Der Tibet Mythos
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Der Tibet-Mythos
Die okkulten Wurzeln der alten und neuen Nazis Was fasziniert Rechte am Hinduismus und Buddhismus?
Ludmilla Tüting Würden Sie gerne ein Land oder eine Stadt besuchen, wo ein reales Risiko besteht, verprügelt zu werden? Nur weil Sie AusländerIn sind, eine andere Sprache sprechen oder vielleicht eine braune - nicht braungebrannte - Hautfarbe haben? Wo es "nationalbefreite Zonen" gibt und Sie nicht mal in Straßenbahnen und Zügen sicher sind. Wo auch Deutsche angegriffen werden, weil sie als sogenannte "Zecken" aus einer anderen Region kommen, homosexuell sind oder behindert. Warum glauben so viele, meist junge, aggressive Männer, etwas Besonderes oder Besseres zu sein? Wer gibt ihnen das Recht, Menschen, die sie nicht kennen, zu beleidigen, zu verletzen, ja, sogar zu töten? Und warum geschehen diese Überfälle immer
noch unter dem Hakenkreuz, einem Symbol, welches bei uns das Blut in den Adern gefrieren läßt, in den Ländern der Hindus und Buddhisten aber als "Swastika" Glück und Segen verspricht? Der folgende Beitrag soll zeigen, wie Mythen, Legenden und Religionen von Esoterikern, Okkultisten und rechten Ideologen instrumentalisiert und mit welchen Folgen mißbraucht wurden und werden. "Esoterisch" wird bei uns meistens mit "übersinnlich, geheimnisvoll, unerklärlich und rätselhaft" sowie "alternativen Wegen zur Selbstfindung und Selbstheilung" gleichgesetzt. Tatsächlich bedeutet es aber "geheim, nur für Eingeweihte bestimmt, zugänglich und begreiflich". "Okkult" steht für "dunkel, düster, satanisch". In Wirklichkeit ist Okkultismus aber der Glaube an übernatürliche Kräfte. Beiden Begriffen haftet im rationalen, naturwissenschaftlich geprägten Westen häufig ein negatives Image an und diskreditiert dadurch den Glauben zahlreicher - nach christlicher Auffassung "heidnischer" - Menschen und Völker. Je kälter, technisierter und virtueller unsere westliche Welt, desto größer der Wunsch nach Spiritualität, neuen Heilslehren, esoterischen Riten und okkulten Praktiken. Das jedenfalls versuchen uns Gesellschaftskritiker seit Jahren weiszumachen. Doch Sinnsuchende gab es schon immer. Bereits unter Kaiser Wilhelm probte eine Alternativ-Bewegung vor über hundert Jahren den Aufstand gegen Materialismus, Verstädterung und Industrialisierung. Dazu gehörten Landkommunen, Naturheilkunde, FKK, Vegetarismus und freireligiöse Gruppen. Damals erwachte auch das Interesse an Buddhismus und Hinduismus sowie an übersinnlichen Kräften. Gleichzeitig legten sonderbare Zeitgenossen vor allem in Frankreich, England, Deutschland, Österreich und den USA die wesentlichen Fundamente für bizarre Glaubensrichtungen, den Arier-Mythos (s. Kasten), verborgene, unterirdische Paradiese und angebliche östliche Geheimlehren, die sich zu Wegbereitern für die Vernichtungslager der Nazis entwickeln sollten. Unbemerkt von Otto Normalverbraucher feiern sie derzeit wieder fröhlich-gefährliche Urständ, besonders in der rechten esoterischen Szene. Die Angebotspalette reicht dabei von "heidnischen" Bräuchen und Riten über "Germanenorden" bis hin zu obskursten Interpretationen des tibetischen Buddhismus und des Hinduismus. (Die New Age-Bewegung nahm zusätzlich noch Schamanismus und die Spiritualität der nord- und südamerikanischen Indianer ins Programm.)
Wer heute unbedarft esoterische Schriften liest oder sich für mystische Ziele interessiert, weiß nicht, daß damit oft Begriffe und Interpretationen aus der Mottenkiste okkulter Rechter oder
Nazis verbunden sind. Das betrifft vor allem Bereiche wie Kelten, Germanentum, Himalaya, tibetischer Buddhismus, Tibet oder "Atlantis, Thule" und dergleichen. Auch den Bewohnern auf dem Dach der Welt ist weitgehend unbekannt, wie sehr sie und ihr Glaube mißbraucht wurden und werden. Dutzende von Reiseveranstaltern bieten bereits esoterischen Urlaub zu "Kraftplätzen" auf dem ganzen Globus an. Im Inland pilgert man vorwiegend auf eigene Faust, beispielsweise zum Obersalzberg in Berchtesgaden, wo Hitler auf seinem Berghof den strategischen Mord an ganzen Völkern ausbrütete. Man kann aber auch die Externsteine im Teutoburger Wald buchen oder ein "Germanisches Wochenende" in der nahegelegenen Wewelsburg, wo "Reichsführer-SS Himmler und die kämpfenden Mönche seines Schwarzen Ordens ein germanisches Gralsmysterium" pflegten und "geistige Exerzitien" abhielten. In der Wewelsburg bei Paderborn hatte die SS ihre Kult- und Schulungsstätte untergebracht. Nach wie vor ist von dem immensen Einfluß kaum etwas bekannt, den unglaublich verquaste Hirngespinste auf Hitler, Himmler und den harten Kern der SS und deren mörderische Ideologie hatten. Zum einen, weil es darüber kaum verläßliche Literatur gibt, zum anderen, weil entscheidende okkulte Mechanismen vor dem internationalen Militärgerichtshof 1946 in Nürnberg ausgeklammert wurden. Einer der englischen Ankläger, Aivey Neave, erklärte später den Grund: "Wenn wir den harten Beweis solcher Dinge im Gerichtssaal vorgebracht hätten, wäre dies von der Verteidigung unzweifelhaft benutzt worden, um ihre Klienten als geisteskrank hinzustellen. Die Kriegsverbrecher wären aufgrund von verminderter Zurechnungsfähigkeit entlastet worden" (1)
