kapitalallokation heißt fair, wenn für Teilportefeuilles L, M ⊂ I* mit SL, SI*-L unabhängig und SM, SI*-M unabhängig und P ( SL ≤ E(SL ) + x ) ≥ P (SM ≤ E(SM ) + x ) für alle x > 0

gilt, dass cL ≤ cM, d.h. bei ungefährlicherer Gesamtschaden-Verteilung wird weniger Kapital allokiert (falls die Teilportefeuilles vom Rest unabhängig sind). Bemerkungen: (1) c Ei ist weder stabil noch fair: Sei S = R1 + R2 mit unabh. R1, R2 und R1 ~ Normal(μ,σ2), R2 ~ Normal(3μ,σ2). ⎛ c ⎞ c 3 ⎛ c ⎞ Dann ist S ~ N(4μ,2σ2) und c E1 = , c 2E = c und P ( S ≤ E(S) + c ) = Φ ⎜ ⎟=Φ⎜ ⎟. 4 4 ⎝ 2σ ⎠ ⎝ Sta(S) ⎠ ⎛ 3c / 4 ⎞ 3 ⎞ ⎛ c ⎞ ⎛ ⎛ c ⎞ Aber wegen P ⎜ R 2 ≤ E(R 2 ) + c ⎟ = Φ ⎜ ⎟ = Φ⎜ ⎟ > Φ⎜ ⎟ 4 ⎠ ⎝ ⎝ 4σ / 3 ⎠ ⎝ 2σ ⎠ ⎝ Sta(R 2 ) ⎠ ist die individuelle Sicherheitswahrscheinlichkeit von R2 größer als im Portefeuille mit R1 zusammen, so dass R2 sich allein besser stellen würde. Die KA ist also nicht stabil. Sie ist aber auch nicht fair, denn wegen ⎛ x ⎞ ⎛ ⎞ x ⎛x⎞ P ( R 1 ≤ E(R 1 ) + x ) = Φ ⎜ ⎟ = Φ⎜ ⎟ = Φ⎜ ⎟ = P ( R 2 ≤ E(R 2 ) + x ) ⎝σ⎠ ⎝ Sta(R 1 ) ⎠ ⎝ Sta(R 2 ) ⎠ für alle x > 0 sind beide Verteilungen gleich gefährlich (und jeweils unabhängig vom Rest), aber dennoch bekommt R1 weniger Kapital allokiert als R2.

15 (2) c Ai und c Vi sind nicht fair: Sei S = R1 + ... + R5, L = {1, 2, 3}, M = {4, 5}, R1, R2, R3 ~ N(μ,σ2) unabhängig => SL ~ N(3μ,3σ2), R4, R5 ~ N(μ,σ2) vollständig korreliert und unabhängig von R1, R2, R3 3

Dann ist c AL = c VL = c, 5

c AM = c VM =

2 5

=> SM ~ N(2μ,4σ2).

c,

⎛ x ⎞ ⎛ x ⎞ P ( SL ≤ E(SL ) + x ) = Φ ⎜ ⎟ = Φ⎜ ⎟ > ⎝ 3σ ⎠ ⎝ Sta(SL ) ⎠ ⎛ ⎞ x ⎛ x ⎞ >Φ⎜ ⎟ = Φ⎜ ⎟ = P (SM ≤ E(SM ) + x ) , ⎝ 2σ ⎠ ⎝ Sta(SM ) ⎠ d.h. L bekommt mehr Kapital allokiert, obwohl seine Verteilung ungefährlicher ist.

obwohl

Satz 5 (Kapitalallokation gemäß Kovarianzprinzip)

Die Kapitalallokation Cov(R i ,S) c*i = c („Kovarianzprinzip“) Var(S) im Portefeuille {R1, R2, ..., RI} nicht-negativ korrelierter Risiken mit Gesamtschaden S = ΣRi und Sicherheitskapital c ist unter Normalverteilungsannahmen stabil und fair. Beweis: c*i ist eine Kapitalallokation wegen ΣCov(Ri,S) = Cov(ΣRi,S) = Cov(S,S) = Var(S) und wegen Cov(Ri,S) ≥ Cov(Ri,Ri) = Var(Ri) > 0. c*i ist unter Normalverteilungsannahmen stabil: Bei Sicherheitskapital c besteht im Gesamtportefeuille die kollektive Sicherheitswahrscheinlichkeit ⎛ c ⎞ P(S ≤ E(S) + c ) = Φ ⎜⎜ ⎟⎟ . ⎝ Sta (S) ⎠ Sei {Ri|i∈M} mit M ⊂ {1,...,I} ein Teilportefeuille und S, Ri (i∈I*) normalverteilt. Das zugeordnete Kapital beträgt Cov(R i ,S) Cov(SM ,S) Sta(SM ) Cov(SM ,S) cM = ∑ c = c = ρ(SM ,S) ⋅ c mit ρ(SM ,S) : = ≤ 1. Var(S) Var(S) Sta(S) Sta(SM )Sta(S) i∈M Auf sich allein gestellt hätte das Teilportefeuille bei Sicherheitskapital cM die individuelle Sicherheitswahrscheinlichkeit ⎛ cM ⎞ ⎛ ρ(SM ,S) ⎞ , P (SM ≤ E(SM ) + c M ) = Φ ⎜ ⎟ = Φ⎜c⋅ Sta(S) ⎟⎠ ⎝ ⎝ Sta(SM ) ⎠ d.h. SM hätte allein keine höhere Sicherheitswahrscheinlichkeit.

16 c*i ist unter Normalverteilungsannahmen fair: Seien L, M Teilportefeuilles mit P (SL ≤ E(SL ) + x ) ≥ P (SM ≤ E(SM ) + x ) für alle x > 0. ⎛ x ⎞ ⎛ ⎞ x Dann ist Φ ⎜ ⎟ ≥ Φ⎜ ⎟ , d.h. Sta(SL ) ≤ Sta(SM ) . ⎝ Sta(SL ) ⎠ ⎝ Sta(SM ) ⎠

Wenn SL und SI*–L unabhängig sind, ist Cov(SL,S) = Cov(SL,SL+SI*–L) = Var(SL) und ebenso Cov(SM,S) = Var(SM) für unabhängige SM, SI*–M . Insgesamt ist also Cov(SL ,S) Var(SL ) Var(SM ) Cov(SM ,S) cL = c= c≤ c= c = cM . Var(S) Var(S) Var(S) Var(S)

Spezialfälle: (1)

R1 und T = S-R1 unabhängig => Cov(R1,T) = 0 => =>

Cov(R1,S) = Cov(R1,R1+T) = Var(R1) Var ( R 1 ) c1* = c ⋅ „Varianzprinzip“ Var (S)

(hier identisch mit civ )

(2) R1 und T = S-R1 vollst. pos. korr. => Cov(R1,T) = Sta(R1)Sta(T) => Cov(R1,S)

= Var(R1) + Cov(R1,T) = Var(R1) + Sta(R1)Sta(T) = Sta(R1) (Sta(R1) + Sta(T))

= Var(R1) + 2Cov(R1,T) + Var(T) 2 = (Sta ( R 1 ) + Sta (T ) ) Cov(R 1 ,S) Sta(R 1 ) = c⋅ => c*i = c „Std.Abw.-Prinzip“ (hier identisch mit ciA ) Var(S) Sta(S) Var(S)

Bemerkung: Das Kovarianzprinzip ist auch additiv, d.h. wegen Cov(SM ,S) c*i = c =: c M* ∑ Var(S) i∈M kann die Kapitalallokation auch schrittweise erfolgen, indem das Sicherheitskapital c zuerst vom Gesamtportefeuille auf Teilportefeuilles (z.B. Versicherungsbranchen) M1 ∪ M2 ∪ ... ∪ MK = I* gemäß c M* verteilt wird und anschließend innerhalb jedes Teilportefeuilles nach demselben Prinzip.

17 1.3. Das Individuelle Modell für den Gesamtschaden von [Risiken und] Risikogruppen 1.3.1. Problemstellung Lt. 1.2.2. (starkes Gesetz der großen Zahlen) bilde man zur Prämienkalkulation Gruppen von möglichst vielen iid Risiken. In der Praxis wird • „iid“ durch „ident. äußere Merkmale und ident. Gefährdung“ ersetzt und • „möglichst viele“ durch Bildung von Marktstatistiken und Heranziehung mehrerer Beobachtungsjahre (nach Inflationskorrektur!) umgesetzt. Um möglichst wenig Details über ihr Portefeuille preiszugeben, stellen die VU für Marktstatistiken häufig nur aggregierte Daten zur Verfügung, d.h. pro Risikogruppe die Anzahl Risiken, ggfs. deren Gesamt-VS sowie Zahl und Gesamtbetrag der Schäden. Dann ist die Verteilung von einzelnen Ri nicht beobachtbar. => S = ∑ R i pro Risikogruppe und Jahr beobachten, aber Volumen und Verteilung ändern sich laufend => Quantifiziere den Volumeneinfluss auf die Verteilungsparameter von S. Ziel

(für statistische Analyse): I

einfaches parametrisches Modell für den (Jahres-)Gesamtschaden S =

∑R i =1

1.3.2. Modellierung des Volumeneinflusses auf die Varianz (A) Idealfall einer vollständig homogenen Risikogruppe (~ KH für Pkw) Ri iid, 1 ≤ i ≤ I, m: = E(Ri), s2: = Var(Ri) I

S=

∑R i =1

i

=> E(S) = Im, Var(S) = Is2

S s2 => E(Z) = m, Var(Z) = I I eliminiert Volumeneinfluss bei E zeigt den Ausgleichseffekt bei Var

„Schadenbedarf“ Z = • •

Verteilungsfreie, erwartungstreue Parameterschätzer •

auf Basis von Realisierungen ri von Ri 1 I 1 I ˆ = ∑ ri , sˆ 2 = ˆ )2 m ( ri − m ∑ I i=1 I − 1 i=1

i

einer Risikogruppe

18 •

auf Basis von jährlichen Beobachtungen zj = sj/Ij von Z bei Anzahl Ij, 1 ≤ j ≤ J: ∑j s j J Ij ˆ = ∑ J zj = (volumengewichtetes Mittel) m Ij j=1 ∑ ∑Ij j j=1

1 J ∑ I j (z j − mˆ) 2 J − 1 j=1 1 ˆ = ∑zj ? Wieso nicht m J j

( mˆ minimiert s2(m))

sˆ 2 =

2 Beachte: Jedes zj ist ein erwartungstreuer Schätzer von m mit Var(zj) = s ,

Ij

d.h. unterschiedliche Genauigkeit. Satz 6 (Konstruktion von Schätzern mit minimaler Varianz)

Seien T1,...,TJ unabhängige erwartungstreue Schätzer für t, J

d.h. E(Tj) = t, 1 ≤ j ≤ J, und T:= ∑ w jTj mit j=1

J

∑w j=1

j

= 1 , d.h. E(T) = t.

Dann hat T genau dann minimale Varianz, wenn wj umgekehrt proportional zu Var(Tj) ist, d.h. wenn ⎛ c 1 ⎞⎟ w j = w *j := , 1 ≤ j ≤ J , mit c = ⎜ ∑ ⎜ ⎟ Var (Tj ) ⎝ j Var (Tj ) ⎠

Beweis: "=>"

Var(T) =

−1

.

!

∑ w Var (T ) = min unter ∑ w 2 j

j

j

=1

j

Lagrange

=>

" ∑ s.e.(Rˆ i ) i i ⎝ ⎠ wegen der Korrelation der Rˆ i über die fˆk .

(

)

Bem.: Entscheidung bzgl. α z.B. mittels Residuenplots (vgl. 3.3.3) oder der Höhe von s.e. (Rˆ i )

qu.e.d.

63 3.3.3 Überprüfung der Modellannahmen = Cikfk , 1 ≤ i ≤ n, k fest

(CL1) E(Ci,k+1|Dik)

E(εi) = 0, d.h. Ci,k+1|Dik = Cikfk + εi , vgl. mit Yi = a + xib + εi , 1 ≤ i ≤ n , =>

(CL1) ist eine lineare Regression durch Ursprung (a = 0)

(CL3) => Var(εi) = Var(Ci,k+1|Dik) = Cik2−α σ2k d.h. gewichtete Regression für α ≠ 2 Der übliche KQ-Schätzer fˆk so, dass

n −k

∑ i =1

(C

i,k +1

− Cik fˆk

)

2

Cik2−α

!

n −k

= ∑ Cikα (Fik − fˆk ) 2

= min

i =1

ist identisch mit dem Schätzer von 3.3.1 . Prüfung der Regressionsannahmen (CL1), (CL2) wie üblich durch Datenplot und Residuenplot: (gewichtetes) Residuum rik =

Ci,k +1 − Cik fˆk Cik

1−α / 2

=

Si,k +1 − Cik (fˆk − 1) Cik

1−α / 2

,

1≤i≤n–k

Prüfung auf Kalenderjahreffekte (Verletzung von (CL2)) r durch Plot der standardisierten Residuen ik gegen i + k . σˆ k Prüfung auf Signifikanz des y-Achsenabschnitts, d.h. gegen E(Ci,k +1 | Dik ) = Cik f k + g k mittels t-Test | gˆ k | > 2 ⋅ s.e.(gˆ k ) insbesondere bei mindestens 10 Beobachtungen n – k ≥ 10 k ≤ n – 10 .

