Bröcker - Aristoteles (Alemán)

October 1, 2017 | Author: Sebastian Castañeda Palacios | Category: Being And Time, Human, Essence, Emergence, Propositional Attitudes
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Descripción: Bröcker - Aristoteles (Alemán)...

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WALTER BROCKER

ARISTOTELES

ZWEITE, UNVERANDERTE AUFLAGE

V I T T O R I O K L O S T E R M A N N F R A N K F U R T AM MAI N

ALLE RECHTE VORBEHALTEN • PRINTED IN GERMANY / 1957

INHALT Scite V orrede.........................................................................................................

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I. K A P IT E L : Philosophie und Bewegung. § 1. Philosophie ais Liebe zur tiefsten Einsicht......................... 9 (Met. A 1 u. 2) § 2. Philosophie ais eigentliches Menschsein-Wollen . . . . 23 (Eth. Nic.) § 3. Philosophie ais Frage nach der B e w e g u n g .................... 39 (Met. T u. E) II. K A P ITEL: Bewegung und Sein. § 1. Ursprung, Grund und B e w e g u n g .................................... 50 (Met. A 1 u. 2; Phys. A 7) § 2. Bewegung ais Sein des B ew egten .....................................62 § 3. Bewegung, Wirklichkeit und M d g lic h k e it.................... 66 (Met. 0 ; Phys. I" u. 0 4) S 4. Bewegung und N ichtigkeit.................................................81 (Phys. A; Met. 0) III. K A P ITE L: Bewegung und Zeit. (Phys. A 10 ff) § 1. Das Problem der Z e i t .........................................................88 § 2. Zeit und B ew egu ng.............................................................92 § 3. Das Wesen der Z e it .............................................................98 § 4. Zeit und J e t z t ..................................................................... 102 § 5. Das In-der-Zeit-Sein.............................................................107 IV. K A PITEL: Bewegung und Wesen. (Met. Z ; H) § 1. Die Frage nach dem W e s e n .............................................110 § 2. Das Wesen ais erstes Bewegliches.................................... 115 § 3. Das Wesen ais wesentliches W a s s e i n ............................ 118 § 4. Das Wesen ais G ru n d .........................................................122

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V. K A P IT E L : Bewegung und Seele. (De Anima) § 1. Die Frage nach der Seele.....................................................129 § 2. Die W ahrnehm ung............................................................. 132 § 3. Einbildungskraft und V ernunft.........................................149 § 4. Die tátige V ernunft.............................................................164 VI. K A P IT EL: Bewegung und Wort. § 1. Das Wesen des Wortes......................................................... 176 (De Interpretatione) § 2. Die W esensbestimmung.....................................................185 (Met. Z u. H) § 3. Wesensbestimmung und Seiendes.....................................201 (Met. Z u. H) § 4. Wesentliches Wassein und E in z e ln e s .............................206 (Met. Z 6) VII. K A P IT E L : Bewegung und Gott. § 1. Das erste B ew eglich e.........................................................213 § 2. Der erste unbewegte B e w e g e r .........................................215 (Met. A)