Der Arier-Mythos Die Arier als "Rasse" sind eine ideologische Erfindung aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, als man insbesondere in Frankreich und Deutschland auf die Suche nach einem "reinrassigen Ur-Volk" ging. Zuvor hatten Wissenschaftler gemeinsame Wurzeln mit der indischen Hochsprache Sanskrit und weiteren Sprachen entdeckt. Sie gehen zurück auf verschiedene Nomadenvölker, die im zweiten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung vermutlich aus der Kaukasus-Gegend ins heutige Persien und Indien einwanderten. Sie nannten sich "Arya", was auf Sanskrit "treu, ergeben, fromm" bedeutet. In der Linguistik (Sprachwissenschaft) zeigte fortan der Begriff "arisch" die Zugehörigkeit zur indoeuropäischen (deutsch: indogermanischen) Sprachfamilie an. Er hatte keinerlei ethnische Bedeutung. Einige Philosophen, Historiker, "Orientalisten", Anthropologen (Menschenkundler), Hobbyforscher und Esoteriker übertrugen "arisch" jedoch auf die Abstammungslehre und glaubten, den "reinblütigen Urtyp" und die "Ur-Heimat der Menschheit" identifiziert zu haben. Fortan entwickelten sie keine Rassenlehre, sondern eine Rassen-ideologie. Vor allem der französische Graf und "Orientalist" Joseph Arthur Gobineau (1816-1882), der -noch- kein Antisemit war, und der Brite, spätere Deutsche und Wagner-Schwiegersohn Houston Stuart Chamberlain zählen zu den wichtigsten Wegbereitern des Holocaust; Gobineau durch sein Buch "Versuch über die Ungleichheit der Menschenrassen" (1853/55), Stuttgart 1898-1901, Chamberlain durch seine "Grundlagen des 19. Jahrhunderts" (1899), München 1900,1940, in dem er "arisch" bereits mit "germanisch" gleichsetzte. Gobineau orientierte sich an der Rassentrennung des hinduistischen Kastensystems und zog daraus den bis heute offenbar unausrottbaren Schluß, daß "vermischtes Blut und vermischte Rassen der Nieder- und Untergang reiner Völker" sei. Seine unheilvollen Phantasien finden sich wortgetreu in Hitlers
"Mein Kampf" wieder. Demnach bestand die Menschheit ursprünglich aus drei Arten: den "Kulturbegründern" (den "reinblütigen Ariern"), den "Kulturträgern (der passiven, aber "kulturfähigen gelben Rasse"), und den "Kulturzerstörern" (den Schwarzen). 1985 schrieb die Linguistin Ruth Römer in ihrem Buch "Sprachwissenschaft und Rassenideologie": "Heute steht fest, daß die Indoeuropäer, sofern sie überhaupt existierten, zur Zeit der großen hamitischen, semitischen und sumerischen Kulturen illiterate Barbaren waren, die kein Nutztier domestiziert und keine Pflanze kultiviert haben". In ihrem Wahn zu beweisen, daß die Arier -sprich die Deutschen- die "Kulturschöpfer der gesamten Menschheit" waren, bedienten sich die Nazis eines aberwitzigen Okkult-Cocktails. Er enthielt beispielsweise die "Hohlwelt-Theorie", derzufolge wir in einer nach innen gewölbten Erde lebten. Oder die sehr einflußreiche "Welteis-Theorie" (Wel) des Österreichers Hanns Hörbiger, Vater des bekannten Schauspielers Attila Hörbiger, die den Arier-Ursprung in den Kosmos verlegte. Demnach kam es durch eine elipsenförmige Laufbahn der Planeten zu ewigem Eis im Weltraum, periodischer Zerstörung der Erde, Eiszeiten, Klimaveränderungen, für Okkultisten wichtige Polverschiebungen, dem Verschwinden von Ozeanen (z.B. in der Wüste Gobi) und Überflutungen (mit dem Versinken von Atlantis). Diese "Auswirkungen" verführten viele Okkultisten und Nazis zu weitreichenden, abstrusen Schlußfolgerungen. Himmler gehörte zu jenen, die glaubten, Urkeime der Arier seien im ewigen Eis des Weltraums und vielleicht anderswo im Gestein konserviert und müßten gefunden werden. Deshalb waren zahlreiche SS-Expeditionen in die ganze Welt geplant, von denen jedoch nur wenige verwirklicht werden konnten. (2) Auch der uralte, weltweit verbreitete, bis heute lebendige Atlantis-Mythos erhielt durch die Wel neuen Auftrieb. Atlantis, Thule, (sowie die Vorstufen Hyperborea und Lemurien) sind die Zauberbzw. Codewörter der esoterischen und braunen Mythologie. Keine anderen Begriffe vermochten ähnlich blühende Phantasien freizusetzen. Im Kern bedeuten sie die versunkene oder verborgene "arische Ur- oder Seelenheimat". Jeder Esoteriker schmückt sie mit eigenen Interpretationen und plaziert sie nach eigenen geographischen Vorstellungen. Von der Antarktis über Zentralamerika bis zum Mittel- und Nordmeer ist alles vertreten. Zuletzt reihte der estnische Präsident Lennart Mari seine Insel Saaremaa im Sommer 1999 in die Thule-Fundort-Liste ein - und pries sie als neue Touristenattraktion (3).
Von Shambhala zu Shangri-La Eine andere Hitliste wird von dem sagenhaften, unterirdischen Königreich "Agartha" bzw. "Shambhala" angeführt, das sich unter der Wüste Gobi oder Tibet oder anderswo in Zentralasien verbergen soll. Auch hier ist man sich nicht einig. Das liegt wahrscheinlich daran, daß spirituelle Paradiese nur auf inneren Reisen erreicht werden können. Sie beruhen auf komplizierten tantrischen Glaubensvorstellungen im Himalaya, in Indien, Tibet, Zentralasien und China (4). Zahllose westliche und braune Okkultisten verwandelten Shambhala ebenfalls in eine "Wiege der arischen Kultur", nicht selten mit dem Dalai Lama an der Spitze (!), und brachten es als "Tatsache" in riesigen Auflagen weltweit unters Volk. Millionen weißer, "lichtbringender Arier" (nicht Tibeter oder andere Asiaten!) und große Meister lebten dort. "Tatsache" sei, daß sie u.a. über Unsterblichkeit und riesige Bibliotheken mit verborgenem Wissen verfügten, die in unterirdischen Labyrinthen, Hallen und Galerien, "größer als das Britische Museum", untergebracht sind. In welcher Sprache, bleibt allerdings offen... Andere "geheime Bibliotheken" befänden sich in Felsenhöhlen. Die gibt es in der Tat. Worauf sich Nazis das Recht nahmen, gegen den Willen der Mönche in derartige Klosterbibliotheken einzudringen. Unbescholtene Leser mögen sich dabei an dem unverschämten kolonialen Gehabe stören. Zum Beispiel in dem Abenteuerroman "Ein Ritt für Deutschland" (1937/38) von Rittmeister Wilhelm-Karl Herrmann. Tatsächlich suchte er -erfolglos- nach besagten Werken und hißte dabei täglich auf seinem Zelt die Hakenkreuz-Fahne, die "deutsche Gebetsflagge", wie er den Tibetern erklären ließ (5). Anhänger des tibetischen Buddhismus glauben an Pilgerfahrten nach Shambhala, wobei letztlich die Existenz dieses verborgenen Heiligtums offen bleibt. Tibetische Weise verfaßten sogar "Reiseführer" dazu, die auch übersetzt wurden. Sie sind eine spirituelle Anleitung für eine anstrengende, körperliche Reise durch Wüsten und über hohe Berge, die zu einer inwendigen Reise bzw. seelischen Entwicklung führen soll, zu einer Befreiung und Erneuerung des Geistes. Esoterische Kreise im Westen nehmen jedoch den Shambhala-Mythos, der wahrscheinlich von Zentralasien über Indien nach Tibet kam, in der Regel als bare Münze. So wie den Abenteuerroman "Beasts, Men and Gods" (New York 1922), auf deutsch "Tiere, Menschen und Götter" (Frankfurt 1923) des polnischen Professors Ferdinand Ossendowski.