64 3.3.4 Reduktion der Parameterzahl Die ln( σˆ 2k ) sind häufig approx. linear fallend in k d.h. σˆ 2k = σ2 ⋅ e − ck , 1 ≤ k ≤ n − 1 bzw. Var(Ci,k +1 | Dik ) = Cik2−α ⋅ σ2 ⋅ e − ck , 1 ≤ i ≤ n . Beeinflusst nicht die Schätzung von fk . Schätze σ2 und c durch gewichtete lineare Regression von ln( σˆ 2k ) nach k. Reduktion von n – 1 Parameter σ2k auf 2 Parameter σ2, c . fˆn −1 , fˆn −2 , fˆn −3 , fˆn −4 beruhen auf nur 1; 2; 3; 4 Datenpunkten

und fˆk − 1 sind für k ≥ k0 ebenfalls häufig loglinear z.B. 1,01; 1,02; 1,05; 1,10 d.h. fk = 1 + ae-bk , k ≥ n – 4 . Schätzung von a, b durch n −1

Minimieren von

n −k

∑∑

(C

i,k +1

− Cik (1 + ae − bk ) ) ˆ Cik2−α e − ck

k = n − 4 i =1

2

= : Q (a, b)

Reduktion von 4 Param. fk auf 2 Param. a, b bei 10 Beobachtungen Mit F-Test

( Q(a, b) − Qf ) Qf / 6

2

~ F(2,6) wobei Qf =

n −1 n − k

∑∑

k = n − 4 i =1

(Ci,k +1 − Cik fˆk ) 2 ˆ Cik2−α e − ck

(Qf hat 10 – 4 = 6 df, Q(a,b) hat 8 df) prüfen, ob Modelle fk = 1 + ae–bk bzw. fn–1, fn–2, fn–3, fn–4 sich nicht signifikant unterscheiden.

Bem.: 3.3.3 und 3.3.4 lassen sich völlig analog auch auf das Modell 3.2 übertragen.

65 3.3.5 Verfahrensauswahl

3.2.

Cik Ci,k −1 Sik ! − = ≈ m k unabhängig von i vi vi vi d.h. Schadenquoten-Steigungen in Abwicklungsjahr k möglichst gleich für alle i

=>

! C Cik C − ln i,k −1 = ln ik ≈ ln f k −1 unabhängig von i vi vi Ci,k −1 d.h. [Schadenquoten]-Steigungen in ln-Skalierung möglichst gleich für alle i

3.3.1 => ln

Also prüfe, welcher Plot approx. „parallel“ aussieht. •

Cik vi ≈ mk

Ci,k −1 • vi

• ln

Cik vi

≈ ln (f k −1 )

ln

Ci,k −1 • vi

k-1

k

66 3.4. Kreuzklassifizierte parametrische Verfahren Satz 6: Alle Cik seien positiv.

Dann sind die beiden folgenden Modellklassen (A) und (B) identisch: (A)

Es gibt Parameter f1, f2, …, fn-1 mit fk = E(Ci,k+1)/E(Cik) für 1 ≤ i ≤ n , 1 ≤ k ≤ n–1 .

(B)

Es gibt Parameter xi > 0 , 1 ≤ i ≤ n , und yk , 1 ≤ k ≤ n , mit y1 + ...+ yn = 1 und E(Sik) = xiyk für alle i, k .

Beweis: (A) => (B): (A) => E(Cin) = E(Cik) fk ⋅ ... ⋅ fn–1 E(Sik) = E(Cik) – E(Ci,k–1) =

E(Cin ) ⎡⎣ (f k ⋅ ... ⋅ f n −1 ) −1 − (f k −1 ⋅ ... ⋅ f n −1 ) −1 ⎤⎦ für k > 1; y n = 1 − f n−−11 . xi

yk

E(Si1 ) = E(Ci1 ) = E(Cin ) (f1 ⋅ ... ⋅ f n −1 ) −1 , d.h. y1 = (f1 ⋅ ... ⋅ f n −1 ) −1 und y1 + ... + yn = 1 . (B) => (A): E(Cik) = E(Si1) + ... + E(Sik) = xi(y1 + ... + yk) =>

E(Ci,k ) y + ... + y k = 1 =: f k −1 E(Ci,k −1 ) y1 + ... + y k −1

Bem.: (1) Die Modellklassen (A) bzw. (B) enthalten das additive (3.2.) und das mult. (3.3.) Verfahren! (2) Bei zusätzlich angenommener Unabhängigkeit (und Positivität) der Sik, 1 ≤ i, k ≤ n, kann (B) wie die kk Ausgleichsverfahren von 2.2. behandelt werden (vik = 1), denn die Parameter xi, yk können auch auf Basis des Dreiecks mit ML geschätzt werden.

67 Beispiel zu Bem. (2): Modell:

Sik ~ Poisson (xiyk)

(d.h. Anzahl Schäden)

Sik unabhängig => Likelihoodgleichungen = Dreiecks-Marginalsummenbedingungen (Hi)

n +1− i

n +1− i

k =1

k =1

∑ xˆ i yˆ k =

n +1− k

(Vk)



∑S

⎡⎣ = Ci,n +1−i ⎤⎦ ,

n +1− k

∑S

xˆ i yˆ k =

ik

i =1

Satz 7: Sei

ik

1≤ i ≤ n

1 ≤ k ≤ n.

,

i =1

n−k

∑C j=1

jk

> 0 , 1 ≤ k < n . Dann lautet die Lösung der Dreiecks-Marginalsummen-

bedingungen (Hi), (Vk)

xˆ i = Ci,n+1−i ⋅ Ln+1−i , yˆ k =

mit

1 L1 1 Lk

1≤ i ≤ n für k = 1

− L1

für k > 1

k −1

L k : = fˆk ⋅ fˆk +1 ⋅ ... ⋅ fˆn −1fˆn , 1 ≤ k ≤ n fˆk : =

n−k

∑ C j,k+1 j=1

1

n −k

∑C j=1

jk

für k = n

für k < n

68 Beweisskizze: (X i+ )

(Yk+ )

Man zeigt

⎛ i ⎞ xˆ 1 + ... + xˆ i = ⎜ ∑ C j,n +1−i ⎟ ⋅ L n +1−i , 1 ≤ i ≤ n ⎝ j=1 ⎠ 1 yˆ 1 + ... + yˆ k = , 1≤ k ≤ n Lk

induktiv in der Reihenfolge Yn+ , X1+ , Yn+−1 , X 2+ , ... wobei Yn+ : yˆ 1 + ... + yˆ n = 1

oEdA stets möglich ist.

X1+ folgt dann direkt aus H1 und Yn+ usw. Schließlich wird Hi

yˆ k yˆ 1

Ci,n +1−i yˆ 1 + ... + yˆ n +1−i

=

xˆ i

Yn++1−i

=

Ci,n +1−i L n +1−i , 1 ≤ i ≤ n

( yˆ 1 + ... + yˆ k ) − (yˆ 1 + ... + yˆ k −1 )

= Y1+

Yk+

=

1 1 , − L k L k −1

k >1

1 L1

=

Satz 8:

Im obigen Poissonmodell ist die Chain-Ladder-Reserve mit α = 1 der MaximumLikelihood-Schätzer.

Bem.:

Dies gilt nur bei vollständigem Abwicklungsdreieck, n +1− i

d.h.

∑S k =1

ik

= Ci,n +1−i ist erforderlich, d.h. alle Zuwächse müssen bekannt sein.

Beweis: Cˆ in = Ci,n +1−i + Sˆ i,n + 2−i + ... + Sˆ in Hi

=

n +1− i

∑ xˆ yˆ k =1

= Satz 7

=

Satz 7

=

i

k

+ xˆ i yˆ n + 2−1 + ... + xˆ i yˆ n

xˆ i (yˆ 1 + ... + yˆ n ) xˆ i

Ci,n +1−1 ⋅ fˆn + 2−i ⋅ ... ⋅ fˆn −1 .

69 3.5. Das Verfahren von BORNHUETTER/FERGUSON (PCAS 1972) = C i , n +1− i ( fˆn +1− i ⋅ ... ⋅ fˆn −1 − 1) Ausgangspunkt ist die Tatsache, dass die CL-Reserve Rˆ CL i ein unsinniges Ergebnis liefert, wenn Ci,n+1-i = 0 (oder sonst untypisch ist), was in der Rückversicherung nicht ungewöhnlich ist für i = n, n-1. ˆ , Dies vermeidet die B/F-Reserve Rˆ iBF = (1 − bˆ n +1− i ) U i wobei Ûi ein Schätzer für den Schadenendstand Ui nach vollständiger Abwicklung ist und bˆ k ∈ [0; 1] ein Schätzer für den nach k Abw.Jahren bekannten Anteil von Ui ist. Ui berücksichtigt, dass manchmal nach Abw.Jahr n noch weitere Änderungen möglich sind. Wie kommt man zu Ûi? - Aus der Prämienkalkulation ist der Anteil E(Ui)/vi des erw. Schadens an der SollPrämie vi bekannt. - Darüber hinaus müssen noch konkurrenzbedingte Prämienabriebe und zwischenzeitliche Änderungen der Schadentrends (zB Inflation) berücksichtigt werden. ˆ −C Wieso dann nicht Rˆ i = U i i , n +1− i ? Wenn Ci,n+1-i untypisch ist, sagt es insbesondere auch nichts über den noch ausstehenden Teil der Schäden aus. Wie kommt man zu bˆ k ? ˆ − Rˆ C Rˆ i U i i ˆ ==> bˆ Rˆ iBF = (1 − bˆ n +1−i ) U = − = ≈ i , n +1− i (im Schnitt). 1 n +1− i i ˆ ˆ ˆ U U U i i i Also: bˆ k =

n +1− i

∑C i =1

n +1− i ik

∑ Uˆ i =1

i

.

Aber, um ungewollte Inversionen bˆ k > bˆ k +1 zu vermeiden, nimmt man besser die Zuwächse βˆ k =

n +1− k

∑ Sik i =1

n +1− k

∑ Uˆ i =1

i

und bˆ k := βˆ 1 + ... + βˆ k .

ˆ ist ein sog. A-priori-Schätzer (d.h. vor Berücksichtigung der Schadenerfahrung), U i ˆˆ ˆ BF denn mit Rˆ iBF ergibt sich natürlich U i = Ci , n +1− i + R i (A-posteriori-Schätzer). ˆˆ ˆ ˆ ˆ Beachte: U i = U i ⇔ C i , n +1 − i = b n +1 − i U i .

Zusammenhang mit dem Verfahren aus 3.2 Def:

Das ZQ-Verfahren mit Tail ergibt sich aus dem ZQ-Verfahren von 3.2 durch Anfügen einer weiteren Spalte Si,n+1 := Ui – Cin und analoger Erweiterung von Modell und Reserveschätzer: E(Si,n+1) = vimn+1, Var(Si,n+1) = vis 2n +1 , ˆ ) = v (m ˆ ˆ ). + ... + m Rˆ ZQT = Rˆ ZQT ({v }, m i

i

j

n +1

i

n + 2 −i

n +1

ˆ n +1 für die Tailquote muss exogen festgelegt werden. Der Schätzer m

70 ˆ n +1 ) = Rˆ iBF ({v jm ˆ + }) mit m ˆ + := m ˆ 1 + ... + m ˆn +m ˆ n +1 . Satz 9: (A) Rˆ iZQT ({v j}, m ˆ }) = Rˆ ZQT ({U ˆ },1 − βˆ ) mit βˆ := βˆ + ... + βˆ . (B) Rˆ iBF ({U j i j + + 1 n ˆ n +1 ) = vi (m ˆ n + 2 − i + ... + m ˆ n +1 ) Beweis: (A) Rˆ iZQT ({v j}, m ˆ + (1 − (m ˆ 1 + ... + m ˆ n +1− i ) / m ˆ + ) = Rˆ iBF ({v jm ˆ + }) = vi m ∑ Uˆ = ∑ S ∑ v mˆ = mˆ / mˆ .

wegen βˆ k = ∑ Sik i ik i + k + BF ˆ ˆ ˆ ˆ ˆ ˆ ˆ (B) R i ({U j}) = U i 1 − (β1 + ... + β n +1−i ) = U i β n +2−i + ... + βˆ n + 1 − βˆ + ˆ },1 − βˆ ) = Rˆ ZQT ({U

(

)

i

ˆ k = ∑ Sik wegen m

(

)

+

j

∑ v = ∑ S ∑ Uˆ i

ik

i

= βˆ k , 1 ≤ k ≤ n.



Durch diese Äquivalenz mit dem ZQT-Verfahren ergibt sich folgendes stochastisches Modell für BF: (BF1) Alle Sik, 1 ≤ i ≤ n, 1 ≤ k ≤ n+1, sind unabhängig. (BF2) E(Sik) = uiβk mit unbekannten Parametern ui, βk mit oEdA β1+…+βn+βn+1 = 1. (BF3) Var(Sik) = uisk2 mit unbekannten sk2. Gemäß der tradierten B/F-Vorgehensweise hat man für ui externe A-priori-Schätzer Ûi , n +1− i n +1 − i ˆ , 1 ≤ k ≤ n, erhält. mit deren Hilfe man auch Schätzer βˆ k = ∑i =1 Sik ∑i =1 U i Wegen E(Ri) = E(Si,n+2-i+…Si,n+1) = ui(1 – (β1+…+βn+1-i)) ergibt sich damit ˆ 1 − bˆ Rˆ iBF = U bˆ k = βˆ 1 + ... + βˆ k , wie bisher. i n +1 − i ,

(

)

(

)

Der Zufallsfehler Var(Ri) = u i s n2 + 2 − i + ... + s 2n +1 kann mittels 1 n +1 − k sˆ 2k = ∑ Sik − Uˆiβˆ k Uˆi 1 ≤ k ≤ n-1, n − k i =1 und Extrapolation von sˆ 2n , sˆ 2n +1 geschätzt werden. Der Schätzfehler ˆ (1 − bˆ ˆ )(1 − bˆ ˆ 2 Var (bˆ Var (Rˆ ) = Var U ) ≈ Var ( U )2 + U

(

i

(

i

)

n +1− i

)

i

n +1− i

i

n +1− i

benötigt externe Schätzer für Var(Ûi) und Var( bˆ k ). (Die βˆ k sind negativ korreliert ==> Var (βˆ 1 ) + ... + Var (βˆ k ) > Var (bˆ k ) )

)

71 4.