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VORREDE E s wird im Folgenden der Versuch gemacht, die aristotelische Philosophie in ihren Gründzügen ais Frage nach der Bewegung auszulegen. Diese historische Aufgabe wird in system atischer Absicht angegriffen. Nicht darau f kommt es an, den Aristóteles historisch besser und richtiger zu verstehen ais andere, eine Absicht, die schon deshalb illusorisch wáre, weil es d ie „richtige“ Aristóteles-Auslegung nicht gibt und nicht geben kann, — was wir wollen ist vielm ehr: den Aristóteles wesentlich auslegen, ihn so verstehen, daB dies Verstándnis unserm eigenen Philosophieren einen neuen Antrieb geben kann. DaB die arist. Philosophie „F rag e “ ist, solí nicht sagen, daB sie nur Fragen aufwirft, ohne Antworten zu geben, sondern solí anzeigen, daB sie nicht aus der Kenntnisnahme ihrer Lehren, sondern im Nachverfolg ihrer fragenden Bewegung, aus der ihr die Ajitworten entspringen, allein zu verstehen ist. DaB sie Frage „nach der Bewegung66 ist, solí weder sagen daB die Bewegung das ist, wobei sie anfragt — das ist das Seiende — noch das was sie erfragen will — das sind die ersten Ursprünge und Gründe des Seienden — sondern daB die Bewegung das am Seienden ist, was ais sein R átsel das Fragen hervortreibt und in Atem hált. Die Überzeugung, daB die Frage nach der Bewegung die Grundfrage der Philosophie ist und werden muB, ist die treibende K raft dieses Versuchs. Die aristotelische Philosophie wurde deshalb zum Gegenstand der Auslegung gemacht, weil diese Fragerichtung hier am schárfsten und radikalsten vollzogen scheint. Was die Frage nach der Bewegung in der Philosophie leistet und leisten kann, und warum dieser Frage hier ein solches Gewicht beigelegt wird, darüber solí hier nicht lange program m atisch geredet werden. Die durchgeführte Auslegung muB das Recht dieser zunáchst unbegründeten Yormeinung erweisen. Nur eines sei hier bem erkt: Der Vf. erhielt den AnstoB zu diesen Untersuchungen durch die Forschungen seines Lehrers Heidegger über ,,Sein und Zeit46. Im Yerfolg des Problems eines engen wesentlichen Zusammenhangs von Sein und Zeit muBte sich das R átsel der i

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Bewegung, die in sich selbst gleichsam Sein und Zeit zumal ist, mit Notwendigkeit aufdrángen. Die Forschung und Lehre Heideggers, insbesondere seine Vorlesungen über Aristóteles haben die vorliegende Arbeit allererst ermoglicht. Yorzüglich sein Verdienst ist daher alies, was hier etwa Belangreiches gesagt sein mag. D a von Heideggers Aristoteles-Interpretationen, von wenigen Andeutungen in seinen Schriften abgesehen, nichts veróffentlicht ist, konnen hier keine Einzelverweise gegeben werden. Inwieweit diese Abhandlung zugleich der erste Yersuch einer Auseinandersetzung des Schülers m it seinem Lehrer ist, wird dem Kundigen zu erraten überlassen. Die im Grunde systematische Absicht der Untersuchung bringt es m it sich, daB sie sich zwar meist ais Auslegung von Texten vollzieht, daB sie aber gelegentlich, den T ext ganz verlassend, die Sache selbst weiterentwickelt, — nicht nur erklárt, was dasteht, sondern auch noch zu entdecken sucht, welche Horizonte das von A. Erarbeitete dem W eiterfragen noch zu offnen verm ag. Die Willkür, die diesem Weiterdenken anhaftet, muB ais notwendiges Schicksal eines solchen Yersuchs in K a u f genommen werden. E s ist selbstverstándlich, daB der Vf. die alten und neuen Kommentatoren des A. zu R ate gezogen und sich die philologisch-historische Forschung zu Nutze gemacht hat. Um aber die leitende philosophische Frage nicht unter der Fülle von philologischen und historischen Problemen und der Diskussion von Auslegungsschwierigkeiten kontroverser Stellen verschwinden zu lassen, wurde jeder Bezug au f andere Arbeiten über A. (von vereinzelten Ausnahmen abgesehen) vermieden. D am it will sich der philosophische Interpret nicht hochmütig über die Philologen und Historiker überheben, — vielmehr glaubt er ihnen so, indem er seine Sache redet und ihnen ihre zu reden überláBt, am besten zu dienen. Denn so wenig der system a­ tische Ausleger die Lehren der Philologen und Historiker in den Wind schlagen darf, wenn seine Arbeit den Boden nicht verlieren will, so wenig konnen der Philologe und der Historiker au f die systematische Auslegung verzichten. Wenn diese Arbeit den Philologen und Historikern für ihre Arbeit von Nutzen ist, so ist das die beste Rechtfertigung, die sie von ihnen erhalten kann.

