Band1_1925_1926
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Zeitschrift für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens Mit Unterstützung von Dr. E. Bohn, Breslau Dr. A. Hellwig, Potsdam • Graf Carl v. Klinckowstroem, München Graf Perovsky-Petrovo-Solovovo, Brüssel herausgegeben von
DR. R. BAERWALD BERLIN
I. Band Mit 15 Abbildungen
1926 VERLAG VON FERDINAND ENKE IN STUTTGART
Zeitsehet für kritischen Okkultismus und Grenzfragen des Seelenlebens Mit Unterstützung von Dr. E. Bohn, Breslau • Dr. A. Hellwig, Potsdam Graf Carl v. Klinckowstroem, München. Dr. R. Tischner, München herausgegeben von
DR. R. BAERWALD BERLIN
I. Band / 1. Heft Mit 5 Textabbildungen
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9.25
VERLAG VON FERDINAND ENKE IN STUTTGART Die Zeitschrift erscheint vierteljährlich in Heften zu 80 Seilen. Vier »Atte. s Asete Send Attieeis ihtee .11httudiuddee
Alle Rechte vorbehalten
Druck der Hoffmannschen Bushdruckerei Felix Krais Stuttgart.
Inhalt des ersten Bandes.
Seite
1 I. Einführung Erklärung 161 II. Originalarbeiten. Baer wal d, Dr. Richard: „Urteilsblendung durch psychische Osmose in der Prophetie und Psychoanalyse" 277 D erselb e: „Das dämonische Unterbewußtsein" 99 Bohn, Dr. Erich (Breslau): „Zur Geschichte der Apporte" 7 D a rm staedter, Dr. Ernst: „Die Alchemie" 13 D essoir, Max • „Hellsehen durch telepathische Einfühlung" 3 263 Din g w all, E. J. (London): „Ein neuer Geisterphotograph" Fr eu denb er g, Dr. Franz : „Über Exteriorisation der Sensibilität" 120 299 Greiser, Wolfgang : „Von Amuletten und Talismanen" Hellwi g , Dr. A.: „Psychologische Glossen zu dem Berliner Okkultistenprozeß" 54 Hofmann, Albert (Mehlem) : „Zur Frage der Biostrahlen". Mit 4 Abb. . . 241 179 Derselbe: „Zur _Energetik des Wollens" Derselbe: „Zur Mechanik der Odstrahlen" 41 K 011 mann, Prof. Artur (Leipzig): „Taschenspiel und Okkultismus" . . 115 192 K1 in ckow s troe m, Graf Carl v. : „Ein Beitrag zur Geschichte derTelepathie" 205 269 Derselbe: „Glossmt zur Entlarvung Guziks in Krakau" 125 D er selbe: „Mediumistisches" 48 D er selbe: „Okkultistische Wandere nekdoten" 274 M oll, Geh. Sanitätsrat Dr. A.: „Der Hellseher Ludwig Kahn" 161 289 Paas ehe, Ernst : „Trickmäßige und okkulte Erscheinungen" Per ovsky -P e tr e vo-Sol ov ovo, Graf • „Ein indirekter Beitrag zum Fall 297 Slade-Zöllner" D er s elb e: „Versuche zur Feststellung des sog. Hellsehens der Medien" . 81 196 Derselbe: „Mitteilung über einen Fall von Fakir-Elevation" Schult e, Dr. R. W. (Berlin): „Experimental-psychologische Untersuchungen zur Prüfung der Kontrollbedingungen bei okkultistischen Dunkelsitzungen". Mit 2 Abb. 248 . 200 D er s elb e: „Kritische Betrachtungen zum Problem des Okkultismus" . Schultz, Prof. J. H. (Berlin): „Psychotherapie und Okkultismus" 217 22 131 T is ehner, Dr. Rudolf : „Zur Methodologie des Okkultismus" 304 W alter, Prof. Daniel (Graz) : „Grazer Brief" III. Verschiedenes. 306 Berichtigungen Erie dlän de r, Prof. A. A. (Frankfurt a. M.): „Verbot der Bildung einer Ge222 sellschaft für Mediumforschung" Hellwig, Dr. Albert (Potsdam): „Die Frage des Hellsehens und der Tele139 pathie im Bernburger Prozeß" 223 Hofmann, A.: „Neues über Dunkelseancen" K lin ck o w s tr o em, Graf Carl v.: „Bemerkung zur Erwiderung Schrenck305 Notzings" 146 Derselbe: „Offener Brief an Herrn Dr. R. Baerwald" 223 Der s elb e: „Von Gliedabgüssen in Paraffin" 304 S chr en ck -N otzing, Dr. Freiherr v.: „Erwiderung" D erselb e: „Zur Richtigstellung der Bemerkungen des Grafen Klinckowstroem" 305 .
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Inhalt des ersten Bandes.
IV. Zeitschriftenreferate und Buchbesprechungen. Seite Baerw a 1 d: „Coud-Literatur" 73. 229 Derselbe: „Aus den Psychischen Studien" 149 Derselbe: „Der Okkultismus" 312 Derselbe: "Zeitschrift für Psychologie" 149 D er seib e: „Zeitschrift für Parapsychologie" 312 Derselbe: „Psychologie und Medizin" 225 Baerwald, R.: „Die intellektuellen Phänomene (R. Hennig) 154 B esant, A. und Lea db ea t er, C. W.: „Okkulte Chemie" (H-nn) 313 Blacher, K.: „Das Okkulte von der Naturwissenschaft aus betrachtet" (Elinckowstroem) 313 B ohn, Erich : „Der Spuk in Oels" (Baerwald) 235 Brij, Carl Christian: "Verkappte Religionen" (Klinckowstroem) 238 Co heu, „Das Wesen der Träume (Baerwald) 159 D an z el , Th. W.: „Magie und Geheimwissenschaft in ihrer Bedeutung für die Kultur und Kulturgeschichte" (Klinckowstroem) 316 Dorn seif f: „Das Alphabet in Mystik und Magie" (Danzel) 316 Fischer, 0.: „Experimente mit Raphael Schermann" (Baerwald) 318 Fournier, d'Albe : „The life of Sir William Crookes" (Klinckowstroem) 79 • 234 G ei ey , G.: „Vom Unbewußten zum Bewußten" (0. Kraus) Grub er, K.: „Parapsychologische Erkenntnisse" (Klinckowstroem) I V2 Gulat-Wellenburg, W. v., Klinckowstroem, Graf C. v., Rosen155 busch, Hans : „Der physikalische Mediumismus" (A. Hellwig) Henning, H.: „Psychologie der Gegenwart" (Baerwald) . . . . , 314 euzö, Paul: „Oü en est la Mötapsychique, ?" (Klinckowstroem) 231 225. 310 Hofmann, A.: „Revue Mötapsychique" Houdini, Harry : „A Magician among the Spirits" (Klinckowstroem) . . . 78 237 Illig , Joh. : „Ewiges Schweigen" (Baerwald) 158 K 1 in cko w str o e m: „Indische Zauberkünste" (Baerwald) D er s elb e: „Proceedings of the Society for Psychical Research" 71. 146 306 318 Kr ön er, W.: „Mediale Diagnostik" (Friedländer) 157 Lehmann, A.: „Aberglaube und Zauberei" (Baerwald) 318 Moll A.: „Der Spiritismus" (Friedländer) 77 Nie oul la nt , Charles : „Nostradamus" (Bohn) 0 es t er reich, T. K.: „Der Okkultismus im modernen Weltbild" (Buchner) 317 Pagens t e cher, G.: „Außersinnliche Wahrnehmung" (0. Kraus) 235 Piobb, Pierre: „Les anticipations de Phistoire selon les prophöties de Nostra76 damus" (Bohn) 314 R atclif f, A T J.: „Traum und Schicksal" (Baerwald) 238 „Revelations of a Spirit Medium" (Klinckowstroein) 239 Salz er: „Augendiagnose und Okkultismus" (Dreyfuß) 153 Schreeder, Chr.: „Pseudoentlarvungen" (Klinckowstroem) 65 Tischne r, Rud.: „Revue Mkapsychique", Jahrg. 1924 232 Tischner: „Das Medium D. D. Home" (Klinckowstroem) D er selbe: „Geschichte der okkultistischen (metapsychischen) Forschung (Klinckowstroem) 150 Wen dl er, A.: „Experimentaluntersuchungen zum Problem der Wünschelrute 315 und biologischen Strahlung" (11-nn) Z eile r, G.: „Okkultismus und deutsche Wissenschaft seit Kant" (Buchner) 240
Einführung. Der Gedanke, der den Begründer dieser Zeitschrift, Herrn Landgerichtsdirektor A. Hellwig, leitete und den er mit außerordentlicher Zähigkeit und Hingabe zu verwirklichen strebte, unterscheidet sich in doppelter Hinsicht von den Leitideen der bisher bestehenden okkultistischen Organe. Erstlich : Diese Zeitschriften treiben Propaganda für okkultistische, oft auch für spiritistische Weltanschauung. Sie können sich daher nicht so kritisch, so streng auswählend verhalten, wie eine rein der Erkenntnis dienende Fachzeitschrift, sonst würden sie Agitationsstoff verlieren und Parteigänger verstimmen. Durch diese Haltung müssen sie ihren Einfluß auf die wissenschaftliche Welt verringern. Es fehlte noch eine Zeitschrift, die die für unsere Gesamterkenntnis so wichtigen okkuitistischen Probleme zum Gegenstand voraussetzungsloser und leidenschaftsloser Untersuchung machte. Voraussetzungslosigkeit aber bedingte ein Zweites : Parteilosigkeit. Als Dr. Hellwig seine Werberufe für das neue Unternehmen ausgehen ließ, zeigte das Echo, das er weckte, wie schwer gerade dieser Grundsatz Boden gewinnen konnte. Manche fanden es selbstverständlich, daß die neue Zeitschrift im Sinne des Okkultismus wirke, anderen schien es gerade darauf anzukommen, daß nun endlich einmal der okkultistischen Täuschung Einhalt geboten würde. Die Forderung, kritisch zu,sein, wurde ausgelegt: „Kritisch ist, wer so denkt, wie ich!" Demgegenüber galt es zu betonen, daß der wilde Kampf entgegengesetzter Meinungen uns bisher nur eine Gewißheit gegeben hat : Die, daß noch niemand den echten Ring besitzt, und daß wir nur hoffen können, durch geduldiges und aufmerksames Anhören der Vertreter aller Standpunkte schließlich ein endgültiges Ergebnis zu gewinnen. Darum ließ sich Dr. Hellwig von dem Wunsche leiten, unsere Zeitschrift solle eine Plattform bilden, auf der sich jeder zum Worte melden kann, der etwas Geprüftes und auf Sachkunde Beruhendes vorzubringen hat. Die jetzige Leitung gedenkt in den Bahnen des Begründers weiter zu gehen. Den Grundsatz der Parteilosigkeit versuchte sie dadurch besonders deutlich zum Ausdruck zu Yiingen, daß sie bestrebt war, unter den Personen, die ihr als Berater und Helfer zur Seite stehen sollten, möglichst für jede der rivalisierenden Richtungen wenigstens einen Vertreter zu gewinnen. Das Wort Okkultismus ist doppeldeutig : Man versteht darunter bald eine mystische Überzeugung und Glaubenslehre, bald ein Wissenschaftsgebiet, einen Teil der Psychologie, der auch von Zweiflern betrieben Zeitschrift für Okkultismus I.
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Einleitung.
werden kann. Daß das Wort im Titel unserer Zeitschrift nur im zweiten Sinn gemeint sein kann, bedingt schon der Grundsatz voraussetzungsloser Forschung. Um vollends jeden Zweifel auszuschließen, haben wir das Wort „kritisch" hinzugefügt. Dadurch wird, hoffen wir, der den Skeptikern so verdächtige Ausdruck, „Okkultismus" hinreichend desinfiziert sein. Etliche von ihnen hätten freilich gern das Wort durch ein anderes ersetzt gesehen, aber was hätten wir dadurch gewonnen? „Metapsychik„" und „Parapsychologie" sind schon längst ebenso desinfektionsbedürftig und haben noch den Nachteil geringerer Verständlichkeit. Inhalt unserer Zeitschrift aber sollen nicht nur die Probleme sein, die sich auf die „okkulten Phänomene" beziehen, sondern ebenso sehr die sogenannten „Grenzfragen des Seelenlebens", die es mit Unterbewußtsein und Doppel-Ich, mit Dämmerzuständen und automatischen Tätigkeiten, mit sensitiver und mediumistischer Anlage zu tun haben. Der zweite Teil des Titels bedeutet, daß wir unsere Mitarbeiter und Leser nicht nur im Kreise der okkultistisch Interessierten, sondern auch der Psychotherapeuten, Psychiater, Psychologen suchen. Die beiden Problemkreise sind untrennbar verbunden, sachlich, weil die Versuchspersonen okkultistischer Experimente, von Betrügern abgesehen, Menschen mit verselbständigtem Unterbewußtsein sind, geschichtlich, weil Okkultismus und Unterbewußtseinspsychologie vielfach in ein ähnliches Verhältnis getreten sind wie weiland Astrologie und Astronomie, oder Alchemie und *Chemie: Wo der Okkultismus fragte und forschte, erntete die Psychologie des Unterbewußtseins, der Wahrheitskern der untersuchten Erscheinung fiel in ihr Bereich. Es war von je der Traum vernünftiger Okkultisten und Antiokkultisten, daß der leidenschaftliche persönliche Streit verstummen und Vertreter aller Richtungen sich zu sachlicher, haßfreier Diskussion vereinigen könnten. Bisher ist jeder Versuch, der diesen Wunsch zu verwirklichen strebte, an der Fülle persönlicher Differenzen gescheitert. Unser Unternehmen ist der gleichen Gefahr ausgesetzt. Man wird es daher begründet finden, wenn wir alle unsere Mitarbeiter bitten, sie möchten, wie sie auch sonst im Leben einander gegenüberstehen, doch im Rahmen unserer Zeitschrift etwas wie einen Gottesfrieden aufrecht erhalten und den theoretischen Gegner mit ritterlicher Sachlichkeit bekämpfen. Polizei freilich kann die Schriftleitung nicht spielen; eine Zeitschrift, die das Glück hat, hervorragende Sachkenner und Autoritäten als Mitarbeiter zu gewinnen, kann sie nicht bevormunden wollen. Aber der bloße Hinweis darauf, daß ein parteiloses Organ über okkultistische Fragen gefährliche Explosivstoffe enthält, wird wohl schon verhindern, daß man mit brennenden Streichhölzern in ihm umherwirft.
Die Schriftleitung.
Hellsehen durch telepathische Einfühlung? Von Max Dessoir, Berlin. Auf die Hellseherin Helene Schnelle — dies war der Mädchenname einer im Sommer 1923 vorzeitig verstorbenen Nürnberger Dame — ist die Öffentlichkeit durch mehrere Schriften hingewiesen worden. Am einläßlichsten hat sich Herr Dr. Joseph Boehm über sie geäußert und zwar in einer 1921 erschienenen Schrift „Seelisches Erfühlen". Die eigentümliche Fähigkeit der Frau Schnelle soll darin bestanden haben, daß sie durch bloßes Betasten von Briefen und anderen Schriftstücken in die Lage versetzt wurde, ein zutreffendes Charakterbild des Schreibers zu entwerfen. Ich habe im Januar 1922 Gelegenheit zu eigenen Beobachtungen gehabt, über die ich in der nächsten Auflage meines Buches „Vom Jenseits der Seele" berichten werde. Im Anschluß an diese Beobachtungen wurden weitere Versuche insbesondere von Herrn Privatdozenten Dr. AlfredBaeumler angestellt, die nach meinen Vorschlägen eingerichtet waren. Einen dieser Versuche, über den in meinem soeben genannten Buch nicht berichtet werden wird, will ich hier zur Erörterung stellen. Herr Dr. Baeumler hatte von einem ihm befreundeten Münchener Gelehrten, „Dr. X.", einen Brief zugesandt erhalten, von dem er wußte, daß der Schreiber oder die Schreiberin zur nächsten Verwandtschaft des „Dr. X." gehöre. Er vermutete, die Mutter sei die Schreiberin;eine Dame, die ihm ihrem Charakter nach aus gelegentlichen Schilderungen einigermaßen bekannt war. Der Brief stammte aber in der Tat nicht von der Mutter, sondern von der Schwiegermutter des „Dr. X." Von dieser Schwiegermutter hatte „Dr. X." vorher eine Charakteristik schriftlich entworfen und in einem erst nach dem Versuche zu öffnenden Umschlage an Dr. Baeumler geschickt. Die Charakteristik lautete folgendermaßen: Die Schreiberin ist eine verheiratete Frau von 55 Jahren. Eine gemütstiefe Natur, echter Hingebung und Teilnahme fähig. Von großer Wärme und Herzlichkeit der Empfindung, von „mütterlichem" Wesen. Damit verbindet sich ein praktischer Verstand, Nützlichkeitssinn, Organisationstalent. Die Vereinigung der weiblich-hingebenden Eigenschaften mit dem sehr aktiven praktischen Sinn gelingt nicht immer ohne Schärfen, obgleich das persönliche Gesamtbild kein typisch unharmonisches, keine „Konfliktsnatur" ist. Ein gewisser Unabhängigkeitsdrang, außergewöhnliche Energie, Tätigkeitslust und seelisch-körperliche Widerstandskraft ist die Ursache dafür, daß sie ihren Tätigkeitsbereich über das engere Feld der Familie hinaus erweitert hat und sich sozialen und kulturpolitischen Aufgaben zugewandt hat. (Sie stand, besonders in früheren Jahren, der Frauen„
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M. Dessoir.
bewegung als gemäßigte Anhängerin nahe). Sie gehört zu den Menschen, die überall selbst angreifen und zupacken, helfen, organisieren, reformieren müssen. Ihre Beweggründe dabei sind rein altruistisch, in jeder Weise von persönlichem Herrschtrieb frei. Immerhin hat sie ihr rastloser Betätigungsdrang über die ursprüngliche Form ihres Wesens hinausgeführt, zumal ihre Intelligenz nicht in dem Maß objektiv und systematisch durchgebildet ist, wie es die von ihr gesetzten Aufgaben verlangen. Dadurch kommt zuweilen etwas Forciertes und Verhetztes in ihre Haltung. Anstatt die reine spontane Empfindung sprechen zu lassen, kann sie plötzlich mit großer Hartnäckigkeit einen abstrakten Grundsatz geltend machen und mit großer Intoleranz verfechten. Ihr zum Logisch-Diskursiven nur mit Wille und Anstrengung erzogenes Denken rächt sich oft gerade dann für den angetanen Zwang (durch Sprunghaftigkeit und Inkonsequenz), wenn der Schreiberin besonders überzeugendes und strenges Argumentieren am Herzen liegt. Ebenso wie der starken Empfänglichkeit ihres Gemüts durch ein — doch nicht völlig realisierbares — Bestreben nach männlich-objektiver Einstellung gleichsam Fesseln auferlegt sind, so erscheint auch die von Natur vorwaltende künstlerisch-beschauliche Seite ihrer Begabung (außergewöhnliche, nicht nur reproduktive Musikalität) durch jene in gewissem Maß künstliche und durch „sittliche Verpflichtung" diktierte überordnung der praktischen Tendenzen bedrückt und allzusehr in den Hintergrund gedrängt. Eine tiefe Natürlichkeit und gesunde Daseinsfreudigkeit sorgen indessen immer wieder für einen Ausgleich der entstehenden Spannungen." Als Dr. B ae umler die Angaben der Frau Schnelle, die ich erst im nächsten Abschnitt wiedergebe, mit dieser Charakteristik verglich, die er jetzt las, fand er sie völlig verschieden. Er kam nun auf den Gedanken, daß die ihn bei dem Versuch beherrschende falsche Ansicht, es läge ein Brief der Mutter vor, von Einfluß auf die Psychographie der Frau Schnelle gewesen sein möge. Infolgedessen sandte er einen Fragebogen, der sich auf die Mutter des „Dr. X." bezog, an diesen. Die Fragen waren den Angaben der Frau Sehn eile entnommen. Die Antworten des „Dr. X." sind von mir der S eh ne 11 e sehen Psychographie eingefügt und durch eckige Klammern und Kursivsatz als nachträgliche Bestätigungen bezeichnet worden. Außerdem schickte „Dr. X " nunmehr eine kurze Charakteristik seiner Mutter. Diese Charakteristik hatte folgenden Wortlaut: „Meine Mutter ist mittelgroß und körperlich zart. Sie litt von früh an unter quälenden Kopfschmerzen und Depressionen. Soweit meine Erinnerung zurückreicht, wurde sie von ihrem Mann und ihren Bekannten als die Leidende und Nervenschwache behandelt. Schon die kindliche Kritik stellte fest, daß ihre Stellung als leidende Dulderin durch ihr eigenes Verhalten und das der Umgebung allzusehr betont und befestigt wurde. Zeitweise exzedierte sie geradezu in der Produktion von Angstvorstellungen, Sorge- und Depressionszuständen, so daß im Haus ein trübseliges, unfrohes und weinerliches Wesen herrschte. Sie ist auf ihre Zustände und Leiden konzentriert, in Fällen der Not verschwindet
Hellsehen durch telepathische Einfühlung.
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aber ihre Schwäche. Abhängig von Stimmungen und Launen, schroff und rigoros in Forderungen an andere. Verschlossen, schließt sich schwer an. Nimmt leicht die Haltung der unverstandenen Frau an. Sie gibt viel auf äußere Formen, gemessenes Wesen, gewisse Starrheit der Haltung." Ich lasse jetzt den stenographischen Bericht über die Aussagen der Frau Schnelle folgen: „Sitzung vom 21. März 1922. Brief von „Dr. X." (Stützt den Kopf in die linke Hand und sieht traurig vor sich hin). Wieder das Müde. Es ist grad so, wie wenn ich hypnotisiert wäre. Ich bin nicht frei. [Man fühlt sich in ihrer Gesellschaft unfrei] Wie wenn mein Gedanke gehemmt wäre. (Streicht über den rechten Oberarm, langt an den Hals, legt den Finger auf den Mund und sieht starr vor sich hin. Stirn in senkrechten Falten.) Aber etwas muß die Person haben : eine starke suggestive Kraft. [Sie übt einen starken lähmenden Einfluß auf ihre Umgebung • aus.] Ich komme aus etwas nicht heraus. Und dann kommt das Wort „sammeln". (Hält die linke Hand vor die Stirn, streicht über die Nasenwurzel. Starrt mit geschlossenen Augen vor sich hin, faßt an die Brust, seufzt.) Dasjenige ist stark nervös. Das kommt von den Geschlechtsorganen her (faßt an den Leib und an die Brust, an die Stirn. Seufzt tief und sinkt zusammen. Ungeduldige Bewegungen). Es ist zu eng. Als ob dasjenige Platz brauchte. Gedrückt, gedrückt, wissen Sie, gedrückt, ja (Stirn in senkrechten Falten). Zu viel im Kopf. Sorgen.-
[Eine stereotype Wendung von ihr. „Kinder, ich habe so viel im Kopf" und: „ich mache mir Sorgen".] Alles Mögliche, kein richtiger Ausweg. Durcheinander. Es geht alles in Abschnitten, es geht net so weiter, wie Bretterwände davor. (Schleudernde Handbewegung.) Dasjenige will sich frei machen, von Umständen, von Verhältnissen (immer die senkrechten Stirnfalten, faßt wieder mit den Fingerspitzen an die Nasenwurzel. Seufzt). Die Gedanken der Person 4ind oft negativ, klein; sind die, Umstände schuld, bedrückend. Wie eine Blume, die nicht den richtigen Boden hat.
[Das Urteil aller Verwandten ist: in anderer Umgebung aufgewachsen (sie ist sehr streng erzogen), wäre sie eine ganz andere Frau geworden. „Unentfaltet".] Es ist ein gewisser Eigensinn in der Person darin. Dasjenige muß etwas überbrücken. Hat sich schon oft verrannt, ist oft angehutzt. Hängt die erste Person mit dieser zusammen ? Ein Gefühl spielt her zu dieser Person. Bei dieser Person kommen oft Sachen wie der Blitz. — Dasjenige wird gut beeinflußt von einer Person, die gestorben ist. [Ein verstorbener Vetter verstand sie besonders gut zu nehmen und wohltätig zu beeinflussen] Für die Person betet jemand. Es ist etwas da, ich will es nicht teuflisch nennen. Ist es (der Briefschreiber) ein Mann? Baeumle 1. 1 ): Nein. — Ist sie klein? B.: Mittel. Was wegreißen von den Augen. Mit dem Leib wissen Sie nichts? B.: Ja, ich glaube. — (Starrt wieder vor sich hin). Weiß dasjenige was vom Okkultismus? Und doch ist eine geheime Kraft da, was besonderes. Eine Macht, ein Konzentrieren, ein Handeln. [Ist großer Willensanspan') Die Antworten von Dr. Baeumler sind aufs Geratewohl gegeben.
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M. Dessoir. Hellsehen durch telepathische Einfühlung?
nung fähig.] Wohl auch bewußt. Quält sich oft selbst. Ist die Person ledig? B. Nein. — Sonderbar. Hat sie ihren Mann noch? Mit der Frau ist es eigenartig. Das Geschlechtliche ist nicht richtig. Äußerlich sieht man es ihr aber gar nicht an. Ist der Mann der Frau ein bißchen ruhig, gemächlich? B.: Ja. — Was bei ihr nicht richtig ist, kommt von der Vaterseite her. Belastet. Die Unterleibsorgane sind beschwert. (Stützt den Kopf auf.) Ich glaub, da muß ich still sein. Hat in der Familie von dem Herrn einer einen Bart? B.: Ja. — Ist der verheiratet? B.: Ja. — Hat seine Frau mehr ein rundes als ein ovales Gesicht? B.: Ja. — Haben die ein Bild in ovalem Rahmen? Mit einem Mann und einer Frau, die haben auch mit der Person was zu tun. Die mit dem runden Gesicht ist doch älter? B.: Ja. — Dann nochmal sehe ich großen breitschultrigen Mann, kräftig. Auswärts. Hund. [Der erwähnte Vetter war groß und breitschultrig; er trug ein Jahr lang einen Vollbart. Seine Frau hat ein entschieden rundliches Gesicht.] Die Person (der Briefschreiber) ist unzufrieden, unbefriedigt, aber der Hund gehört doch zu ihr? B.: Das weiß ich nicht. — Nicht groß. Können Sie sagen, ob ein Hund eine Rolle gespielt hat? Oder ob diese Dame an einem Hund sehr gekangen hat? Es kommt : Geh, Lieber! Aber „Lieber" groß geschrieben. Es geht immer in der alten Leier weiter. („Es ist halt immer das alte." Sie gefällt sich in Trostlosigkeit] Dasjenige denkt was und das geht immer im Kreis herum. Kann sich nicht herausreißen." Ein zweiter Fragebogen, den Dr. Baeumler an „Dr. X." schickte, sei zugleich mit den Antworten des „Dr. X." zum Schluß wiedergegeben: Sitzt ihre Mutter oft da und sieht starr vor sich hin? -- Ja. Sehr charakteristisch. Ist sie in ungewöhnlichem Maße eine gehemmte Natur? — Ja. Und dies ist wesentlich. Hat sie die Gewohnheit, sich körperlich zu betasten (Stirn und Leib)? — Sie hat eine typische Bewegung: bei starken Kopfschmerzen (häufig) pflegt sie leise mit der Hand über die Stirnrunzeln und Schläfen zu streichen. Stark nervös? — Ja, und zwar in der bekannten schreckhaften Form. Liegt die Ursache dafür in den Geschlechtsorganen? — Nicht in i t Bestimmtheit anzugeben. Hat sie gedrücktes Wesen? — Ja. Von ärztlicher Seite wurde sie wiederholt als der Typus der „konstitutionell Verstimmten" bezeichnet. Drücken die Verhältnisse besonders auf sie? Ja. Vgl. die Bemerkungen (in die Psychographie der Frau Schnelle eingefügt). Faßt sie plötzliche Entschlüsse? — Nein. Sie hat wenig Spontaneität. Ist die Person sehr unruhig, beweglich? Nein, im Gegenteil: steif und gemessen. Ist sie von Vaterseite her belastet zu nennen? — IhreVater war in seinen letzten Jahren ein Geizhals. Sonderling mit hypochondrischen
E. Bohn. Zur Geschichte der Apporte.
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Zügen. Sie sagt oft, daß sie ihre quälenden Eigenschaften von ihrem Vater habe. Hat ein Hund eine besondere Rolle in ihrem Leben gespielt? — Sie spricht heute noch mit Rührung von einem Dackel, den wir hatten. „Ja, wenn unser Jacques noch lebte." Ist die Äußerung: „Geh, Lieber" für die Person bezeichnend? — So viel mir bekannt ist, nein. Ist die senkrechte Stirnfalte für Ihre Mutter besonders charakteristisch? — Ja, stark ausgeprägt. Sie zieht diese Falte besonders bei den häufigen „ Kopfschmerzen " . Nach diesen Zeugnissen kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Aussagen der Frau Schnelle in unserem Fall auf die eigentliche Schreiberin des Briefes, der ihr in die Hand gegeben wurde, nicht zutreffen, daß sie dagegen in einem ziemlich weiten Umfang mit der Charakterbeschaffenheit derjenigen Person übereinstimmen, die Dr. Baeum1 e r bei seiner Sitzung mit Frau Schnelle als Urheberin des Briefes im Bewußtsein hatte '). Da nun aber manches, was Dr. Baeumler tatsächlich nicht wissen konnte, in der Schilderung der Frau Schnelle auftaucht oder aufzutauchen scheint, so hätten wir nach der üblichen Weise der Erklärung mit einem ungemein verwickelten Vorgang zu rechnen. Es müßte aus dem Bewußtsein des anwesenden Experimentators die Vorstellung der Mutter des „Dr. X." telepathisch in das Bewußtsein der Frau Schnelle übergegangen sein, und es müßte nun von diesem Ausgangspunkte aus eiltweder eine neue telepathische Verbindung zu „Dr. X." oder zu seiner Mutter hin sich gebildet haben. Diese sehr weitgehende Vermutung läßt sich vielleicht durch einfachere Hypothesen ersetzen; aber nur, wenn eine sehr viel breitere Experimentalunterlage gewonnen ist, als sie in dem, Fall Schnelle vorliegt. Ich werde über diesen Punkt in meinem Buche genauer zu sprechen haben und möchte mich daher vorläufig darauf beschränken, den immerhin bemerkenswerten Einzelfall an dieser Stelle mitzuteilen.
Zur Geschichte der Apporte. 'Von Dr. Erich Bohn, Breslau. Eine Wellenbewegung hebt die okkulten Erscheinungen in der Geschichte bald sichtbar empor, bald sinken sie wieder zusammen, um mit der nächsten Welle wieder zu erschein'en. Die deutsche Forschung hat im Gegensatz zur französischen Wissenschaft die geschichtliche Einstellung vernachlässigt. Kiesewetters Verdienst war es, den Zusammenhang des amerikanischen Okkultismus mit der Vergangenheit aufzudecken und dort ') Es darf allerdings nicht übersehen werden, daß die Beschreibung der Schwiegermutter lediglich seelische Eigenschaften betrifft, während diejenige der Mutter auch das körperliche Befinden einbezieht.
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E. Bohn.
Entwicklung nachzuweisen, wo angeblich eine Offenbarung vom Himmel stürzte. Ludwig und Tischner (1924) haben sein Werk fortgesetzt. Die Apporte sind eine der merkwürdigsten und verdächtigsten okkulten Erscheinungen. Aksakow erwähnt ihr erstes Auftreten im Jahre 1861 durch das Medium Kate Fox (Aksakow, Animismus und Spiritismus, 4. Aufl., I, S. 128). Er war einseitig auf den anglo-amerikanischen Okkultismus eingestellt, und merkwürdigerweise hat man bisher nie nachgeforscht, ob ältere Quellen über Apporte vorliegen. Ich möchte deswegen auf einige geschichtliche Fälle hinweisen. Die Idee des Apportes ist völker-psychologisch leicht zu erklären. Mit dem Glauben an übersinnliche Kräfte verbindet sich auch der Wunsch, sie sich dienstbar zu machen. Uraltes Volksgut sind der Schatzgräber, das „Tischchen deck dich" und Zauberformeln, mit denen dienstwillige Geister alle Wünsche erfüllen. Als man versucht, mit der Kraft der Seele dem Übersinnlichen zu gebieten, als Mystik zur Magie wird, will man auch sinnlichen Erfolg sehen. Im 16. Jahrhundert hat ein Engländer John Dee (1527 1608) das ganze große Gebiet des Okkultismus gekannt, das später unter amerikanischer Führung wieder entdeckt wurde. D e e hat richtige Sitzungen abgehalten, und ein Teil der Protokolle wurde später von Casaubonus veröffentlicht (M e ri cus Casaub onus: A True and Faithful Relation of Dr. John nee. London 1659, Folio 3 Teile. — Charlotte Fell: Smith Jon Dee. London 1909, 342 Seiten. — Carl Kiesewetter: John Dee, Leipzig 1893, 79 Seiten). Das Buch gehört unter die seltensten Bücher der Welt, weil es gleich nach dein Druck verbrannt wurde. Mir sind drei Exemplare bekannt, eins in meinem Besitz, das andere im Besitz der Breslauer Stadtbibliothek, das dritte im Besitze eines Berliners Sammlers. Es existieren in England aber noch mehrere Exemplare. Es ist fabelhaft, was man bei Dee alles findet. Vom Tischrücken bis zur Materialisation entfaltet sich das ganze Theater des Okkultismus. In Hunderten von Protokollen — im 16. Jahrhundert! — spricht das ganze Zeitalter, der Königliche Hof, England, ganz Europa, — es ist das größte magische Werk aller Zeiten. Die Sprachschöpfungen von Helene S m ith finden wir schon bei Dee. D e e berichtet auch einen Apport. In der Aktion vom 21. November 1582 erschien ein Engel in der Gestalt eines vierjährigen Knaben und brachte Dee einen Kristall, in dem Dee viele Visionen hatte. Dees Apport fand bei einer Tischrücksitzung statt, die er regelmäßig mit seinem Medium Kelley veranstaltete. — Durch den Mesmerismus fand man einen neuen Hebel, um die okkulten Erscheinungen zu erschließen. Wäre der amerikanische Okkultismus nicht in Europa eingebrochen, so hätte er sich aus den Experimenten des tierischen Magnetismus notwendig entwickelt. Der Augenblick, in dem amerikanischer Okkultismus und europäischer Mesmerismus sich berühren — Ende einer Strömung und Beginn einer neuen — zeigt, wie die alte Entwicklung in ihrer letzten Komponente bereits Geburt einer neuen Zeit ist. In einem Werke, das der Arzt Billot im Jahre 1839 herausgab, und das er „Psychologische Untersuchungen oder Briefwechsel über den Lebens-
Zur Geschichte der Apporte.
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magnetismus" nannte, berichtet er Band II, S. 1 ff. (B illo t, Recherches Psychologiques ou Correspondance sur le Magnetisme Vital. Paris 1839, 2 Bände) in einem Briefe an den damals 80 jährigen Magnetiseur Deleuze über merkwürdige Sitzungen, die im Jahre 1819 stattfanden. Er nimmt Gott zum Zeugen der Wahrheit seiner Beobachtungen. Sein Bericht lautet: Eine Dame, die seit einiger Zeit fast völlig erblindet war, bat unsere Somnambulen um Hilfe, um den Fortschritt der Blindheit aufzuhalten. Eines Tages, am 27. Oktober 1820, sagte ihr eine Somnambule : „Ein junges Mädchen zeigt mir eine Pflanze in voller Blüte, ich kenne sie nicht, man sagt mir auch den Namen ;licht, indessen sie ist für Frau J. notwendig." „Wo soll ich sie finden," sage ich, „denn wir haben keine blühenden Pflanzen auf dem Felde in der kalten Jahreszeit. Müssen wir sie weit von hier suchen?" „Beunruhigt euch nicht," sagte die Somnambule, man wird sie euch verschaffen, wenn es notwendig ist." Während wir uns unterhalten, an welchem Ort das junge Mädchen uns die Pflanze zeigen würde, ruft die blinde Dame, die vor der Somnambulen sitzt: „Mein Gott, auf meiner Schürze liegt eine Pflanze mit Blüten, die man eben hergelegt hat, seht doch, ist das die Pflanze, die man uns angekündigt hat?" „Ja, gnädige Frau, das ist sie," antwortete die Somnambule. „Wir wollen Gott für seine Güte loben und segnen." — Bill ot stellte fest, daß es eine Art Tymian ist. Er hielt 1819 eine weitere Sitzung ab, an der drei Somnambule teilnahmen. Mitten in der Sitzung rief eine der Somnambulen : „Seht, eine Taube kommt, weiß wie Schnee, sie fliegt im Zimmer, im Schnabel hält sie ein Papier", und nach einigen Minuten Schweigen fährt sie fort: „Seht das Papier, das hier eben zu den Füßen der blinden Dame gefallen ist." — Man hebt ein parfümiertes Papier auf, öffnet es und findet darin kleine Knochenstückchen, die in Papier eingewickelt sind. Auf dem einen liest man hl.'Maximus, auf dem andern hl. Sabine. Die Somnambule sagt : „Das ist für mich und für euch. Für mich um die Reliquien zu hüten, für euch um euren Glauben wach zu halten, daß diese Gegenstände von der Taube gebracht worden sind." B i 11 o t erzählt, daß er mit einem Ärzte über diese Nachricht gesprochen habe, und dieser ihm geantwortet hätte, daß ähnliche Fälle ihm aus seinen eigenen Erfahrungen bekannt seien. C ah agn et in seiner magnetischen Magie (erste Ausgabe 1854) hat sich mit Apporten in der vierten Unterhaltung (S. 127 ff., 2. Ausgabe) beschäftigt. Für Billot und C ah a gn e t sind schon Apporte heilig wie ein Evangelium. Grasset hat in seinem ausgezeichneten Buch : L'occultisme hier et aujourd'hui, 2. Aufl., Montpellier 1908, sich auch mit Apporten beschäftigt. Er streift zunächst Anna Rothe und Heinrich M elz e r und kommt zu demselben Ergebnis wie ich. Meine Sitzungen mit M elz er habe ich nie veröffentlicht. Melzer war ein schwach begabtes Medium, bei dem sich Anfänge okkultistischer Sprachbildungen (Sanskrit), Sprachund Schreibmediumschaft und Apporte zeigten. Es waren kindliche Streif',
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züge einer Psyche ins Land des Unterbewußten. Grasset bringt uns einen Bericht von Jan et 1 ), der für die Anhänger des Glaubens an Apporte lehrreich ist: „Vor zwei Jahren brachte man zu Professor Raymond ein junges Mädchen, 26 Jahre alt, das angeblich von unangenehmen Halluzinationen gequält war. Die Kranke wurde von ihrer Mutter und ihrer Tante begleitet, die beide dem Kleinbürgertum, auf verhältnismäßig kultivierter Stufe, angehörten. Der verstorbene Vater des Mädchens war Offizier gewesen, die Kranke war gut gekleidet, drückte sich gewandt aus, und ihre Erscheinung und Bildung überstiegen das übliche Maß. Das Mädchen konsultierte mich wegen Halluzinationen. Nachdem ich den gegenwärtigen Zustand der Kranken festgestellt hatte, drang ich in die Verwandten, mir zu erzählen, wodurch die merkwürdigen Halluzinationen wachgerufen wurden. „Das junge Mädchen", sagte ich, „muß einmal früher Anfälle gehabt haben, z. B. Nervenanfälle". Die beiden Damen protestierten entrüstet, daß die Kranke jemals etwas ähnliches gehabt habe. Ich fragte, ob sie nicht früher Gesichts-Halluzinationen gehabt hätte. Irr diesem Augenblick wurden die beiden Damen verwirrt. Die Tante sagte ja, die Mutter nein. Nach einem Streit erwiderte die Mutter, „aber das ist eine ganz andere Geschichte, das geht den Arzt nichts an." Das reizte meine Neugier und ich fragte nun die beiden Damen und die Kranke getrennt und konnte mir eine ziemlich genaue Geschichte zusammenstellen. Das junge Mädchen war die Tochter eines Absinthtrinkers. Sie hatte Halluzinationen gehabt, die ersten schon in der Kindheit. Mit 8 Jahren sah sie Engel in schönen weißen Gewändern, die ihr selbst bei Tag erschienen. Bei Eintritt der Pubertät zwischen 10 und 12 Jahren wurde sie viel von diesen Erscheinungen verfolgt, die immer religiösen Charakter hatten. Gehörs-Halluzinationen vermischten sich damit. Die Engel gaben ihr gute Ratschläge und lehrten sie den Katechismus. Sie vergnügte sich damit, einen der Engel mit dem Namen der hl. Philomena zu taufen, und die kleine Heilige, wie sie sie nannte, spielte nunmehr eine große Rolle in ihrem Leben. Zwischen 12 und 17 Jahren hören die Halluzinationen auf. Mit 17 Jahren bewegt eine unglückliche Liebe und der Tod des Vaters sie heftig, und die Halluzinationen beginnen wieder. Bis zum Alter von 26 Jahren haben sie nicht mehr aufgehört. Um diese Zeit wird auch die Mutter, die inzwischen Witwe geworden war, geistergläubig. Sie glaubt an die Halluzinationen ihrer Tochter und an das Dazwischentreten von Geistern und Engeln. Als ich mir einige Einwürfe erlaubte, wurden die beiden Damen unangenehm und beteuerten mir, sie hätten Beweise von der Wirklichkeit der hl. Philomena und der Engel. Das wären Gegenstände, die die Heilige vom Himmel gebracht hatte. Nun sah ich zu meinem Erstaunen, daß die Halluzinationen von Apportenerscheinungen begleitet waren. Das junge Mädchen brachte mir, um mich zu überzeugen, eine ') Vgl. auch: Pierre Janet, L'kat mental des Hysteriques, Paris 1911, S. 499 bis 505; ferner: P. S aintyv es , La simulation du Merveilleux, Paris 1912, S. 215.
Zur Geschichte der Apporte.
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Sammlung von solchen Wunderapporten. Ich habe einen ganzen Kasten voll. Es sind Vogelfedern, hauptsächlich von einem Daunenbett, das ihr als Deckbett diente, einige getrocknete Blumen, Kieselsteine, die bizarr bemalt sind und einige silberne Schmuckstückchen, wie ein kleiner Engel mit entfalteten Flügeln, wahrscheinlich von einer zerbrochenen Brosche. Die Kranke hatte, wie sie angab, eine Schublade voll von solchen Kostbarkeiten. Sie hütete sie sorgfältig als Geschenke der Heiligen. Mit großer Naivität stellte sich die Kranke zu meiner Verfügung, um festzustellen, wie die hl. Philomena diese Dinge brachte. Die Kranke selbst half mir ihren Irrtum aufzuklären und war selbst über die Erklärung erstaunt. Frl. M. erzählte mir, wie die Dinge sich entwickelten. Von Zeit zu Zeit fand sie irgendwo, aber meistens auf der Treppe, im Zimmer usw. Gegenstände, die nicht auf ihrem Platz standen. Das ist das Wesentliche. Gegenstände an einem außergewöhnlichen und bizarren Platz, beispielsweise glänzende Steine auf der Straße, Vogelfedern auf dem Eßtisch, oder ein paar Federn in Form eines Kruzifixes auf dem Tisch des Schlafzimmers. Sie wunderte sich über diese Gegenstände, oder richtiger, über den Platz dieser Gegenstände. Und ohne zu wissen warum, wurde sie von der Idee ergriffen, daß die Heilige sie gebracht hätte. Der Glaube ließ sie nicht los, und sie teilte ihn den andern mit. Allmählich wurden die Vorgänge bekannt und alles erstaunte, z. B. fielen, während die Familie bei Tisch saß, Federn von der Decke auf den Tisch. Allgemeine Überraschung und alle waren darüber einig, daß dies nicht mit richtigen Dingen zuginge, die Heilige hätte die Federn gebracht. Ich versuchte nun auf jede Weise die Erinnerung der Kranken zu beleben, zuerst während des Wachens, dann während des hypnotischen Schlafes. Es genügte, die Aufmerksamkeit auf die Augenblicke zu richten, die vor oder nach der Entdeckung der Gegenstände lagen. Die Kreike gewann mit Erstaunen die Erinnerung daran zurück, und ich konnte feststellen, daß die Apporte nicht mehr auf ein und dieselbe Weise stattfanden. Man muß drei Phänomene unterscheiden die immer etwas komplizierter werden. Der erste Fall ist der einfachste. Der Gegenstand befindet sich wirklich an seinem Platze. Also ein glänzender Stein auf der Straße. Er würde bei jedem einen Augenblick Aufmerksamkeit erregen. Aber er erstaunt die Kranke, weil sie schon durch die Objekte am falschen Platz voreingenommen ist. Es löst somit eine Emotion, dann eine Art Taumel aus; eine Art Senkung des Bewußtseins, in der sie in Halluzinationen sinkt. Die Heilige erscheint nun und erklärte einfach, sie hätte den Stein dorthin gelegt, um dem Mädchen ein Vergnügen zu machen. Die Idee des Apportes hat also die Kranke vorher eus ihrem spiritistischen Milieu heraus beschäftigt. Diese Idee erzeugt ein unterbewußtes Phänomen, das zu Gesichts- und Gehörs-Halluzinationen führt. Diese Umformung der Idee in eine Halluzination läßt im Geiste dieser suggestiblen Hysterika die Überzeugung entstehen. Diese Überzeugung wirkt ansteckend und nun staunt die ganze Gruppe über das Wunder.
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E. Bohn. Zur Geschichte der Apporte.
Das ist der einfachste Fall. Verwickelter wird er, wenn es sich um fremde Gegenstände im Zimmer der Kranken handelt. M. ist Somnambule, sie bewegt sich schlafwandelnd, sucht einen kleinen blauen Stein und verbirgt ihn in der Tasche. Sie legt selbst die Glasstückchen als Kreuz auf den Tisch usw. Wenn sie erwacht, ist sie erstaunt über das Wunder und ob nun Philomena in der Halluzination auftrat oder nicht — derselbe Glaube an sie festigt sich. In der dritten Gruppe endlich tritt der Somnambulismus am Tage ein. Die eingeschläferte Kranke ist selbst verwundert : „Aber es ist wahr, ich selbst habe ja diese kleine silberne Brosche gesucht, ich selbst habe sie in die Mitte des Zimmers getragen. Das ist stark. Ich nahm die Federn von dem Tisch und habe sie auf die Treppe gelegt." Ich (der Arzt), belebte ihre Erinnerung an eine merkwürdige Szene. Sie sieht sich vor dem Familienessen, wie sie auf einen Tisch steigt, dort noch ein Tischchen drauf stellt, um höher zu kommen und Federn mit Zuckerwasser anklebt. Darauf ist sie heruntergestiegen, hat alles in Ordnung gefunden, ist in ihr Zimmer gegangen, um sich anzuziehen, ohne eine Erinnerung an diesen schlechten Witz zu haben. AM die Federn infolge der Lampenwärme beim Essen herunterfallen, ist sie aufrichtig erstaunt. — „Aber," fragte sie jetzt, „wieso konnte ich dies alles tun?" Man frägt sich, warum sie versucht hat, so die Leute zu täuschen. Die Erklärung ist sehr einfach: Es genügt, die Szene durch Suggestion vor unsern Augen zu wiederholen. So hat sie den Stein in das Museum der Klinik gebracht, und hat mit großer Überzeugung die Überraschung vorbereitet. Während sie dies erklärt, sind ihre Züge würdig und lächelnd, sie wiederholt gute Ratschläge und Fragen aus dem Katechismus, mit einem Worte, sie hält sich für die heilige Philomene." — Apporte sind verdächtig und bedürfen zu ihrer Prüfung besonderer Vorkenntnisse und höchster Aufmerksamkeit. Um die Apporte zu verstehen, muß man die manuelle und die psychologische Technik des Taschenspielers kennen. Der Trick ist einfach, die psychologische Irreführung des Zuschauers ist das eigentliche Meisterstück. Man muß, wie der Fall von Jannet aufs neue zeigt, auch mit der psychischen Eigenart des Mediums vertraut sein. Dann zeigt gerade dieses anrüchige Phänomen seinen Reichtum an Problemen und Erkenntnissen.
E. Darmstaedter. Die Alchemie.
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Die Alchemie. Von Dr. Ernst Darmstaedter, München. Nach uralter Anschauung wachsen und reifen die Mineralien in der Erde. Die Metalle verändern sich dabei, werden reiner und vollkommener und werden schließlich zu Silber und Gold. Das Schaffen der Natur zu ergründen und nachzuahmen, war immer das Streben der Menschheit, und die künstliche Darstellung der Edelmetalle durch Veredelung der „unvollkommenen" Metalle, Blei, Zinn, Eisen und Kupfer 1 ) mußte als hohes Ziel gelten. Nicht nur die auri sacra faules war also dabei die Triebfeder, sondern in hohem Grade der Wunsch, tief verborgene Naturvorgänge aufzudecken. Wie diese selbst mit dem Schleier des Geheimnisvollen und Göttlichen verhüllt sind, so galt auch die Alchemie, die Wissenschaft der Metallumwandlung, deren Entstehung und Inhalt hier gezeigt werden soll, als geheimnisvolle, große, heilige Kunst, die nur wenigen zugänglich war. Wie bei allen menschlichen Dingen finden sich natürlich auch hier verschiedene Auffassungen, Absichten und Ziele, von mehr oder weniger primitiven Fälscherkünsten bis zu Äußerungen tiefen philosophischen Denkens und religiös-mystischer Schwärmerei. Die Grundidee der -wissenschaftlichen Alchemie war die Auffassung, daß die Metalle keine einheitlichen, sondern zusammengesetzte Körper seien, und es war deshalb durchaus logisch, ihre Veränderung und Umwandlung, z. B. durch künstliche Umstellung ihrer — angenommenen — Bestandteile, für möglich zu halten, praktisch zu versuchen und damit die Metallveredlung — die künstliche Herstellung des Silbers und Goldes — erreichen zu wollen. Die Wiss'enschaft von heute steht solchen Gedanken — wenn auch auf anderer Grundlage — näher, wie die vor einigen Jahrzehnten, welche das „Element" als etwas in jedem Sinne durchaus Feststehendes, Unangreifbares ansah und deshalb die „Umwandlung der Elemente", also auch die der Metalle, für etwas ganz Unmögliches hielt. Ein Verdienst hat man der Alchemie auch in der neueren Zeit wohl immer zugebilligt: Entdeckungen und Erfindungen chemischer und chemisch-technischei Art, die aus alchemistischen Versuchen mehr oder weniger zufällig hervorgingen, mit Metallumwandlung u. dgl. nichts zu tun hatten, aber für die Entwicklung der Wissenschaft und Technik bedeutungsvoll waren. So etwa die Erfindung, oder besser, Neuerfindung des Porzellans durch B ö tt ge r. Wenn man in solchem Sinne die Alchemie als Vorläuferin der modernen Chemie bezeichnet, so muß man doch berücksichtigen, daß schon lange v o r der Alchemie und später neb en ihr, eine Chemie empirischer Art bestand, bei der Metallumwandlungs-Gedanken keine, oder keine ') Das Quecksilber w urde von den Alchemisten meist nicht zu den eigentlichen Metallen, sondern zu den „Spiritus", den flüchtigen Stoffen gerechnet — wegen seiner Sublimierbarkeit.
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ausschlaggebende Rolle spielten, eine Erfahrungswissenschaft mit pharmazeutischen, sowie metallurgischen und sonstigen, z. B. färbetechnischen Zielen. Andererseits muß zugegeben werden, daß der mystische Zug, den die Alchemie oft zeigt, schon sehr frühe, vor ihrem Auftreten, vorkommt, etwa bei der Bereitung von Heilmitteln, bei der Verwendung von Pflanzen und Mineralien, überhaupt bei Hantierungen und Gebräuchen, die — nicht zum geringsten Teile — auch magische Handlungen, Abwehrzauber gegen Dämonen u. dgl. waren 1). Solche Dinge spielen z. B. in den Brahmanatexten, frühen indischen Schriften über das Opferritual, die vielleicht um 1000 vor Christus entstanden sein mögen, eine Rolle 2). In den Vers- und Spruchsammlungen des Atharvaveda werden z. B. Tieren, Pflanzen und Mineralien magische Eigenschaften zugeteilt, und es ist bemerkenswert, daß z. B. in einem Spruche des Yajurveda, wo Gold, Erz, Eisen, Kupfer, Blei und Zinn genannt werden, das Gold besonders gepriesen wird. Es gilt dort als glückbringend und als Träger des 'Lebens und der Gesundheit — ein sehr frühes Vorkommen der Anschauungen über die Kräfte der Metalle, und des Goldes im Besonderen 3). Die Verbindung religiös-mystischer Ideen mit Dingen und Hantierungen des täglichen Lebens, z. B. Gewinnung und Verarbeitung von Erzen, Mineralien, Metallen, Herstellung von Heilmitteln u. dgl., läßt sich aus den Lebensbedingungen und Gefühlen des einfachen, in der Natur lebenden Menschen heraus wohl verstehen. Für ihn ist alles, was er sieht und erlebt, ein Teil der Natur, der Gottheit, ein Etwas, das auf ihn, den Menschen in gutem oder bösem Sinne einwirkt und besondere Handlungen nötig macht, wie Anruf, Beschwörung, Zauber, Magie, Opfer und Ritual aller Art. So ersieht man aus den Resten von babylonisch-assyrischen Aufzeichnungen chemisch-technischen Inhaltes, daß man bei dem Bau von Öfen für Herstellung lasursteinartiger und anderer Glasflüsse, glasierter Ziegel u. dgl., gewisse Gottheiten — nach der Übersetzung Professor Zimmern s die „Embryo-Götter" — anrufen sollte, wahrscheinlich deshalb, weil die Produkte, die man dabei gewann, wie der erwähnte Lasurstein (Lapis Lazuli) in Babylonien-Assyrien hochangesehen waren und in der Götterlehre und im Kultus erstaunliche Geltung hatten 4). Vielleicht war der blaue Lasurstein das Symbol, das irdische Gegenstück des blauen Himmels und verdankte diesem Umstande seine Sonderstellung und Ver1) Vgl. die Arbeit des Verfassers über das "A.urum Potabile", Chemiker-Zeitung 1924, Nr. 112 und 115. 2) Vgl. H. 0 1 d enb er g: Die Religion des Veda, Stuttgart 1917. Derselbe: Vorwissenschaftliche Wissenschaft usw., Göttingen 1919. Calan d: Altindisches Zauberritual. 3) Vgl. die Literaturangaben in genanntem Aufsatze. Auch Levy-Bruhl: Les Fonctions mentales des Socia6s inf6rieures. 4) Vgl. Br. M eisner: Babylonien und Assyrien. Besonders Bd. H. Heidelberg 1925.
