Horst Mahler - Café Exzess
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Wenn Ihr willens seid, die Fäuste ruhen zu lassen und statt dessen mitArgumenten um Erkenntnis zu ringen, können wir uns...
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Horst Mahler, Paulsborner Straße 3, 10709 Berlin
Café Exzess Leipziger Str. 91 60487 Frankfurt/Main
19. November 1999 Offener Brief An meine lieben Schläger vom Café Exzess Hallo Leute, nicht mit einem, aber mit zwei blauen Augen bin ich davongekommen. Wohl nur, weil einige doch erschrocken waren über den Haßausbruch, der Euch fortriß. Sie haben Euch für einen Moment von weiteren Schlägen und Tritten abgehalten und mir so die Möglichkeit verschafft, ein zufällig vorbeifahrendes Auto zu besteigen, mit dem ich Euch entkam. Das Auto habt Ihr auch noch mit Tritten und Schlägen traktiert. Der Fahrer wollte nicht glauben, was sich vor seinen Augen abspielte. Ich will Euch zugute halten, daß Ihr meintet, Eure Fäuste für eine gute Sache zu bewegen. Aber Ihr seid keine Kämpfer. Ihr seid Barbaren –und feige obendrein. Ich kam zu Euch, allein und unbewaffnet, um an einer Versammlung teilzunehmen, zu der Ihr öffentlich eingeladen hattet. Ihr wolltet öffentlich beraten, wie Ihr mich und weitere Montagsdemonstrationen gegen Überfremdung aus Frankfurt heraushalten könntet. Ich wollte nicht, daß Ihr beschließt, ohne meine Argumente zu kennen. Deshalb war ich nach Frankfurt gekommen. Dort waren – in einem fast dunklen Raum wohl einhundert von Euch beisammen. Ihr habt keinen einzigen Satz von mir angehört. Einer rief meinen Namen, und sofort setzten bei Euch wilde Zuckungen ein. Eine gespenstische Szene! Seit Jahrtausenden ist es Sitte, einem Feind, der unbedeckt und ohne Waffen in der erkennbaren Absicht, über den Streit zu verhandeln, das Lager des Gegners betritt, den Schutz des Lagerfriedens zu gewähren. Die Ehre gebietet es, nach dieser Sitte zu verfahren. Freunde hatten mich gewarnt, weil Sie Euch kein Ehrgefühl zutrauen. Ich wollte mir aber mein Zutrauen zu Euch nicht ausreden lassen. Nun, ich habe mich geirrt. Die Warner hatten Recht. Es fällt mir schwer , Euch zu begreifen.
Ihr seid doch die, die sich geschworen haben, „jeder Tyrannei Widerstand zu leisten, wo immer sie auftreten möge.“ Ihr wollt Euch nicht abfinden mit Verhältnissen, in denen Menschen geknechtet und erniedrigt sind. Ihr seid nicht willig, Euer Erstgeburtsrecht als freie Menschen gegen das Linsengericht einer Karriere in Mammons System zu tauschen. Aber wie setzt Ihr um, was Ihr Euch vorgenommen habt? Untersucht Ihr noch unabhängig und kritisch, wer der Feind ist und wo er steht? Oder übernehmt Ihr Euer Feindbild aus den Systemmedien? Macht es Euch nicht nachdenklich, daß Ihr in der veröffentlichten Meinung recht wohl gelitten seid und die Polizei wenig Mühe darauf verwendet, Eure offenkundige Gewalttätigkeit einzudämmen? Beschleicht Euch nicht manchmal der Verdacht, daß Ihr mit Euren „antifaschistischen“ Aktionen dem System die Dreckarbeit abnehmt? Habt Ihr kein Bewußtsein mehr davon, welche Rolle im politischen Kampf die Verteufelung des Gegners spielt? Wo das Böse beschworen wird, hört das Denken auf. Das Denken aber ist der Anfang jeder Befreiung. Der „moderne“ Mensch flieht die Sprache der Bibel. Er nimmt das Wort „Teufel“ nicht mehr in den Mund. Er sagt