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Die Arbeit wurde im Jan u ar 1933 abgeschlossen. Im Sommer 1934 lag sie der philosophischen F ak u ltát der Universitát Freiburg i. Br. ais H abilitationsschrift vor. Freiburg i. B r., Ostern 1935.

Brocker.

I. Kapitel PHILOSOPHIE UND BEWEGUNG § 1. Philosophie ais Liebe zur tiefsten Einsicht1) Was Philosophie sei, das ist eine Frage der Philosophie selbst. Zur Philosophie gehort, von ihr unabtrennbar, die Selbstbesinnung über ihr eigenes Wesen. Diese Selbstauslegung wandelt sich mit dem W andel der Philosophie in der Geschichte. Eine Auslegung einer geschichtlich überlieferten Philosophie hat sich daher zuerst zu fragen : Was versteht diese Philosophie unter Philosophie, was will sie ais Philosophie sein ? Unsere Frage ist a lso : Was versteht Aristóteles unter Philosophie ? A. entwickelt den Begriff der Philosophie am Anfang des ersten Buches der M etaphysik, welches Buch eine historisch-kritische Einleitung in die Philosophie enthált. D as Charakteristische dieser Entwicklung ist dies, daB es keine inhaltliche Bestimm ung des Gegenstandes der Philosophie ist, die zu ihrer Begriffsbestimmung dient, sondern daB ihr Begriff bestim m t wird durch die Weise, wie der Philosophierende in ihr existiert. Die Idee der Philosophie wird ent­ wickelt ais die Idee des Am Meisten an Einsicht2). Diese Idee wird so gewonnen, daB verschiedene Weisen der E in ­ sicht3) durchgegangen werden und in der Richtung au f ein sich darin zeigendes Mehr4) verfolgt werden. Aus der vergleichenden Analyse der verschiedenen Móglichkeiten der Einsicht in Bezug au f die Móglichkeit des Mehr muB die Konstruktion eines Am Meisten gelingen. Diese Analyse wird so geführt, daB darau f gesehen wird, was „m an “ von den verschiedenen Móglichkeiten der Einsicht faktisch hált, welche Einschátzung faktisch herrschend ist und welche Richtung au f ein Mehr und ein Am Meisten sich in dieser Auslegungsrichtung faktisch zeigt. *) Met. A 1 und 2. — *) jnáXicTra eibévai. — 3) €ib¿vai. — 4) jnáXXov.

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Die Frage erhebt sich sofort, mit welchem Recht sich die Analyse au f die zweifelhafte A utoritát der durchgángig herrschenden Auffassung der Menschen beruft. Diese Frage muB aber zunáchst bei Seite bleiben, sie wird uns spáter bescháftigen. Weiter aber ist bei dieser ganzen Untersuchung vorausgesetzt, daB die Einsicht überhaupt etwas ist, woran dem Menschen liegt, woran ihm so wesentlich liegt, daB er ein Mehr und ein Am Meisten verfolgt, und woran ihm rein um der Einsicht willen liegt. Auch diese Voraussetzung bedarf noch der Begründung. Hier wird sie zunáchst in einer einfachen Feststellung vorgegeben: ,,Alle Menschen streben von N atur nach Einsicht441). Einsicht hat hier den ganz weiten Sinn irgend eines BekanntschaftMachens m it dem Seienden. So wird ais Beispiel gegeben die Freude an den Sinneseindrücken, an Farben, Tonen, Wohlgerüchen usw., an denen sich der Mensch auch um ihrer selbst willen, ohne irgend einen Nutzen, erfreut. Unter diesen hat das Sehen den Vorrang, weil es am meisten kennen lernen láBt und viele Unterschiede offenbar m acht. Schon hier linden wir also ein Mehr, die gróBere Fülle und Unterschiedlichkeit dessen, womit das Sehen bekannt m acht, gegenüber den andern Súmen. Diese Moglichkeit des Bekanntwerdens mit dem Seienden, die Wahrnehmung der Sinne, teilt der Mensch m it dem Tier. Aber schon bei diesem bestehen Unterschiede: Einige Tiere gelangen über die Beschránktheit der bloBen Wahrnehmung2) hinaus durch das Gedáchtnis3). Dies Vermógen m acht sie verstándiger4) und gelehriger5). D as Behalten des Vergangenen láBt sie von dem Gegenwártigen mehr einsehen, ais die bloBe Wahrnehmung sie lehren konnte. D as Gedáchtnis ist eine Leistung der Einbildungskraft6), des Vermogens, sich Nicht-Anwesendes zu vergegenwártigen. Dieses ermóglicht es den Tieren,eine gewisse Erfahrung7) zusam m eln,— aber diese ist nur gering. E rst der Mensch verm ag die Grenzen, die der Einsicht des Tieres hier gesteckt sind, zu überschreiten. Der Mensch hat eine viel reichere x) TrávTe^ ávGpuuTioi t o u elbévai ópéfovxai cpucrei. 980 a 21. — 2) aícrGricriq. — 8) jLxvrunrj. 980 a 29. — 4) cppovi|uwT€pa. — 6) |ua0TiTiKWTepa. 980 b 21. — fl) qpavTacría. — 7) éjU7t€ipía. —