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ehrung, ähnlich wie das Gold schon in sehr früher Zeit der Sonne, das Silber dem Mond und die übrigen Metalle den Planeten entsprachen 1). Die Bedeutung der Makrokosmus-Mikrokosmus-Idee in Babylonien ist bekannt. Teile dieser babylonisch - assyrischen Aufzeichnungen, z. B. das erwähnte Anrufen bestimmter Gottheiten, haben eine gewisse Ähnlichkeit mit Stellen bei spätgriechischen Alchemisten. Ob man sich in Babylonien mit der Metallumwandlung theoretisch oder praktisch befaßt hat, ist aber mindestens sehr zweifelhaft. Vielleicht hat man MetallLegierungen u. dgl. dargestellt, die man aber von echtem Gold und Silber ohne Zweifel unterscheiden konnte. R. Eisler deutet die babylonischen Fragmente ganz ausgesprochen in dem Sinne, daß sie zum Teile alchemistische Angaben darstellen und spricht sogar von dem „Babylonischen Ursprung der Alchemie" '), m. E. zu voreilig. Es ist zur Zeit kaum möglich, scharf zu bestimmen, wann wirkliche alchemistische Ideen zum ersten Male aufgetreten sind, d. h. Gedanken über die tatsächliche Um w an dlun g der Metalle. Der Stockholmer und der Leidener Papyrus, zwei Urkunden, die mit anderen zusammen 1828 bei Theben in Ägypten gefunden wurden und etwa aus dem dritten Jahrhundert nach Christus stammen, enthalten Rezepte für Herstellung von Metall-Legierungen und -Färbungen, sowie von „künstlichen" Edelsteinen, aber weniger eigentlich Alchemistisches. Hier handelt es sich im allgemeinen uni Ersatzstoffe und um Fälschungen, die von einigermaßen Einsichtigen wohl auch als solche anerkannt worden sind, wenn auch Überschriften, wie etwa „Herstellung von Silber" viel versprachen. Manche alte Methoden der Färberei wandte man, mehr oder weniger verändert, auch beim Färben von Halbedelsteinen und dgl. an und benutzte auch hei der oberflächlichen chemischen Bearbeitung von Metallen wahrscheinlich Salze, die von der Färberei her bekannt waren. Übrigens findet sich z. B. im Stockholmer Papyrus eine ganze Reihe von Rezepten, auch für Purpurfärberei und sonstige rein praktische Angaben. Anschauungen, die man als alchemistisch bezeichnen kann, weil bei ihnen die Idee der Metallumwandlung zum Ausdruck kommt und weil der theoretische, philosophische und mystische Einschlag un verkennbar ist, finden sich bei den griechisch-alexandrinischen Alchemisten, deren Schriften, wenn auch in späteren Überarbeitungen, zum Teile erhalten sind, z. B. in einer Handschrift der S. Markus-Bibliothek zu Venedig. Ich nenne nur die Schriften des (Pseudo-). Demokritos, des Zosimos aus Panopolis, der etwa um 300 nach Chr. lebte, des Pelagios und des Heliodoros vom 3.-5. Jahrhundert. ') Über Planeten und Metalle, sowie entsprechende Farben, vgl. v. Lippmann, Alchemie S. 211 ff. 2) Chemiker-Zeitung 1925, Nr. 83 und 86. Diese Fragen werden demnächst von Prof. Zimmern, Leipzig und dem Verfasser dieses Aufsatzes i. d. Zeitschr. f. Assyrologie behandelt.
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Auch die Vertreter dieser Richtung sind wohl ursprünglich von Metall-Legierungen und -Färbungen u. dgl. ausgegangen, aber nicht hierbei stehen geblieben. Sie suchten zunächst vielleicht Erklärungen für beobachtete Erscheinungen, z. B. bei Metallfärbungen, bei der Herstellung von Legierungen u. dgl., wobei sie wohl auch Gelegenheit fanden, über theoretische Fragen nachzudenken und Zusammenhänge zu suchen. Andrerseits haben sicher rein philosophische Studien zu praktischen Versuchen angeregt, und es ist klar, daß die Berührungspunkte, z. B. zwischen griechischer Philosophie und laboratoriumsmäßiger Betätigung, in erster Linie auf dem Gebiete der Anschauungen über die Materie lagen, über die Grundstoffe und deren Umwandlungen. Schon die jonischen Philosophen um etwa 600 vor Chr. sahen das einheitliche Prinzip aller Dinge in der Physis, dem Urstoffe — wie Thales von Milet, oder in einem Prinzip-Arche — wie Anaximander. Aus dieser Urmaterie gehen die vier Elemente hervor und aus ihnen die einzelnen Stoffe, die auch wieder in sie zerfallen können. Als Urstoff galt bisweilen das Wasser, oder das Feuer, z. B. bei Heraklit. Von den Anschauungen der Pythagoräer mögen nur kurz ihre geometrischen Vorstellungen, z. B. Tetraeder = Feuer, Oktaeder = Luft, erwähnt werden. Großen Einfluß auf spätere Anschauungen, auch in der Medizin, hatten die Gedanken des Empedokles über die Entstehung der einzelnen Stoffe durch Vermischung und Entmischung der kleinsten Teilchen der Grundstoffe. Von hervorragender Bedeutung sind auch in diesem Zusammenhänge die Lehren Platons. Die vier Elemente sind bei ihm Modifikationen eines gemeinsamen, unsichtbaren Urwesens, der Mutter alles Gewordenen. Die Elemente gehen ineinander über und zwar unmittelbar, oder auf dein Wege über die Ursubstanz. Die Ideen Platons, der sich auch, z. B. im Timäus, über die Enstehung der verschiedenen Stoffe aus den Elementen ausspricht, sind ohne Zweifel für die Entstehung alchemistischer Lehren von größter Bede atung gewesen 1), ebenso viele Gedanken des Aristoteles. Auch er kennt eine Ursubstanz, Prote Hyle, Materia prima, aus der sich die vier Elemente bilden. Aus diesen entstehen die verschiedenen Stoffe, Mineralien und Metalle, z. B. durch Einwirkung von Wärme und Kälte, durch Verdichtung. Die Stoffverwandlung ist bei Aristoteles angedeutet und man kann erkennen, wie die alchemistische Lehre der Metallumwandlung daraus entstehen konnte. Andere philosophische Richtungen, wie die der Stoiker, sind in diesem Zusammenhange ebenfalls wichtig. Durch die Vereinigung philosophischer Anschauungen mit magischen, mystischen Ideen, griechischer, orientalischer und ägyptischer Herkunft 1 ) Die Bedeutung der nicht unbekannten Stelle in Platons „Staat", 414--415: Das Märchen vom gold-, silber-, kupfer- und eisenhaltigen Menschen, wird, m. E. von Eisler a. a. 0. überschätzt. Es ist dort ganz deutlich von sozialen Schichtungen und Klassen, Berufsarten die Rede Immerhin konnte die Stelle schon in alter Zeit vielleicht in alchemistischem Sinne gedeutet werden, und man kann sich vielleicht auch vorstellen, daß Platons Erzählung uralte Metallumwandlungsideen zugrunde liegen, vielleicht unbewußt. Sicher ist dies aber nicht. Verwandtes hei .Z o s im o s.
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und durch ihre Verbindung mit den oben erwähnten, praktisch chemischen Erfahrungen und Kenntnissen, die sich auf die Gewinnung und Verarbeitung von Metallen, die Darstellung von Legierungen und Färbungen bezogen, konnten sich in den ersten Jahrhunderten nach Christus Ansichten und Lehren über Metallumwandlung und -veredelung entwickeln, die man als Alchemie bezeichnen kann 1). Man nimmt an, daß sie in Ägypten, in den Kreisen ägyptisch - hellenistischer Priester entstanden sind und, zuerst in den Tempeln und später in geheimen Zirkeln, bis zur Zeit der arabischen Eroberung, praktisch angewandt wurden. Aus dem alten Ägypten ist bisher nichts bekannt, was sich auf Alchemie, also auf Metallumwandlung , u. dgl. bezieht. Ob solche Ideen dort nie bestanden haben, oder ob wir nur noch keine Kenntnis von entsprechenden Urkunden haben, sei dahingestellt. Vielleicht bringen künftige Funde Aufklärung darüber. Die griechischen Alchemisten neigen dazu, ihr Wissen als uralt hinzustellen und auf das alte Ägypten zurückzuführen. Solche Ansichten finden sich z. B. in den Schriften des schon erwähnten Zosimo s, der etwa um 300 nach Christus lebte und in der übrigen griechisch-alexandrinischen Literatur, die zum Teil von M. B er thel ot herausgegeben wurde 2). Schon vorher hatte sich Herrmann Kopp, der ausgezeichnete Historiker der Chemie, mit den griechischen Alchemisten beschäftigt. Nach Z os in es beruht, wie erwähnt, die Alchemie, das heilige Werk der Metallumwandlung, auf uralten ägyptischen Kenntnissen und Künsten, die von den Priestern behütet und geheimgehalten wurden. Von den Jüngern der Metallumwandlungskunst wird Frömmigkeit und Reinheit, Fähigkeit zu seelischer Versenkung und Uneigennützigkeit verlangt. Die Metallumwandlung erfolgt nach Zosimos und anderen griechischen Alchemisten in der Weise, daß die Metalle z.B. durch die „Taricheia", das Behandeln mit Salzen, zunächst in „Das Schwarze", die Materia prima zurückgeführt werden, von der aus der Aufbau des neuen, edleren Metalles gelingt. Man erkennt hier deutlich die oben erwähnten Platonischen und Aristotelischen Ansichten über die Urmaterie. — Aus dem „Schwarzen" entsteht durch richtige „Färbung", Weiß- und Gelbfärbung, Silber und Gold. Die „Qualitäten" dieser Edelmetalle werden auf das „Schwarze" die Urmaterie übertragen, und der Träger dieser Qualitäten ist der „Stein der Philosophen" — der „Stein der Weisen". Es scheint sicher zu sein, daß die Priester, in der hellenistischen Zeit, in den Tempeln Manipulationen chemischer oder alchemistischer Art ausführten und sie als etwas Heiliges ansahen. Aber es ist noch keineswegs klar, was eigentlich dabei geschah. ') Als beste Erklärung für die Herkunft des Namens Chemie kann wohl die Ableitung von dem ägyptischen „chemie" = das Schwarze, gelten. Chemeis, Chemie wäre dann die Beschäftigung mit dem „Schwarzen", vielleicht dem oben erwähnten schwarzen Präparat, der Urmaterie. Das Wort Alchemie ist durch die Verwendung des arabischen Artikels al entstanden. Vgl. Hof f mann und Laden bur g., Handwörterbuch der Chemie, Bd. 2 und v. Lippmann „Alchemie". Collections des Anciens Alchimistes Grecs .. par M. Berthelot Paris 1888. 3 Bde. 2 Zeitschrift für Okkultismus I.
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Daß die Priester sich damit begnügt haben sollen, einige Legierungeu und Metallfärbungen herzustellen, wie dies als Ziel und Resultat de, griechischen Alchemie wohl meist angenommen wird, kann man siel doch kaum vorstellen. Welchen Zweck könnte dies gehabt haben und wat_ sollte mit diesen ziemlich wertlosen Produkten geschehen sein? Man hal auch kein Recht, die Produzenten und Konsumenten für so einfältig zu halten, daß sie Fälschungen von echten Edelmetallen nicht unter scheiden konnten. Man kann sich vorstellen, daß chemische und alchemistische Vorstellungen und Manipulationen mit religiösen Gedanken in Verbindung gebracht werden konnten, daß z. B. die „Zurückführung der Metalle in das Schwarze" — die Urmaterie, und die Entstehung der Edelmetalle daraus, mit Tod und Auferstehung verglichen wurden, zunächst im Zusammenhange mit dem Osiriskult und später in christlichem Sinne; man kann sich aber m. E. nicht vorstellen, daß die Herstellung einiger Legierungen und Färbungen klugen und gebildeten Menschen, wie den ägyptischen Priestern, als Symbol und heilige Handlung genügt haben soll. Hier ist noch vieles aufzuklären. Der erwähnte „Stein" wirkt ähnlich wie Hefe. Eine kleine Menge verwandelt große Mengen Metall in Silber und Gold. Auch Teilchen von Silber und Gold wirken als „Goldsamen" und bewirken die Bildung von neuem Edelmetall. Die Metallveredlung ist eine Art von Vereinigung von Männlichem und Weiblichem — dem Edelmetallsamen und dem zu veredelnden Metall. Es findet sich auch die Anschauung, daß hierbei ein Embryo entsteht, der eine gewisse Entwicklungszeit braucht, die Monate dauert, aber künstlich verringert werden kann. Das Produkt ist Silber und Gold. Es kommen bei solchen Vorstellungen, die hier nur angedeutet werden können, Gedanken zum Ausdrucke, die in Wort und Bild — in ähnlicher Weise sich im Mittelalter und später zeigen, und vielleicht auch in der Homunkulus-Idee (Goethe, Faust) nachklingen. Bei der Umwandlung und Veredelung wirken die Pneumata, die Geister, d. h. flüchtige Stoffe, auf die Somata, die Körpermetalle ein und vereinigen sich mit ihnen zu einem durchgeistigten Körper. Das ist, wie alle diese Dinge, eine Verbindung von ursprünglich rein philosophischen Vorstellungen (Pneumalehre der Stoiker), mit praktisch-chemischen bzw. alchemistischen Dingen. Die Pneumata-Spiritus sind flüchtige, sublimierende Stoffe, wie Arsenik, Schwefel und auch Quecksilber. Das Quecksilber hat durch seine merkwürdigen Eigenschaften, seinen flüssigen Zustand und seine Sublimierbarkeit, bei gleichzeitigem metallischem Charakter, immer das besondere Interesse der Alchemisten hervorgerufen. Sehr früh schon wurde es als Grundsubstanz aller Körper, besonders der Metalle, betrachtet; aber auch andere, flüchtige Substanzen wurden als Quecksilber, Merkur, bezeichnet. Schließlich war die Bezeichnung: Quecksilber, Merkur usw. zu einem Symbol geworden, unter dem man weniger das alltägliche, gewöhnliche Quecksilber verstand, als
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die hypothetische, wichtigste Ursubstanz der Metalle. Neben ihm galt schon bei den griechischen Alchemisten der Schwefel als Grundstoff, wobei kurz erwähnt werden kann, daß die Vorstellung von Quecksilber und Schwefel als Grundstoffe vielleicht aus der griechischen Elementenlehre in der Weise entstand, daß diese Substanzen als Typen der Elementenpaare Wasser — Erde bzw. Luft —Feuer, auftraten (v.L ippmann). Seit Paracelsus kam als weiterer Grundstoff noch das „Salz" dazu. So sagt er im Buch Paramirum: „Drey sind der Substanzen, die da einem jeglichen sein Corpus geben: Das ist . . . Sulphur, Mercurius, Sah." Wie das bei Par ac elsu s gemeint ist, sieht man an einem Beispiel von brennendem Holze: „Nun laßt brennen, so ist, das da brennt, der Sulphur, das da raucht, der Mercurius, das zu Aschen wird, Sal." Er überträgt dann diese Anschauung auf alle Körper, besonders die Metalle und vergleicht die drei Grundstoffe mit Geist, Seele und Leib, wobei Merkur der Geist, Sah das nicht Flüchtige, corpus, Leib ist, und Sulfur die Seele, die Körper und Geist vereinigen soll. Da zwischen den bekannten, alltäglichen Stoffen Quecksilber, Schwefel und Salz, und den gleichnamigen hypothetischen Grundstoffen nicht immer scharf unterschieden wird, entstehen oft Schwierigkeiten und Mißverständnisse. Der philosophische und mystische Gehalt der Alchemie, ihre Verbindung mit theologischen Gedanken, tritt sehr stark hervor. Mit überheblichem Lächeln lassen sich solche Dinge nicht erledigen. Ernstes Studium ist vielmehr nötig. Es handelt sich dabei um letzte Fragen, um die Ursachen, um die Entstehung, Art und Zusammensetzung der Dinge und der Welt. Die Lehre von den drei Grundstoffen wird deshalb auch von Jakob Boehme oft und vielseitig aufgegriffen und behandelt. Er sagt z. B.: „Siehe, es sind vornehmlich drei Dinge, daraus sind worden alle Dinge, Geist und Leben, Weben und Begreiflichkeit, als : Sulphur, Mercurius und Sal." Dies sicher im Anschlusse an Paracelsus. Die Vermengung religiöser und alchemistischer Gedanken, die bei Boehme und anderen auffällt, ist sehr alt und zeigt sich, wie erwähnt, schon im späten _24ypten, wo alchemistische Vorgänge und Manipulationen auf den Osiriskult zurückgingen oder mit ihm vermengt wurden. Im Mittelalter und später wurde bisweilen die Metallveredlung mit der Auferstehung verglichen, und die Dreizahl der Grundstoffe mit der heiligen Dreifaltigkeit. Auch die Urmaterie, aus der alle .entsteht, findet sich später, als wichtiger Begriff, als „Chaos" und Mysterium Magnum, z. B. bei Paracelsus und Boehme. Auch die erwähnten Anschauungen über den Samen des Goldes, und über die Vereinigung von Männlichem und Weiblichem bei der Metallveredlung u. dgl. finden sich immer wieder im Laufe der Jahrhunderte, auch in bildlichen Darstellungen.
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Nun noch einige Worte über die Metallumwandlung, das eigentliche Ziel der Alchemie und ihr wichtigstes Mittel hierzu, den „Stein der Philosophen". Dies ist, nach den Lehren der Alchemie eine Substanz, ein Präparat, das die Kraft hat, unedle Metalle in Silber und Gold umzuwandeln, zu veredeln, auch Tinktur, Elixier (arabisch Al Iksir vom Griechischen Xerion = Streupulver), auch „Medizin" usw. genannt wird. Wie der „Stein" ein „Heilmittel" für „unvollkommene" sozusagen kranke Metalle ist, so ist er auch ein Heilmittel, Kräftigungs- und Verjüngungsmittel für den Menschen. Es wurde schon gesagt, daß der „Stein" wie Hefe wirkt, d. h. daß eine kleine Menge davon eine große Menge Metall umwandeln kann. Dieser Vergleich, der schon in alter Zeit gemacht wurde, ist ganz klar und läßt an die modernen Kenntnisse von den Wirkungen der Fermente, und auch der anorganischen Katalysatoren (z. B. feinverteiltes Platin) denken. Nimmt man einmal an, die Metalle seien zusammengesetzte Körper, so könnte man sich vorstellen, daß, durch katalytische WirKung, Spaltung, Abbau, und andererseits Synthese möglich wäre. Der „Stein der Weisen" wäre dann ein Katalysator. Er konnte, nach den Berichten der Alchemisten in verschiedener Stärke dargestellt werden. Geber z. B. unterscheidet eine Medizin erster, zweiter und dritter Ordnung. Nur die letztere war die eigentliche in Gold umwandelnde Tinktur. Der höchste Grad der Medizin, ein Präparat, das jedes Metall in jedem Mengenverhältnis in Gold umwandeln sollte, wurde in späterer Zeit „Universal" genannt, ein geringerer Grad Partikular. Die 'Tinktur wurde auf das erhitzte oder geschmolzene Metall geworfen, meist in Wachs oder Papier gehüllt, um das Verbrennen oder Zerstäuben des Präparates, vor seiner Wirkung, zu vermeiden. über die Gewinnung, die „Projektion" des „Steins" gibt es, wie über das ganze Gebiet der Alchemie, eine ungeheure Literatur. Nur weniges davon galt bei den Kennern als brauchbar. Die Angaben werden an den entscheidenden Stellen immer unklar, denn der Adept, der Besitzer der Kunst, sprach und schrieb nur in versteckten Worten über das Geheimnis, dessen Preisgabe an Unbefugte nur Unglück bringen konnte. Wie schon erwähnt wurde, sind die Grundstoffe der Metalle, nach der älteren alchemistischen Auffassung, Quecksilber und Schwefel. Der eigentliche Metall- und Edelmetall-Charakter war durch den Grundstoff „Quecksilber" gegeben. Wenn es also gelingt, dieses eigentliche Prinzip des Silbers und Goldes zu isolieren und auf unedle Metalle, z. B. Blei, zu übertragen bzw. mit ihnen zu verbinden, so müssen sie selbst veredelt und in Silber und Gold umgewandelt werden. Dieser Stoff, der am besten aus dem Gold selbst gewonnen wird, in welchem er ja am reichlichsten enthalten sein muß, wird verschieden bezeichnet. Von Geber z. B. Merkur, Lapis, „Unser Stein", „Unser Quecksilber" usw. Auch der Ausdruck Az oth bedeutet meist nichts
Die Alchemie.
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anderes. Er ist übrigens aus dem arabischen Worte Zawuk (mit dem Artikel al) Quecksilber, entstanden. Nach G- eher werden die unedlen Metalle, z. B. Blei, Zinn, „präpariert", d. h. es werden gewisse Salze hergestellt. Andererseits wird das Gold „präpariert" und der erwähnte „Merkur" aus ihm gewonnen. Durch die Vereinigung dieser Präparate entsteht dann erst die „Medizin" — durch deren Wirkung die eigentliche Veredlung vor sich geht. Wenn man den „Merkur" aus dem Golde gewinnen, isolieren will, muß man das Gold in seine Bestandteile zerlegen. Die Alchemie behauptet das zu können, im Gegensatz zur modernen Chemie. Es geschieht z. B. durch die „Putrefactio" — die „Fäulnis" des Goldes. Soviel über die Anschauungen und den Sinn der Alchemie. Die hier angedeuteten Theorien sind im Verlaufe vieler Jahrhunderte im Prinzip etwa die gleichen geblieben, erscheinen aber in der älteren Literatur klarer und ursprünglicher, als etwa in der letzten Zeit der Alchemie, z. B. im 17. und 18. Jahrhundert, wo allzuviel mißverstanden und verwirrt wurde. Auf die Geschichte dieser merkwürdigen Wissenschaft, die für viele bedeutende Männer etwas Sicheres, Feststehendes war, auf ihre Stellung bei den Arabern und ihre Ausbreitung in Europa, kann hier ebensowenig eingegangen werden, wie auf die praktischen Methoden der Alchemisten, und es muß auf die alte Literatur und auf die modernen Handbücher usw. verwiesen werden 1). Das Studium der alchemistischen Literatur, besonders der Älteren bietet schon durch die eigenartige Verbindung chemischer, naturphilosophischer und zum Teil mystischer, religiöser Gedanken — von Späteren seien die Rosenkreuzer erwähnt — außerordentlich viel Wichtiges. Das Gebiet der Alchemie ist nah rätselhaft genug und enthält' noch viele unklare Dinge, die den Forscher dazu führen müssen, sich nicht nur mit historischen Zusammenhängen, Schulen und Persönlichkeiten zu beschäftigen, sondern mehr als bisher das eigentliche Wesen und die Leistungen der Alchemie zu ergründen. 1 ) Ich nenne die Werke von H. Kopp, B er th el o t, E. v. Lippmann „Entstehung und Ausbreitung der Alchemie' 1919. Ders elb e: Abhandlungen und Vorträge, sowie „Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaften" usw. Berlin 1923. Die Schriften von J. kus k a uber arabische Alchemisten usw., Heidelberg 1924. E. Darmstädter, „Die Alchemie des Geber", Berlin 1923. Die Abhandlungen von E. Wiedemann, sowie eine interessante kunsthistorische Schrift, die auf Alchemie Bezug nimmt : Hart 1 au b, Giorgiones Geheimnis. München 1925.
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R. Tischner.
Zur Methodologie des Okkultismus. Von Dr. med. Rudolf Tischner, München. (Eingesandt am 28. Februar 1925.)
Wenn man die Erörterungen über die metapsychischen Phänomene, wie sie vor fünfzig Jahren üblich waren, mit denen vergleicht, die heute an der Tagesordnung sind, so sieht man einen recht geringen Fortschritt; trotz der seitdem geleisteten Arbeit sind die Einwände ungefähr dieselben wie damals und die beiden Parteien stehen sich recht verständnislos und auch ohne viel Aussicht auf Verständigung gegenüber. Auf der einen Seite stehen diejenigen, die von einer ganzen Anzahl Phänomene fest überzeugt sind und sowohl die Realität der p a rapsyc his c h en Phänomene, wie Telepathie und Hellsehen anerkennen, als auch die p ar aphy sis ch en, wie die Materialisation und die Telekinese. Wir finden, wenn wir von den Fachgelehrten dieses Spezialgebietes absehen, Philosophen wie Driesch, Österreich, Messer, Gutberlet, den Berliner Zoologen Zimmer, den Münchener Kriminalisten van Ca lk e r und zahlreiche andere angesehene Gelehrte für die Wirklichkeit der Phänomene, sei es auf Grund von eigenen Erlebnissen, sei es auf Grund des Literaturstudiums, eintreten. Von ausländischen Gelehrten nenne ich unter anderen den Nobelpreisträger 0. Lodge (Physiker), F 1 am marion (Astronom), .R i ehet (Physiologe), Morseil i (Psychiater), Willi am J am es (Philosoph), Bergs on sowie M a et e rl in c k. Auf der andern Seite steht die große Zahl derer, die in dem Ganzen nur ein Gewebe von Betrug, Irrtum, Täuschung und falscher Deutung sehen. Ihnen allen genügen die vorliegenden Berichte nicht, um die Phänomene anzuerkennen, sie zerpflücken die Arbeiten so lange, bis von dem Ganzen nur ein Haufen widerlegter Argumente übrig ist. Es steht also Behauptung gegen Behauptung. Auf der einen Seite diejenigen, die fest behaupten, es gibt diese Erscheinungen, auf der anderen Seite die Verneiner, die behaupten, daß kein Phänomen als bewiesen angesehen werden kann. Die Gegner werfen den Anhängern Kritiklosigkeit und Mangel an intellektuellen Fähigkeiten vor, was die Anhänger mehr oder weniger erwidern, zumal aber sind diese geneigt, dem Gegner den guten Glauben abzusprechen. Was den Mangel an Kritik angeht, so werden wir im Laufe dieser Arbeit sehen, wo der wirkliche Mangel an echter Kritik in unserem Falle steckt, und was die mangelnden intellektuellen Fähigkeiten angeht, so sind gewiß die Köpfe, die sich für die Realität der Erscheinungen ausgesprochen haben, wohl kaum denen unterlegen, die die Wirklichkeit b es treiten; wir finden darunter eine große Menge von Köpfen, die in der Wissenschaft sonst den besten Ruf haben. Was nun den Vorwurf angeht, dem Gegner fehle der gute Glaube, so meine ich, sollten die Anhänger mit dieser Meinung zurückhaltender sein. Gewiß gibt es Gelehrte, die sich aus irgendwelchen unsachlichen Gründen nicht entschließen können, "ja" zu den Erscheinungen zu sagen, sei es, daß eine gewisse
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Unentschlossenheit oder gar Feigheit sie daran hindert, zu den verpönten Dingen „ja" zu sagen, sei es, daß sie infolge weltanschaulicher Gründe sich nicht zur Anerkennung entschließen können, sei es, daß sie „Recht behalten" wollen ; aber man sei im allgemeinen mit dem Vorwurf des schlechten Willens vorsichtig. Ein Gelehrter, der die Metapsychik anerkennt, der Zoologe Professor Zimmer sagte einmal: „Keiner der zahlreichen, in der Literatur niedergelegten Berichte über Sitzungen mit Medien, konnte mir eine feste Überzeugung bringen, trotzdem ich durchaus nicht fanatisch ablehnend der Frage gegenüberstand. Erst das eigene Erleben brachte das zustande. So kann ich es auch niemandem übelnehmen, der ebenso denkt, wie ich gedacht habe, und kann die Skepsis begreifen" '). Wir werden später sehen, ob dieser Standpunkt Zimmers berechtigt ist, aber gewiß ist er psychologisch verständlich. Die Ansicht Zimmers ist jedenfalls für die Anhänger insofern beherzigenswert, daß sie nicht ohne weiteres jedem Gegner den guten Glauben absprechen sollten. Es ist genug in den letzten Jahrzehnten hin- und hergestritten worden, ohne wesentlichen Erfolg, man steht auf so verschiedenen Standpunkten, daß man sich kaum versteht, und ohne daß die beiderseitigen Behauptungen irgendwie miteinander vereinbar wären. Es liegt deshalb wohl die Vermutung nahe, daß in den Grundvoraussetzungen etwas nicht stimmt, so daß man aneinander vorbeiredet und man noch nicht einmal in den Grundfragen miteinander einig geworden ist. Fast immer hat man unter stillschweigender Voraussetzung gewisser Grundüberzeugungen um die einzelnen Tatsachen gestritten, ohne zum Ziel zu kommen. Vielleicht kommen wir weiter, wenn wir einmal nicht am Boden der Tatsachen hinkriechen, die nur die Aussicht beengen, und wenn wir nicht in kurzsichtiger Kritik der einzelnen Phänomene das tausendmal Gesagte wiederholen, sondern wenn wir uns im Fluge einmal über die kleinlichen Tatsachen und den oft noch kleinlicheren Tatsachenstreit erheben und von höherer — den meisten wohl zu luftig erscheinender — Warte versuchen, die Dinge von einer neuen Seite zu sehen, ohne daß man den Wahl vor Bäumen nicht sieht und im Gestrüpp der Tatsachen hängen bleibt. Damit sollen die Tatsachen nicht gering geschätzt werden, ich glaube aber, nachdem man sich eine Übersicht verschafft hat, wird es leichter zu sehen sein, wo das Ziel der Forschung und damit der Diskussion liegt. Vielleicht ist es zweckmäßig, in dieser Zeitschrift zuerst ganz kurz meinen Standpunkt zu kennzeichnen: Ich bin auf Grund eigener Erfahrung auf allen Hauptgebieten, wie Telepathie, Hellsehen, Fernfühlen, Telekinese und Teleplastik zu einer positiven Stellungnahme gelangt, ohne daß ich den Sachen kritiklos und gläubig gegenübergetreten bin. (Näheres siehe meine Schriften, besonders „Einführung in den Okkultismus ", München 1923; „Telepathie und Hellsehen", München 1921; „Geschichte der okkultistischen Forschung", Pfullingen 1924). 1
) v. Schien ek-Notz i lig, Experimente der Fernbewegung. Stuttgart 1924, S. 82.
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R. Tischner.
Betrachten wir einmal die Gegner, unter denen es zahlreiche Abstufungen gibt. Die Extremsten sind wohl die Aprioristen, von denen ich aus vergangenen Zeiten z. B. Helmholtz anführe, der zu dem Physiker B arr et t einst sagte: „Die Telepathie gibt es nicht, denn sie ist unmöglich." Diese Behauptung setzt voraus, daß wir die Naturgesetze alle schon irrtumslos und vollständig kennen. Da wir das nicht behaupten und noch weniger beweisen können, erledigt sich im Prinzip der Einwurf, und wir dürfen zur zweiten Gruppe übergehen, zu denen, die behaupten: „Ehe ich das nicht selbst erlebe, kann ich diese Dinge nicht annehmen." Hierin spricht sich eine überschätzung der eigenen Beobachtungsfähigkeit im Gegensatz zu der aller Anderer aus, die früher sich mit dem Gebiete beschäftigt haben, so daß man diese Einstellung als methodisch nicht gerechtfertigt ansehen kann. Und diese Stellungnahme wird auch nicht richtig, wenn man sagt, in der Wissenschaft gelte nur das, was man jederzeit jedenorts jedermann vorführen könne. Von manchen Einwänden, die wir später besprechen werden, abgesehen, stimmt dieser Einwand nicht einmal in so exakten Wissenschaften wie der Astronomie. Ich kann z. B. nicht den Venusdurchgang jederzeit demonstrieren, und wenn ,ich eine Sonnenfinsternis studieren will, kann es mir passieren, daß die Sonne hinter Wolken sich verbirgt. Also in dieser Allgemeinheit stimmt der Einwand gar nicht. Eine dritte Gruppe sagt, solange gewisse Phänomene nur im Dunklen vor sich gehen, könne man diese Erscheinungen nicht anerkennen, ein Einwand, der bekanntlich dadurch widerlegt wird, daß es nicht von vornherein angeht, die Bedingungen vorzuschreiben, auch sonst gehen gewisse Erscheinungen, wie bei der Photographie und manche Wachstumsvorgänge, nur im Dunkeln vor sich; außerdem trifft der Einwand in dieser Allgemeinheit nicht zu, indem manche Telekinesen schon im Hellen sich ereignet haben. Endlich gibt es eine Gruppe, die sich schließlich auch auf Versuche im Dunkeln einlassen würde, die aber die bisherigen auf diese Weise erzielten Ergebnisse nicht anerkennen will ; mit dieser Gruppe werden wir es hauptsächlich zu tun haben. Bevor ich jedoch auf die Methodologie, besonders in Hinsicht auf die Ansichten letzterer Gruppe eingehe, sei vorher noch ein Punkt erörtert, der es gerade auf unserem Gebiete so erschwert, auf Grund möglichst einwandfreier Methodik und sachlicher Erörterung zu sicheren allgemein anzuerkennenden und anerkannten Ergebnissen zu kommen ; es ist die Schwierigkeit, die ganze Frage losgelöst von allen möglichen affektbetonten Problemen zu studieren. Denn auch in der Wissenschaft gilt bis zu einem gewissen Grade, um mit Schopenhauer zu reden, der „Primat des Willens " , d. h. unser Denken ist sehr schwer von allen Beeinflussungen durch unser Wollen und Wünschen rein zu halten. Wie der geistreiche Zoologe P auly in seinen „ Aphorismen" einmal sagt : „Sie sind mit den Gründen leicht zufrieden, wenn ihnen nur die Behauptungen gefallen". Was der Mensch wünscht, das glaubt er gern; was sich leicht in den Rahmen seiner bisherigen Anschauungen einfügt, prüft er nicht mit
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solch unerbittlicher Sachlichkeit wie das, was sich nicht einfügt; ja bei letzterem wird er häufig nicht rein sachlich prüfen, sondern im Gegenteil, nach der andern Seite zu weit gehen und statt mit sachlichem Ur teil mit Vorurteil die Angelegenheit entscheiden, indem er nicht, wie es die Sache eigentlich erfordern würde, die für eine Sache sprechenden Gründe auf die eine Wagschale tut und die dagegensprechenden auf die andere und beide je nach ihrer Gewichtigkeit wertet; einige dagegensprechende Argumente fallen allzu leicht überhaupt unter den Tisch und die anderen werden nicht in ihrem vollem Gewicht berechnet, sondern leichter genommen als sie es verdienen würden'). Bis zu einem gewissen Grade ist das eine allgemein menschliche Eigenschaft, und sie ist auch verständlich, ja, bis zu einem gewissen Grade vielleicht berechtigt. Denn wenn man von einer Sache eine bestimmte Meinung hat, so wird man von vornherein die dagegen sprechenden Gründe nicht so stark werten, als die dafür sprechenden, da man sich schon eine feste Meinung gebildet hatte. Zu verlangen ist nur, daß man trotzdem sich vorurteilslos mit der Sache beschäftigt und nun nicht wirklich seine Meinung von vornherein für fest und unerschütterlich hält. Aber abgesehen von dieser sozusagen logischen Wertung sprechen bei dieser Wertung meist noch andere unsachliche und gefühlsmäßige Gründe mit. Das ist schon bei gleichgültigen Themen der Fall, indem der Forscher, falls er sich innerlich oder gar vor der Öffentlichkeit festgelegt hat, sich nur schwer dazu entschließen kann, seine liebgewordenen Ansichten aufzugeben, falls er nicht gar unbedingt Recht behalten will. Noch schwerer ist natürlich eine völlig objektive Haltung des Forschers. wenn irgendwelche anderen Affekte, Gemütsmomente wie weltanschauliche Momente eine Rolle spielen. Hätte ausschließlich die evissenschaftliche Objektivität das Wort gehabt, so wäre z. B. vor 65 Jahren die Anerkennung der Darwinschen Selektionstheorie nicht so schnell erfolgt, wie es der Fall war. Sie paßte aber in das mechanistische Weltbild, ja, sie war der Schlußstein in dem Gebäude des Mechanismus, indem nun auch die Zweckmäßigkeit der organischen Welt, die bisher immer der mechanistischen Erklärung getrotzt hatte und irgendwie einen psychischen Faktor zu fordern schien, auf rein mechanischem Wege erklärbar schien. In dieser affektiv betonten Einstellung zugunsten einer mechanistischen Anschauung übersah man die dagegen sprechenden Momente, oder wertete sie jedenfalls zu niedrig, und es bedurfte einer Arbeit von Jahrzehnten, um das damals Versäumte nachzuholen. Denn es ist nicht so, wie man wohl manchmal sagt, daß man auf Grund des damaligen Wissens zu diesen Schlüssen kommen mußte, und erst auf Grund der späteren Forschungen die Unhaltbarkeit der Selektionstheorie einsehen konnte; Leute wie Karl Ernst von Baer, der Botaniker Wigand und besonders der Philosoph Eduard von .
1 ) Über diese nicht objektive Einstellung des Menschen hat vor einigen Jahren der Züricher Psychiater BI euler ein lesenswertes Buch geschrieben: „Das autistischundisziplinierte Denken in der Medizin". Berlin 1919.
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Hartmann zeigten schon in den 60er und 70er Jahren das Unhaltbare der Selektionstheorie, aber sie drangen nicht durch, da ihre Argumente bei all ihrer Richtigkeit wegen der affektiven Einstellung der Gegner nicht anerkannt wurden. Dieses Beispiel diene als Vorbild für das, was wir in verstärktem Grade jetzt beim Okkultismus erleben. Denn kaum eine Frage der Wissenschaft ist mit solchen unsachlichen, affektiven Momenten belastet, die ich jedoch nur kurz andeuten kann, ohne auf die weltanschauliche Bedeutung der Metapsychik hier näher eingehen zu können. Auf der einen Seite stehen die Vertreter der positivistischen, mechanistischen Wissenschaft, die fürchten, daß die Metapsychik ihre liebgewordenen Ansichten ihnen rauben und sie in die Gefilde der „Mystik" und des Irrationalismus führen könne, deshalb tritt man der Metapsychik mit mehr oder weniger unverhohlenem Mißtrauen entgegen und stellt Beweisforderungen, die man auf andern Gebieten nicht erhebt. Auf der andern Seite stehen diejenigen, die auf dem Okkultismus eine mystische Weltanschauung aufbauen, ohne geprüft zu haben, ob er denn nun wirklich eine tragfähige Grundlage dafür abgeben kann. Beide also reagieren affektiv auf die im Okkultismus angeblich ver'borgene Mystik. Mir scheint das nun von beiden Seiten voreilig zu sein, ich glaube früher (Psych. Studien, 1924, Nr. 1 und 2) gezeigt zu haben, daß vorerst kein Anlaß zu der Annahme vorliegt, daß der Okkultismus im Prinzip „mystisch" oder irrational ist, mag auch zur Zeit vieles in ihm für unser heutiges Wissen nicht recht erklärlich sein. Es liegt meiner Ansicht kein Anlaß zu der Meinung vor, daß der Okkultismus wesentlich irrationaler sei, als sonstige Wissenschaften, in denen ja, was man häufig übersieht, gleichfalls starke nichtrationale Elemente vorhanden sind. Die Gegner des Okkultismus werfen nun vielfach den Anhängern des Okkultismus vor, sie hätten eben den Glauben an die okkulten Phänomene und deshalb sei mit ihnen schwer über diese Erscheinungen zu diskutieren, da man sich diesen Glauben nicht rauben lassen wolle. Dagegen ist nun manches zu sagen. Gewiß ist zugegeben, daß viele Anhänger des Okkultismus stark affektiv eingestellt sind, zumal soweit sie darin einen Beweis für das Fortleben nach dem Tode erblicken. Aber von den Forschern gilt das keineswegs in diesem Ausmaße, ja in Deutschland ist keiner der angesehenen Forscher Spiritist, man treibt vielmehr diese Untersuchungen ebenso sachlich wie auf jedem andern Gebiete. Wir werden hier nicht mehr affektives Denken voraussetzen dürfen, als man auch sonst — wie oben dargelegt — auf andern Gebieten findet, indem man das zu den sonstigen Ansichten Stimmende leichter annimmt als das, was ihnen widerstreitet und jeder nur ungern seine früher geäußerten Ansichten widerruft. Aber man darf weiter gehen und den Spieß umdrehen, indem man behauptet, daß sogar bei den Gegnern ein höheres Maß von affektivem Denken vorhanden ist als bei den Anhängern. Denn bei diesen finden wir eine Anzahl Gelehrter, die sich zum Okkultismus bekannt haben, nicht weil er zu ihren Ansichten paßte, sondern obwohl er ihnen wi de rsp r a c h. Diese negativ affektive Einstellung fehlt
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aus begreiflichen Gründen bei den Gegnern, so daß bei diesen also ein Plus an positiv affektiver Einstellung gegen die Metaphysik besteht. Wir sehen also, daß abgesehen davon, daß es überhaupt methodisch falsch ist, schon bei der Tatsachenfrage die theoretischen Erklärungsmöglichkeiten mit hineinspielen zu lassen, es zur Zeit zum mindesten verfrüht ist, das Gebiet deshalb abzulehnen, weil es angeblich irrational oder „mystisch" ist. Weiter sahen wir, daß affektives Denken bei den Forschern, die für die Realität der Erscheinungen eintreten, zum mindesten keine größere Rolle spielt als bei den Gegnern, eher das Gegenteil. Nach Klärung dieser Vorfragen sei nun auf die Methodologie näher eingegangen. Ein Blick in die Literatur zeigt, daß hier in der Beurteilung von Versuchen die größten Unterschiede bestehen. Der eine hält Versuche für beweisend, bei denen der andere starke Fehler findet und dabei kann man nicht von vornherein dem einen „Gläubigkeit" und mangelnde Intelligenz vorwerfen und den andern nicht ohne weiteres des bösen Willen bezichtigen. Es erhebt sich also die Frage, was für Ansprüche muß man an Versuche stellen, um sie als beweisend anerkennen zu können, wo ist der Zweifel berechtigt und wo schießt die Zweifelsucht über das Ziel hinaus ? Die Methodologie des Beweisverfahrens ist je nach den Wissenschaften verschieden., Gewisse Tatsachen der Mathematik und Logik sind apriorisch, sie sind einem Beweise gar nicht zugänglich und bedürfen dessen auch nicht, weil sie in der Struktur des Geistes selbst begründet sind. Von diesen apriorischen Sätzen anfangend geht die Mathematik vielfach rein deduktiv vor. Es ist von vornherein klar, daß in der modernen Metapsychik diese Methode nicht am Platze ist, indem man etwa aus dem Begriff eines Geistes deduziert, was er für Eigenschaften hat und was er infolgedessen leisten kann. Diese Methodik müssen wir den gläubigen Spiritisten überlassen. Für uns handelt es sich darum, auf Grund von Erfahrungen unserer Sinne induktiv die Tatsachen festzustellen. Nun gibt es verschiedene Arten von Wissenschaften, die sich auch durch ihre Methodik vielfach unterscheiden. Es fragt sich also, wohin gehört die Metapsychik? Bevor wir aber auf diese Frage eingehenL können, muß ich zuerst allgemein über die Einteilung der Wissenschaften sprechen, erst auf Grund dieser allgemeinen Darlegungen wird klar werden, was die Metapsychik ist, und was man von ihr in methodologischer Hinsicht zu halten hat. Besonders die beiden Heidelberger Philosophen Wind elb and und Rickert haben eindringende Arbeit auf diesem Gebiete geleistet. Windelband kam auf Grund seiner Untersuchungen dazu, zwei Arten der Wissenschaft zu unterscheiden, die er „nomothetische" und „idiographische" nannte. Der erste Name drückt aus, daß wir es hier mit Wissenschaften zu tun haben, die ihre Hauptaufgabe darin sehen, Gesetze aufzustellen, man kann sie also auch „generalisierende" nennen ; es ist im wesentlichen die Naturwissenschaft, die so eingestellt ist. Das einzelne Ereignis — z. B. der Fall eines Steines — interessiert sie als solches gar nicht,
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sondern nur insofern, als dies Ereignis sich unter ein Gesetz einordnen läßt. Die idiographischen Wissenschaften haben es dagegen mit den Einzelgeschehnissen zu tun, man kann sie also auch als „individualisierende" bezeichnen. Diese individualisierende Einstellung finden wir besonders ausgeprägt in den Geschichtswissenschaften. Hier interessiert das einzelne Ereignis, soweit es irgendwie von Bedeutung ist. So erforscht die Geschichte z. B. die einzelnen Handlungen von Wallenstein, handle es sich um eine Schlacht oder um diplomatische Verhandlungen mit dem Kaiser oder den Schweden. Aber diese Zweiteilung in die kausalforschende und Gesetze suchende Naturwissenschaft und die den Einzelfall untersuchende und beschreibende Geschichtswissenschaft ist doch recht schematisch und greift nicht durch. Denn auch in den Naturwissenschaften hat man es nicht selten mit der Erforschung von Einzeltatsachen zu tun, wie z. B. bei der Mondforschung, andererseits sind aber auch in den sog. Geisteswissenschaften starke nomothetische Bestandteile nachzuweisen, indem der Philologe etwa Sprachgesetze aufstellt, und auch in der Geschichte kann ich versuchen, Gesetze aufzustellen und Gemeinsamkeiten zu finden, so kann ich z. B. an Wallenstein nicht die Einzelhandlung zum Ziele meines Forschens machen, sondern ich kann Wallenstein als einen Typus, also als Vertreter eines Allgemeinen ansehen und kann etwa das Gemeinsame und die Unterschiede zwischen ihm und den italienischen Condottieri untersuchen. Da diese Unterscheidung in Natur- und Geschichtswissenschaften nicht durchgreifend ist, sich vielmehr beide Methoden in beiden Wissenschaftsarten anwenden lassen, so kommt man zu dem Ergebnis, daß es sich nicht um zwei scharf unterschiedene Wissenschaftsarten handelt, sondern um zwei verschiedene Einstellungen, die auf die meisten Gegenstände anwendbar sind, vielfach wird je nach Art des in Rede stehenden Gegenstandes bald die eine, bald die andere Methode zweckmäßiger und ergiebiger sein, bald werden auch beide mehr oder weniger gemischt zur Anwendung kommen können oder müssen. Die nomothetisehe Methode spielt aus innern Gründen in den Naturwissenschaften die überwiegende Rolle, während in den Geschichtswissenschaften die idiographische ein großes Anwendungsbereich hat. Man hat diese methodologischen Untersuchungen noch weitergeführt, ich kann aber in diesem Zusammenhange darauf naturgemäß nicht eingehen; da wir jedoch gelegentlich auch andere Namen gebrauchen werden, sei hier wenigstens gesagt, daß man die Wissenschaften von etwas andern Gesichtspunkten aus auch in Real- und Geisteswissenschaften oder auch Natur- und Kulturwissenschaften eingeteilt hat, die sich nicht mit den nomothetischen und idiographischen decken ; in allen diesen Einteilungen haben wir aber den Versuch, einen zweifellos vorhandenen Unterschied zu fixieren. (Vgl. E. B eche r, Geisteswissenschaften und Naturwissenschaften, München-Leipzig 1921.) Wenn wir nun auf die Psychologie im allgemeinen und die Metapsychik im besonderen übergehen, so haben wir es in der Psychologie
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an sich mit einer Geisteswissenschaft zu tun, aber man würde sich täuschen, wenn man von vornherein annehmen würde, auch die Methodik sei die geisteswissenschaftliche. Wie erinnerlich, tobte vor einigen Jahren ein wissenschaftlicher Streit darüber, ob man die Psychologie zu den Naturoder den Geisteswissenschaften rechnen müsse. Schon die Tatsache, daß darüber ein Streit entstehen konnte, zeigte, daß die Sachlage nicht ganz einfach ist, und wir können hier auch nicht näher darauf eingehen, es genüge uns die Feststellung, daß zahlreiche Forscher die Psychologie als eine Geisteswissenschaft ansehen, was bei einer Wissenschaft vom Geiste eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, aber der Tatbestand wurde dadurch verdunkelt, daß die Psychologie zweifellos einen stark naturwissenschaftlichen Einschlag in bezug auf ihre Forschungs m eth o dik hat, der besonders in der Psychophysiologie hervortritt. Was die Metapsychik im besonderen angeht, so liegen die Verhältnisse hier wieder etwas anders. Wenn wir rein die wahrnehmbaren Phänomene betrachten, so haben wir es vielfach mit anscheinend rein physischen Geschehnissen zu tun, wie irgend einem physikalischen Ereignis, indem sich telekinetisch ein Gegenstand bewegt oder dgl. Aber es ist wohl keine willkürliche Deutung, sondern ein durch alles, was wir von diesen Dingen wissen, aufgedrängter Schluß, daß alle diese Erscheinungen durch die Psyche des Mediums hervorgebracht werden, wenn auch direkt davon meist keine Kunde zu erhalten ist, da diese psychische Verursachung im Unterbewußtsein verläuft und uns das Medium im Oberbewußtsein keine Auskunft darüber geben kann. Wir haben es also wie in der Psychologie und andern Wissenschaften mit einer Geisteswissenschaft zu tun, indem es sich nicht — wie etwa in der Physik — um rein materielle, physische, sondern um psychisch bedingte Vorgänge handelt, wie in andern Geistes- und Kulturwissenschaften, die es auch vielfach nicht mit dem Geiste an sich zu tun haben, sondern in erster Linie mit physischen Gegenständen wie etwa Schriftstücken, Bauten u. dgl., die aber in letzter Linie auf eine geistige Tätigkeit zurückgeführt werden müssen. Im Gegensatz wiederum zu diesen handelt es sich in der Metapsychik, wenn wir von den übernormal erzeugten Klopflauten absehen, soweit sie zu Verständigungszwecken und Mitteilungen dienen, bei den paraphysischen Erscheinungen meist nicht um geistige Wirkungen und Erzeugnisse, wie Schriftstücke, Kunstwerke und dergleichen, deren Sinn und Bedeutung untersucht werden soll, sondern um psychisch bedingte physische Ereignisse, wie etwa Schweben eines Gegenstandes, dem an sich kein Sinn zukommt, dessen Bedeutung vielmehr darauf beruht, daß diese Bewegung auf ungewöhnlichem Wege erzeugt worden ist, indem etwa eine Violine sich vom Tische hebt, ohne daß anscheinend sich eine normale Ursache nachweisen läßt. Es gilt also bei diesen paraphysischen Ereignissen, die besonderen physikalischen und in letzter Linie psychischen Bedingungen zu untersuchen. Wir werden also erwarten können, in der Metapsychik eine Mischung -
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von naturwissenschaftlicher und geisteswissenschaftlicher Forschung zu finden, wobei, da es sich vorerst im wesentlichen um die Erforschung der physikalischen Bedingungen handelt, die naturwissenschaftliche Methodik vorwiegen wird, und in der Tat wird die Forschung in der Metapsychik ganz von naturwissenschaftlichen Gesichtspunkten beherrscht. Wir haben es also, wie nicht anders zu erwarten, auch in dieser methodologischen Hinsicht in der Metapsychik mit einer ausgesprochenen „Grenzwissenschaft" zu tun, indem wir in ihr eine Geisteswissenschaft mit sehr starkem naturwissenschaftlichem Einschlag haben, etwa wie man es bei der physiologischen Psychologie findet. Um noch einige Worte über die parapsychischen Phänomene zu sagen, so haben wir dabei von vornherein psychische Phänomene vor uns, die allerdings auch vielfach unterbewußt verlaufen, wodurch die rein psychologische Forschung vielfach erschwert, ja unterbunden wird. Soweit es sich um Experimente handelt, stehen auch hier vielfach naturwissenschaftliche Methoden im Vordergrund, wenn auch z. T. infolge der grösseren tbersichtlichkeit der Versuchsbedingungen und des Fehlens physikalischer Erscheinungen die rein physikalischen Fragestellungen nicht eine solch große Rolle wie bei den paraphysischen Erscheinungen spielen. Wir sehen also schon bisher, daß die Metapsychik nicht als reine Naturwissenschaft angesehen und betrieben werden kann. Dazu kommt aber als Wichtigstes noch ein anderer eigentümlicher Umstand, der es nicht gestattet, die Metapsychik rein als Naturwissenschaft zu betreiben, es ist die Eigenart ihres Materials. Die Medien sind selten, infolgedessen ist es meist nicht möglich, wie es sonst in der Naturwissenschaft üblich ist, die Angaben eines Forschers durch eigene Untersuchungen nachzuprüfen, wie etwa der Chemiker das betreffende Ausgangsmaterial nimmt und an ihm untersucht, ob die Angaben des andern Forschers richtig sind, und wie es auch der Physiker und der Biologe tut. Das ist in der Metapsychik wegen cler Seltenheit der Medien meist nicht möglich; und falls ein anderer Forscher auch über ein Medium verfügt, dann wird er in den seltensten Fällen bei einer Nachuntersuchung an ihm zu bindenden Schlüssen über das Medium des früheren Forschers kommen können, da kein Medium dem andern gleicht und infolge dieses individuellen Faktors ein zwingender Schluß von dem einen Medium auf das andere selten gemacht werden kann. Infolgedessen ist man also meist darauf angewiesen, die Angaben des Forschers kritisch zu analysieren. Man hat es also bei dieser Analyse mit früheren, abgelaufenen Geschehnissen zu tun, die uns nur noch durch die Berichte zugänglich sind, es ist mithin hier nicht die experimentelle naturwissenschaftliche Forschung möglich, hier ist vielmehr dieselbe Methode vonnöten, wie man sie in der Geschichtswissenschaft anwendet: die Untersuchung eines „historischen Ereignisses". Es ist selbstverständlich, daß man sich bei dieser historischen Untersuchung auch der Methoden bedient, die sonst in den Geschichtswissenschaften angewendet zu werden pflegen.