statt dessen „Hitler“. Durch diesen sprachlichen Trick gelingt es ihm, vor sich zu verheimlichen, daß er – wie die Menschen im Mittelalter - die Welt und die Menschen zerteilt in ein Reich des Bösen und in ein Reich des Guten. Die Bösen – so steht es in der Bibel - sind mit dem Schwerte zu vernichten – von den Guten natürlich. Aber wer bestimmt darüber, wer gut und wer böse ist? Und führt Ihr etwa nicht einen Kreuzzug gegen das Böse? Noch schlagt Ihr mit Knüppeln, Flaschen – oder auch nur mit den blanken Fäusten. Aber schon morgen könnte Euch jemand ein Schwert in die Hand drücken. Würdet Ihr es etwa nicht gegen Eure vermeintlichen Feinde erheben – und Menschen töten, nur weil sie nicht Eurer Meinung sind? Wäret Ihr dann nicht selber Unterdrücker und Mörder – also ein Teil des Bösen, das ihr zu bekämpfen meint? Ich selbst bin in meinem Leben von dem Erschrecken heimgesucht worden, das in dieser Erkenntnis liegt. Das war, als die RAF in einem Partisanenlager in Jordanien beschloß, Peter Homann zu töten, weil sie ihn für fähig hielt, die Gruppe zu verraten - was er im übrigen nie getan hat. Da habe ich zum ersten Male in den Gesichtern meiner Genossen die Fratze des Teufels gesehen. Als Ihr am vergangenen Montag in Frankfurt auf mich einschluget, ist sie mir in Euren Gesichtern ein zweites Mal begegnet. Auch wenn Ihr es nicht wahrhaben wollt: Wir haben den gleichen Feind. Im Kampf gegen diesen sind wir Genossen. Dieser Feind ist mächtig und stark, denn er hat das Geld, mit dem er die Herzen, Seelen und Gedanken der Menschen kauft, um sie gegen das Leben und das Glück der Völker zu kehren, diese durcheinanderzuwirbeln und gegeneinander zu hetzen. Dieser Feind braucht das Chaos, um seine Macht gegen den Widerstand der Völker behaupten zu können. Ich mag mich irren, aber es ist meine Überzeugung, daß die Durcheinanderwirbelung der Völker ein strategisches Ziel unseres Feindes ist.
Er braucht - um sich als „die einzige Weltmacht “ zu etablieren und sich dann in dieser Stellung zu erhalten - nach dem uralten Grundsatz: „Teile und herrsche!“ die Feindschaft zwischen den Völkern. Diese darf aber nicht zu einem Atomkrieg führen. Denn der würde auch die „eine Weltmacht“ vernichten. Die herrschaftsnotwendige Feindschaft muß also auf Bereiche umgelenkt werden, die eine Kriegsführung unterhalb der atomaren Schwelle ermöglichen und sinnvoll erscheinen lassen. Es sind ethnische Konflikte innerhalb von Nationen, die diese Möglichkeit eröffnen. Wie diese Strategie wirkt, ist gegenwärtig auf dem Balkan zu besichtigen. Ihr habt den Ernst der Lage – behaupte ich – noch nicht erkannt. Die Geldmacht wird, nachdem die Sowjetunion an den inneren Widersprüchen des Kommunismus-Projektes zerbrochen ist, mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln versuchen, China unter das Joch des Freihandels zu zwingen. Der Krieg, der das bewirken soll, hat auf dem Balkan schon begonnen. Anfang September 1999 hat Henry Kissinger öffentlich vor dieser Entwicklung gewarnt. Er enthüllte, daß die in den USA tonangebenden Kreise in China den Rivalen von morgen sehen. Sie seien – wie Kissinger schreibt – der Meinung, „daß es besser ist, jetzt zuzuschlagen, wenn China noch relativ schwach ist.“ Er vergleicht die Spannungen zwischen den USA und China mit 1914, als der Erste Weltkrieg ausbrach.