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Moglichkeit, seine Erinnerungen zu einer Erfahrung zusammenzuschlieBen. Aber er braucht nicht dabei stehen zu bleiben. E r schreitet fort zur W issenschaft1) und zur K unstfertigkeit2). Die K unstfertigkeit entspringt, „wenn aus vielen Einsichten der Erfahrung ein allgemeines Urteil über die gleichartigen Falle erwáchst66.3) A. gibt ein B eispiel: Die Erfahrung lehrt, daB dem K allias, der die und die Krankheit hatte und dem Sokrates und jedem der sie hatte das und das geholfen hat. E s ist aber Sache der K unst einzusehen, daB ein gewisses M ittel alien so und so BeschafFenen unter einer A rt Begriffenen hilft4). Die K unst verm ag, was alie Erfahrung nicht leistet, die M annigfaltigkeit der Falle in die Einheit ihrer A rt, die Einheit ihres So-seins, in der all die vielen Seienden einig sind, zusammen zu nehmen und ihre Einsicht au f dies eine So-sein, das dei Erfahrung verschlossen ist, zu richten. Dieser Fortschrift von der Erfahrung zur K unst scheint zunáchst problematisch. Denn für das Handeln, wo es doch darau f ankom m t, je im einzelnen F all zu handeln, ist der Erfahrene besser gerüstet ais der Kunstfertige, der zwar im Allgemeinen weiB, dem Einzelfall aber unter Um stánden hilflos gegenüber steht5). Aber nicht danach ist jetzt gefragt, welche Erkenntnis das Handeln besser leitet, sondern welche Einsicht ais Einsicht mehr ist, Und da ,,glauben wir“ 6), da glaubt man, daB die K unst gegenüber der E r ­ fahrung ein Mehr an Einsicht sei, und daB der K unstfertige gegen­ über dem Erfahrenen weiser7) sei. Man nimmt also an, daB die Weisheit8) dem Mehr an Einsicht folgt9). J e mehr Einsicht also, destonáher die ais Weisheit gesuchte Erkenntnis. Weshalb aber sprechen wir der K unst gegenüber der Erfahrung ein Mehr an Einsicht z u ? A. antw ortet: ,,Weil die einen den Grund wissen, die andern aber nicht6610). Der Erfahrene erkennt nur das D aB11), l) ¿TTiaTriJuri. — a) xéxvri == Kunst in einem ganz weiten Sinne. — 3) firav €K TroXXujvTfig é^Tieipíaq évvorijuáiujv nía KaOóXou févriTai Tiepi túuv ójlioíujv ÚTTÓXrivpi^. 981 a 5 f. — 4) Traen jo iq Toioicrbe kíxt' eíbo^ Sv áqpopicrGeícTi. 981 a 10. — 6) 981 a 13 f. — 6) olójueOa. — A. beruft sich auf die Einschátzung, die durchgángig herrscht. — 7) (Jocpiírrepos. 981 a 24. — 8) CToqpía. — 9) aKoXouGeív. — l0) Su oí juév xriv airíav íaatfiv, oí b* oü. 981 a 28* —