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Eine wichtige Aufgabe des Historikers ist die Quellenkritik, er muß die Zuverlässigkeit und Vollständigkeit seiner Quellen prüfen, um auf diese Weise zu einer Wertung des ihm zur Verfügung stehenden Materials zu gelangen. Wenn dann der Historiker nach Kenntnisnahme des ganzen ihm zugänglichen Materials zu einer kritischen Darstellung seines Themas übergeht, so ist es seine Hauptaufgabe, unter Verwendung des gesamten ihm bekannten Stoffes an Urkunden und Berichten, unter Berücksichtigung des Für und Wider ein möglichst objektives Bild zu entwerfen, ohne einseitig gewisse Seiten zu verschweigen und anderes ungebührlich zu betonen, wenn er als Gelehrter und nicht als Tendenzschriftsteller gewertet werden will. Wenn beispielsweise der Historiker das Leben eines Staatsmannes oder Feldherrn erforscht, und er bat es gerade mit der Darstellung und Kritik einer Unternehmung zu tun, die schließlich unglücklich ausging, so wird er nicht ohne weiteres seinem Helden die törichtsten Motive unterschieben dürfen, sondern diejenigen, die auf Grund der Urkunden und darauf beruhender sorgfältiger Analyse des Charakters, der Begabung, seiner sonstigen Anschauung die wahrscheinlichsten sind. Wie er den einen nicht unterschätzen darf, so darf er auch nicht den Gegenspieler, zu dessen Gunsten das Unternehmen ausschlug, überschätzen und daraus einen Halbgott an Klugheit und Voraussicht machen. Auch hier gilt es auf Grund des gesamten vorliegenden Materials zu untersuchen, was der Gegner gewollt und was er auf Grund seiner Pläne erreicht hat. Auch die widersprechenden Berichte von Zeitgenossen darf er nicht einseitig in dem ihm genehmen Sinne verwenden, sondern so, wie die Wertigkeit der Quellen und sorgfältiges Abwägen sämtlicher Momente es nahelegt oder zu entscheiden gestattet. Bei jeder historischen Persönlichkeit und jedem Ereignis gibt es sich widersprechende Berichte, es gilt aber als Kennzeichen einer Tendenzhistorik schlimmster Art, wenn man nur das in eine Richtung weisende Material benützt und anderes unberücksichtigt läßt. Manchmal wird man auf Grund des vorliegenden Materials zu keiner endgültigen Entscheidung kommen können und entweder die Frage völlig in der Schwebe lassen müssen oder wenigstens nicht zu einer streng bewiesenen Auffassung kommen können. Wenn man diese Stellung der iVIetapsychik im Rahmen der Wissenschaft bedenkt, dann folgt daraus, daß der Naturwissenschaftler gar nicht ohne weiteres der Richtige ist, ein maßgebliches Urteil über die Metapsychik abzugeben, er wird als Nomothetiker allzu sehr zum Generalisieren geneigt sein, gerade so, wie wir es auf einem andern Gebiete beobachten können: in der Medizin. Der 'herrschenden Medizin, die in der Physik und Chemie ihre wissenschaftlichen Ideale sieht, wirft man bekanntlich vor, daß sie vielfach zu wenig individualisiere ; diese geringe Neigung und Fähigkeit zum Individualisieren hängt meiner Meinung nach zweifellos mit ihrem im wesentlichen nomothetischen Charakter zusammen. (Vgl. meine Untersuchung z. Method. d. IVIediz. Ärztl. Rundsch. 1916/17.) Denselben ungünstigen Einfluß hat nun die rein naturwissenschaftliche
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Betrachtungsweise der meisten Kritiker, so daß man in gewissem Sinne behaupten könnte, daß nicht der Naturwissenschaftler, sondern der Historiker — sei er nun Fachhistoriker oder Jurist, der es ja bekanntlich auch meist mit der Untersuchung einmaliger „historischer" Ereignisse zu tun hat — der geeignetste Kritiker der Metapsychik wäre. Jedenfalls beherrscht er die historische Analyse und Kritik, während das vom Naturwissenschaftler nicht so ohne weiteres gilt; wenigstens muß man von letzterem verlangen, daß er sich des Unterschiedes der Methodik bewußt wird und sich bemüht, diesem Umstande gerecht zu werden. Der Historiker und Jurist muß bei dem zu untersuchenden Ereignis bei jeder Einzelheit zwecks ihrer Wertung feststellen, unter welchen Umständen diese oder jene Beobachtung von einem Zeugen gemacht worden ist, wie sein Zeugnis auf Grund seiner Intelligenz, Vorbildung, geistigen Einstellung und seines Interesses an dem Fall zu wägen ist. Und falls es ein Jurist etwa mit mehreren Geschehnissen anscheinend desselben Tatbestandes zu tun hat, so hat er zuerst festzustellen, ob denn nun wirklich beiden Fällen der im Prinzip gleiche Tatbestand zugrunde liegt. Der Jurist darf sich nicht damit begnügen, daß in Jaeiden Fällen anscheinend „eine Wegnahme einer fremden beweglichen Sache", d. h. ein Diebstahl vorliegt. Abgesehen davon, daß es sich ja um eine falsche Beschuldigung handeln kann, könnte im einen Fall etwa ein „Mundraub" vorliegen, den eine verzweifelte Mutter für ihre hungernden Kinder begeht, im andern Fall handelt es sich vielleicht um einen Einbruchsdiebstahl mit Totschlag einer dem Einbrecher in den Weg kommenden Person. Immer muß die genaueste Einzelanalyse getrieben werden, die sich nicht nur auf den äußeren Tatbestand bezieht, sondern auch auf die Umwelt, die psychischen Beweggründe usw. Wenn ich hier im Gegensatz zur gewöhnlichen Anschauung das historische Moment betone, so möchte ich doch, um Mißverständnissen zuvorzukommen, noch ausdrücklich sagen, daß ich den starken naturwissenschaftlichen Anteil durchaus nicht übersehe, der bei diesen Forschungen eine Rolle spielt. Ebenso wie sich die Kriminalistik naturwissenschaftlicher Untersuchungsmethoden bei ihrer historischen Forschung bedient, indem sie etwa von einem Mediziner eine Untersuchung von Blutflecken oder vom Chemiker die Untersuchung einer Flüssigkeit vornehmen läßt, so mischen sich auch in der Metapsychik beide Methoden, wobei bei der Kritik früherer Versuche das naturwissenschaftliche Moment vom historischen überwogen wird, während ersteres im Experiment nach der Alleinherschaft strebt. Ehe wir ins Einzelne gehen, sei noch ein anderer Punkt besprochen. Man hat wohl gesagt — ich jedenfalls habe den Einwand in einer wissenschaftlichen Diskussion von hervorragender juristischer Seite gehört —, daß diese einseitige Stellungnahme der Gegner und Anhänger ihr Gutes habe, sei ja auch bei der gerichtlichen Wahrheitsforschung in einem Prozeß die Rolle des Anwalts die, alles das herauszuarbeiten, was zugunsten seines Klienten spricht. So könne man auch in der
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Wissenschaft und insbesondere der Metapsychik die Rollen so verteilen, daß der Eine die Rolle des Anwalts spielt und der Andere die Rolle des Staatsanwalts oder des gegnerischen Anwalts, auch auf diese Weise könne die Wahrheit gefunden werden. Ich will nun nicht verkennen, daß in der Tat dieser Anwaltsstandpunkt auch in der Wissenschaft neue Gesichtspunkte zutage fördern kann und dazu erzieht, daß die andere Partei ihren Standpunkt noch klarer und unangreifbarer zu gestalten sucht. Aber im Grunde beruht dieser methodologische Standpunkt doch auf einer Verkennung der Wahrheitsfindung in der Wissenschaft im Gegensatz zu der im Prozeßrecht. In letzterem ist es der Richter, der in Parallele mit dem Forscher steht, während der Anwalt in der Wahrheitsfindung nur eine untergeordnete Rolle spielt, indem er dem Richter einseitig beschaffenes Material unterbreitet, der es zu seiner Urteilsfindung benützt, sich aber durchaus über diesen einseitig dargestellten Rohstoff erheben muß. In der Wissenschaft fehlt nun ein solches Parteisystem mit darüber stehendem Richter, und wenn ein in seinen Mitteln häufig durchaus nicht wählerischer Advokatenstandpunkt im Prozeß bis zu einem gewissen Grade notwendig ist und jedenfalls erträglich sein mag, ist er in der Wissenschaft fehl am Platze, wo man eine Teilung der Funktionen in Anwalt und Richter nicht kennt und infolge der Organisation der wissenschaftlichen Forschung auch nicht brauchen kann. Wer in der Wissenschaft einseitig nur das für einen Standpunkt Sprechende hervorhebt, degradiert sich eigenhändig auf den Standpunkt des Advokaten und kann überhaupt nicht als Forscher angesehen werden, sondern analog zum Anwalt nur als ein Kärrner der Wahrheit. Wenn wir nun die Ergebnisse unserer bisherigen Überlegungen auf die metapsychische Forschung anwenden, so ergibt sich., daß auf unserm Gebiet die Kritiker durchaus ohne Berücksichtigung der historischen Methodik vorgehen, indem man die Forscher nicht nach ihren sonst gezeigten Fähigkeiten würdigt, man macht vielmehr aus ihnen wahre Zerrbilder und dichtet ihnen vielfach ohne Grund eine Harmlosigkeit und Mangel an Beobachtungsfähigkeit und Kritik an, die durch das, was wir von den Forschern sonst wissen, nicht begründet ist. Auch verstößt es gegen jede historische Methodik bei widersprechenden Berichten anzunehmen,. daß alles höchst unglaubwürdig ist, ja daß das Ereignis gar nicht stattgefunden hat. Es gilt eben in sorgfältiger Analyse die verschiedenen Berichte nach ihrer Wertigkeit abzuwägen, nicht selten ist es dem Historiker Möglich, dann doch zu einem im wesentlichen zutreffenden Urteil zu kommen. Mit afigünstiger Einstellung und Überkritik, die jeden kleinsten Widerspruch und die unbedeutendste Lücke zum willkommenen Anlaß nimmt, um alles zu entwerten, ist es möglich, alles in Frage zu stellen. Bekanntlich gibt es ein Buch, das die Existenz Napoleons bezweifelt und — ob im Spiel oder ernsthaft — mit anscheinend recht guten Gründen darlegt, daß Napoleon nie gelebt hat, sondern nur eine Personifikation des Sonnengottes ist. Zeitschrift für Okkultismus
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Eine solche empiristische Überskepsis erinnert ein wenig an die bekannte Scherzfrage, wer von den Anwesenden schon einmal einen toten Esel gesehen habe; da alle Anwesenden verneinen, je einen gesehen zu haben und der Fragende bisher noch keinen Menschen getroffen hat, der einen gesehen hat, so wird auf Grund der vorliegenden Empirie gefolgert, daß Esel überhaupt nicht sterben ! Im folgenden soll nun die Kritik, die man dem Okkultismus hat angedeihen lassen, erörtert werden, soweit sie vom methodologischen Standpunkt aus Interesse bietet, insbesondere wollen wir also untersuchen, wie weit die Forderungen einer individualisierenden historischen Kritik erfüllt werden. Aber auch der Anwaltsstandpunkt soll beleuchtet werden, da ja auch er, wie wir gesehen haben, auf einem methodologischen Fehler beruht. Die Kritik soll jedoch noch etwas weiter gespannt werden, indem wir uns auch mit rein naturwissenschaftlichen Fragestellungen und Untersuchungen beschäftigen wollen, da auch hier vielfach, ohne daß historische Gesichtspunkte eine Rolle spielen, mehr als es bisher geschieht, eine ins Einzelne gehende Erörterung gefordert werden muß. • Ich werde dabei nur auf einige ältere Autoren ausführlicher eingehen, während ich mir die namentliche Besprechung neuerer Arbeiten von diesem Gesichtspunkt aus auf später verspare. Eine Methode, mittelst deren man es vermeidet, überhaupt auf die Versuche einzugehen, ist die, daß man irgendwelche kleinen Versehen dazu benützt, die Arbeit zu diskreditieren, indem man sie zu grundlegenden Fehlern aufbläst, die angeblich die Unfähigkeit des Forschers zeigen, so daß es sich gar nicht lohne, auf die Arbeit im einzelnen einzugehen, oder man konstruiert durch mehr oder weniger absichtliches Mißverstehen einer Äußerung Widersprüche, wo für den Objektiven gar keine Widersprüche oder jedenfalls keine Fehler irgendwie ernsterer Art vorhanden sind, um sich dadurch einer genauen Kritik der Arbeit zu entheben. Es ist klar, daß das keine objektive Stellungnahme zu unserm Problem ist; unsere Sprache ist recht unvollkommen, auch Gesetze, bei denen jedes Wort durch eine ganze Anzahl Instanzen filtriert wird, enthalten Unklarheiten, werden mißverstanden und müssen nachträglich interpretiert werden; wenn man also will, kann man sehr vieles Geschriebene mißverstehen. Wenn nicht aus der ganz en Arbeit eine große Unklarheit und Ungenauigkeit hervorleuchtet, dann hat der Kritiker nicht das Recht, an kleine Unvollkommenheiten, die jedem Menschenwerk anhaften, anknüpfend, von vornherein die ganze Arbeit zu zerreißen. Eine andere Methode besteht darin, irgendwelche schwachen Versuche herauszufischen, sei es, daß der Autor wirklich gewisse Versuche falsch und zu günstig beurteilt hat, sei es, daß es eben schwache Versuche sind, wie es ja auf allen Gebieten schwache und gute Versuche gibt. Wenn dann diese schwachen Versuche entwertet sind, glaubt der Kritiker sein Werk getan. Er übersieht dabei vollständig, oder er will
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es nicht sehen, daß es methodisch falsch ist, einen guten Versuch durch die Widerlegung eines schwachen Versuches entwerten zu wollen, falls nicht alle Einwände, die gegen den schlechten Versuch sprechen, auch gegen den besseren geltend gemacht werden können und nichts anderes für ihn spricht. In der 1VIetapsychik finden nun die Versuche aus mehreren Gründen meist nicht unter den gleichen unveränderlichen Bedingungen statt, so daß es also nötig ist, jeden einzelnen Versuch daraufhin zu untersuchen, welche schwachen Seiten er darbietet. Das wird nun schon aus Raumgründen selten in der gebotenen Ausführlichkeit möglich sein. Infolgedessen ist es um so nötiger nicht die schwächsten Versuche zur bequemen Zielscheibe seiner Kritik zu machen, sondern sich an den Versuchen die Zähne auszubeißen, die solcher billigen Kritik keine Handhabe bieten. Erst an ihnen kann sich zeigen, ob die Schlußfolgerungen, zu denen der Forscher auf Grund seiner Versuche kommt, richtig sind, oder ob nicht auch bei diesen besten Versuchen Versuchsfehler untergelaufen sind, oder die Erörterung gewisse Punkte, wie etwa den Zufall, nicht genügend beiücksichtigt. Man muß demnach verlangen, daß der Kritiker der Metapsychik wie der Historiker Quellenkritik treibt, vorerst also auf Grund des ganzen Materials zu einem Urteil über die Zuverlässigkeit und Urteilsfähigkeit des Autors kommt, wobei die gesamte Tätigkeit des Autors in Rücksicht zu ziehen ist. Falls der Autor also sonst im allgemeinen Vorsicht und Kritikfähigkeit zeigt, darf der Kritiker nicht aus ihm einen Abschaum von Leichtsinn und Urteilslosigkeit machen. Immer hat der Kritiker darauf zu sehen, ob sein Einwand auch alle Versuche trifft oder ob bei gewissen Versuchen der betreffende Einwand durch die Versuchsanordnung von vornherein ausgeschlossen ist. Nur auf diese Weise ist die in der Wissenschaft übliche Methodik durchführbar, daß man objektiv alle Versuche berücksichtigt. Nun ist gewiß das Ideal absoluter Vorurteilslosigkeit und Objektivität nicht erreichbar, aber man sollte wenigstens das Streben nach diesem Ideal finden, und da muß man allerdings sagen, daß es daran vielfach fehlt. Und ich glaube sogar, ohne die Objektivität zu verletzen, sagen zu dürfen, daß man in den besseren für den Okkultismus sprechenden Schriften mehr Objektivität findet als in den entsprechenden gegnerischen, indem in ersteren die positiven Instanzen, die fü r die Echtheit sprechenden Gründe gegen die dage gp n sprechenden wie Betrug, Zufall usw. abgewogen werden. Und wenn auch ein ideales über den Parteien schwebendes Urteil zu dem Ergebnis kommen sollte, daß die Gewichte nicht ganz richtig verteilt sind und das Gewicht der Gründe nicht richtig gewertet ist, so ist doch meist die Methode wenigstens im Prinzip richtig. Wenn wir dagegen die Schriften der Gegner darauf ansehen, so finden wir meist ganz einseitig das herausgehoben, was gegen die Echtheit spricht. Vielfach stehen die Ausführungen in Verkennung
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der methodologischen Forderungen der Wissenschaft auf der Stufe einer Anwaltsrede oder der Schriften eines Tendenzhistorikers. Im folgenden sei nun noch bei einigen Schriftstellern an Einzelbeispielen gezeigt, wie einseitig in der Tat die Einstellung vielfach ist. Das gilt z. B. von Lehmann in seinem bekannten Buche „Aberglaube und Zauberei". Bei den Versuchen von Cr ookes an Home behauptet er, daß sie im Grunde ganz gewöhnliche spiritistische Sitzungen gewesen seien, in denen das Medium machen konnte, was es wollte, und die Sitzer sich den Anordnungen des Mediums fügen mußten. Nun berichtet allerdings Cr ookes, daß Home mehrfach die Sitzanordnung beeinflußte und auch sonst Vorschläge machte, aber außerdem geht aus den Berichten auch unzweideutig hervor, daß sich 110 nie vielfach Cr o okes' Anordnungen willig unterwarf; so berichtet Cr ook es ausdrücklich mehrfach, daß der Versuch so lange fortgesetzt wurde, bis sich alle Anwesenden durch Nachschauen unter dem Tisch oder dergleichen davon überzeugt hätten, daß es ausgeschlossen war, daß Horn e die Erscheinungen auf normalem Wege hervorbrachte 1 ). Ganz ähnliches finden wir bei der Beurteilung der berühmten Versuche von Cr o okes mit Florence Co o k. Wenn ich hier die Kritik, die man den Versuchen hat angedeihen lassen, abfällig beurteile, so möchte ich ausdrücklich betonen, daß ich selbst nicht zu einer positiven Wertung der Versuche komme, ich lasse mein Urteil in der Schwebe. Sowohl P o dm or e als auch E. v. Hartmann und Lehmann erwähnen wichtige Punkte nicht. Hartmann hat zum Beispiel in seiner Kritik der Versuche (Der Spiritismus, Leipzig 1885) gelegentlich seiner Einwände gegen die elektrische Bindung übersehen, daß Cr o okes Kontrolluntersuchungen bei normalen Menschen gemacht hat, also über den Verlauf der Kurve bei Nichtmedialen unterrichtet war. Wenn Cro okes das Ergebnis nicht weiter verwendet, so wird sich eben nichts Auffallendes gezeigt haben, was gegen die Versuche an Florence Cook mißtrauisch machen könnte. Podmore (Modern Spiritualism, London 1902) wiederum kritisiert an den Versuchen, man habe keine Gewähr, daß das elektrisch gebundene Medium nicht das Kabinett verlassen habe, da über die Länge der Drahte nichts gesagt sei. Er erwähnt nicht einen späteren Versuch, bei dem ausdrücklich bemerkt ist, daß die Länge der Drähte ein Hervortreten aus dem Kabinett nicht gestattet haben würden. An einer andern Stelle behauptet Po dmore, daß, als man in das Kabinett einmal hineinschauen konnte, die angeblich daliegende Gestalt ein Kleiderbündel hätte sein können. Dem steht aber Cr o ok es ausdrückliche Bemerkung gegenüber, daß 7-8 Personen „unter dem vollen Glanz des elektrischen Lichtes" die daliegende Gestalt sich bewegen sahen. (Vgl. dazu meine ausführliche Erörterung dieser Fragen in der von mir herausgegebenen Schrift „Materialisationsversuche" von W. Cr o ok es, Leipzig 1923, wo ich mich bemühe, die dafür und dagegen sprechenden Punkte gerecht gegeneinander abzuwägen.) i) Vgl. Tischn er , Das Medium D. D. Home. Leipzig 1925.
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An den Versuchen Zöllners mit Slade hat man gleichfalls solch einseitige nicht alle Punkte berücksichtigende Kritik geübt. Lehmann bemängelt, und andere haben es ihm nachgeschrieben, daß man während eines Versuches mit einer zusammengebundenen Tafel magnetische Versuche angestellt habe. Damit erweckt Lehmann den Eindruck, als ob das Medium während dieser Zeit unbeobachtet gewesen sei. Nun geht aber aus Zöllners Mitteilungen selbst hervor, daß S la d e das Objekt dieser Versuche war und zwar in der Art, daß Slade durch Einfluß seiner Hände einen Kompaß bewegen sollte. Es befanden sich infolgedessen die Hände von S la de gerade in der allerbesten Kontrolle, die zum mindesten ebenso gut war, als sie gewesen wäre, wenn man dagesessen und auf den Erfolg des Tafelexperimentes gewartet hätte. (Siehe „Vierte Dimension und Okkultismus" von Zöllner, aus den „Wissenschaftlichen Abhandlungen" ausgewählt und herausgegeben von R. T i sehn er , Leipzig 1922, 5. 38 und 116.) Um noch einiges wenige bei den Zöllnerschen Versuchen herauszugreifen, so hat man mehrfach gemeint, daß bei dem Spielen der Harmonika Slade irgendwo versteckt in der Tasche ein Instrument gehabt habe, mit dem er die Töne der Harmonika nachgeahmt habe. Abgesehen davon, daß man das doch wohl an Bewegungen gemerkt haben sollte und daran, daß die Töne von einem andern und viel kleineren Instrument hätten herrühren müssen und außerdem aus der Tasche wohl hätten gedämpft klingen müssen, berücksichtigt man dabei nicht die Versuche, bei denen andere, z. B. der Matherratiker Scheibner, allein die Harmonika am tastenlosen Ende in der Hand hielten. Da „fühlt" man gewissermaßen die Töne durch die Erschütterungen des Instrumentes. Wenn Slade die Töne auf betrügerischem Wege hervorgebracht hätte, dann würden diese Erschütterungen gefehlt haben, was doch zweifellos Sc heibn er laufgefallen wäre. Der Amerikaner Carr in gton macht sichs noch leichter, indem er bei dem Fußabdruck die ausdrückliche Angabe Zöllners, daß er nach Erzielung eines Fußabdruckes Slades Hände und Füße auf Ruß untersucht habe, einfach bezweifelt. Auch ist es nicht richtig, daß Z öllner berichtet, er habe nur einmal daraufhin untersucht. Zöllner teilt das vielmehr noch ein zweites Mal mit. Wenn man allerdings derartige ausdrückliche Angaben eines Forschers bezweifelt, dann ist es doch viel einfacher, wenn man von vornherein sich weigert, auf die Untersuchungen einzugehen, da der Forscher ganz unglaubhaft sei oder gar unehrlich oder geistesgestört. Man kann eine derartige Stellungnahme nicht als richterliche Ob'. jektivität bezeichnen. Man wertet also nicht die Zeugen, wie es der Richter zu tun verpflichtet ist, nach ihrer objektiven Zeugnisfähigkeit, sondern schätzt ihre Berichte und Urteile, so wie es dem Forscher nach seiner eigenen subjektiven Einstellung zu dem Gebiete genehm ist. Abgesehen davon, daß durch diese unterschiedliche Behandlung der Zeugen nicht ihrer objektiv vorhandenen Geeignetheit zu derartigen
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Untersuchungen Rechnung getragen wird, finden wir nun auch sonstige Entstellungen der tatsächlich vorhandenen Umstände, indem man erstens auf die Psychologie der Zeugenaussagen aufmerksam macht und dementsprechend ungünstige Schlüsse auf die Berichte der Zeugen zieht, und außerdem betont man die ungünstigen Bedingungen, unter denen man die Beobachtungen anstellt, dabei besonders auf die Dunkelheit und die lange Dauer der Sitzungen aufmerksam machend. Diese Einwände klingen sicherlich recht gewichtig, und sie sollen gewiß nicht unterschätzt werden, aber in dieser allgemeinen Formulierung tragen auch sie zu einer Entstellung der wirklich bestehenden Verhältnisse bei. Sicherlich hat man früher die menschliche Beobachtungsfähigkeit und infolgedessen den Wert der Zeugenaussagen überschätzt, aber genauere Analyse zeigt denn doch, daß, auf die metapsychischen Untersuchungen angewendet, das Argument nicht so schwer wiegt als man meint ; in mehr als einer Hinsicht liegen die Verhältnisse wesentlich günstiger, als nach der üblichen summarischen Kritik der Skeptiker anzunehmen war. Verwickelte Handlungen sind in ihrer Reihenfolge, ihrer ursächlichen Verknüpfung usw., wie die Beobachtungspsychologie gezeigt hat, recht schwer völlig richtig zu berichten Bei den metapsychischen ITntersuchungen handelt es sich aber vielfach nur darum, ob ein bestimmtes Ereignis unter bestimmten Bedingungen eintritt oder nicht. Es soll also gar nicht ein „Vorher" und „Nachher" bestimmt werden, sondern nur der Eintritt eines Ereignisses ziemlich grober Natur. Da zudem bei den besten Untersuchungen die Hände gehalten werden und außerdem an den Hand- und Fußgelenken sich Leuchtbänder befinden, so ist eine derartige Beobachtung, daß es sich um Phänomene handelt, die nicht vom Medium betrügerisch hervorgebracht werden, ziemlich leicht. Und falls mehrere Gegenstände nacheinander bewegt worden sind und sich nachher in den Berichten über die Reihenfolge kleine Unterschiede finden, so ist das bei sonst durchsichtigen Bedingungen ein untergeordneter Punkt, von dem aus man nicht alles andere entwerten und etwa gar folgern darf, da sich über die Reihenfolge Meinungsverschiedenheiten fänden, sei es gar nicht sicher, ob überhaupt etwas geschehen sei. Gewiß kommt es auch vor, daß die Beobachter Halluzinationen haben oder Illusionen unterliegen, aber wie die Photographie gezeigt hat, ist das wesentlieh seltener, als die Skeptiker früher oder auch jetzt oft behauptet haben. Und außerdem zeigt die geringste psychologische Erfahrung, daß die Reihenfolge voneinander unabhängiger, nicht in unmittelbarer ursächlicher Verknüpfung stehender Handlungen besonders schwer ihrer genauen Reihenfolge nach erinnert wird. Es gilt also in genauer Einzelanalyse die Wertigkeit jeder Aussage im Lichte der Beobachtungs- und Aussagenpsychologie festzustellen, anstatt in der Art der Gegner mit Allgemeinheiten alles entwerten zu wollen. Ein scharfsinniger, skeptisch eingestellter Physiologe meinte mir gegenüber einmal, die menschliche Beobachtungsfähigkeit sei auch abgesehen von den andern bei der Psychologie der Zeugenaussage mitspielenden Momenten so gering, daß man auf die Beobachtungen in metapsychischen
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Sitzungen nichts geben könnte. Wenn der Physiologe z. B. am überlebenden Tierherz die zeitliche Reihenfolge der Kontraktionen der Vorhöfe und Kammern untersuche, so sähe man zuerst überhaupt gar keine Ordnung und wenn man schließlich glaube, zur Klarheit gekommen zu sein, dann zeige die Photographie, daß es falsch gewesen sei. So etwas klingt ganz entwaffnend, da ja diese Beobachtungen bei bester Beleuchtung und in aller Ruhe angestellt werden, aber die Kraft dieses Argumentes ist doch nur scheinbar, denn es handelt sich ja vorerst in den metapsychischen Sitzungen gar nicht um derartig feine Beobachtungen geringer Zeitunterschiede, sondern um allergröbste Beobachtungen von größeren Bewegungen, also auch hier wieder Allgemeinheiten als Argumente, wo es sich darum handeln müßte, Einzelanalyse zu treiben. Es wäre gerade so, als wenn man zwei Kaufleute beide wegen Betrugs verurteilen wollte, weil in beiden Fällen sich auf der einen Wagschale noch „ein anderer Gegenstand", der nicht dahin gehörte, befunden habe, obwohl es sich in dem einen Falle um ein Weizenkorn, im andern aber um einen schweren Gegenstand gehandelt habe. Ein solcher, etwas grober Vergleich macht vielleicht klar, wie verallgemeinernd ohne Einzelanalyse bei den Gegnern des Okkultismus meist gearbeitet wird. Auch der Einwand von der langen Dauer der Sitzungen in der Dunkelheit, in denen man dasitze und seine Aufmerksamkeit anspanne, ohne doch sie auf etwas Bestimmtes richten zu können, trifft vielfach gar nicht zu. Die Medien machen oft darauf aufmerksam, daß jetzt etwas passieren wird, oder man merkt es an ihrem Benehmen, so daß der Erfahrene vorher gar nicht seine Aufmerksamkeit in besondere Bereitschaft zu setzen braucht, gerade so wie auf einer stundenlang dauernden Jagd der erfahrene Jäger erst dann seine Aufmerksamkeit anspannt, wenn es nötig ist. Wenn z. B. das Medium sagt, wie es mir in einer Siteung vorkam, ich solle eine Wange an den Gazeschirm legen, der die zu bewegenden Gegenstände von dem Medium und den Untersuchern trennte, dann ist das zu erwartende Ereignis recht eindeutig räumlich und zeitlich festgelegt. Da ich außerdem neben dem Hauptkontrolleur saß, konnte ich bei dem Vorneigen tastend feststellen, daß die Handkontrolle völlig in Ordnung war, und konnte in Erwartung der kommenden Dinge außerdem noch sehen, daß auch die Füße, wie an den Leuchtstreifen zu sehen war, an Ort und Stelle waren. Nach einigen Sekunden erhob sich nun einer der auf dem Tische liegenden mit Leuchtstreifen versehenen Gegenständen jenseits des Wandschirms in die Luft und schlug dreimal leicht gegen meine Wange. Eine solche Feststellung grober Seh- und Tateindrücke ist mit Zuverlässigkeit zu machen, und kagn nicht durch Hinweis auf unsere unsichere Beobachtungsfähigkeit usw. entwertet werden, sie kann keinesfalls auf eine Stufe mit der Beobachtung feiner Bewegungen oder Zeitunterschiede gestellt werden ; an Wertigkeit sind solche Feststellungen grober Berührungen oder Bewegungen derartigen Beobachtungen bei weitem überlegen, zumal, wie schon betont, das tberraschungsmoment oft fortfällt und man sich in aller Ruhe darauf einstellen kann.
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Wenn ich die zeitliche Konzentrierung der Aufmerksamkeit auf kürzere Zeiten eben betont habe, so will ich damit natürlich nicht sagen, daß man in der Zwischenzeit schlafen kann und darf, aber die Aufmerksamkeit, die dazu notwendig ist, das Medium daraufhin zu kontrollieren, daß es nicht aufsteht oder die Hände freimacht, kann mit der scharfen Konzentrierung für die Zeit, in der etwas in Aussicht steht, nicht verglichen werden. Wenn man beide Handgelenke umfaßt hält und man seine Hände auf die Oberschenkel des Mediums legt, merkt man jede Bewegung des Mediums und ist allein schon dadurch in engerem Kontakt mit ihm. Außerdem wird man sich in der Zwischenzeit öfter vergewissern, daß man das Medium noch in Kontrolle hat. Wenn man behauptet, daß es unmöglich ist, die in Frage stehenden groben Bewegungen zu sehen, dann muß man die ganze Frage der menschlichen Beobachtungsfähigkeit auf völlig neuer Basis wieder erörtern, denn diese Bestreitung sagt nicht weniger, als daß man überhaupt kein Ereignis mit Sicherheit feststellen kann, womit weite Gebiete wieder wankend werden und womit besonders die meisten Verurteilungen in der Rechtsprechung, die auf Grund von Zeugenaussagen erfolgen, zu glattem Justizmord werden. Gerade letztere werden dadurch sehr bedenklich, denn bei ihnen handelt es sich oft um Urteile auf Grund von Aussagen über wesentlich schwerer zu erinnernde Dinge, die unerwartet auftreten und deren Reihenfolge schwer zu behalten ist. Dabei ist außerdem zu bedenken, daß auch sonst noch zwischen den Zeugen in einer metapsychischen Sitzung und den Zeugen vor Gericht in mehrfacher Hinsicht bedeutende Unterschiede bestehen, die auch die Wertigkeit ihrer Aussagen ganz verschieden sein läßt. Wenn ich die wissenschaftlichen Zeugen, die in einer metapsyehischen Sitzung anwesend sind, mit den gerichtlichen Zeugen vergleiche, so finden sich unter anderem folgende Unterschiede : Die Zeugen des metapsychischen Ereignisses sind : 1. mit der ausdrücklichen Absicht da, um wissenschaftliche Beobachtungen zu machen ; 2. sie sind, soweit sie Wissenschaftler sind, darin geübt, zu beobachten und objektiv zu berichten ; 3. sind es meist Menschen, die daran kein anderes als rein wissenschaftliches Interesse haben, so daß also nicht selbstische Interessen einen entstellenden Einfluß haben können ; 4. handelt es sich vielfach um Ereignisse, die erwartet, ja nicht selten sogar an gek ün d i gt worden sind ; 5. weiß jeder, der derartige Sitzungen mitgemacht hat, daß die psychische Atmosphäre einer ruhigen Beobachtung durchaus nicht hinderlich ist, und daß die von Skeptikern mitunter berichtete Aufregung jedenfalls bei den meisten eine im wesentlichen künstlich gemachte Begeisterung ist, um das Medium anzufeuern; 6. wird der Bericht meist sofort oder bald nachher angefertigt. Dem steht bei den gerichtlichen Zeugen durchschnittlich gesprochen folgender Sachverhalt gegenüber : 1. Es handelt sich vielfach um unerwartete Ereignisse, deren zufälliger Zeuge man ist, infolgedessen ist 2. die Aufmerksamkeit so gering, wie es bei derartigen an sich gleichgültigen
A. Hofmann. Zur Mechanik der Odstrahlen.
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Ereignissen meist der Fall zu sein pflegt. 3. Falls aber das Ereignis aufregender Natur ist, etwa ein Streit mit Totschlag, dann wird durch den Affekt sowohl bei den unbeteiligten Zeugen des Vorgangs als auch besonders bei den direkt Beteiligten eine stark subjektive Färbung fast unvermeidlich sein. 4. Nur selten handelt es sich um Zeugen, die im ruhigen Beobachten geübt sind. 5. Hat der Zeuge nach der einen oder anderen Richtung meist ein Interesse daran, seinen Bericht subjektiv zu färben, was er unwillkürlich oder auch absichtlich tut. 6. Wird selten sofort nach dem Ereignis oder kurz nachher ein schriftlicher Bericht niedergelegt, der den bewußten Zweck hat, das Ereignis möglichst objektiv zu schildern. Der Zeuge wird vielmehr meist erst später über das Ereignis vernommen ; entweder ist es dann, weil es an sich gleichgültig und nicht affektbetont war, mehr oder weniger vergessen und wird mit starken Lücken oder Erinnerungsanpassungen und -fälschungen berichtet, oder falls es affektbetont war, wird es durch häufiges der Vernehmung vorhergehendes Erzählen — oder auch ohne das — nach einer bestimmten Richtung gesteigert und entstellt. Man sieht also, die ältesten Ladenhüter im Inventar der Kritik sind bei genauerer Analyse nicht viel wert, auch hier zeigt sorgfältige Untersuchung, deren ausführliche Erörterung ich mir vorbehalte, daß mit allgemeinen Analogien nichts gesagt ist. Erst ausführliche Einzeluntersuchung kann jeweils zeigen, was TOM Werte eines Arguments zu halten ist. -
(Schluß folgt in Heft .2.)
Zur Mechanik der Odstrahlen. Von Albert Hofmann, Mehlem. Freiherrn von Reichenbachs Odlehren sind bekannt. An seine Schriften haben sich unzählige andere angeschlossen, welche seine „Behauptungen" meist bestätigen, sogar sie überbieten. Wir können nicht umhin, diesen Ausdruck zu wählen, weil von Reichenbach keine eignen Beobachtungen beibringt, sondern sich auf die Angaben seiner Sensitiven verläßt. Ähnliches gilt auch von vielen seiner Nachfolger. Dies ist der Grund, warum die- Berichte über das Od angezweifelt wurden. Über die angeblichen Lichtwirkungen des Ods habe ich ausführlich berichtet („Die odische Lohe, Heft 11 der okkulten Welt, Joh. Baum Verlag, Pfullingen), es blieb noch übrig zu untersuchen, ob von Reichenbachs Behauptung zu Recht bestehe: „Die Körper emanieren oder radiieren etwas aus, das ihr Gewicht nicht verringert, durch Glas hindurchgeht, und das auch auf Entfernung so mächtige Wirkungen ausübt, daß es motorische Tatsachen vollbringt, d. i. die Bewegungen des Pendel beherrscht" 1). -
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) „Die odische Lohe" von v. Reichenbach, S. 60. Leipzig, Max Altmann 1909.
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Aus dem großen angeblichen Tatsachenmateriale wollen wir hier die mechanische Wirkung der aus Kristallen ausgehenden Odstrahlen betrachten, trotzdem es höchst unwahrscheinlich sein muß : in den Kristallen sei eine unendliche Kraftquelle enthalten. Die von Reichenbach sehe Schule behauptet, aus den Spitzen der Kristalle strahle eine Lohe aus, die motorische Leistungen vollbringe, der also eine repulsive Wirkung zuzuerkennen sei. Ein jeder Bergkristall soll verschiedene Lohen ausstrahlen, an den Enden seiner Hauptaxe am stärksten. Die positive Lohe und damit das positive Ende des Kristalls ist stets da, wo der Kristall mit seiner Basis aufgewachsen ist. Das negative Ende ist an seiner freien Spitze. Die Länge der Loheausströmung am positiven Pole verhält sich zu der des negativen etwa wie 1:2; „damit soll aber nur gesagt werden, daß das negative Ende die längern und verhältnismäßig dickem n Lohe liefert" 1). Bringt man die Kristalle in die Richtung des Meridians „den negativen Pol rechtsinnig nach Norden gekehrt, so wachsen .die Ausströmungen beider Pole". Selbst wenn die Kristalle widersinnig in den Meridian gebracht werden, behauptet der negative Pol immer noch den Vorzug der Größe -vor dem positiven Pole (wenn auch in verringertem Maße 2). Faßt man diesen dualen Gegensatz ins Auge, so kann nichts auffallender sein als der Umstand, daß die Lohen von positivem •und negativem Werte sich einander nicht anziehen, nicht abstoßen und nicht neutralisieren; also nicht ineinander aufgehen, sondern selbstständigen Fortbestand nebeneinander, sogar in- und durcheinander behaupten. Wenn ungleichnamige Kristallpole einander entgegengeführt werden, so sehen wir ihre Lohen, sobald sie einander berühren, sich einander zur Verdickung nötigen zu Ellipsoiden gegenseitiger Pressung sich eher umstülpen und sich auftürmen als neutralisieren und vernichten. Aus dem Vorgetragenen können wir als Ergebnis buchen, daß, nach von Reichenb ach, die leuchtende Lohe das Gebiet ihrer mechanischen Wirkung illustriert. Nehmen wir beispielsweise zwei Bergkristalle von gleicher Größe, welche wir in den Meridian des Ortes hintereinander legen, so werden in ihrem Zwischenraume die Lohen, das jeweilige Kraftfeld des betreffenden Poles darstellend, gegeneinander abgeplattet erscheinen 8), an den freien Enden dagegen pilzförmig sich erheben. Beim Umkehren der Kristalle (Drehung derselben um 180 0 ) wird nunmehr die Basis rot und die Spitze blau leuchten. Wenn wir Ferdinand ') „Die odische Lohe" von v. Reichenbach, 8.56. ) „Die odische Lohe" von v. Reichenbach, S. 36 ff. unter der -Überschrift Neutralisation. 2 ) Wir wollen auf die spezifische Form der Kraftfelder nicht eingehen und betrachten diese Frage rein schematisch. 2
Zur Mechanik der Odstrahlen.
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Scheminzk y 1 ) Glauben schenken wollen, so ist dies eine für alle Kristalle zutreffende Tatsache (M) Wollten wir die Versuche des Herrn von R ei chenb a eh in dessen Maßstab wiederholen, so müßten wir mit Kristallen von größtem Ausmaße arbeiten, Bergkristalle von 10-35 Pfund, Gipsspate von 15-25 cm Länge usw., also mit wahren Museumsstücken, die nicht jedermann zur Verfügung stehen. Wir werden uns also bescheidener Stücke bedienen und feinere Beobachtungsmethoden anwenden.
Meridian, > N
Abb. 1.
Die Beschreibung derselben stellen wir an die Spitze. Für die Wiederholung der Pendelversuche bedienen wir uns einer auf einer schweren Glasplatte ruhenden Glasglocke. Diese hat einen äußeren Durchmesser von 25 cm und einen inneren von 21 cm. Ihre Höhe beträgt 50 cm. Sie ruht auf einem festen Holzuntersatze von 12 cm Höhe, in welchem ein Fernmikroskop Mi seitlich eingepaßt ist zur Beobachtung der Schwingungen des Pendels P. Dieser Holzuntersatz ist im Innern vollständig mit Staniol überklebt, um jedwede elektrische Ladungk , des Innern durch den Körper des Experimentators zu verhüten. Ferner sind darin die Verschiebe vorrichtungen angebracht, um die zu prüfenden Kristalle einführen zu können und sie an dem gewünschten Platz fein einzustellen. Als Pendelfäden dienten: ein Silberdraht von 0,02 mm Stärke, ein Nickelindraht von 0,03 mm und ein Quarzfaden von 0,015 mm. Diese Fäden waren an zylindrischen Metallstücken befestigt, welche mittelst einer Einstellvorrichtung im Halse der Glocke höher und tiefer gestellt werden konnten. Die Pendelkörper wurden mittelst einer kleinen Dreiklau aus Silber an das untere Fadenende gehängt. Ein Thermometer T dient zur Feststellung der Temperatur. Um für alle Pendelversuche genau gleichwertige Bewegungen zu erzielen, bediente ich mich meiner elektromagnetischen Abwurfvorrichtung 2). 1
) Die Emanation der Mineralien (Verlag J. C. Huber, Diessen). Wünschelrute und siderisches Pendel (Verlag Joh. Baum, Pfullingen) S. 54.
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Die Ankerplatte A eines kleinen Elektromagneten wurde auf dessen Fundamentholzplättchen um ihre Längsseite kippbar und leicht beweglich befestigt. Sie trug eine Messinggabel von 2 1 / 2 cm Länge, deren beiden Zweige S mittelst eines Stückchen Seidenstoffes überzogen sind. Dieses bildet einen flachen dazwischenhängenden Sack. Solange der elektrische
Abb. 2 a. Abb. 2. Auf der Glasglocke G der Hals, in welchem die Aufhängevorrichtung A zentral befestigt ist. Das Thermometer dient zur Kontrolle der Temperatur. Der Pendelkris( all E wird mittels der elektromagnetischen Abwurfvorrichtung ins Schwingen geb' acht und mittels des Mikroskops Mi beobachtet. Ti Tischfläche aus Glas.
Elektromagnetische Abwurfvorrientung. Durch Stromschluß wird in deo Eisenkörpern E Magnetismus erregt und dadurch der Anker A angezogen, der in Scharnieren beweglich. An A sind zwei Stifte befestigt, zwischen welchen ein Stückchen Seide eingespannt ist. Dieses trägt den Pendelkörper. Beim Offnen des Stromkreises fällt der Anker, die Seidenfangfläche kommt in geneigte Lage und gibt den Pendelkörper frei (Wenn A in Abb. 2 richtig eingestellt, kommt eine absolut stoßfreie Pendelung zustande.)
Strom geschlossen und der Anker angezogen, hat das Seidenstück eine schwach ansteigende Lage. Sobald der Strom geöffnet, fällt der Anker und damit kommt der Stoff in eine geneigte Lage und gibt den auf ihm ruhenden Pendelkörper frei. Derselbe kommt dann stets in ein stoßfreies Schwingen, wenn vorher zwei bis drei blinde Ablaufe versucht waren, wodurch falscher Drall des Fadens bzw. Drahtes ausgeglichen wird. Diese kleine Vorrichtung hat sich ausgezeichnet bewährt. Abb. 2 gibt eine schematische Skizze des geschilderten Aufbaues, sie ist ohne weitere Erklärun g verständlich. Der Zweck der Pendelversuche war, zu ergründen, ob ein schwingender Kristall von der angeblichen Lohe eines größeren Kristalls derselben oder anderer Art irgend eine Beeinflussung erlitte. Zu diesem Zwecke wurden verwendet als Pendelkörper :
Zur Mechanik der Odstrahlen.
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Kugeln 1 ) aus Bergkristall von 54,8 g und 3,05 g Gips 1,2 „ „ 5,4 71 71 Schwefel 2,3 „ „ 6,1 77 11 Kristalle Bergkristall 22 mm Länge Gips 26 11 71 77 Als ablenkende Kraftquellen : 1 Bergkristall von 90 mm Länge und 40 mm Basisdurchmesser 1 Gipskristall ,, 68 „ 26 „ Durchmesser 1 Schwefelkristall „ 40 „ „ 24 11 71 Die Einwirkung wurde versucht: a) mit gleichsinnigen Polen zueinander gekehrt b) „ widersinnigen 77 71 Die Einwirkungsstelle der beiden Kristalle aufeinander war stets der Endpunkt der Schwingung. Weil dort die Geschwindigkeit des pendelnden Körpers fast Null, mußte die Wirkung der Anziehung bzw. Abstoßung am intensivsten sein. Die Schwingungsrichtung des Pendels war O—W, damit die Ausstrahlung der Kristalle im Meridiane blieben, also ihre größte Kraft entfalten konnten. Die verwendeten Kristalle waren vorher viele Monate lang im Dunkelraum aufbewahrt gewesen, die Achsen alle richtig im Meridiane orientiert, damit sie ihre Lohen in höchster Kraft entwickeln konnten, ohne einander irgendwie falsch zu beeinflussen. Wie denn überhaupt alle Vorsichtsmaßregeln, die von Reichenbach an verschiedenen Orten aufzählt, im Sinne seiner Lehre auf das gewissenhafteste befolgt wurden. Wie aus der Abb. 3 (die Horizontalanordnung des Versuches darstellend) ersichtlich, mußte, falls eine auch nur ganz geringe Anziehung oder Abstoßung des Pendels durch die Lohe des Ablenkungskristalles X oder Y erfolgte, die normale Schwingungsebene derselben m—m nach n—n oder o—o verlegt werden. Die Messung der eventuellen Ablenkung der Schwingungsebene geschah mittelst des Fernmikroskopes Mi, welches genau in der Schwingungsrichtung des Pendels stand und dessen Objektiv auf eine scharfe Marke des Pendelkörpers eingestellt war. An der Verschiebung dieser Marke .auf einer im Okular befindlichen Feinteilung nach rechts oder links konnten 1 / 100 mm mit Leichtigkeit gemessen und kleinere Entfernungen noch erkannt werden. Alle möglichen Kombinationen der genannten Körper wurden in diesem Apparate geprüft 1), aber bei keiner einzigen konnte eine Ab1 ) Auf den Kugeln waren die Endpunkte der`Achsen durch feine Kreislinien kenntlich gemacht, eine einfache umgab die vormalige Spitze und eine doppelte die Seite der Basis. Es war somit leicht, diese Kugeln kristallographisch nach den ablenkenden Kristallen gegenüber zu orientieren. ') Es wurden jedesmal 2-300 Doppelschwingungen des Pendels wenigstens beobachtet. In einzelnen Fällen sogar 500, ohne eine Veränderung in der Schwingungsebene auffinden zu können.
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A. Hofmann.
lenkung der Schwingungsebene festgestellt werden, weder im positiven noch negativen Sinne; so daß wir in der Lage sind, behaupten zu können, jene Annahme von Reichenb achs sei eine irrige. Als Kontrolle des richtigen Funktionierens des Apparates wurde bei den Versuchen mit Bergkristall plötzlich der Strahlenkegel einer Bogenlampe auf die aneinander vorbeipassierenden Körper geleitet. Durch die in demselben enthaltene große Wärmeinenge entstand auf den Kristallen Aktinoelektrizität, der Pendelkörper wurde kräftig aus seiner Bahn geschleudert und der Silberfaden, der ihn trug, zerriß. Bei Wiederholung des Experimentes wurde das Licht des Strahlenkegels durch eine Zelle, worin sich eine Lösung von Jod in Schwefelkohlenstoff befand, vollständig absorbiert, aber die Wärmestrahlen fast ungemindert, wie vorhin erwähnt, auf die Kegelstelle geleitet. Dieselben flogen wieder auseinander. TZ --M
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im Abb. 3. Darstellung der Versuchsbedingung von oben gesehen. x bzw. y sind die beeinflusseulen Kristalle in — bzw. + Stellung. Die normale Schwingungsrichtung ist m—m, das kleine Quadrat darin bezeichnet den schwingenden Kristall in einer Endlage, die durch das Mikroskop Mi beobachtet wird. Sobald eine Anziehung oder Abstoßung durch X oder Y erfolgt, muß die Schwingungscbene sieh nach n—n bzw. o—o verlagern, was in der Okularskala von Mi leicht festgestellt werden kann
Wenn auch kein Einwand zu befürchten ist, die Art der beschriebenen Methode sei zu unvollkommen, um ein einwandfreies Ergebnis zu gewährleisten, so wurde doch eine Kontrollserie von Versuchen angestellt, nach Art der Coulomb'schen Drehwage. Auf dem Halse der Luftpumpenglocke wurde ein, im Zentrum einer Teilung, drehbar eingesetzter Zapfen angebracht, der an seinem unteren Ende den feinen Silber- oder Nickelindraht trug, an dessen Ende der kleine Wagebalken hing, an dem wiederum Kristall und Gegengewicht befestigt waren. Der Wagebalken schwebte in der Mitte des Holzuntersatzes. Er trug über seiner Mitte einen feinen Galvanometerspiegel von 8 mm Durchmesser. Im Abstande von 1 m war eine spaltförmige Lichtquelle aufgestellt mit vorgesetzter Linse, um eine scharfe Lichtlinie auf einer über der Lampe horizontal aufgestellten Millimeterteilung gespiegelt zu entwerfen. Jede noch so geringe Drehung des Wagebalkens mußte sich durch eine entsprechende Verschiebung dieser Lichtlinie erkennen lassen, wobei sich diese Winkelverschiebung auch messen ließ. Abb. 4 stellt einen solchen Wagebalken dar. Sp. der Galvanometerspiegel, K der zu prüfende Kristall und G ein verschiebbares Gegen-
Zur Mechanik der Odstrahlen.
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gewicht. Vor Anstellung eines jeden Versuches wurde sowohl der Wagebalken als auch der Wirkungskristall mit der Erde verbunden, um jede Elektrizitätsansammlung auf ihnen abzuleiten. Als Wagebalken wurden angewendet: Aluminiumdraht, Glasfaden, Silberdraht. Als Untersuchungskörper: 1 kleiner Bergkristall von 7 g Schwere, 1 natürlicher Gipskristall von 2,5 g Gewicht und 1 natürlicher Schwefelkristall von Girgenti von äußerst scharf gebildeter Pyramide von 3,6 g. Als Gegenkörper : die oben genannten großen Kristalle.
Abb. 4. Das untere Ende der Drehwage. An dem Ende des Fadens hängt die Gabelklaue. In die offenen Haken derselben wird der Wagebalken eingehängt. Dieser trägt einerseits den zu prüfenden Kristall K und andererseits ein verschiebbares Gegengewicht 0-. Die Drehung des Wagebalkens wird durch die Wanderung des im Spitgel Sp. reilektierten Lichtstreifens auf der Skala beobachtet.
Zunächst wurde der Gegenkörper an seinen Platz gebracht, alsdann durch Drehung des oberen Zapfens der Wagebalken mit dem Untersuchungskörper ihm genähert, lars zwischen beiden nur noch ein Abstand von 0,2 mm blieb, der durch die Beobachtung mittelst des Mikroskops kontrolliert wurde. Bei den vorläufigen Versuchen war ein Probescheibchen, bestehend aus Goldschaum, an einem Aluminiumdraht befestigt, zwischen die beiden Kristalle gelegt worden und der Wagebalken nun dem Gegenkörper genähert, bis eine schmale Linie zwischen dem Gold und dem zu untersuchenden Kristalle verblieb. Es sollte damit jede vorherige Berührung, wodurch Elektrizität erzeugt werden konnte, vermieden werden. Diese Vorsicht erwies sich als unnötig: es gelang leicht, die Körper in den richtigen Abstand zu bringen ohne jede ungewollte Berührung derselben. Auf die zahllosen, mit dieser Versuchsanordnung angestellten Versuche einzugehen erübrigt sich: sie fielen alle negativ aus. Es dürfte damit endgültig der Beweis für die Nichtexistenz einer mechanischen Wirkung der odischen Lohe erbracht sein.
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Graf C v Klinckowstroem.
Mediumistisches. Von H ou dini, Slade, Weiß und anderen Dingen. Von Graf C. von Klinckowstroern, München. Als der Unterzeichnete in der „Umschau" (1922, Nr. 47, S. 736) auf Grund einer Angabe in Paul He uz s Buch „Les morts vivent-ils?" 2. Teil, Paris 1922, S. 207, aus einer Sitzung mit dem Medium Franck Kluski, das von Dr. Geley übergangene Detail des Paraffinabgusses eines angeblich „teleplastisch" entstandenen Gesäßes mitteilte, da fielen die Metapsychiker über mich her und warfen mir vor, daß ich unbeglaubigte „Klatschgeschichten" des Journalisten Heu z e leichtfertig in Umlauf setze und damit die okkultistische Forschung lächerlich machen wolle. Ich ging dann der Sache nach und vermochte den Tatbestand als zutreffend festzustellen („Der physikalische Mediumismus", 1925, S. 407 ff.). Der gleiche Vorwurf wurde neuerdings gegen mich erhoben im Zusammenhang mit einem eingehenden Referat über 11.g o U di rii' s Buch „A Magician among the Spirits" 1) in der „Umschau", 1925, Nr. 15. Dr. R. T i s ch n e r hat dieses Referat zum Anlaß genommen für ein paar prinzipielle Bemerkungen über de,n Mangel an Kritik, die die Gegner des Okkultismus bei Benutzung ihnen „in den Kram passender" Quellen bekunden — den gleichen Mangel, den sie sonst den Okkultisten vorzuwerfen pflegten. Dabei sei es an sich gleichgültig, ob ein besonderer Fall sich bei der Nachprüfung als richtig herausstellt oder nicht. Tis chn e r denkt hier vornehmlich an das Selbstbekenntnis von Si ade. Er beschließt seine in durchaus korrektem und sachlichem Tone gehaltener" Ausführungen mit der zweifellos richtigen Erfahrung: „Wir alle neigen dazu, das, was zu unseren sonstigen Ansichten paßt, nicht mit solch scharfer Kritik zu untersuchen als das, was ihnen widerspricht." Tis c hner erkennt H o u dini nicht als wissenschaftlich zuverlässigen Gewährsmann an 2 ). Das ist nun in der Tat nicht unrichtig. Das Buch des Taschenspielers Houdini ist kein wissenschaftliches Werk im eigentlichen Sinne und will es auch nicht sein. H o u dini ist kein Gelehrter, philologische Akribie ist ihm fremd. Es sind ihm auch eine Anzahl Fehler und Ungenauigkeiten unterlaufen, u. a. auch in der Schreibung der Namen. Aber hierin wird sein Buch von Oh. R i chets „Traite des Metapsy - chique", das den Anspruch auf Wissenschaftlichkeit erhebt, bei weitem übertroffen! Während sich T i sehne r in ganz sachlicher und ruhiger Weise ausgesprochen hat, hat hingegen Dr. Frhr. v. Sehr enck-Notzing (ebenda S.311) seinem Ärger ungehemmt die Zügel schießen lassen. Er beschäftigt sich hier nur mit dem Detail, daß Houdin i in einer seiner Sitzungen mit Eva C. in London eine betrügerische Manipulation bemerkt zu haben 1) Vergl. das Referat über dieses Werk im vorliegenden Hefte, S. 78. Daselbst auch der Wortlaut des Slade-Bekenntnisses. 2) „Psychische Studien", Juni 1925, S. 349 ff.
Mediumistisches.
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behauptet. „Daß blinde Negativgläubigkeit die Gegenpartei leicht zu einer mangelhaften Quellenkritik verführt, dazu bietet der kürzlich erschienene Artikel, „Houdini und der Mediumismus", von Graf Carl v. K1 inck 0W str oem ein lehrreiches Beispiel („Umschau" 1922, Heft 15). In diesem Aufsatz wird von dem Referenten behauptet, daß Houdini bei der englischen Nachprüfung der Materialisationsphänomene von Eva C. Gelegenheit bekommen habe, an 11 Sitzungen teilzunehmen, bei denen dieser Taschenspieler gewisse Tricks wahrgenommen haben will, die in der „Umschau" näher geschildert werden. K lin ckowstroem spricht sogar von einem Ergebnis der Houdinischen Untersuchungen, wonach Evas Produktionen betrügerisch seien. In Wirklichkeit hat Houdini überhaupt nur an 2 Sitzungen, nämlich am 23. und 25. Mai 1920, teilgenommen, die beide negativ ausfielen. Am 23. Mai 1920 erschienen Speichel auf der linken Schulter und weiße Flecken auf rechter und linker Schulter, sowie weißer Schaum auf der Brust. Am 25. Mai 1920 erfolgte kein Phänomen. Das sind die Gesamtwahrnehmungen dieses Taschenspielers, die ihm genügten, Eva C. als Schwindlerin zu bezeichnen, sowie den Verdacht des Betruges auf Madame Biss on zu werfen. Ein Autor wie Graf Klinekowstroem gibt sich dazu her, die leichtfertigen und unerhörten Ehrabschneidungen eines materiell interessierten professionellen Gauklers ohne jede Nachprüfung als Beweismittel gegen den Mediumismus in seiner Arbeit öffentlich zu verbreiten, obwohl die genauen Protokolle der Soc. of Psych. Research in englischer und deutscher Sprache vorliegen, nur weil die Houdinischen Verleumdungen geeignet sind, die mediumistische Forschung zu verunglimpfen." Man sollte nun meinen, daß Dr. v. Schrenck-Notz in g , wenn er einen solchen Ton anschlägt, sich die Mühe genommen hat, den Tatbestand an der Hand der von ihm zitierten Originalprotokolle besonders sorgfältig nachzuprüfen. Er hat das nun merkwürdigerweise nicht getan, sondern sich von Mad. Bisson, „um jeden Irrtum auszuschließen", bestätigen lassen, daß Houdin i nur an 2 Sitzungen teilgenommen habe („Umschau" 1925, Nr. 25, S. 505). An wie viel Sitzungen hat Houdini nun wirklich teilgenommen, und was hat er gesehen? In seinem Buch nennt er die Zahl 8. In meinem zitierten Referat, wo ich 11 sagte, ist mir bedauerlicherweise ein Schreib- oder Druckfehler unterlaufen. Auch lFl oudini irrt in diesem .unwesentlichen Punkt Wie aus der Originalveröffentlichung der S.P.R. (Proceedings, vol. 32, part 84, 1922) hervorgeht, waren es deren 6: die Sitzungen vom 23. Mai, 18., 21., 23., 24. und 25. Juni 1920. Hiervon waren 3 negativ. Am 25. Mai war Houdini nicht anwesend. Was hat nun Houd in i gesehen? Das von ihm mitgeteilte Detail hat er nach seiner Angabe in der Sitzung vom 22. Juni erlebt, was ein Schreibfehler für den 21. Juni ist. Es handelt sich um das laut Protokoll (Proc. a. a. 0., S. 294; Schrenc k, „Materialisationsphänomene" II, S. 368) um 11 Uhr 35 beobachtete Gebilde vom Aussehen „einer Membran aus Wachs" (im Original: like a membrane or oilskin), das „plötzZeitschrift für Okk ultismus I.
