E. Fromm - Anatomie der menschlichen Detruktivität
April 17, 2017 | Author: Vinícius Manrique | Category: N/A
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Krreg,Ge~alttätigkeit, Verb~echen haben ein Ausmaß erreicht, das die Aüfdeckung ihrer Ursachen zu einer Frage des Uberlebens macht. Keine Lösung, allenfalls Entlastung für das schlechte Gewissen bietet die These, mit der Konrad Lorenz berühmt wurde. Er erklärte die menschliche Aggression zum Naturgesetz, zum angeborenen Trieb, der vielleicht zu kanalisieren, aber nicht zu unterbinden sei. Ihm erteilt Erich Fromm, einer der bedeutendsten Sozialpsychologen unserer Zeit, eine radikale Absage. Er beschreibt detailliert - am eindringlichsten in den brillanten Studien ' zu Stalin, Himmler und Hitler -, aus welchen individuellen und sozialen Ursachen die Unfähigkeit, zu lieben und sich rational zu verhalten, erwächst und wie sie notwendig zu der Leidenschaft führt, Leben entweder absolut zu kontrollieren oder zu vernichten. Die «Anatomie der menschlichen Destruktivität" ist ein epochemachendes Werk von größter empirischer Sorgfalt und höchster theoretischer Originalität. Es ist eine Verteidigung der menschlichen Würde, ein wohlbegründeter Appell an die Menschheit, ihr Leben und dessen gesellschaftspolitische Bedingungen zu verändern.
ZU DIESEM BUCH
Krieg, Gewalttätigkeit, Verbrechen haben ein Ausmaß erreicht, das die Aufdeckung ihrer Ursachen zu einer Frage des Oberlebens macht. Keine Lösung, allenfalls Entlastung für das schlechte Gewissen bietet die These, mit der Konrad Lorenz berühmt wurde. Er erklärte die menschliche Aggression zum Naturgesetz, zum angeborenen Trieb, der vielleicht zu kanalisieren, aber nicht zu unterbinden sei. Ihm erteilt Erich Fromm, einer der bedeutendsten Sozialpsychologen unserer Zeit, eine radikale Absage. Fromm unterscheidet zwischen defensiver Aggression, die der Erhaltung des Lebens beim Menschen wie beim Tier dient, und einer destruktiven Lust am Quälen und Töt~n, die spezifisch menschlich sind. Gestützt auf die wichtigsten Daten der Neurophysiologie, Paläontologie, Anthropologie und Tierpsychologieklärt er die Grundvoraussetzungen der menschlichen Existenz. Er beschreibt detailliert - am eindringlichsten in den brillanten Studien zu Stalin, Himmler und Hitler -, aus welchen individuellen und sozialen Ursachen die Unfähigkeit, zu lieben und sich rational zu verhalten, erwächst und wie sie notwendig zu der Leidenschaft führt, Leben entweder absolut zu kontrollieren oder zu vernichten. Die «Anatomie der menschlichen Destruktivität» ist ein epochemachendes Werk von größter empirischer Sorgfalt und höchst~r theoretischer Originalität. Es ist eine Verteidigung der menschlichen Würde, ein wohlbegründeter Appell an die Menschheit, ihr Leben und dessen gesellschaftspolitische Bedingungen zu verändern. . Erich Fromm, P;ychoanalytiker, Sozialphilosoph und Autor zahlreicher aufsehenerregender Werke wie «Der moderne Mensch und seine Zukunft», «Die Furcht vor der Freiheit», «Die Kunst des Liebens» und «Das Menschenbild bei Marx», wurde 1900 in Frankfurt geboren. Neben Marcuse, Löwenthai, Adorno, Benjamin und Pollock gehörte Fromm, nach seinem Studium in Heidelberg, Frankfurt und München und seiner Promo#on 1922, zum Kreis junger Gelehrter um Max Horkheimer, zur weltbekannten «Frankfurter Schule». 1933 ging Fromm an das Psychoanalytische Institut in Chicago und zog 1934 nach New York, wo er an der Columbia University Vorlesungen hielt. 1946 gründete er mit anderen das William Alonson White Institute, hielt Vorlesungen in Yale, an der New York University, der Michigan State University und am Bermington College. . 1949 nahm er eine Professur an der Nationaluniversität in Mexico City an und wurde dort 1950 Ordinarius für Psychoanalyse. Seit 1965 widmet er sich ganz der Forschung. Zuletzt veröffentlichte er «Haben oder. Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft» (1976). Als rororo sachbuch 6887 erschien von ihm «Die Revolution der Hoffnung».