1X) 8n. —

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aber nicht das Warum1). Der Kunstfertige kennt das W arum, den Grund2). Die Einsicht der Kunstfertigen ist also ein Verstehen aus dem Grunde. Grund ist eine Weise des U rsprungs3). Dessen Wesen bestim m t A. ais das erste Woher4). Alies Woher aber ist Woher einer Bewegung. Die Einsicht m acht also die Bewegung von etwas her, von wo aus sie versteht, au f das hin, was eingesehen werden solí, was sie von dem Woher aus versteht. W arum aber ist eine Einsicht, die eine solche Bewegung m acht, ein Mehr an Einsicht ? Offenbar deshalb, weil dies Woher der Einsicht nicht bloB die Bewegung der Einsicht, sondern das Seiende selbst, das eingesehen werden solí, angeht. Weil das Seiende selbst gründlich ist, deshalb ist die Erkenntnis aus Gründen ein Mehr an Einsicht. Weil der Kunstfertige das Seiende aus dem Grunde versteht, deshalb versteht er es grundsátzlich, d. h. er versteht sich nicht bloB a u f den einzelnen F all — daB etwa dem K allias dies oder jenes Mittel gegen seine K rankheit hilft — sondern er versteht den a llg e m e in e n Zusammenhang zwischen einem K ranken,der eine so und so geartete Krankheit hat, und einem bestimmten so und so gearteten Heilmittel. Wir sehen: Die Voraussetzung dieser Analyse der Einsicht in Hinsicht au f ein Mehr ist das Vorverstándnis, daB das Seiende wesentlich aus Gründen ist, daB das W arum wesentlich zum Sein gehórt. Die Einsicht in dies Wesen des Seins, seine Gründlichkeit, gehórt also notwendig zur Aufgabe der Weisheit, ais des Am Meisten an Einsicht, die so zur Frage nach dem Grunde der Gründlichkeit des Seins wird. A. belegt die These, daB die K unstfertigkeit gegenüber der E r ­ fahrung ein Mehr an Einsicht sei, durch weitere Gründe. Man hált den L eiter5) bei jeder Tátigkeit für jemanden, der mehr von der Sache versteht, weil er die Gründe kennt, warum alies so gemacht werden muB wie es gemacht wird, wáhrend die Ausführenden eigentlich nicht wissen was sie tun. Sie führen zwar ihr Werk richtig aus, aber so wie das Feuer brennt, das auch nicht weiB was es tu t. Der K unstfertige kann, im Gegensatz zum Erfahrenen, lehren. Denken wir wieder an das Arzt-Beispiel. Wer nur im Einzelfall weiB, was zu tun ist, kann niemanden lehren, d. h. er kann niemandem etwas x) biÓTi. — 2) ahía. — 3) ápxn- — 4) 80ev upurrov. 1013 a 18. — 6) ápxiTéKTuuv.