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Graf C. v. Klinekowstroem.
lieh verschwand". Houdini hatte als einziger gesehen, w je es verschwand: im Munde des Mediums mittels einer dem Magiker geläufigen Trickbewegung. Dingwall sagt in seinem Kommentar zu dieser Stelle, die in der Schrenckschen übersetzung fehlt: „Die vergleichsweise nächstkommende normale Substanz wäre ein abgerissenes längliches Stück sehr dünnen weißen Gummis oder Goldschlägerhaut. Dieses wurde nahe dem Munde von den Fingern (des Mediums) gezogen, geknetet und bearbeitet. Es verschwand schließlich augenscheinlich in einer sehr merkwürdigen Weise". D ingw all und die anderen Anwesenden haben das „Wie" des Verschwindens also nicht beobachtet. Die Schrenckschen Schlußfolgerungen sind mithin hinfällig. Mag man Houdinis Beobachtung einer Trickbewegung bei Eva C. für richtig halten oder nicht, in der Weise, wie S ehren ck es getan hat, seine Glaubwürdigkeit in Zweifel zu ziehen, ist jedenfalls nicht angängig. Ich komme nunmehr zum Fall Slad e. Wie im Falle Kluski habe ich mich bemüht, über Slades Selbstbekenntnis des Betrugs, welches Ho u di n i in seinem Buche (S. 99) mit einem ausführlichen Bericht von Remigius Weiß mitteilt, Näheres zu erfahren. Denn „selbstverständlich konnte dieses Dokument den Okkultisten zu an sich nicht unbegründeten Zweifeln Anlaß geben, zumal H oudini seinen Gewährsmann als „altes Medium" bezeichnet hat. Hier ist zunächst wieder eine Ungenauigkeit Ho udi nis zu verzeichnen. Wie aus einem nachträglich ausgegebenen Deckblatt mit Korrekturen zu seinem Buch hervorgeht, ist Remigius Weiß nicht ein altes Medium, sondern im Gegenteil ein alter erfahrener Mediumforscher, der namentlich in der Blütezeit des amerikanischen Spiritismus durch Vorträge und Veröffentlichungen zur Aufklärung beizutragen gesucht und eine ganze Anzahl von Schwindelmedien entlarvt hat, die, wie Weiß angibt, zum Teil mit schönen Titeln als „Doktoren", „Professoren", „Colonels" usw. auftraten. Amerika ist fern. Was aus Amerika kommt, begegnet in Europa vielfach einem nicht unberechtigten Mißtrauen. Der Nachweis für die Echtheit des Sladeschen Selbstbekenntnisses ist nicht leicht zu führen, da eine unmittelbare Nachprüfung nicht möglich erscheint. Denn weder eine photographische Reproduktion des Originalschriftstückes noch eine notariell beglaubigte Abschrift würde an sich die Echtheit des Originals bezeugen, sondern nur die Existenz desselben. Immerhin besitzt Weiß außerdem noch zwei Sladetafeln mit „Geisterschrift", die Ho udini in seinem Buch reproduziert hat. Hinsichtlich des Bekenntnisses schrieb mir Remigius Weiß in einem sehr ausführlichen Brief vom 13. Juni 1925 u. a. : „Sie werden fehlgehen und verkennen den springenden Punkt des Ziels der Okkultisten, wenn Sie glauben, daß diese jemals Slades Bekenntnis als Beweisstück für dessen mediumistischen, Schwindel und Scharlatanerien anerkennen werden, obwohl es von seiner eigenen Hand geschrieben ist." Ich bin im Besitz einer ausführlichen, von Remigius Weiß vor einem Notar beschworenen Aussage über das Selbstbekenntnis Slades, über die Entlarvung und was damit zusammenhängt.
Mediumistisches.
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Nun verfolgen die Okkultisten in ihrer Polemik neuerdings gern die Taktik, ihre Gegner zu diskreditieren und ihnen unsachliche Motive unterzuschieben. Wie wir gesehen haben, hat das Schre nck -N otzing hinsichtlich Houdinis in recht krasser Weise getan"). Ein weiteres Beispiel dafür ist die an anderer Stelle dieser Zeitschrift (Heft II) noch zu kennzeichnende Veröffentlichung von Chr. Schröder in den „Psychischen Studien" (1924). Ich habe mich deshalb mit dem in Deutschland unbekannten Herrn Remigius Weiß (Philadelphia) in Verbindung gesetzt und ihn um nähere Auskunft über seine Tätigkeit usw. gebeten. Herr Weiß hat in einem 22 Seiten langen temperamentvollen Schreiben ausführlich geantwortet, das ihn als einen vielseitig gebildeten Mann zeigt, und hat diesem auch eine kleine Photographie beigelegt. Das Porträt zeigt einen weißbärtigen alten Herren von energischem Gesichtsausdruck und mit lebendigen Augen vom Typ William Cr ooke s. Ein sympathischer Gelehrtenkopf. Ich entnehme diesem Schreiben, was für unseren Fall von Bedeutung ist. Remigius Weiß, unter dem Schriftstellernamen Remedius Alb us bekannt, ist auf den Gebieten der experimentellen Psychologie, der Soziologie, Sozialökonomie, der sozialen, intellektuellen und ethischen Erziehung als Schriftsteller und Vortragsredner tätig und ist ein offenbar angesehenes Mitglied der Ethical Society in Philadelphia. Er hat mir eine Anzahl prominenter Mitglieder dieser Gesellschaft als Referenzen genannt. In den Jahren 1883/84 hat er nach seiner Angabe in englischen und deutschen Zeitschriften und Zeitungen eine Anzahl Aufsätze über Spiritismus, Aberglauben, psychische Epidemien usw. veröffentlicht. Auch der Seybert-Kommission hat er nach seiner Angabe seiner Zeit als Berater nahe gestanden. In der letzten Zeit scheint er sich mit dem Thema nicht mehr praktisch befaßt zu, haben. Über Slade hat mir Herr Weiß allerhand neue und interessante Details mitgeteilt. „Da Henry Sla de tot ist", meint er an einer Stelle seines langen Briefes, „sollten wir da nicht sagen : de mortuis nil nisi bene? Wäre es nicht am Platze, wenn Sie Ihren okkultistischen Gegnern mit Lincolns Worten sagten: I am not bound to win, but I am bound to be true. I am not bound to succeed, but I am bound to live up to the light I have. I must stand. with anybody that stands right, stand with him while he is right, and part with him when he goes wrong." Das Original des Slade-Bekenntnisses, dessen Text uns Houdini in seinem Buch erstmals mitgeteilt hat, haben bei Weiß viele Leute gesehen. Weiß hat mir einige Namen in Amerika bekannter Persönlichkeiten genannt, z. B. den Historiker und Sozialisten Samuel W. Penny1) 1 ) In den Vereinigten Staaten scheint man jedenfalls Hou dini höher einzuschätzen. Wie auch aus einem Referat des okkultistischen Schriftstellers General J. P eter im Juliheft 1925 der „Psychischen Studien" (S. 399 ff.) hervorgeht, hat sich Ho udini bei den vom .,Scientific American" unternommenen Experimenten mit dem Medium „Margery" als sehr wertvolle Kontrollperson bewährt und den Schwindel aufgedeckt.
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Graf C. v. Klinckowstroem.
p a ck e r , seiner Zeit Gouverneur des Staates Pennsylvania, mit dem Weiß befreundet ist; Prof. St. Grimes; Lawrence Grön lun d (Jurist); F. W. Fritz sehe, Verfasser von „Labor Laws", ein Deutsch-Amerikaner, der mit dem bekannten Journalisten Viereck nach Amerika kam und als Schriftleiter in Philadelphia wirkt; der Spiritist Paul Bunz, der in den Vereinigten Staaten unter dem Schriftstellernamen B u rn s bekannt ist ; Luis Werner, langjähriger Hauptschriftleiter in Philadelphia usw. Die Genannten waren auch vielfach Zuhörer bei Vorträgen von Weiß und Zeugen von Medienentlarvungen durch ihn in ihren eigenen Wohnungen. Zu seinen Freunden zählen u. a. auch der Okkultist Prof. W. R. New bold, Prof. Constantin Hering, der Vater der Homöopathie in Amerika, der Okkultist Dr. H. Tiedemann usw. Ich stehe daher nicht an, den Mitteilungen von Weiß Glaubwürdigkeit zuzuerkennen und halte diese einer Wiedergabe für wert. Nach Angabe von Weiß sagte ihm Slade selbst nach seiner Entlarvung, das Bekenntnis würde ohne Wirkung auf die Spiritisten bleiben und seinem Ruf als stärkstes Medium der Zeit nicht schaden. Die tausende intelligenter Beobachter, Spiritisten und Nichtspiritisten, die seine wunderbaren Phänomene gesehen und für echt gehalten hätten, würden seinem eigenen Bekenntnis nicht glauben. Slade legte diesem Bekenntnis selbst niemals einen praktischen Wert bei. Weit peinlicher war es ihm, daß Weiß und seine Mitarbeiter seinen modus operandi durchschaut hatten. Deshalb bat er Weiß sehr eindringlich um das Versprechen, das Bekenntnis nicht zu veröffentlichen und seine Tricks nicht bekannt zu geben, bis er eine Möglichkeit gefunden habe, seine Laufbahn als „Medium" aufzugeben. Es war die Furcht vor dem Gefängnis, die Slade veranlaßte. das Bekenntnis zu schreiben, daß alle seine Manifestationen, ebenso wie die aller anderen Medien, die er gesehen habe, betrügerisch seien. Später behauptete Slade gelegentlich, daß Weiß, der „Psychologe und Hypnotismus-Experte", ihn unter hypnotischem Zwang zur Niederschrift des Geständnisses genötigt habe. Die Spiritisten hätten derartige Lügen geglaubt und Weiß beschimpft und bedroht. „Als ich 1872 nach Newyork kam", schreibt Weiß, „war Slade dort so radikal entlarvt worden, daß nicht nur die „New York Sun", sondern sogar spiritistische Blätter wie das „Religio-philosophical Journal" Slade als das niedrigste Schwindelmedium, als den demoralisiertesten und demoralisierendsten Schurken der Erde bezeichneten. Als ich ihn (1882) entlarvte, und er sein Bekenntnis schrieb, da nannten dieselben spiritistischen Blätter, von denen einige von ihm bezahlt wurden, S1 a d e „absolut ehrlich" und traten für die Echtheit seiner Produktionen ein." Die Herausgeber dieser Spiritistenblätter waren nach Weiß zum Teil auch von reichen und einflußreichen Spiritisten finanziert. Es hat ein ganzes Jahr gedauert, bis es W eiß gelang, von Slade im Jahre 1882 zu einer Sitzung zugelassen zu werden. Für diese erste
Mediumistisehes.
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Sitzung, die in Girards Hotel in Slades Zimmer stattfand, hat Weiß 5 Dollar zahlen müssen, für die zweite in seiner eigenen Wohnung 25 Dollar. Da dort anstatt 3 Personen als Teilnehmer der Sitzung sich deren 4 vorfanden, verlangte Sla de eine Nachzahlung von 4 Dollar, die ihm Weiß ins Hotel bringen sollte. Daselbst erfolgte dann die Entlarvung und das von Weiß veranlaßte schriftliche Selbstbekenntnis. „Als ich 1882 Sla de in Philadelphia entlarvte, traf dieser auch mit J. L. Lewis vom „Intelligencer" ein Abkommen, einer in Belleville, Ontario (Kanada) erscheinenden Zeitung, dort gegen ein Honorar von 150 Dollar nebst Erstattung aller Spesen eine Sitzung zu geben. Bald nach seiner Ankunft in Belleville wurde er entlarvt und durch den dortigen Polizeichef Mo Kinn an in Haft genommen. Nach seinem Geständnis und der Aufklärung über die Art seiner Tricks wurden ihm 5 Minuten Frist gegeben, den Ort zu verlassen. Mehrere Zeugen der Entlarvung und des Geständnisses hatten den Polizeichef gebeten, mit dem minderwertigen Subjekt milde zu verfahren, ihn nicht ins Gefängnis zu werfen, sondern laufen zu lassen. Slade packte seine Koffer. .. Dann ging er nach Detroit und Battle Creek, einem wahren Nest von Spiritisten, und dort log er in Gesprächen und Vorträgen, daß er in Belleville betäubt worden sei (drugged), daß er „wild and ill" war und nicht gewußt habe, was er tat.. . Das Urteil seiner spiritistischen Freunde ging denn auch dahin, daß Sla de ein echtes, ehrliches und hervorragendes Medium sei, welches in schmählicher Weise mißbraucht und ungerecht verdammt worden sei." So viel von Sla de 1 ). Für die Richtigkeit der nicht nachprüfbaren Details über Sla de müssen wir die Verantwortung Herrn Remigius Weiß überlassen, an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln für mich kein Grund vorliegt. Mag rn,an ihm mit Recht oder Unrecht, den Vorwurf zu extrem-negativistischer Einstellung machen, wie es Houdini gegenüber seitens englischer und amerikanischer Okkultisten geschieht, so darf das den objektiven Chronisten nicht hindern, der Aufklärung dienliche Beobachtungen und Mitteilungen von dieser Seite zu verwerten. Wir haben im übrigen keinen Anlaß, uns zum Anwalt Houdinis zu machen. Wenn aber von okkultistischer Seite diesem ohne hinreichende Begründung unverblümt der Vorwurf der Unehrlichkeit und der Interessenpolitik gemacht wurde, so sahen wir uns um so mehr veranlaßt, den Sachverhalt klarzustellen, als manche Okkultisten in Deutschland sich neuerdings in dieser Hinsicht als besonders empfindlich zeigen und eine neue Taktik der Drohungen und Beleidigungsklagen anzuwenden belieben. Vielleicht wird ihnen der Ansgang des Prozesses Vollhart-Moll klarmachen, daß dieser Weg nicht geeignet ist, wissenschaftliche Streitfragen zu fördern, und daß die in ihrer Ehre sich gekränkt fühlenden Medien lieber ihren Kritikern Gelegenheit geben sollten, sich von der angeblichen Echtheit ihrer Produktionen zu überzeugen. ') Weiteres über ihn siehe in dem Werk: Der physikalische Mediumismus, Berlin 1925, S. 149 ff., wo Literatur genannt wird.
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A. Hellwig.
Psychologische Glossen zu dem Berliner Okkultistenprozeß. Von Landgerichtsdirektor Dr. Albert Hellwig, Potsdam. Der Berliner Arzt Dr. Schwab hat im Jahre 1923 die Ergebnisse seiner „zweijährigen Experimentalsitzungen mit dem Berliner Medium Maria Voll hart in einem Büchlein über „Teleplasma und Telekinese" veröffentlicht. Er kommt auf Grund seiner Erfahrungen zu dem Ergebnis daß telekinetische Phänomene, Apporte, Materialisationsphänomene, Leuchterscheinungen und andere paraphysische Phänomene festgestellt seien. Im Schlußwort (5. 98) gibt er allerdings auch zu, daß die Versuchsbedingungen für den „Skeptiker" auch bei seinen Versuchen noch zu wünschen übrig ließen ; besonders werde man in die Wagschale werfen, daß das Medium nicht körperlich untersucht worden sei. Das sei bisher aber nicht möglich gewesen ; doch könne es eventuell nachgeholt werden, wenn man das Medium dazu bringen könne. Doch stehe und falle die Sache nicht mit diesem Faktum; „Das Urteil darf ticht von Einzelheiten geleitet werden; diese werden auch die vorsätzliche Skepsis, der gerade die okkulten Phänomene immer wieder ausgesetzt waren, nicht im positiven Sinne beeinflussen „Die sogenannten exakten Versuchsbedingungen werden übrigens nie ausreichend sein im strengsten Sinne". In dem seinem Buch eingefügten Nachtrag (S. 113 ff.) bringt Dr. Schwab noch das Protokoll über eine nicht von ihm geleitete und ohne ihn stattgefundene Sitzung mit dem gleichen Medium. Er nennt diese Sitzung vom 11. April 1923 „eine bedeutungsvolle Sitzung" und erwähnt, daß an ihr u. a. „der Vorsitzende der ärztlichen Gesellschaft für parapsychische Forschung" Dr. med. Sünn er (Psychiater) sowie Dr. Vieregge, ebenfalls Psychiater, und der durch seine ergebnisreichen Experimente auf dem Gebiete der Telepathie bekannt gewordene Sanitätsrat Dr. Bruck teilnahmen. Sämtliche Teilnehmer der Sitzung sprachen sich einstimmig für die Echtheit der beobachteten Phänomene dem Verfasser gegenüber aus." Außer diesen Herren und dem Medium und ihrer Tochter nahmen an der Sitzung noch teil Dr. med. Grad en w it z sowie Rittmeister a. D. Das Protokoll wird in seinem ganzen Wortlaut von Dr. Schwab abgedruckt. Es schließt mit den Unterschriften der sechs Sitzungsteilnehmer. In diesem Protokoll werden Apporte von zwei Reifen und von Buchsbaumzweigen geschildert. Es handelte sich um eine Dunkelsitzung; das Zimmer war nicht untersucht worden; desgleichen nicht das Medium. Die Kontrolle des Mediums wurde rechts durch Dr. Bruck und links durch Dr. Sünner ausgeübt, die beide, wie sich jetzt herausgestellt hat, damals zum erstenmal einer derartigen Sitzung beigewohnt haben, und
Pereholesehe Glossen zu dem Berliner Okkultistenprozeß.
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von denen Bruck außerdem noch ziemlich schwerhörig ist. Bezüglich der Art der Kontrolle heißt es in dem Protrokoll: Die Hände des Mediums werden sofort nach Lichtlöschen rechts von Dr. B ru c k und links von Herrn Dr. Sünner festgehalten und auf die Tischplatte aufgepreßt." Dieses Protokoll hatte Geheimer Sanitätsrat Dr. Moll in einer Sitzung der „Forensisch-medizinischen Vereinigung in Berlin sowie sodann auch in seinem Büchlein „Der Spiritismus" (Stuttgart o. J). abgedruckt und kritisiert. Er bezeichnete die Sitzung als bedeutungsvoll in dem Sinne, daß sie „ein dauerndes Dokument für die geistige Verfassung einiger Führer der Berliner Okkultisten" sei. Er sprach ferner als seine Überzeugung aus, daß Frau V ollhart in dem Augenblick, als das Licht gelöscht war, und bevor Kette gebildet wurde, sich die beiden Reifen über ihre Hände und Handgelenke gestreift habe. Moll sprach in diesem Zusammenhang auch von einem Trick und von Manipulationen, die das Medium vorgenommen habe. Das Medium oder vielmehr der Ehemann, ein Herr Rudloff, strengte wegen dieser Ausdrücke gegen Dr. Moll die Privatklage an wegen übler Nachrede. Das Amtsgericht Berlin-Schöneberg eröffnete auch das Hauptverfahren, trotzdem richtiger Auffassung nach 1) schon die Eröffnung des Hauptverfahrens hätte abgelehnt werden müssen, da bei richtiger rechtlicher Würdigung der Sachlage schon damals kein Zweifel bestehen konnte, daß Dr. M oll zum mindesten in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe. Trotzdem ist das allerdings sehr erhebliche Opfer an Zeit und Kraft, das der dreitägige Prozeß, der am 4., 8. und 11. Juli von dem Amtsgericht Berlin-Schöneberg verhandelt worden ist, gekostet hat, nicht vergeblich gewesen. Sowohl von dem Richter als auch von den Sachverständigen wurde von Anfang an betont, daß es sich nicht darum handeln könne, die Echtheit der angeblichen okkult-en Phänomene zu erweisen. Des Medium aber und seine Hintermänner, jene Pseudosachverständigen, die, wie manche Episode des stürmisch verlaufenen Prozesses zur Genüge zeigte, nach Kräften das Medium bei der Vorbereitung des Prozesses unterstützt hatten, jene Pseudosachverständigen, die das Gericht mit Recht als Sachverständige abgelehnt hat, — das Medium und seine Hintermänner wollten unter Mißbrauch der Formen eines Strafverfahrens den Nachweis erbringen, daß die in dem denkwürdigen Protokoll vom 11. April 1923 geschilderten Apporte echte Apporte gewesen seien. Wenn es auch bestritten wird, so geht dies doch aus einer mir gegenüber gemachten mündlichen Äußerung eines der Sachverständigen des Privatklägers hervor, wonach Frau Rudloff von Anfang an darnach gestrebt hat, als Zeugin unter Eid vernommen zu werden. Das ist doch nur dann verständlich, wenn sie und ihre Berater der Meinung gewesen sind, durch eidliche Bekundungen eines Mediums, daß es keinerlei Tricks vorgenommen habe, könne irgendwie die Echtheit der betreffenden angeblichen okkulten Phänomene erwiesen werden. Davon kann natürlich keine Rede sein. Und auch in den Gutachten der Sachverständigen kam
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A. Hellwig.
übereinstimmend zum Ausdruck, daß die Echtheit der okkulten Phänomene der Sitzung vom 11. April 1923 keineswegs als erwiesen gelten könne. Ja selbst einer der Sitzungsteilnehmer, Dr. Vier egg e, von dem Dr. Schwab behauptet hat, er habe sich gleich den anderen Sitzungsteilnehmern ihm gegenüber für die Echtheit der Phänomene ausgesprochen, äußerte sich als Zeuge dahin, daß er zwar keinerlei Bemerkungen gemacht habe, die auf einen Trick des Mediums hingedeutet hätten, daß er aber keineswegs von der Echtheit der angeblichen Apporte überzeugt sei. Über den Verlauf der Verhandlungen, so interessant sie auch nach den verschiedensten Richtungen hin waren, eingehend zu berichten, würde hier zu weit führen. Ich werde dies vielleicht später an anderer Stelle tun. Ich will nur die positiven Ergebnisse des Prozesses, soweit sie von allgemeiner Bedeutung für die kritische okkultistische Forschung sind, kurz skizzieren. Jeder von uns, der sich kritisch mit okkultistischen Problemen befaßt hat, wird die Erfahrung gemacht haben, daß die Hauptschwierigkeit darin liegt, daß hier in ganz anderem Maße als bei wissenschaftlichen Untersuchungen anderer Art alles mit dem Vertrauen auf die Persönlichkeit des Experimentators steht und fällt. Die Erfahrung zeigt leider nur allzu oft, daß auch Männer, von denen man es an und für sich vielleicht nicht erwarten sollte, sobald es sich um Beobachtungen oder um Experimente okkulter Art handelt, schwere Fehler machen, ohne daß sie es im geringsten gewahr werden. Die Bestimmtheit der subjektiven Überzeugung eines Forschers steht nicht selten im umgekehrten Verhältnis zur Verlässlichkeit ihrer objektiven Grundlagen. Es ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben des kritischen Okkultismus, die erforderlichen Unterlagen zur Psychologie der okkultistischen Forschung im allgemeinen und zur Psychologie der einzelnen okkultistischen Forscher im Besonderen zu schaffen. Das ist natürlich nicht gleichbedeutend damit, daß der Kampf um die Probleme persönlich werden muß. Die gehässig persönliche Art der Polemik, wie sie insbesondere von den „Psychischen Studien" geführt wird, ist unsachlich. Aus dieser Atmosphäre des Kampfes, die der Sache nie und nimmer nützen kann, herauszuführen, war gerade eine der Aufgaben, die sich unsere Zeitschrift gestellt hat. Wohl aber ist mit einer sachlichen Behandlung des Problems durchaus verträglich das Eingehen auf die Psychologie der einzelnen Forscher, soweit sie von sachlicher Bedeutung für die Einschätzung ihrer Arbeiten auf okkultem Gebiet ist. In dieser Hinsicht hat der Prozeß höchst beachtenswerte Aufschlüsse insbesondere über Dr. Schwab, Dr. Sünn er und Dr. B ruck ergeben. Das von Dr. Schwab veröffentlichte Protokoll ist, wie jetzt allgemein anerkannt wird, außerordentlich mangelhaft. Die Mängel sind so offensichtlich, daß die Kritik, die Moll an Hand dieses Protokolls an der Sitzung und an den Sitzungsteilnehmern geübt hat, eher zu milde als zu scharf ist. Trotzdem hat Dr. Schwab dies offenbar nicht erkannt,
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denn sonst würde er sich wohl gehütet haben, dieses Protokoll über eine „bedeutungsvolle Sitzung" noch in letzter Minute seinem Buch einzuverleiben. Es läßt das nicht darauf schließen, daß Dr. Schwab bei seinen Untersuchungen über okkulte Phänomene mit der erforderlichen Selbstkritik und Besonnenheit vorgeht. Er veröffentlicht das Protokoll auch mit sechs Unterschriften, während sich unter dem Orginal tatsächlich nur zwei Unterschriften befunden haben, nämlich die von Dr. Sün ner und von Dr. Bruc k. Er hat allerdings nach der Sitzung im Gespräch anscheinend — bei Dr. Bruck ist es zweifelhaft — die allgemeine Einwilligung der Sitzungsteilnehmer zur Veröffentlichung des Protokolls, aber nicht in der vorliegenden Fassung, erhalten. Damit aber durfte er sich nicht begnügen. Es hat deshalb später zwischen ihm und Dr. Bruck eine heftige Auseinandersetzung stattgefunden. Das Verhalten des Herrn Dr. Schwab soll gewiß nicht gerechtfertigt werden; doch muß mit allem Nachdruck betont werden, daß es keineswegs so ist, daß Dr. Sch w ab der allein Schuldige oder auch nur der Hauptschuldige sei, wie es anscheinend Dr. Bruck und Dr. Sünner hinstellen wollen. Weit schlimmere Fehler haben Dr. Bruck und besonders Dr. Sünner begangen. Daß sie an einer Sitzung teilnahmen, ohne daß die einfachsten Vorsichtsmaßregeln gegen Täuschung oder Selbsttäuschung ergriffen wurden, mag noch hingehen. Auch daß sie, trotzdem sie zum erstenmal eine Sitzung dieser Art mitmachten, die Kontrolle des Mediums übernahmen, soll ihnen nicht als Fehler angerechnet werden. Daß sie aber trotz dieser Umstände der Überzeugung waren und sind, daß die Phänomene, die sie erlebt haben wollen, echt sind, daß sie es für ausgeschlossen halten, daß sie hätten getäuscht werden können, trotzdem doch Dr. M oll sogar die Möglichkeit einer Selbttäuschung dem Richter gegenüber Gerichtssaal in einwandfreier Weise demonstriert hat, das zeigt, daß sie die kritische okkultistische Literatur, wenn überhaupt, so doch nur sehr ungenügend kennen und daß sie von ihrer Unfehlbarkeit mehr überzeugt sind, als gut ist. Je weniger jemand es für möglich hält, daß er getäuscht werden kann, desto leichter gelingt dies bekanntlich. Solange man nicht auf dem Standpunkt Molls steht, der trotz seiner jahrzehntelangen Erfahrung doch noch in jedem einzelnen Fall mit der Möglichkeit rechnet, daß er getäuscht wird oder sich selbst täuscht, darf man nicht erwarten, daß man Vertrauen findet, wenn man einen Versuch als beweiskräftig bezeichnet. Weit schlimmer aber noch ist, was sich über die Auffassungen Dr. Brucks und Dr. Siinners über Protokollwahrheit ergeben hat. Gewiß ist es richtig, daß vollkommen überzeugende Protokolle über Experimente dieser Art wohl kaum möglich sind. Das ist ja auch einer der Hauptgründe, die uns Skeptiker veranlassen, bis auf weiteres uns auch auf die schönsten Protokolle nicht zu verlassen und zu erklären, daß man nach dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens nur dann zu der begründeten Überzeugung von der Echtheit der okkulten Erscheinungen gelangen könne, wenn man sie selbst unter zwingenden Be-
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dingungen erlebt habe. Auf dem gleichen methodologischen Standpunkt stehen übrigens auch Männer wie Professor Dr. Zimmer, einer der Sachverständigen des Herrn Ru dl of f , der mir dies auch noch nach dem Prozeß brieflich bestätigt hat. Verkehrt aber ist es, daraus die Folgerung zu ziehen, daß man, da Protokolle ja doch nicht voll beweiskräftig wären, nunmehr mit der Protokollwahrheit nach Belieben umgehen könne. Wenn wohl auch kaum theoretisch, so doch praktisch — und das ist das Entscheidende — scheinen Dr. Sünner und Dr. Bruck auf diesem Standpunkt zu stehen. Das zeigt die Geschichte des Protokolls der „bedeutungsvollen" Sitzung vom 11. April 1923 zur Genüge. Da es sich um eine Dunkelsitzung handelte, also gleichzeitige Aufzeichnungen während der Sitzung nicht möglich waren, würde das Prokoll zweckmäßigerweise so hergestellt worden sein, daß, ohne daß vorher darüber gesprochen worden war, jeder Teilnehmer unmittelbar nach der Sitzung seine Eindrücke möglichst ausführlich und genau niederschrieb. Wollte man dieses etwas umständliche Verfahren nicht wählen, so konnte man schließlich auch — wenngleich die Fehlerquellen dadurch vermehrt wurden — unmittelbar nach der Sitzung die Beobachtungen austauschen und dann das Ergebnis niederschreiben. Man wählte den letzten Weg. Anstatt aber dem Protokoll sogleich eine einwandfreie Fassung zu geben, schrieb man zunächst nur eine flüchtige, für das „Hausbuch" des Mediums bestimmte Fassung des Protokolls nieder. Sie wurde von Dr. Bruck und Dr. Siinn er unterschrieben. Weshalb dieses vorläufige Protokoll, das eingestandenermaßen grobe Unrichtigkeiten enthält, von Dr. S ünn er und Dr. Bruck unterschrieben worden ist, konnte nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Im allgemeinen ist es üblich, durch die Unterschrift zum Ausdruck zu bringen, daß man mit dem Inhalt des Geschriebenen einverstanden ist. Insbesondere gilt dies, soweit es sich um Protokolle handelt, und zwar nicht nur um gerichtliche Protokolle, sondern auch um wissenschaftliche. Wenn aber Dr. Bruck und Dr. Sünn er von Anfang an der Überzeugung gewesen sind, daß das Protokoll den Sachverhalt nicht zuverlässig wiedergebe, so scheint es hiermit schwer vereinbar zu sein, daß sie trotzdem das Protokoll unterschrieben haben. Nun kam allerdings bei der Vernehmung von Dr. B r u ek die sehr erstaunliche Anschauung zutage, daß Dr. Bruck der Meinung ist, durch das Unterschreiben solcher Protokolle bezeuge keineswegs jeder der Unterschreibenden, daß sich der Vorfall tatsächlich in allen seinen Einzelheiten so abgespielt habe, wie es in dem Protokoll geschildert worden sei. Das Protokoll stelle vielmehr eine Art Kompromiß dar; in ihm komme zum Ausdruck, was man nach der Aussprache aus den voneinander abweichenden und einander ergänzenden Eindrücken der verschiedenen Sitzungsteilnehmer schließlich als aller Wahrscheinlichkeit nach dem Sachverhalt entsprechend annehme. Dieser eigenartigen Protokoll-
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wahrheit ist, jedenfalls während der beiden ersten Sitzungstage, während ich als Sachverständiger anwesend war, von keinem der anderen beteiligten Herren widersprochen worden. Es scheint danach, als habe Dr. Bruck hiermit die in seinen Kreisen geltenden Anschauungen über Protokollwahrheit zum Ausdruck gebracht. Es ist allerdings schwer verständlich, wie ein Arzt, der sich mit okkultistischen Forschungen befaßt, derartig laxe Auffassungen der Protokollwahrheit haben kann. Auch wenn man noch so gewissenhaft sich bemüht, in dem Protokoll den wahren Sachverhalt zum Ausdruck zu bringen und wenn man noch so sehr bestrebt ist, die voneinander in Einzelheiten abweichenden Wahrnehmungen der einzelnen Sitzungsteilnehmer hervorzuheben, wird das Protokoll erfahrungsgemäß doch nicht fehlerfrei sein. Wenn man aber gar nicht einmal ernstlich den Versuch macht, das Protokoll so zuverlässig wie nur möglich zu gestalten, dann tut man besser, die öffentliche Meinung durch die Veröffentlichung von derartigen Pseudoprotokollen, die mich an gar manche angeblichen Protokolle erinnern, wie ich sie aus den Akten gegen betrügerische Hellseher kenne, nicht erst irrezuführen. Dr. Sünner erteilte, wie - Dr. Bru ck schon früher festgestellt hat 1 ) und wie auch in der Verhandlung zur Sprache kam, Dr. Schwab die Erlaubnis, jenes „Protokoll" als Nachtrag zu seinem Buche zu veröffentlichen. Er ging dabei, wie er als Zeuge erklärt hat, von der Voraussetzung aus, daß Dr. Schwab sich vorher noch mit Dr. Bruck und wohl auch mit den anderen Sitzungsteilnehmern in Verbindung setzen werde. Dr. Schwab hat das allerdings nicht für erforderlich gehalten. Aber auch, wenn er dies getan hätte, würde das Verhalten Dr. Sünners kaum anders zu beurteilen sein. Wenn er persönlich seine Einwilligung zum Abdruck erteilt hat, so geht daraus zwingend hervor, daß er die groben Fehler und Flüchtigkeiten jenes vorläufigen Protokolls — Bruck spricht sehr milde von einer „et7was saloppen Fassung" des Protokolls — nicht erkannt hat und daß er gleich Dr. S c hw ab die Sitzung und das Protokoll darüber vom wissenschaftlichen Standpunkt aus als bedeutungsvoll angesehen hat. Dr. B ruck hatte inzwischen erkannt, daß sich in diesem vorläufigen Protokoll verschiedene Fehler und Lücken befänden. Er brachte daher — anscheinend nach einer Besprechung mit den anderen Sitzungsteilnehmern — schon am 19. April 1923, als er von der „Deutschen Gesellschaft für wissenschäftlichen Okkultismus" in Berlin einen Vortrag hielt, eine von ihm revidierte Fassung des Protokolls zum Vortrag. Diese zweite Fassung des Protokolls ist in dem Augustheft 1924 der „Psychischen Studien" abgedruckt worden 2). Ein Vergleich beider Fassungen zeigt, daß sie in der Tat in einer ganzen Reihe von Punkten voneinander abweichen. Dr. Bruck hatte, wie er als Zeuge zugab. seinerzeit Dr. Moll telephonisch mitgeteilt, 1) Bru eh „Ein Protokoll" (.,Psychische Studien") 1924, S. 483, 2) Ebendort S. 485 IT.
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daß die Abweichungen unwesentlich seien. Ob dies für sämtliche Abweichungen tatsächlich zutrifft, mag zweifelhaft sein; doch kann dies auf sich beruhen. Seinen eigenen Worten nach hat sich Dr. Bruck für die Authentizität dieser zweiten Fassung verbürgt '). Aber auch diese zweite Fassung ist noch recht mangelhaft: ja sie soll sogar, wenn man Zeugenaussagen Glauben schenken kann, in sehr wesentlichen Punkten unrichtig sein. In der Hauptverhandlung wurde auf Antrag Dr. Molls das handschriftliche Original des Sitzungsprotokolls herbeigeschafft und dabei stellte es sich heraus, daß es in einer großen Anzahl von Punkten — wenn ich nicht irre, gegen 50 — von den gedruckt vorliegenden Fassungen des Protokolls abwich, darunter auch in mehreren sehr wesentlichen Punkten. Diese Änderungen waren nachträglich von Dr. Sünner, wie er als Zeuge zugeben mußte, eigenmächtig vorgenommen worden. Aus seiner Vernehmung ging aber des weiteren hervor, daß seiner Überzeugung nach keine der drei bisher bekannten Fassungen des Protokolls als authentisch angesehen werden kann, obgleich Dr. Bruck sich schon für die Authentizität der zWeiten Fassling verbürgt hat. Dr. Sünner erklärte nämlich als Zeuge, es seien verschiedene wesentliche Punkte in den Protokollen nicht richtig geschildert, so insbesondere auch der Zeitpunkt der Kettebildung. Während nämlich nach den gedruckt und handschriftlich vorliegenden Protokollen die Kette zwischen dem Medium, Dr. Bruck und Dr. SU nner erst nach Lichtlöschen gebildet worden ist und Dr. Bruck bezüglich seiner Person dabei auch bei seiner Zeugenvernehmung verblieb, hat Dr. S ünn e r geglaubt, einundeinviertel Jahr nach der Sitzung als Zeuge beschwören zu können, daß er die Hand des Mediums schon v o r Verdunkelung des Zimmers erfaßt habe. Es bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder ist diese Bekundung wahr oder sie ist nicht wahr. Mag man zu ihr im übrigen stehen, wie man will : vom Standpunkt wissenschaftlicher Quellenkritik aus ist es selbstverständlich, daß die protokollarisch unmittelbar nach der Sitzung festgelegte den Vorzug verdient vor der, soweit ersichtlich, zum erstenmal nach 15 Monaten mündlich bekundeten Fassung. Sollte aber wider alles Erwarten Dr. S ün ne r s Gedächtnis ihn nicht trügen, so wäre die Tatsache, daß er die Bedeutung dieser Bekundung für die Frage der Echtheit der in dem Protokoll geschilderten Phänomene offenbar bis in die jüngste Zeit nicht erkannt hat und daß er die dann falsche Beurkundung dieser außerordentlich wichtigen Tatsache nicht nur in dem ersten vorläufigen Protokoll, sondern auch in dem zweiten und dritten angeblich endgültigen Protokoll nicht gewahr geworden ist, ein Zeichen für eine kaum zu überbietende Leichtfertigkeit bei der Behandlung angeblich wissenschaftlicher Protokolle. Die Lehren des Mollprozesses für den Okkultismus sind leider negativer Art: Für die Frage der Echtheit oder der Unechtheit der ') Ebendort S. 483.
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okkulten Phänomene hat der Prozeß nichts ergeben und konnte er auch nichts ergeben ; lediglich die Psychologie eines Teils der okkultistischen Forscher hat eine weitere Beleuchtung erfahren; dadurch sind die bedauerlichen Fehlleistungen, mit denen wir auf diesem Gebiete in ganz besonderem Maße zu rechnen haben, in ihrer die wirklich exakte Forschung außerordentlich hemmenden Bedeutung klargestellt worden.
Verschiedenes. Unmittelbar vor Schluß des ersten Heftes erreicht uns die Nachricht, daß laut Nr. 7 der Mitteilungen des Volksgesundheitsamtes vom 30. Juli d. J. der Oberste Sanitätsrat in Wien beschlossen hat, sein Verbot der Bildung einer „Gesellschaft für Medienforschung" aufrecht zu erhalten und den dagegen eingelegten Rekurs zu verwerfen. An der Spitze dieses Vereins stand Frau M. Holub, die Witwe des bekannten Chefarztes der Irrenanstalt Steinhof in Wien, der die vielberufenen Experimente mit Willy Schneider veranstaltet hat, sowie zwei Ärzte. In den vorgelegten Statuten war als Zweck des Vereins angegeben „Systematische Erforschung der Phänomene des Mediumismus und der verwandten Gebiete". Maßgebend für die Verwerfung des Rekurses war ein Gutachten des Hofrats Prof. Wagner- Ja uregg, der darauf hinwies, daß im Jahre 19'24 auch ein „Wiener parapsychisches Institut" und ein „Wiener metapsychologisehes Institut- die Genehmigung nachgesucht habe. Die Häufung derartiger Anträge zeige, daß auf die frühere hypnotische Seuche eine spiritistische Seuche gefolgt sei. „Für die Sanitätsbehörde kommt in erster Linie in Betracht, ob die Teilnahme an solchen Veranstaltungen für die Zuschauer und für die als Medien verwendeten Personen eine gesundheitliche Gefährdung bedeuten kann. Diese Frage ist auf Grund der Erfahrungen der psychiatrischen Klinik zu bejahen. Wenn dagegen (im Rekurse) eingewendet wird, daß man mit demselben Rechte die Gründung von Radfahrvereinen oder Rudervereinen verbieten könnte, weil einzelne Personen durch übermäßiges Radfahren und Rudern Schaden leiden können, hinkt dieser Vergleich. Durch diese Sportbetätigung wird so viel an= Gesundheitsförderung erzielt, daß im Vergleiche damit die Schäden, welche einzelne wenige erreichen, nicht in die Wagschale fallen. Man müßte da zum Vergleiche Vereine heranziehen, die sich etwa zum Z:ele setzen, sich durch Schnapstrinken oder Äthereinatmen in einen abnormen Bewußtseinszustand zu versetzen." Das Gutachten empfiehlt nicht bloß das generelle Verbot allgemein zugänglicher okkulter und spiritistischer Experimente, sondern auch jeder Beschäftigung mit übersinnlichen Problemen im Wege der Vereinstätigkeit. Bei der großen prinzipiellen Bedeutung, die dieser Maßnahme beizumessen ist, wird es wichtig sein, die Stellungnahme der Gelehrten kennen zu lernen, die sieh mit parapsychologischen Problemen beschäftigen, gleichviel ob sie den okkultistischen oder antiokkultistischen Standpunkt vertreten. Wir bitten die Leser unserer Zeitschrift, sich unter Mitteilung ihrer Gründe über diese Frage zu äuß e rn. Wir werden die etwa einlaufenden Darlegungen, soweit der Raum es zuläßt und neue Gesichtspunkte darin enthalten sind, in einem der nächsten Hefte zum Abdruck bringen, je nach dem Wunsche der Verfasser mit oder ohne Namensnennung. Die „Deutsche Gesellschaft für wissenschaftlichen Okkultismus" veranstaltete vom 23. April bis 6. Mai d. J. eine Ausstellung von Werken des holländischen Malmediums B. C. Man sv el d , in der Kunsthandlung von Hugo Gr aez, Aschenbachstr. 21 in Berlin. Der bekannte Okkultist Dr. Walter Krön er hielt einen einführenden Vortrag. Mehrere Berichte von Augenzeugen und Kunstkritikern liegen uns vor, so u. a. ein „Inspiravit" betitelter von Fritz S tahl im Berliner Tageblatt vom 25. April und ein anderer von H. G. in der Deutschen Allgemeinen Zeitung vom gleichen Tage.
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Mansveld soll einfacher Anstreicher gewesen sein ; nach Strahls Ansicht wohl eher Dekorationsmaler, denn er macht nicht den Eindruck eines schlichten Arbeiters. Beim Malen befindet er sich in Halbtrance. Wie Kröner beobachtet hat, bedient er, sonst ausgesprochener Rechtshänder, sich beim Malen der linken Hand, was bekanntlich für viele Fälle von Bewußtseinsspaltung typisch ist. Das Medium steht unter dem Eindruck, daß hervorragende Maler der Vergangenheit wie F a nt in Lato ur, Isr aöls, Mesdag ihn beherrschen und ihn zwingen, genau in ihrer Malweise zu produzieren. Zuweilen streiten sie sich um die Herrschaft, wie wir das von den andrängenden Geisterscharen der Frau Pip er her kennen, gelegentlich tun sich einige zusammen und veranlassen in seltsamer Harmonie ein Bild gemischten Stils. Ob die Leistung künstlerisch hervorragend ist, ob wirklich der historische Stil der genannten Großen genau getroffen wurde, darüber gehen die Ansichten der Beurteiler auseinander. Etliche Schilderungen lauteten sehr günstig, H. G. dagegen fand manches kitschig, vermutet die Vorbilder in holländischen Ansichtskarten und G ärtnereiprospekten, meinte, daß ein posthumer F a n ti n Latour zwar die Unterschrift gut nachahmte, sonst aber die charakteristische mondäne Eleganz dieses Künstlers vermissen ließ. Steckt hinter diesen Leistungen etwas Übernormales, vielleicht sogar etwas, das wirklich für den Spiritismus sprechen könnte? Wenn wir der Versicherung Glauben schenken wollen, daß Maus veld sonst nie gemalt, und daß er namentlich das Malen mit der linken Hand nie geübt habe, so würde dies in der Tat eine Leistung darstellen, die die Fähigkeiten des Wachbewußtseins überträfe. Allein die Behauptung der früheren Nichtübung ist bei Medien dieser Art so stereotyp, daß die ganze Zunft sich einen Gummistempel mit der Aufschrift : „Habe nie gezeichnet, gemalt, getanzt, gesungen, nie eine Taste berührt" anfertigen lassen könnte. Genaue Nachahmung eines fremden Stils ist keine Mehr-, sondern eher eine Minderleistung; ein Maler, der Eigenes leisten will, hat oft Sorge zu tragen, daß er von seinem Vorbilde loskommt. Aber eins, meint K röner, könne ihn fast in seiner Gegnerschaft gegen den Spiritismus wankend machen : Die Tatsache, daß ei n Mensch die Stile ganz verschiedener Maler vollendet beherrschen könne. Hier steht Kr ön er vor demselben Befund, der auch Hodgson infolge seiner Versuche mit der Pip er zum Spiritismus bekehrt hat. Auch er fand, daß die Wissenskomplexe von hunderten verschiedener Geister, reinlich geschieden, jahrelang im Gedächtnis des Mediums aufgespeichert blieben, und hielt eine solche Fülle und Unvermischbarkeit im seelischen Raum einer einzigen Persönlichkeit für unglaubwürdig. Tatsächlich liegt hier doch nichts vor als die allerdings erstaunliche Hypermnesie des Unterbewußtseins und die namentlich durch den Fall Staudenmaier belegte Tatsache, daß die verschiedenen Sektionen des zerspaltenen Unterbewußtseins — die sich so gern als verschiedene fremde Intelligenzen maskieren -- nicht nur getrennte Konstellationsgebiete mit oft sehr dicken Scheidewänden sind, sondern auch die Tendenz haben, in ausgesprochenen Gegensatz zueinander zu treten. -
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Die Zeitung „Der Deutsche" vom 19. April d. J. berichtet folgenden Vorfall: In der französischen Stadt Capelle la Grande war der zwanzigjährige Charles Co emel am 5. März bei der Arbeit au einer Dynamomaschine vom elektrischen Strom getötet worden. Da die Bevölkerung ihn zuerst nur für scheintot hielt, wurde er erst nach 5 Tagen, also am 10. März beerdigt. Seine dauernd kranke Mutter mußte während der Bestattung zu Hause bleiben, in dem Augenblicke aber, als man den Sarg in die Erde senkte, sah sie die Hand des Toten an der Fensterscheibe. Sie hielt es zuerst für Sinnestäuschung und beobachtete es nicht weiter, aber nach einigen Minuten gewahrte sie einen deutlichen Fingerabdruck auf der Scheibe, der auch nicht abzuwaschen war. Ihr Sohn hatte oft, wenn er abends aus der Fabrik heimkehrte, ans Fenster geklopft und auch dabei Fingerspuren hinterlassen. Nun schien der Tote auf gleiche Weise von seiner Anwesenheit Kenntnis zu geben. Die „Spiritistische Gesellschaft" von Dünkirchen sandte 2 Mitglieder nach Capelle la Grande, die den Abdruck besichtigten, und bestätigen, daß alle 5 Finger der rechten Hand ihren Abdruck hinterlassen hatten. Hier also schien der verbreitete Glaube an den Fingerabdruck der Toten Bestätigung zu finden. Ein Ingenieur aber, der in der gleichen Fabrik wie Charles Coemel
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arbeitete, löste das Rätsel in überraschend einfacher Weise, indem er darauf hinwies, daß letzterer mit verschiedenen chemischen Substanzen, darunter auch mit glasätzender Flußsäure hantiert hatte, die, als er am Abend vor seinem Tode wieder wie gewöhnlich ans Fenster klopfte, ihre Wirkung auf der Scheibe geübt haben mußte. Die Spiritisten von Dünkirchen wenden allerdings ein, die alte Frau habe in den 5 Tagen zwischen Tod und Beerdigung nichts von der Handspur bemerkt, diese müsse also erst im Augenblick der Beerdigung entstanden sein. Offenkundig genügt diese Überlegung nicht, um die naheliegende natürliche Erklärung des Ingenieurs abzulehnen. Die Fingerspur war anscheinend wenig sichtbar, das Oberbewußtsein der Mutter hatte sie nicht bemerkt, wohl aber das schärfer wahrnehmende Unterbewußtsein, und das Zusammenwirken des Wissens, daß im Augenblicke gerade die Leiche des Sohnes der Erde übergeben wurde, des starken hierdurch ausgelösten Affekts, der Erinnerung an seine frühere Gewohnheit, ans Fenster zu klopfen, und der latenten Kenntnis von der achtlos gesehenen Fingerspur konnte sehr leicht eine Illusion wie die geschilderte erzeugen. In vielen Fällen, in denen sich kürzlich Verstorbene angeblich durch physische Veränderungen, z. B. durch stehenbleibende Uhren, in Erinnerung brachten, mag ein ähnlicher Zusammenhang vorgelegen haben. Go df r ey Raupert, ein in Amerika geborener Theologe, war ehedem Mitglied der englischen S.P. R. (Gesellschaft für psychische Forschung) und ebenso eifriger wie erfahrener Spiritist. Erschütternde Erlebnisse veranlaßten seinen Übertritt zum Katholizismus, seitdem wurde er ein Führer und Kämpfer der katholischen Kirche gegen den Spiritismus. Auf seine zahlreichen englischen Streitschriften, z. B. „The Dangers of Spiritism", hat er jetzt ein Buch in deutscher Sprache „Der Spiritismus im Lichte der vollen Wahrheit" (Verlag Tyrolia) folgen lassen. Die Lehre, zu der er sich heute bekennt, würden wir nun allerdings nicht als eigentlichen Verzicht auf den Spiritismus, d. h. auf die Geisterhypothese gelten lassen können. Er ist nur vom „posthumen" zum „dämonischen Spiritismus" übergegangen, d. h. seiner Ansicht nach sprechen aus den Medien, den klopfenden Tischen usw. 'dreht die Geister verstorbener Menschen, sondern Lügengeister, die sich nur mit den Namen und Erinnerungen unserer verblichenen Freunde und Verwandten ausstaffieren, um uns zu umgarnen und der wahren Religion abspenstig zu Mtsehen. Was Raup e rt zu dieser seltsamen Ansicht, in der er aber keineswegs ohne Vorgänger dasteht, führt, ist erstens die Beobachtung, wie unwürdig sich die angeblichen Seelen befreundeter oder berühmter Menschen oft in der Sitzung präsentieren, tütd daß sie nicht selten Medien und eifrige Teilnehmer in geistige Zerstörung, in Unglück und Verwirrung führen, ja manchmal zum Selbstmord drängen. Ferner aber machen ihn die zahlreichen Widersprüche, Selbstentlarvungen, Zusammenbrüche stutzig, die bei den Geistern zutage treten. In den Sitzungen, an denen R a up ert selbst teilnahm, offenbarte sich längere Zeit sein verstorbener Freund T. J. und gab mannigfache Beweise seiner Identität. Trotzdem beobachtete R aupert seine Bekundungen mit dauerndem Mißtrauen. „An einem Abend", fährt Raup er t fort, „der mir unvergeßlich ist, machte T. J. eine Aussage, die nicht wahr war und nicht wahr sein könnte, denn das 13ehauptete gehörte gar nicht zu seinem vergangenen Leben. Ich deutete nun auf die Tatsache hin, daß das Gesagte unmöglich wahr sein könnte. Ein tiefes Schweigen seitens des geistigen Wesens und der Mitsitzenden folgte auf meine Bemerkung. Ich erhob mich und sagte in feierlichem Tone : ,Ich frage dich jetzt im Namen Gottes, bist du wirklich der verstorbene T. J.?' Zum grenzenlosen Erstaunen aller AnWesenden kam die Antwort kurz und bündig : ‚Nein!' Ich sagte weiter : ‚Dann frage ich dich im Namen Gottes: Wo hast du die Information hergenommen, durch die es dir möglich geworden ist, diesen großen Betrug auszuführen?' Die höhnende Antwort war ,Aus euren eignen dummen Gedankenkasten (thought boxes). Ihr sitzt da wie die Narren, in passivem Zustande, in welchem ich eure Gedankenbilder fast genau so ablesen kann, vele ihr eine Seite eures neuen Testaments.' Ich brauche kaum zu versichern, daß mit dieser erschütternden Episode unsere Experimente auf lange Zeit unterbrochen wurden". Die Antwort des Pseudogeistes scheint eigentlich sowohl als Erklärung wie als .