Risikoteilung

4.1. Das Kollektive Modell 4.1.1 Das Kollektive Modell für den Gesamtschaden eines Portefeuilles von Risiken Def.: Gegeben sei ein beliebiges Portefeuille von Risiken in einer festen Periode. Die Modellannahmen des Kollektiven Modells lauten: (1)

Die Schadenhöhe Xn jedes Schadenfalls n, 1 ≤ n ≤ N, ist unabhängig von der (zufälligen) Gesamtzahl N der Schadenfälle.

(2)

Die Schadenhöhen X1, X2, ..., XN sind iid.

Bez.: S = X1 + X2 + ... + XN heißt Gesamtschaden (S = 0 falls N = 0). X habe dieselbe Verteilung F wie X1, ..., XN. Bemerkungen: zu (1): Die Unabhängigkeit ist evtl. verletzt bei Naturgefahren- oder Konjunktur-Einflüssen, die Schadenzahl und -höhe zugleich beeinflussen, z.B. Winter mit viel Glatteis in KH. zu (2): Die Unabhängigkeit ist weitgehend unproblematisch, ggfs. Zusammenfassung abhängiger Policen (z.B. Gebäude/Inhalt) zu 1 Risiko. Die identische Verteilung erscheint irreal angesichts unterschiedlich großer Risiken (VSn), aber es geht hier nicht um die Verteilung der Schäden zu bestimmten Risiken, sondern um die Mischverteilung der Schadenhöhen aller im Portefeuille befindlichen Risiken. F ist die Verteilung, die man beobachtet, wenn man die Schadenhöhen der Reihe nach notiert, also nicht weiß, welches Risiko den nächsten Schaden verursacht, vgl. Tabelle 4.1.1 und Abbildungen 4.1.2 – 4.1.3.

Relevante Verteilungsmodelle für die Schadenhöhe X sind die Lognormal-V (ln(X) ist normalverteilt), die Pareto-V (ln(X/b) ist exponentialverteilt) und die Nullpunkt-Pareto-V (X+b ist paretoverteilt), vgl. Tabelle 4.1.4.

Relevante Verteilungsmodelle für die Schadenzahl N sind die Poisson-V und die Negative Binomial-V, vgl. Tabelle 4.1.5. Die NBV entsteht aus der Poisson-V, wenn der PoissonParameter θ von Jahr zu Jahr (oder von Risiko zu Risiko) gemäß einer Gamma-V variiert, d.h. N|θ ~ Poisson (θ) und θ ~ Gamma (μ,α) => N ~ NegBin (α,p) mit p = α/(μ+α). Bei Poisson ist Var(N) = E(N), bei NBV Var(N) > E(N).

72 Tabelle 4.1.1 Schadenhöhenverteilung aus der Feuerversicherung IntervallUntergrenze ci

Anzahl Schäden Ai

mittlere Schadenhöhe Mi

0

305

0,23

610

0,5

259

0,74

518

1

374

1,47

374

2

264

2,47

264

3

199

3,49

199

4

163

4,51

163

5

125

5,54

125

6

178

7,01

89

8

139

9,04

69,5

10

98

11,0

49

12

112

13,5

37,3

15

111

17,6

22,2

20

141

25,0

14,1

30

147

39,0

7,35

50

152

71,1

3,04

100

93

136

0,93

200

64

310

0,213

500

20

705

0,04

1.000

13

2.346

5.000

4

8.317

2.961

47,6

SchadenDichtigkeit Ai/(ci+1−ci)

0,00325

73

ln(Schadendichtigkeit)

Abb. 4.1.2 Schadendichtigkeit zu Tabelle 4.1.1 (Feuerversicherung)

8 6 4 2 0 -2 -4 -6 -8 -2

0

2

4

6

8

10

ln(Schadenhöhe)

Abb. 4.1.3 Lognormalverteilung zu Abb. 4.1.2 (Parameter µ = 1,61, σ = 1,96) 8 ln(Schadendichte)

6 4 2 0 -2 -4 -6 -8 -2

-1

0

1

2

3

4

ln(Schadenhöhe)

5

6

7

8

9

74 Tabelle 4.1.4 Verteilungsmodelle für die Schadenhöhe Lognormal-Verteilung (Formparameter σ, Skalenparameter b = eμ) F(x)

⎛ 1 ⎛ x ⎞⎞ ⎛ ln(x) − μ ⎞ = Φ⎜ ⎟ = Φ ⎜ ln ⎜ ⎟ ⎟ , σ ⎝ ⎠ ⎝ σ ⎝ b ⎠⎠

f(x)

⎛ ( ln(x) − μ )2 ⎞ = exp ⎜ − ⎟ ⎜ ⎟ 2σ 2 x 2πσ 2 ⎝ ⎠

x>0

1

E(Xk) = exp(kμ + k 2σ2 / 2) = b k ⋅ exp(k 2σ2 / 2) ,

k = 1, 2, ...

Pareto-Verteilung (Formparameter α, Skalenparameter b) α

F(x)

⎛b⎞ = 1− ⎜ ⎟ , ⎝x⎠

f(x)

= αbα x −α−1

E(Xk) = b k ⋅

x > b, α > 0 ==> ln(f(x)) = ln(αbα) – (α+1)ln(x)

α , k 0, α > 0 ⎝b+x⎠

f(x)

= αbα (b + x) −α−1

E(Xk) =

bk

1 (α− k )

, k< α

75 Tabelle 4.1.5 Verteilungsmodelle für die Schadenzahl Poissonverteilung (Parameter θ) Zähldichte

P(N = n) = e–θ θn/n! ,

Rekursion

P(N = n) = P(N = n–1) ⋅ θ/n ,

n = 0, 1, ...

E(N) = θ , Var(N) = θ , E(N–E(N))3 = θ Negative Binomialverteilung (Parameter α, p) N = Anzahl Misserfolge vor dem α-ten Erfolg Zähldichte

P(N = n) = ( α+nn −1) pα (1 − p) n , n = 0, 1, ...

Rekursion

P(N = n) = P(N = n–1) ⋅ (1–p) ⋅ (n+α–1) /n

E(N) = α(1–p) /p ,

Var(N) = E(N) /p ,

E(N–E(N))3 = Var(N) (2–p) /p

Hauptziel des Kollektiven Modells ist die Berechnung der Gesamtschadenverteilung G(s) von S aus den Verteilungen von X und N, insbesondere für s >> E(S), denn S ist wegen ständiger Volumenänderung des Portefeuilles praktisch nur ein einziges Mal beobachtbar. Man braucht G insbesondere zur Bestimmung des Sicherheitskapitals und für bestimmte Formen der Risikoteilung. Die (zweiparametrischen) V-Modelle des Individuellen Modells (z.B. Gamma-V) liefern nur in der Nähe des Erwartungswerts eine brauchbare Approximation, und auch das nur bei homogenen Risikogruppen. Eine etwas bessere Approximation von G liefern nach rechts verschobene, rechtsschiefe Verteilungen, z.B. S ≈ b + Y mit Y ∼ Gamma. Zur Bestimmung der 3 Parameter verwendet man dabei E(S), Var(S) und die Schiefe von S. Satz 1: Im Kollektiven Modell gilt:

⎛ N ⎞ ⎛ N ⎞ (1) E(S) = E(E(S|N)) = E ⎜ ∑ E(X n |N) ⎟ = E ⎜ ∑ E(X) ⎟ = E(N ⋅ E(X)) = E(N)E(X) ⎝ n =1 ⎠ ⎝ n =1 ⎠ (2) Var(S) = Var(E(S|N)) + E(Var(S|N)) = Var(N ⋅ E(X)) + E(N ⋅ Var(X)) = Var(N) ⋅ (E(X))2 + E(N)Var(X) (3) G(s): = P(S ≤ s) = =



∑ P(N = n, S ≤ s) =

n =0 ∞

∑ P(N = n) P(X n =0

1



∑ P(N = n, X

1

+ ... + X n ≤ s) =

n =0

+ ... + X n ≤ s) =



∑p F

*n

n

(s)

n =0

mit pn: = P(N = n), F*n (s) = ∫ F*(n −1) (s − x)dF(x), F*1 (x) = F(x), F*0 (x) = 1{x ≥0} .

76 4.1.2 Das Verfahren von PANJER Die Berechnung der Gesamtschadenverteilung gemäß Formel (3) von Satz 1 ist wegen der unendlichen Summe problematisch. Eine beliebig genaue Approximation der GesamtschadenV liefert das Verfahren von PANJER: Dazu muss zuerst F durch eine arithmetisch diskrete Verteilung F einer Zufallsvariablen X approximiert werden, d.h. P(X = kh) =: f k , f 0 + f1 + ... + f K = 1, mit Diskretisierungsschrittweite h > 0. 1. Schritt: Diskretisierung von F Es gibt viele Möglichkeiten, F arithmetisch zu diskretisieren. Man sollte dies aber möglichst so machen, dass auch Erwartungswert und Varianz von F und F übereinstimmen. Dies ist weder bei fk = f(kh) (mit der Dichte f von F) noch bei fk = F((k+0,5)h) – F((k–0,5)h) der Fall. Daher das nachstehend beschriebene local moment matching-Verfahren: Bestimme W-Gewichte ai, bi, ci, i = 0, 2, 4, ..., K-2 (K geradzahlig) so, dass (i + 2)h

a i + bi + ci

=



dF(x)

ih

h ( ia i + (i + 1)bi + (i + 2)ci )

(i + 2)h



=

xdF(x)

ih

h 2 ( i 2a i + (i + 1) 2 bi + (i + 2) 2 ci )

(i + 2)h

=



x 2dF(x) .

ih

Dies ist ein lineares Gleichungssystem in ai, bi, ci und daher stets eindeutig und explizit lösbar. Der etwa verbleibende Vert.Schwanz rechts von Kh kann durch ein einziges zusätzliches Atom z > Kh berücksichtigt werden. Setze f0: = a0 fk: =

bk–1 ck–2 + ak

falls k ungerade falls k gerade und 0 < k < K

fK: = cK–2 . a0

b0

0

1

Letztlich ist

c0 a2 2

b2 3

a4 c2 4

b4

c4

5

6

K

K

K

0

0

0

... ... ...

∑ f k = 1, h ∑ kf k = E(X), h 2 ∑ k 2f k = E(X 2 ) .

Die Verteilung G von S = X1 + ... + X N ist dann ebenfalls arithmetisch diskret mit Schrittweite h, d.h. G = {g k } mit g k = P(S = kh), k = 0, 1, 2, ...

2. Schritt: Rekursionsformel für N Für die relevanten Schadenzahl-V Poisson und Neg.Binomial gilt die Rekursion p n = a + nb p n −1 , n ≥ 1:

(

)

N ~ Poisson ( θ) N ~ NegBin (p, α)

=> =>

a = 0, b = θ a = 1–p, b = (α–1) (1–p) .

77 Dies ist die entscheidende Voraussetzung für den folgenden Satz 2: (PANJER 1980) Gilt für die Verteilung ( p n = P(N = n) ) n =0 der Schadenzahl N ∞

die Rekursion p n = (a + nb )p n −1 , n ≥ 1, und ist die Verteilung ( f k ) k =0 der Schadenhöhen ∞



X n arithmetisch diskret, d.h. P(X n = kh) = f k , k = 0; 1; ..., ∑ f k = 1 , so kann die ebenfalls arithmetisch diskrete Verteilung ( g k = P(S = kh) )

k =0

∞ k =0

des Gesamtschadens

N

S = ∑ X n rekursiv berechnet werden gemäß n =0

)

(

k 1 ∑ a + bk⋅ j f jg k− j , 1 − af 0 j=1

gk =

(d.h. g0 = exp(– θ (1–f0)))

falls a = 0

p0exp(bf0) p0 (1 − af 0 )1+ b / a

g0 =

k ≥1

falls a ≠ 0

(Falls bei großem Portefeuille p0 nicht computer-darstellbar ist, so einfach mit einer beliebigen sehr kleinen Zahl g0 anfangen und später normieren auf 1)

Beweis:

Für die erzeugenden Funktionen u(z) : = E(z N ) =



∑p z

n

n

0

v(z) : = E(z

X/h

) =

w(z) : = E(zS/ h ) =



∑f z

k

k

0 ∞

∑g z

(f k = 0 für k > K)

,

k

k

0

gilt w(z)

(

)

(

)

=

E(z S / h ) = E E(z S / h | N) = E E(z X1 / h ⋅ ... ⋅ z X N / h | N) =

=

E ( E(z X / h )) N = E ( v(z) N ) = u( v(z)) .