Erich Fromm Anatomie der menschlichen Destruktivität
Rowohlt
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel «The Anatomy of Human Destructiveness» bei Holt, Rinehart and Winston, New York, Chicago, San Francisco Vom Autor autorisierte Vbersetzung aus dem Amerikanischen von Liselotte und Ernst Mickel Umschlagentwurf Werner Rebhuhn
1.-28. Tausend Februar 1977 29·-35· Tausend September 1977
Veröffentlicht im Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg, Februar 1977 © Deutsche Verlags-Anstalt GmbH, Stuttgart, 1974 «The Anatomy of Human Destructiveness» © Erich Fromm, 1973 Satz Garamond (Linotron 505 C) Gesamtherstellung Clausen & Bosse, Leck/Schleswig Printed in Germany 98o-ISBN 3 499 1 7°5 2 3
Inhalt Vorwort 9 Terminologie 13 Einleitung Die Instinkte und die menschlichen Leidenschaften
17
ERSTER TEIL Instinktivismus, Behaviorismus, Psychoanalyse 1.
Instinkt- und Trieblehren
29.
29
1\ltere Instinkt- und Triebforscher 29 Neuere Instinkt- und Triebforscher: Sigmund Freud und Konrad Lorenz 30 Freuds Aggressionsbegriff 30 Die Aggressionstheorie von Konrad Lorenz 32 Freud und Lorenz: Ahnlichkeiten und Unterschiede «Beweis» durch Analogie 37 Schlußfolgerungen über den Krieg 45 Die Vergötzung der Evolution 49 2.
36
Die Vertreter der Milieutheorie und die Beha vioristen 5 1
Die Milieutheorie der Aufklärung 51 Der Behaviorismus 51 B. F. Skinners Neobehaviorismus 52 Ziel und Werte 53 Die Gründe für Skinners Popularität 59 Behaviorismus und Aggression 61 über psychologische Experimente 64 Die Frustrations-Aggressions-Theorie 88
3. Triebtheorien und Behaviorismus: Ihre Unterschiede und Ahnlichkeiten
91
Gemeinsamkeiten 91 Neuere Auffassungen 93 Der politische und soziale Hintergrund beider Theorien
4. Der psychoanalytische Weg zum Verständnis der Aggression 9 8 Zusammenfassung
105
95
ZWEITER TEIL Befunde, die gegen die Thesen der Instinkt- und Triebforscher sprechen 1°9
5. Neurophysiologie 109 Die Beziehung zwischen Psychologie und Neurophysiologie Das Gehirn als Grundlage für aggressives Verhalten 113 Die Defensivfunktion der Aggression 116 Der «Flucht»-Instinkt 1 17 Das Verhalten von Raubtieren und die Aggression 1 1 8 6. Das Verhalten der Tiere
109
122
Die Aggression in der Gefangenschaft 1 2 3 Menschliche Aggression und V bervölkerung 127 Die Aggression i~ der freien Natur 130 Territorialismus und Dominanz 135 Die Aggressivität anderer Säugetiere 139 Besitzt der Mensch eine Hemmung zu töten? 141 7. Paläontologie 144 Ist der Mensch eine Art? 144 Ist der Mensch ein Raubtier? 145
8. Anthropologie 149 «Der Mensch als Jäger» - Der anthropologische Adam? 149 Die Aggression und die primitiven Jäger 156 Primitive Jäger - die Wohlstandsgesellschaft? 165 Die Kriegführung der Primitiven 167 Die neolithische Revolution 173 Prähistorische Gesellschaften und die «menschliche Natur» 182' Die städtische Revolution 184 Die Aggressivität in primitiven Kulturen 189 Analyse von dreißig primitiven Stämmen 191 System A: Lebensbejahende Gesellscha/len 191 System B: Nichtdestruktiv-aggressive Gesellscha/len 192 System C: Destruktive Gesellscha/len 193 Beispiele für die drei Systeme 193 Hinweise auf Destruktivität und Grausamkeit 202 DRITTER TEIL Die verschiedenen Arten der Aggression und Destruktivität und ihre jeweiligen Voraussetzungen 207
9. Die gutartige Ag-gression Vorbemerkungen
207
207
Die Pseudoaggression 210 Die unbeabsichtigte Aggression 210 Die spielerische Aggression 211 Aggression als Selbstbehauptung 212 Die defensive Aggression 219 Der Unterschied zwischen Mensch und Tier 219 Aggression und Freiheit 223 Aggression und Narzipmus 225 Aggression und Widerstand 230 Die konformistische Aggression 232 Die instrumentale Aggression 233 aber die Ursachen des Krieges 236 Die Bedingungen für eine Reduzierung der defensiven Aggression 10.