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Kritik vortrefflich zu sein und die Angelegenheit bestens zu erledigen. Warum hält Raupert es trotzdem für wahrscheinlicher, daß die aus den Medien tönenden Stimmen von Lügengeistern stammen, als daß sie bloß die Gedanken der Sitzungsteilnehmer wiedergeben ? Nun, erstens bestimmt ihn dazu der Widerspruch, in dem die Angaben der Geister zu den Ansichten und dem Willen der Medien und Anwesenden stehen. Das „dämonische und rebellische Unterbewußtsein" erscheint auch hier als Zentralproblem des Spiritismus, wird es zum Gegenstand gründlicher Untersuchung gemacht, so raubt man der Geisterhypothese ihr Hauptargument. Ferner aber läßt Raupert sich bestimmen durch die Wahrnehmung, daß hochgebildete Geister aus ganz ungebildeten Medien, philosophierende Geister aus kleinen Kindern reden — und nach seiner Angabe gibt es in England Hunderte solcher Kindermedien, — und daß das Reden der Medien in Sprachen, die sie sicher nicht gelernt haben können, sich nicht auf bloße aufgeschnappte Redensarten beschränkt, die sich noch normalpsychologisch erklären ließen, sondern sie zu stundenlangen sinnvollen Gesprächen befähigt. Diese Phänomene beweisen, daß hinter dem Medium eine andere, unabhängige, ihm oft weit überlegene Intelligenz stehe. — Gewiß, dieser Schluß ist unanfechtbar. Aber warum soll diese unabhängige Intelligenz nicht die der Sitzungsteilnehmer sein, aus deren Unterbewußtsein das Medium zapft? Mögen die Beobachtungen, auf die sich Ra up ert stützt, noch so weit reichen und noch so gesichert sein (was sie z. T. wohl in cht sind), sie würden immer nur eine sehr weitgehende Fassung der telepathischen These erzwingen, nie aber den Spiritismus beweisen. Somit scheint es doch, daß der Pseudogeist T. J. die Sachlage am richtigsten beurteilt hat. Auf Veranlassung der Schriftleitung des Berliner „Lokalanzeiger" (vgl. Nummer vom 23. Juni d. haben Prof. M. Dessoir und Geheimrat Albert M 011 ein ungarisches Ehepaar K. geprüft, das sich durch seine erfolgreichen telepathischen Versuche einen Namen gemacht hatte. Herr K. pflegt seine Frau durch Anstarren anscheinend in hypnotischen Schlaf zu versenken. Danach ist sie imstande, Gegenstände, die man ihm in die Hand gibt, sowie Zahlen Buchstaben und Worte, die ihm aufgeschrieben überreicht werden, ziemlich gut zu erraten. Die Versuche der beiden Forscher gingen zunächst darauf aus, die Möglichkeit einer Zeichengebung auf dem Gebiete der verschiedenen Sinne zu unterbinden. Da während der Prufung Herr und Frau K. sich in verschiedenen Zimmern befanden, war die Mitwirkung des Gesichtssinns leicht auszuschließen. Elektrische Signale konnten nicht gegeben werden, da körperliche Untersuchung des Herrn K. keine Apparate zutage förderte. Auch eine Verbindung durch Fäden wäre durch sinnreiche Vorkehrungen, die man traf, nachzuweisen gewesen, fand aber nicht statt. Dagegen wurde es bald offenbar, daß der Gehörssinn eine Rolle spielen müßte, denn rasselnde Geräusche im Zimmer verhinderten die Übertragung, und wenn Herrn K. eine Binde über den Mund gelegt wurde, so verschlechterten sich die Resultate. Schließlich erregte es Verdacht, daß Herr K., der während der Versuche sehr aufgeregt und unruhig war, häufig, wenn ihm eine Zahl oder ein Buchstabe auf Zetteln übergeben wurde, unartikulierte, interjektionsartige Laute ausstieß. Man beobachtete schärfer und fand, daß stets, wenn solch ein Laut geäußert wurde, die Zahl richtig geraten wurde. Nun führten mehrere Beobachter unabhängig voneinander Protokoll, verglichen ihre Resultate und stellten einwandfrei fest, daß z. B. der Ausruf „esch" r bedeutete. Ebenso war „geh" b, „homma" 7, „mek" 4. Da solche Temperamentzeichen nicht immer erfolgten und stets schon dann, wenn die Anwesenden den Versuch noch gar nicht im Gange befindlich glaubten, so konnte dieser Trick lange der Aufmerksamkeit entgehen. Er war so erfolgreich gewesen, daß z. B. eine zehngliedrige Kommission einer süddeutschen „Gesellschaft für psychische Forschung" attestiert hatte, sie habe „einwandfrei und einstimmmig festgestellt, daß bei K. ein Fall von Mentalsuggestion, d. h. von sogenannter Gedankenübertragung vorliegt". Der Fall lehrt aufs neue, daß es bei der Aufdeckung mediurnistischer Tricks vor allem auf die unbewachten „Übergangsmomente" zu achten gilt, und daß der natürliche oder fingierte Aufregungszustand, Krampf, Schütteltremor usw. der Medien die beste Gelegenheit zur Anbringung taschenspielerischer Kniffe bildet. ;
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Referate und Besprechungen. Revue metapsychique, Jahrgang 1924. Nr. 1. Januar-Februar. 1. Charles Riehet, Die Verteidigung der Metapsychik; Antwort an Dr. Achille D ei in a s. Polemik gegen eine Besprechung von Richets „Trait6 de Maapsychique". 2. Hans Driesch, Die metapsychischen Phänomene. Driesch legt zuerst seine vitalistische Philosophie dar, die ich hier als bekannt voraussetzen darf, um dann die metapsychischen Phänomene mit seinen Ansichten in Beziehung zu setzen. Was geschieht, wenn in Gegenwart eines Mediums Hände, Gesichter, Gestalten auf treten? Man brauche nicht anzunehmen, daß hier Materie geschaffen werde, es genüge die Annahme, daß das vom Medium ausgehende Agens Materie ordne. Im Grunde liege dann nichts anderes vor als beim normalen vitalen Geschehen. Allerdings könne man einwenden, daß es sich beim Medium um Fernwirkungen außerhalb des Körpers handle und um körperfremde Materie. Dieser Einwand schlage aber nicht durch, erstens seien es wahrscheinlich gar keine echten Fernwirkungen und außerdem gäbe es ja auch im normalen biologischen Geschehen ein Einbeziehen von ursprünglich leibfremder Materie unter die Kontrolle der Entelechie, nämlich beim Stoffwechsel, bei der Assimilation. Wenn wir uns dies klar machen, dann treten die metapsychischen Phänomene prinzipiell aus ihrer Isolierung heraus, und sie werden dann wohl auch nicht mehr mit solchem Entsetzen betrachtet. 3. G. Geley, Vitalismus und Metapsychik. Weitere Ausführungen über ähnliche Ideen. Gel e y verweist auf sein Buch vom „Unbewußten zum Bewußten" (Stuttgart 1925). 4. Wilhelm Neumann, Versuche mit dem Medium Jan Guzik zu Baden-Bade n. Das polnische Medium G. arbeitet meist im Dunkeln, jedoch wurden auch bei schwachem Rotlicht Phänomene beobachtet. Über die Kontrolle schreibt N e um a n n: „Die Kontrolle Guziks b9stand darin, daß die rechts und links von ihm sitzenden Kontrolleure ihn an den Händen hielten. Die Kontrolleure hatten die Aufgabe, die Beine des Mediums dauernd zu fühlen. Außerdem waren zumeist die Stühle der Kontrolleure so nahe an den Stuhl Guziks gerückt, daß er gleichsam wi,e in einem Stuhlkäfig steckte". Betrug wurde,' obwohl man mit großer Skepsis an die Untersuchungen heranging, nicht festgestellt. An Erscheinungen wurde folgendes festgestellt : 1. Berührungen der dem Medium nächst sitzenden Personen, höchstens die übernächste wurde auch noch berührt. Meist waren sie sanft, unter Umständen aber stärker. 2. Akustische Phänomene wie Herumstapfen im Zimmer, Klopflaute, Kratzen an Möbeln. Zweimal wurde eine Gitarre, die 1,20 m vom Stuhl des Mediums entfernt war, 10 Minuten lang gezupft und„zwar rhythmisch und angenehm melodisch. N enmann selbst kontrollierte auf der rechten Seite, die Gitarre lag rechts hinten von ihm und er betont, daß er den Kontakt mit Hand, Arm, Bein und Fuß nicht verloren habe. 3. Telekhaesen wurden mehrfach beobachtet. Ein Tisch, der 1,50 m hinter dem Stuhl des Mediums stand, näherte sich dem Sitzungstisch zwischen dem Medium und N e um a n n , hob sich dann in die Höhe und stand schließlich, die Platte nach unten, auf dem Sitzungstisch. Neumann gibt an, deri: Kontakt mit dem Medium nicht verloren zu haben. In einer Sitzung mit Rotlicht bewegte sich ein Papierkorb, der 1,25 m hinter dem Medium stand. In einer Sitzung mit Rotlicht hatte man auf den Flügel hinter dem Medium Papier und einen Bleistift gelegt, damit man direkte Schrift erziele. Nach der Sitzung fand man keine Schrift, jedoch etwa acht kleine Häufchen eines äußerst feinen, schwarzen, glänzenden Staubes, der sich als Graphitpulver herausstellte. Neumann betont, daß es ihm unmöglich gewesen sei, mit einem Messer einen derartig feinen Staub zu erzeugen. 5 Zeitschrift für Okkultismus. r.
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Ausführlich schildert Neumann schließlich einen Überrumpelungsversuch. Ein taschenspielerisch geübter Herr setzte sich außerhalb des Kreises ; als sich eine Gitarre, die sich hinter dem Medium auf einem Stuhl befand, vom Stuhl herunter fiel und sich auf der Erde herumbewegte, schlich sich der Herr heran und knipste eine mit rotem Papier umhüllte, aber ziemlich helle Taschenlampe an ; er beleuchtete damit die Gitarre, konnte jedoch nichts Verdächtiges finden. Guzik bekam kurz nach Aufleuchten des Lichtes einen kollapsartigen Zustand, sein Oberkörper fiel auf N e um anns linken Arm und er preßte dessen linke Hand heftig, die Beine hielt er ruhig. 5. G. Geley, Einführung in das praktische Studium der Mediumit ä t. Ein Kapitel aus seinem Buche "L'Ectoplasmie et la Clairvoyance". Nr. 2. März-April. 1. Schrenck-Notzing, Der Betrug des Mediums Ladislas Laszlo. Übersetzung aus dem Deutschen. Ausführlicher Bericht über S chrencks anscheinend gute Sitzungen in Budapest, in denen trotz aller möglichen Kontrollen "Materialisationen" erschienen, bei denen man früher auch Selbstbeweglichkeit beobachtet haben wollte. Daß er selbst nicht bei den Sitzungen, denen er beiwohnte, eingriff, um den Betrug zu entlarven, begründet Sc hr en ck damit, daß er als Gast anwesend war und nicht als Versuchsleiter, jedoch hatte er seine Bedenken gegen die Echtheit bald nach seiner Rückkehr brieflich dem Versuchsleiter ausgesprochen, ohne allerdings anderseits damals schon von dem Betrug üb erz engt zu sein. Eine direkte Entlarvung erfolgte überhaupt nicht, der Betrug kam dadurch heraus, daß sich Las z 1 o einem Manne gegenüber, der sein Hegershelfer auf einer Reise sein sollte, offenbarte. 2. Riehet, "Fast" automatis ehe Schrift. KurzerBericht über eine Dame. die eines Tages einen Vortrag über die medianimen Verse Victor Hugos gehört und in der Nacht nach diesem Vortrage das Gefühl hatte, als ob jemand ihr Verse vorspräche, die sie jedoch vergaß. Den nächsten Tag schrieb sie dann bei vollem Bewußtsein und vollem Willen die Verse nieder, die recht gut sind und wohl als für Victor Hugo kennzeichnend gelten können. Während sie sonst nur mit Anstrengung dichtete, schrieb sie diese Verse in voller Passivität und leicht nieder. 3. G. Geley, Die Versuche des "Institut m6tapsychique internationale" mit dem Medium Guzik (Fortsetzung und Schluß aus der Arbeit Gel eys in Nr. 6. Rev. ragt., 1923. S. 133). Die Kontrolle war die "übliche", d. h. nach dem früheren Bericht mußte sich das Medium in Gegenwart von zwei Zeugen ausziehen und dann einen taschenlosen Pyjama anziehen. Weiterhin hakten die Nachbarn den kleinen Finger der entsprechenden Hand in den kleinen Finger von Gu z ik s Händen ein, außerdem waren seine Handgelenke mit denen seiner Nachbarn durch ein plombiertes Band um das Handgelenk verbunden. Die Nachbarn hielten engen Kontakt mit seinen Armen und Beinen. Die Beleuchtung war stark herabgesetzt. Die andern Sitz er waren untereinander durch kurze Ketten mit Vorhängeschlob von Handgelenk zu Handgelenk verbunden. Die Türen des Saales des Instituts waren verschlossen und versiegelt, dgl. die Fenster. Das Zimmer bot keinem Helfershelfer einen Unterschlapf. Der Boden wurde mehrfach mit Sägemehl bestreut, es wurden dann nachher keine Spuren menschlicher Tritte gesehen. "Unter diesen Umständen war die materielle Kontrolle trotz der Dunkelheit vollständig und die Kontrolle von Guzik, die von einer außerordentlichen Einfachheit war, war vollständig befriedigend." Als Probe gebe ich einen Bericht über die Sitzung vom 24. April 1923, 3 Uhr nachmittags. Anwesend Sir Oliver Lodge, Graf A. v. Gr am on t, Fr. v. C. Herr 011ivi er, Graf Bourg de B o zas, Dr. Gel e y. Kontrolle im ersten Teil rechts : Fr. v. C., links : 0. Lo dg e. Mehrfache und starke Berührungen der Fr. v. C. Geräusch von Schritten, ein schwerer Tisch, 1 Meter hinter dem Medium, wird mehrmals bewegt. Die Gestalt eines Hundes etwa von der Größe eines Foxterriers geht zwischen den Beinen von Fr. v. C. und ihrem Nachbarn dem Grafen Gram ont durch. Beide fühlen die Berührung. Der "Hund" springt auf die Kniee der Fr. v. C., die das Fell fühlt, dann auf die Schultern ; die üblichen Liebkosungen eines Hundes. Graf B ourg geht
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fort. Kontrolle im zweiten Teil: links Frau v. C., rechts Oliv er Lodg e. Sofort starke Erscheinungen, Schritte, Verstellen von Möbeln. Papier und Bleistift, die 1,20 m hinter dem Medium auf einem Tisch lagen, werden zu Boden geworfen. Beide Kontrolleure fühlen zahlreiche Berührungen. zwei Glieder wie Hände ohne Finger stützen sich auf L o dges Schultern. Sein Hut wird mehrmals auf dem Kopf verschoben. Man hört unbestimmtes Flüstern, dann spricht eine Stimme ganz nahe an Oli ver Lo cl ges Ohr. Alle hören die Worte „Votre nom". Das Medium hustet und erwacht. Es hält die Hand von Fr. v. C. ganz nach hinten und oben. Sie fühlt ein Wesen von der Größe eines stehenden Menschen. Ihre Hand berührt einen behaarten Schädel. Dasselbe dann mit Oliv er L o dg e. Nach dem Lichtmachen sieht man unzusammenhängende Zeichen auf dem auf die Erde geworfenen Papier. Ähnlich waren die Phänomene in den anderen Sitzungen, der Hund erschien öfter und es wird auch berichtet, daß ein Geruch auftrat wie von einem feuchten Hundefell, das verschwand, wenn der Hund nicht mehr bemerkbar war. Irgendwelche Verdachtsmomente werden nicht mitgeteilt. 4. E. Bozzano, Über die Kryptästhesie und die Arten, durch die si e sich manifestiert. Eine Polemik gegen R i ch ets Auffassung, gegen den er den Standpunkt vertritt, daß die Kryptästhesie vielfach nicht auf physikalischen Schwingungen beruht, die das Medium treffen, es handle sich meist um einen aktiven Prozeß beim Medium. Viele Fälle des Hellsehens seien nur zu erklären, wenn man einen aktivea dynamischen Prozeß von Seiten des Mediums annehme. 5) G. Geley. Über die Histolyse der Insekten. Antwort auf einen Aufsatz von Prof. Zimmer, der Geleys Auffassung der Histolyse bestritten hatte. Während Gel ey früher irrtümlich behauptet hatte, daß die Larve sich in einen amorphen Brei verwandele, aus dem sich dann das fertige Insekt materialisiere, muß er jetzt zugeben, daß der Aufbau aus Zellen vor sich geht. Er verschiebt aber die Streitfrage, indem er jetzt den Hauptwert darauf legt, daß die Larve im Gegensatz zur normalen Ernährung sich von den Stoffen des eigenen Körpers nährt. Nr.3. Mai-Juni. 1. C.Geley, Der Fall des Mediums Erto. Geley hatte schon früher über diesen Neapolitaner berichtet. Obwohl er damals bei der Vielgestaltigkeit der Phänomene Betrug für unwahrscheinlich hielt, so war er doch nur unter Vorbehalt für die Echtheit der Phänomene eingetreten. In diesem Aufsatz teilt er nun mit, daß Er to bei Betrug ertappt worden sei. Das Hauptphänomen bei Er to waren Blitze und blitzähnliche Lichterscheinungen, während im Raum sonst völlige Dunkelheit herrschte. Ert o wurde nach Entkleidung von Ärzten genau untersacht, mehrfach auch das Rektum, dann zog er ein für ihn nach Maß angefertigtes Trikot an, das an den Öffnungen (Handgelenke und Rücken) plombiert wurde, über den Kopf bekam er einen Tüllschleier, der an das Trikot angenäht wurde. Über das Trikot zog er noch einen Pyjama. An den Händen trug er sehr dicke Boxhandschuhe, um ihm die Verwendung der Hände zu erschweren. Das Sitzungszimmer konnte er sonst nie betreten, man führte ihn direkt vor der Sitzung iu das Zimmer, ließ ihn auf:einem Weidensessel Platz nehmen und setzte sich um ihn in völliger Dunkelheit in einem Abstand von etwa 3 m. Irgendwelche Beleuchtung ertrug Er t o nicht, weder durch Rotlicht noch Leuchtstreifen, er reagierte dann mit negativen Sitzungen. Aula das Fesseln der Hände gestattete er nicht, so daß Gele y trotz der anscheinenden Strenge die Bedingungen nicht für zufriedenstellend hielt. Die bei ihm auftretenden Erscheinungen waren hauptsächlich Lichterscheinungen, in Form von Lichtblitzen, vielfachen Lichtpunkten u. dgl. Gel ey stellt das für die Echtheit und gegen sie sprechende nebeneinander. Für die Echtheit spricht die genaue Untersuchung des Mediums vor der Sitzung sowie die Vielgestaltigkeit der Phänomene, die verschiedene Instrumente zu fordern scheinen würden. Gewisse Phänomene konnten künstlich nicht nachgeahmt werden. Außerdem waren zwei Röntgenuntersuchungen des Mediums negativ.
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Nach einer Sitzung fand man nun, nachdem sich Erto an einem Waschtisch gewaschen hatte, im Siphon ein kleines Cereisen. Schon vorher hatte man festgestellt, daß man damit fast alle seine Produktionen nachmachen konnte. In andern Sitzungen wurde dann bei Erto auch Cereisen gefunden. 2. E. Bozzano, Hypothesen, die man nicht begreifen kann und Hypothesen, die man nicht denk en kann. Polemik gegen die vierte Dimension und das gegenwärtige Ewige (&ernel prsent). 3. R. Sudre, Die Hypothese der Reinkarnation. Sudre betont, daß weder die von den Anhängern der Reinkarnation angeführten Fälle von Wunderkindern noch die angebliche Erinnerung an frühere Leben beweisend sind. Wenn die Erinnerung an ein früheres Leben wirklich in das neue hinubergenommen würde, dann sollte man erwarten, daß es nicht nur Wunderkinder auf dem Gebiete der Musik und Mathematik — wo besondere Verhältnisse vorliegen — gäbe, sondern auch auf dem Gebiete der Chemie und anderen Wissenschaften. Auch die Angaben von Rochas in seinem Buche „Die aufeinandertolgenden Leben" beweisen nichts, da die Angaben der Hypnotisierten über ein früheres Leben auf Phantasie beruhen können und keinen Identitätsbeweis geben. Desgleichen sagen die Reinkarnationen der Helene S m it h nichts, da sich einenteils beweisen und zum andern Teil sehr wahrscheinlich machen ließ, daß es sich bei Helene Smith um subliminale Erinnerungen handelte. Schließlich seien auch die angeblichen moralischen Beweise hinfällig. Was könne eine Reinkarnation für einen Wert haben, wenn man an sein früheres Leben gar keine Erinnerung habe und infolgedessen gar nicht wissen könne, für welche' Sünden man büßt? Nr.4. Juli-August. I. Charles Riehet, Gustave Geley, Nekrolog. 2. G.Geley, Der Fall des Mediums Erto. Mit 18 Bildern. Abgesehen von den früher beschriebenen Erscheinungen bietet Erto noch andere. In den Sitzungen mit Erto wurden vielfach Lichteindrücke auf photographischen Platten erhalten, die z. T. in versiegelten Kassetten und Schachteln in die Nähe von Erto gelegt wurden, z. T. sich auch in photographischen Apparaten befanden. Geley selbst hatte die Platten gekauft und selbst allein vorsichtig eingelegt, die Schachteln oder Kassetten mit seinem Siegel versiegelt und sie bis zur Sitzung in einem Geldschrank aufbewahrt. Trotzdem traten, wenn Erto sie in der Dunkelheit kurze Zeit in der Hand hielt, bei der Entwicklung z. T. dunkle, z. T. helle Flecke auf. Die Flecke waren z. T. wolkenartig, teils scharf umrissen, kreisförmig oder strichförmig. Weiter traten Fingerabdrücke auf, die nach den Hautlinien als solche des Mediums erwiesen wurden. Diese Fingerabdrucke waren z. T. positiv, z. T. auch negativ. Dabei hatte das Medium die versiegelten Schachteln nur kurze Zeit während der Dunkelsitzung zur Verfügung, ohne daß sie ihm für längere Zeit in einem andern Zimmer als dem Sitzungsraum zugänglich gewesen wären, um Manipulationen damit vorzunehmen. Auch andere Herren wie z. B. S u dr e brachten sorgfältig versiegelte Schachteln mit, auch hier traten dieselben Flecke auf, während andere Platten aus derselben Schachtel, die nicht in den Händen Ertos gewesen waren, keine derartigen Spuren aufwiesen. Andere Platten zeigten Veränderungen, als ob sie der Hitze ausgesetzt gewesen wären. Die Gelatine war beulig, hatte Sprünge, ja sie war sogar geschmolzen. Ähnliches fand sich auf Platten, die sich im photographischen Apparat befunden hatten, obwohl die Kassette und das das Objektiv tragende Brett verklebt waren. Natürlich erhob man als erstes die Frage des Betrugs und Geley ist ihr auch ausführlich nachgegangen. Wie er betont, sei es natürlich für Erto leicht gewesen, unter den gegebenen Bedingungen die Siegel usw. zu entfernen, aber es wäre, wie er sagt, unmöglich gewesen, unter diesen Bedingungen sie unbemerkt wieder anzubringen, da er, wenn er auch die Platten in der Dunkelheit in der Hand hatte, doch im übrigen überwacht wurde und nicht die Möglichkeit hatte, die Kassetten auch wieder zu versiegeln. Zudem hatte er nicht die Siegel der verschiedenen Experimentatoren zur Verfügung. Auch das Vertauschen der Platten oder Kassetten sei unmöglich gewesen, dgl. würde die Anwendung radioaktiver Substanzen die Erscheinungen nicht erklären, da-
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durch würden höchstens die Flecken auf den Platten, aber nicht die Fingerabdrücke erklärt werden. G el ey betont zum Schluß, daß man natürlich, da bei Erto Betrug erwiesen sei, in erster Linie an Betrug denken müsse. Er habe das Problem mit Taschenspielern, Physikern und Chemikern überlegt, sei aber zu einem abschließenden Ergebnis nicht gekommen. Abgesehen von dem moralischen Argument könne nichts Stichhaltiges gegen die Echtheit angeführt werden. Man werde also die Echtheit des Phänomens ernsthaft in Betracht ziehen müssen. Einerseits müsse man dann Erto für ein bewundernswertes Medium und anderseits für einen Betrüger halten. Es sei das wissenschaftlich nicht absurd. 3. BahudaSyamSundarlal.Fälle von anscheinender Erinnerung an frühere L eben. Bericht über mehrere Fälle, in denen indische Kinder Tatsachen aus ihrem früheren Leben angaben, die bestätigt werden konnten und die sie nicht wissen konnten, ja von denen auch ihre Umgebung keine Kenntnis gehabt habe. 4. Die Arbeiten der Gesellschaft für psychische Forschung in R ey ki avik. Ein vorläufiger Bericht von E. 11. Kvaran in einer dänischen Zeitung über Sitzungen mit dem bekannten Medium Einer Ni els s en. Das Medium mußte sich in den Sitzungen des Kontrollausschusses völlig entkleiden und zog dann einige seiner vorher genau untersuchten Kleidungsstücke wieder an. Dann setzte es sich ohne Handkontrolle in das Kabinett und die Sitzung ging bei Rotlicht vor sich. Mitglieder des Ausschusses waren ein Jurist, ein Theologieprofessor, zwei Ärzte und ein Schriftsteller. Man erlebte die Bildung teleplasmatischer Massen im Schoß des Mediums sowie die Bildung ganzer Gestalten, die sich in der Vorhangspalte zeigten. Irgendwelche durchschlagenden Gründe, daß es nicht das Medium war, werden nicht angegeben. Sonst erlebte man noch Telekinesen und Levitationen, die Beschreibung ist aber zu summarisch, um über die Versuchsbedingungen ins klare kommen zu können. Nr.5. September-Oktober. 1. R.Sudre, Die Philosophie von Geley. 2. St anley de Brath, Ein übernormales Porträt von D r. Gele y. Bald nach dem Tode Geleys erschien in einer Sitzung mit dem bekannten Medium für „Transzendentalphotographie" Hope auf einer Platte ein Kopf, den der Autor als den von Geley deutet, die Reproduktion ist zu undeutlich, um sich ein Urteil zu bilden. 3. R.Warcollier, Aktive und passiv e Telepathie. Theoretische Erörterungen über die Telepathie auf Grund einer physikalischen Wellentheorie. 4. E.Bozzano, Die zeitliche Vorschau und der Fatalismus. Unter Bezugnahme auf metapsychisches Material wird das Thema eindringend erörtert. B o zz an 0 kommt zu dem Schluß, daß nicht der absolut freie Wille noch der Fatalismus, sondern eine bedingte Freiheit den Tatsachen am besten gerecht werde. 5. P.v.Smurlo, Wechselseitige Tätigkeit zweier Medien. Schlägt vor, bei den Sitzungen zwei Medien zu verwenden, er meint, daß man auf diese Weise unter Umständen Ergebnisse erziele, die auf andere Weise nicht zu erreichen sind. Nr.6. November-Dezember. 1. G.Gelev, Neuä Versuche mit dem Medium Kluski. Sitzung vom 20.Juni 1924 in dem Arbeitszimmer von Kluski. Genaue Kontrollmaßnahmen wie Durchsuchung der Wohnung, der Kleidung des Mediums, Umkleidung usw. werden nicht angegpben. Geley kontrolliert auf der rechten Seite, sein kleiner Finger der linken Hand ist in den kleinen Finger der rechten Hand des Mediums eingehakt. Hände und Unterarme liegen gegeneinander. Sein linkes Bein ist in enger Berührung mit dem rechten Bein des Mediums. Die Tür ist mittels Schlüssel verschlossen. Alle Anwesenden bilden Kette. Dunkelheit. Bald nachdem das Medium eingeschlafen ist, hört Gele y zuerst ein Rauschen hinter dem Medium, sofort darauf hat Geley den Eindruck, als oh jemand neben ihm stände. Dann spürt er eine Berührung durch eine Hand zuerst an der Seite, dann im Nacken. Kleine Lichter bilden sich um
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das Medium, man nimmt einen Ozongeruch wahr. Neue Berührungen, eine sehr kleine Hand streichelt Geley im Gesicht und kneift ihn in die Ohren. Er fühlt zu gleicher Zeit zwei kleine Hände an den Ohren, dann auf dem Kopf und auf den Schultern. Die beiden links von dem Medium Sitzenden fühlen auch kleine Hände gleichzeitig mit Geley. Dann sieht man ein Licht oberhalb des Eimers mit Paraffin schweben, man hört mehrfach das Plätschern im Paraffin. Kinderfinger berühren Geley an der linken Hand. Einen Augenblick später wird — in noch warmen Zustand — ein Paraffinhandschuh gegen seine Rechte gelegt. (Dieser und die andern Abgüße sind bei dem Absturz von Geley zerstört worden.) Dann wird ein zweiter Handschuh geliefert. Eine kleine Hand ergreift die Geleys und schüttelt sie freundschaftlich. Die Materialisation war vollständig, es war die Hand eines Kindes, warm und lebend. Dann fühlt er die Berührung durch eine sehr große Hand, auch sie ergreift seine Hand und schüttelt sie, derselbe Eindruck des Lebens. Ein Leuchtschirm, der auf dem Tisch entfernt vom Medium lag, wird ergriffen und sehr hoch gehalten. Sodann sieht man von dem Leuchtschirm beleuchtet einen Oberkörper nebst Kopf und Armen. Die eine Hand hält den Schirm. Der Kopf ist von einem Soldatenkäppi bedeckt. Junges Gesicht, kleiner Schnurrbart, es gleicht dem Bruder von Ossowiecki, das Gesicht ist sehr lebendig. Er grüßt auf militärische Weise. Dasselbe tut er vor jedem Anwesenden. Dann legt er den Schirm vorsichtig hin und verschwindet. Dann ein Mann von 40-50 Jahren, er hat eine Glatze. Als Dritter kommt ein junger brauner Mensch mit einer Mütze auf dem Kopf. Der Paraffineimer wird von unsichtbaren Händen über die Köpfe der Sitzer gehoben und auf die Erde gestellt. Dann nochmals Lichter und Berührung von zwei groben Händen an den Schultern. Eine Dame fühlt eine große, sehr kalte Hand. Sitzung vom 3 0.Juni bei Kluski. Abgesehen vom Medium 6 Anwesende. Geley hat, wie er ausdrücklich betont, keinen Einfluß auf die Versuchsanordnung, da die Sitzung für ein Ehepaar veranstaltet wurde, die einige Jahre vorher einen Sohn, der Soldat war, verloren hatten. Die Versuchsanordnung war ungefähr dieselbe. Geleys Stuhl stand gegen die Tür, so daß sie nicht geöffnet werden konnte, ohne daß er es gemerkt hätte. Die Erscheinungen sind im wesentlichen von gleicher Art wie die der letzten Sitzung. Es kommt u. a. eine Materialisation, die die Eltern des verstorbenen Soldaten als ihren Sohn bezeichnen. 2. Lodge,William Crookes und die Metapsychik. Ein Abdruck aus den Proceedings for Psychical Research, Bd. 34. Plaudereien, die z.T. auf persönlichen Mitteilungen beruhen. Lodge verteidigt Crookes und tritt für seine Untersuchungen und auch für die Materialisationserscheinungen bei Florence Cook ein. 3. Rene Sudre, Metapsychik und Taschenspielerei. Besprechung eines 1891 erschienenen Buches „Enthüllungen eines spiritistischen Mediums", das Harry Price und Eric Dingwall auf englisch neu herausgegeben haben. 4. Delanne, Die Hypothese der Reinkarnation. Erwiderung auf Sudres Artikel. Er bestreitet die Stringenz von Sudres Beweisen und meint, daß man die Leistungen von Wunderkindern wie die des Lübecker Knaben Heineken nur verstehen könne, wenn man eine Reinkarnation annimmt. Die Fälle, in denen Menschen aus ihrem früheren Leben Angaben machten, die bestätigt werden konnten, seien durch Elellsehen nicht erklärbar, da dieses immer eine Beziehung zwischen dem Seher und dem gesehenen Objekt voraussetzt. Wenn eine Mutter, wie es mehrfach vorgekommen sei, mitteile, daß durch sie sich eine verstorbene Tochter reinkarniere, so könne man das nicht durch Hellsehen, Autosuggestion und Ideoplastik erklären. Die moralischen Folgen seien auch durchaus nicht beklagenswert, wie Sudre meine, die aufeinanderfolgenden Leben seien vielmehr durch eine immanente Gerechtigkeit geregelt, durch die Inkarnation komme gerade in moralischer Beziehung erst Sinn in das menschliche Leben. Dr. Rudolf Tischner.
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Proceedings of the Society for Psychical Research. London (W. 0.1, 31 Tavistock Square). 1924. Vol. XXXIV, part 90, Mai 1924: For and against Survival. The Difficulty of Survival from the Scientific Point of View. By Prof. Charles Riehet. The Possibility of Survival from the Scientific Point of View. By Sir Oliver Lodge. Vol. XXXIV, part 91, July 1924: I. Presidential Address. By J. G. Piddington. II. Elucidation of Two Points in the "One-Horse Dawn Scripts" (W. II. Salter und J. G. Piddington). III. The Mechanism of the so-called Mediumistic Trance. By Dr. Sydney Alrutz. IV. A Method of Scoring Coincidences in Tests with Playing Cards. By R. A. Fisher, M. A. — Supplement: Reviews. Vol XXXIV, part 92, Dec. 1924: I. In Memoriam Gustave Geley, 1868-1924. By Sir Oliver Lodge. F. R. S. II. Report on Further Experiments in ThoughtTransference carried out by Prof. Gilbert Murray, LL. D., Litt. D. By Mrs. Henry Sidgwick. III. Some Reminiseenees of Fifty Years' Psychical Research. By Sir William Barrett, F. R. S. IV. Some Further Consideration of the Modus Operandi in Mediumistic Trance. By Una Lady Troubridge. Supplement: Reviews. Vol. XXXV, part 93, June 1924: Experiences in Spiritualism with D. D. Home By the Earl of Dunraven, eingeleitet von Sir Oliver Lodge. Die S. P. R. wurde von einer Anzahl englischer Forscher — u. a. Sir W. F. Barr et t, Prof. der Physik in Dublin, Prof. Henry Sidgwick, Prof. Balfour Stewart, Edm. G u r e y usw. — im Jahre 1882 begründet zu dem Zweck, die sog. okkulten Erscheinungen zu erforschen. Man muß zugestehen, daß die Gesellschaft in den nunmehr 43 Jahren ihres Bestehens vielfach gute Arbeit geleistet hat und daß sie Wissenschaftler von Ruf zu ihren Mitgliedern zählt. Wir haben ihr in Deutschland nichts Gleichwertiges an die Seite zu stellen. Unter den kritisch eingestellten aktiv tätigen Mitgliedern nennen wir in erster Linie Dr. R. Hodgson, F. W. H. My er s, Frank Podmore und Mrs. Sidg wick, von denen die ersten drei bereits gestorben sind. Während diese im Lauf ihrer jahrzehntelangen Erfahrungen zur Anerkennung der psychischen Phänomene wie Telepathie und Hellsehen gelangt sind, haben sie sich von der Echtheit der sog. physikalisch-mediumistischen Erscheinungen dennoch niemals überzeugen können. Stets handelte es sich um mehr oder weniger durchsichtigen Betrug. Wir verdanken namentlich Po dm or e zwei wertvolle größere Werke : Modern Spiritualism. 2 Bände, 1902; und : The newer Spiritualisna, 1910. — Neuerdings scheint der „rechte Flügel" in der S. P. R. die Oberhaed zu gewinnen. Der Research Officer E. J. Dingwall ist positiv eingestellt und Oliver L odge bekennt sich sogar zum Spiritismus. Wir werden hier fortlaufend über die Tätigkeit der S. P. R. berichten. Unter den Veröffentlichungen des vorliegenden Jahrganges verdienen die von Prof. Gilbert M urr ay (Oxford) durchgeführten Versuche der Gedankenübertragung eine eingehendere Würdigung. Die erste Reihe dieser bemerkenswerten Experimente war von Mrs. V er r all 1915 (Bd. XXIX der „Proc.", S. 46 ff.) veröffentlicht worden : es waren 504 Einzelversuche. Mrs. Henry Sidgwick hat nun die zweite Serie, die zwischen April 1916 und April 1924 lag, publiziert und eingehend kommentiert (236 Einzelversuche). Beide Reihen haben zu einem auffallend hohen Prozentsatz positive Erfolge ergeben. Die Versuche weichen in der Art der gestellten Aufgaben von der üblichen Art — Übertragung von Vorstellungen, geometrischen Figuren, einfachen Zeichnungen usw. — ab : als Motive wurden meist irgendwelche Vorgänge oder Ereignisse aus dem Leben, aus einem Roman oder Verse aus Dichtungen usw. gewählt. Prof. Murr ay diente dabei selbst als Versuchsperson, als „Perzipient", eine seiner Töchter meist als „Agent". Die dabei angewendete einfache Methode war im allgemeinen die folgende : Murra y verläßt den Sitzungsraum und begibt sich außer Hörweite in ein anderes Zimmer Die als Agent wirkende Person gibt nun kurz das Thema an. Dieses wird von einem Protokollführer notiert, der dann im Verlauf der Sitzung das gleiche Blatt Papier zur weiteren Protokollierung der Angaben der Versuchsperson benutzt. Mur r ay wird nun hereingerufen. Gewöhnlich ergreift er die Hand seiner Tochter und vermag sodann, wenn er disponiert ist und keinerlei Störung eintritt, sogleich mit allen Einzelheiten
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Graf 0. v. Klinckowstroem.
anzugeben, was der Agent gedacht bat. Die 236 Einzelversuche verteilen sich auf 26 Sitzungen : ihre Zahl während einer Sitzung variierte zwischen 3 und 26. Sie verliefen also relativ schnell. Mrs. Sidgwick, bekanntlich eines der auf diesem Gebiete erfahrensten Mitglieder der S.P.R., hat mit gewissen Vorbehalten eine prozentuale Berechnung der Erfolgsziffer angestellt und gibt selbst zu, daß man über die Bewertung der einzelnen Versuche verschiedener Meinung sein kann. Sie kommt bei Anlegung eines strengen Maßstabes zu folgenden Zahlen : 36 0 /0 Erfolge (85 Versuche), 23,3 0 / 0 Teilerfolge (55) und 40,7 V o Mißerfolge. Die entsprechenden Ergebnisse der ersten Reihe waren nach Mrs. Verr all s Berechnung: 33,19 0 Erfolge, 27,9 5/, Teilerfolge, 390/ Mißerfolge. Hinsichtlich der Fehlergebnisse ist aber zu bemerken, daß hier Prof. Murray oft nicht etwa Falsches angab, sondern aussagte, er könne es nicht erkennen. Er gibt selbst an, sich bei den Versuchen in einem Zustande leichter Hyperästhesie zu befinden, die ihn auch auf jede Störung, namentlich Geräusche, sowie auf jede Änderung der gewohnten Versuchsanordnung, auf die Anwesenheit neuer Sitzungsteilnehmer usw. unverhältnismäßig stark reagieren läßt. Man kann die Mißerfolge also als die Folge von Dispositionshemmungen auffassen. Von diesem Gesichtspunkt aus betrachtet, muß man das Ergebnis als außerordentlich günstig bezeichnen. Es fragt sich nur, ob man bei der angewendeten Versuchsmethode genötigt ist, als Erklärung nur mehr echte parasensorische Gedankenübertragung gelten zu lassen. Sind alle Fehlerquellen vermieden worden? Im Hinblick auf die von Mur ray angegebene leichte Hyperästhesie während der Versuche erwägt Mrs. Sidgwick (S. 230/31) mit Recht die Möglichkeit einer abnormen Steigerung des Gehörsinnes als Fehlerquelle. Obwohl es gelegentlich nachgeprüft worden war, daß sich die Versuchsperson in dem Zimmer, in weiches sie sich jeweils vor Beginn eines Versuchs begab, tatsächlich normalerweise außer Hörweite befand, vermag Mrs. Sidgwick einige Fälle nachzuweisen (z. B. Versuch 24 und 25) , bei welchen Mur r a y einen Namen oder ein Wort vernommen hatte. Das konnte dann leicht zum Erraten des Motivs führen, welches der Aufgabe zugrunde lag. In wie viel Fällen mag Murray unbewußt derartige Wahrnehmungen gemacht haben ? Es wäre doch leicht gewesen, diese Fehlerquelle auszuschalten. Auch erscheint der alte vielumstrittene L eh mann sehe Einwand des „unbewußten Flüsterns" seitens der als Agent wirkenden Person oder eines anderen Anwesenden nicht hinreichend berücksichtigt. Auch hinsichtlich der gewählten Motive bleibt für den Fernstehenden noch manche Frage offen. Sehr oft handelt es sich um Szenen aus dem Leben der Familie Murray oder aus Romanen. Im Murr ay sehen Familienkreise wird offenbar viel Lektüre getrieben, wohl auch viel darüber gesprochen. Es fragt sich also, inwieweit die gestellten Aufgaben für Mitglieder der Familie nahelagen ob etwa gerade eines der gewählten Bücher kurz zuvor Gegenstand der Unterhaltung gewesen war, usw. Das würde naturgemäß manchen geradezu verblüffenden Erfolgen viel von ihrem Wert nehmen. Um die Art der Versuche anschaulich zu machen, mag hier ein solcher wiedergegeben werden (Vers. 7), den Mrs. Sidgwick nur als einen Teilerfolg gelten läßt : Miß Agnes Murray (Agent): „Terence (ein Neffe von Prof. Murray) und Napoleon stehen auf einem Hügel oberhalb der Marne und beobachten das Artillerigefecht im Grunde." Prof. Murr a y: „Dies ist eine Handlung — ich kann die Personen nicht klar erkennen, ich glaube auf einem Hügel auf Artillerie herabschauend. Es ist nicht Saumarez. Es mögen Oxfordleute sein. Ich vernehme das Bersten von Granaten. Ich möchte annehmen, daß es Terence und noch jemand ist — ich glaube nicht, daß ich die andere Person kenne. Nein, ich glaube nicht, daß ich sie kenne. Nein, ich kann sie nicht erkennen." Bis auf das Nichterkennen Napoleons, das aber auch auf eine nicht hinreichend scharfe und anschauliche Vorstellung des Agenten zuruckgeführt werden kann, ist die Aufgabe richtig gelöst. (Proc. Vol. XXXIV, Part 92, S. 201--274.)
"Cone-Literatur".
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Vol. XXXV, Part ••3, June 1924: Experiences in Spiritualism with D. D. Horn e. By the Earl of Dunrav en. Dieser Band ist ein von Oliver Lodge eingeleiteter, vorn Earl of Dunrav en (Sohn) herausgegebener Neudruck des Privatdrucks von 1870, in welchem seinerzeit der Earl of Dunr av en (Vater) seine Aufzeichnungen über 78 Sitzungen aus den Jahren 1867-69 mit Daniel Dunglas Horn e veröffentlicht hatte 5. Die Veröffentlichung kann nicht mehr als historisches Interesse beanspruchen. Sogar General Peter („Psych. Studien", Mai 1925, S. 270) sagt zu diesen Sitzungen, daß die Mehrzahl im Fahrwasser des reinen Offenbarungsspiritismus sich bewege und den Skeptiker schwerlich überzeugen werde. Hinsichtlich der Phänomene, die Home produzierte, sei auf das entsprechende Kapitel in dem Werk „Der physikalische Mediumismus" von Gulat -Wellenburg, Klinckowstroem und Rosenbusch verwiesen (Berlin, Ullstein, 1925). Graf Carl v. Klinckowstroem. Journal of the Society for Psychical Research. London. Vol XXI, 1924. 8°. Nr. 401-410. Neben den „Proceedings" gibt die S.P.R. ein nur für die Mitglieder bestimmtes „Journal" heraus, das jetzt auch bereits im 22. Jahrgang steht. Während in den „Proceedings" größere Arbeiten zum Abdruck gelangen, finden im „Journal" neben geschäftlichen Mitteilungen kleinere Artikel, Buchbesprechungen usw. Aufnahme. Meist handelt es sich bei diesen Artikeln um irgend welche Fälle von Hellsehen, Telepathie usw., die der S.P.R. mitgeteilt und von dieser dann nach Möglichkeit geklärt werden. Das so gewonnene Material, naturgemäß sehr verschiedenwertig, ist immerhin geeignet, schon durch seine Masse einen gewissermaßen kumulativen Beweis für das Bestehen solcher Erscheinungen mi erbringen. Aus dem Inhalt des Jahrganges 1924 heben wir einen Artikel von Ch. Riehet (Juniheft) über Metapsychik und Fortleben nach dem Tode heraus, in welchem Riehet an seine Auseinandersetzung mit Sir Oliver Lodge (Spiritist) über diese Frage anknüpft (Proceed., Vol XXXIV, pag. 113 ff.). Riehet steht bekanntlich auf dem Standpunkt, daß die von ihm in vollem Umfange anerkannten mediumistischen Phänomene für die Annahme des Fortlebens nichts beweisen. Graf Carl v. Klincko w stro em.
Coue-Literatur. Der Coueismus gehört nicht zum Okkultismus, wohl aber zu den "Grenzfragen des Seelenlebens", denn indem er bestrebt ist, die „Einbildung", d. h. die unterbewußte Autosuggestion, zu einer vom bewußten Willen ganz unabhängigen Macht zu entwickeln und für medizinische und pädagogische Zwecke brauchbar zu machen, bedient er sich der keimhaften Ansätze zur Bewußtseinsspaltung und Verselbständigung des Unterbewußtseins, die bei sehr vielen, wenn nicht bei allen Menschen vorhanden sind. Außerdem gibt es, wie wir sehen werden, interessante verknüpfende Gedankenfäden zwischen Okkultismus und Coueismus. Aus beiden Gründen gehört letzterer in das Betrachtungsgebiet unserer Zeitschrift. Überblickt man die immer üppiger emporwachsende Literatur, die sich an C u e und Baudo uin anschließt, so erkennt man sofort, daß ihre Bewegung nicht, wie ihre Gegner wollten, als Kurpfuscherei, auch nicht als flüchtige Modeströmung angesehen werden kann. In steigendem Maße beschäftigen sich Fachmänner von Ruf mit dieser Lehre, und selbst in dem vielfachen Hersagen des Zauberspruches „Es geht mir von Tag zu Tag besser und besser in jeglicher Hinsicht", das man zuerst dem ') Referent besitzt ein Exemplar dieses sehr seltenen Privatdrucks, das nach dem handschriftlichen Besitzvermerk aus der Bibliothek des Viscount Adar e, eines Teilnehmers an diesen Sitzungen, stammt. Die Einleitung Adares ist im Neudruck weggelassen worden. Der Titel des Privatdrucks lautet: Experiences in Spiritualism with Mr. D. P. Home. By Viscount Adare, with introductory remarks by the Earl of Dunraven. o. 0. (London) u. .J. (1870). 8°. XXXII und 179 S.
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R. Baerwald.
Gesundbeten hat gleichstellen wollen, erkennen sie einen vernunftigen Zweck. Man sieht bereits, daß der CouAismus sich durchsetzen wird. Allerdings wird von den diesen Gegenstand behandelnden Ärzten durchweg betont, daß die systematische Autosuggestion nicht etwa den Arzt darf ersetzen wollen. Sie macht sorgfältige Diagnosestellung und körperliche Behandlung organisch bedingter Krankheiten nicht überflüssig, und auch wo es sich um rein funktionelle Störungen handelt, wird für die meisten Patienten der Psychotherapeut als Lehrer der Methode und Führer für den Anfang unentbehrlich sein. Dr. Fritz Schulhof: „Couismus, die Kunst der Selbstüberredung als eine neue psychische Behandlungsmethode". Wien und Leipzig, Mor. Perles, 3. Aufl. 1925. Der Verfasser ist Primärarzt an einer großen Anstalt für Nervenleidende. Das für die Selbstunterweisung von Laien berechnete Buch ist klar und gut geschrieben und bietet namentlich eine wertvolle Erweiterung jener Vorübungen, durch die Cou dem Patienten den Glauben an die Allmacht der Autosuggestion und die Gegenwart eines von seinem Willen unabhängigen Unterbewußtseins beibringen will. Co u rät bekanntlich den Gebrauch des Chev r eul schen Pendels an, das, als ob es in der Hand der Versuchsperson lebendig würde, in einer bestimmten Richtung schwingt, sobald diese Richtung vorgestellt wird, und zu schwingen aufhört, sobald an Ruhe gedacht wird. Nun rät Schulhof , daran anschließend dem Patienten die Weisung zu geben : „Sehen sie den Ring ganz gleichgültig, teilnahmlos an, denken sie gar nichts dabei!" Auf diesen Befehl hin entsteht, weil der Patient Zeit zur Selbstbeobachtung gewinnt, große Müdigkeit des lange wagrecht gehaltenen Arms. Wird sie aber so überwältigend, daß der Patient glaubt, er müsse den Arm sinken lassen, dann gibt der Arzt den Befehl, aufs neue an eine bestimmte Riclitung zu denken, und siehe da, der Ring beginnt wieder zu schwingen, die Müdigkeit wird vergessen, der Arm kann noch lange ohne Erschöpfung wagerecht gehalten werden. Dieses Hin und Her kann man 10 Minuten lang wiederholen. So wird dem Kranken der erstaunliche Einfluß der Vorstellung auf den Körper von einer anderen Seite her, durch die Macht der Ablenkung, demonstriert. — Schwingt der Ring, durch die bloße Vorstellung einer Richtung in Bewegung gesetzt, und sagt man dem Patienten, er solle jetzt mit dem Willen eingreifen und versuchen, das Pendel zur Ruhe zu bringen, so bewegt sich, wie schon Coue und Baudouin festgestellt haben, bei vielen der Ring erst recht und stärker als vorher. Dieses Symptom betrachtet Schulhof als Unterscheidungsmerkmal dafur, we!che Patienten für das Cou'C' -Verfahren geeignet sind. (Trifft diese Beobachtung zu, so beweist sie, daß die Methode namentlich auf solche Personen zugeschnitten ist, bei denen das "rebellische Unterbewußtsein", d. h. das antagonistische, dem Oberbewußtsein vielfach zum Tort handelnde Unterbewußtsein sich stark ausgebildet hat. Bei den meisten Nervenkranken, Degenerierten, Desequilibrierten wird diese Bedingung erfüllt sein). — Manchen vorwiegend geistig beschäftigten und interessierten Personen läßt sich die Macht der Autosuggestion besser durch Denkubungen als durch Exerzitien der Körperbeeinflussung veranschaulichen. Für solche Patienten empfiehlt Schulhof: Man solle ihnen ein Schaufenster, ein Gebäude, ein Bild zeigen und sie veranlassen, sich mit leiser Mitbewegung der Lippen einzureden, sie hätten nie etwas Schöneres gesehen, und sich alle einzelnen Schönheiten vorzusprechen, die dem Kunstwerke eigen seien. Ist diese Selbstüberredung einigermaßen gelungen, dann soll die Versuchsperson ein verächtliches Lächeln annehmen und sich nun umgekehrt das Bild nach Kräften zu verleiden suchen, seine Fehler aufstöbern, sich sagen, was man anders gemacht hätte, was da und dort besser dargestellt worden sei usw. (Wer beobachtet hat, wie leicht uns ein blasierter Mäkler die höchste Begeisterung trüben, das bewundertste Kunstwerk, indem er es als Kitsch und Mache hinstellt, trotz unseres Protestes mit unaustilgbaren Flecken besudeln kann, der weiß, wie wirksam diese Übung in ästhetischer Suggestion sein muß.) Dr. v. G u 1 at-Wellenburg: „Das Wunder der Autosuggestion". Kempten im Allgäu, Gesellsch. f. Bildungs- und Lebensreform, 1925, Kennt man die große Skepsis, mit der der bekannte Münchener Nervenarzt zu urteilen pflegt, so sieht man nicht ohne Verwunderung, wie weit er ohne Widerspruch den Bahnen Co u s folgt. Vor allem bestätigt er zum Teil dessen Angabe, daß suggestive und sonstige seelische Ein-
„Cou6-Literatur”.
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flüsse auch organische Erkrankungen zu heilen vermögen ; die geläufige Ansicht, daß nur nervöse und andere funktionelle Störungen in das Bereich des Psychotherapeuten fallen, sieht er als durch die neueren Erfahrungen überwunden an. Er hat mehrere Fälle fortgeschrittener, unzweifelhaft richtig diagnostizierter Lungentuberkulose gesehen, in denen die übliche Behandlung durch Futtern, Schonen, Luftkur versagte und die Kranken dem Untergange geweiht schienen, bis ein starker seelischer Anstoß, Liebe, Ausbruch des Weltkrieges, suggestive Einwirkung eines Wallfahrtsortes das Bild völlig veränderte und eine Besserung oder sogar in mehreren Fällen eine totale Heilung einleitete, die durch den lokalen Krankheitsbefund bestätigt wurde. Gulat sieht die Abhängigkeit der Abwehrkraft der Phagozyten vom seelischen Zustand des Patienten als Ursache solcher psychisch bedingten Heilungen an. Ferner werden bei manchen Geschwülsten, zumal Myomen, bei Schleimhautpolypen, bei Warzen, bei infektiösem Schnupfen, Suggestivheilungen beobachtet vermutlich dadurch, daß seelischer Einfluß die Blutzufuhr und damit die Ernährung des Gewächses abschneidet oder die Blutanschoppung verhindert, also die Wirkung des Codein oder Adrenalin nachahmt. Indessen überschätzt C o u 6 die Reichweite solcher Suggestivheilungen organischer Krankheiten, vor allem hält er sie für zu gesichert. Es handelt sich um Vorgänge, die gelegentlich vorkommen, auf die man aber nicht rechnen kann, um deren Möglichkeit willen man also keinesfalls die übliche körperliche Behandlung durch einen Arzt verabsäumen darf. — Als besonders wichtigen Kunstgriff zur Verstärkung der Suggestionswirkung empfiehlt Gulat das Erzeugen einer autosuggestivan Illusion, d. h. der Suggestionsgedanke soll, wenn möglich, nicht bloße Vorstellung bleiben, sondern Empfindung werden. Jener berühmte Fall, in dem ein in der Autosuggestion trainierter Mann unter einer auf seine Haut gelegten Münze willkürlich Brandblasen entstehen ließ, war nur dadurch möglich, daß er sich mit geschlossenen Augen einredete: „Ach, wie heiß, sehr heiß, wie es brennt !", daß er schließlich schrie und wie im Schmerz stöhnte und durch diese eindringliche Form der Autosuggestion sie zur wirklichen Schmerzempfindung steigerte. Prof. Ferdinand W ink 1 er: „Gesundung durch Erziehung. Pädagogische Psychogymnastik, Persua sion und Coueismus".Pfullingen,Joh.Baum.Einkenntnisreiches, aber seltsam eigenwilliges Buch, das zwar Cou6s Erfolge anerkennt, sie aber systematisch in genau entgegengesetzter Weise erklärt als er selbst. Vor allem verzichtet Winkl er mit El. K 1 em p erer auf den Begriff des Unterbewußtseins, weil seine Bedeutung für seelische Prozesse noch zu ungeklärt sei. Damit verschwindet das meiste in der Versenkung, was die neuere Zeit über den Mechanismus der Heilsuggestion gelehrt hat. Die Vorübungen C o u s, Nie doch dazu bestimmt sind, dem Patienten das Vorhandensein einer vom bewußten Willen unabhängigen psychischen Macht zu zeigen, nennt W inkler Willensübungen, Turnen des Willens, Wegräumen von Hemmungen des Willens, kehrt also den Befund der Selbstwahrnehmung einfach um. Alle Autosuggestion sei eigentlich Fremdsuggestion. — Co u 6 vertritt bekanntlich den umgekehrten Standpunkt —‚ denn, wie wiederum K le mp er er behauptet, der Patient suggeriere sich nur auf Grund ärztlicher Ratschläge, gelesener Bucher, gesehener Beispiele. (Wenn ein Hysterischer sich durch unbewußte oder bewußte Autosuggestion krank macht, tut er das auch unter dem Einfluß solcher Fremdsuggestion ?) Ja vielfach sei C ou6s Autosuggestion überhaupt nicht Suggestion, sondern „Persuasion", d. h. das Aufzeigen vorhandener Tafbestände oder in Bereitschaft stehender Wege, auf denen der Patient sich helfen kann. Was Winkle r praktisch unter Persuasion versteht und als besonders wirksames psychotherapeutisches Mittel betrachtet, zeigt er an mehreren Beispielen. Er beseitigt Zahnschmerzen oder nervöses Jucken einmal durch Amylnitrit, und nun stellt sich der Patient bei späteren Anfällen den auffallenden Geruch dieses Mittels und die Empfindung der Blutüberfüllung, die es veranlaßt, deutlich vor und vermag das Leiden so zu verscheuchen. Der Schlaflose wird einmal in der Sprechstunde durch Äthernarkose eingeschläfert, von der ab hilft ihm die Vergegenwärtigung der Situation der Narkose und des Äthergeruchs. (Was hier vorliegt, ist offenbar auch Suggestion und Autosuggestion, die durch eine gleichgerichtete objektive Einwirkung sozusagen auf den Trab gebracht wird, ein den Suggestionstherapeuten vertrauter, namentlich von Dr. J. G- ro 13m ann viel angewendeter Trick.)
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R. Baerwald. E. Bohn.