(

)

=> g0 = w(0) = u(v(0)) = u(f0) =



∑p f 0



∑p f 0

n n 0

=



∑ 0

n n 0

⎛ θn −θ ⎞ ergibt z.B. im Poissonfall ⎜ p n = e ⎟ n! ⎝ ⎠

( θf 0 ) −θ e = e θf0 −θ = e −θ(1−f0 ) wie oben n! n

78 Wegen npn = (na + b)p n −1 = a(n − 1)p n −1 + (a + b)p n −1 ist u'(z)

= =



∑ npn z n−1 = 0 ∞

∑ ( anp z

n

n

0

=>

w'(z)



∑ ( a(n − 1)

+ a + b) ) p n −1z n −1

1

+ (a + b)p n z n ) = au '(z)z + (a + b)u(z)

= u ' ( v(z) ) ⋅ v '(z) = a ⋅ u ' ( v(z) ) ⋅ v(z) ⋅ v '(z) + (a + b) ⋅ u ( v(z) ) ⋅ v '(z)

= a ⋅ w '(z) ⋅ v(z) + (a + b) ⋅ v '(z) ⋅ w(z)

oder in Potenzreihenschreibweise ∞ ∞ k ⎛ k ⎞ (k + 1)g k +1z k = ∑ ⎜ a ∑ (m + 1)g m +1f k − m z k + (a + b) ∑ (m + 1)f m +1g k − m z k ⎟ ∑ k =0 k =0 ⎝ m =0 m =0 ⎠ und Koeffizientenvergleich ergibt die Rekursions-Behauptung.

Für den Startwert schreiben wir u ' (z) = azu ' (z) + (a+b)u(z) in der Form d u '(z) a+b ln ( u(z) ) = = dz u(z) 1 − az und erhalten durch direkte Integration z

ln(u(z)) – ln(u(0)) =

a+b

∫ 1 − at dt

=

bz

falls a = 0

a+b ln(1 − az) a

falls a ≠ 0

0



d.h.

u(z) u(z) − a+b = e bz für a = 0 bzw. = (1 − az) a für a ≠ 0 u(0) u(0)

woraus sich wegen u(0) = p0 der Startwert g0 = w(0) = u(v(0)) = u(f0) für z = f0 wie behauptet ergibt. Beispiel siehe Grafiken

79 4.2. Formen und Gründe der Risikoteilung X = Einzel- oder Gesamtschaden prop. RT

nichtprop. RT

X = cX + (1–c) X 0 0

n =1 N

∑ ( X n − min(a, X n ) ) = n =1

N

∑ max(X

n

− a,0)

n =1



in praxi limitiert, d.h. S =

N

∑ min ( max(X

n

− a,0), h )

mit h > 0

n =1

Bem.:

(1)

S =

∑X

X n ≤a

(2)

n

+

∑a

X n >a

Layeridentität min(max(X–a,0),h)

= min(X,a+h) – min(X,a) = max(X–a,0) – max(X–(a+h),0)

Kumulschadenexzedenten-RV (Cat XL) N

S

=

∑ Xn = n =1

N*

∑ X*

m

m =1

(zeitl.Numerierung)

durch Zusammenfassen all der Xn, die zum gleichen Ereignis gehören, zu einem X*m = S=

n m +1 −1

N*

∑ min (X* ,a*) m

m =1



S =

N*

∑ max (X* − a*,0) m

m =1



in praxi limitiert, d.h. S =

N*

∑ min ( max(X* − a*,0), h *) m

m =1



n=nm

Xn

81 Stop Loss RV (SL) S = min (S, s0,) ≈



in praxi limitiert, d.h. S = min ( max(S − s0 ,0),s1 )

S = max (S – s0, 0),

Problemstellungen • •

Auswirkung auf Schadenverteilung Entscheidung über Form und Umfang der RT

→ →

4.3. 4.4.

4.3. Einfluss der Risikoteilung auf die Schadenverteilungen im Koll. Modell 4.3.1. prop. RV

Quote:

S = cS G(s) : = P(S ≤ s) = P(cS ≤ s) = P(S ≤ cs ) = G( cs ) d G( s ) = 1 g( s ) g(s) : = G '(s) = ds c c c

E(S) = c E(S) ,

E(Sk ) = c k E(Sk )

Var(S) = c 2 Var(S) , Sta(S) = cSta(S) Vko(S) = Vko(S) Sch(S) = Sch(S) : =

E(S − ES)3

(Sta(S) )

„Schiefe“

3

aber

(

)

P(S > E(S) + b) = P S > E(S) + bc < P ( S > E(S) + b ) Sicherheitskapital d.h. die einjährige Ruinwahrscheinlichkeit wird kleiner bzw. die Sicherheitswahrscheinlichkeit wird größer.

82

SX:

bewirkt Vko(S) < Vko(S), Sch(S) < Sch(S) (ohne Beweis) Beispiel: 1.000 unabhängige Unfalltod-Policen Ri mit p = 1 ‰ Todesfall-W, d.h. E(N) = 1: 600 à 30.000 VS ui 300 à 50.000 100 à 100.000 E(Ri) = pui => E(S) = 600 · 30 + 300 · 50 + 100 · 100 = 43.000 =>

Selbst bei N = E(N) = 1 und Nettoprämie = 43.000 ergibt sich Verlust, falls der Schaden eine der 400 hochsummigen Policen trifft.

SX mit u0 = 30.000 =>

E(S) =

∑ u ≤u i

E(R i ) + 0

∑ u >u i

u0 0

ui

E(R i )

30 ⋅ 50 + 100 ⋅ 30 ⋅ 100 = 600 · 30 + 300 · 50 100

= 18.000 + 9.000 + 3.000 = 30.000 Bei Nettoprämie 30.000 kann der rechnungsmäßige Schaden bezahlt werden, egal welche Police er trifft. SX hat Variabilität der Schadenhöhe voll eliminiert! Var(Ri) = p(1–p)ui2 Var(S) = 999 · (600 · 302 + 300 · 502 + 100 · 1002) = 47.8302 =>

Vko(S) = 47.830 = 1,11 43.000

Var(S) = 999 · (1.000 · 302) ≈

= 29.9852 => Vko(S) = 1,00 ≈

Var(S) = 999 · (300 · 202 + 100 · 702) = 24.6862 => Vko(S) = 1,90

Wenn jeder Schaden Xn in einem Bestand mit unterschiedlich hohen Versicherungssummen ein Totalschaden ist, d.h. = der zugeh. V.S., d.h. Xn = Ri(n) = ui(n), z.B. Unfalltod-Versicherung, Risiko-Lebensversicherung dann fallen SX und XL zusammen:

83 I

∑c R

=

SSX( u0 )

i

i

i =1 N

∑c

=

i( n )

R i( n)

n =1

⎛ u0

⎞ ,1⎟ ⋅ u i( n) ⎟ ⎝ i( n) ⎠

N

∑ min ⎜⎜ u

=

n =1 N

∑ min (u , u

=

0

i( n )

)

n =1 N

∑ min (u , X

=

0

n

)

=

n =1

SXL( u0 )

4.3.2. Schadenzahl bei nichtprop. RT der Schadenhöhe X =

S

N

∑X



X = min(X,a),

n,

X = max(X − a,0)

n =1

= N

N ≈

N

=

N

∑B

n

n =1

mit Bn = I X >a Indikator-Variable { n }

(Schäden der Höhe 0 zählen nicht!) E(Bn)

= 0 · P(Bn = 0) + 1 · P(Bn = 1) = P(Xn > a) =: pa

Var(Bn) = pa(1–pa) ≈

E(N)

= E(N)E(Bn) = E(N)pa

(gemäß Satz 1)



Var(N) = E(N)Var(Bn) + Var(N)(E(Bn))2 = pa(1–pa) E(N) + pa2 Var(N) ≈



Var(N) − E(N) = pa2 (Var(N) – E(N)) ≈

P(N = k)

= = =





∑ P(N = k und N = n) n =0 ∞



∑ P(N = k | N = n) P(N = n) n =0 ∞

∑ P(N = n) ( nk ) p n=k

k a

(1 − pa ) n − k

(Interpretation!) (Satz von der totalen W.) (Def. der bed. W.)

84

Satz 3: N ~ Poisson (θ)

=>



N ~ Poisson (θpa) ≈

N ~ NegBin (μ, α) =>

N ~ NegBin (μpa, α)

mit μ = E(N)

N ~ logarithmisch =>

N nicht logarithmisch



pn

P(N = n) = r n , n = 1, 2, ..., 0 < p < 1 . ≈

Beweis durch Einsetzen in die obige Gleichung für P(N = k)

4.3.3. Nichtprop. RT der Schadenhöhe X X = min (X,a) ,



X = max (X–a,0)

Stets echte RT mit 0 < F(a): = P(X ≤ a) < 1. Erstrisiko:

F(x) = P(X ≤ x) falls x < a 1 falls x ≥ a hat keine stetige Dichte, auch wenn F eine hatte. F(x) = P(X ≤ x) =





E(X k ) =

∫ ( min (x,a) )

k ∫ x dF(x) = 0

=

∫ x dF(x) + a ∫ dF(x) 0

Lebesgue-Stieltjes

dF(x)

0



a

k

k

k

a

a

=

∫ x f (x)dx + a (1 − F(a) ) k

k

0

(falls F Dichte f hat) E(X k ) < min ( E(X k ), a k ) Vko(X) < Vko(X)

(monoton wachsend in a) (Beweis durch Ableiten nach a)

Sch(X) < Sch(X) anders als bei prop. Teilung von X

Zweitrisiko:



X: ≈

~ ~ = X | X > a = X–a|X > a ,

denn Schäden der Höhe 0 zählen nicht



F(x) = P(X ≤ x) = P(X − a ≤ x | X > a) P(a < X ≤ x + a) F(a + x) − F(a) = P(X ≤ x + a | X > a) = = P(X > a) 1 − F(a) ≈ ~ f (a + x) ~ f (x) = , F( x ) = F(a + x ) 1 − F(a) ≈

Exponential-Verteilung: f (x) = 1b exp( − xb ) => f (x) = f (x)

85



⎛ ≈k⎞ ∫a (x − a) dF(x) E ⎜⎝ X ⎟⎠ = = 1 − F(a) 1 − F(a) k

⎛ ≈k⎞ E ⎜ X ⎟ = E ( (X − a) k | X > a ) ⎝ ⎠ ≈

E(X) heißt mittlerer Überschaden F(x) = 1 − e − x / b



=>

E(X) = b

F(x) = 1 − b α (b + x) −α

konstant, unabhängig von a ≈

E(X) = a+b α−1

=>

monoton wachsend in a für α > 1

4.3.4. Gesamtschaden bei nichtprop. RT der Schadenhöhe X (im Kollektiven Modell) S =

N

∑ min (X n =1

n

,a) =

N

∑X n =1

n

E(S) = E(N) E(X) Var(S) = E(N) Var(X) + Var(N) ( E(X) ) ≈

S =

N

∑ max (X n =1





n

− a,0)

=

N





∑X n =1



2

n

= ≈



N

∑X m =1

m

≈ E(X) = E(N) E(X) E(S) = E(N) E(X) = E(N)pa ⋅ 1 − F(a) ≈ ≈ ≈ Var(S) = E(N) Var(X) + Var(N) ⎛⎜ E(X) ⎞⎟ ⎝ ⎠

2

≈ ≈ ≈ ≈ = E(N) Var(X) + Var(N) ⎛⎜ E(X) ⎞⎟ ⎝ ⎠

2



Satz 4: Vko(S) und Vko(S) sind monoton nichtfallend in a mit ≈

Vko(N) < Vko(S) < Vko(S) < Vko(S) . ≈

Beweis durch Ableiten von Vko(S), Vko(S) nach a . z.B.