Die bösartige Aggression: Prämissen
245
Vorbemerkungen 245 Die Natur des Menschen 246 Die existenziellen Bedürfnisse des Menschen und die verschiedenen in seinem Charakter verwurzelten Leidenschaften 259 Orientierung und Devotion 259 Verwurzelung 261 Einheit 262 Das Bestreben, etwas zu bewirken 264 Erregung und Stimulation 267 Langeweile und chronische Depression 273 Die Charakterstruktur 283 Die Voraussetzungen für die Entwicklung der charakterbedingten Leidenschaften 286 Die neurophysiologischen Voraussetzungen 287 Die sozialen Bedingungen 291 aber die Rationalität und Irrationalität der Instinkte und Leidenschaften 297 Die psychische Funktion der Leidenschaften 300 I I.
Die bösartige Aggression: Grausamkeit und Destruktivität 302
Scheinbare Destruktivität 302 Spontane Formen 305 Geschichtlicher aberblick 305 Rachsüchtige Destruktivität 306 Ekstatische Destruktivität 310 Die Anbetung der Destruktivität Kern, von Salomon
312
243
Ein klinischer Fall des Götzendienstes an der Zerstörung 312 Der destruktive Charakter: Sadismus 316 Beispiele für den sexuellen Sadismus und Masochismus 319 Jossif Stalin, ein klinischer Fall von nichtsexuellem Sadismus 322 Das Wesen des Sadismus 325 Bedingungen, die Sadismus hervorrufen 335 Heinrich H immler, ein klinischer Fall des anal-hortenden Sadismus 337 Zusammenfassung 362 12. Die bösartige Aggression: Die Nekrophilie 366 Der traditionelle Begriff 366 Der nekrophile Charakter 371 Nekrophile Träume 373 «Unbeabsichtigte» nekrophile Handlungen 379 Die nekrophile Sprache 383 Nekrophilie und die Vergötterung der Technik 384 Hypothese über den Inzest und den ödipuskomplex 403 Die Beziehung von Freuds Lebens- und Todestrieb zur Biophilie und Nekrophilie 411 Klinisch methodologische Prinzipien 412 1 3.
Bösartige Aggression: Adolf Hi tier, ein klinischer Fall von Nekrophilie 4 1 5
Vorbemerkungen 415 Hitlers Eltern und frühe Kindheit 417 Klara Hitler 417 Alois Hitler 419 Hitlers frühe Kindheit bis zum Alter von sechs Jahren (1889-1895) 4 21 Hitlers Kindheit von sechs bis elf ( 1895-19°0) 425 Voradoleszenz und Adoleszenz: 11 bis 17 Jahre (19°0-1906) Wien (19°7-19 13) 436 München 443 Ein Kommentar zur Methodologie 445 Hitlers Destruktivität 446 Die Verdrängung der Destruktivität 454 Andere Aspekte von Hitlers Persönlichkeit 456 Hitlers Beziehungen zu Frauen 460 Gaben und Talente 464 Die Tarnschicht 474 Willensdefekte und Mangel an Wirklichkeitssinn 479
Epilog: über die Zwiespältigkeit der Hoffnung 4 87
427
Anhang: Freuds Aggressions- und Destruktionstheorie 492 Die Entwicklung von Freuds Aggressions- und Destruktionsbegriff Analyse der Wandlungen von Freud: Theorie der Aggression und eine Kritik 498 Macht und Grenzen des Todestriebs 5 r6 Kritik der Substanz der Theorie 523 Das Prinzip der Spannungsreduktion : die Grundlage des Lustprinzips und des Todestriebs 525 Bibliographie Register
55 r
533
492
Vorwort Diese Untersuchung ist der erste Band einer umfassenden Arbeit über die psychoanalytische Theorie. Ich habe mit der Untersuchung der Aggression und Destruktivität nicht nur deshalb angefangen, weil sie zu den, grundlegenden theoretischen Problemen der Psychoanalyse gehören, sondern weil die Welle der Destruktivität, die die Welt überschwemmt, diese Untersuchung auch auf praktischem Gebiet höchst bedeutungsvoll erscheinen läßt. Als ich mit der Niederschrift dieses Buches vor über sechs Jahren anfing, habe ich die Schwierigkeiten, auf die ich stoßen würde, weit unterschätzt. Es stellte sich bald heraus, daß ich die menschliche Destruktivität nicht adäquat behandeln konnte, wenn ich innerhalb der Grenzen meines eigentlichen Fachgebietes, der