Der war nach der Oktoberrevolution von Sibirien über Tibet und die Mongolei nach Europa geflohen und beschrieb das unterirdische Königreich Agartha als erster plastisch und im Detail. Auch Himmler hat das Buch mit großem Interesse gelesen (6). Spätestens durch den Roman "Irgendwo in Tibet", später "Der verlorene Horizont" des Engländers James Hilton und zwei Verfilmungen (7) wurde Shambhala unsterblich bzw. zu einem "Haushaltswort", wie es so trefflich auf Englisch heißt. "Shangri-La" war geboren, Synonym für Paradies und "Quelle der Jugend", heute tausendfach vor allem in der Tourismusindustrie verwendet. Ausgerechnet aus diesem Phantasieprodukt sollen "Die Fünf Tibeter" stammen, die eine riesige Kultgemeinde seit 1989 nachturnt. Es ist müßig zu erwähnen, daß die vermeintlichen Übungen "tibetischer Lamas", angereichert durch absonderliche Diätvorschläge, unter tibetischen Buddhisten gänzlich unbekannt, dafür aber ein Millionengeschäft westlicher Geschäftemacher sind (8). Die Okkultpäpstin H.B.Blavatsky In den Westen gebracht wurde der Begriff Shambhala (Sanskrit: Quelle des Glücks) von der russisch-amerikanischen Abenteurerin und Spiritistin Helena Petrowna Blavatsky (H.P.B.), die von 1831 bis 1891 lebte und selbst ihre eigene Legende strickte. Sie veröffentlichte 1888 ihre "Geheimlehre", die ihr angeblich von tibetischen "großen Meistern" telepathisch und schriftlich vermittelt wurde. Die Okkultpäpstin kommentiert darin das mysteriöse "Buch des Dzyan" (engl. Stanzas of Dzyan), das außer ihr nie jemand zu Gesicht bekam. Tatsächlich entwarf sie eine antichristliche, esoterische und okkulte Schöpfungsgeschichte mit einer abenteuerlich rassistischen und antisemitischen "Wurzelrassenlehre", die Theosophen als "nicht biologisch" interpretieren. Blavatsky bediente sich dabei zeitgenössischer Texte, die sich auf alte ägyptische, jüdische, hinduistische, buddhistische und chinesische esoterische Lehren, Mythen und Religionsphilosophien sowie auf Freimaurerei und Dämonologie bezogen (9). Anleihen machte sie auch bei den Berichten von Missionaren und Forschungsreisenden, die sie offensichtlich in der Bibliothek des Britischen Museums fand. Heraus kam das bis zum heutigen Tag weltweit einfluß- und erfolgreichste Kultbuch der esoterisch-okkulten und der esoterisch-braunen Szene. Blavatskys Spuren sind praktisch
überall sichtbar. Das vierbändige Werk dient gleichzeitig als das "Heilige Buch der Theosophischen Brüderschaft" und in einer verkürzten "Volksausgabe den Schülern des Okkultismus" (10). Seit dem Fall des Eisernen Vorhangs wird es auch verstärkt im früheren Ostblock in Umlauf gebracht (11). Selbst dort kann man jetzt der "Volksausgabe" der "Geheimlehre" entnehmen: "Die Semiten, insbesondere die Araber, sind spätere Arier" (nach Blavatskys "Wurzelrassenlehre") "-entartet in Geistigkeit und vervollkommnet in Stofflichkeit. Zu diesen gehören alle Juden und Araber. Die ersteren sind ein Stamm, der von den Chandalas Indiens abstammte". "Chandalas" (braun-deutsch: Tschandalen) sind der Inbegriff einer negativ bewerteten Rassenmischung bzw. die Verachtetsten unter den Ausgestoßen. Die Nazis werden sie "Untermenschen" nennen. Den Begriff entlehnte Blavatsky dem religiösen Gesetzbuch "Manu", das bis heute das Fundament der orthodoxen Hindus bildet und weitgehend das gesellschaftliche Verhalten Indiens bestimmt. Dazu gehört die institutionalisierte Ungleichheit und Rassentrennung durch das Kastenwesen, eine möglichst helle Hautfarbe und "arisch" als Alltagsbegriff. Manu ("Weiser Mann") gilt als der mythologische Urvater der Menschheit, speziell der Indo-Arier. Das mindestens 2000 Jahre alte Buch wurde von Brahmanen in erster Linie für Brahmanen (Priesterkaste) verfaßt (12). Blavatskys Leben ist gleichfalls ein theosophischer Mythos, den man nicht ernst nehmen sollte. Zuverlässigen Biographien zufolge war sie trotz gegenteiliger Behauptungen nie in Tibet, (auch nicht 1873, wie sie selbst Journalisten erzählte), nicht als (verwundete) Garibaldi-Kämpferin in Italien und lebte nur einmal für mehrere Jahre in Indien, von 1879 bis zu ihrer Ausweisung 1885. Zuvor hatte sie mit ihrem amerikanischen Begleiter Colonel Henry Steel Olcott 1875 in den USA die erste Theosophische Gesellschaft gegründet, wobei sie auf den Begriff "Theosophie" (Göttliche Weisheit) nur durch Zufall gestoßen waren, nämlich beim Blättern in einem Lexikon (13). 1875 traten beide auf Ceylon zum Theravada-Buddhismus über. Ein einzigartiger Kulturimperialismus Gänzlich unbeachtet blieb bisher der Aspekt eines einzigartigen Kulturimperialismus, den Blavatsky durch ihre unautorisierten Anleihen in anderen Kulturkreisen auslöste. Es war vor allem sie, die den bis heute währenden Mythos vom Dach der Welt bzw. Tibet und dem tibetischen Buddhismus schuf. Es geschah in einer typisch eurozentrischen Art und Weise, bis der Mythos zum Selbstläufer mutierte. Tibeter selbst oder andere Bewohner des Himalaya und Zentralasiens wirkten dabei nicht mit. Die meisten wissen nicht, was im Westen in sie hineinprojiziert wird. Bis zur Massenflucht im Jahr 1959 war höchstens eine handvoll Tibeter im Westen gewesen. Kontakt hatten die Tibeter nur zu sehr wenigen Europäern, Amerikanern, Japanern und Indern, denen die Einreise in das damals verschlossene Land gelungen war. Der West-Ost-Tourismus ins "mystische" Indien zog in den 60er Jahren an, Tibet konnte erstmals zu Beginn der 80er Jahre besucht werden. Geworben wird dennoch unverändert mit "verbotenem Land". Entstanden ist das völlig verzerrte Bild einer rein esoterischen Religion und eines übersinnlichen Volkes, wo offensichtlich jeder einzelne über die Fähigkeit zu Astralreisen verfügt. Die Enttäuschung ist oft groß, ganz "normale" Menschen, gute wie böse, zu "entdecken", die den Vorstellungen nicht entsprechen. Davon sind westliche Unterstützergruppen für ein freies Tibet ebenso betroffen wie jene westlichen Neubuddhisten, die auf eine Instant-Erkenntnis oder -Erleuchtung hoffen. Als besonders verheerend erwies sich der Zugriff westlicher brauner Okkultisten, Rasse-Ideologen und Nazis, die Tibet
-ebenfalls ungefragt- als vermeintlichen Sympathisanten vereinnahmten. Ein Mythos, der durch ständig neue "Sachbücher" und Romane nicht erkennbar braun-esoterischer Autoren geschürt wird, und der sich hartnäckig hält. Als neueste Entwicklung ist zu beobachten, daß esoterische sowie dogmatische Linke, die grundsätzlich jede Religion in die Nähe des Faschismus rücken, den rechten Tibet-Mythos aufgreifen, um den (tibetischen) Buddhismus und den Dalai Lama zu denunzieren (14). Besonders bizarr: Ganz im Einklang mit einigen Faschisten werfen sie dem Dalai Lama sogar vor, eine "buddhokratische Weltherrschaft" errichten zu wollen (15). Während einige Nazis das "nordische Gedankengut im Buddhismus" (16), "europide" Elemente bei Tibetern (17) und "arischen Einschlag" bei Sherpas (18) priesen, warnten andere nämlich vor der Bedrohung Europas durch buddhistische Teufelskulte und kritisierten den Buddhismus als "Zerfallserscheinung nordischen Rassegeistes" (19). General Ludendorff zog 1937 und 1941 in seinen Münchener Publikationen gegen die Weltverschwörung durch "die katholische Kirche, das Judentum und den tibetischen Buddhismus" zu Felde: "Zu Juda und Rom - Tibet. Ihr Ringen um Weltherrschaft". Auch diese paranoiden Schriften kursieren heute noch in rechts-esoterischen Kreisen. Das "mystische" Indien und der Hinduismus kommen glimpflicher davon, obwohl die Rassentrennung in Form des Kastensystems von westlichen Rasse-Ideologen zum Vorbild genommen wurde. Indien war schon immer zugänglich, wissenschaftlich erforschter und daher - die tibetischen Gebiete im Himalaya ausgenommen! - weniger geheimnisvoll. Allerdings gibt es dort im Gegensatz zu Tibet seit Mitte der 20er Jahre tatsächlich Faschisten und glühende Hitler-Verehrer, die sich ohne jede Hemmung heute noch offen dazu bekennen, darunter selbst Politiker (20). Auch der Mörder von Mahatma Gandhi (1948) stammte aus ihren Reihen. Seit einem Jahrzehnt sind sie wieder verstärkt aktiv, fackeln Moscheen und Kirchen ab und machen blutige Jagd auf muslimische, seit 1998 auch auf christliche Inder. 1999 ermordeten sie einen australischen, christlichen Missionar mit seinen zwei kleinen Söhnen. Aufgrund der Gewaltlosigkeit Gandhis wird Indien insgesamt ebenfalls verzerrt dargestellt. Ein sanftes Land war es noch nie. Es gibt höchstens viele sanfte Menschen. Die Touristiker reduzieren Indien auf "magisch und märchenhaft", die Medien auf schlechte Nachrichten und Kochrezepte die vortreffliche indische Kochkunst auf die Zugabe des gräßlichen Currypulvers, - eine Erfindung der Briten. ("Curry" ist in Indien ein gulaschähnliches Gericht).