X ~ Lognormal mit Vko(X) = 4 N ~ Poisson (0,1) 2 Vko(X) ) ( 2 2 + ( Vko(N) ) = 170 ≈ 132 => ( Vko(S) ) = E(N)

a E(X) Vko(S) ≈

Vko(S)

0,01

0,1

1

10

3,2

3,3

4,3

7,0

13,2

14,1

20,8

61,9

100 10,9 466

∞ 13,0

86 4.3.5. Der Entlastungseffekt bei nichtprop. RT der Schadenhöhe X Satz 5: Der Entlastungseffekt

r(a):=

E(S) E(S)

=

E(X) E(X)

=

a ⎞ 1 ⎛ ⎜ ∫ xdF(x) + a (1 − F(a)) ⎟ E(X) ⎝ 0 ⎠

hängt nicht von der Schadenzahl N ab, ist stetig und diffbar mit r(0) = 0 , r(v) = 1 , wobei v = sup{x|F(x) < 1} der Höchstschaden ist 1 − F(a) (> 0 für a < v), r''(a) ≤ 0 E(X) 1 r'(0) = , r'(v) = 0 , falls F(v-0) = 1 E(X)

r'(a) =

Abb. 4.3.5.1 Beispiel einer Entlastungseffektfunktion E(X)

1

Entlastungseffekt r(a)

0,8

r

0,6

0,4

0,2

0 0

0,2

0,4

0,6

0,8

Abzugsfranchise a (in Relation zum Höchstschaden v)

Abschätzung r(a) ≤

a (insbes. für kleine a) E(X)

1

87 r '(x) zurückgewinnen!! r '(0)

Man kann SchadenhöhenVert. F(x) = 1 − Flächendarstellung: a

∫ xdF(x) + a (1 − F(a) )

E(X) =

0

a

[xF(x)] − ∫ F(x)dx + a (1 − F(a) ) a 0

=

0

a

a − ∫ F(x)dx =

=

0

a

∫ (1 − F(x) ) dx 0

∞ ~ ~ ~ ~ Insbes. ist E (S) = E ( N )E (X ) = E ( N ) ∫ (1 − F( x ) )dx . a

Abb. 4.3.5.2 Flächendarstellung des 1. Moments von Erstund Zweitrisiko 1



E(X)

Fraktil F

0,8

F

E(X)

0,6

0,4

0,2

0

0

a

Abzugsfranchise

v

88 4.3.6. Risikoteilung und Inflation Wächst die Schadenhöhe inflationsbedingt von X auf X(1+i), so wird der EE E(min(X(1 + i), a )) ri (a ) = = E(X(1 + i))

a )) 1 + i = r⎛⎜ a ⎞⎟ < r (a ) , E(X) ⎝1+ i ⎠

E(min(X,

d.h. bei np RT genügt eine inflationsgemäße Anpassung der Grundprämie nicht, es muss auch die Schadengrenze a inflationsparallel erhöht werden! Beispiel 1: XL-Priorität 1.000 (alle Zahlen in 1.000)

Nach 3 Jahren ist alles z.B. 20% teurer

Schadenhöhe

EV

RV

Schadenhöhe

EV

100 500 900 1.000 1.500

100 500 900 1.000 1.000

500

120 600 1.080 1.200 1.800

120 600 1.000 1.000 1.000

80 200 800

4.000

3.500

500

4.800

3.720

1.080

20%

6%

116%

RV

Zuwachs:

RV

Wenn Schäden und Priorität um 20% höher sind: vor Inflation: XL-Priorität 1.000 Schadenhöhe

nach Inflation: XL-Priorität 1.200 SB

RV

Schadenhöhe

SB

100 500 900 1.000 1.500

100 500 900 1.000 1.000

500

120 600 1.080 1.200 1.800

120 600 1.080 1.200 1.200

600

4.000

3.500

500

4.800

4.200

600

20%

20%

20%

Zuwachs:

89 Beispiel 2: Für die RV-relevanten Großschäden X ist die Pareto-V F(x) = 1 – (b/x)α, x > b > 0, α > 0, ein gutes Modell. Bei unlimitierter XL-RV mit Priorität a > b und α > 1 wird ~ ~ ~ ~ E(S) = E( N)E(X) = E( N)E(max(X − a , 0)) ∞

= E( N) ∫ (1 − F( x ))dx a

= E( N) ∫



a



α

⎡ x 1− α ⎤ E( N) ⎛ b ⎞ = b x dx = E( N)b ⎢ ⎜ ⎟ a. ⎥ ⎣1 − α ⎦ a α − 1 ⎝ a ⎠ α

−α

α

Bei Inflation X → X(1+i) bleibt der V-Typ wegen ⎞ x ⎞ ⎛ b ⎛ ⎟ 1 − Fi ( x ) = P(X(1 + i) > x ) = P⎜ X > ⎟ = ⎜⎜ 1 + i ⎠ ⎝ x /(1 + i) ⎟⎠ ⎝

α

erhalten mit gleichem Formparameter α, aber Skalenverschiebung b → b(1+i). Also ~ ~ α ~ E(S( i ) ) ~ E( N) ⎛ b(1 + i) ⎞ α E(S(i ) ) = d.h. ⎜ ⎟ a, ~ ~ = (1 + i) . α −1 ⎝ a ⎠ E ( S) Ein typischer Wert ist α = 2, d.h. der RVr hat doppelt so viel Inflation wie Original.

90 4.3.7. Praxis der Prämienkalkulation bei XL-RV Bei Differenzierung nach Risik(oklass)en k erhält man K ~ ~ E(S) = ∑ E( N k )E(max(X k − a , 0)) k =1

=

E( N k )E(max(X k − a , 0)) E(Sk ) E ( N k )E (X k ) k =1 K

∑ K

=

∑ (1 − r (a )) E(S k =1

k

k

)

d.h. der RVr braucht nur die EE rk und die Nettoprämie E(Sk) zu kennen. Problem: Der RVr kennt in der Regel nur die Schäden X > a/2. Zur Schätzung von F bzw r braucht man aber alle Schäden. Wenn der RVr sich diese Daten mal beschafft/ausgewertet hat, möchte er sie für möglichst viele Länder (Währungen) und Jahre (Inflation) anwenden. In der Sachversicherung (Feuer, …) ist dies tatsächlich möglich, denn dort ist innerhalb einer Risikoklasse k für die Schadenhöhe Xk,i eines einzelnen Risikos i mit VS vi die Annahme Xk,i = viYk,i mit identisch wie Yk verteilten Schadensätzen Yk,i = Xk,i/vi durchaus realistisch. Daher ist dort auch die EV-Prämie für jedes Risiko derselbe %o-Satz der VS. (Der zusätzliche Index k wird jetzt wieder weggelassen.) Damit wird ⎛ ⎛ a ⎞⎞ E⎜⎜ min⎜⎜ Y, ⎟⎟ ⎟⎟ ⎛a⎞ E(min(X i , a )) ⎝ vi ⎠ ⎠ ri (a ) = = r⎜⎜ ⎟⎟ = ⎝ E(X i ) E (Y) ⎝ vi ⎠ mit E(min(Y, y)) r ( y) : = für 0 ≤ y ≤ 1 , und r(y) : = 1 for y ≥ 1 , E(Y) d.h. Y und r sind währungs- und inflationsunabhängig. In der Haftpflicht-V ist das Modell Xi = viY nicht realistisch, da vi hier vom VN frei gewählt wird und eher dessen Risikoaversion widerspiegelt als die objektive Maximalgefährdung. Realistisch ist eher Xi = min(X, vi) mit einer für alle Risiken derselben Klasse gleichen Schadengefährdung X. Also ~r (a ) ⎧ E(min(X, a )) , 0 ≤ a ≤ vi , = ~ ⎪ ri (a ) = ⎨ E(min(X, v i )) r (vi ) ⎪ 1, a ≥ vi ⎩ Mit dem EE ~r (a ) = E(min(X, a))/E(X) von X. Aber hier sind X und ~r voll währungs- und inflationsabhängig. Entsprechendes gilt natürlich auch für die Original(netto)prämie b(vi) = E(Ni)E(min(X, vi)). Daher benutzen die deutschen Erst- und Rückversicherer in dieser Situation eine Methode, die schon 1936 von Paul Riebesell in seinem Buch “Einführung in die Sachversicherungsmathematik” vorgeschlagen wurde. Sei b0 = b(v0) die Nettoprämie für die Standard-VS v0. Für höhere VS empfiehlt Riebesell

91 b(2v0) = b0(1+z) mit z.B. z = 20% (!). (Beachte: b(2v0) < 2b(v0) nach Satz 5) b(4v0) = b0(1+z)2 , b(2kv0) = b0(1+z)k , b(tv0) = b0(1+z)ld(t) . Für beliebiges v ergibt sich mit z ∈(0; 1) also die Riebesell-Formel b(v) = b 0 (1 + z)

ld ( v / v 0 )

⎛ v ⎞ = b 0 ⎜⎜ ⎟⎟ ⎝ v0 ⎠

ld (1+ z )

.

(R)

Wenn dies mit dem Kollektiven Modell verträglich ist, müsste wegen b(v) = E(N)E(min(X,v)) gelten ⎛a⎞ E(min(X, a )) b (a ) ri(a) = = = ⎜⎜ ⎟⎟ b( v i ) E(min(X, v i )) ⎝ vi ⎠

ld (1+ z )

und man hätte tatsächlich eine währungs- und inflationsunabhängige Formel (Spezialfall des obigen ri(a) = r(a/vi)). Unter den Annahmen des Kollektiven Modells können wir auf die zugrunde liegende Verteilung zurückschließen (vgl. Satz 5): v

b( v) = E( N)E(min(X, v) = E( N) ∫ (1 − F( x )) dx , 0

b' ( v) = E( N) (1 − F( v) ) , b' ( v ) F( v) = 1 − . E( N) Riebesells Formel ergibt

ld (1+ z ) −1

b ⎛ v ⎞ . b' ( v) = ld(1 + z) 0 ⋅ ⎜⎜ ⎟⎟ v0 ⎝ v0 ⎠ Wenn dies für alle v > 0 gilt, lautet die Schadenhöhenverteilung ld(1 + z) b 0 ⎛ v ⎞ ⋅ ⎜ ⎟ F( v) = 1 − E( N) v 0 ⎜⎝ v 0 ⎟⎠

ld (1+ z ) −1

−α

mit

⎛ v⎞ = 1 − ⎜⎜ ⎟⎟ ⎝ v1 ⎠ α : = 1 − ld(1 + z) ,

α ∈(0; 1) wegen z ∈(0; 1), 1/ α

⎛s ⎞ v1 : = v 0 ⎜⎜ 0 ⋅ (1 − α) ⎟⎟ ⎝ v0 ⎠

>0,

v1 v1 , F * (x) = ⎨ 1 − ⎜ v ⎟ ⎝ 1⎠ ⎪ 0 for x ≤ v1 . ⎩ Riebesells Formel nicht gilt, auch nicht im Bereich v > v1.

92 Satz 6: Für jede stetige Schadenhöhenverteilung F (mit per def. endlichem Erwartungswert) und jedes α = 1–ld(1+z) ∈(0; 1) gibt es ein u > 0, so dass Riebesells Formel (R) in [u; ∞) gilt nach Ersetzen von F(x) durch einen Pareto-Schwanz Fu(x) für x ∈(u; ∞).

Beweis: Sei für x ≤ u ,

⎧ F( x ) ⎪ ⎛ ⎛ x ⎞− α ⎞ Fu ( x ) = ⎨ F(u ) + (1 − F(u )) ⎜1 − ⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎝u⎠ ⎟ ⎪ ⎝ ⎠ ⎩ Für v ≥ u gilt v

u

für x ≥ u.

v

⎛x⎞ ∫0 (1 − Fu (x )) dx = ∫0 (1 − F(x)) dx + ∫u (1 − F(u)) ⎜⎝ u ⎟⎠

−α

dx 1−α

u

u ⎛ v⎞ = ∫ (1 − F( x )) dx + (1 − F(u ) ) ⎜ ⎟ 1− α ⎝ u ⎠ 0

− (1 − F(u ))

u . 1− α

Gemäß Riebesell muss dies proportional zu v1-α = vld(1+z) sein. Daher muss u folgende Bedingung erfüllen: u u (*) ∫0 (1 − F(x )) dx = (1 − F(u )) 1 − α . Mit

α F (u ) : = 1 −

u (1 − F(u ))

ist also ein u gesucht, so dass

u

αF(u) = α

∫ (1 − F(x))dx 0

gilt für gegebenes F und α ∈(0; 1). Tatsächlich ist αF(u) ∈[0; 1] wegen u

∫ (1 − F(x )) dx

u



0

∫ (1 − F(u )) dx

= u (1 − F(u )) .

0

Partielle Integration von E(min(X, u)) ergibt u

∫ xdF(x ) + u(1 − F(u )) = 0



u

∫ (1 − F(x )) dx 0



∫ (1 − F(x )) dx



= E(X) =

0

∫ xdF(x ) , 0

weswegen u(1–F(u)) → 0 gilt für u → ∞. Also gilt αF(u) → 1 für u → ∞. u

Schließlich folgt aus

∫ (1 − F(x ))dx

≤ u die Ungleichung

0

1 − F(u ) ≤

u (1 − F(u ) ) u

≤1

∫ (1 − F(x))dx 0

und damit αF(u) → 0 für u → 0. Insgesamt ist damit gezeigt, αF(u) jeden Wert α ∈(0; 1) annimmt, wenn F stetig ist. Damit gibt es ein u, so dass für v > u die Riebesell-Formel gilt.

93 Tabelle einiger Werte von αF(u) für einige Verteilungen F: Exponential

Gamma α = 0.1

Lognormal σ = 1.8

Nullpunkt Pareto α = 1.5

0.005 0.049 0.418 0.842 0.9996

0.092 0.151 0.294 0.442 0.709 0.952 0.9999

0.028 0.185 0.5 0.663 0.815 0.914 0.972

0.0147 0.127 0.545 0.740 0.867 0.928 0.962

u/E(X) 0.01 0.1 1 3 10 30 100

Beispiel: Sei z = 20%, d.h. α = 1–ld(1+z) = 1–ln(1+z)/ln(2) = 0.737, und F lognormal mit σ = 1.8. Dann müssen wir gemäß Tabelle die Lognormal-V oberhalb von u mit αF(u) = 0,737, d.h. u ≈ 5⋅E(X) durch eine Pareto-V ersetzen. In der Haftpflicht-V ist E(X) deutlich unter € 50,000, und die VS beginnen bei € 500,000. Also kann Riebesells Formel in dem für EVr und RVr relevanten Bereich eingesetzt werden, zumal Fu oberhalb des (rück-)versicherten Bereichs ohne Auswirkungen auf (R) wieder so abgeändert werden kann, dass der Erwartungswert endlich bleibt. Zur Überprüfung dieser so genannten „Exposure“-Tarifierung verwenden die RVr die sog. ~ ~ „Burning-Cost“- oder Erfahrungs-Tarifierung. Hierfür wird die eigene Schadenerfahrung Sj des RV-Vertrags in den letzten ca. 5 Jahren j („as-if“, d.h. nach entsprechender Indexierung) verwendet in der Form ~ m ~ ~ ~ E(Sm + 2 ) ∑ j=1 Sj = m vm+ 2 ∑ vj j =1

mit einem geeigneten Volumenmaß vj (z.B. der zugrunde liegenden Originalprämieneinnahme des EVr) und/oder durch Anpassung einer Schadenhöhenverteilung (z.B. Pareto) an die Schäden X > a/2 in der Form ~ ~ ~ ~ ~ ~ E(Sm + 2 ) = E( N m + 2 )E(X) , ~ ~ ~ ~ wobei E( N m + 2 ) aus der wie zuvor E(Sm + 2 ) geschätzten Schadenfrequenz oberhalb a/2 mit Hilfe der Schadenhöhenverteilung auf die Priorität a hochgerechnet wird.