Psychoanalyse, blieb. Obwohl diese Untersuchung in erster Linie eine psychoanalytische sein soll, brauchte ich doch auch gewisse Kenntnisse auf anderen Gebieten, besonders auf dem der Neurophysiologie, der Tierpsychologie, der Paläontologie und der Anthropologie, um nicht In einem zu engen und daher verzerrenden Bezugsrahmen arbeiten zu müssen. Zumindest mußte ich meine eigenen Schlußfolgerungen mit den wichtigsten Daten aus anderen Wissensgebieten vergleichen, um sicherzugehen, daß meine Hypothesen nicht im Widerspruch zu ihnen standen, und um feststellen zu können, ob diese - wie ich hoffte - meine Hypothesen bestätigten. Da bis dahin keine Arbeit existierte, die über die Ergebnisse der Aggressionsforschung auf all diesen Gebieten berichtete und Zusammenhänge herstellte oder sie auch nur auf einem Spezialgebiet zusammenfassend behandelte, mußte ich selbst diesen Versuch unternehmen. Ich gedachte auch meinen Lesern, einen Dienst zu erweisen, wenn ich ihnen die Möglichkeit bot, mit mir zusammen das Problem der Destruktivität von einem globalen Standpunkt anstatt vom Standpunkt einer einzigen Disziplin aus zu betrachten. Ein solcher Versuch hat natürlich seine Gefahren. Es ist klar, daß ich mir nicht auf all diesen Gebieten die nötige Kompetenz erwerben konnte, am wenigsten auf dem der Neurologie, für das ich nur geringe Kenntnisse mitbrachte. Ein gewisses Maß an Wissen auf diesem Gebiet konnte ich mir aneignen, nicht nur durch eigene Studien, sondern auch durch die freundliche Unterstützung einiger Neurologen, die mir nützliche Hinweise gaben, meine vielen Fragen beantworteten und vOn denen einige den betreffenden Teil des Manuskripts durchgesehen haben. Es ist kauin nötig hinzuzufügen, daß, besonders auf dem Gebiet der Paläontologie und Anthropologie, häufig keine Einigkeit unter den Spezialisten besteht. 9
Ich habe mich, nach angemessenem Studium aller Meinungen, auf diejenigen gestützt, die entweder von den meisten Autoren anerkannt sind oder die mich durch ihre Logik am meisten überzeugten, und endlich diejenigen, die am wenigsten von den herrschenden Vorurteilen beeinflußt zu sein scheinen. Die Kontroversen ausführlich darzustellen und zu belegen, hätte den Rahm~n dieses Buches gesprengt; aber ich habe versucht, soweit als möglich widersprechende Ansichten zu zitieren und mich mit ihnen kritisch auseinanderzusetzen.Wenn Spezialisten feststellen sollten, daß ich ihnen auf ihrem Fachgebiet nichts Neues zu bieten habe, so werden sie vielleicht doch die Gelegenheit begrüßen, anhand der Daten aus anderen Forschungsgebieten über einen Gegenstand von so zentralem Interesse besser informiert zu werden. Ein unlösbares Problem sind die Wiederholungen und überschneidungen mit meinen früheren Arbeiten. Ich arbeite an den Problemen der Analyse des einzelnen und der Gesellschaft nun schon seit über 40 Jahren und habe mich immer wieder auf neue Gebiete konzentriert, während ich gleichzeitig meine Einsichten in ältere Forschungsgebiete vertiefte und erweiterte. Es ist mir unmöglich, über die menschliche Destruktivität zu schreiben, ohne auf Gedanken zurückzugreifen, die ich schon früher geäußert habe, die aber für das Verhältnis der neuen Konzeptionen, die in diesem Buch entwickelt werden, unentbehrlich sind. Ich habe versucht, Wiederholungen nach Möglichkeitauszuschalten, indem ich auf die ausführlichere Behandlung in früheren Veröffentlichungen verwies; doch waren solche Wiederholungen trotzdem nicht ganz zu vermeiden. Ein besonderes Problem stellt in dieser Hinsicht mein Buch The H eart 0/ Man dar, in dem einige meiner neuen Ergebnisse über Nekrophilie und Biophilie