Empörung über "Hakenkreuze" Touristen sind oft unangenehm berührt bis hell empört, wenn sie in Indien, Sri Lanka, Nepal, Tibet und dem östlichen Asien das vermeintliche Hakenkreuz entdecken. Der uralte glücksverheißende "Swastika", der zahlreiche weitere Bedeutungen hat, prangt dort millionenfach auf Bildern und Teppichen, in Tempeln und Klöstern, an Häusern und Mauern oder auf Streichholzschachteln und kommunistischen Wahlplakaten. Von der -überwiegend ländlichen- Bevölkerung weiß nur ein kleiner Teil, daß die Nazis ihr Glückszeichen entweihten, benutzen und mißbrauchen. Gebildete Asiaten können sich nur entsetzt zeigen, wenn sie in dem antibuddhistischen Ludendorff-Büchlein "Zu Juda und Rom - Tibet. Ihr Ringen um Weltherrrschaft" (1937) nachlesen können: "Es scheint, daß die östliche Priesterkaste bestrebt ist, auch die Symbole des Deutschen Volkes für sich zu beanspruchen, um ihrem Wirken so nationalen Anstrich zu verleihen". Der Swastika (Sanskrit: "das, was heilvoll ist"), wird übrigens rechts- wie linksdrehend verwendet.
Die Faszination an okkulten Themen ist ungebrochen Madame Blavatsky jedenfalls wußte als ihre eigene PR-Chefin damals schon, Sehnsüchte zu bedienen. Der Boden war vor und nach der Jahrhundertwende sehr fruchtbar. Esoterische Gruppen, Geheimbünde und Orden, die international vernetzt waren, sprossen wie Pilze nach einem warmen Regen. Bereits nach den ersten Blavatsky-Veröffentlichungen, darunter "Isis entschleiert" (1877) (21), und ihren ersten angeblichen Kontakten zu tibetischen Meistern, warnte allerdings die Gesellschaft für psychische Forschung, London: "Wir halten sie weder für das Sprachrohr verborgener Seher noch für eine gewöhnliche Abenteurerin. Wir glauben vielmehr, daß sie sich einen bleibenden Namen als perfekteste, erfindungsreichste und interessanteste Hochstaplerin der uns bekannten Geschichte gemacht hat".1974 bezeichnete der Anthropologieprofessor Agehananda Bharati die "Geheimlehre" als "ein solches Gemengsel von unglaublichem Quatsch und geistloser Esoterik, daß jeder Buddhologe oder Tibetologe gut daran tut, es nirgendwo auch nur zu erwähnen" (22). Bharati, mit bürgerlichem Namen Leopold Fischer, gilt als einer der besten Kenner der indischen Kultur, speziell der Tantra-Tradition. Der amerikanische Österreicher, Mitglied des Hindu-Ordens Dashanami, lehrt in den USA. Doch Unwissenheit und Faszination siegten. Auf den Leim gingen und gehen ihr und ihrer Anhängerschaft nicht nur alte und neue Nazis, Rechte, Esoteriker, Tibet-Fans, Neubuddhisten, Geschichtslehrer, Autoren, Journalisten und Tibet-Kritiker. Auch bedeutende Tibet- und Buddhismusforscher standen unter ihrem Einfluß, darunter Nicholas Roerich, W.Y. Evans-Wentz, Lama Anagarika Govinda (deutscher Orden "Arya Maitreya Mandala"), Edward Conze, D.T. Suzuki und Alexandra David-Neel (23). Letztere pflegte freundschaftliche Beziehungen mit der Theosophischen Gesellschaft, teilte aber "keineswegs all ihre Glaubensüberzeugungen" und meinte: "Die östlichen Lehren haben stets Scharen von wundersüchtigen Ignoranten angezogen, und Wirrköpfe, Psychopaten oder schlicht überspannte Personen haben die Annalen der Gesellschaft immer wieder mit kuriosen Vorfällen angereichert" (24). David-Neel, als Tibetforscherin selbst nicht unumstritten,
beobachtete amüsiert eine solche Begebenheit im Londoner Sitz der Gesellschaft. Dort hatte sich in der Bibliothek ein Gast versehentlich "auf einen Meister gesetzt", den er selbst nicht sehen konnte: "Es galt im Klub als Gewißheit, daß die 'Meister' manchmal mit ihrem Astralleib zurückkamen und den Eingeweihten erschienen, die sich im Saal des Inneren Kreises zusammenfanden" (25). Wie attraktiv alte und neue okkulte und rechte Spinnereien noch immer sind, zeigt sich beispielsweise in den hohen Auflagen der Bücher des 33jährigen Holocaust-Leugners Jan Udo Holey aus Schwaben. Der Verfassungsschutz von Baden-Württemberg stuft seine volksverhetzenden Titel als antisemitisch ein. Allein in den ersten Wochen nach Erscheinen sollen über 100.000 Exemplare verkauft worden sein. Ein Bestseller, und beim Stückpreis von 45 DM ein Millionengeschäft. Seine unter dem Namen Jan van Helsing erschienenen Verschwörungstheorien in "Geheimgesellschaften und ihre Macht im 20. Jahrhundert" und "Geheimgesellschaften" finden trotz eines 1996 ausgesprochenen Verbots auf Esoterikmessen, in einschlägigen Buchläden, im Internet und als Raubkopien reißenden Absatz. Der Ewert-Verlag, der in Nordrhein-Westfalen und auf Gran Canaria sitzt, veröffentlichte dieses Machwerk inzwischen auch in englischer und französischer Übersetzung. Er bot es auf der Frankfurter Buchmesse 1996 und auf der Leipziger Buchmesse 1998 offen an. In einem neuen Buch behauptet Holey mit den Koautoren Karin und Reiner Feistle, drei Millionen "Reichsdeutsche" versteckten sich seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges unter dem Südpol. In seinen "Geheimgesellschaften" phantasiert er wie ungezählte andere, Hitler sei in Wirklichkeit nur die Marionette eines tibetischen Schwarzmagierordens gewesen, der seine Befehle von einem Mönch erhalten habe.
Auch in angesehenen Verlagen erschienen und erscheinen unverantwortliche esoterische Titel, z.B. 1982 bei Hugendubel in München die obskure "Ramala-Offenbarung" . Hier erhalten "Hitler und die sieben Männer, welche den inneren Kreis der Nationalsozialistischen Partei bildeten", die Absolution, "weil sie im Schatten von einflußreichen, übelwollenden Wesenheiten standen. Die Tatsache, daß die Nazis und Hitler eine Niederlage erlitten, ist auf einen Kampf zurückzuführen, der auf höheren Existenzebenen ausgetragen wurde". Deshalb müsse sich "die deutsche Rasse, die ebenso alt wie die Menschheit ist", auch nicht schuldig fühlen bzw. habe keine Schuld.
Hitler selbst wird in dem Buch "Gespräche mit Hitler" vom Herausgeber Hermann Rauschning zitiert (26): "Ihr wißt nichts von mir. Meine Parteigenossen haben keine Ahnung von den Träumen, die mich bewegen und von dem grandiosen Gebäude, dessen Grundmauern zumindest stehen werden, wenn ich sterbe... Es wird sich eine Umwälzung auf der Erde vollziehen, die Ihr, Ihr Nichteingeweihten, nicht verstehen könnt... Was hier vor sich geht, ist mehr als das Heraufziehen einer neuen Religion". (Der neu-rechte APO-Veteran und New-Age-Guru Rainer Langhans entdeckte Hitler ebenfalls vor einigen Jahren als "verhinderten Spirituellen", der "uns ein großer Lehrer" sein sollte. Er verlangt öffentlich: "Wir müssen die besseren Faschisten sein, denn die wollen natürlich erstmal das Himmelreich auf Erden holen") (27). Auch Rauschning, bis zu seinem Rücktritt 1934 Vorsitzender des Danziger Senats und bis dahin nach eigenen Worten im Kontakt mit Hitler, hatte klar erkannt: "Was Hitler will und der Nationalsozialismus vollbringen soll, steht nicht in 'Mein Kampf'. Dieses Buch ist für die Massen. Aber der Nationalsozialismus hat eine Geheimlehre. In den besonderen Kreisen einer engeren Elite wird sie gelehrt und weiterentwickelt. In allen Kaderorganisationen gibt es eine Schicht allgemeiner Mitglieder und eine Gruppe Eingeweihter" (28). Aus dem Hinduismus und Buddhismus übernehmen braun-esoterische Autoren und Geschäftemacher seit Jahrzehnten durchgängig den Glauben an Karma und Wiedergeburt. Er läßt sich auf perfideste Weise dazu mißbrauchen, die vemeintliche Logik der Gaskammern, die Ausbeutung der Entwicklungsländer oder das Aussterben der Naturvölker zu rechtfertigen. Tenor: Alle hätten ein schlechtes Karma. Demnach müßten Juden für ihre Vergehen in früheren Leben büßen. Farbige und Schwarze mit ihrer "geistigen Schwerfälligkeit" würden im "Ausleseprozeß" von der "höher entwickelten", weißen, arischen bzw. germanisch-nordischen Rasse ausgemerzt. Alle Verlage, auch die großen, sollten die LektorInnen ihrer "Esoterik-Abteilungen" unbedingt dazu anhalten, sämtliche Titel danach zu durchforsten und einem solchen Schund keine Plattform mehr zu bieten!