Heinrich Jürgens: „Coudismus und Neugeistpraxis. Praktischer Ratgeber für geistige S elbsth ei 1 un g". Pfullingen, Joh. Baum. Das Buch eines Magnetiseurs, dessen mitgeteilte Erfahrungen nicht so kritisch gesichtet und bearbeitet sind, daß man sicher beurteilen könnte, wieviel von den erzielten Heilungen und Besserungen auf die Rechnung der Autosuggestion oder auf diejenige anderer, mitwirkender Faktoren kommt. Etliche Beobachtungen sind dennoch wertvoll. Der Verfasser wurde jahrelang von schreckhaften Traumphantasien gequält, in denen ein Ungeheuer, halb Mensch halb Tier, die Hauptrolle spielte. Eines Abends dachte Jürgens intensiv: „Wenn es diesmal wiederkommt, stehe ich auf und haue ihm auf den Schädel." Der Unhold erschien nun wieder im Traume. Jürgens verwirklichte (natürlich auch nur im Traum) seine Autosuggestion, führte einen gewaltigen Schlag auf den Kopf des Phantoms und sah es kopfüber zur Tür hinauskollern. Von da ab war er befreit. Wir sehen hier eine viel geübte Form der Konkretisierung einer Autosuggestion : Man läßt sie sich zu einem Erlebnis verdichten. Sämtliche Kunstgriffe der suggestiven Technik, die wir hier aus Schriften verschiedener Autoren zusaminengetragen haben, dienen dem gleichen Zwecke : Sie wollen die Suggestion anschaulicher und dadurch wirksamer gestalten. Die „Neugeistlehre", von der Jürgens redet, stellt jenes Bindeglied zwischen Coudismus und religiös-mystischem Okkultismus dar, von dem eingangs die Rede war. Das Unterbewußtsein, das durch seine Suggestion so Gewaltiges über den Körper vermag, wird aufgefaßt als ein unsterbliches, immaterielles, mit dem Allgeist verbundenes Agens. Wir haben hier denselben dualistischen Spiritualismus, der auch die Triebkraft in allen okkultistischen Bewegungen der Gegenwart bildet. So oft auch dieser extreme Spiritualismus sich in der Geschichte des menschlichen Denkens 'betätigt hat, nie hat er es vermocht, eine philosophisch zureichende Form zu gewinnen und den Drang zu klarem, logischem Denken und kausaler Erklärung ebenso zu befriedigen wie eine monistische, spinozistische, identitätsphilosophische Deutung der Welt. Warum lebt er trotzdem in immer neuen Formen auf? Weil er selbst eine Art suggestiven Hilfsmittels darstellt. Gewiß kann auch ein Monist, der Gedanken und Gehirnbewegung für identisch oder äquivalent hält, die Autosuggestion erfolgreich anwenden. Aber wer das Denken als ein geheimnisvolles, mit Zauberkräften ausgestattetes Mädchen aus der Fremde ansieht, fur ein göttliches Wesen, das durch den bloßen Denkakt die Materie regiert, wer sich das Ringen nach Gesundheit, Veredlung, Selbstbeherrschung als dramatischen Kampf zweier Prinzipien des Lichts und der Finsternis in uns v3rstellt, wer seine Leiden und Gebrechen ignorieren und abschütteln kann, indem er sie aus seinem geistigen Kern-Ich in ein gleichgültiges, verachtetes, materiell beeinflußtes AppendixIch abschiebt — der hat es leichter und arbeitet mit besser überredenden Vorstellungen. Nur um dieser seiner praktischen, lebenserhaltenden Wirkung willen lebt der Dualismus weiter. Diesen Zusammenhang einmal grundlich darzustellen, wäre eine ebenso dankbare Aufgabe für den Historiker der Philosophie wie für den Suggestionspsychologen. Dr. Richard Ba er wal d. Pierre Piobb. Les anticipations de l'histoire sclon les propheties de Nostradamus. 1924, 35 Seiten. Die Broschüre von Pio bb ist Anfang 1924 in Paris ohne Titel erschienen. Sie enthält den Vortrag vor der Theosoph. Gesellschaft und ist ein Separatabdruck aus einer Zeitschrift. Unter den vielen Kommentaren des Nostradamus ist sie der kurzeste. Piobb hat sich nicht auf lange Studien eingelassen (er hält die Ausgabe des Nostradamus von Amsterdam 1668 für die erste vollständige !), sondern hat frisch darauf losgeredet. Der Vortrag zerfällt in zwei Teile. Im ersten Teil macht uns Pi obb mit der Geschichte des französischen Sehers sehr dürftig bekannt und bringt uns die Überraschung, daß er den Schlüssel zu Nostradamus gefunden hat. Dieser Schlüssel liegt, wie der Brief Edgar Po es, offen dar ; er liegt auf dem Einband, auf dem Titel, am Anfang und am Ende des Buches. Der Schlüssel ist das Wort Nostradamus. Dieses Wort schreibt man hebräisch. Jeder hebräische Buchstabe entspricht einer Zahl, und aus der Zusammensetzung dieser Zahlen ergibt sich die geheimnisvolle Anordnung der „Prophdties". Nostradamus hat nämlich seine Vierzeiler in Zenturien zusammengestellt, hat aber die einzelnen Vierzeiler absichtlich durcheinandergewürfelt, um das Verständnis
E. Bohn. Pierre Piob.
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seines Buches zu erschweren. Seit Jahrhunderten (die erste Ausgabe des Nostradamus erschien 1555, gedruckt von Mace Bonhomme in Lyon) bemühen sich die Gelehrten, die richtige Anordnung zu finden. Pi obb ist das geglückt. Leider verschweigt er uns, wie man auf Grund seiner kabbalistischen Methode mit Hilfe des Schlüssels das Buch enträtselt. Er schlägt sich zwar vor die Brust und beteuert, er stelle die Vertrauensfrage, ob er den Schlüssel auch richtig angewendet habe, aber den zweiten Teil seines Buches könnte er auch ohne Zauberschlüssel geschrieben haben. Dieser zweite Teil bringt eine Reihe von Versen des Nostradamus und ihre Entschlüsselung. Es sind z. T. bekannte Auslegungen, die so dehnbar sind wie der Versailler Friedensvertrag. Man möchte meinen, sie seien auf Gummi gedruckt, damit man sie immer länger auseinanderziehen könne. Hm eine Probe zu geben, zitiere ich Seite 26. Der Krieg von 1914, schreibt Pi obb, ist von Nostradamus mit der peinlichsten Genauigkeit beschrieben worden. Beweis: 1,64 spricht Nostradamus von Le Pourceau Demi-Homme : „Das halbmenschliche Schwein", mitunter auch „Halbschwein" genannt, ist der Deutsche Kaiser, Wilhelm der Zweite, und die wilden Tiere, von denen Nostradamus spricht, sind die Deutschen. „Nostradamus liebt nicht die Deutschen". Er bezeichnet sie als „M örde r, furchtbare Ehebrecher, große Feinde des Menschengeschlechts, unmenschlich usw.". An einer anderen Stelle spricht Nostradamus von dem Greis, der von dem Halbschwein geboren wurde, das ist natürlich der Deutsche Kronprinz. Das Wort Madric braucht man nur umzustellen, so liest man Damrick, das man als „D'Amerik" lesen muß. So wird die Teilnahme Amerikas am Krieg bewiesen. Braucht es weiterer Beweise? Am Schluß des Vortrages entschleiert uns Pi obb die Zukunft. 1927 wird Ruhe in allen Schwierigkeiten eintreten. 1927 bis 1930 wird die französische Verfassung geändert. Zwischen 1930 und 1940 allgemeine Entwaffnung, dann neue Kriege und so geht es weiter bis zum Jahre 7000. Nach 1927 wird Frankreich die lebende Flamme der Menschlichkeit sein". Ein Witz der Weltgeschichte will es, daß im Jahre 1914 vor Kriegsausbruch noch ein Kommentar über Nostradamus erschienen ist. Charles Nicoulland: Nost-adamus Les propheties. Perrinet & Co., Paris 1914, 271 Seiten. Er ist von einem Katholiken verfaßt und ganz auf kirchliche Geistesrichtung eingestellt. Während das Buch von Piobb kaum mehr Wert hat, als den eines unfreiwilligen Witzes vor einer Korona von alten Weibern, ist das Buch von Nico ul 1 an d ernster zu nehmen. Ni c oul 1 an d hat Unmerhin Vorkenntnisse mitgebracht. Auch ihm fehlt die Kenntnis der ältesten Nostradamus-Drucke (die Klinckowstroem schon im Jahre 1913 im Heft 12 des 4. Jahrganges der Zeitschrift für „Bücherfreunde" so vorzüglich bearbeitet hat). Auch er geht nicht auf die ältesten Drucke zurück. Bei der Auslegung von Nostradamus kommt es aber auf die ältesten Drucke an, weil sie erheblich untereinander abweichen. Aber Nico ull an d hat doch einigermaßen Überblick über das Material, während Pi ob b mit einer leichtfertigen Geste, die er patriotisch anstreicht, das Werk des Nostradamus zu beherrschen glaubt. Der Witz des Buches von Nie oull an d liegt in der Tatsache, daß in diesem Buche der ganze Weltkrieg nicht geahnt wurde, 1914, als schon der Donner das Gewitter ankündete ! Während also Pi ob b 1924 behauptet, der Krieg sei mit größter Genauigkeit von Nostradamus beschrieben worden, hat Nie oull and im Jahre 1914 davon nichts geahmt. Der Schlüssel des Herrn Floh b bringt uns in die angenehme Lage, nun zwei Schlüssel zu dem Werk des französischen Nationalpropheten zu besitzen. Im Jahre 1921 hat Loog in der Schrift „Die Weissagungen des Nostradamus", Verlag von Joh. Baum, einen anderen Schlüssel veröffentlicht. Leider hat auch er die Anwendung dieses Schlüssels einer späteren Zeit vorbehalten. Das Loog sehe Schlüsselwort lautet : a deo, a natura. Wie damit das Geheimnis des Nostradamus erschlossen wird, hat L oog nicht verraten. Für das Studium des Nostradamus ist die erste Grundlage : Die Kenntnis der alten Drucke. Die drei ältesten Drucke von Mac e Bonhomme 1555, von Pierr e Roux Av ign on 1555 und 1556, sind verschollen. Der viertälteste Druck Lyon bei A nt oin e Du R osne 1557 befindet sich auf der Staatsbibliothek in München. Über alte Drucke und Manuskripte aus meinem Besitz veröffentliche ich demnächst einige Angaben. Erich Bohn.
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Graf c. v. Klinckowstroem. A Magician among the Spirits.
Houdini, Harry. A Magician among the Spirits. New York and London, Harper & Brothers, 1924, 8°, XIX und 294 S. Mit 25 Abb. Nach der leicht ironisch gefärbten Besprechung dieses Buches durch E. J. Dingwall im „Journal" der S.P.R., in welcher dem Verf. eine Reihe von Flüchtigkeitsfehlern nachgewiesen werden, glaubte ich nicht viel davon erwarten zu dürfen, als ich das Buch aufschlug. Ich war daher überrascht, dennoch eine Menge neuen und wichtigen Materials zu finden. Houdini ist ein bekannter Taschenspieler und Entfesselungskünstler, der seine erstaunlichen Künste auch in Deutschland schon gezeigt hat (z. B. vor dem Kriege in Berlin im Wintergarten). Er ist kein bloßer Routinier, sondern ein schöpferischer Kopf. Und solche erscheinen mir neben demVertreter der modernen Experimentalpschyologie als die geeignetsten Sachverständigen bei der Untersuchung physikalischmediumistischer Phänomene. Seit vielen Jahren hat H ou dini für die mediumistischen Phänomene großes Interesse gehabt und sie studiert, wo sich ihm Gelegenheit dazu bot. Das Ergebnis war stets negativ. Wir wollen hier nur auf ein paar Punkte hinweisen, die Neues bringen. So sind die endgültigen Aufklärungen lehrreich, die uns Houdini über die Entfesselungstricks der Gebrüder Dav enp ort gibt, die von Beginn der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts an als „Medien die Welt bereisten und großes Aufsehen erregten. Houdini hatte sich mit dem erst 1911 verstorbenen jüngeren der beiden Brüder, Ira Erastus, angefreundet und ist von diesem in die Tricks eingeweiht worden. Dazu ist zu bemerken, daß im Gegensatz zu englischen Okkultisten, wie z. B. II. C ar ringto n, in Deutschland sogar ein immerhin kritisch zu nennender Okkultist wie Tis eh n er (in seiner „Geschichte der okkultistischeneForschung", 1924, S. 41 und 42) die Produktionen der Davenports wenigstens zum Teil als echt mediumistisch ansprechen möchte, wie in dem ganzen, im übrigen sehr verdienstvollen Buch von Tischner das Bestreben zutage tritt, trotz mannigfacher Einwände und Bedenken. die sich ihm aufdrängen, doch möglichst überall noch etwas für die Echtheit der Phänomene herauszuschlagen. Nicht minder interessant ist ein von Houdini wiedergegebenes bisher unbekanntes Selbstbekenntnis des Betruges von Henry S1 a d e, der durch die bekannten Versuche von Zöllner zu einer unverdienten Berühmtheit gelangte. Im Jahre 1882 wurde ihm dieses Selbstbekenntnis von Remigius Weiß, der seine Tricks durchschaute, abgenötigt. Weiß machte, nachdem er Sl a des modus operandi kennen gelernt hatte, ihm schließlich den Vorschlag, einmal die Rollen zu tauschen : Er wolle die Slade schen Tafelschriftexperimente ausführen, und Sla de solle ihn dabei beobachten. In der Tat machte Weiß seinem Partner die gleichen Phänomene mit genau den gleichen Mitteln vor. Sla de war äußerst verblufft und ließ nach einer weiteren Aussprache die Maske fallen. Weiß gab sich damit nicht zufrieden. Er stellte Sla de vor die Alternative : Entweder sollte er ein Selbstbekenntnis, das Weiß aufsetzte, unterzeichnen, oder er, Weiß, werde ihn wegen Betruges ins Gefängnis bringen. Sla de ließ sich darauf herbei, das folgende Selbstbekenntnis zu unterzeichnen (S. 99) : „Der Unterzeichnete, Henry S la de, bekannt unter dem Berufsnamen Dr. Henry Sla de, das starke spiritistische Medium, der vor Jahren infolge ungünstiger Umstände zum spiritistischen Tafelschrift- usw. Medium und zum spiritistischen Vortragsredner wurde, bekennt hiermit, daß alle (!) seine angeblich spiritistischen Manifestationen betrugerisch waren und sind, ausgeführt mittels Tricks. (gez.) LI. S I ad e." Weiß verlangte noch von Sla de, er solle seine Laufbahn als Medium aufgeben, aber Sla de bat ihn himmelhoch, Mitleid mit ihm zu haben, da er ja davon sein Leben friste. Leider hat Weiß tatsächlich bis jetzt keinen Gebrauch von dem Selbstbekenntnis Slade s gemacht. Houdini hat seinem Buch keine photographische Reproduktion dieses Dokuments beigegeben, dessen Echtheit vermutlich seitens der Okkultisten angezweifelt werden wird. Die Echtheit vorausgesetzt, würde es die Streitfrage über S1 ade , über die viel Tinte geflossen ist, endgültig abschließen. — Im Jahre 1920 hatte Ho udini Gelegenheit, in London einer Reihe von Sitzungen der S.P.R. mit Eva C. beizuwohnen. Mad. Bi sson hatte von ihrem Prinzip, Taschenspieler von den Sitzungen mit ihrem großen Medium auszuschließen, eine Ausnahme gemacht, da sie sich von der Loyalität H oudi nis überzeugte. Obwohl eine Entlarvung nicht stattfand — eine solche ist ja
Fournier d'Albe, E. E. The Life of Sir William Crookes.
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schon durch die Versuchsbedingungen so gut wie ausgeschlossen, denn diese Bedingungen dienen ja weit mehr der Sicherung des Mediums als der der Kontrolle —, kommt H o u di ni, der ganz objektiv zu beobachten den besten Willen hatte, zu dem Schluß, daß Betrug vorlag, und zwar auf Grund verdächtiger Indizien, die er wahrnahm. Nach den Beobachtungen Dr. v. Gulat s 1 ) kann uns das nicht weiter überraschen. Auch sonst bringt das Buch eine Fülle interessanten Materials. Eine deutsche Übersetzung mit Fortlassung einiger Abschnitte, die nur für amerikanische Leser Interesse bieten, weil der Spiritismus in Europa nicht solche extravaganten Formen zeigt, wäre jedenfalls erwünscht. Graf Carl v. Klin ckowstroem. Fournier d'Alb e, E. E. The Lif e of Sir William Crookes. With a foreword by Sir Oliver Lodge. London, P. Fisher Unwin (1923). 8° XIX u 413 S. Mit 4 Portr. u. 1 Abb. im Text. Die vorliegende eingehende und liebevolle biographische Würdigung des Chemikers und Physikers Sir William Cr o ok es (17. Juni 1832-4. April 1919) ist ein wertvoller Beitrag zur Gelehrtengeschichte des 19. Jahrhunderts. Unter Benutzung handschriftlichen Materials (Briefe, Tagebücher) hat der Verfasser es verstanden, ein lebendiges Bild des vielseitigen und unermüdlichen Forschers zu entwerfen. Cr o oke s — wie Fa r a da y ohne regelrechte Universitätsausbildung — war bekanntlich nicht nur ein Mann der Wissenschaft, dem wir eine Reihe wichtiger Entdeckungen und Untersuchungen verdanken. Durch seine Beschäftigung mit den mediumistischen Phänomenen gilt er bei den Okkultisten noch heute als einer der Grundpfeiler der Metapsychik. Seine in diesen Kreisen als klassisch geltenden Versughe mit den Medien D. D. Home und Florence Cook werden immer noch als die Höchstleistung auf diesem Gebiet gewertet, sowohl hinsichtlich der Methodik wie der Stärke der beobachteten Phänomene. Wir haben uns hier nicht mit dem Entdecker des Thalliums (1861), des Radiometers (1874), den fruchtbaren und folgereichen Untersuchungen der Strahlungserscheinungen in möglichst luftleeren Räumen (Crookesschen Röhren) usw. zu beschäftigen. Cr o oke s' Verdienste auf diesen Gebieten, obwohl seinerzeit stark umstritten, werden heute vollauf gewürdigt. Uns interessiert hier nur der Forscher auf dem schwankenden Boden des Mediumisrnus. Cr ookes' Interesse für diese Phänomene wurde bereits 1868 geweckt durch den spiritistisch eingestellten Elektriker Cr. Fl. V arl e y, und durch den Amateur-Astronomen W. Hu g gim s. Die ernstere Beschäftigung damit begann im Jahre 1870. Diesem Teil des Crookesschen Interessengebietes hat F o u rni er d'A lb e das 12. Kapitel (S. 174-239) gewidmet. Fo ur ni er d 'Alb e hat als Physiker und Okkultist an diesem Abschnitt zweifellos ein besonderes Interesse gehabt, und er muß auch als der geeignetste Interpret dafür angesehen werden, da er, obwohl überzeugter Okkultist, dennoch durch seine Versuche mit dem „Medium" Kathleen G oli gh er über das Raffinement mediumistischen Betruges eigene Erfahrungen hat sammeln können und daher nicht unkritisch alles als echt hinnimmt. Er hat sich daher bemüht, ein objektives Bild zu gewinnen, und wenn wir auch seinem Ergebnis, das im wesentlichen die Crookesschen Beobachtungen unangetastet läßt, nicht beistimmen können, so ist doch die sachliche Art seiner Berichterstattung und seines Urteils voll anzuerkennen. Wie Referent im 4. Kapitel seines mit Dr. v. Gu 1 a t -W ell enb urg und Dr. H. R os en b u s eh zusammen bearbeiteten kritischen Buches „Der physikalische Mediumismus" (Berlin 1925) dargelegt hat, können weder die Versuche mit Hom e als ein zwingender Beweis für das Bestehen mediumistischer Kräfte angesehen werden, noch bieten gar Cr o oke s' Berichte uber die erstaunlichen Phänomene der Florence Co ok (Materialisation einer völlig ausgebildeten menschlichen Gestalt) die Gewähr, daß hier nicht ein grober Schwindel vorlag. Cr o ok es war Physiker, nicht Psychologe. Von taschenspielerischen Tricks verstand er nichts. Er hatte volles Vertrauen zu seinen 1 ) Siehe: Der physikalische 1VIediumismus. Von Dr. W. v. Gulat -W eilen bu r g, Graf Carl v. Klin ck ow s tr o e rn und Dr. H. R o senbus c h. Berlin, Ullstein, 1925, S. 315 fE.
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Graf C. v. Klinckowstroem.
Versuchspersonen und war mit ihnen befreundet. Er trat an die Versuche als überzeugter Spiritist heran (wir kommen darauf zurück). Merkwürdig ist, daß fast die ganze Korrespondenz aus jener Zeit, die sich mit den mediumistischen Phänomenen beschäftigt, aus dem Buch mit den sorgsam bewahrten Briefkopien wie auch die erhaltenen Briefe offenbar absichtlich entfernt worden sind. Ob Cr o o k'e s damit die Erinnerung an diese Periode seines Schaffens, die ihm nur Unannehmlichkeiten und Streitigkeiten gebracht hat, hat ausstreichen wollen? Fournier d'A 1 b e beklagt den Verlust von mehr als 200 Briefen, die noch manches Licht auf dieses interessante Kapitel aus der Geschichte des Mediumismus hätten werfen können. Einen aufschlußreichen Brief von Cr o o k es an Huggins vom 12. April 1871 vermag F ournier jedoch mitzuteilen, in welchem Cr o o k es über wunderbare Phänomene berichtet, die er in einer Dunkelsitzung mit den Medien Home, Herne und Williams erlebte. F o urni er sagt aber selbst in seinem Kommentar dazu, daß die von Cr o okes als „exciting and satisfactory" bezeichneten Phänomene jeder Beweiskraft entbehren und nur für den plumpen Schwindel zeugen, dessen mindestens zwei dieser Medien, Herne und Williams, später überführt werden konnten. Wir wollen in diesem Punkt dem Biographen nicht widersprechen. „Wir erkennen unsern Crook es nicht wieder," sagt Fourni er d'A 1 b e , „wenn wir diesen Bericht lesen. Es scheint da zwei Cr o okes zu geben : der eine, der gewissenhafte, sorgfältige, exakte Mann der Wissenschaft ... und der andere, der impulsive, reizbare Wundersüchtler, dessen Vorsicht und gesunder Menschenverstand durch ein paar Possentreiber über den Haufen geworfen werden..." Auf jeden Fall wirft dieser Bericht ein bedenkliches Licht au f die Einstellung von Crookes zu dem Phänomenkomplex und ist geeignet, seine Qualifikation als Beobachter mediumistischer Phänomene auch bei kritisch denkenden Okkultisten stark zu erschüttern. Und daß Horn e mit den beiden Schwindelmedien offenbar im Einvernehmen stand, spricht auch nicht für ihn als das über jeden Verdacht des Betruges erhabene Medium. Cr o okes hat bekanntlich die von ihm beobachteten Phänomene mit einer „psychischen Kraft" erklärt und gilt nicht als Spiritist. Ich habe in dem oben zitierten Werk bereits ausgesprochen, daß Cr o okes wohl selbst diese Erklärung bei den Materialisstionsphänomenen, wie er sie bei Florence Cook erlebte, als unzureichend empfunden haben muß. Von F o urni er d 'A 1 b e erfahren wir nun, daß Cr o ok es zur Zeit seiner Experimente tatsächlich „a spiritnalist at heart" gewesen ist und als solcher auch bei einer Anzahl seiner Freunde bekannt war. Öffentlich hat er das aber nie zugegeben. Er wollte nach F o urni er d 'Alb e damit warten, bis die fraglichen Phänomene von der Wissenschaft offiziell anerkannt sein würden. Ihm selbst gelang es nicht dies durchzusetzen. Und heute, nach mehr als 50 Jahren, sind wir davon noch fast ebensoweit entfernt. Nach 1874 hat sich Cr o ok es nicht wieder mit dem Mediumismus beschäftigt. Die unerquicklichen Polemiken, in die er sich verwickelt sah, haben ihn veranlaßt, sich von da ab wieder ausschließlich seinen wissenschaftlichen Forschungen zuzuwenden. ,
Graf Carl v. Klin ckowstro em.
Versuche zur Feststellung des sog. Hellsehens der Medien. Von
Graf Perovsky-Petrovo-Solovovo, Brüssel,
Ehrenmitglied der "Gesellschaft für psychische Forschung", London.
Hiermit gebe ich einen Bericht — dem später eine Kritik folgen wird — über Versuche, in denen ich gewisse Erscheinungen des intellektuellen Mediumismus zu prüfen unternahm, besonders solche des sog. Hellsehens. Einer dieser Versuche hat schon 1891 stattgefunden. Ich zählte damals kaum 20 Jahre, war aber schon leidenschaftlich für okkulte Fragen interessiert. Daher benutzte ich mit Freuden die unverhoffte Gelegenheit, die sich mir an einem Winterabend in Petrograd — damals hieß es noch St. Petersburg — bot, an einer spiritistischen Sitzung teilzunehmen. In Begleitung zweier Freunde war ich gekommen. Wir trafen einen kleinen Kreis von Studenten, zwei von ihnen wirkten als Medien. Die Sitzung fand statt in der Wohnung des Herrn Dimitri Schilkin, der auch Student war und später einer meiner besten Freunde wurde. Die Medien stehen an einer Seite eines großen Tisches; ihre Augen sind verbunden, vor ihnen auf dem Tisch liegt ein großes Stück Pappe, sie haben den Finger der einen Hand auf eine umgekehrte Untertasse gelegt, und diese gleitet auf der Pappe hin und her und gibt recht geschwind einen Buchstaben nach dem anderen an. Das Licht ist ausreichend, die Art, wie die Augen der Medien verbunden sind, scheint mir einwandfrei. Ich frage den angeblichen Geist: „Kannst Du lesen?", und als er bejaht, bringt man irgend ein Buch aus dem Nebenzimmer. Ich nehme ein Blatt Papier, halte es über das Buch, öffne dieses aufs Geradewohl und decke es mit dem Papier zu. Man bittet den Geist, er möchte die Seitenzahl angeben. Er antwortet: „Ich muß nachsehen". Darauf hebt sich die — natürlich von den Fingern der Medien gel enkte — Untertasse zu dem Buche empor, das auf der Mitte des Tisches liegt, gleitet unter das Papier, bleibt dort einige Zeit still, rutscht dann wieder auf die Tischfläche herab und buchstabiert: "Es steht gar keine Seitenzahl da." Man sieht nach: Wirklich, die Seite ist leer! Große Aufregung! Wir wiederholen den Versuch, diesmal wird als Seitenzahl „89" angegeben. Und das war richtig! Zeitschrift ftir Okkultismus
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Bald danach Schluß der Sitzung. Einige Tage danach wird sie wiederholt, aber diesmal gelingen die gleichen Versuche nicht. Man versucht es noch einmal, wieder mit negativem Erfolg. Aus irgend einem Grunde hören bald nachher die Sitzungen überhaupt auf. Ich muß gestehen, die Sache hatte großen Eindruck auf mich gemacht. Die Bedingungen, unter denen die geglückten Versuche stattgefunden hatten, schlossen, wie mir schien, einen Betrug beinahe aus. Da die Medien standen, konnten sie meiner Meinung nach kaum unter das Blatt Papier blicken, ganz abgesehen von den Taschentüchern, mit denen man ihnen die Augen verbunden hatte. Freilich war da das „Beinahe"! Aber damit wollte ich mich nicht aufhalten. Und welchen Zweck, welches Motiv hätte auch ein Betrug gehabt? Die Dringlichkeit, mit welcher die Untertasse die Seitenzahl hatte „sehen" wollen, ehe sie sie angab, schien allerdings merkwürdig. Aber als ich über die fragliche Sitzung mit dem damaligen Hohepriester des russischen Spiritismus, Herrn Alexander Aksak ow 1 ) sprach, fand er in seiner eigenen Erfahrung ähnliche oder gar identische Fälle. Auch in ihnen war, seiner Angabe nach, das „Hellselen" der „Geister" durch ganz physische Erfordernisse eingeschränkt. Kurz, alles dies sah ebenso interessant wie ungewöhnlich aus. Nur hatte ich leider etwa 10 Jahre lang zu warten, um wieder Zeuge eines ähnlichen Vorganges zu werden. Eines schönen Tages lernte ich einen gewissen G. kennen, der in Petrograd irgend ein Amt am Militärgericht bekleidete und durchaus ein Ehrenmann zu sein schien. Bei ihm wurden spiritistische Sitzungen abgehalten, in denen sieh Tischelevationen und ähnliche Dinge ereignen sollten. Mir war es vergönnt etwas zu sehen, was für mich noch interessanter war. Als G. und noch eine andere Person sich mit verbundenen Augen an einem Tische niedergelassen hatten, erhielten wir schnell und mühelos „Botschaften", wieder mit Hilfe einer Untertasse; und dieses Gerät „las" ganz richtig die Namen von Visitenkarten, die man aufs Geradewohl aus einem Haufen gegriffen hatte und die angeblich niemand von uns konnte. Die Gutgläubigkeit der „anderen Person", die mit G. zusammenarbeitete, braucht nicht in Zweifel gezogen zu werden, was sie selbst betraf; nur die verbundenen Augen haben mir niemals übertriebenes Vertrauen eingeflößt. Ich wäre gern zu etwas exakteren, besser kontrollierten ') Den Titel „Hohepriester" verleihe ich ohne Ironie. Herr Aksakow war ein reicher Grundbesitzer und ein rechtschaffener, vortrefflicher Mensch. Er hat eine Reihe geschätzter Werke über den Spiritismus veröffentlicht, vor allem das zweibändige „Animismus und Spiritismus". Ich möchte glauben, daß er am Ende seines Lebens viel von seinen einstigen Illusionen verloren hatte. Jedenfalls hatte er, als ich ihn kennen lernte, nur noch eine sehr mäßige Schätzung der sog. Geister, wie sie sich in den Sitzungen offenbaren. Gelegentlich entschlüpfte ihm einmal das Wort, nach seiner Ansicht seien sie „Kanaillen". Wahrscheinlich haben die Medien ihn im Laufe seiner zahllosen Sitzungen mehr als einmal hineingelegt, aber mehrere hat er doch entlarvt. Jedenfalls hatte seine Leichtgläubigkeit Grenzen. Er starb 1903. Friede seiner Asche!
Versuche zur Feststellung des sog. Hellsehens der Medien.
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Versuchen übergegangen, aber solche fanden nicht statt, obgleich ich mich vage entsinne (soweit die lange Zwischenzeit es zuläßt), daß ich mit G. innerhalb des Kreises Schilkin noch gewisse andere Versuche unternahm, die zu nichts führten. G-. erzählte mir folgenden sonderbaren Vorfall, der uns vielleicht den Schlüssel des Rätsels gibt und es uns ermöglicht, die fraglichen Erfahrungen natürlich zu erklären, ohne seinen guten G- lauben nzuzwei f el n. Er hatte einmal ein sehr schwieriges Examen zu bestehen; seinem subjektiven Eindruck nach hatte er sich gründlich blamiert und nicht eine einzige Frage beantwortet. Wie erstaunt war er, später zu vernehmen, daß er die Prüfung mit größter Auszeichnung absolviert hatte! Ist diese Erzählung richtig, so kann G. ebensogut verstohlen unter seiner Binde sowohl nach dem Alphabet wie nach den Visitenkarten gespäht und doch dieses sein Tun sofort vergessen haben. Das eine ist ebenso ungewöhnlich und unwahrscheinlich wie das andere. Diese Überlegung kam mir damals in den Sinn und scheint mir noch heute berechtigt. Sollte dagegen die Geschichte mit dem Examen einfach erfunden sein, nun, dann wäre G. kein zuverlässiger Berichterstatter, wäre nicht vertrauenswürdig, und dann
Es vergehen e0 Jahre. Im Februar 1921 bin ich in Finnland in Z., dicht an der russischen Grenze, wo ich eine gleich mir in der Verbannung lebende alte Freundin besuchen will. Z. ist teilweise eine russische Stadt, besitzt eine russische Kathedrale, deren sanfter Glockenklang allmorgendlich hörbar wird, die Seele und Stütze der kleinen russischen Kolonie ist eben meine erwähnte Freundin. Im Sommer wie im Winter ist Z. recht hübsch, vielleicht noch anziehender im Winter. wenn morgens weiße Rauchsäulen aus hundert Schornsteinen zum rosigen, kalten Himmel aufsteigen. Schön ist das Land in seiner Melancholie, schön selbst in seiner Einförmigkeit! In Z. lerne ich eine Familie Y. kennen, auch eine der zahllosen heimatflüchtigen russischen Familien, durchaus achtbare und sympathische Menschen: Vater, Mutter, drei Kinder. Die ältere der beiden Töchter, wir wollen sie Nadia nennen, macht meiner oben erwähnten Freundin, Prinzessin H., ihren Besuch. Sie ist groß, ungezwungen, hübsch und macht den besten Eindruck. Irgendwie kommen wir auf den Spiritismus zu sprechen. Ich schlage einen Versuch vor. Rasch wird ein Alphabet gezeichnet und eine Untertasse beschafft, mit einem schwarzen Strich darauf, der auf die Buchstaben hinweisen soll. Nadja legt die Finger einer Hand auf die umgestülpte Untertasse, und sofort kommen die Botschaften hageldicht angeschwirrt. Ein „Geist" sagt, er heiße Fürst Romodanovsky und habe im 18. Jahrhundert gelebt. Er will der Neffe des berühmten Mitarbeiters Peters des Großen gewesen sein, der den gleichen Namen trug, und
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gibt zahlreiche Einzelheiten seines Lebens wieder, die wir bestätigen sollen 1 ). Ich bitte den angeblichen Fürsten Romodanovsky, er möchte uns eine Probe seiner unabhängigen Existenz geben. Ob er uns z. B. die Seitenzahl eines Buches angeben könne, das aufs G-eradewohl geöffnet wird, ohne daß einer von uns hinsieht? Er bejaht, und ich hole ein Buch, das mir gehört und das Nadia sicher noch nie gesehen hat: „History of English Rationalism in the XIX Century" von Benn, einen dicken Band von 450 Seiten. Ich halte das Buch unter den Tisch und schlage es an einer Zufallsstelle auf. Ich lege eine Zeitung darauf, noch immer unter dem Tisch. Dann erst lege ich es, zugedeckt wie es ist, auf den Tisch. Wir bitten den Geist, uns die Nummer zu sagen. Die Antwort erfolgt promt: 193. Wir sehen nach: Es stimmt! Wir sind zu Dreien in dem von bleicher Februarsonne erleuchteten Zimmer: Prinzessin H., Nadja und ich. Brauche ich unsere Verblüffung zu schildern? Ich selbst habe ein Gefühl, als habe nr.iir jemand einen Stockhieb über den Kopf versetzt. „Träume ich oder bin ich wach?" Als wir uns etwas beruhigt haben, dringe ich auf Wiederholung. Einmal ist noch kein Beweis, nicht wahr! Zwei geglückte Versuche dagegen hätten in meinen Augen jeden Zweifel für immer beseitigt. Ich schlage also einen zweiten Versuch vor. „Romodanovsky" versucht auszuweichen, er behauptet, er sei müde. Ich dringe auf Gewährung meiner Bitte, und da mir der Versuch des Jahres 1891 in den Sinn kommt, schlage ich vor, das Experiment dadurch leichter zu gestalten, daß man die Untertasse die Zahl „sehen" läßt. Der „Geist" willigt schließlich ein. Aber jetzt gelingt der Versuch nicht, die angegebene Zahl ist falsch. Und doch hatte diesmal die Untertasse genau „hingesehen", beim ersten Versuch dagegen nicht. Die Sitzung ist hiermit zu Ende und wir gehen auseinander, trotz des mißglückten zweiten Versuches unter dem Banne eines starken Eindrucks. Die Bedingungen, unter denen der erste Erfolg gehabt hatte, schienen mir tatsächlich lückenlos. Und sie kommen mir immer noch einwandfrei vor, trotz allem, was sich seitdem ereignet hat.
Noch 5 weitere Versuche fanden in Z. statt, dann verließ ich Finnland und reiste nach Deutschland. Zur Frage des Hellsehens lieferten diese 5 Sitzungen fast nur negative Resultate. Eine ziemlich beträchtliche Zahl von Versuchen wurde unternommen, immer handelte es sich um ') Ich habe zuletzt zu diesem Zwecke das klassische vierbändige Werk des Fürsten Dolgorukow eingesehen, das die Familien des russischen Adels behandelt. Das ausgestorbene Geschlecht der Romodanovsky ist natürlich darin erwähnt, aber anscheinend nicht derjenige, den wir suchten. Ich habe ihn nicht finden können.
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Erraten der Seitenzahl; nur zwei hatten Erfolg, einer eitien vollen und einer einen teilweisen. Bei jedem dieser Versuche sah die Untertasse unter dem Papier nach, welches das Buch bedeckte; wie man sieht, verbesserte dies kaum die Resultate. Die Familie Y. siedelte ihrerseits im Mai nach Deutschland über und mietete sich in K. bei Berlin ein. (Fast alle Anfangsbuchstaben in diesem Artikel sind frei erfunden.) Ich verbrachte den Sommer 1921 im Harz und fuhr von Zeit zu Zeit ein paar Tage nach Berlin hinüber. Ich benutzte diese Reisen, um die Familie Y. zu besuchen, und jedesmal nach dem Abendessen wurde eine Sitzung veranstaltet. Im August nahm ich selbst meinen dauernden Aufenthalt in Berlin, von da ab wurden die Experimente regelmäßiger fortgesetzt. Durchschnittlich alle 8 Tage fuhr ich nach K. In jeder Sitzung wurden auch Hellsehexperimente unternommen, die Bedingungen waren immer oder fast immer die gleichen. Bald glückten die Versuche, bald, und zwar viel öfter, gingen sie fehl. Jedesmal „sah die Untertasse nach". Aber Fortschritte erzielten wir nicht, die Erfolge blieben ziemlich auf gleicher Höhe. Mehr und mehr gewann ich den Eindruck, daß man immer auf derselben Stelle herumstapfte. Außerdem waren die allgemeinen Bedingungen recht unzureichend. Es standen fast immer viele Leute um uns herum, es war ein beständiges Kommen und Gehen. Frau Y. interessierte sich zwar für die Sitzungen, fand aber die Hellsehversuche langweilig und störte die „Geister" mit ungereimten Fragen. Aus Höflichkeit nrul3te ich gute Miene zum bösen Spiel machen, aber innerlich ärgerte ich mich. Kurz, von Experimenten, die diesen Namen verdienten, konnte unter solchen Umständen keine Rede sein, und danach verlangte ich doch hier wie überall. Schließlich traf ich, wie wir sehen werden, andere Anordrinngen, aber zunächst verlor ich viel Zeit mit diesen Sitzungen in K. Immerhin passierten auch hier, wie ich gleich zeigen werde, recht merkwürdige Vorfälle. Für das Hellsehproblem war die Sitzung vom 22. August die wertvollste: Folgende Episoden waren besonders interessant: Einmal teilte der sog., sich gerade manifestierende „Geist" mit, im Schlafzimmer auf dem Divan läge ein Buch mit Erzählungen von Tschechow, und dieses Buch sei bei der und der Seite aufgeschlagen, auch gab er kurz den Inhalt der Seite wieder. Wir sahen nach, alles traf zu. Aber ich legte der Sache kein Gewicht bei, da das Buch der Familie Y. gehörte, deren Mitglieder es deswegen nach Belieben hatten einsehen können. Das Buch wurde auf den Tisch gelegt, an dem ich mit Nadja saß, die dauernd die Finger der einen Hand auf der Untertasse liegen hatte. Ich warf eine Serviette darüber, öffnete das Buch aufs Geradewohl und sagte zum „Geist": .,Kannst Du uns eine Stelle der rechten Seite zitieren?" Darauf gleitete die Untertasse wie gewöhnlich unter die Serviette, bleibt dort einige Augenblicke ganz still, kommt wieder hervor und antwortet: „Wörtlich kann ich nicht zitieren, aber dem Sinn nach bittet Alexis Michailowitsch die Julie Michailowna
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um ihre Hand und erhält eine Absage." Ich hebe die Serviette auf und wir sehen nach. Auf der fraglichen Seite ist in der Tat die Rede von einem Heiratsantrag, den jemand der Julie Sergejewna (nicht Michailowna) gemacht hat, sie hat ihn abgelehnt und erzählt den Vorfall einem Dritten. Der Name des Freiers wird hier nicht genannt, ich finde ihn aber an anderer Stelle, er heißt in der Tat Alexis, aber der Vatersname lautet Fedorowitsch, nicht Michailowitsch. Allgemeines Erstaunen, um nicht zu sagen: Begeisterung! Nadja versichert, sie habe die fragliche Erzählung nicht einmal gelesen. Es folgen noch andere Experimente. Diesmal operiere ich mit einem dicken Buch, einer Naturgeschichte. Ich öffne es an beliebiger Stelle, nachdem ich es vorher wieder zugedeckt habe, und frage nach der Seitenzahl. Erster Versuch: Die Untertasse gibt die Zahl 398, sie erweist sich tatsächlich als richtig. Zweiter Versuch: In sehr gewählten Ausdrücken, was durchaus nicht immer seine Gewohnheit ist, bittet uns der „Geist" um Erlaubnis, statt Angabe der Seitenzahl das Bild schildern zu dürfen, da e sich an der betreffenden Stelle befindet. Als wir einwilligen, buchstabiert die Untertasse „Entweder ist es ein Rebhuhn oder eine Henne". Tatsächlich war es ein Frosch. Wir gehen weiter zu den Zitatversuchen, wobei die Untertasse, wie gewöhnlich, „nachsieht". Beim ersten Versuch gibt sie an, die Seite sei leer, und sie ist es wirklich. Bei zwei weiteren Versuchen werden zwei Wortgruppen, die sich, wovon wir uns später überzeugen, auf der fraglichen Seite befinden, richtig wiedergegeben. Nur bemerkc ich mit Bedauern, daß der .,Geist" beidemal gerade die Worte der untersten, auf der Seite stehenden Linie buchstabiert, und das behagt mir nicht sonderlich. Denn wenn Betrug im Spiele ist, muß Nadja diese Zeile am leichtesten sehen können, weil das Buch gerade vor ihr liegt. Andererseits stehen die Seitenzahlen ganz oben, man sieht also nicht recht ein, wie Frl. Y. sie wahrnehmen kann, selbst wenn sie betrügen will. Und warum sollte sie schwindeln, was hätte es für einen Zweck? — Alles in allem ist mir diese Sitzung sehr interessant. Nach 8 Tagen findet eine neue Sitzung statt. Ich bringe meinen Sohn mit, der am gleichen Tage aus London angekommen ist, weil ich wissen möchte, was er dazu sagt. Die Geister fordern diesmal das französische Alphabet (Nadja spricht französisch), und wir erhalten mehrere Botschaften von der Form: Auf der und der Seite des „Journal des Voyages" (das sich im Besitz der Familie Y. befand) steht die und die Zeile. Die Zitate stimmen, aber ich sehe darin natürlich nichts besonders Auffälliges. Ich hatte aber selbst ein Buch mitgebracht, eingeschlagen in Papier und mit Bindfaden zugebunden, und von diesem hatte ich keine Zeile gelesen und hielt vor allen, selbst vor meinem Sohn, den Titel geheim. Es war der vierte Band von dem Meisterwerke des General Kras-
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nov: „Vom Doppeladler zur roten Fahne", das soeben erschienen war. Wären uns nur einige Worte dieses Buches mit Angabe der Seitenzahl richtig übermittelt worden, so wäre dies gewiß eine ausgezeichnete Probe von „Hellsehen" oder „zweitem Gesicht" gewesen. Unglücklicherweise waren die Geister außerstande, uns diesen Gefallen zu tun, und ein Versuch, die Zahl der Seiten zu nennen, die das fragliche Buch enthielt und die uns allen unbekannt war, ergab ein ungenaues Resultat: 216 statt 185. Um nun dem ein Ende zu machen, was ich oben ein „Herumstapfen auf derselben Stelle" nannte, und um meinen Versuchen einen mehr wissenschaftlichen Anstrich zu geben, entschloß ich mich zu einem Gesuch an die ausgezeichnete „Society for Psychical Research'' in London, der ich seit 32 Jahren angehöre und deren Ehrenmitglied ich seit 1917 bin. Ich bat, mir eine Summe von 10 Pfund Sterling anzuweisen, mit deren Hilfe ich mich anheischig machte, eine Reihe von Sitzungen durchzuführen, die zu einer Klärung der Angelegenheit ausreichend sein und unter zufriedenstellenderen Bedingungen stattfinden würden. Man wundert sich vielleicht über die kleine Summe; aber man bedenke, daß in dem Augenblick, als ich die Bitte geltend machte, das Pfund Sterling etwa 450 Mk. wert war. Ich sagte mir: Nadia ist russische Emigrantin, es geht ihr Gott sei Dank besser als vielen anderen, aber sie wird nichtsdestoweniger sehr froh sein, fast alle 8 Tage 150-200 Mk. mehr zu haben. Als daher die ,,Society for Psychieal Research" mein Gesuch bewilligt hatte, schlug ich Nadja eine neue Sitzungsreihe vor, aber nunmehr mit Bezahlung. Sie sagte mit größter Bereitwilligkeit zu. Ich setzte mit freundschaftlichen Worten hinzu, diese Sitzungen müßten einen etwas ernsthafteren Charakter haben als die frühereh, vor allem müsse das Tohuwabolu, von dem sie manchmal in K. begleitet gewesen seien, aufhören, und ihr einziges Ziel werde die Veranstaltung von Hellsehversuchen, die Prüfung des Lesens ohne Hilfe der Augen sein — in derselben Art und Weise wie bei den bisherigen Experimenten. Nadia fügte sich wie sonst immer— das will ich gern anerkennen — bereitwillig in alle meine Forderungen. Inzwischen hatte am 1. Oktober eine unvorbereitete Sitzung stattgefunden, nicht mehr in K., sondern in Berlin, und zwar bei Frau von S., bei der Nadja ihren Besuch gemacht hatte und ich mit ihr zusammentraf. Ein Hellsehversuch mit einem Buche aus dem Besitz der Frau von S. war glänzend geglückt, der „Geist" gab einige Worte wieder, die auf einer von mir beliebig aufgeschlagenen Seite s4nden, selbst das Komma hatte er gesehen. Allerdings standen die fraglichen Worte schon wieder auf der ersten Linie und die Untertasse hatte wie immer „nachgesehen". Aber die allgemeinen Versuchsbedingungen schienen gut zu sein, das Buch war sorgfältig zugedeckt. Daher waren auch die Teilnehmer sehr zufrieden. Sie wurden es noch mehr, als ihnen ein sog. physikalisches Phänomen vorgeführt wurde. Man fand plötzlich ein abgerissenes Stück eines Buchblattes vor einem der Teilnehmer liegen, die Untertasse hatte dies
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vorher angekündigt. Betrug war in diesem Falle nicht ausgeschlossen, wir legten damals dem Ereignis nicht viel Wert bei, da uns der entschiedene und eindrucksvolle Erfolg des vorher geschilderten Versuches ganz gefangen genommen hatte. Die neue, von der Gesellschaft für psychische Forschung autorisierte und bezahlte Versuchsreihe begann also, wie es schien, unter glückbringenden Sternen. Das Hellsehen, das Nadias „Geister" geleistet hatten, machte einen vorzüglichen Eindruck auf mich. Freilich waren durchaus nicht alle Versuche geglückt, viele Antworten waren wenigstens in ihren Zahlenangaben ungenau, einige Fehlangaben sahen sogar ziemlich verdächtig aus, aber trotzdem waren doch, wie wir gesehen haben, recht überraschende Erfolge zu verzeichnen. Ich glaubte mich daher berechtigt, Herrn Dr. Max Dessoir den Vorschlag zu machen, er möchte an den neuen Sitzungen teilnehmen; und der Gelehrte, der seit Jahrzehnten zahllose Untersuchungen auf dem gleichen okkultistischen Gebiete durchgeführt hatte, sagte bereitwilligst zu. Von da ab fanden die Sitzungen bald bei ihm, bald bei der oben erwähnten Frau von S., bald in meiner Wohnung statt. Die neue Versuchsreihe umfaßte 10 Sitzungen; die allgemeinen Bedingungen waren diesmal durchaus zufriedenstellend, von einem fröhlichen Durcheinander wie in K. war fürder nicht mehr die Rede, ein kritischer und besonnener Geist waltete über den Experimenten. Gleichzeitig wurde aber Nadia durchaus freundschaftlich behandelt, mit aller Achtung, die einer jungen Dame aus guter Familie gebührte. Kurz, in den äußeren Bedingungen klappte alles vorzüglich. Aber — —! Aber die Geister wollten nicht mehr mitklappen oder setzten sich wenigstens in den Kopf, daß sie uns den entscheidenden und überzeugenden Beweis, den wir brauchten, vorenthalten wollten. Es gab da manches „Beinahe", und das war allemal ganz natürlich zu erklären. Anderseits kamen dafür einige verdächtige Zwischenfälle vor. Der Veranschaulichung halber folge hier ein fast wörtlicher Auszug aus dem Protokoll der Sitzung vom 2. November 1921, das ich am gleichen Abend aufgenommen habe: „Nach Beginn der Sitzung entsteht die Schriftl) sehr schnell und sehr leicht. Nachdem mehrere Sätze buchstabiert worden sind, wird der „Geist" gefragt, ob er lesen kann. Anwort: Ja. Frau von S., in deren Wohnung die Sitzung stattfindet, schiebt eins ihrer Bücher (oder genauer: ein Buch, das sie aus der Bibliothek geliehen hat) unter das Tischtuch. Die Kontrollbedingungen sind gut. Die Untertasse buchstabiert: Jetzt kann ich nur die Seitenzahl angeben, aber später werde ich den Inhalt sagen.' Genannt wird die Zahl 35. Beim Nachsehen ergibt sich, daß das Buch bei Seite 104-105 aufgeschlagen war. -
') Der Ausdruck „Schrift" ist natürlich nicht ganz wörtlich zu nehmen, es handelt sich ja um eine Untertasse, welche die Buchstaben des Alphabets angibt.
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‚Offnen Sie das Buch noch einmal!' Das Buch wird wieder unter die Tischdecke gesteckt. Bedingungen gut; die Untertasse gleitet wie immer unter das Tuch, aber normalerweise ist es unmöglich, etwas zu sehen. Die Untertasse buchstabiert: ,Auf Seite 135 ist die Rede von Olesia. Es heißt da, ich (sie) säße an einem Tisch und habe nicht gehört, wie Jarmola mit bloßen Füßen hereingeschlichen ist, so daß man es nicht wahrnehmen konnte.' Man blättert nach und findet den Inhalt eines Teils der Seite 135 (nicht aber der Seite, bei der das Buch wirklich aufgeschlagen worden war) richtig beschrieben: Olesia ist der Titel der Erzählung (und dieser Name steht oben auf der Seite); der Autor spricht dort in der ersten Person von sich selbst und berichtet, Jarmoia sei auf Pantoffeln (p otol y) hereingekommen: Dieses russische Wort war mir bis dahin unbekannt. Das Buch ist ein Novellenband von A. Kuprin. Als die Aufregung der Teilnehmer über diesen Erfolg (?) des Versuchs sich gelegt hat, bittet man den Geist um einen weiteren Versuch. Antwort: ,Das kann ich tun, aber dafür werde ich das nächste Mal nichts mehr lesen.' Frage: ‚Heute?' Antwort: ,Nein, das langweilt mich.' Frau von S. steckt nochmal das Buch unter das Tischtuch. ach kann nur die erste Erzählung, und davon nur den Titel angeben. Wollte ich mehr sagen, so könnte ich leicht fehlgehen.' Darauf gibt die Untertasse als tY1,‘-‘rschrift der ersten Novelle das Wort ‚Verhext' (Nawoshdenie) an. Frl. Y. und ich hatten nach dem ersten Versuch den Band durchblättert und sagen, der Titel der ersten Novelle sei ‚Gambrinus', aber nunmehr erklärt Frau von S., sie habe heimlich das erste Buch mit einem zweiten vertauscht, und in letzterem ist die erste Erzählung tatsächlich ‚Verhext' betitelt. Bald darauf ist die Sitzung zu Ende." Wie man sieht, sah das alles noch recht bemerkenswert aus. Aber leider gab es da einen Zweifel; denn als ich am nächsten Tage Frau von S. besuchte, sagte sie mir, Nadia sei gestern um 3 oder 1 / 2 4 Uhr bei ihr gewesen, während die Sitzung um 1 / 2 6 Uhr begonnen hatte, und sie selbst sei unbedachterweise aus dem Zimmer gegangen und habe Nadia allein darin gelassen. Nun lagen aber die oben erwähnten beiden Bücher auf dem Tische. Frau von S. sagte mir auch, ihrer Meinung nach hätte Frl. Y. die Vertauschung des Buches nach dem ersten Versuch wohl bemerkt haben können. Die Tatsache nun, daß der „Geist" nicht den Inhalt der Seite angab, bei der ich das Buch aufgeschlagen hatte, sondern den einer anderen, beweist zwar noch keinen Betrug, mußte aber natürlich Zweifel wecken. Daher beschlossen wir beide, Frau von S. und ich, Nadia Y. eine gewiß zulässige Falle zu stellen und sie auf frischer Tat zu ertappen, falls sie
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wirklich ihre Angaben über Bücher vorbereiten sollte. Wir gingen so vor: Die „Geschichte des englischen Rationalismus", die oben erwähnt wurde, besteht aus zwei genau gleich eingebundenen Bänden Am Vormittag des Tages der nächsten Sitzung, d. h. am 9. November, brachte ich diese beiden Bände zu Frau von S. Der erste wurde augenfällig auf einen Tisch des Sitzungszimmers gelegt, der zweite dagegen in einer Schublade versteckt. Als Nadia kam, richtete Frau von S. es so ein, daß sie sie 3 Minuten allein im Zimmer ließ. Darauf legte sie, wieder recht auffallend, diesen ersten Band in dieselbe Schublade, in der sich bereits der zweite befand. Als danach die Sitzung begonnen hatte, nahm sie den zweiten Band heraus, um ihn als Material für die Versuche zu benutzen. Aller Wahrscheinlichkeit nach mußte Nadja annehmen, sie habe es mit dem ersten Bande zu tun, zu dessen raschem Durchblättern ihr, wenn sie es gewollt hätte, durch das absichtliche Hinausgehen der Frau von S. Zeit und Gelegenheit geboten worden war. Diese Gegenprobe hat kein entscheidendes Resultat ergeben. Zweimal gaben die „Geister" vor, daß sie ins Russische übersetzte Stellen aus dem Benn'schen Buche reproduzierten. Es ist mir aber nicht gelungen, diese Stellen in einem der beiden Bände wiederzufinden. Es war also fast sicher, daß Nadja wenigstens diesmal die dargebotene Gelegenheit zum Betruge nicht ausgenutzt hatte. Der allgemeine Eindruck, den Frau von S., Dr. De ss eir 1 ) und ich selbst aus den 10 Sitzungen gewannen, war trotzdem schlechtweg ungünstig. Es ereigneten sich, wie schon gesagt, etliche verdächtige Vorfälle 2 ), und kein Versuch glückte, der einwandfrei beweisend gewesen wäre. Besonders Frau von S. verlor das Vertrauen, das sie zuerst Nadja entgegenbrachte, und behauptet, sie habe von da ab das Spiel unseres anmutigen Mediums deutlich durchschaut und hege keinen Zweifel mehr an der Tricknatur der „Phänomene". Was mich betrifft, so bin ich trotz all er Bedenken geneigt, wenigstens einen Teil der „Botschaften", welche die verzauberte Untertasse unter den geschickten Fingern der Nadja Y. aufzeichnete, für echt zu halten. „Echt" bedeutet hier nichts weiter als „nicht mit Bewußtsein gefälscht". Ich glaube nicht, daß Nadja von Anfang an bis zum Schluß nur betrogen hat: Alles in allem, eine solche Taschenspielerei kommt mir unwahr, scheinlich vor. Der Wahrheit hat sie uns trotzdem nicht näher gebracht, im Gegenteil, der Nebel ist vielleicht noch dichter geworden. Aber im Bereiche des Okkultismus und Spiritismus sind wir es ja nicht anders gewöhnt. Vom „Hellsehen" abgesehen ereigneten sich in den Sitzungen der Nadja ein paar merkwürdige Episoden, von denen ich etliche be1) Dr. Dessoir war bei drei Sitzungen zugegen. 2) Besonders in der zweiten Sitzung gewann Dr. Dessoir die Überzeugung, daß Nadia den Titel einer Broschüra nachgesehen hatte, den hinterher die Untertasse buchstabierte.
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richten möchte. Freilich tue ich es mit einiger Zurückhaltung, weil die im Gebiete des Hellsehens erzielten Ergebnisse zum mindesten ein zweifelhaftes Licht auf die Gutgläubigkeit des Mediums werfen. Da ich jedoch, wie gesagt, dazu neige, trotz allem gewisse Botschaften für echt (im soeben erläuterten Wortsinne) zu halten, so möchte ich diese Episoden nicht mit Stillschweigen übergehen; denke man darüber, wie man will!