bereits im Kern enthalten sind. Ich habe im vorliegenden Buch die Darstellung dieser Ergebnisse sowohl auf theoretischem Gebiet als auch hinsichtlich der klinischen Beispiele stark erweitert. Auf gewisse Unterschiede zwischen den hier und in früheren Veröffentlichungen vertretenen Ansichten bin ich nicht weiter eingegangen, da eine solche Diskussion zuviel Raum beansprucht hätte und für die meisten Leser nicht interessant genug sein dürfte. Es bleibt mir nur noch die angenehme Aufgabe, all denen zu danken, die mir geholfen haben, dieses Buch zu schreiben, vor allem Dr. Jerome Brams, dem ich besonders verpflichtet bin, da er mir bei der theoretischen KlarsteIlung der Probleme des Behaviorismus und bei der Suche nach relevanter Literatur unermüdlich half. Dr. Juan de Dios Hernandez danke ich für seine Hilfe, die' meine neuro physiologischen Studien erleichterte. In stundenlangen Diskussionen klärte er viele Probleme, informierte mich über die umfangreiche Literatur und hat die Teile meines Manuskripts, die sich mit den 10
Problemen der Neurophysiologie befassen, kommentiert. . Bei folgenden Neurologen möchte ich mich bedanken, die mir durch zum Teil ausgedehnte persönliche Unterhaltungen und Briefe halfen: bei dem verstorbenen Dr. Raul Hern{mdez Peon, bei Dr. Robert B. Livingston, Dr. Robert G. Heath, Dr. Heinz von Foerster und Dr. Theodore Me1nechuk, der die neurophysiologischen Teile meines Manuskripts ebenfalls durchgelesen hat. Bei Dr. Francis O. Schmitt möchte ich mich dafür bedanken, daß er eine Konferenz mit den Mitgliedern des Neurosciences Research Program des Massachusetts Institute of Technology für mich arrangierte, auf der die Mitglieder die Fragen diskutierten, die ich an sie richtete. Ich danke Albert Speer, der mündlich und schriftlich viel zur Bereicherung meines Bildes von Hitler beitrug. Auch Dr. Robert M. W. Kempner bin ich für Informationen verbunden, die er sich im Verlauf seiner Tätigkeit als einer der amerikanischen Ankläger bei den Nürnberger Prozessen erwarb. Ich möchte ferner Dr. David Schecter, Dr. Michael Maccoby und Gertrud Hunziker-Fromm dafür danken, daß sie das Manuskript lasen, ebenso für ihre wertvolle Kritik und ihre konstruktiven Vorschläge, Dr. Ivan Illich und Dr. Ramon Xirau für ihre hilfreichen Anregungen auf philosophischem Gebiet, Dr. W. A. Mason für seine Bemerkungen auf dem Gebiet der Tierpsychologie; Dr. Helmuth de Terra für seine hilfreichen Kommentare zu den Problemen der Paläontologie, Max Hunziker für seine wertvollen Anregungen bezüglich des Surrealismus und Heinz Brandt für seine wichtigen Informationen und Hinweise über die Praktiken des Naziterrors. Auch Dr. Kalinkowitz binich für sein aktives und ermutigendes Interesse an meiner Arbeit verbunden. Ferner bedanke ich mich bei Dr. I1lich und Miss Valentina Boresman für ihre freundliche Unterstützung bei der Benutzung der bibliographischen Einrichtungen des Center for Intercultural Documentation in Cuernavaca, Mexiko. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch Mrs. Beatrice H. Mayer meinen wannen Dank aussprechen. Sie hat über 20 . Jahre lang die vielen Versionen meiner verschiedenen Manuskripte einschließlich der gegenwärtigen immer wieder neu getippt und hat sie außerdem mit großem Einfühlungsvermögen, Verständnis und einer höchst gewissenhaften Behandlung der sprachlichen Formulierungen mit vielen eigenen wertvollen Anregungen redigiert. Während der Monate, die ich im Ausland verbrachte, hat Mrs. Joan Hughes sich auf höchst kompetente und konstruktive Weise meines Manuskriptes angenommen, wofür ich ihr meinen Dank aussprechen möchte. Auch Mr. Joseph Cunneen von Holt, Rinehart & Winston möchte ich für seine vorzügliche und gewissenhafte Arbeit als Lektor und seine konstruktiven Vorschläge danken. Ich danke außerdem der verantII