Exkurs: Die "Ariosophen", die geistigen Brandstifter des Holocaust Hitler, der Partei-Ideologe Rosenberg und insbesondere Reichsführer-SS Himmler ließen sich in der Tat von zahlreichen Geheimlehren, Okkultisten und deren Werken beeinflussen, die ihrerseits praktisch immer einen Bezug zu Blavatsky hatten. Das betrifft in erster Linie Franzosen, Briten, Amerikaner, Deutsche und Österreicher. Von letzteren sind die beiden esoterischen Hobbyforscher und selbst ernannten Adeligen Guido von List (1848-1919) und Jörg Lanz von Liebenfels (1874-1954) besonders wichtig. Ihr maßgeblicher Einfluß auf Hitler und den harten NSDAP-Kern ist bis heute kaum erforscht worden, wie überhaupt die gesamten okkulten Wurzeln der Nazis noch ziemlich im Dunkeln liegen (29). Beide gelten als die geistigen Nährväter Hitlers, dem sie die esoterische Begründung für "Rassenschande" und Rassenhaß lieferten. Zahlreiche Titel dieser "Souffleure des Rassenwahns" sind heute wieder auf dem braunen Esoterik-Markt erhältlich.
Der Heimatschriftsteller und Wotanverehrer Guido List versuchte, das "rassenreine" Germanentum zu erneuern und vom römisch-christlichen Einfluß zu befreien. Adolf Lanz, ehemaliger Zisterzienser-Mönch und Rassenideologe, erstellte 1908 einschließlich Blavatskys "dunkelhäutiger Tschandalen" (Untermenschen) eine aberwitzig sexistische und rassistische Abstammungslehre namens "Theozoologie", ab 1915 "Ariosophie" genannt. Darin forderte er bereits eine "Rassenwirtschaft" und eine "Reinzuchtpolitik aller arischen Völker, die das Recht haben, sich zahlreicher fortzupflanzen als Minderrassige ohne einen Tropfen germanischen Blutes" wie "plattfüßige, triefäugige Neger und Mongolen" (30). 1907 ließ er erstmals auf seiner Burg Werfenstein eine Hakenkreuzfahne wehen. List grub Runen aus, darunter 1903 (31) das angeblich rein germanische Hakenkreuz (das jedoch in zahlreichen Kulturkreisen rund um den Erdball vorkam), und ein stilisiertes S für "Sieg und Heil" (sig und sal), den "jahrtausendealten arischen Gruß und Schlachtruf". Aus ihm wurde der -heute strafbare- Hitlergruß (32). List und Lanz kannten sich. Beide benutzten Blavatskys "Wurzelrassenlehre" und machten Anleihen im Hinduismus, Lanz auch aus dem orthodoxen "Gesetzbuch des Manu". Beide veröffentlichten eine Flut von Büchern und Zeitschriften, darunter Lanz' "Ostara", aus denen Hitler wesentliche Impulse für seine Rassenpolitik bezog (33). Beide gründeten mehrere antisemitsche geheime Germanenorden, so 1908 die Guido von List Gesellschaft und die "Armanenschaft", 1911 den "Hohen Armanen Orden (HAO), 1912 Lanz' "Orden des Neuen Tempels/Ordo Novi Templi (ONT)". List erfand für seine Rassendoktrin die "Armanen", Erben eines mythischen Sonnenkönigs, deren Hohepriester sich in der "Armanenschaft" vereinigten. Sie sind seit 1969 samt Buchversand wieder aktiv. 1988 erschien in den USA Lists "Geheimnis der Runen" (1907) in einer englischen Übersetzung des amerikanischen Philologen und Sympathisanten Stephen E. Flowers. Er lobt in seiner Interpretation die "armanische Philosophie", die eine "supreme" (alles überragende) Stellung im "modernen deutschen Okkultismus" innehabe (34). Lanz' ONT, der immer noch existiert, konnte bis zur geheimen Thule-Gesellschaft (1918) und der Gründung der NSDAP 1920 in München zurückverfolgt werden. Während der Gründungsfeier wehte erstmals die von Hitler entworfene Nazi-Flagge mit dem Hakenkreuz. Im roten Grund sah er den "sozialen Gedanken der Bewegung, auf der weißen Scheibe in der Mitte den nationalistischen, im Hakenkreuz die Mission des Kampfes für den Sieg des arischen Menschen" (35). Eine weitere Kontinuität besteht über okkulte List- und Lanz-Freunde bis zu Himmlers SS - Ahnenerbe (1935-1945), einem Forschungsverein mit drei Dutzend Instituten, der sich mit esoterischen, okkulten und meist pseudowissenschaftlichen Themen befaßte. Lanz-Spuren führen auch bis in Jörg Haiders rechte "Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) (36), seit Oktober 1999 zweitstärkste Partei des Landes.. Das Wort "arisch" im antisemitischen Sinn wurde übrigens erstmals -soweit
bekannt- 1887 in der Satzung des Ersten Wiener Turnvereins verwendet: "Mitglieder können nur Deutsche (arische Abkunft) sein" (37). Ein "Hakenkreuz" erschien zum allerersten Mal 1892 in einer deutschen Publikation, allerdings nicht als Nazi-Symbol. Ein indischer Swastika schmückte ab 1892 die Titelseite der Zeitschrift "Lotusblüthen" der Deutschen Theosophischen Gesellschaft (38).
Der neue Mythos des Nazi-Okkultismus Nach dem Zweiten Weltkrieg zementierten vor allem die rechts-esoterischen Autoren Louis Pauwels und Jacques Bergier alte und neue Mythen sowie den Mißbrauch Tibets. Ihr als populärwissenschaftlich aufbereitetes Sachbuch erschien zuerst 1960 in Frankreich, 1962 im Scherz Verlag und 1975 bei Heyne für den deutschsprachigen Raum unter dem Titel "Aufbruch ins dritte Jahrtausend - Von der Zukunft der phantastischen Vernunft", 1963 erstmals zur weltweiten Verbreitung auf englisch als "The Morning of the Magicians - The classic exposition of occult knowledge". Dabei handelt es sich um eine willkürliche Mischung aus grotesken Vorstellungen und Spekulationen, die nicht als solche zu erkennen sind, aus Magie und Fakten. Offensichtlich waren es auch sie, die die Mär von mehreren hundert toten Tibetern oder anderen Bewohnern des Himalaya in die Welt setzten, die in Berlin nach Kriegsende gefunden worden seien. (1996 schlich sich sogar eine Jan-von-Helsing-Jüngerin in das Büro einer Tibetgruppe als Helferin ein, um mehr darüber zu erfahren.) Seither ist eine Flut ähnlicher Bücher erschienen, wobei sich zahlreiche Autoren auf Pauwels und Bergier beziehen und - weil es glaubwürdiger erscheint - wissenschaftlich formal-korrekt zitieren. Neue und alte Mythen und Erfindungen schaukelten sich im Einklang mit Blavatsky im Lauf der Jahre gegenseitig hoch. Einen weiteren Mythos-Bestseller schrieb 1973 der amerikanische Autor Trevor Ravenscroft mit "The Spear of Destiny - The occult power behind the spear which pierced the side of Christ", der 1974 in der Schweiz und 1988 in Wien auf deutsch als "Der Speer des Schicksals" erschien.