94 4.4.

Entscheidung über Form und Umfang der RT (am Beispiel der RV)

4.4.1. Synergieeffekt der Rückversicherung EVr RV

S

= Gesamtschaden (pro Jahr für eine beliebige Sparte)

b

= zugehörige Prämie (Bruttoprämie minus EV-Verwaltungskosten)

R

= RV-Schaden, 0 ≤ R ≤ S

b(R)

= RV-Prämie (> E(R))

betriebswirtschaftliches Ergebnis: EVr vor RV: nach RV: RVr vor RV: nach RV:

b–S b – S – (b(R) – R) – k1 0 (aus diesem Vertrag) RV-Kosten

b(R) – R – k2

k1, k2 sind die durch RV verursachten Verwaltungskosten bei EVr bzw. RVr, die beim RVr auch seine Gewinnmarge beinhalten, d.h. b(R) ≈ E(R) + k2 . Beispiel, dass die zusätzlichen Kosten k1 + k2 durch Synergieeffekte wettgemacht werden können: S = S0 + S1 mit S0 ~ Normal (μ, σ2) S1 ~ Normal (9μ, 2σ2)

unabhängig

Sicherheitskapital β ⋅ Sta(S) = βσ 3 , z.B. mit β = 3 R = S0/2 => Bedarf an Sicherheitskapital nur noch βσ 2, 25 Angenommen, es gibt K solche EVr (unabhängige), die alle S0/2 beim gleichen RVr rückversichern. σ => RVr braucht β ⋅ K Sicherheitskapital (bei gleichem Sicherheitsniveau) 2 wenn er sonst kein Portefeuille hat und die K EVr sparen Kβσ Kβσ

(

)

3 − 2, 25 > β

(

3 − 2, 25

)

σ K K > 2 4

(

1 3 − 2, 25

)

2

= 4,64 ,

d.h. der Gesamtbetrag des Sicherheitskapitals wird durch RV reduziert.

95 E(S)

Angenommen Schwankungszuschlag zβσ 3 = 0,04 ⋅ 10μ 0, 4μ => z = βσ 3 Angenommen, k1 + k2

(mit Zusatzzins z, vgl. 1.2.2)

E(R) μ = 0,03 ⋅ 2

Beide Annahmen sind realistische Werte. Gesamt-SZ Dann ist

0,4μK

EV-SZ >

zβσ 2, 25 ⋅ K

+

K > 4,9

RV-SZ RV-Kosten μ σ zβ K + 0,03 K 2 2 ⎛ 0, 4μ ⎞ ⎜ bei z = ⎟ βσ 3 ⎠ ⎝

Satz 7: RV reduziert den Bedarf an Sicherheitskapital (Diversifikation), wodurch ein Teil des Schwankungszuschlags frei wird, der in der Regel zur Deckung der RV-bedingten Transaktionskosten k1 + k2 ausreicht.

4.4.2. Modelle zur Bewertung verschiedener RV-Varianten (aus EV-Sicht): Wesentliche Kriterien des EVr sind: • das für den EVr resultierende Sicherheitsniveau. Es hängt vom SB-Schaden Q = S – R und dem vorhandenen Sicherheitskapital c ab. • die verbleibende erwartete Gewinnhaltigkeit b – b(R) – k1 – E(Q) : = b(Q) Normalerweise sind beide Kriterien gegenläufig, d.h. Erhöhung des Sicherheitsniveaus nur auf Kosten der Gewinnhaltigkeit. Quantifizierung des Sicherheitsniveaus: • mittels einjähriger Verlust-W P(Q > b(Q) + c) bei Sicherheitskapital c bzw. P(Q > E(Q) + c) falls b(Q) – E(Q) ausgeschüttet wird ⎛ c ⎞ ╚ 1− Φ ⎜ ⎟ bei Normal-V, d.h. rein varianzabhängig ⎝ Sta(Q) ⎠ • mittels Var(Q) • mittels Ruin-W (→ Risikotheorie) • mittels Nutzenfunktion u:IR → IR u'(x) > 0 u''(x) < 0, z.B. u(x) =

r(x) = −

1 1 − e − rx ) , r(x) = r ( r

u"(x) (Risikoaversion) u '(x)

96 Varianzmodell Maximiere b(Q) – E(Q) unter Var(Q) ≤ v0 Minimiere Var(Q) unter b(Q) – E(Q) ≥ e0 Nutzenmodell Maximiere den erwarteten Nutzen E[u(c + b(Q) – Q)] Im folgenden konzentrieren wir uns auf das Varianzmodell. Im Nutzenmodell gelten aber ähnliche Aussagen. 4.4.3. Einseitige Optimierung bei gegebenen Transaktionskosten Transaktionskosten k(R): = b(R) – E(R) + k1 = b – E(S) – (b(Q) – E(Q)) Bruttogewinn

Nettogewinn

(der im Mittel durch RV abfließende Betrag) 2 RV-Varianten mit gleichem k(R) haben gleiches b(Q) – E(Q). Satz 8: Sind die Transaktionskosten eine bei allen RV-Varianten gleiche Funktion k(R) = g(E(R)) von E(R), so ist gemäß Varianzmodell die unlimitierte Stop-Loss-RV optimal für den EVr. (z.B. g(x) = α0 + α1 x)

Beweis siehe Mack, Schadenversicherungsmathematik, Seite 380/383 Satz 9: Sind die Transaktionskosten eine bei allen RV-Varianten gleiche monoton wachsende Funktion h von Var(R), d.h. k(R) = h(Var(R)), so ist gemäß Varianzmodell die QuotenRV optimal für den EVr. (z.B. h(x) = β0 + β1 x + β 2 x)

Beweis: Sei R bel. RV mit k(R) = h(Var(R)) OEdA Var(R) ≤ Var(S); sonst vollst. Quote R1 = S günstiger als R. Wegen Var(R) ≤ Var(S) gibt es q ≤ 1 mit Var(qS) = Var(R). Die Quoten-RV Rq = qS hat dieselben TAK wie R. Var(Q) = Var(S–R) = Var(S) – 2 Cov(S,R) + Var(R) ≥ Var(S) – 2 Sta(S) Sta(R) + Var(R) = Var(S) – 2 q Var(S) + q2 Var(S) = (1–q)2Var(S) = Var((1–q)S) = Var(S–Rq) Cov(S, R) ≤ 1 stets. Sta(S) Sta(R) => Quoten–SB (1–q)S hat kleinere Varianz bei gleichen TAK =ˆ gleichem Gewinn. wegen

97 Bemerkung: (1)

Opt RV-Form hängt nicht von Verteilung von S ab!

(2)

TAK k sind i.a. weder = g(E(R)) noch = h(Var(R)) denn k(R) = b(R) – E(R) + k1 enthält

Betriebskosten des RVr

abhängig von Form + Volumen

RV-Kosten des EVr

abhängig von Form + Volumen

Schw.Zuschlag des RVr

abhängig von Var(R)

Bias E(R) – E(R)

abhängig von ?

4.4.4. Abstaffelung des Selbstbehalts bei gleicher RV-Form Satz 10: Werden mehrere voneinander unabhängige Teilportefeuilles (bi, Si), 1 ≤ i ≤ I, mit Nettoprämien b1 + ... + bI = b und Gesamtschäden S1 + ... + SI = S durch getrennte Quoten-Rückversicherungen geschützt, so sind die Selbstbehaltsquoten ci, 0 ≤ ci ≤ 1, b − E(Si ) gemäß dem Varianzmodell proportional zu i zu wählen. Var(Si )

Beweis: Wegen Q = c1S1 + ... + cISI und b(Q) = c1b1 + ... + cIbI ergibt sich aus dem Varianzmodell die Extremwertaufgabe ! Var(Q) = ∑ ci 2 Var(Si ) = min unter der Nebenbedingung b(Q) – E(Q) =

∑ c (b i

i

− E(Si ) ) = e0 .

Die Langrange’sche Multiplikatorenmethode ergibt die notwendige Bedingung I ∂ ⎛ I 2 ⎛ ⎞⎞ 0 = ⎜ ∑ ci Var(Si ) + λ ⎜ e0 − ∑ ci ( bi − E(Si ) ) ⎟ ⎟ ∂ci ⎝ i =1 i =1 ⎝ ⎠⎠ = 2ci Var(Si ) − λ ( bi − E(Si ) ) .

Bem.: (1) Sind (bi, Si) Einzelrisiken, so ist oft die Annahme Si = viYi mit der VS vi und identisch wie Y verteilten Yi akzeptabel. Dann ist E(Si) = viE(Y) und Var(Si) = vi2Var(Y). Gilt zusätzlich bi = (1+z)E(Si), so sind die ci proportional zu 1/vi (SX!). (2) Will man das Problem von Satz 10 mit (unlimitierten) Schadenexzedenten statt der Quoten lösen, so muss man die Abhängigkeit der SB-Prämie bi von der Priorität ⎛≈ ⎞ ai spezifizieren, z.B. bi − bi = β0 + β1E ⎜ Si ⎟ . ⎝ ⎠ In diesem Fall ergibt sich für die ai die implizite Gleichung ⎛ Var(N i ) ⎞ a i = β1λ − ⎜ − 1⎟ E ( min(X i , a i ) ) ⎝ E(N i ) ⎠ wobei Ni, Xi das Kollektive Modell für Si beschreiben. Im Poissonfall ergibt sich also eine überall gleiche Priorität, d.h. Schadenexzedent.

98 4.4.5. Suboptimale und pareto-optimale RT Bem.: Für 2 RT S = Q1 + R1 = Q2 + R2 mit E(Q1) = E(Q2), E(R1) = E(R2) gilt normalerweise Var(Q1) < Var(Q2)

=>

Var(R1) > Var(R2)

z.B. Quote und XL: Vko(Quote) wegen Vko(S) ist Var(S) XL-SB

<

<

Vko(S)



< Vko(S)



nach Satz 4 für bel. XL S = S + S = Q1 + R 1

⎛ E(S) ⎞ ⋅S⎟ Var ⎜ ⎝ E(S) ⎠

Quote ≈ ⎛ E(S) ⎞ ⋅S⎟ Var ⎜ ⎜ E(S) ⎟ ⎝ ⎠

XL-RV ≈

< Var(S)

⎛ E(S) ⎞ Erwartungswerte sind gleich wegen E(S) = E ⎜ S⎟ ⎝ E(S) ⎠

Def.: Eine Risikoteilung S = Q0 + R0 heißt pareto-optimal, wenn für jede andere Risikoteilung S = Q + R aus E(Q) = E(Q0) und Var(Q) < Var(Q0) folgt, dass Var(R) > Var(R0). d.h.

Def.:

eine Verbesserung zugunsten des EVr geht stets zu Lasten des RVr. S = Q*a + R *a mit Q*a =

S falls S ≤ a 0 falls S > a

heißt Integralfranchise (auf Jahresbasis) Satz 11: Die Integralfranchise ist nicht pareto-optimal, genauer gibt es eine Stop-Loss-Priorität a < a mit E ( min(S,a) ) = E(Q*a ) Var ( min(S,a) ) < Var(Q*a ) Var ( max(S − a,0) ) < Var(R *a ) .

(Beweis siehe Mack, Schadenversicherungsmathematik, Seite 392/395)

99 Satz 12: Summenexzedent und Schadenexzedent sind nicht pareto-optimal, d.h. es gibt im Varianzmodell eine für EVr und RVr bessere RT.

Beweis: Sei S = Q + R eine RT, bei der Q und R keine Funktionen von S sind, z.B. SX oder XL. Q0: = E(Q|S) => E(Q0) = E(Q) R0: = S – Q0 = E(S|S) – E(Q|S) = E(R|S) => E(R0) = E(R) Var(Q0) = Var(E(Q|S)) < Var(E(Q|S)) + E(Var(Q|S)) = Var(Q) Var(R0) = Var(E(R|S)) < Var(E(R|S)) + E(Var(R|S)) = Var(R) d.h. die RT S = Q0 + R0 hat gleiche Erwartungswerte und niedrigere Varianzen als S = Q + R. Unter Q0,R0 werden die bei festem S = s je nach Höhe der Einzelschäden unter einem XL möglichen unterschiedlichen Aufteilungen von S auf SB und RV durch ihre Mittelwerte Q0(s) = E(Q|S = s) bzw. R0(s) = E(R|S = s) ersetzt. In der Praxis sind diese bedingten Mittelwerte aber i.a. nicht genau genug schätzbar. Der Beweis zeigt, dass bei einer pareto-opt. RT Q und R Funktionen von S sein müssen. Dies allein ist aber noch nicht hinreichend, wie Satz 11 zeigt. Genauer gilt: Satz 13: Eine Risikoteilung S = Q + R ist im Varianz- oder Nutzenmodell genau dann pareto-optimal, wenn Q und R monoton nichtfallende Funktionen von S sind.

Beweis: M. PESONEN, SAJ 1984, 65-90 Beachte: Q und R müssen sowohl Funktion von S als auch monoton sein! Quote und StopLoss sind also pareto-optimal.