wortlichen Lektorin, Mrs. Lorraine Hill, und den Herstellungsleitern, Mr. Wilson R. Gathings und Miss Cathie Fallin, für die geschickte und sorgfältige Koordination der Manuskripte in ihren verschiedenen Stadien. Schließlich bin ich noch Marion Odomirok für ihre gewissenhafte und kompetente Redaktionsarbeit zu großem Dank verpflichtet. Diese Forschungsarbeit wurde zum Teil unterstützt vom Public Health Service Grant No. MH 13144-01, MH 13144-02 des National Institute of Mental Health. Ich möchte mich auch für die U nterstützung durch die Albert and Mary Lasker Foundation bedanken, die mir die Einstellung eines Assistenten ermöglichte. NewYork, Mai 1973
E.F.
Terminologie Der vieldeutige Gebrauch des Wortes «Aggression)) hat in der umfangreichen Literatur zu diesem Thema große Verwirrung hervorgerufen. Man wandte diesen Ausdruck auf das Verhalten eines Menschen an, der sein Leben gegen einen Angriff verteidigt, auf einen Räuber, der sein Opfer tötet, um zu Geld zu kommen, auf einen Sadisten, der einen Gefangenen foltert. Ja, die Verwirrung geht noch weiter: Man benutzte diesen Begriff für das sexuelle Verhalten des männlichen Geschlechtspartners, für die vorwärtsdrängenden Impulse des Bergsteigers oder Kaufmanns und für den Bauern, der seinen Acker pflügt. Vielleicht ist diese Verwirrung auf den Einfluß des behavioristischen Denkens in der Psychologie und Psychiatrie zurückzuführen. Wenn man sämtliche «schädigendem) Akte als Aggression bezeichnet, das heißt alle Akte, die sich schädigend oder zerstörend auf ein lebloses Objekt, auf eine Pflanze, ein Tier oder einen Menschen auswirken - dann ist natürlich die Art des hinter dem schädigenden Akt stehenden Impulses völlig irrelevant. Wenn Akte, die auf Zerstörung gerichtet sind, Akte, die beschützen sollen, und Akte, deren Absicht konstruktiv ist, mit ein und demselben Wort bezeichnet werden, kann man freilich alle Hoffnung aufgeben, ihre «Ursache)) zu verstehen; sie haben keine gemeinsame Ursache, da es sich um völlig verschiedenartige Phänomene handelt, und man befindet sich in einer theoretisch hoffnungslosen Position, wenn man versucht, hinter die Ursache der «Aggression)) zu kommen. I Nehmen wir zum Beispiel Lorenz; er verstand ursprünglich unter Aggression einen biologisch notwendigen, im Laufe der Evolution entwickelten Impuls, der im Dienste des überlebens des Einzelwesens und der Art steht. Aber da er den Begriff «Aggression)) auch auf Blutdurst und Grausamkeit anwandte, folgt daraus, daß diese irrationalen Leidenschaften ebenfalls angeboren sind. Da angenommen wird, daß die Ursache der Kriege die Lust am Töten ist, so ist die weitere Konsequenz, daß die Kriege durch einen der menschlichen Natur angeborenen destruktiven Trieb verursacht werden. Das Wort «Aggression)) dient dabei als bequeme Brücke, die die biologisch notwendige Aggression (die nicht böse ist) mit der zweifellos bösen menschlichen Destruktivität verbindet. Im Grunde läuft diese «Argumentation)) auf folgende Schlußfolgerung hinaus: I Es ist allerdings zu beachten, daß Freud eine Idee von den verschiedenen Formen der Aggression hatte (vgl. Anhang). Außerdem faßt Freud das der Aggression zugrunde liegende Motiv kaum im behavioristischen Sinn auf; wahrscheinlicher ist, daß er dem üblen Sprachgebrauch folgte und außerdem einen möglichst breiten Begriff wählte, in dem seine eigenen breiten Begriffe, wie zum Beispiel der des Todestriebes, am besten unterzubringen waren.