Fall S—n. Die Sitzung findet im Verlauf des Sommers 1921 in K. statt. Einige Tage zuvor hatte man die Nachricht erhalten, daß der Sohn des Herrn S—n in Konstantinopel verstorben sei. Dieser Sohn manifestiert sich angeblich durch Vermittlung eines anderen „Geistes". Er gibt den 25. Mai als sein Todesdatum an — was sich später als ungenau herausstellte') — und spricht von einem „arabischen" Viertel in Konstantinopel, das Nadia, wie sie mir erklärt, nicht kennt. Plötzlich bellt ein im Zimmer anwesender Hund, und die Untertasse unter den Fingern der Nadja macht einen förmlichen Sprung und buchstabiert darauf: „Habe Schiki wiedererkannt". Schiki hieß der Hund, und der angebliche Geist hatte ihn zu seinen Lebzeiten gekannt. Es lag etwas ungemein — wie soll ich sagen? — Lebendiges, Natürliches, Menschliches in diesem Sprung der Untertasse und diesem Wiedererkennen. Ich gestehe, der Vorfall machte einen starken Eindruck auf mich.
Fall K—n. Ein Geist meldet sich, gibt an, er sei K—n, ein alter Offizier der russischen Garde, will einen anderen Gardeoffizier namens B. kennen, der augenblicklich in R. wohnt, und diktiert, von mir dazu aufgefordert, einige Sätze, die an diesen Kameraden gerichtet sind. Unter anderem spricht er von einem Frl. Maikoff, von der B's. Mutter es gern sähe, daß er sie heiratet; er selbst rät ihm das Gleiche mit Wärme. Nadja sagt, sie wisse von alledem nichts; ihre Mutter aber (die zugegen ist, ohne an den Versuchen teilzunehmen) gesteht, sie sei durch die Briefe ihres gleichfalls in R. wohnenden Gatten über die Angelegenheit informiert. Eine Abschrift der Botschaft wird an Herrn Y. gesandt, er soll sie B. übergeben, dieser ist, wie es scheint, stark davon beeindruckt. Die „Botschaft" schloß mit den Worten: „Wie langweilig ist es hier!", und B., versichert man mir, habe diesen Stoßseufzer als sehr bezeichnend für K—n befunden.
Fall Kranni .
In der Sitzung vom 10. Oktober 1921 wurde der Name Knorrich genannt. (Später sagte der „Geist", er wisse den Namen nicht ganz sicher, 1 ) Doch möchte ich bemerken: S—n endete durch Selbstmord und starb erst nach einigen Leidenstagen ; sein Versuch, sich zu töten, fand aber tatsächlich, wie man mir mitgeteilt hat, am 25. Mai statt.
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dieser könne auch Knobich oder ähnlich lauten, jedenfalls, sagt er, endige der Name mit eh.) Der „Geist" will ein Deutscher und Neffe des Rechtsanwalts gleichen Namens sein. Dann fährt er fort: „Ichi bin in Knorrich eingedrungen und habe ihn unterjocht. Ich habe seine Seele getötet Als Bewohner von Knorrich's Leib habe ich eine große Sühne vollzogen; iah habe keine Erinnerung an irgend etwas anderes. Aber er war tot und man hielt mich für ihn. Das kommt sehr häufig vor, und ihr Menschen ahnt nichts davon. Darum begibt es sieh manchmal, daß ein Mensch sich von Grund aus ändert oder daß sich Gedanken und Wünsche in euch auftun, über die ihr euch selbst wundert. Ich kann die Adresse meines Onkels angeben: Breite Straße 57 in Berlin, Telephon Spandau 111" usw. Man schlug nach, es fand sich aber kein Knorrich im Berliner Telephonbuch; aber später teilte mir Dr. Dessoir, der auf meine Bitte hin Nachforschungen angestellt hatte, mit, daß ja dem angegebenen Hause ein Rechtsanwalt namens Krannich wohnte. Sein angeblicher Neffe aber manifestierte sich noch einmal in der Sitzung vom 22. Oktober, der Dr. Dessoir beiwohnte, und übermittelte uns auf eigenen Antrieb folgende Einzelheiten: Er war 1918, 22 Jahre alt, an Lungenentzündung gestorben. Er nannte sich Otto, sein Onkel hieße Walter. Er hatte Beziehungen zu einer Frau namens Ludwiga Jatsina aus Warschau. Dr. Dessoir hatte an Rechtsanwalt Krannich geschrieben und erhielt eine Antwort, aus der folgendes hervorging: Er hieß nicht Walter, sondern Alexander, seine anderen Vornamen lauteten Arthur und Konstantin. Einen Neffen namens Otto hatte er nie gehabt. Sein einziger Neffe, ein Brudersohn mit Namen Eckehardt, zählte — 4 Wochen. Weder er noch seine Familie hatten mit Warschau oder überhaupt mit Polen etwas zu tun. Die serbische Botschaft. In der Sitzung vom 26. September 1921 zu K. waren mehrere Verwandte der Familie zugegen, die erst kürzlich aus Belgrad zugereist waren, und die Untertasse buchstabierte einige Sätze, die einer der Teilnehmer als in serbischer Sprache abgefaßt erkannte. Weder Nadja, nach ihrer eigenen Angabe, noch ich selbst konnten Serbisch. Die fraglichen Sätze schienen nur ein fernes Echo der Erinnerung zu sein und auf die Sitzung selbst keinen Bezug zu haben. Fall Abamelek. Gleich darauf meldet sich ein neuer .,Geist". Er nennt sich Basil Abamelek-Lasareff, sei 1921 gefallen, habe im Heere Wrangels bei der berittenen Artillerie gedient, sei alter Kürassier gewesen. Seine „Bot-
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schaft" ist lang und charakteristisch. Es lebt darin ein reges patriotisches Gefühl, etliche Absurditäten kommen vor, aber sie wären im Munde oder unter der Feder eines jungen Gardeoffiziers, der in gewisse Vorurteile verfangen ist und von den Fragen hoher Politik wenig versteht, ebenso möglich. Kurz, diese „Botschaft" macht einen eminent persönlichen Eindruck. Von diesem Abamelek weiß ich nichts, Nadja versichert das Gleiche. Meine Tochter, die der Sitzung beiwohnt, erinnert sich eines Gardekürassiers dieses Namens. Nachforschungen haben ergeben, daß dieser Abamelek, der aber anscheinend nur diesen einfachen Namen, nicht den Doppelnamen Abamelek-Lasareff getragen hat, tatsächlich unter dem Befehl Wrangels gestanden hat und 1921 oder 1920 gefallen ist; sein Vorname soll Wladmir, nicht Basil gelautet haben. Weiter ließ sich die Bestätigung der Botschaft nicht treiben. Dies sind die merkwürdigsten Episoden, die in den Sitzungen mit Nadia vorgekommen sind, abgesehen von den eigentlichen Hellsehversuchen. Offenbar liegt, wie ich wohl schon angedeutet habe, eine Atmosphäre des Zweifels über allen diesen Manifestationen; wo steckt der Beweis, wird man fragen, daß sie nicht gefälscht sind? Ich habe oben meinen Eindruck wiedergegeben, der eher der Echtheit wenigstens eines Teils der von Nadja aufgenommenen „Botschaften" zuneigt. Ich werde übrigens noch zeigen, daß sie, selbst unter dieser Voraussetzung, leicht eine natürliche Erklärung zulassen. Ich habe noch hinzuzufügen, daß sehr oft im Verlaufe der Sitzungen der Versuch gemacht wurde, auf rein innerlich gedachte Fragen Antwort zu erhalten, Fragen, die der eine oder andere Teilnehmer sich ausdachte. Alle diese Versuche waren fruchtlos, und glückte einer ausnahmsweise, so konnte mau leicht vermuten, um welche Frage es sich handelte. In den Sitzungen zu K. kamen auch Töne von geheimnisvollem Charakter vor, die dem Läuten der Türklingel ähnelten. Ich legte ihnen aber keinen Wert bei, es waren dort zu viele Leute im Sitzungszimmer, so daß es unmöglich war, diese Töne auf zufriedenstellende Weise zu untersuchen. Manchmal kündigte der sog. „Geist" sie vorher an. Zuweilen blieben solche, die angemeldet waren, nachher aus. Ich stehe den „physjkalischen Phänomenen': des Spiritismus mit weitgehender Skepsis gegenüber und ermutigte daher nicht gerade diese Ansätze, gleichviel welcher Art sie wirklich sein mochten. Mich interessierte nur das Hellsehen, weil ich glaubte, auf diesem Gebiete könne man etwas Faßbares in die Hand bekommen, etwas, das sieh für eine des Namens würdige wissenschaftliche Kontrolle eignete. Wie wir sahen, hat diese Hoffnung getrogen, nach mehr als dreißig Sitzungen mit Nadja habe ich, trotz einiger recht fragwürdigen positiverer Erfahrungen, die r arissima avis, nach der ich schon so lange pürschte, immer noch nicht fangen können. übrigens tröste ich mich darüber.
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Was können wir aus allen diesen Experimenten schließen? Ich spreche zunächst vom Hellsehen. Erstens dies: Wie bei allen spiritistischen Untersuchungen standen die Resultate ungefähr im umgekehrten Verhältnis zur Striktheit der Vorsichtsmaßregeln, durch die man Betrug zu verhindern suchte. Abgesehen von ein, zwei oder höchstens drei Vorfällen, die eine spezielle Untersuchung verdienen, ist kein Elellsehversuch unter wirklich guten Bedingungen geglückt; dagegen sind mehrere von glänzendem Erfolge gekrönt worden, wenn die Bedingungen offenkundig lückenhaft waren. Zwei- oder dreimal haben mich entschieden verdächtige Umstände stutzig gemacht. Alles das bietet natürlich keinen zwingenden Beweis dafür, daß Nadias „Hellsehen" nur auf Betrug beruhte; trotzdem ist es der Annahme der Echtheit der Phänomene sehr abträglich. Daß nicht ein einziges durchaus beweisendes Experiment wirklich geglückt ist im Verlaufe von 10 speziell dieser Frage gewidmeten Sitzungen, in denen die Betrugsmöglichkeiten im ganzen auf ein Minimum reduziert waren, ist ein Umstand, der beredt gegen die Echtheit spricht. Man erinnert mich vielleicht an das Fehlschlagen der Gegenprobe, durch welche Frau von S. und ich selbst festzustellen suchten, ob das Medium seine Angaben über Buchstellen nicht vorher zu ermitteln bestrebt war. Ich antworte: Dieser Umstand spricht für die Gutgläubigkeit des Mediums, aber nicht für die Echtheit seines Hellsehens. Ich bitte mir zu sagen: Auf welcher Seite lastet das onus probandi? Und wer garantiert uns, daß sie bei dieser Gegenprobe nicht doch eine Falle gewittert hat! Wenn aber diese Leistungen auf Betrug beruhten — was wahrscheinlich ist — so haben wir wieder einmal einen Beweis dafür, wie wenig Vertrauen die sog. privaten Medien verdienen. Geld ist durchaus nicht das einzige in Betracht zu ziehende Motiv des Betruges. Fürwahr, man betrügt aus zahlreichen anderen Gründen: weil man seinen Nächsten gern foppt, weil es einem Spaß macht, weil man sich eine erhöhte soziale Stellung sichern möchte (spiritistische Sitzungen nivellieren, was wir nicht vergessen dürfen, in hohem Grade die gesellschaftlichen Unterschiede und das Medium kann sich dabei gelegentlich mit sehr großen Tieren — sit venia verbo — auf den Fuß vollkommener Gleichheit stellen). Andererseits kann ein privates Medium sieh einer lästigen Kontrolle, oder einer solchen, die es unberechtigt streng findet, viel leichter entziehen als ein Berufsmedium, dessen Kunden etwas für ihr Geld haben wollen. Die Umgebung, in der sich ein privates Medium ausbildet, ist meist einer wirklich ernsthaften Prüfung ungünstig; der Forscher stößt hier Schritt für Schritt auf ganz unsachliche Bedenken, die ihm Knittel vor die Beine werfen. Was unsere Nadia betrifft, so muß ich feststellen: Erst von dem Augenblick an, wo ich dank der Freigebigkeit der Gesellschaft für psychische Forschung sie einige Wochen lang zu einem bezahlten Medium machen konnte, war ich imstande, den Versuchen einen wirklich wissenschaftlichen Charakter zu verleihen. Freilich haben wir darum keine besseren Beweise erhalten.
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Ein anderer Punkt: Meine Sitzungen haben mir wieder einmal gezeigt, wie wenig Intelligenz und Beobachtungsgabe identische Eigenschaften sind. Personen von eher überdurchschnittlicher Intelligenz waren ganz verblüfft über gewisse mit Nadja angestellte Versuche, während die betreffenden Leistungen sich leicht ganz einfach und natürlich hätten erklären lassen. Aber noch mehr: Ich selbst bin doch gewiß kein Neuling auf dem unfruchtbaren Felde der „psychischen Forschung" und habe doch zweifellos, ohne es zu wollen, den Betrug in hohem Maße erleichtert (sofern Betrug im Spiele war), indem ich den Geistern eine Methode suggerierte, welche die Kontrolle viel schwieriger gestaltete und die Bedingungen arg komplizirte. Denn schwerlich würde Nadia, falls sie überhaupt mit Tricks arbeitete, den Vorschlag riskiert haben, die Untertasse sollte die Seitenzahl „nachsehen", wenn ich nicht so freundlich gewesen wäre, ihn selbst in Anregung zu bringen. Allerdings darf ich mildernde Umstände für mich in Anspruch nehmen: Den Präzedenzfall von 31 Jahren vorher, wo derartige Veranstaltungen nötig schienen.
Dies veranlaßt mich, einige Worte über die sog. „Gesetze" zu sagen, die vermeintlich die spiritistischen Phänomene, oder wenigstens gewisse derartige Phänomene, regieren. Diese Gesetze sind äußerst variabel, aber eins haben sie alle gemein: Sie erleichtern durchweg den Betrug. Mehr als das- Ein Spiritist, der sich nicht selbst widersprechen will, kann fast niemals beweisen, daß sein Medium wirklich getäuscht hat. Kann ein „materialisierter Geist" je von einem Skeptiker in einer Materialisationssitzung ergriffen werden mit dem Ergebnis, daß das verkleidete Medium selbst seine Rolle gespielt hat? Nein, man ergärt: Weil die „materialisierte Form", die sich, nach der spiritistischen Hypothese, aus der Substanz des Mediums gebildet hatte, durch das Zugreifen verhindert worden ist, in das Medium zurückzufließen, so ist letzteres selbst von seiner materialisierten Form angezogen worden, die Wiedervereinigung hat unter abnormen Bedingungen stattgefunden, und darum — hat man an der Stelle des Geistes das Medium zu fassen bekommen. Oder kann es je passieren, daß man eine angeblich „fluidische" Hand mit Farbstoff befleckt und diesen hinterher an der Hand des Mediums wiederfindet? Nein, es heißt in solchem Falle, ein Transfert der Moleküle des Farbstoffes habe stattgefunden, weil die fluidische Hand sich dernaterialisi ert hat. Oder hat man schon je im Dunkelkabinett, wo, wie man annimmt, das Medium während der Materialisationen in tiefem Trance liegt, Schleier und Masken gefunden? Gott bewahre, das waren .,Apporte", die Geister haben sie hereingebracht. Und so weiter! In den letzten Jahren sind auf diesem Gebiete neue Theorien aufgeblüht, die an Lächerlichkeit noch die hier angeführten übertreffen, soweit das möglich ist. Aber wenn ich mir's recht überlege,
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muß ich mir eingestehen, daß eine Untertasse, die liest (und sich sogar ziemlich oft v e r liest) auch nicht viel besser ist als ein materialisierter Faden, an dem ein Gegenstand hängt (wie bei den Versuchen mit Stanislawa Tomczyk), oder eine flache Materialisation, auf der die Buchstaben Mirol) stehen (welches Wunder sich bei Eva C. begeben hat). Und doch, ich Skeptiker, ich hartgesottener Skeptiker sogar war dicht daran, an diese lesende Untertasse zu glauben, oder ich verfuhr wenigstens ganz so, als ob ich daran glaubte. So stark wirkt das Milieu, das die Spiritisten zu ihrem Spezialvergnügen um ihre Phänomene geschaffen haben. Indem man sich in diese Dinge einlebt, wird man schließlich die Absurditäten und Albernheiten nicht mehr gewahr, die bei jedem Schritt wie die Pilze aufschießen; man wird geradezu hypnotisiert. Bei wie vielen ist der gesunde Menschenverstand in dieser Flut ertrunken! Ich war glücklicher und konnte widerstehen, aber doch nicht ganz, da ich beinahe zugestanden hätte, daß — eine Untertasse lesen kann!!! Man sollte jetzt aufstehen und es deutlich und laut aussprechen, daß alle oder fast alle diese sog. Gesetze, denen nach Aussage der Spiritisten die Phänomene gehorchen, keine wirkliche Berechtigung haben und ganz und gar erfunden sind, und zwar nur zu dem Zwecke, 'um entweder den Betrug geradezu zu begünstigen oder um ein ungeschicktes Medium herauszuhauen, wenn es ertappt wird. Mögen zukünftige Experimentatoren dies beherzigen und die Herren Geister es sich gesagt sein lassen!
Offenbar verlieren, wie schon gesagt, bei der Annahme, das Hellsehen der Nadia beruhe auf Tricks, auch die „Botschaften'', die wir in ihren Sitzungen erhielten, viel von ihrer Bedeutung. Hat sie dort zu Täuschungsmitteln gegriffen, so kann sie es auch hier getan haben. Nimmt man es genau, so kann man auch die Fälle Krannich, Abamelek, die Botschaft in serbischer Sprache usw., von denen oben die Rede war, auf Schwindel zurückführen. Tatsächlich glaube ich, wie schon gesagt, keineswegs, daß Nadia immer und überall betrogen hat — selbst wenn das Hellsehen bloß trickmäßig zustande gekommen sein sollte — und ich neige zu der Ansicht, daß manche dieser Botschaften wenigstens nicht bewußter Schwindel waren. Aber wer sollte nicht erkennen, daß selbst hier alle diese Botschaften sehr leicht aus dem „subliminalen Ich" des Mediums si ammen können und daß die Hypothese der latenten Erinnerung oder Kryptomnesie ihren Inhalt zufriedenstellend erklärt? Gibt man zu, daß Nadia guten Glaubens war, als sie versicherte, sie wüßte nichts weder von der Existenz noch von der Adresse z. B. der Krannich oder Knorrich oder Frl. Maäkoff (vgl. Botschaft K—n!), wer garantiert uns, da ß sie das alles nicht doch gewußt, später aber wieder vergessen hat? Jene Hypothese hat nichts besonders Unwahrscheinliches an sich, jedenfalls weniger als jede andere. ') Aus dem Kopfdruck der Zeitung „Le Miroir".
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Wenn es beispielsweise wirklich eine „external intelligence" war, wie die Engländer sagen, die sich im Falle Krannich meldete, so hätte sie uns doch wahrscheinlich noch andere authentische Tatsachen mitgeteilt als nur Adresse und Telephonnummer des besagten Herrn Krannich. Wir haben aber gesehen, daß es damit nichts war und es dem fraglichen Geist nachgewiesen werden konnte, daß er von diesem besonderen Punkte abgesehen gröblich gelogen hatte. Man kann aber leicht einen Namen oder eine Adresse, die man nicht kennt, aufschnappen, auf der Straße z. B. oder beim Sprechen durch das Telephon, und sie doch wieder aus der bewußt e n Erinnerung verlieren; ja man braucht sie sogar niemals bewußt gekannt zu haben. Das „subliminale Ich" aber steht zur Verfügung, registriert, behält, speichert alle Eindrücke auf, die dem Gehirn zuströmen. Und im gegebenen Augenblick projizieren diese oder jene unbewußten oder halbbewußten Eindrücke sich nach außen und nehmen die Form von Geisterbotschaften an'). Die dramatische Form mancher Vorgänge (man denke nur an die Episode mit „Schiki" im Falle S---n!) kann gleichfalls dem subliminalen Ich zugeschrieben werden. Man füge noch einige zufällige übereinstimmungen hinzu, und man braucht nach anderen Erklärungsgründen nicht mehr zu suchen. Es ist oft so schwer nachzuweisen, das Medium könne nicht auf diese oder jene Weise Kenntnis von einem bestimmten Faktum erhalten haben, daß wir, wenn wir versuchen wollen, einen unumstößlichen Beweis für das Eingreifen einer „äußeren Intelligenz" zu gewinnen, uns notgedrungen den Hellsehversuchen oder ähnlichen ungewöhnlichen Erfahrungen zuwenden müssen. Aber leider gelangt man da, wie wir sahen, sobald die Kontrollbedingungen wirklich gut sind, gewöhnlich zu keinen Resultaten. Das steigert denn ,noch unsere Zweifel, und wie sollte man sich schließlich nicht fragen, ob man wirklich die Quelle der „Botschaften" im subliminalen Ich und der Kryptomnesie zu suchen hat, ob es dafür nicht vielleicht eine viel trivialere Erklärung gibt! Eine solche Hypothese logisch zu entkräften ist schwer. Endergebnis: Ungewißheit immer und überall auf diesem ganzen Gebiete — sofern man nicht sicher ist, daß man es wirklich mit Betrug zu tun hatte! Unter den Hellsehversuchen verdienen immerhin zwei oder drei eine besondere Betrachtung; zunächst der allererste, wo bei fraglos einwandfreien Versuchsbedingungen die Seitenzahl eines aufs Geradewohl aufgeschlagenen Buches (193) richtig angegeben wurde, ohne daß der Geist 1) Auf diese Weise kann selbstverständlich auch die „Botschaft" in serbischer Sprache entstanden sein. Bezeichnend für die Botschaften in fremden Sprachen ist es, daß die in deutschen Worten mitgeteilte des angeblichen Neffen des Herrn Krannich Fehler enthielt, die nach Aussage des Herrn Dr. Dessoir ein Deutscher nie gemacht hätte. Auch manche französischen Wendungen schienen mir nicht einwandfrei ; und ein angeblicher Auszug einer Stelle aus dem mehrfach erwähnten Buche von Benn, der in der Sitzung vom 9. November vorgebracht wurde, erwies sich als unsinniges Gr 'emengsel. 7 Zeitschrift für Okkultismus I.
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darauf bestanden hätte, mit Hilfe der Untertasse vorher nachzusehen; und dann ein Versuch vom 22. August, bei dem der Inhalt einer Seite sehr genau wiedergegeben und speziell die Namen Alexis und Julie richtig angegeben wurden. Was den erstgenannten Fall betrifft, so steht mir, wie ich gestehen muß, keine ausreichende Erklärung zur Verfügung. Ich kann nur darauf hinweisen, daß in einer sehr großen Zahl von Fällen die Seitenzahl schließlich ungenau angegeben wurde, so daß für diesen einen besonderen Fall ein Zufallstreffer in Betracht gezogen werden kann. Bei dem zweiten geglückten Versuche gehörte das benutzte Buch der Familie Nadias, Jetztere hätte also Gelegenheit zu genauer Lektüre gehabt; die Kontrollbedingungen waren nun leider wahrscheinlich nicht so exakt, daß sie es Nadia unmöglich gemacht hätten, die letzte Zeile der Seite, vielleicht auch die beiden letzten zu sehen, so daß sie sich aus dem Gedächtnis den ganzen Inhalt der Seite rekonstruiert haben könnte; bezüglich der Familiennamen hat sie sich trotzdem geirrt. Ich kann nicht sagen, daß ich diese beiden Deutungen besonders plausibel finde; nein, aber unmöglich sind sie nicht; darum sind wir genötigt, bei ihnen Halt zu machen. Meiner Auffassung nach entspräche es nicht den wissenschaftlichen Forderungen, wenn fast alle anderen Versuche ein Eingreifen „äußerer" Mächte mit Sicherheit ausschließen, einige Vorfälle sogar entschieden verdächtig sind und man doch, nur um dieser zwei Fälle willen, eine supranormale Erklärung zulassen wollte 1). Man kann letztere, wenn man will, auf der Kredit-Seite unseres Mediums buchen, aber sie können uns nicht hindern, ein negatives Endurteil abzugeben. Nachwort vom Juni 1925. Dem obigen Bericht (von 1922) habe ich wenig hinzuzufügen, nur einige Bemerkungen seien mir gestattet: 1. In aller beschriebenen Versuchen berührte ich gleichzeitig mit Nadja die Untertasse mit den Fingern meiner einen Hand. Dieser Umstand ist im Bericht nicht erwähnt worden, ich hole dies hier nach. Den Grund meines Stillschweigens über diesen Punkt kennt Herr Dr. Baerwald. Nur ein einziges Mal nahm in Gegenwart von Herrn Dr. Dessoir noch eine dritte Person, die Tochter der Frau von S., aktiv an den Schreibversuchen teil. 2. Nach Schluß der geschilderten Versuchsreihe hatte ich Gelegenheit, noch zwei- oder dreimal mit Nadia zu experimentieren. Das Ergebnis bestätigte nur meine negativen Folgerungen. 3. Der allererste Versuch, in dem die Untertasse die Seitenzahl des aufs Geradewohl aufgeschlagenen Bennschen Werkes (193) ohne nach1 ) Noch einen dritten Fall könnte ich anführen : Die Seitenzahl 398 wurde in der Sitzung vom 22. August richtig angegeben (vgl. oben). Die Kontrollbedingungen schienen mir damals recht gut.
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zusehen genau angab, ist mir auch heute noch unerklärlich. Ich bleibe dabei, daß die Versuchsbedingungen ausgezeichnet waren; Nadja sah das Buch zum erstenmal. Nachträglich aber habe ich bemerkt, daß das Buch sich immer besonders leicht bei Seite 192-193 öffnete. Soll man daraus den Schluß ziehen, daß ich unbewußt diesen Umstand wahrgenommen hatte? Dann wäre ich selbst es gewesen, der unbewußt die Ziffern der Zahl 193 zusammengefügt hätte. Man muß gestehen, das ist wenig wahrscheinlich. Kurz, dieser Vorfall bleibt im Schatten des Geheimnisses. Man wird mir vielleicht die Frage stellen, warum ich nicht zu entscheidenderen Experimenten übergegangen sei, welche die von der S. P. R. sog. „continual observation" (ständige Überwachung) überflüssig gemacht hätten. Hierauf eine einfache Antwort: Nach meiner Ansicht sollte man auf metapsychischem Gebiete nur stufenweise vorgehen, es widerspricht den wissenschaftlichen Forderungen, sofort mit den schwierigsten Tests zu beginnen. In den Nadiasitzungen schien es mir daher wesentlich, das Phänomen zuerst in seiner einfachsten Form zu studieren, aber natürlich doch in systematischer Weise. Wäre dies geglückt, so hätte ich strengere Tests angewendet. Leider bin ich, wie wir gesehen haben, nicht über jene erste Stufe hinausgekommen.
Das dämonische Unterbewußtsein. Von Dr. Richard Baerwald. Der scharfe Antagonismus, in dem unsere beiden Bewußtseinshälften zueinander stehen, die häufige Rebellion des „Unterbewußtseins" gegen das ,.Wach-" oder „Oberbewußtsein" ist zu allen Zeiten bemerkt worden, ja bei minderkultivierten Völkern tritt sie noch viel greller in Erscheinung als innerhalb der modernen westeuropäischen Zivilisation, Aber in früheren Epochen gingen derartige Beobachtungen für die Wissenschaft verloren, weil sie mythologisch, als Besessensein durch Geister und Dämonen gedeutet wurden. Wahrscheinlich kann man die wissenschaftliche Behandlung des Problems nicht über die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückdatieren, und zwar dürfte sie gleichzeitig in England- Amerika und Deutschland begonnen haben. In seinem 1853 in Boston erschienenen Werke „Philosophy of Mysterious Agents" führte Roger s aus, das Gehirn eines Medi tims könne unabhängig von seinem Wunsch und Willen, ja sogar im Widerspruch dazu arbeiten, so daß man Trancemitteilungen oder automatische Schriften, die mit dem Willen und Charakter des Mediums in Konflikt stehen, nicht auf den Einfluß abgeschiedener Geister zurückführen dürfe. Diese Behauptung von R oger s war ein erstes Wetterleuchten der neuen Erkenntnis. Als vollständige Theorie trat sie wohl zuerst bei dem genialen Heinrich Bruno 5 eh in dler auf, der in
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mehr als einer Beziehung ein Neubeginner war und seiner Zeit vorauseiltel), und zwar in seinem 1857 veröffentlichten Werke „Magisches Geistesleben". Im Anschluß an den Polaritätsgedanken der Schelling sehen Naturphilosophie behauptet er die Polarität, d. h. den sich ergänzenden Gegensatz von Gehirn und (sympathischem) Gangliensystem, von Tag- und Nachtseite des Geisteslebens. Die Tagseite strebt nach Intelligenz und Wissen, die Nachtseite nach Glauben, erstere will die Natur beherrschen, letztere ist in sie eingesenkt, die Vernunft der Tagseite steht in ewigem Kampfe mit der Triebhaftigkeit der Nachtseite. Die Kulturgeschichte ist eine Epopöe des Kampfes beider Seelenhälften, die ältere Zeit ist vorwiegend magisch, die neuere strebt nach Intelligenz. Was die Tätigkeit des Gehirns hemmt, wie Nacht, Krankheit, Schlafwandeln, Geisteskrankheit, Agonie, steigert die magische Seelentätigkeit. Schindler kann hiernach als der eigentliche Begründer der Lehre vom dämonischen Unterbewußtsein angesprochen werden. In den dramatischen Kampf der Weltanschauunger trat diese Theorie namentlich in den neunziger Jahren ein. Aksakow hatte in seinem 1890 erschienenen Buche „Animismus und Spiritismus" den Spiritismus, d. h. die Lehre vom Eingreifen übersinnlicher Intelligenzen namentlich durch solche Erfahrungen stützen wollen, in denen der „Geist" gegen den Willen des Mediums handelte. Aksakow wies (Bd. II, S. 352 ff.) auf Medien hin, die von ihrem Spirit zum Ausplaudern ihrer Geheimnisse gezwungen wurden, auf ein junges Mädchen z. B., das trotz heftigen Widerstrebens die beschämenden Fehltritte seines Lebens preisgeben mußte; auf Richter Edmonds, der, vorher ungläubig, von einer unsichtbaren Macht am Arm ergriffen und zum Schreiben von Geisterbotschaften genötigt wurde; auf anständige Frauen und Kinder. die, von einem Geiste besessen, gelegentlich in unflätiges Schimpfen und Fluchen ausbrachen, was ihrem Charakter, ihren Gewohnheiten, ihrer Erziehung strikt entgegengesetzt sei. Gegen diese Beweisführung nun macht Eduard v. Hartmann in seinem 1891 erschienenen Buche „Die Geisterhypothese des Spiritismus und seine Phantome" Front und weist auf antagonistische Unterströmungen unseres Seelenlebens hin, die schon im Bewußtsein der Normalen, noch mehr aber in der Hysterie und anderen Dissoziationszuständen eine Rolle spielen. Hartmann, in dieser Beweisführung ein Gesinnungsgenosse von Rogers, hat in seinem Kampfe mit Aksakow unstleitig gesiegt. Beide beweisen, daß das allgemeine Bekanntwerden der Lehre vom dämonischen Unterbewußtsein dem Spiritismus wahrscheinlich ein Ende bereiten wird 2 ). Soviel über die Geschichte unseres psychologischen Problems. Um die Äußerungen des dämonischen Unterbewußtseins selbst in ihrer deutlichsten Form zu studieren, wenden wir uns am besten zunächst dem Gebiete zu, auf dem sie extrem, ins Übermaß gesteigert aufzutreten pflegen, nämlich dem ') Man vergleiche den dämonologischen Spiritismus von Godfrey Raupert (Heft 1 dieser Zeitschrift, S. 63), der zweifellos bei ausreichender Kenntnis des dämonischen Unterbewußtseins unmöglich wäre. 2 ) Vgl. Ru d. Tischner, „Geschichte der okkultistischen Forschung", S. 109 ff.
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Gebiete des Doppelich, der Bewußtseinsspaltung. Betrachten wir einige bekannte und typische Fälle mit Bezug auf diesen speziellen Punkt! Die in der medizinisch-psychologischen Literatur unter dem Namen „Miß Beauchamp" bekannt gewordene Patientin des Dr. Prince 1 ) zersprang infolge eines heftigen Schrecks in drei verschiedene, mit eigenen Erinnerungsreihen ausgestattete Persönlichkeiten, von denen I und II Splitter des Oberbewußtseins, III dagegen, die sich „Sally" nannte, offenbar das frühere Unterbewußtsein waren. Beauchamp I, der Hauptteil der vorherigen normalen Persönlichkeit, war ernst, übergewissenhaft und setzte die Kränklichkeit des einstigen Oberbewußtseins fort, Sally dagegen war heiter und gesund; man denke daran, wie eine Hysterika, clic den ganzen Tag über krank zu Bette liegt, bei der Abendgesellschaft alle Leiden vergessen haben und in strahlendster Laune glänzen kann, so daß ein derartiger Gegensatz dissoziierter Seelenteile auch da zutage tritt, wo er nicht in vollständige Bewußtseinsspaltung ausgeartet ist! Vor allem war Sally boshaft und tückisch und haßte die gute Beauchamp I, deren Beliebtheit ihr ein Dorn im Auge war, ingrimmig. Gingen die Gefühle und Gedanken beider Teilpersonen nebeneinander her, so freute sich Sally über alle Leiden, die ihre Hirnnachbarin litt, über alles Mißgeschick, das ihr widerfuhr. Da Sally in solchen Zeiten die 1Vlitherrschaft über Sprachwerkzeuge und Glieder hatte, so log sie, legte die Füße auf den Kaminsims und beging allerlei Unschicklichkeiten, über die Beauchamp I, sich mitverantwortlich fühlend, äußerst unglücklich war. Welches Licht wirft diese Tatsache auf die tickartigen Böswilligkeiten, Ungezogenheiten, Unausstehlichkeiten vieler Hysteriker, bei denen es nicht zu eigentlicher Bewußtseinsteilung gekommen ist! Gewani , Sally allein die Herrschaft über den Körper, so trennte sie die Handarbeiten auf, die Beauchamp 1 vorher angefertigt hatte. Merkte sie, daß ihre Zeit zu Ende ging, so sandte sie Büchsen mit Schlangen und Spinnen ab, die später, zur Herrschaftszeit der Beauchamp I bintreffen mußten und dieser hysterische Anfälle verursachten. Endlich, bevor der Moment des „Kippens" eintrat, fuhr sie aufs Land hinaus. und Beauchamp I fand sich nachher beim Erwachen draußen ohne Geld in der Tasche und mußte, da sie angesichts ihrer Hinfälligkeit nicht heimgehen konnte, einen vorüberfahrenden Kutscher bitten, sie mitzunehmen, was für die Übersensible auch keine erfreuliche Aufgabe war. Daß Sally tatsächlich das entfesselte Unterbewußtsein war, ergab sich aus manchen Beobachtungen: Sie besaß noch Erinnerungen aus frühester Kindheit, die das Oberbewußtsein jedes Menschen vergißt, entsann sich z. B. noch ihrer Wiege und der Zeit des ersten Gehenlernens. Sie wußte von vielen Erlebnissen, die Beauchamp I nicht kannte, und „diese stellten gewöhnlich Vorgänge dar, die sich ereignet hatten, Wenn Beauchamp I in Gedanken versunken oder abgelenkt war, während Sally als Unterbewußtsein sie wahrgenommen hatte." Es war also klar, daß diese mystische Sally als mephistophelischer Begleiter der sittlich erzogenen Hauptpersönlichkeit zeitlebens unsichtbar neben ihr hergegangen war und der Kampf 5 Dr. Morton Prince, „The Development and Genealogy of the Misses Beauchamp". Proceedings of the Society for Psychical Research XV, S. 466 ff.
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zwischen beiden aus einer Feindschaft resultierte, die nicht von heute und gestern war. Fast die ganzen Erscheinungen der Besessenheit und des großen hysterischen Anfalles gehören hierher; auch in ihnen gibt es einen erbitterten Kampf mit einem scheinbaren dämonischen oder feindseligen Wesen, das in Wahrheit nur ein abgesprengtes Bewußtseinsstück ist. Einen besonders lehrreichen Einblick bietet uns der Fall des Professors der Chemie Ludwig S t a udenm aier 1 ), der sich die Besessenheit künstlich andressiert hat. Das durch automatisches Schreiben zu ungewöhnlicher Selbständigkeit erzogene Unterbewußtsein, das sich in „Stimmen" und Visionen äußerte, nahm selbst bei diesem wissenschaftlich gebildeten Manne, der sich über den physischen Ursprung der Erscheinungen völlig klar war, dieselbe spiritistische Verkappung und denselben rebellisch dämonischen Charakter an, der uns von den Wahngestalten der Besessenheit wie von den „Geistern" der Medien her so geläufig ist. Die Stimmen legten sich Geisternamen bei, jedoch nur solche, die S taudenmaier vorher gelesen hatte, machten falsche Angaben, erklärten sich, wenn sie deswegen befragt wurden, für böse Spottgeister, die lügen müßten; ärgerte sich St audenmaier über sie, so begannen sie zu schimpfen; „zeitweilig bedingte schon der geringste unvorsichtige Gedanke an mein Inneres einen Wutausbruch der inneren Stimme." In Wolken, Zweigen und anderen formlosen Objekten sah er allerlei Gestalten, namentlich koboldartige Spottgeister und Teufelsfratzen. Nachts hatte er zuweilen die Empfindung, eine Kette werde um seinen Hals gelegt, gleich danach nahm er üblen Schwefelwasserstoffgeruch wahr und eine unheimliche, aus seinem Innern tönende Stimme sagte: „Jetzt bist du mein Gefangener, ich bin der Teufel!" Manchmal versuchte er, ob er, vor einer chemischen Wage sitzend, durch seinen Willen die eine Schale telekinetisch zum Sinken bringen könn re. Gelegentlich kam es ihm vor, als habe er Erfolg, zuweilen aber schien gerade die andere Schale der Wage, auf die er sich nicht konzentriert hatte, nach unten gedrückt zu werden. und gleichzeitig zeigte sich eine Spottfigur mit langer Nase am Zünglein der Wage. Doch noch eine zweite Art von Gesichtshalluzinationen neben den teuflischen und koboldartigen machte sich geltend. Bei Jagdausflügen im Walde sah S taudenmaier neben den dämonischen Fratzen überall verführerische Mädchengestalten; das Phantom einer Dame, die er verehrte, sah er nachts neben sich im Bette liegen. Wer denkt bei diesem Gemisch von Teufeln und erotischen Trugbildern nicht an bekannte Bilder von der Versuchung des heiligen Antonius! Manches lehrt uns dieser Fall über die Gründe und Folgen der feindseligrebellischen Natur des sich emanzipierenden Unterbewußtseins. Wir erkennen deutlich, wie dieser Damonismus der Nachtseite unserer Persönlichkeit mit seinen höhnisch-fratzenhaften Halluzinationen der Ursprung des Teufelsglaubens sein muß. Gewiß liegt in letzterem auch der tiefsinnig-abstrakte, schon eine hohe Denkfähigkeit verlangende Gedanke von dem ewigen Widerstreit des Guten und Bösen im Weltall. Aber diese Zoroasterphilosophie ist 1 ) L. S t a ud enmaier, „Die Magie als experimentelle Naturwissenschaft". Leipzig, Akademische Verlagsgesellschaft, 2. Aufl., 1922.
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sicherlich viel jünger als der Dämonenglaube unkultivierter Völker und ist wahrscheinlich teilweise dessen Produkt. Die primitive Wurzel des Teufelsglaubens dürfte vielmehr die unmittelbare Anschauung der Tatsachen der Bewußtseinsspaltung bilden. Und dann gewahren wir, wie eng Teuflisches und Erotisches zusammengehören.Warum wohl? Die Psychoanalyse erklärt es uns: Der Kulturmensch „verdrängt" alles, was ihm peinlich, verboten, unschicklich, gefährlich erscheint, indem er sich Mühe gibt, nicht daran zu denken, ins Unterbewußtsein herab; mit allem Tierischen, Unmoralischen, Aggressiven stürzt auch das Sinnlich-Erotische in jene „Hölle" unserer Seele hinab. Kommt das Unterbewußtsein zur Herrschaft, im Traum, im Delirium, in der Geisteskrankheit, so hebt es jene verstoßenen Gedanken, Triebe und Gefühle wieder ans Licht; die reine Ophelia, irrsinnig geworden, singt zotige Lieder. Das Teuflische, Höhnische, Revoltierende und das Erotische steigen somit aus der gleichen Tiefe empor. — Aber noch mehr erkennen wir bei dieser Gelegenheit. Im Unterbewußtsein muß sich durch den geschilderten Verdrängungsprozeß ein „Gegenreich" gegen das moralische, gebändigte Oberbewußtsein bilden, ähnlich wie im sozialen Organismus die Verbrechergesellschaft gegenüber der bürgerlichen. Dieses Gegenreich muß mit Notwendigkeit dem Oberbewußtsein feindselig und gefährlich sein, nicht etwa aus Rache. weil es verdrängt und in die Finsternis hinabgestoßen wurde — soweit darf man gewiß das Gleichnis nicht treiben — wohl aber, weil eben alles Verbotene, Tückische, Widerstrebende, Bedenkliche in uns, weil das Tier, das im Besten und Reinsten von uns verborgen weiterlebt, in das unterbewußte Gegenreich verbannt ist und diesew nun z. T. seinen eigenen rebellischen Charakter verleiht. Dieses Gegenreich wird nicht bei allen Menschen zu deutlicher Entwicklung kommen: Nicht bei dem kindlich-reinen oder spießbürgerlich leidenschaftslosen Menschen, der wenig zu verdrängen hat; nicht bei dem gefestigten Charakter und systematischen Denker, bei dem sich keine Hirnteile di'ssoziieren können, also das Unterbewußtsein unter so starkem Druck gehalten wird, daß es sich gar nicht organisieren kann; er gleicht einem patriarchalischen Staate von, strengen, spartanischen Sitten, die keiner Verbrechergesellschaft Raum lassen. Endlich bildet sich kein bedenkliches Gegenreich bei dem gesundsinnigen, harmonischen, natürlich empfindenden Menschen, der gleichfalls nicht viel zu verdrängen hat, weil er ohne Ängstlichkeit, Sündengefühl und Prüderie dem Leiblichen wie dem Seelischen, dem Animalischen wie dem Kulturellen in uns die ihm zukommende Form des Sichauslebens gestattet. Goethe berichtet in der Iphigenie, wie er durch reine Menschlichkeit seiner Furien Herr wurde. Wo aber solche günstigen Bedingungen fehlen, kann der Gegensatz zwischen Unter- und Oberbewußtsein zu deutlicher Ausbildung gelangen, ja er kann so gewaltsam werden, daß er schließlich die Einheit der Persönlichkeit zerreißt. Nicht immer braucht das rebellische Unterbewußtsein Träger des schlechten Prinzips zu sein. Auch gute Gedanken und Gefühle können „verdrängt" werden, zumal da, wo sie dem Egoismus, der Bequemlichkeit, der Gewohnheit im Wege stehen. Den Gegensatz zu dem dämonischen Unterbewußtsein im schlechten Sinne -- wir könnten ihn als „heiliges" oder „erlöstes Unterbewußt-
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sein" bezeichnen — sehen wir in den sog. „Bekehrungen" 1 ). In einem Menschen entwickelt sich unterha; b der Herrschaftszone seines gewöhnlichen Tagelebens eine entgegengesetzt gerichtete Unterströmung; meist ist es der religiöse Mensch, der sich gegen den sinnlich-materiellen aufzulehnen sucht. Aus dem Oberbewußtsein verdrängt organisiert sich diese Gegentendenz in den verborgenen Gründen der Seele. Die Gesamtpersönlichkeit empfindet sich dabei als verworren, melancholisch, mit sich selbst zerfallen. Es kommt oft zu einer förmlichen Abdankung des Oberbewußtseins, des normalen Ich durch hoffnungslose, auf das Leben resignierende Verzweiflung, Sündengefühl, Bewußtsein des Verlorenseins, sowie durch restlose, auf jeden eigenen Rettungsversuch verzichtende Hingabe an Gott, dem man sein ganzes Dasein anheimgibt. In diesem Augenblick kann, oft unter Einsetzen einer Ekstase, einem plötzlichen Aufleuchten höchster Seligkeit, die neue Wesensart, die sich so unterirdisch kristallisiert hatte, geradezu vulkanisch hervorbrechen, und ein ganz anderer Mensch kommt zutage, bisweilen dem bisherigen in Ansichten und Lebensgewohnheiten so entgegengesetzt, wie es durch einfach verstandesmäßige Umorientierung der Weltanschauung, durch willkürlichen Verzicht auf liebgewordene Bedürfnisse wie Alkohol, Tabak, Geschlechtsverkehr, durch freiwilligen Entschluß zu Handlungen und Worten der Liebe und Selbstlosigkeit kaum möglich wäre. Das ist die „Wiedergeburt", wie sie auf dem Boden der verschiedensten Religionen eine Rolle spielt. Einen interessanten Spezialfall, bei dem der einer Bekehrung zugrunde liegende Gegensatz die einheitliche Persönlichkeit wirklich ganz in zwei Stücke zerriß, bilden die Erfahrungen des englischen Theologen Staint on Mo s e s. Er war ein orthodoxer Anhänger der anglikanischen Kirche. Eines Tages fühlte er sich zu automatischem Schreiben genötigt. Als er diesem übermächtigen Triebe nachgab, offenbarte sich durch seine schreibende Hand der angebliche Geist eines anderen, verstorbenen Theologen, der einer ganz freireligiösen Richtung huldigte und selbst den göttlichen Charakter Christi abstritt. Es kam zu einem langen, mit den feinsten Waffen der Wissenschaft geführten Disput zwischen den beiden Fachgenossen, dem toten und dem lebenden, und das Ergebnis war, daß Stain ton Moses zwar nicht für eine freiere kirchliche Richtung, wohl aber für den Spiritismus gewonnen wurde, womit die Bekehrung gewissermaßen entgleist war. Wer ausgerüstet mit den Erklärungsmöglichkeiten der modernen Psychologie des Unterbewußtseins an den Fall herantritt, wird es für wahrscheinlich halten, daß jener angeblich verstorbene Amtsbruder tatsächlich — der Zweifel gewesen ist, der kaum einem nachdenkenden Theologen erspart bleibt, daß dieser, gewaltsam von der Gewissensangst wie vom Selbsterhaltungstriebe verdrängt, im Unterbewußtsein des Mannes eine Zuflucht gefunden, sich hier zu einer vollständigen, abgerundeten zweiten Persönlichkeit ausgebaut hatte und nun mit Hilfe des automatischen Schreibens, dieses „Steigrohres des Unterbewußtseins", den Weg nach oben fand.
1 ) Vgl. William Jam es, "Die religiöse Erfahrung in ihrer Mannigfaltigkeit". Deutsch von Georg Wobbermin, Leipzig, Hinrichs, S. 199 ff.)
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Soviel weiß uns die Lehre von der Bewußtseinsteilung und die sich anschließende Okkultismusforschung vom Antagonismus der beiden Bewußtseinshälften zu berichten. Fast ganz unabhängig von diesem Wissenschaftskreise haben einige ärztliche und psychologische Forscher auch im normalen oder halbnormalen Seelenleben die gleiche Erscheinung wiedergefunden. Mar cinowsk i 1 ), Cone und B au do ui n 2 ) haben wenigstens einen wichtigen Teil des Problems erkannt, sie sind nämlich darauf aufmerksam geworden, daß heftiges Streben nach Gesundheit oft nervöse Krankheiten verschlimmert, ja daß überhaupt der bewußte Wille vielfach sein Ziel systematisch verfehlt, weil eine dunkle Gegenmacht ihm ein Bein stellt. Die französischen Autoren und Anhänger des Coueismus nennen diesen inneren Feind „Einbildungskraft", sie meinen aber tatsächlich die unterbewußte Autosuggestion. M arcin o wski schalt die Torheit der Ärzte, die einem Hysteriker oder Neurastheniker sagen: „Nimm dich zusammen, gehe dagegen an!" Gerade das „verfluchte Mühegeben und Besonders-gut-und-richtig-machen-wollen" sei der Fehler der Nervenkranken. Nur durch „korrekte Geringschätzung", durch Leichtnehmen, durch eine gewisse Dickfelligkeit dem Leiden gegenüber kommt man ans Ziel. „Das Schicksal narrt uns gewöhnlich so lange, bis wir das Wünschen endlich aufgegeben haben, erst dann pflegt es in Erfüllung zu gehen." Darum die Bibellehre von der Gnade: Gott läßt sich nichts abtrotzen. Das Unterbewußtsein vergleicht Marcino wski mit einer Spiralfeder: Je heftiger wir sie niederdrücken, desto stärker drückt sie dagegen. Den Kranken, der zu leidenschaftlich gesund werden will und gerade dadurch seinen Zustand verschlimmert, vergleicht er mit einem Verwundeten, der an dem eingedrungenen Pfeil zerrt und dadurch dessen Widerhaken nur tiefer ins Fleisch bohrt. Der soziale Organismus zeige das gleiche Bild: Eine revoltierende Bewegung nimmt durch Unterdrückung zu. (Natürlich rät M. nicht bl oß Gehen- und Gewährenlassen des Leidens. Wir haben ja hier nicht seine ganze Lehre darzustellen.) Cone und B audou in stellen gleichfalls das „Gesetz der das Gegenteil bewirkenden Anstrengung" auf. Der leidenschaftlich Wollende ist ihnen ein Wanderer im Triebsand, der, je mehr er sich herausarbeiten will, nur desto tiefer im Sande versinkt. Wo Wille und „Einbildungskraft" miteinander kämpfen, siegt nach ihrer Behauptung stets die letztere, denn wenn der Wille sich in arithmetischer Progression steigert, wächst die Kraft der gegenstrebenden Einbildungskraft in geometrischer. (Das ist offenbar eine Übertreibung, denn wäre es richtig, so vermöchte, wo die Dämonen unserer Brust ins Spiel kommen, Willenskraft und Selbstbeherrschung überhaupt nichts.) Die Erfahrungen und Beobachtungeii, durch die sich dieses Teilgebiet der Lehre vom dämonischen Unterbewußtsein belegen läßt, finden sich bei Mar cino wski bereits in so großer Vollständigkeit, daß die Franzosen — ') J. Marcinowski. "Im Kampf um gesunde Nerven". Berlin, Salle, 3. Aufl. 1907. 2 ) Charles Baudouin, „Suggestion und Autosuggestion". Dresden, Sibyllenverlag, 4. Aufl. 1925.
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die diesen Bahnbrecher der neuen Erkenntnis übrigens nirgends nennen — kaum etwas Neues über ihn hinaus haben beibringen können. Betrachten wir die wichtigsten Beispiele! Wer sich anstrengt, eine knarrende Tür oder tickende Uhr nicht zu hören, den stört sie doppelt. Wer eine krankmachende Vorstellung beiseite schieben möchte, dem drängt sie sich erst recht auf. Alle von einer Leidenschaft, einem krankhaften oder lasterhaften Hang Gequälten verspotten den Moralprediger, der ihnen zuruft: „Sei ein Mann, lerne dich beherrschen!" und meinen: „Im sichern Port läßt sich gemächlich raten. Versuch es selbst, wenn du in meiner Lage bist!" (Zur Frage leidenschaftlichen Trieblebens sei noch dieses beigesteuert: Es gibt eine Liebe, die so heiß ist, Wünsche, die so brennend sind, daß man sich durch sie „versündigt". Diese christliche Empfindung hat ganz recht: Man darf nicht sein ganzes Lebensglück von einem irdischen Gut abhängig machen, sonst wird der Dämon in uns gereizt und raubt uns gerade dieses.) Wer durchaus schlafen will, verfällt sicher in Schlaflosigkeit. Wer sich gewaltsam auf einen Namen besinnt, dem entgleitet er in immer größere Ferne. (Man kann es geradezu merken, wie der Name, der uns schon auf der Zunge lag, in dem Moment, indem wir uns anstrengen, uns entgleitet und in die Tiefe kollert.) Legt man aber die Sache beiseite und denkt an etwas anderes, so springt nach einigen Minuten der Name von selbst ins Bewußtsein. Wenn ein ungeübter Radfahrer einem Baum oder Prellstein ausweichen will, so fährt er geradewegs darauf los. Wer sich bemüht, ernst zu bleiben, platzt erst recht mit lautem Lachen heraus. (Es gibt ein unter jungen Mädchen übliches Spiel, welches erheischt, mit todernstemn Gesicht dreimal zu sagen „Ich bin so tief-, tieftraurig, ich kann durchaus nicht mehr lachen und vergnügt sein." Dieses Spiel gewinnt fast niemand, denn es stellt eine kecke Herausforderung an das rebellische Unterbewußtsein dar.) Wünscht ein Patient allzu dringend, daß die Hypnose gelinge, weil er von ihr alles Heil erwartet, so wird manchmal eben dadurch der Erfolg des Hypnotisierens vereitelt. Prahlt aber jemand mit der Behauptung, ihn könne niemand hypnotisieren, so erliegt er zuweilen schon den ersten Suggestionen. Ein Klavierspieler, der eine schwierige Stelle besonders brilliant spielen, ein Redner, der einen speziellen Trumpf ausspielen und seine Sache sehr gut machen will, bleibt leicht stecken. Klaviervirtuosen suchen sich daher häufig während der Konzerts im Zustande einer etwas schwebenden Aufmerksamkeit zu erhalten und gewissermaßen ihre Finger allein die Sache erledigen zu lassen. Zu diesen Fällen, mit deren Hilfe die oben genannten Psychologen und Ärzte illustrierten, wie heftig sich das von Autosuggestionen gelenkte Unterbewußtsein gegen bewußtes und krampfhaftes Wollen zur Wehre setzt, möchte ich noch einige besonders schlagende Beispiele hinzufügen. Darwin ging mit einigen jungen Leuten eine Wette ein, daß sie, auch wenn sie sich noch so sehr die Nase mit Schnupftabak vollstopften, nicht würden niesen können; er gewann die Wette, gerade weil es eine Wette war und seine Gegenspieler zu niesen wünschten). —Der Gedankenleser Sugden stellte fest, daß 1 ) Nicht alle hier erwähnten Beispiele sind bloß Resultat des dämonischen Unterbewußtseins, bei einigen gibt es mehrere konkurrierende Gründe. So ist an diesem
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Personen, die ein pekuniäres Interesse am Erfolg seiner Vorführung hatten, wenn sie einmal als seine „Führer" dienen sollten, ihre Sache besonders schlecht machten. — St oll l) berichtet von indischen Zauberern, die einen Wettkampf ausfechten, wem von ihnen es zuerst gelingen würde, ein auf den Boden gelegtes Goldstück aufzuheben. Jeder von ihnen sucht den anderen durch Bewerfen mit verzauberter Asche und durch Hersagen von „Mantras" (Zaubersprüchen) zu hindern. Sie fühlen sich zurückgestoßen, der Schweiß rinnt ihnen von der Stirn, manchmal werden sie von unsichtbarer Kraft zu Boden geworfen und bleiben ohnmächtig liegen. In diesem letztgenannten Falle ist auch Fremdsuggestion im Spiele, die aber bei allgemeinen Volksüberzeugungen kaum von Autosuggestion zu trennen ist. — Aus den dargestellten Tatsachen haben die genannten Psychotherapeuten geschlossen, daß es falsch ist, nervöse Krankheiten von außen her durch Gegenwillen zu bekämpfen. Mar cinow ski empfiehlt statt dessen die Ablenkung, während Couö und Baudouin zu ihrer einflußreich gewordenen Lehre gelangten, man müsse durch Autosuggestion im Halbschlafzustand gewissermaßen in das Unterbewußtsein selbst hineinkriechen und es von innen her lenken. In all den angeführten Beispielen lag ein krampfhaftes Wollen vor, durch welches das Unterbewußtsein zum Widerspruch herausgefordert wurde. In 'anderen, ähnlichen Fällen aber, die von den oben genannten Forschern noch nicht beachtet worden sind, will der bewußte Wille gar nichts f or cier en, das Unterbewußtsein erspäht, ohne von ihm gereizt zu sein, irgend eine Situation, in der es seinem Gegner einen niederträchtigen Hieb versetzen kann. Marcinowski und Baudouin haben also das Phänomen noch nicht in seinem ganzen Umfang erkannt, sie hielten das für eine spezielle Willenswirkung, was tatsächlich aus einem allgemeinen Antagonismus unserer beiden Bewußtseinshälften hervorgeht. Man sitzt in der Kirche, hegt ernste und feierliche Gedanken', und plötzlich fallen einem lauter lächerliche oder unschickliche Dinge ein, die durchaus nicht an den geweihten Ort passen. In den Gottesdiensten der Methodisten entwickelten sich gelegentlich Lachepidemien, die längere Zeit anhielten und für Anfechtungen des Teufels gehalten wurden -- nicht ganz zu Unrecht, denn unser dämonisches Unterbewußtsein stellt ja den Wahrheitskern des Teufelsglaubens dar. Wir stehen am Sarge eines lieben Freundes, und plötzlich fallen uns gerade die Zerwürfnisse ein, die uns zeitweilig von ihm getrennt hatten, allerlei lächerliche Situationen seines Lebens, einstige respektlose Urteile, die wir über ihn ausgesprochen und gedacht, kehren uns wieder, und diese frivolen Ideen summen wie die Bremsen um uns und werden um so zudringlicher, je mehr wir uns selbst empörte Vorwürfe machen. — Wir stehen auf dem Eisenbahnsteig, ein Zug *braust heran, und wir fühlen uns so magisch unter die Räder der Lokomotive gezogen, daß wir einen Schritt zurücktreten, um uns durch Einleitung einer Gegenbewegung vor uns selbst Nichtniesenkönnen auch der störende Einfluß schuld, den das Großhirn ausübt, wenn es sich an reflektorischen Funktionen subkortikaler Zentren beteiligt. ') Otto St ol I, „Suggestion und Hypnose in der Völkerpsychologie". Leipzig, Veit.