100

5. Credibility-Modelle für Prämien und Schadenreserven

5.1. Das Poisson-Gamma-Modell zur Erstellung von Bonus-Malus-Systemen Die Axiome des Poisson-Prozesses (1) Die Schadenanzahlen in disjunkten Zeitintervallen sind unabhängig. (2) Keine zwei oder mehr Schäden treten im exakt gleichen Zeitpunkt ein. (3) Die Schäden treten nicht bevorzugt an bestimmten Zeitpunkten ein. erscheinen in der KH-Versicherung erfüllt, d.h. für die (Jahres-)Schadenzahl N eines Autos gilt: P(N = n) = θn ⋅ e − θ n! , n = 0, 1, 2, …. Das ist pro Auto praktisch nicht nachprüfbar, aber in einer homogenen Risikogruppe (d.h. gleiche θ): Anzahl Risiken erwartet gemäß Poisson

Chi-Quadrat-Abw.

n

an

en = 23589⋅P(N=n)

(an-en)2/en

0

20592

20258,1

5,4

1

2651

3083,8

60,8

2

297

234,7

16,5

3

41

11,9

4

7

0,45

≥5

1

0,014

3403

23589

23589

108,4

191,1

Der Test lehnt deutlich ab: χ 22; 95% = 5,99 trotz Minimum-Chi-Quadrat-Schätzer θˆ = 0,152 (erst recht für θˆ = 3403/23589 = 0,144). ==>

Keine Poisson-V oder unterschiedliche θ ?

Letzteres, denn tatsächlich beobachtet man bei einer Gruppe von Risiken, die im letzten Jahr schadenfrei waren, auch im nächsten Jahr eine deutlich unterdurchschnittliche Schadenfrequenz. Sei also F die (unbek.) Verteilung der Poisson-Parameter θ im Portefeuille und Θ die zugehörige Zufallsvariable.

101

==>

P(N = n) = E[P( N = n | Θ)] =



∫ 0

θ n −θ e dF(θ) n!

= durchschnittliche W. eines Risikos mit unbekanntem θ. Diese Misch-Verteilung ist explizit berechenbar, wenn F = Gamma(α/β, α): dF(θ) / dθ = βα θα −1e −βθ / Γ(α) ==>

P( N = n ) = ( n + αn −1 )

mit Erwartungswert µ = α/β.

1 βα β ⋅ ≡ Negative Binomial-V mit p = α n (β + 1) (β + 1) β +1

E(N) = E(E(N|Θ)) = E(Θ) = α/β , Var(N) = E(Var(N|Θ)) + Var(E(N|Θ)) = E(Θ) + Var(Θ) =

α α β +1 + 2 = E( N) > E(N). β β β

Anzahl Risiken

erwartet gemäß Neg.Bin.

Chi-Quadrat-Abw.

n

an

en = 23589⋅P(N=n)

(an-en)2/en

0

20592

20595,1

0,00

1

2651

2630,8

0,15

2

297

319,7

1,62

3

41

38,2

0,20

4

7

4,5

1,61

≥5

1

0,6

3403

23589

23589

3,58

Die Minimum-Chi-Quadrat-Schätzer sind: αˆ = 1,107, βˆ = 7,67, d.h. μˆ = 0,144 . Hier ergibt sich keine Ablehnung: χ 22; 95% = 5,99.

Beachte: Die Einzelrisiken sind nach wie vor Poisson-verteilt, ebenso die Schadenzahl des gesamten Portefeuilles (als Summe unabhängiger Poisson-Variabler). Die NBV modelliert die Schadenzahl N eines zufällig aus dem Portefeuille gegriffenen Risikos, dessen Poisson-Parameter nicht bekannt ist (Varianzvergrößerung durch die Unsicherheit bzgl. θ).

102

Schätzung von θ mit der Bayesschen Umkehrformel: θ überdurchschnittlich ==> n eher überdurchschnittlich n überdurchschnittlich ==> θ vermutlich überdurchschnittlich P(A|B)⋅P(B) = P(A∩B) = P(B|A)⋅P(A)

(BAYES)

P(Θ=θ|N=n)⋅P(N=n) = P(N=n|Θ=θ)⋅P(Θ=θ) ==> P(Θ=θ|N=n) =

e − θθn βα θα −1e −βθ ⋅ n! Γ (α )

(

n + α −1 n

α

) (β +β1)

α+n

= (β + 1)α + n θα + n −1e − (β +1) θ Γ(α + n ) = Gamma((α+n)/(β+1), α+n). Satz 1: (Bayessche Schätzung des Poissonparameters aus Strukturfunktion und Schadenerfah-

rung): Sei N|Θ ~ Poisson(Θ) und Θ ~ Gamma(α/β, α). Dann ist die unbedingte oder MischVerteilung von N negativ-binomial und die A-posteriori-Verteilung Θ|N ~ Gamma((α+N)/(β+1), α+N).

==>

E(Θ|N=n) =

α+n β +1

(A-posteriori-Erwartungswert eines Risikos mit n Schäden)

Da Θ wegen Θ = E(N|Θ) hier direkt die Schadenerwartung (= Nettoprämie) eines Risikos mit Poisson-Parameter Θ ist, ergibt Satz 1 folgende Bonus-Malus-Tabelle (für obige Parameter): beobachtete Schadenzahl: Prämienfaktor E(Θ|N)/E(Θ):

0

1

2

3



0,88

1,68

2,48

3,28



n 1,107 + n 8,67 ⋅ 0,144

Bemerkung: Insgesamt ergibt sich wegen E(E(Θ|N)) = E(Θ) dieselbe Gesamt-Nettoprämie wie die Einheitsprämie E(Θ). Bei mehrperiodischer Beobachtung n1, n2, …, nJ eines Risikos (mit festem θ) ergibt sich analog (durch iteratives Verwenden des jeweiligen Posterior als nächsten Prior): P(Θ=θ | N1=n1, …, NJ=nJ) = Gamma((α+n1+...+nJ)/(β+J), α+n1+...+nJ)

103

E(Θ | N1=n1, …, NJ=nJ) =

α + n1 + ... + n J , β+J

d.h. die Bonus-Faktoren für mehrjährig schadenfreie Risiken lauten: J

1

2

3

13

βˆ /(βˆ + J )

0,88

0,79

0,72

0,37

Der A-posteriori-Erwartungswert lässt sich wie folgt als gewichtetes Mittel E(Θ | N1=n1, …, NJ=nJ) =

J n1 + ... + n J β α ⋅ + ⋅ β+J J β+J β

zwischen individueller Schadenerfahrung und kollektiver Schadenerwartung umschreiben. J heißt Credibility-Faktor (→ 1 für J → ∞). β+J

5.2. Der verteilungsfreie Credibility-Ansatz zur Erfahrungstarifierung In 5.1 haben wir die individuelle Schadenerwartung Θ = E(N|Θ) eines Risikos mit PoissonParameter Θ durch E(Θ|N1, …, NJ) = E(E(N|Θ)|N1, …, NJ) geschätzt, d.h. durch den Mittelwert aller Risiken mit der gleichen Schadenerfahrung. Allgemeiner nehmen wir nun an, die Schadenvariable (Schadenzahl, Gesamtschaden) R eines Individuums (Risiko, Risikogruppe) in einem Kollektiv (Risikogruppe, Portefeuille, genauer Menge der Individuen, wo diese Annahme zutrifft, d.h. Individuen bei gleichem Θ die gleiche Verteilung haben) hänge von einem unbekannten Verteilungsparameter-Vektor Θ ab, der – da er übers Kollektiv variiert – als Zufallsvariable („Verteilungsqualität“) modelliert wird. Analog zu 5.1 wollen wir die eigentlich interessierende (künftige) individuelle Schadenerwartung E(R|Θ) mit Hilfe der Beobachtungen R1, …, RJ durch E(E(R|Θ)|R1, …, RJ) schätzen. E(E(R|Θ)|R1, …, RJ) ist die im Quadratmittel beste Approximation von E(R|Θ) durch eine Funktion von R1, …, RJ, denn Hilfssatz: X, Y, h(Y) seien quadratintegrierbar. Dann gilt: E(X – E(X|Y))2 ≤ E(X – h(Y))2 Beweis:

E(X – h(Y))2 = E(X – E(X|Y) + E(X|Y) – h(Y))2 = E(X – E(X|Y))2 + E((X|Y) – h(Y))2 ,

104 da der gemischte Erwartungswert = 0 ist. Bemerkungen: (1)

E(E(R | Θ) | R 1 , …, R J ) = E(E(R | Θ, R 1 ,..., R J ) R1 ,..., R J ) = E(R | R 1 ,..., R J )

wenn R, R1, …, RJ aus verschiedenen Jahren und daher Θ-bedingt unabhängig sind, d.h. der bed. Erw.wert ist auch die beste Prognose für ein künftiges R. (2)

R, R1,…, RJ sind aber nicht (unbedingt) unabhängig, sondern über Θ positiv korreliert.

(3)

Zur Prämienkalkulation müssen wir die Konstanz der Individual“prämie“ E(Rj|Θ) = µ(Θ) = E(R|Θ) über den relevanten Zeitraum annehmen. Daher schreiben wir künftig nur noch µ(Θ).

Also Ziel: Berechnung/Schätzung von E(µ(Θ)|R1, …, RJ) Das ging in 5.1, weil die Verteilungen von Rj|Θ und Θ bekannt waren und (zufällig) explizit rechenbar sind („konjugierte Verteilungen“). Letzteres geht nur in wenigen Fällen, aber auch da ergibt sich meist eine lineare Form E(µ(Θ)|R1, …, RJ) =

α 1 1 + R 1 + ..... + RJ β+J β+J β+J

wie in 5.1 für den a-posteriori-Erwartungswert. Daher kam BÜHLMANN 1967 auf die Idee, die Linearität einfach per definitionem zu erzwingen: Definition: Die Verteilung der Schadenvariablen R1, …, RJ verschiedener Perioden eines jeden Individuums sei von einem unbekannten Parametervektor θ abhängig („Verteilungsqualität“). Die Werte von θ variieren über die Individuen des Kollektivs, so dass das individuelle θ der Realisierung einer ZV Θ entspricht; die Rj hängen also von einer unbekannten ZV Θ ab. Außerdem sei E(Rj|Θ) = µ(Θ) für alle j. Dann ist der Credibilityschätzer μˆ c (Θ) der individuellen Schadenerwartung µ(Θ) definiert als die im Quadratmittel beste lineare Approximation von µ(Θ) durch die Schadenerfahrung R1, …, RJ, d.h. μˆ c (Θ) = a0+a1R1+…+aJRJ mit a0, …, aJ so, dass E(a0+a1R1+…+aJRJ – µ(Θ))2 minimiert wird. Satz 2: Für die Koeffizienten des C-Schätzers μˆ c (Θ) gelten die „Normalgleichungen“

a1Cov(R1, Rk) + … + aJCov(RJ, Rk) = Cov(µ(Θ), Rk) ,

1 ≤ k ≤ J,

105 a0 = (1 – a1 – … – aJ)⋅E(µ(Θ)), oder kurz: E( μˆ c (Θ) ) = E(µ(Θ)), Cov( μˆ c (Θ) , Rk) = Cov(µ(Θ), Rk). Beweis: Sei T:= µ(Θ) und R:= a1R1 + … + aJRJ, dann haben wir E(T – a0 – R)2 zu minimieren: 0=

∂ E(T − a 0 − R ) 2 = −2E(T − a 0 − R ) ==> a0 = E(T) – E(R) ∂a 0

0=

∂ E(T − a 0 − R ) 2 = −2E((T − a 0 − R )R k ) ==> a0E(Rk) = E(TRk) – E(RRk) . ∂a k

(*)

Hiervon subtrahieren wir die mit E(Rk) multiplizierte Gleichung (*): Cov(T, Rk) = E(TRk) – E(T)E(Rk) = E(RRk) – E(R)E(Rk) = Cov(R, Rk) .

5.3 Die Credibilitymodelle von Bühlmann und Bühlmann/Straub Dies sind die einfachsten Fälle, in denen die Normalgleichungen explizit gelöst werden können. Das Bühlmann-Modell ist die direkte Umsetzung von 5.1: Satz 3 (BÜHLMANN 1967): Es gelte

(C1)

Die Schadenvariablen R1, …, RJ verschiedener Perioden jedes Individuums im Kollektiv hängen vom (zufälligen) Parametervektor Θ ab („Verteilungsqualität“).