13
Biologisch notwendige Aggression = angeboren Destruktivität und Grausamkeit = Aggression Destruktivität und Grausamkeit = angeboren, q. e. d. Ich habe in diesem Buch den Begriff «Aggression» für Reaktionen und Abwehr gegen Angriffe benutzt, die ich zusammenfassend als «gutartige Aggression» bezeichne. Die spezifisch menschliche Leidenschaft zu zerstören und absolute Kontrolle über ein Lebewesen zu haben (die «bösartige Aggression») dagegen bezeichne ich als «Destruktivität» und «Grausamkeit». An Stellen, an denen ich es für nötig hielt, in einem bestimmten Kontext den Begriff «Aggression» in einem anderen Sinn als dem der reaktiven und Verteidigungs-Aggression zu verwenden, habe ich dies zur Vermeidung von Mißverständnissen ausdrücklich angegeben. Ich habe ganz allgemein, wenn vom Menschen die Rede ist, nicht «er und sie», sondern «er» gesagt, da mir dies weniger umständlich scheint. Ich spreche zwar dem einzelnen Wort große Bedeutung zu, doch meine ich andererseits, daß man keinen Fetisch daraus machen und sich auch nicht mehr für das Wort als für die dahinter stehende Idee interessieren sollte. Daß ich nicht aus Zuneigung zum patriarchalischen Prinzip so formuliere, sollte aus dem Inhalt dieses Buches zweifelsfrei hervorgehen. I Im Interesse einer sorgfältigen Dokumentation sind bei Zitaten grundsätzlich der Name des Autors und das Erscheinungsjahr angegeben. Hierdurch soll der Leser in die Lage versetzt werden, weitere Informationen in der Bibliographie zu finden. Daher beziehen sich die angegebenen Daten auch nicht in allen Fällen auf die Erstveröffentlichung eines Werkes, wie zum Beispiel bei dem Spinoza-Zitat (1927).
Die sich ablösenden Generationen werden immer schlechter. Es wird die Zeit kommen, in der sie so böse geworden sind, daß sie die Macht anbeten; Macht wird dannRecht für sie sein, und die Ehrfurcht vor dem Guten wird aufhören. Zuletzt, wenn niemand sich mehr über Untaten empört oder angesichts der Unglücklichen Scham empfindet, wird Zeus auch sie vernichten. Und doch könnte selbst dann noch etwas dagegen getan werden, wenn sich nur das einfache Volk erheben und die Tyrannen stürzen würde, die es unterdrücken. Griechischer Mythos über das Eiserne Zeitalter Wenn ich mir die Geschichte ansehe, bin ich Pessimist ... , aber wenn ich mir die Vorgeschichte ansehe, bin ich Optimist. J. C. Smuts Einerseits ist der Mensch mit vielen Tierarten insofern verwandt, als er mit seinen eigenen Artgenossen kämpft. Andererseits jedoch ist er unter den Tausenden von Arten, die Kämpfe ausfechten, der einzige, bei dem diese Kämpfe zerstörend wirken. Die menschliche Spezies ist als einzige eine Spezies von Massenmördern, und der Mensch ist das einzige Wesen, das seiner eigenen Gesellschaft nicht angepaßt ist. N. Tinbergen
Einleitung Die Instinkte und die menschlichen Leidenschaften Die ständig zunehmende Gewalttätigkeit und Destruktivität auf der ganzen Welt lenkte die Aufmerksamkeit der Fachwelt wie der breiten öffentlichkeit auf die theoretische Erforschung des Wesens und der Ursachen der Aggression. Ein solches Interesse ist nicht erstaunlich; erstaunlich ist nur, daß es so neuen Datums ist, besonders da ein so überragender Forscher wie Freud nach der Revision seiner früheren Theorie, in deren Mittelpu1J.kt der Sexualtrieb stand, seit den Zwanzigern eine neue Theorie aufgestellt hatte, in welcher der leidenschaftliche Drang zu zerstören (
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