Rückendeckung erhielten solche Titel durch Romane aus einschlägigen Verlagen, darunter eine Thule-Serie: "Die Türme von Thule" (Volkstum, Wien 1970), "Götzen gegen Thule Ein Roman von vielen Wirklichkeiten" (sic!), (Hans Pfeiffer Verlag, Hannover 1971), "Wolfszeit von Thule" (Wien 1980) und "Rebellen für Thule - Das Erbe von Atlantis" (Wien 1992). Die letzten drei Titel stammen von SS-Führer Wilhelm Landig. Als Szene-Renner erwies sich 1991 auch der Thriller "Die Schwarze Sonne von Tashi Lhunpo". Der Autor Russel McCloud bedient darin von der SS in Tibet über das unterirdische "Agarthi" bis zur Gruft der Wewelsburg alle Mythen und Klischees. Jens Sparschuh versuchte 1993 in seinem Roman "Der Schneemensch", die SS-Tibet-Expedition unter Ernst Schäfer 1938/39 (s.u.) und das Ahnen-erbe literarisch ins Lächerliche zu ziehen, was allerdings nicht gelang. Stattdessen glaubt man, er würde die okkulten Phantasien aufwärmen (39). Auf einer anderen Ebene erreicht der "Mystifizierer" T. Lobsang Rampa durch seine vermeintlichen Memoiren "Das Dritte Auge" (Goldmann) und eine Reihe weiterer Bücher seit 1956 Millionenauflagen. Nicht einmal Tibetologie-Studenten wollten zunächst wahrhaben, daß sich dahinter ein britischer Handwerker verbirgt, der nie in Tibet war. Kaum ein Kulturkreis wurde so verklärt, verzerrt und mißbraucht wie der tibetische, was sich teilweise kontraproduktiv auf den Buddhismus und den politischen Kampf um ein freies Tibet auswirkt. Den Auswirkungen westlicher Projektionen fiel auch der verstorbene amerikanische LSD-"Guru" Timothy Leary in den 60er Jahren zum Opfer. Als tibetische Freiheitskämpfer in den USA von der CIA ein -streng geheimes- Guerilla-Training und eine schulische Fortbildung erhielten, tauchte der Harvard-Professor unangemeldet auf. Er inszenierte vor den "exotischen" Schülern eine psychodelische Show, die, wie er ihnen versicherte, auf normalen tibetischen Tempelpraktiken beruhte. Hymnen singend und trommelnd wirbelte er durch den verdunkelten Unterrichtsraum und konnte kaum glauben, daß niemand der Bürger von Shangri-La die Zeremonie kannte. Ebensowenig hatten diese Tibeter jemals gehört, daß sich jemand durch spirituelle Praxis von seinem Körper lösen konnte (40). Die Autorin dieses Artikels erhielt mehrfach Anfragen nach geheimnisvollen Tälern, Menschen und Symbolen, insbesondere in Tibet. So wollte eine Dänin 1984 wissen, ob sie einen Prinzen aus Nepal kenne, der vor 1933 eine experimentelle Lebensgemeinschaft in
einem verborgenen tibetischen Tal gegründet habe. Zumindest geflüchtete Mönche müßten das doch wissen! Zwischen 1933 und 1945 habe der Prinz deutsche, schwedische und dänische Atomwissenschaftler eingeladen. Die Chinesen würden nach diesem Zentrum suchen und sie sorge sich um die Nepalis und die Wissenschaftler. Die Chinesen seien nun im Besitz von Flugscheiben, kraftvollen Fluggeräten, die vor und während des Krieges bereits für Hitler gebaut worden waren. Diese Deutschen seien nach China geflüchtet, um diese Flugscheiben für Mao zu produzieren... Auch dieses Märchen geistert seit Jahrzehnten in verschiedenen Variationen durch die Welt. Okkult-Autor v. Helsing verlegte sie kürzlich in einem Buch als UFOs in die Antarktis. Rüdiger Sünner, Autor des hervorragenden, aufklärerischen Buches "Schwarze Sonne" (1999), fand heraus, daß der österreichische Förster und Erfinder Viktor Schauberger tatsächlich für die SS mit kleinen Flugscheiben-Modellen experimentierte. Über Ideen und Versuchsanordnungen sei man aber nicht hinausgekommen (41). Neben den bereits aufgeführten Autoren sollte man die folgenden Mythenbildner am besten nicht beachten (Auswahl): Michel-Jean Angebert, Elisabeth Antebi, Alice Bailey, Raymond Bernard (Walter Siegmeister), Annie Besant, Zam Bhotiva (Cesare Accomani), J.H. Brennan, Dietrich Bronder, Edward Bulwer-Lytton, Robert Charroux, Robert Ernst Dickhoff, Julius Evola, Jean-Claude Frère, René Guénon, Werner Gerson, Hanns Manfred Heuer, Louis Jacolliot, Charles W. Leadbeater, Maurice Magre, Jean-Marc Rivière, Jean Parvulesco, Nicholas Roerich (nur unter Vorbehalt), Joseph Saint-Yves d'Alveydre, Savitri Devi /Savitri Mukherji (Maximiani Portas), Miguel Serrano, Rudolf F.von Sebottendorf, Hermann Wirth.
Neue Denunziationen gegen Tibet und den Buddhismus aus dem linken Lager Seit ein paar Jahren erscheinen nun auch nicht minder abstruse Texte von linken Vertretern, die jede Religion grundsätzlich in die Nähe des Faschismus rücken. Entstanden sind neue bizarre Cocktails aus alten Nazi-Gerüchten, schemenhaften Spekulationen, chinesischen Argumenten, subtilen Unterstellungen, Beleidigungen und Fakten. Die altlinke Soziologin und ehemalige Grüne Jutta Ditfurth und der Psychologe Colin Goldner sind dabei führend. Sie konnten beispielsweise u.a. in einem taz-Kommentar am 17.6.1996 -ganz im Trend der Zeit- behaupten, "Besonders widerwärtig, daß bis heute übliche Praxis ist, Kinder schon im frühesten Alter ihren Eltern wegzunehmen und sie zu willfährigen Handlangern eines spirituell verkleisterten Ausbeutungsregimes zu machen" (in den Klöstern). Die "Doktrin der Gelbmützen" sei ein "abstruses Konglomerat aus Geister- und Dämonenglauben, verbunden mit menschenunwürdigen Unterwerfungsritualen. Wie jede Religion basiert sie wesentlich auf raffiniert geschürter Angst vor dem Jenseits". Goldner, "Wissenschaftsjournalist" aus München, der sich gerne mit einem Dr.-Titel schmückt, versteht sich als der aktivste Entlarver des Dalai Lama und des "menschenverachtenden" Buddhismus. Besessen von seinem Kampf gegen allgemeine "Reflektionsdefizite im Umgang mit kirchenbezüglichen Irrationalismen" und als Mitglied der dogmatischen "Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP)", Rosdorf, geht er allerdings höchst einseitig, unwissenschaftlich und unjournalistisch dabei vor. Er wettert zu Recht gegen die Idealisierung Tibets, des Buddhismus und gegen Scharlatane, untergräbt aber seine Glaubwürdigkeit durch eine sehr aggressive, unflätige Sprache, fehlerhafte Recherchen, unsauberes Zitieren, nachweisbare Unwahrheiten und aus der Luft gegriffene Behauptungen. Das gilt insbesondere für sein 1999 erschienenes, demagogisches Buch "Dalai Lama. Fall
eines Gottkönigs". Darin "entlarvt" Goldner die "Weisheiten" des Friedensnobelpreisträgers als "nichtssagende, peinliche Allgemeinplätze, vielfach durchzogen von bedenklich rechtslastigem Gedankengut" und rückt Tibet im Kapitel "Braune Aura" -wie gehabt- an den Nazi-Okkultismus. Beispiele weiterer Enthüllungen (Kapitelüberschriften): "Vorsätzliche Geschichtstäuschung, Verdrehung von Fakten, Roter Teppich für Terroristen, Religiöser Wahnwitz, Phallokratie der Lamas, Verbrechen an Kindern". In einem anderen Buch (42) erwähnt er die "von Göring" (falsch) "und Himmler protegierte Tibet-Expedition -man phantasierte von einer 'okkulten Achse Berlin-Lhasa' -, die 1938/39 unter der Leitung von SS-Ahnenerbe-Forscher Ernst Schäfer durchgeführt wurde. Man nahm dabei auch Kontakt zu der Führungsclique um den heute noch (im Exil) amtierenden 14. Dalai Lama (Tentzin Gyatsu) auf". Der Dalai Lama (Tenzin Gyatsu) war zu diesem Zeitpunkt nicht in Lhasa, sondern lebte als dreijähriger Bub auf dem Dorf. Die Expedition war in Lhasa nicht willkommen. Schemenhaft bleibt hier, daß nur Himmler eine okkulten Achse Berlin-Lhasa wollte.