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sagen, au f Grund dessen dieser in einem neuen Einzelfall zu handeln vermóchte. Lehren láfít sich nur Allgemeines, wie z. B. die allgemeine Regel, was bei einer so und so gearteten Krankheit zu tun sei. D as zeigt aber, der Kunstfertige hat ein Mehr an Einsicht auch insofern, ais er erst eigentlich seine Einsicht b e s it z t . Denn nur das besitzen wir eigentlich, was wir geben konnen. Der Erfahrene kann seine Einsicht nicht weitergeben, weil er sie noch garnicht eigentlich besitzt. D as zeigt aber: D as Mehr an Einsicht ist nicht nur ein Mehr dessen, was in der Einsicht steht, nicht nur das Seiende ist in hóherem Grade offenbar, — sondern au f Grund dessen ist auch das Einsicht H a b e n , der Besitz der Einsicht in einem hóheren Sinne Besitz. Aber auch das Mehr dessen was eingesehen wird, ist kein Mehr im Sinne einer mengenmáfiigen Zunahme der Vielheit von Bestimmungen und Unterschieden der Sachen, die zur Kenntnis kommen. Nicht au f die Menge der Kenntnis von Einzelheiten1) kommt es an. Deshalb hált man auch nicht die Erkenntnis der Sinne für Weisheit, obgleich sie am meisten in der Kundmachung von Einzelheiten leisten. Die Sinne lehren bloB ein DaB, niemals aber ein Warum, einen Grund. Diese Dimensión des Seienden ist ihnen grundsátzlich verschlossen2). D as Mehr meint keine mengenhafte Zunahme, sondern ein Mehr an T i efe, das Mehr an Einsicht meint t ie f e r e Einsicht. Die W ahrneh­ mung der Sinne bleibt bei aller Massenhaftigkeit der Enthüllung von Einzelheiten an der Oberfláche, sie hat keine Tiefe, sie geht den Dingen nicht au f den Grund. So gewinnen wir schon hier einen Yorblick au f die Idee des Am Meisten an Einsicht, au f die Idee der tiefsten Einsicht, die dem Seienden ganz au f den Grund, au f seine ersten und letzten Gründe geht. Die herrschende Beurteilung der Einsicht in Rücksicht au f ihre Tiefe zeigt sich auch in dem Urteil der Menschen, das sie im Verlauf der Geschichte über einen Fortschritt der Einsicht fállten. Wer die Einsicht, sagt A., zuerst vertiefte, indem er über die gemeine Sinnlichkeit hinausging, den bewunderten die Menschen, u. z. nicht nur weil das was er entdeckte nützlich war, sondern sie bewunderten den *)

tujv

KCt0J frcacTTa. 981 b 11. — 2) 981 b 10 ff.

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Entdecker solcher neuen Einsicht ais einen Weisen1) und einen solchen der sich vor den andern auszeichnet. Hier zeigt sich sogleich noch ein W eiteres: Weil es für die Schátzung au f die Einsicht ankommt und nicht au f den Nutzen, deshalb wird die Einsicht die zu nichts Nutze ist sondern die der Mufle2) dient, am meisten bewundert. So sind die W issenschaften3), die weder der N otdurft noch dem Vergnügen dienen, sondern reine Einsicht um der Einsicht willen sind, die letzte Entdeckung des au f Einsicht ausgehenden Menschen, die dort gemacht wurden, wo die Menschen Mufle hatten. So wurden die mathematischen W issenschaften in Ágypten erfunden, u. z. von den Priestern, denen Mufle gegeben war4). So zeigt sich: Der Erfahrene ist weiser ais der Wahrnehmende, der Kunstfertige weiser ais der Erfahrene, der Leiter hierin weiser ais der Handlanger, der Theoretiker, der die Einsicht um der Einsicht willen will, weiser ais der Praktiker, der die Einsicht in den Dienst des Handelns stellt6). Diese Reihe zeigt ein Mehr an Einsicht an, das in der Richtung au f sein Am Meisten verfolgt werden solí. D as Mehr zeigte sich ais ein dreifaches: 1. E in Mehr in die Tiefe, d. h. au f den Grund Gehen. 2. E in Mehr Besitzen, d. h. Mitteilen Konnen. 3. Ein Mehr um ihrer selbst willen die Einsicht Wollen. Die Einsicht die zu dieser Richtung des Mehr das Am Meisten verkórpert, wird ais Weisheit gesucht. Sie geht ais die tiefste au f die ersten Gründe und die Ursprünge6). Die Richtung des Mehr wurde aus der Selbstauslegung, die das menschliche Leben von seiner Einsicht gibt, gewonnen. Eben diese Selbstauslegung, das was man denkt,wird jetzt auch befragt über das Am Meisten, in Richtung au f welches sehend sie von einem Mehr redete. Die Menschen sind sich über das, was sie unter einem Weisen ver­ stehen schon in einer gewissen durchschnittlichen Klarheit. *) croqpóq. 981 b 16. — 2) Tipos &iaYWYr|v.— *) ém
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