(CB) R1, …, RJ sind Θ-bedingt iid mit E(Rj|Θ) = µ(Θ), Var(Rj|Θ) = σ2(Θ) mit für alle Individuen gleichen µ, σ2. Dann ist

⎛1 J ⎞ J E(σ 2 (Θ)) μˆ c (Θ) = c ⋅ ⎜⎜ ∑ R j ⎟⎟ + (1 − c) ⋅ E(μ(Θ)) mit c = . , t= J J + t Var ( μ ( Θ )) = j 1 ⎝ ⎠

Beweis: Satz 3 ist Spezialfall von Satz 4. Bemerkungen: (1) Im Poisson-Gamma-Fall ergibt sich der exakte Bayessche A-posteriori-Schätzer: Rj|Θ ~ Poisson(Θ) ==> E(Rj|Θ) = Θ = Var(Rj|Θ) ==> µ(Θ) = Θ = σ2(Θ), Θ ~ Gamma(α/β, α) ==> t =

α /β E ( Θ) = = β , E(R) = E(Θ) = α/β. Var(Θ) α / β2

106 (2) Auch ohne Verteilungsannahme für Θ kann man im Poissonfall die benötigten Parameter E(Θ)und Var(Θ) aus Daten aller Individuen aus nur einer Periode (!) schätzen mittels Schätzern μˆ = ∑ n ⋅ a n n ≥0

∑a n ≥0

n

für E(R1) = E(Θ) und

∑a n ≥0

n

(n − μˆ ) 2

(a + − 1) für

Var(R1) = E(Θ) + Var(Θ) mit an = Anzahl Individuen mit n Schäden. Das ergibt für die Daten aus 5.1 ein ˆt = 7,34 im Vergleich zum dortigen βˆ = 7,67, d.h. praktisch dieselbe Bonus/Malus-Tabelle (Momentenschätzer statt MCQ-Schätzer). (3) Im allgemeinen verteilungsfreien Fall braucht man zur Schätzung aller drei „StrukturParameter“ E(µ(Θ)), E(σ2(Θ)), Var(µ(Θ)) die Schadendaten aller Individuen des Kollektivs aus mehreren Perioden, siehe Satz 5. Wegen der Voraussetzung CB muss jedes Individuum in allen Jahren die gleiche Schadenverteilung haben. Daher kommt das B-Modell nur für genormtes Massengeschäft in Betracht, zB für KH. Das Bühlmann/Straub-Modell hingegen lässt pro Individuum und Jahr ein unterschiedliches Volumen zu. Wir schreiben daher wieder Zj (statt Rj) für die volumenbezogene Schadenvariable (Schadensatz bzw. Schadenbedarf). Satz 4 (BÜHLMANN/STRAUB 1970): Es gelte

(C1)

Die Schadenvariablen Z1, …, ZJ verschiedener Perioden jedes Individuums im Kollektiv hängen vom (zufälligen) Parametervektor Θ ab („Verteilungsqualität“).

(C2)

Z1, …, ZJ sind Θ-bedingt unkorreliert, d.h. Cov(Zj, Zk |Θ) = 0 für j ≠ k.

(CBS) E(Zj|Θ) = µ(Θ) und Var(Zj|Θ) = σ²(Θ)/vj mit bekannten Volumina vj und unbekannten, aber nicht von j abhängenden, für alle Individuen gleichen Funktionen µ und σ². Dann ist

⎛ J v ⎞ μˆ c (Θ) = c ⋅ ⎜⎜ ∑ j Z j ⎟⎟ + (1 − c) ⋅ E(µ(Θ)) ⎝ j=1 v + ⎠

mit

v + := ∑ v j ,

J

c :=

j =1

v+ , v+ + t

t :=

E(σ 2 (Θ)) , Var (μ(Θ))

und es gilt E(μˆ c (Θ) − μ(Θ) ) = (1 − c)Var (μ(Θ)) , d. h. kleinerer mse als m oder Z . 2

. Bemerkungen: (1) Satz 3 ist ein Spezialfall (vj = 1) von Satz 4. (2) Das „Credibility-Volumen“ vj ergibt sich aus der Varianzannahme in (CBS) und ist nicht zwingend identisch mit dem in Zj steckenden Volumenmaß!

107

Beweis von Satz 4 siehe Buch „Schadenversicherung“, Abschnitt 2.5.4. Bis jetzt haben wir ein zufällig herausgegriffenes Individuum mit Verteilungsqualität Θ und Schadenerfahrung R1, …, RJ betrachtet. Um die Strukturparameter zu schätzen, müssen wir die Schadenerfahrung aller Individuen heranziehen und bezeichnen daher deren Verteilungsqualitäten zur Unterscheidung mit Θ1, Θ2, …, wobei alle Θi dieselbe Verteilung haben. Satz 5 (Kollektive Schätzer der Strukturparameter): Es gelte

(C1)

Die Schadenvariablen Zi1, …, ZiJ verschiedener Perioden j jedes Individuums i im Kollektiv hängen vom (zufälligen) Parametervektor Θi ab („Verteilungsqualität“).

(C2)

Zi1, …, ZiJ sind Θi-bedingt unkorreliert, d.h. Cov(Zij, Zik |Θi) = 0 für j ≠ k.

(C3)

Die Vektoren (Θi, Zi1, …ZiJ) verschiedener Individuen i, 1 ≤ i ≤ I, des Kollektivs sind unabhängig.

(C4)

Die Verteilungsqualitäten Θ1, …, ΘI sind identisch verteilt.

(CBS) E(Zij|Θi) = µ(Θi), Var(Zij|Θi) = σ²(Θi)/vij mit überall gleichen µ und σ². Dann sind m := E(Zij) = E(µ(Θi)), u := E(σ²(Θi)) und w := Var(µ(Θi)) unabhängig von i und j und haben folgende erwartungstreue Schätzer: I

ˆ =∑ m i =1

uˆ =

vi + ˆi m v+ +

mit

J

vij

j =1

vi +

ˆi =∑ m

Zij ,

⎞ 1 I ⎛ 1 J ⎜ ˆ i )2 ⎟ , vij ( Zij − m ∑ ∑ ⎜ ⎟ I i =1 ⎝ J − 1 j=1 ⎠

ˆ = w

1 ⎛ I vi + I −1 ⎞ ˆi −m ˆ )2 − ⎜⎜ ∑ uˆ ⎟ (m K ⎝ i =1 v + + v + + ⎟⎠

mit

I

K := 1 − ∑ i =1

vi2+ . v 2+ +

Beweis: Nachrechnen. Bemerkungen: ˆ ≤ 0 , so liegt es nahe, w = 0 anzunehmen, d.h. ein homogenes Kollektiv, in (1) Falls w

dem eine Differenzierung der individuellen Erwartungswerte µ(Θi) nicht sinnvoll ist. (2) Wenn man im C-Schätzer μˆ c (Θi ) die Strukturparameter durch Schätzer ersetzt, spricht man vom „empirischen C-Schätzer“. (3) Letztlich beinhaltet die BS-Annahme E(Zij) = m, Var(Zij) = w + u/vij .

108 Wenn man für die Parameterschätzer ohnedies die Beobachtungen aller Individuen benutzen muss, liegt es nahe, die Individualmittel µ(Θi) nicht nur durch ihre eigenen Beobachtungen ai0 + ai1Zi1+…+aiJZiJ zu approximieren, sondern gleich durch a i 0 + ∑ k =1 (a k1Zk1 + ... + a kJ ZkJ ) . I

Dies ergibt den „homogenen“ C-Schätzer ⎛ J v ⎞ ˆc μˆ ch (Θi ) = ci ⋅ ⎜⎜ ∑ ij Zij ⎟⎟ + (1 − ci ) ⋅ m ⎝ j=1 v i + ⎠

mit

I

ck ˆk m k =1 c +

ˆc =∑ m

sowie ci und t wie in Satz 4 (Beachte, dass c vom Volumen des Individuums abhängt, daher ˆ ˆ c eine ernstzunehmende Alternative zu m ci). Dies zeigt, dass das sog. Credibilitymittel m

ˆ c auch noch die nahe liegende Forderung ist, zumal m



I i =1

ˆ i = ∑i , j vij Zij vi +μˆ ch (Θi ) = ∑i =1 vi + m I

einer exakten Schadenumverteilung erfüllt. ˆ c auch für w einen erwartungstreuen Schätzer konsAußerdem kann man mit Hilfe von m truieren, der stets nichtnegativ ist, nämlich ˆc = w

1 I ˆi −m ˆ c )2 , ci ( m ∑ I − 1 i =1

ˆ c ja über t auch in ci steckt (Startwert ci = der allerdings iterativ berechnet werden muss, da w 0,5). Die in der Praxis kritische Modellannahme ist C4, d.h. a priori (d.h. vor Kenntnis der Schadenerfahrung) dürfen die Schadenverteilungen der Individuen des Kollektivs nicht unterscheidbar sein (bei gleichem Volumen), d.h. insbesondere darf nicht klar sein, welches Individuum einen niedrigeren/höheren Erwartungswert hat. Das scheint die Anwendbarkeit des CModells auf bisher gleich tarifierte Risiken einzuschränken. Doch dies kann mit Hilfe einer Idee von GISLER überwunden werden, indem man das Modell auf die Abweichungen gegenüber der A-priori-Erwartung ti einsetzt, bzw. diese in das Modell mit einbaut: E(Zij|Θi) = ti⋅µ(Θi)

und

Var ( Zij | Θi ) = t βi ⋅ σ 2 (Θi ) / v ij

mit β ∈ {1; 2} .

Denn dann erfüllen die transformierten Variablen Yij := Zij/ti wieder die Voraussetzungen des BS-Modells: E(Yij|Θi) = µ(Θi), Var(Yij|Θi) = σ 2 (Θi ) ( vij t i2 −β ) mit neuem Volumen v ij t i2−β (vgl. Bem. 2 nach Satz 4). In dieser Form kann das BS-Modell immer dann als Ausgleichsverfahren angewandt werden, wenn keine kreuzklassifzierte Struktur vorliegt.

109

5.4 Anwendungsbeispiele 5.4.1 Beispiel aus der Feuerversicherung von Industriebetrieben i

1

2

3

4

5

6

vi+ (Mrd.)

56,05

15,74

33,97

9,69

3,47

1,37

ˆ i (%o) m

1,24

1,27

1,30

1,78

2,54

4,08

0,086

0,22

0,11

0,30

0,94

2,07

cˆi

0,75

0,45

0,64

0,34

0,15

0,067

μˆ c (Θi )

1,28

1,33

1,33

1,51

1,55

1,56

0,16

0,23

0,19

0,26

0,29

0,31

μˆ c h (Θi )

1,31

1,39

1,37

1,59

1,66

1,67

cˆi (iterativ)

0,93

0,78

0,88

0,68

0,43

0,23

1,27

1,36

1,34

1,74

2,04

2,23

ˆ ar (m ˆ i | Θi ) V ˆ = 1,37 m uˆ = 1,90 ˆ = 0,100 w

ˆt = 19,02

s.e. =

(1 − cˆi )uˆ

ˆ c = 1,50 m

ˆ c = 1,66 m ˆ c = 0,42 w μˆ c h (Θi )

Bemerkung:

∑v i

i+

ˆi ⋅ μˆ c (Θi ) = 159,64 < 165,38 = ∑i vi + ⋅ m

5.4.2 Beispiel aus der Schadenreservierung In 3.2 hatten wir angenommen, dass sich die Anfalljahre (Si1, …, Sin), i=1, …n, nur durch unterschiedliches Volumen unterscheiden. Es gibt aber auch Jahre mit systematisch besserem oder schlechterem Schadenverlauf, d.h. mit unterschiedlicher Anfalljahrqualität.

110

Mit den Modellannahmen (C1)

Jedes Anfalljahr (Si1, …, Sin) hängt von einem zufälligen Verteilungsparameter Θi ab.

(C2)

Si1, …, Sin sind Θi-bedingt unkorreliert, d.h. Cov(Sij, Sik | Θi) = 0 für j ≠ k.

(C3)

Die Anfalljahre (Θi, Si1, …, SiI), 1 ≤ i ≤ I, sind unabhängig.

(C4)

Die Anfalljahrqualitäten Θ1, …, ΘI sind identisch verteilt.

(SR)

E(Sik | Θi) = vi µ(Θi) mk, Var(Sik | Θi) = v i σ 2 (Θi )m k mit bekannten vi, mk und unbekannten µ, σ² (mk wird später geschätzt).

wird sichergestellt, dass Zik := Sik/(vimk) die Voraussetzungen der Sätze 4 und 5 erfüllt (mit „Credibility-Volumen“ vimk. ==>

⎛ ∑ I +1− i Sij ⎞ ⎟ + (1 − c )b j =1 Eˆ c (Zik | Θi ) = ci ⎜⎜ i I +1 − i ⎜ vi ∑ m j ⎟⎟ = j 1 ⎝ ⎠

mit b:= E(µ(Θi))

Beachte: Eˆ c (Zik | Θi ) = µˆc (Θi ) ist für alle k gleich. ==>

⎛ ⎞ ˆE (S | Θ ) = v ⎜ c Ci , I +1− i vi + (1 − c ) ⎟m b c ik i i ⎟ k i⎜ i I +1− i ⎜ ∑ ⎟ m jb j =1 ⎝ ⎠

ˆ k = ∑i =1 Sik Wegen E(Sik/vi) = mkb ist m I +1 − k



I +1 − k i =1

vi ein erwartungstreuer Schätzer für mkb.

Damit lautet der „empirische“ C-Schätzer für die Reserve Rˆ ic =

I

ˆ

∑ Eˆ (S c

ik

| Θi ) = vi (ci rˆi + 1 − ci )

k = I + 2 −i

I

∑ mˆ

k = I + 2−i

k

mit

rˆi =

C i , I +1 − i v i



I +1− i k =1

ˆk m

.

ˆ k /m ˆ + und Das entspricht formal der B/F-Reserve aus 3.5 mit Pattern βk = m

ˆ = v (c rˆ + 1 − c ) m ˆ +. a-priori-Endstandsschätzer C iI i i i i Allerdings sollte hier das Volumen vi „stimmen“ im Sinne der Annahme (SR), während B/F kein Modell benötigt und ein evtl. „falsches“ Prämien-Volumen bei der a-prioriEndstandsquote berücksichtigt. ci = 1 ergibt ein Chain-Ladder-ähnliches Hochrechnen des Schadenstands Ci,I+1-i mit dem (additiven) Abw.Pattern {mk}. ci = 0 ergibt das Zuwachsquotenverfahren.

ENDE

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