“ (Kronenzeitung Wien v. 06.09.99) Für dieses Unternehmen sind die südliche Umfassung Rußlands, der Zugriff auf die Ölreserven des Kaukasus (es sind die zur Zeit größten bekannten Vorkommen) und die Beherrschung der Landbrücke in den Rücken Chinas unverzichtbare strategische Voraussetzungen. Ein kurzer Blick auf die Landkarte verdeutlicht die zentrale Bedeutung des Balkan. Und es wird klar, warum Madleine Albright den Krieg gegen Serbien brauchte und deshalb – wie Joschka Fischer ausgeplaudert hat – „die Amis den Krieg wollten.“ Doch der Geist ist mächtiger als Mammon. Er gibt uns Macht über uns selbst. Durch ihn erkennen wir, daß wir nicht Mammon-Diener sein können. Das ist dann das Ende der Geldherrschaft. Vor dieser Macht zittern die Machthaber des Geldes. Sie bringen ihre Medien, ihre Universitäten und Schulen in Stellung, die pausenlos unsere Köpfe - die irdische Heimstatt des Geistes - mit Lug und Trug, mit kopfgängigen Spiegelbildern und Wahngebilden bearbeiten. Mit dem Schlachtruf: „Der Globalismus wird siegen!“ bekriegen sie den Willen der Völker, als souveräne Staaten dazusein. Die Idee der Nation wird als Teufelswerk verunglimpft, das verantwortlich sein soll für die Blutbäder des vergehenden Jahrhunderts (Hans-Ulrich Wehler). Die auf Abstammung und gewachsener Kultur beruhende Geschlossenheit von Völkern wird zum Sündenfall erklärt, der nicht länger geduldet werden dürfe (deMello, Untergeneralsekretär der Vereinten Nationen). Wer auch nur in der Nähe der verpönten Gedanken angetroffen wird, stirbt den sozialen Tod. Der wird als „Nazi“ – also als Teufelsjünger – aus allen geselligen Beziehungen ausgegrenzt. Diese moderne Form der antik-römischen Konskription wirkt so perfekt, daß auch der, der mit vermeintlichen „Nazis“ nur spricht, selbst als „Nazi“ gebrandmarkt wird. Ihr habt Euch - ohne Not - zu Vollstreckungsgehilfen dieser Hexenjagd gemacht
und dadurch die Freiheit - Euer Anliegen – verraten. Ihr schlagt jetzt auch auf Menschen ein, die in den 60er Jahren für das Selbstbestimmungsrecht des vietnamesischen Volkes und damit für das Selbstbestimmungsrecht aller Völker - auch des unsrigen – gekämpft und dafür alles riskiert haben. Wir riefen: „Dem Volke dienen!“ – und meinten damit unser Volk. Heute höre ich von Euch: „Nie wieder Deutschland!“ und „Deutschland muß sterben, damit wir leben können!“ So äußert sich selbstzerstörerisches, also krankhaftes Denken. Es ist schwer, sich dem Trommelfeuer der Medien zu entziehen. Den Globalisierern gelingt es immer noch, uns - ihre geschworenen Feinde - zu entzweien und gegeneinander zu hetzen. Indem wir uns streiten, sind sie der lachende Dritte. Aus dieser Lage werden wir uns nur dann befreien, wenn wir wieder beginnen, selbständig zu denken und auf diesem Wege entdecken, daß wir über uns gänzlich neu nachdenken müssen. Unsere Freiheit erwächst aus dem Denken, sie kommt nicht aus Gewehrläufen. Denken ist eine gesellige Veranstaltung. Wir kommen weiter, wenn wir unsere Gedanken austauschen und wechselseitig kritisch überprüfen. Ich bin dazu bereit. Wenn Ihr willens seid, die Fäuste ruhen zu lassen und statt dessen mit Argumenten um Erkenntnis zu ringen, können wir uns zu jeder Zeit und an jedem Ort, der Euch genehm ist, treffen. Mit solidarischen Grüßen Horst Mahler Leitseite NIT
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