Ein ähnliches Machwerk erschien ebenfalls 1999 von Victor und Victoria Trimondi, "Der Schatten des Dalai Lama - Sexualität, Magie und Politik im tibetischen Buddhismus". Hinter dem Pseudonym verbirgt sich der ehemalige Verleger des linken Münchener Dianus-Trikont Verlages Herbert Röttgen mit seiner Frau Mariana. Röttgen wandelte sich in den 80er Jahren zu einem glühenden Anhänger, heute zu einem Gegner des Dalai Lama. Auch in diesem 800 Seiten starken Wälzer wird der tibetische Buddhismus aufs Übelste diskreditiert und massiv in die Nähe des Nazi-Faschismus gerückt. Die Röttgens beziehen sich ausführlich auf obskure Quellen der rechten Esoterik- und Okkult-Szene wie Ossendowksi; den ehemaligen chilenischen Botschafter in Indien (1953-62), einflußreichen Buchautor und überzeugten Nazi Miguel Serrano; den sizilianischen Okkultisten Julius Evola, "Spezialist" für Thule und die "weiße, arische Rasse" sowie auf zahlreiche anonyme Internetangaben. Der bekannte Schweizer Ethnologe und Tibet-Spezialist Martin Brauen kommentierte entsetzt: "Der tibetische Buddhismus wird unter tantrischem Buddhismus subsumiert, und darunter verstehen die Röttgens nichts Gutes: erotischer Kult, energetischer Vampirismus, ritualisierte Frauenopfer, niedrigster Mißbrauch der Frau, Nekrophilie, Ritualmorde usw". Die über 1000 Jahre alten Texte seien wortwörtlich ohne die Weiterentwicklung und Textauslassungen übernommen und auch deshalb falsch interpretiert worden, weil sie auf eine Einführung durch einen buddhistischen Lehrer verzichtet hätten (43). Und Klaus Natorp ergänzte in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 23.9.99, Rituale früherer Zeiten seien "den Tibetern von heute wahrscheinlich genauso fremd wie Christen mittelalterliche Teufelsaustreibungen oder mit allerlei grausamen Folterwerkzeugen erzwungene 'Geständnisse' von 'Hexen' in Inquisitionsprozessen". Die Röttgens stellen ferner eine Verschwörungstheorie auf, wonach der Dalai Lama, der kein "Gottkönig" ist, eine globale "Buddhokratie" errichten wolle.
Verbindungen zwischen Tibet und den Nazis gehören ins Reich der Phantasie Nach dem jetzigen Wissenstand gibt es keine Belege für Kontakte vor und während des Zweiten Weltkrieges zwischen Privatpersonen oder offiziellen Stellen des Dritten Reiches und Personen oder Institutionen in Tibet (44). Obgleich die SA-Leute und Bergsteiger Peter Aufschnaiter und Heinrich Harrer ("Sieben Jahre in Tibet") nach einer Nazi-Expedition zum Nanga Parbat in Indien unerwartet in einem britischen Camp interniert wurden, lebten sie nach ihrer erfolgreichen Flucht (1944) ab 1946 ohne Auftrag in Lhasa. Zwar berichtete der Spiegel in seiner Ausgabe vom 6.9.1950: "Oberbefehlshaber der 10.000 Mann starken tibetischen Armee ist der Österreicher Heinrich Harrer. Im Augenblick versucht er, eine Art Verteidigung zu organisieren. Den Nachschub sollen die braven Yaks (Grunzochsen) sichern helfen". Doch selbst, wenn diese unbestätigte Meldung den Tatsachen entsprechen würde, so hätte Harrers Kommando ausschließlich der anrückenden chinesischen Besatzungsmacht gegolten. Im Übrigen muß er die Armee schmählich im Stich gelassen haben, denn zwei Monate später floh Harrer ins südliche Chumbi Valley, bevor er sich Mitte März 1951 nach Kalimpong bei Darjeeling in Indien absetzte (45). Anders Ernst Schäfer. Seine SS-Tibet-Expedition 1938/39 wurde vom britischen Residenten Hugh Richardson, einer Art Botschafter, und von Tibetern mit größtem Mißtrauen betrachtet. Ein Einreisepermit hatte Schäfer nur mit Hilfe der Briten bekommen, die zu jenem Zeitpunkt die deutsche Regierung nicht verärgern wollte (46). In Lhasa versuchte Schäfer vergeblich, Richardson davon zu überzeugen, daß Großbritannien und Deutschland gemeinsam die Welt kontrollieren sollten (47). Schäfer gelang es jedoch, einen unverbindlichen Brief des tibetischen Regenten an Hitler zu ergattern, in dem "auf Wunsch Schäfers die Zustimmung zu gegenseitiger Freundschaft" gegeben wurde (48). Das tatsächliche Ziel wurde den Tibetern ebenso wie der deutschen Bevölkerung unterschlagen und stattdessen der Tibet-Mythos mit Schäfers Abenteuerbüchern und seinem Film über das "Geheime Tibet" gesteigert. Himmler hätte gerne gewußt, ob es Spuren für die Herkunft der arischen Herrenrasse in Tibet gab. Aber Schäfer war daran und am Buddhismus offensichtlich nicht interessiert. Er hielt im Hinblick auf die "Verwendbarkeit für die Kriegswirtschaft und künftige Siedlungsgebiete im Osten" Ausschau nach geeigneten Getreidekörnern, Samen und Pferden. Er sammelte ferner buddhistische Texte, historische Dokumente, Fotos, Münzen und Briefmarken für sein Tibet-Institut innerhalb des Ahnenerbes. Ein Kollege, der Anthropologe Bruno Beger, ging allerdings seiner Leidenschaft nach und vermaß die Schädel von über 300 Tibetern und anderen Himalaya-Bewohnern, machte "zehn Kopfabforschungen" und zahlreiche "Abformungen von Fingerleisten". Er beschrieb ferner die "körperlichen Merkmale" und "seelischen Grundzüge" der dort lebenden Menschen (49). Nach der Rückkehr der Teilnehmer plante Himmler für das Jahr 1942 eine erneute Expedition, auf der Schäfer den Tibetern Waffen und 30 SS-Männer zur Aufwiegelung gegen die Briten anbieten sollte. Sie kam aber nicht zustande. Sehr problematisch ist die spätere Rolle von Schäfer und insbesondere von Beger im "Ahnenerbe", in dem beide arbeiteten. Von tödlichen Experimenten an KZ-Häftlingen sowie Tötungen für Schädel müßten beide gewußt haben, stritten es aber ab. Beger hatte die "Schädel von Innerasiaten" für das von Schäfer geleitete Tibet-Institut, ab 1943 "Hedin-Institut für Innerasien und Expeditionen", "bestellt". Der Fall wurde nie einwandfrei geklärt, da ausnahmsweise einmal alle relevanten Unterlagen rechtzeitig vernichtet wurden. Auf eine -geplatzte- Kaukasus-Expedition unter Schäfer wollte Beger Skalpelle und Entfleischungsmaschinen mitnehmen (50). Beger wurde 1971 vom Schwurgericht Frankfurt
wegen Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord in 86 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.
Buchtip Bisher gibt es nur ein deutsches Buch außerhalb des akademischen Dunstkreises, das die esoterische und okkulte Seite inbesondere der SS übergreifend und leicht verständlich erklärt. Es ist gerade im Herder Verlag erschienen, heißt "Schwarze Sonne - Entfesselung und Mißbrauch der Mythen im Nationalsozialismus und rechter Esoterik" und wurde von dem Berliner Sprach- und Literaturwissenschaftler Rüdiger Sünner verfaßt. Möge es weit mehr Verbreitung finden als die Verschwörungstheorien esoterischer und rechter Autoren! An einer Stelle ging allerdings auch Sünner in die Falle und rückt einmal mehr den Dalai Lama subtil in die Nähe Hitlers: "Das Hakenkreuz, mythologisches Symbol für zyklische Bewegung und kosmische Regeneration, ziert die Tempelräume des Dalai Lama - und war das wichtigste Emblem unter Hitler, der darin ein 'heiliges Zeichen der Germanen' sah und in seinem Schatten millionenfachen Mord beging" (S.8). Das Buch hat 256 Seiten und kostet 36 Mark. Sünner drehte unter demselben Titel auch einen sehr empfehlenswerten 35mm Film. Dauer 90 Minuten. Literatur 1. Bernbaum, Edwin: "Der Weg nach Shambhala - Auf der Suche nach dem sagenhaften Königreich im Himalaya" (1980), Papyrus Verlag, Hamburg 1982. 2. Blavatsky, H.P.: "Die Geheimlehre - Die Vereinigung von Wissenschaft, Religion und Philosophie", Verlag J.J.Couvreur, Den Haag o.J. 2a. "Die Geheimlehre - Das Heilige Buch der Theosophischen Brüderschaft", Hg. und Übersetzer Victor Eckert, Verlag R. Schikowski, Berlin 1958, (Volksausgabe). 2b. "Theosophie und Geheimwissenschaft - Ausgewählte Werke", Hg. und Übersetzerin Sylvia Botheroyd, Eugen Diederichs Verlag, München 1995. 3. Daim, Wilfried: "Der Mann, der Hitler die Ideen gab - Die sektiererischen Grundlagen des
Nationalsozialismus", Dietz Verlag, Berlin 1991. 4. Godwin, Joscelyn: "Arktos - The Polar Myth in Science, Symbolism and Nazi Survival", Thames and Hudson, London 1993. 5. Goodrick-Clarke, Nicholas: "The Occult Roots of Nazism - Secret Aryan cults and their influence on Nazi ideology", I.B.Tauris, London, New York 1992. 6. Greve, Reinhard: "Tibetforschung im SS-Ahnenerbe - Das SS-Ahnenerbe als kulturpolitisches Machtinstrument Himmlers" in Hauschild, T. (Hg.): "Lebenslust und Fremdenfurcht" - Ethnologie im Dritten Reich", Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1995. 6a. "Das Tibet-Bild der Nationalsozialisten" in Tibet-Forum 2/96, Altenstadt. 7. Hundseder, Franziska: "Wotans Jünger - Neuheidnische Gruppen zwischen Esoterik und Rechtsradikalismus", W. Heyne Verlag, München 1998. 8. Kater, Michael: "Das Ahnenerbe der SS 1935-1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches", DVA, Stuttgart 1974. 9. Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH (Hg.) in Zusammenarbeit mit Thierry Dodin und Heinz Räther: "Mythos Tibet - Wahrnehmungen, Projektionen, Phantasien", DuMont, Köln 1997. 10. "The laws of MANU", Penguin Books, New Delhi, London u.a. 1991. 11. Rössler, Mechthild / Schleiermacher, Sabine: "Himmlers Imperium auf dem 'Dach der Erde' - Asien-Expeditionen im Nationalsozialismus" in Hubenstorf, Michael et al (Hg.): "Medizingeschichte und Gesellschaftskritik, Festschrift für Gerhard Baader", Matthiesen Verlag, Husum 1997. 12. Sünner, Rüdiger: "Schwarze Sonne" - Entfesselung und Mißbrauch der Mythen in Nationalsozialismus und rechter Esoterik", Herder Verlag, Freiburg, Basel, Wien 1999. 13. Victoria, Brian Daizen A.: Zen, "Nationalismus und Krieg, eine unheimliche Allianz", Theseus Verlag, Berlin 1999. 14. Zeitschrift für Kulturaustausch: "Utopie-Projektion-Gegenbild, Indien in Deutschland", Nr. 3/1987, Institut für Auslandsbeziehungen Stuttgart. Zurück zur Fußnote im Text Fußnoten (1) 12, S. 142. (2) 8, S. 97. (3) ntv-Auslandsreport, 7.7.1999. (4) Vgl. 1. (5) Nibelungen-Verlag, Berlin-Leipzig 1941, S.269-286, 218. (6) 12, Fußnote 137. (7) Buchtitel: "Lost Horizon" (1933), "Irgendwo in Tibet" (Zürich 1951, Fischer-Taschenbuch 1958), "Der verlorene Horizont - Irgendwo in Tibet" (Fischer Tb 1973 bis 1998). Filme: "In den Fesseln von Shangri-La (Lost Horizon)", USA 1937, Regie Frank Capra, mit Ronald Colman. Ein späterer Film unter der Regie von Charles Jarrot mit Peter Finch, Liv Ullman, Charles Boyer.
Jahr? (8) Kelder, Peter: "Die Fünf Tibeter - Das alte Geheimnis aus den Hochtälern des Himalaya läßt Sie Berge versetzen", Integral-Lebensreiseführer, Integral Verlag, Wessobrunn 1989 (USA 1988). (9) Vgl. 5, S. 18. (10) 2a. (11) Augustat, Wilhelm: "Das Geheimnis des Nicholas Roerich - Agni Yoga und die Geheimen Lehrer", Heyne, München 1993, S. 134ff. (12), 10, S. xxiii. (13) 9, Poul Pedersen: "Tibet, die Theosophie und die Psychologisierung des Buddhismus", S. 175, Anm. 2. (14) Trimondi, V. und V.: "Der Schatten des Dalai Lama", Patmos Verlag, Düsseldorf 1999. Goldner, Colin: "Fall eines Gottkönigs", Alibri-Verlag 1999. (15), Trimondi, Ebd. (16) 6a, S. 185. (17) Beger, Bruno: "Das Hochland Tibet und seine Bevölkerung" in "Geographische Rundschau 7 (1955), S. 46. Siehe auch 6a, S. 188. (18) Bauer, Paul: "Kampf um den Himalaja", Verlag Knorr & Hirth, München 1943, S. 53. (19) 6a, S. 185. (20) Vgl. Bharati, Agehananda: "Hindu-Faschismus" in Forvm Wien, Heft 387/394 vom 30.9.1986. Die Kerngruppe ist der Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS), das Nationale Freiwilligen Korps im Sinne von Dienst an der Heimat. Zahlreiche fundamentalistische Ableger, darunter die derzeitige Regierungspartei Bharatiya Janata Party (BJP), die Indische Volkspartei. (21) Isis ist eine ägypische Muttergöttin. (22) "Fictions Tibet: The Origin and Persistence of Rampaism" in Tibet Society Bulletin, zitiert in 9, S. 175, Anm. 11. (23) 9, S. 169f. (24) David-Neel, A.: "Im Banne der Mysterien", Nymphenburger, München 1998, S. 40. (25) Ebd., S. 41. (26) Rauschning, "Gespräche mit Hitler", Zürich 1940. Das Buch ist nicht ganz unumstritten, gilt jedoch als guter atmosphärischer Beleg. (27) In der taz vom 12.4.1989. Im Politmagazin Panorama, NDR, 2.9.1999. (28) Rauschning, s. Fußnote 26. (29) Siehe dazu jedoch die Titel 3,4,5,14. (30) Zitiert nach 3, S. 290. (31) 5, S. 52f, 233 Fußnote 6. Ebenfalls in Flowers, Stephen E.: "The Secret of the Runes", Destiny Books, Rochester 1988, S. 82. (32), Flowers, S. 57. (33) 3,5. (34) Flowers, S. 36. (35) "Mein Kampf" 1936, S. 556f. (36), 3, S. 185ff. (37) 14, S. 466, Anm. 116. (38) 5, S. 25. (39) McCloud, Russell: "Die schwarze Sonne von Tashi Lhunpo", Vilsbiburg 1991. Sparschuh, Jens: "Der Schneemensch", Kiepenheuer & Witsch, Köln 1993. (40) Knaus, John Kenneth: "Orphans of the Cold War - America and the Tibetan Struggle for Survival", PublicAffairs, New York 1999, S. 284f. (41) 12, S. 164ff. Weitere Legenden ranken sich als Touristenattraktion um die Villa Winter auf Fuerteventura, der ein unterirdischer U-Boot-Bunker der Wehrmacht und ein geheimes Labor für medizinische Experimente an Menschen angedichtet werden, vgl. Frankfurter Rundschau vom 13.12.1997: "Das Geheimnis des Gustav W.". (42) Goldner, C.: "Psycho", Pattloch Verlag, Augsburg 1997, S. 19. (43) In "Tibet Aktuell", Zürich, Nr. 61, Juni 1999, S. 25. (44) 6a, S. 176f. (45) Ludmilla Tüting: "Heinrich Harrer und die Nazis - Alpine Herrenmenschen-Ideologie. Nazi-Bergsteiger wollten den Himalaya 'erobern'" in TourismWatch Nr. 11, August 1997, Leinfelden-Echterdingen. (46) Hugh Richardson in "Himal South Asia", Kathmandu, September/October 1997, S. 5. (47) Ebd. (48) Übersetzt abgedruckt in 6a, S. 175f. (49) 11, S. 443 (50) Vgl. 8, S. 253.
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