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zu schützen. Ähnlich ergeht es uns, wenn wir auf einem hohen Viadukt oder am Rande eines Abgrundes stehen: Die Tiefe zieht magnetisch an, der sichtbare Tod lockt. Lenau hat dieser Empfindung in einem schönen Gedicht Ausdruck verliehen. Bei großen Feuersbrünsten rennen manche Menschen direkt in die Flammen, bei ihnen wird das Oberbewußtsein vom tückischen Unterbewußtsein überrumpelt. Einer meiner Hörer wurde, auf einer hohen Rampe stehend, von seinem „Dämon" derart gepackt, daß er wirklich hinabsprang. Er war als kleines Kind einmal von einem Hausdache herabgerollt und nur gerade am Dachrande noch hängen geblieben. Das hatte er inzwischen ganz vergessen gehabt. Hier konnte also das Unterbewußtsein einen verdrängten Komplex in den Dienst seiner Tücke stellen und dadurch alle Hemmungen niederbrechen. — Kommt man zum Arzt, um ihm sein Leiden zu demonstrieren, so verflüchtigt sich das Symptom, auf das es ankommt, im Vorzimmer, um nach dem Verlassen der Sprechstunde wiederzukehren. Will ein Darmkatarrhaliker einen Besuch machen, so wird er fast regelmäßig unten an der Haustür von seinem häßlichen Leiden befallen. — Rühme dich nicht, daß deine Krankheit sich erfreulich gebessert hat, sonst hast du morgen einen Rückfall. Der von Paul Emile L 6 v y und seinen Nachfolgern, den Coueisten, gegebene Rat, man solle nur optimistisch von seiner Krankheit und den Erfolgen der autosuggestiven Kur sprechen, um sich den Glauben an diese° Erfolge, indem man sie anderen gegenüber hervorhebt, selbst einzureden -dieser Rat ist ein recht zweischneidiges Mittel zur Besserung. Lobe keinen Schüler, sonst schießt er in der nächsten Minute einen dicken Bock! Daher die internationale Angst vor dem „Berufen" und die entsprechenden Abwehrzeremonien — Toi-toi-toi-sagen, dreimal unter den Tisch klopfen. Ausspucken — durch die man sich selbst eine Gegen- und Schutzsuggestion erteilt und den Dämonen unseres eigenen Unterbewußtseins ein Sühnopfer darbringt. Weit verbreitet ist daher der Glaube, man dürfe nie von seinem Glücke sprechen, sonst verscheuche man es. Ein anmutiges altjüdisches Märchen erzählt von einem alten Ehepaar, das wegen seiner Frömmigkeit und zärtlichen Gattenliebe von Gott gesegnet wurde, so daß ihm Brot und 01 nicht mehr weniger wurden, so viel sie auch davon genossen. Keiner von ihnen aber sprach ein Wort darüber. Als nun die alte Frau zu sterben kam, konnte sie das große Geheimnis nicht mehr für sich behalten und begann mit brechender Stimme: .,Hast du wohl gemerkt, daß Gott --" Hier aber hielt ihr der Gatte den Mund zu und sagte: „Warte noch ein Weilchen, drüben wollen wir es uns erzählen!" Bei den früher erwähnten Bewußtseinsteilungen wird es besonders deutlich, daß unsere These von einer allgemeinen Feindseligkeit des Unterbewußtseins im Rechte ist und Mar cin o wskis und Couös Ansicht, das Unterbewußtsein wirke nur bei Pressung durch krampfhaftes Wollen als obstinate Spiralfeder, bloß eine halbe Erkenntnis des Sachverhalts darstellt. Das zweite Ich unternimmt hier seine Gehässigkeiten ganz von selbst, es ist durchaus der aggressive Teil. Sally B e au eh am p s Niederträchtigkeiten, Staudenmaiers teuflische Stimmen und Fratzen traten ohne besondere Veranlassung auf. Die Dämonen bei der Besessenheit gehen ohne Herausforderung zum Angriff über. Selbst bei jener Spezialform der Besessenheit, in
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der nicht ein teuflisches, sondern ein heiliges Unterbewußtsein dem wachen Ich gegenübersteht und sich nicht etwa gegen den bewußten Willen zu wehren hat, sondern seinerseits als fordernder Prophet dem alten Adam zu Leibe geht, selbst hier scheint mir die Tendenz hervorzutreten, das normale Ich zu quälen und zu Handlungen zu nötigen, vor denen es sich fürchtet. Darum heischt diese angeblich höhere Macht be3tändig ein hartes Leben, Hunger und Entsagungen, Selbstgeißelungen, Schlafminderung, andauernde Schweigsamkeit, und wenn sie phantasievoll ist, verurteilt sie den unglücklichen „Heiligen" dazu, jahrelang Tag und Nacht auf einer hohen, engen Säule zu stehen und nicht einen Augenblick ohne Gefahr tödlichen Sturzes schlafen zu können, oder eine Kette um den Leib zu tragen, deren Stacheln sieh in das Fleisch bohren. Die Askese hat viele Wurzeln, aus denen sie erwachsen ist, aber gerade ihre extravaganten Formen würden ohne die Tatsache des selbstquälerischen Unterbewußtseins kaum verständlich sein. Bei Tischklopf- und Planschettesitzungen melden sich Spottgeister, die nicht etwa irgend eine leidenschaftlich ersehnte Enthüllung zu verhindern, sondern schlechtweg Schabernack zu treiben und die Sitzung zu stören suchen. So schildert Kin db o rg i) eine Sitzung, in der die Geister durch Glasschreiben ihre Gedanken kundtun. Plötzlich schreibt das Glas: „Gebt euch heute keine Mühe, heute geht es nicht.' Die Beantwortung weiterer Fragen wird in unmotiviert neckischem Ton abgelehnt. Die gleiche Neigung zum Stören schlechtweg, auch wo bestimmt kein krampfhaftes Wollen vorliegt, konstatieren übrigens manche, die ihrem Unterbewußtsein eine Autosuggestion im Sinne der Methode C oue -Bau dou in einflößen wollen. Wenn sie sieh zu diesem Zwecke in den Zustand einer somnolenten „Sammlung" und Willenlosigkeit zu bringen suchen, so fühlen sie bald hier, bald da ein Zucken und Zwicken, Niesreiz stellt sich ein, die Unterlage beginnt zu drücken, die Lage erscheint immer wieder unbequem, kurz der Kobold in uns sucht auf hundert Arten die ganze Vornahme zu erschweren. Auch als Kritiker zeigt das sich abtrennende Unterbewußtsein offen und deutlich jene Gehässigkeit, die uns da, wo es sich noch nicht emanzipiert hat und nur in der Tiefe unserer Seele murrt, als Kleinmut, Verzagtheit, geringes Selbstvertrauen Schwierigkeiten bereitet. In einem von Tischner ') beobachteten Falle schimpfte das abgespaltene zweite Ich bei gegebener Gelegenheit über die normale Persönlichkeit, äffte ihr karikierend nach, sagte: „Dazu ist er viel zu dumm und ungeschickt! Er ist furchtbar langsam, an einem Buch liest er 8 Tage, die einfachsten Sachen kapiert er nicht." Bei solchen hämischen Bemerkungen kann von Widerstand gegen krampfhaftes Wollen nicht die Rede sein, sie bedeuten Antagonismus sans phrase. Wir müssen also konstatieren: Die Psychologen, die bisher dieses Phänomen beobachtet hatten, haben ihm eine zu beschränkte Reichweite gegeben. Das rebellierende Unterbewußtsein verfolgt das normale Ich durchaus und überall mit seiner Tücke, nicht weil es etwas ihm Mißliebiges will, oder weil ') Psychische Studien, April- und Maiheft 1924. ) R u d. Tischner, „Einführung in den Okkultismus und Spiritismus". München und Wiesbaden, Bergmann, 1921. 2
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es zu stark will, sondern bloß weil es das Oberbewußtsein ist und weil der aus dem Himmel des Wachbewußtseins gestürzte Teufel unseres Innern Übles im Schilde führt. Als Grund der ganzen Erscheinung nahm Marcinowski an: Wenn z. B. der Radfahrer dem Prellstein mit bewußtem Wollen ausweichen will und seine Blicke auf ihn richtet, so beleuchtet er ihn mit allzu hellem Licht der Aufmerksamkeit, auch macht Cr die Idee des gefährlichen Gegenstandes, indem er sie mit Angstgefühl tränkt, überwertig, und durch diese beiden Steigerungsmittel verleiht er ihr die Gewalt, seine Handlungen zu bestimmen und ihn selbst magnetisch anzuziehen. Eben um eine solche bedenkliche Beleuchtung des Hemmnisses zu vermeiden, empfahl M a r cinowski die Ablenkung und die „korrekte Geringschätzung" der Schwierigkeit. Diese Erklärung, die das ganze Phänomen auf sog. „Konträrsuggestion" zurückführt, ist gewiß teilweise richtig, sie bezeichnet einen Umstand, der mit im Spiele ist, sie gibt ein Heilmittel an, das sich sehr oft trefflich bewährt; aber sie kann gar nicht zureichend sein, weil die Gegensätzlichkeit des Unterbewußtseins sich auch bei solchen Fällen zeigt, in denen die geschilderte Übertonung eines Hemmnisses durch den Willen nicht stattfindet. Den entscheidenderen, umfassenderen Grund haben wir daher anderwärts zu suchen, nämlich in dem oben dargelegten Umstande, daß das Unterbewußtsein das Refugium des verdrängten Bewußtselnsabfall es ist. — Wir fallen auch nicht bloß der Gefahr zum Opfer, weil wir durch ihre angstweckende Drohung und ihre das Bewußtsein monopolisierende Eindrucksgröße fasziniert werden wie das Kaninchen durch den Blick der Schlange, nein es ist etwas in uns, das die Gefahr und Schädigung positiv wünscht und sucht, von ihr angelockert wird, weil es überhaupt auf Schadenstiften ausgeht. Ganz deutlich wird das in den erwähnten Fällen, in denen wir uns unter die Räder der heranbrausenden Lokomotive oder in den Abgrund hinunter gezogen fühlen. Da ist nicht bloß etwas vorhanden, das schreckt, sondern auch etwas geheimnisvoll Berückendes, als spräche der Tod zu uns wie Erlkönig in Goethes Ballade. Einen in dieser Beziehung lehrreid en Fall schildert Prof. Daniel Walter'): „Eine Dame hatte nachts wiederholt geträumt, es sei bei ihr eingebrochen und Verschiedenes gestohlen worden. Wer die Frau kennt, wird nicht überrascht sein, weil sie von jeher sehr mißtrauisch gegenüber verschiedenen im Hause verkehrenden Personen war. Längere Zeit nach den berichteten Träumen fehlten im Haushalt bald Wäschestücke, bald kleinere Mengen Speisevoträte u. dgl., die nachweisbar vorhanden waren und von keiner fremden Person hatten entfernt werden können. Durch genaue Beobachtung ergab sich nun, daß die Frau selbst im Dämmerzustand die Gegenstände von ihrem Aufbewahrungsort weggenommen und versteckt hatte. Beständig klagte sie aber, daß Sachen gestohlen würden." Ist ein solcher Fall mit Hilfe von Marci 110W skis Erklärung zu deuten? Blendung durch übermäßige Aufmerksamkeitsbeleuchtung, überwertigwerden einer Angstvorstellung kann sehr wohl den Radfahrer zu ungeschickten Bewegungen zwingen, so daß er direkt auf den Prellstein losfährt. Aber daß er durch diese Umstände genötigt werden kann, komplizierte Hand') Psychische Studien, Juli 192o.
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lungen auszuführen, um die Gefahr erst zu schaffen, daß er auf solche Weise etwa dazu gelangen könnte, im Dämmerzustand hinzugehen und Prellsteine zu setzen oder Glasscherben auf die Landstraße zu streuen, das sieht doch unglaubwürdig aus. Wo derartige Wirkungen entstehen, ist es wahrscheinlich, daß ein positiver Schädigungswille vorhanden ist, der sich freut, wenn der Gegenstand der Angst obsiegt. Nur die Lehre vom feindseligen Unterbewußtsein kann solchen Erfahrungen gerecht werden.
Betrachten wir nunmehr die Konsequenzen der Theorie des dämonischen Unterbewußtseins. Für die Deutung okkulter Erscheinungen ist die Gegensätzlichkeit beider Bewußtseinshälften von fundamentaler Bedeutung. Der Vertreter naturwissenschaftlicher Weltanschauung nimmt an, daß die aus den Medien redenden Geister tatsächlich nur Sektionen des Unterbewußtseins sind, die sich durch Bew'ußtseinsteilung abgespalten haben; sie werden aber ähnlich wie bei der Besessenheit als fremde Mächte empfunden, die mit den Sprachwerkzeugen, der Hand usw. des Mediums ihr Spiel treiben. Der bloße Eindruck, man sei es nicht selbst, der da schreibe, spreche, den Tisch klopfen lasse, das bloße „Fremdhei tsgefübl", meint der Wissenschaftler, sei noch durchaus kein Beweis, daß man es wirklich mit Geistern zu tun habe. Schon diese Behauptung erscheint dem Spiritisten als eine Zumutung. Er fühlt, daß er den Tisch nicht drückt und schiebt, und nun will ein anderer ihm einreden, er tue es doch, er merke es nur nicht! Kann ein anderer besser beurteilen, was ich tue, als ich selbst? Die Bewußtseinsteilung erscheint dem normalen Menschen, der sich stets als absolute Einheit empfindet, so widersinnig, wird auch so selten wahrgenommen und ist im PublAum so unbekannt, daß diese Begrinidung der Phänomene geradezu vom Verständnis der Nichtpsychologen abprallt. Aber nun kommt es noch besser: Die Geister vergreifen sich an dem Medium, erweisen sich ihm gegenüber als gehässig und niederträchtig, fügen ihm Verluste zu. Soll es nun immer noch das Unterbewußtsein des Mediums sein, das derartig zum Feinde der eigenen Gesamtseele wird? Von jeher haben die Spiritisten auf Fälle hingewiesen, in denen diese Feindseligkeit des Unterbewußtseins kraß zutage trat, haben sie als unwiderlegliche Beweise für das Mitwirken von Geistern ausgespielt, und der Laie, sofern er überhaupt selbst nachdenkt und sich nicht blindlings der spiritismusfeindlichen Suggestion der Tagespresse und der öffentlichen Meinung überläßt, kann zunächst gar nicht anders als ihnen beipflichten Man denke hier an die eingangs dieser Arbeit erwähnten, von Aksakow gesammelten Fälle, in denen Medien zu peinlichen Selbstbezichtigungen oder vulgärem Schimpfen genötigt oder, wenn sie ihren Geistern ungehorsam zu sein versuchten, auf den Boden geworfen und gequält wurden! Eine Fundgrube für derartige Erscheinungen sind die Spukphänomene. Die „Geister", die in ihnen ihr Wesen treiben, sind keine freundlichen Diener ihres Mediums gleich den Geistern der Lampe, die Aladin sich untertan gemacht hatte, sondern sie verfolgen es mit höllischer Bosheit,
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werfen es mit Steinen, zerschlagen oder verstecken ihm seinen liebsten Besitz, schnellen das Geschirr, wenn das Medium es ergreifen möchte, blitzschnell zur Seite, binden das Vieh im Stalle, so daß es halb erdrosselt, flechten den Pferden Zöpfe in die Mähne, die schwer wieder aufzudröseln sind, ziehen nachts die Bettdecke weg und lassen die Betten wie in sturmbewegter Schiffskoje schaukeln, hängen das Medium gebunden an Bäume, klingeln ohrenzerreißend ganze Tage lang; überdies kommt das unschuldige Opfer solcher Quälereien oft bei der abergläubischen Umgebung in Verruf, gilt als behext und vom Teufel besessen und wird zuweilen gezwungen, seinen Wohnort zu verlassen. Ist es denkbar, vorstellbar, daß ein Mensch solche Pönitenz selbst über sich verhängt? Haben wir hier nicht den klaren Beweis, daß fremde, unsichtbare Mächte als verfolgende Furien im Spiele sind? Der gesunde Menschenverstand wird von solchen Belegen ohne weiteres überwältigt. Wenn mir Laien derartige Fälle vorlegen und mich fragen, ob diese denn nicht unbedingt zur Annahme der Geisterhypothese zwingen, und wenn ich ihnen dann in kurzen Worten auseinandersetzen muß, es handele sich um Folgen von Bewußtseinsspaltungen, so habe ich stets den Eindruck, daß ich niemand überzeuge und der mit sarkastischem Lächeln dreinschauende Befrager alles, was ich vorbringe, für Verlegenheitsausflüchte einer hilflos gewordenen Gelehrsamkeit hält. Erst durch eingehende Beschäftigung mit den Seltsamkeiten des dämonischen Unterbewußtseins, durch die man jene auffallenden okkultistischen Phänomene in den Zusammenhang einer natürlichen psychologischen Gesetzmäßigkeit einordnen lernt, vermag sich ein denkender Mensch innerlich davon zu überzeugen, daß die Geister selbst durch rabiateste Feindseligkeit nicht imstande sind, ihre eigene Existenz zu beweisen. Gewisse okkultistische, auf Bewußtseinsteilung zurückführbare Erscheinungen, die bisher schwer zu erklären waren, werden uns unter Zuhilfenahme der Dämonie des Unterbewußtseins sofort deutlich. Dazu gehört die Geheimniskrämerei, die der „Geist" so gern dem normalen Ich gegenüber treibt. Nicht selten wird ein Schriftstück, das durch automatisches Schreiben entsteht, mit allerlei Symbolen ausgestattet, mit Kreuzen, Sternen, Halbmonden usw., und erst allmählich wird man gewahr, daß alle mit einem bestimmten Symbol signierten Schriftstücke auf ein und dieselbe schreibende Intelligenz hinweisen. Die englische Automatistin Frau Holland ist durch das Lesen des Buches „Human Personality" von F. W. My er s zum Spiritismus bekehrt worden. In einer ihrer automatischen Schriften beginnt die erste Seite mit einem mysteriösen F und schließt mit einem M, die Zeichen 17/, /1, /01 sind am Ende dreier Paragraphen verteilt. Erst allmählich kommen die Erklärer dahinter, daß F und M die Initialen von F. Myers und 17. 1. 01 (17. Januar 1901) sein Todesdatum darstellen, M y er s also als „Kontrolle" des Mediums wirke). Häufig werden die Buchstaben einer Geistermitteilung zu „Anagrammen" durcheinander geschüttelt, so daß man sie erst umstellen muß, um einen Sinn darin zu finden. Beliebt ist Spiegelschrift, desgleichen Umkehrung der Buchstabenreihenfolge. Ein gutes Beispiel, dem das Ergebnis ') Alic e Johns on, „On the lutomatic Writings of Mrs. Holland". Proceedings S.P.R. XXI, 1908, S. 178 ff.
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Das dämonische Unterbewußtsein.
einer Kristallvision zugrunde liegt, bringt Prof. Alfred Lehmann ,,Miß Z. sah im Kristall eine Menge Buchstaben, die einzeln in leuchtend roter Farbe hervortraten. Sie notierte sich die ganze Reihe: detnawaenoemosotniojaetavirpelcrictsumebgnilliwotevigsevlesmehtpuotehttcejbus. Zuletzt entdeckte sie, daß es wirklich Wörter waren, von denen jedes rückwärts geschrieben war; jetzt stellte sich folgender Sinn heraus: ,Wanted a someone to join a private circle, must be willing to give themselves up to the subject.' (Gesucht wird ein Teilnehmer an einem Privatzirkel, bitte den Namen aufzugeben an den Inserenten.) In einer Zeitung fand sich diese 4nnonce, auf der das Auge der Dame kurz vorher geruht hatte, indes, wie sie bestimmt wußte, ohne daß sie dieselbe mit Bewußtsein gelesen hatte." Wie die sprachliche Form, so ist auch der Inhalt automatischer Schriften oft gesucht dunkel, mit Anspielungen, mit Zitaten gespickt, die erst durch philologische Erklärerkünste zu enträtseln sind. Wozu das alles? Die Spiritisten haben eine bestechende Erklärung bereit: Die Geister wollen, wenn sie sich mit ihren noch auf Erden weilenden Freunden unterhalten, das Medium zwar sozusagen als Schreibmaschine benutzen, sie wollen es aber nicht als ungerufenen Dritten an der Unterhaltung beteiligen. Darum richten sie ihre Mitteilungen so ein, daß das Medium sie nicht verstehen kann. Diese Erklärung entspricht ganz dem Empfinden des Automatisten, daß er selbst mit dem Inhalt des Geschriebenen nichts zu tun habe und die Rolle eines Menschen spiele, der in ein fremdes Telephongespräch eingeschaltet wird und sich dabei recht indiskret vorkommt. Frau 11 011 an d wagte deshalb in den ersten Jahren ihrer Automatistentätigkeit nicht, ihre eigenen automatischen Schriften zu lesen, sie empfand das wie ein Erbrechen fremder Briefe. Freilich gib es hier wie überall störende Disharmonien zwischen spiritistischer Theorie und Wirklichkeit; warum z. B. wenden in dem soeben vorgeführten Beispiel die Geister ihre Verhüllungstaktik bei der Mitteilung einer Zeitungsannonce an, die gewiß kein tiefes Geheimnis ist! Für den Nichtspiritisten, der nicht einen Geist, sondern eine Sektion des Unterbewußtseins für den Verfasser hält, ist es nicht schwer, eine andere Erklärung für das Versteckspielen in den „G eistermitteilungen" zu finden. Geheimnisvolltun, Spielen mit mystischen Symbolen, mit esoterischen Kennworten, Emblemen und Siegeln, das alles entspricht der an Räuberromantik gemahnenden Phantastik des Unterbewußtseins; vor allem aber ist es der Ausdruck seiner Dämonie, des Neck- und Spottverhältnisses, in dem es zum Oberbewußtsein steht. Wir haben gesehen, wie sehr der Antagonismus der beiden Bewußtseinshälften dazu" beiträgt, den Eindruck zu vertiefen, daß die okkulten Phänomene nicht unser eigenes geistiges Produkt, sondern Geisterwirkungen seien. Die gleiche Wirkung hat das rebellische Unterbewußtsein auch hier, denn es ist dem psychologischen Laien schwer klar zu machen, daß eine Intelligenz, die Verstecken mit uns spielt und uns zum Narren hat, nur ein Bruchstück unserer eigenen sei. Eine ausführliche Darstellung der medizinischen Bedeutung der Lehre vom dämonischen Unterbewußtsein überschreitet die Aufgabe unserer -
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) „Aberglaube und Zauberei". Stuttgart. Enke, 3. Aufl., 1925, S. 580.
Zeitschrift für Okkultismus I.
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Richard Baerwald.
Zeitschrift, doch sei sie hier wenigstens angedeutet, damit die Reichweite des neuen psychologischen Problems ersichtlich wird. Ein Krebsschaden jeder Suggestionstherapie, gleichgültig, ob sie mit Fremd- oder mit Autosuggestion arbeitet, waren von je die häufigen, erst allmählich einzudämmenden Rückfälle, das lang andauernde Flattern des Erfolges. Kaum nimmt der Patient einen Fortschritt wahr, kaum beginnt er innerlich zu triumphieren oder äußerlich seine Kur zu loben, so stellt sich eine geheime Angst ein, die ganze Besserung könne doch nur eingebildet, nur Momenterfolg sein, Zweifelsucht regt sich, die mühsam eingeprägte überzeugung wird schwankend, und diese geheime Gegensuggestion des Flau- und Mießmachers, des Nörglers und Krittlers, des schadenfrohen Kobolds in uns verfehlt denn auch nicht ihr Ziel und schafft einen schleunigen Rückfall. Kein Patient, der diesen Hergang in sich selbst beobachtet hat, wird im Zweifel darüber sein, daß mindestens ein großer Prozentsatz der Rückfälle, die für Suggestionsheilungen typisch sind und viele namhafte Ärzte zu Gegnern der suggestiven Therapie gemacht haben. auf Rechnung des dämonischen Unterbewußtseins kommt. Sieht und weiß man das aber, und kennt man das Verfahren, durch Hypnose oder mit Hilfe somnolenter Zustände die Suggestion direkt an das Unterbewußtsein heranzubringen und dieses von innen her zu lenken, so liegt es nähe, diese Lenkung auch zur Austreibung des Feindes zu benutzen, der in uns zu unserem Schaden wirkt. Der Patient sage sieh im Zustande der Sammlung (oder der Arzt sage es ihm): „Nach dem errungenen Erfolge ist jeder Zweifel überflüssig, ich weiß jetzt todsicher, daß dieser Fortschritt anhalten und sich steigern wird, ich sehe und weiß, die Autosuggestion ist unwiderstehlich, es wird dem Kobold in mir nicht gelingen, mich zu neuer Kopfhängerei zu beschwatzen, ich mache ihn mit der starken Waffe meiner Autosuggestion unschädlich, ich vertreibe ihn, ich erdrossele ihn, nachdem ich ihn und sein Tun kennen gelernt, ist sein Spiel verloren!" Und so weiter. Man sieht, es handelt sich hier um eine Art psychologischer Exorzisation. Die alten kirchlichen Exorzisationen hat man mit Recht getadelt, denn sie gaben den unglücklichen Besessenen erst ihren Vorrat an Wahnvorstellungen an die Hand und verbreiteten psychische Seuchen durch öffentliche Schaustellungen abschreckender Seelenkrankheiten. Diese schädlichen Nebenwirkungen sind bei unserem wahnfreien und ganz privaten Verfahren nicht zu befürchten. Abgesehen von diesen unerwünschten Nebeneffekten hat aber schon das kirchliche Exorzisieren oft große Heilerfolge zu verzeichnen; noch heute heißt es in manchen Berichten über Spukhäuser, daß die unheimlichen Erscheinungen sofort auf Nimmerwiedersehen verschwinden, sobald ein Geistlicher die Exorzisation daselbst ausübte. Das ist auch leicht zu verstehen, denn erstlich ist der Glaube ein mächtiger Verstärker jeder Suggestion, und zweitens kommt noch der Appell an den Kampftrieb hinzu, der, wie die politische Propaganda zeigt, gleichfalls die Eindringlichkeit und Gefühlswirkung von Einflüsterungen zu steigern pflegt. Eine ärztliche oder autosuggestive Exorzisation wird sich wenigstens etwas von diesen Vorteilen zunutze machen können. In der Tat schien es mir, daß in einigen Fällen die Rückfälle durch das geschilderte Verfahren abgekürzt werden konnten.
A. Kollmann. Taschenspiel und Okkultismus.
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Taschenspiel und Okkultismus. Von Prof. Dr. med. Artur Kollmann, Leipzig. (Eingesandt am 9. April 1925.)
Die Kunst des Taschenspiels ermöglicht nicht nur eine angenehme Unterhaltung, sondern sie bietet auch der wissenschaftlichen Psychologie eine große Menge von wichtigem Stoff dar. Bisher hat man sich in diesen Kreisen nur wenig damit beschäftigt; die mir bekannt gewordenen Veröffentlichungen dringen außerdem nicht tiefer in die Sache ein. Eine Ausnahme macht ein Aufsatz von Max Dessoir , der schon 1893 in einem geistvoll geschriebenen Büchlein „Psychologische Skizzen" (Leipzig, Verlag Ambr. Abel) unter dem Pseudonym Rells die Psychologie der Taschenspielerkunst in den Kreis seiner Betrachtungen zog. Als guter Kenner derselben durfte er sich aber auch ein Urteil in okkultistischen Dingen erlauben. Ich verweise diesbezüglich auf den Schluß dieses Artikels, vor allem aber auf sein großes Buch „Vom Jenseits der Seele" (Verlag von Ferdinand Enke). Welche Bedeutung dem Studium der Taschenspielkunst für die Beurteilung okkultistischer Dinge zukommt, geht schon aus diesen Arbeiten von Dessoir ganz deutlich hervor. In dem umfangreichen, äußerst gründlichen Werk „Aberglaube und Zauberei" von Prof. Al f red Lehm ann, Direktor des psychophysischen Laboratoriums an der Universität Kopenhagen (deutsche Übersetzung von Dr. med. Petersen, Verlag von Ferdinand Enke, 3. Aufl. 1925) wird man speziell über diese Frage nur wenig finden. Der Verfasser sagt in dem von den technischen Hilfsmitteln der Magie handelnden Kapitel selbst, daß es außerhalb seiner Aufgabe liege, auf die einzelnen Zweige der Taschenspielerei näher einzugehen. Im Gegensatz hierzu habe ich, genau wie D e ssoir , es von jeher als meine Aufgabe betrachtet, gerade das Studium des Taschenspiels als einer unbedingt nötigen Vorschule zur Kritik des Okkultismus ganz besonders zu pflegen, und als ich glaubte, darin eine leidliehe Erfahrung zu besitzen, bemühte ich mich, auch an der Universität Interesse hierfür zu erwecken. Mit kleinen bescheidenen Anfängen beginnend, ist mir dies nunmehr gelungen. Das erste war eine Vorstellung im großen Auditorium des physikalischen Instituts von Geh. Rat Wiener im März 1919, die sehr gut besucht war und die einen außerordentlichen Erfolg hatte. Die Zuhörerschaft bestand zum größten Teil aus Professoren und deren Familien, sowie aus anderen intellektuellen Kreisen der Staat. Der Vortragende, ein Dilettant, Christ o s Pha sso ula, Grieche von Geburt — er ist leider 1924 einem tragischen Schicksal erlegen — war für so etwas wie geschaffen, da er geradezu enthusiastisch an der Zauberkunst hing und mit dieser glühenden Liebe auch ein hervorragendes Können verband. Die Vorstellung, die an einem Sonntag nachmittags 1 / 2 5 Uhr mit einer kurzen geschichtlichen Einführung von mir begann und erst um 8 Uhr abgebrochen werden konnte, weil das Publikum immer wieder Zugaben wünschte, zeigte deutlich, daß gerade geistig hochstehende Kreise das Taschenspiel besonders zu schätzen wissen, sich übrigens auch viel eher einer angenehmen Täuschung hingeben als der sog. Un- oder Halbgebildete.
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Nach dieser Vorstellung brachten meine Bemühungen um weitere Fortschritte in der Sache aber lange Zeit keinen wesentlichen Erfolg, bis es mir im Sommer 1924 doch endlich geglückt ist, das einst von Wilhelm Wundt gegründete Institut für experimentelle Psychologie an der Universität Leipzig (jetziger Direktor Prof. Felix Kruege r) definitiv dafür zu gewinnen. Unterstützt von der Ortsgruppe Leipzig des magischen Zirkels von Deutschland, konnte ich während der großen Ferien im Sommer und Herbst 1924 in dem Übungssaal des Instituts wöchentlich je eine, immer mehrere Stunden dauernde Vorstellung veranstalten. Diese Vorstellungen hatten den Zweck, den Herren des Instituts und geladenen Gästen einen möglichst großen Teil der guten modernen Zauberkunst vorzuführen. Da die Mitglieder des magischen Zirkels äußerst tüchtige Praktiker sind, so war auch hier der Erfolg höchst befriedigend. Erklärungen wurden niemals gegeben, sondern man überließ es den Zuschauern, sich selbst zurecht zu finden. Erst im Wintersemester 1924/25 fand im engsten Kreise der Institutsleitung eine Vorstellung statt, bei der der Vortragende zum Schluß auch zeigte, wie er die Täuschung hervorrief. Ohne eine ausdrückliche Erklärung wäre aber auch bei dieser Vorstellung den Herren, obwohl, sie aus nächster Nähe zuschauten und obwohl einige Dinge mehrmals wiederholt wurden, ein Teil der Geschehnisse unerklärlich geblieben; und diese Herren sind doch sämtlich wirklich recht geübte, kritische und einwandfreie Beobachter! Die Frage, wie kommen die Täuschungen zustande, soll im Laufe der Zeit genauer geprüft und beantwortet werden; desgleichen sollen Untersuchungen stattfinden betreffs der Wirkung von ein und derselben Vorstellung auf ein Publikum von verschiedener Intelligenz und von verschiedenem Alter und Geschlecht, sowie Untersuchungen anderer damit zusammenhängender Dinge. Um immer das dazu Nötige an der Hand zu haben, entschloß ich mich, meine große Sammlung von Zauberapparaten und dazu gehörigen anderen Sachen nach dem psychologischen Institut zu schaffen. Dieses hat Ende 1924 der Sammlung ein schönes Zimmer mit mehreren großen Schränken zur Verfügung gestellt. Wenn sich die Angelegenheit so weiter entwickelt, kann mit der Zeit aus dieser ersten Gründung in andern Händen leicht eine feste Position werden, die — als Teil der Psychologie der Wahrnehmung — die gesamte Psychologie der Täuschung zu untersuchen und zu lehren hätte. Ich sage absichtlich „in andern Händen"; denn, da ich selbst der medizinischen Fakultät angehöre, so betrachte ich mich in allen Dingen der reinen Psychologie nur als Anreger, Einführer und Helfer, aber nicht als den, der die Sache wirklich selbst ganz durchführen kann. Für mich selbst lege ich besonderes Gewicht auf das Lehren. Wissenschaftliche Untersuchungen allein werden in der Hauptsache immer nur in einem kleinen Kreis von Fachleuten Beachtung finden. Es soll aber die Materie zum allgemeinen Besten jedem zugänglich werden, der sich für sie interessiert, und zwar nicht wie bisher ausschließlich durch Bücher, sondern durch Kolleg, Seminar und Arbeitsgemeinschaft. Das würde einen großen Fortschritt bedeuten. Im Sommersemester 1925 haben Prof. Otto Klemm vom psychologischen Institut und ich selbst bereits mit Studierenden Übungen betreffs
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der Psychologie des Okkultismus abgehalten, die zumeist auch mit taschenspielerischen Demonstrationen verknüpft waren. Im Wintersemester 1925/26 werden wir diese Übungen fortsetzen, dabei aber das Taschenspiel noch mehr berücksichtigen. Was ich im Laufe der Jahre bisher teils allein, teils zusammen mit meinem Freund Professor 0. Frey vom Lehrerseminar betreffs der Psychologie des Taschenspiels ermittelt habe, ist im wesentlichen lediglich das Folgende: Erstens haben wir gefunden, daß bei Prüfungen von Volksschulkindern der obersten Klasse ein deutlicher Unterschied bestand im Erfassungsvermögen der Knaben und dem der Mädchen, und zweitens, daß es auch Erwachsenen nicht möglich ist, eine Vorstellung betreffs ihrer Einzelheiten genau im Gedächtnis zu behalten. Bittet man eine Anzahl von sonst urteilsfähigen Menschen um einen schriftlichen Bericht, so kann man sicher sein, daß von zwölf verschiedenen Personen zwölf verschiedene Berichte eingehen. Der mit der gesamten Magie aufs engste vertraute Schriftsteller Karl Willmann- Hamburg, der zugleich auch Gründer einer berühmten Werkstatt für magische Apparte war, hat schon viel früher genau die gleichen Erfahrungen gemacht, und ebenso die bekannten Engländer H o gson und Davey (siehe Proceedings of S. P. R., Bd. 4, London 1887). Ich habe bereits zu Anfang auf die Beziehungen des Taschenspiels zum Okkultismus hingewiesen; sie sind äußerst mannigfaltig, zunächst ganz im allgemeinen Man muß die hundert verschiedenen Tricks und den Fuchsbau der Irreführung genauest 'rennen, um durch gewisse Wunder eines angeblich echten, in Wirklichkeit aber nur künstlichen, betrügerischen Okkultismus nicht überrascht zu werden. Aber es gibt auch besondere Teile des Taschenspiels, die für den Okkultismus ganz spezifische Bedeutung haben; ich meine z. B. Fadenführungen verschiedener Art, sowie die Bildung von Knoten und Verknüpfungen an Schnüren, Stricken, Tüchern usw. Diese Sachen sind zum Teil äußerst kompliziert. Es soll sich nur niemand einbilden, daß man dies bloß mit dem gesunden Menschenverstand oder mit recht genauem Aufpassen richtig verstehen kann. Ja mir selbst ist es zum Teil nur schwer möglich, bei manchen dieser Dinge vollkommen klar zu begreifen, warum das schließliche Resultat so sein muß, wie es wirklich ist, das heißt, warum z. B. eine so und so gebildete Knotenmasse bei der oder jener bestimmten Behandlung sich zuletzt lösen muß, bei einer anderen Behandlung aber die Lösung nicht erfolgt, und dies, obgleich ich die Ausführung der Tricks nicht nur genau kenne, sondern diese auch selbst vorführen kann. Ich besitze eben das dafür nötige räumliche Vorstellungsvermögen nicht im genügenden Maße. Ich habe aber gesehen, daß es sehr vielen anderen Menschen genau so geht. Ich muß mir daher sagen, wenn ich selbst als Fachmann nicht einmal imstande bin, mir die Vorgänge stets ganz klar zu machen, um wie viel weniger wird es andern möglich sein, die ohne alle Vorkenntnisse an solche Sachen herantreten! Sind diese mit besonderen Umständen verknüpft (wie z. B. Anwesenheit eines berühmten Mediums), so ist man dann schnell geneigt, an echt okkultistische Kräfte zu glauben.
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Aber auch für ein anderes wichtiges Gebiet ist die Kenntnis des Taschenspiels und seine psychologische Durchforschung von großer Bedeutung; ich meine die Rechtspflege. Da sich, wie oben angedeutet, aus den bei taschenspielerischen Vorstellungen gewonnenen Erfahrungen ergibt, daß kein Mensch imstande ist, Vorgänge, die nur einigermaßen kompliziert sind, sowohl betreffs der einzelnen Bestandteile, als auch betreffs der zeitlichen Reihenfolge genau im Gedächtnis zu behalten. so darf man daraus wohl ganz im allgemeinen die Schlußfolgerung ziehen, daß man auch gewissen Zeugenaussagen vor Gericht nur einen beschränkten Wert beimessen darf. Ich sprach zuvor von der Schwierigkeit, die es bereitet, sich gewisse Vorgänge durch räumliche Analyse klarzumachen. Ich will im folgenden mehrere Beispiele davon geben; man kann sie leicht nachprüfen. Das erste betrifft einige sonderbare Erscheinungen an zerschnittenen Papierringen. Man verfertige zunächst einen Papierstreifen von etwa 1 in Länge und etwa 5 cm Breite. Klebt man beide Enden zusammen, ohne zuvor den Streifen um seine Längsachse zu drehen und schneidet dann den so entstandenen Ring seiner ganzen Länge nach in der Mitte mit einer Schere durch, so erhält man selbstverständlich zwei einzelne, von einander getrennte Ringe. Was entsteht aber, wenn man vor dem Zusammenkleben den Streifen in seiner Längsachse um 180 0 , resp. um 360° dreht? Wer das Experiment nicht kennt, wird kaum imstande sein, beide Fragen richtig zu beantworten und er wird sieh höehlichst wundern, wenn er es selbst vornimmt. Bei der Drehung um 180° entsteht nämlich ein doppelt so großer einfacher Ring, bei der Drehung um 360° entstehen aber zwei ineinanderhängende. Ich habe dieses Beispiel absichtlich gewählt, weil das überraschende Resultat ohne alle tasehenspielerischen Manipulationen ganz von selbst eintritt. Um wieviel mehr kann man aber in Erstaunen versetzt werden, wenn bei diesen oder ähnlichen Experimenten auch letztere noch im Spiele sind! Ein anderes kleines höchst interessantes Experiment, das die Schwierigkeit räumlicher Vorstellung ebenfalls dartut, betrifft eine Bindeproduktion. Seine Wirkung is am amüsantesten, wenn man es von zwei Personen ausführen läßt. die nichts von der Sache wissen. Zu diesem Behufe fesselt man mit einem starken Bindfaden die eine derselben an beiden Handgelenken, während dazwischen ein langes Stück des Fadens herunterhängt. Nun nimmt man einen anderen ebenso langen Faden, schlingt ihn um den ersten und bindet dann, wie zuvor die erste Person, so auch eine zweite an beiden Handgelenken. Die Personen 1 und 2 sind also durch eine Fadenschleife miteinander verbunden. Die Aufgabe lautet, diese Verbindung zu lösen, ohne die Faden zu zerschneiden, oder die Fesselung der Handgelenke irgendwie zu verändern. Man wird sehen, daß die zwei Personen, wenn sie nicht eingeweiht sind, stets damit beginnen, über die Faden hinwegzusteigen, oder unter ihnen durchzukriechen. Sie schaffen dadurch aber gerade das Gegenteil von dem Gewollten, nämlich nur eine um so festere Verbindung miteinander. Die einzige Möglichkeit, die Fadenschleifen der beiden Personen voneinander zu lösen, besteht in etwas ganz anderem. Man muß nämlich den Faden der einen Person anfassen und ihn in der Richtung vom Unterarm her unter der
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Fesselung des einen Handgelenks der anderen Person hindurchschieben. Ist dies geschehen, so genügt eine kleine Bewegung dieser Hand, um die Befreiung der zwei Personen voneinander zu bewirken. Auf diesem Prinzip beruhte z. B. eine der Bindeproduktionen der Gebrüder Davenp ort , die in den sechziger Jahren auch in Deutschland öffentliche Vorstellungen gaben. Ein anderer, von der gleichen Truppe und später auch von Cumberlan d öfters angewandter Trick benutzt die sog. Schiebeknoten. Das taschenspielerische Kunststück, mehrere Tücher miteinander zu verknüpfen und die Knoten dann ohne Berührung wieder zu lösen, beruht auf der Bildung von solchen Schiebeknoten. Ein richtig gebildeter Knoten wird nämlich dadurch verschiebbar, daß man ihn — wie der Ausdruck lautet — umzieht; man tut dies unter dem Vorwancle, ihn absichtlich noch fester zusammenzuziehen. Diese Knoten lassen sich bequem hin- und herschieben, was man jedoch dem Knoten nicht ansieht. jedes bessere Lehrbuch der Taschenspielkunst (von älteren deutschen sei vor allem genannt Willmanns „Moderne Salonmagie", Leipzig, Verlag von Spanier) gibt darüber genauere Auskunft. Solche und ähnliche Knotenbildungen und Bindeproduktionen, z. T. sehr komplizierter Art, wurden früher bei okkultistisch en Sitzungen, als Sicherung gegen Betrug. regelmäßig angewandt; die Umbindungen wurden sehr oft auch noch vernäht und versiegelt. Es hat sich aber gezeigt, daß auch die ausgeklügeltsten Vorkehrungen durch gewisse Tricks unwirksam zu machen sind. In okkultistischen Schriften findet man häufig merkwürdige Phänomene mit einer angeblichen Durchdringung der Stoffe erklärt. Man kann solche aber auch in natürlicher Weise durch taschenspielerische Kniffe hervorrufen. Man zeigt z. B. einen geschlossenen Ring in der Größe einer weiten Armspange. Darauf läßt man sich mit einer Schnur an beiden Handgelenken fesseln. Die Aufgabe ist, daß zuletzt der Ring an der Schnur hängen muß, ohne daß an den Fesselungen irgend etwas geschieht. So verblüffend die Wirkung erscheint, so einfach ist in Wirklichkeit die Ausführung. Während man sich umdreht, steckt man nämlich den gezeigten Ring in eine Rocktasche oder unter die Weste, zieht aber einen anderen, diesem gleichen, der, von dem Rockärmel verdeckt, über den einen Unterarm geschoben war, über die Schnur hinweg. Ein schwierigeres Kunststück besteht darin, daß der Vortragende, nachdem er, richtig gefesselt, in einem mit Vorhang versehenen spiritistischen Kabinett Platz genommen hat, seine Weste herauswirft, trotzdem aber nach Offnung des Kabinetts mit zugeknöpftem Rock und gänzlich unverletzten Fesselungen vorgefunden wird. Das einst berühmte Mülsener Medium Emil Schrap s zeigte dies öfters. gab es aber als echtes, durch Geisterhilfe bewirktes okkultistisches Phänomen aus. Um es vorführen zu können, muß man natürlich vor allem die Knoten- und Bindetechnik beherrschen. Englische Medien leisteten noch viel erstaunlicheres. Nach Wiederöffnung des Kabinetts fand man sie bei gänzlich unverändeter Bindung sogar mit umgewendeter Weste unter dem vollständig zugeknöpften Rock; sie konnten das Experiment auch nochmals wiederholen, selbst wenn ihnen einer •
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der Anwesenden seine eigene Weste zur Verfügung stellte. Aber auch hierfür wurde bald eine Erklärung gefunden; die dazu nötigen Griffe sind allerdings ziemlich kompliziert. Für unsere gegenwärtigen Betrachtungen ist das Experiment von Emil Schraps und das zuletzt genannte englischer Medien vor allem deswegen von Wert, weil es uns von neuem zeigt, wie schwierig es ist, gewisse Vorgänge räumlich zu begreifen, und zwar auch dann, wenn man das ihnen zugrunde liegende Geheimnis kennt. Wer sich für diesen Gegenstand besonders interessiert, dem ist vor allem zu raten, die Knotentechnik zu studieren, wie sie bei mehreren Gewerben seit langen Zeiten ausgeübt wird; in Betracht kommt besonders das Gewerbe der Zimmerer und Leineweber. Außerdem ist es aber auch sehr nützlich, behufs Übung im räumlichen Denken, sich mit den kleinen Spielen zu beschäftigen, die, zumeist aus Draht gebogen, als Vexier- oder Geduldspiele bekannt sind; man findet sie fast in jedem Spielbuche beschrieben und abgebildet, kann sie auch an allen größeren Plätzen in Spielwarenhandlungm und ähnlichen Geschäften käuflich haben. Als die den verschiedenen Fesselungsarten zugrunde liegenden Tricks in weiteren Kreisen bekannt wurden, nahm man mehr und mehr, davon Abstand; sie werden neuerdings bei okkultistischen Sitzungen nur noch selten angewandt. Daß sie aber hie und da doch noch auftauchen und daß auch heute noch selbst geschulte Beobachter durch sie getäuscht werden können, zeigt u. a. eine Veröffentlichung von Geh. Rat Prof. Dr. S o m iii e r, Direktor der psychiatrischen Universitätsklinik in Gießen („Zur Psychologie der Aussage über das Geisterhafte und Wunderbare", Deutsche med. Wochenschrift, Nr. 39, 1924). Während Sommer den Trick einer, irreführender Weise als echte Telepathie bezeichneten Demonstration ganz richtig erkannte, blieb ihm das einer einfachen Bindeproduktion zugrunde liegende Geheimnis zunächst unerschlossen, bis es ihm später von dem Vortragenden freiwillig erklärt wurde. (Schluß folgt in Heft 3.)
Über Exteriorisation der Sensibilität. Erinnerungen und Versuche. Von Dr. med. Franz Freudenberg, Elberfeld. Es zählt nach Jahrzehnten, als ich eines Tages von dem dirigierenden Arzt eines Dresdener Krankenhauses eingeladen wurde. einigen Experimenten beizuwohnen, die mit einem Insassen des Hauses vorgenommen werden sollten. Es war das ein junger Mann, anfangs der zwanziger Jahre, von Beruf Krankenpfleger. Die Versuche fanden in einem großen Saale der Anstalt statt. Anwesend waren etwa 8 Herren, meist Kollegen. Der junge Mann wurde durch wenige Längsstriche fast augenblicklich in Hypnose versetzt. Seine Augäpfel rollten sich nach oben, und er zeigte eine vollständige Empfindungslosigkeit gegen Nadelstiche u. dgl. Da-
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gegen erwies sich seine Sensibilität als enorm gesteigert, indem er durch die ganze Länge des rechtwinkeligen Saales hindurch bei fest verbundenen Augen unterscheiden konnte, ob man ihm eine warme Hand entgegenstrecke oder eine solche, mit der flüchtig eine kalte Fensterscheibe berührt worden war. Von den auf hypnotischer Leichtgläubigkeit beruhenden Experimenten, die im Verlauf der Sitzung mit der Vp. angestellt wurden, erwähne ich nur das eine, welches überdies spontan eintrat. Es war der Vp. gesagt worden, sie werde einen bestimmten Herrn, wenn dieser das Zimmer verließe, bei seinem Wiedereintritt nicht sehen können. Da dieser Herr nun, um sich zugleich dringender Geschäfte wegen von der Gesellschaft zu verabschieden, mit dem Zylinder auf dem Kopf wieder in den Saal trat, lachte der Hypnotisierte laut auf und schrie: „Herr Hofrat (Experimentator), da fliegt ja ein Zylinder in der Luft herum!" Doch nun zur eigentlichen Sache. Der Vp. wurde ein Paket Visitenkarten, etwa 100 Stück, in die Hand gegeben und von einer vorher auf der Rückseite leicht markierten Karte gesagt, daß sie eine Photographie Bismarcks sei. Die Vp. behielt sie einige Zeit in der Hand und bestätigte dann, immer mit festverbundenen Augen, daß sie Bismarck erkenne. Auf die Frage, ob es ganze Figur oder Kniesttick sei, erfolgte ein kurzes Besinnen. Darauf entschied sie: Kniestück. Die Karten wurden nun gemischt, ihr sodann zurückgegeben, einzeln von ihr betastet, bis sie die heimlich markierte Karte dem Experimentator als die Photographie bezeichnete. Es war das für mich das erste Mal, daß ich einer Exteriorisation der Sensibilität beiwohnte. Denn als solche wenigstens imponierte mir der Vorgang, indem ich annahm, daß die betreffende Karte von der Vp. mit einem Teile ihrer Nervenkraft verladen worden war, die sich ihr später hei der neuen Berührung wieder bemerklich machte. Ich lasse es dahingestellt, ob ich bei dieser naiven Deutung das Richtige traf oder nicht. Was war es denn, was die Vp. unter dem Einfluß der Suggestion auf die Karte warf? Ein imaginäres Bild. Aber dieses Bild war weder eine Selbsttäuschung, noch eine flüchtige Schöpfung, sondern vielmehr für die Vp. etwas Standhaltendes und zugleich Lebendiges, indem von ihm die Kraft ausging, sich ihr bei späterer Berührung wieder wahrnehmbar und erkennbar zu machen. Man wird einen derartigen Vorgang wohl verschieden zu deuten suchen, je nachdem man auf einem mehr mechanistischen oder psychistischen Standpunkt steht; seiner Rätselb aftigkeit ist er trotz unserer vorgeschrittenen Erkenntnis überzeugenderweise bis heute wohl noch nicht völlig entkleidet. Später lernte ich dann ähnliche Verladungen von Wasser durch sog. Magnetiseure kennen. Hierbei handelte es sich angeblich um die Ausscheidung von sog. Od aus dem menschlichen Organismus und die Übertragung desselben auf eine Portion Wasser, die dadurch ihre Eigenschaften insofern änderte, als ihr Geschmack sie für Sensitive, aber auch für
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Nichtsensitive kenntlich und so von anderem Wasser unterscheidbar machte. In wie weit bei diesen Verladungen die Sensibilität eine Rolle spielt, bleibe, wie gesagt, hier unentschieden. Jedenfalls ist eine solche Verladung, sei es einer Karte, sei es eines Glases Wasser mit irgendeiner vom menschlichen Wollen ausgehenden Beeindruckung nicht das, was wir seit Dr. Rochas Exteriorisation der Sensibilität nennen. Die von uns beobachteten Vorgänge könnten zu dieser höchstens einen Übergang bilden, oder wenigstens einen gewissen Zusammenhang mit ihr erkennen lassen. Denn indem die Vp., sei es spontan, sei es unter hypnotischem Einfluß, durch einen Willensakt auf einen Gegenstand ein Etwas überträgt, welches diesen nicht nur für sie selbst, sondern — wie im Falle des magnetisierten Wassers — auch für andere kenntlich macht, ohne daß der so behandelte Gegenstand eine äußerlich mit normalen Sinnen wahrnehmbare Veränderung erleidet, wird diesem Gegenstand eine Empfindbarkeit verliehen, welche vorher nicht bestand. Indes wird hierbei der beeindruckte Gegenstand nur passiv empfindbar gemacht, nicht selbst empfindlich. Das aber erst ist das, was de Roches l'exteriorisation de la sensibilite nennt. Und hierbei bedarf es nicht einmal eines bewußten oder unbewußten Willensaktes. De Rochas ermittelte, daß bei medialen Personen nach Einschläferung das Empfindungsvermögen spontan nach außen trete und zwar schichtweise abnehmend mit Entfernung von der Körperoberfläche. Ähnliche Beobachtungen wurden später von Durville, dessen Söhnen und anderen gemacht. Durville brachte dieselben mit dem hypothetischen Astralkörper in Zusammenhang. Als Mitglied der Societe metapsychique in Brüssel habe ich solchen Versuchen mehrfach beigewohnt, stets mit positivem Erfolg und unter guten Kontrollbedingungen. Der in tiefen Trance versetzten Vp. wurde bei aufwärtsgerollten, zudem noch durch Watte und Binde festverschlossenen Augen der Befehl erteilt, ihre Sensibilität nach außen treten zu lassen. Wir manipulierten hinter ihrem Rücken und stellten eine an den verschiedenen Tagen in gewissen Grenzen schwankende Empfindlichkeit bei Berührung fest. Gewöhnlich trat diese bei Berührung einer 6 cm von der Körperoberfläche entfernten Zone ein und nahm bei größerer Annäherung noch zu. Berührungen in weiteren Abständen lösten keine Empfindungen aus. Auch auf ein mit Wasser halbgefülltes Glas ließen wir nach Boiracs Vorgang Sensibiliät übertragen und stellten fest, daß Berührungen dieser Flüssigkeit, ohne daß die Vp. sie sehen konnte, von ihr empfunden wurden. Allen derartigen Experimenten aber fehlte die völlige Beweiskraft insofern, als Telepathie dabei ins Spiel kommen konnte. Es war daher ein glücklicher Gedanke Tischners, sog. unwissentliche Versuche anzustellen. Er klebte auf die Außenseite des Bodens dreier gleich aussehender Gläser eine Ziffer und ließ die Vp. eines dieser Gläser in die linke Hand nehmen. Die Fingerspitzen der rechten Hand wies er die Vp. an, 5 Minuten lang dicht über das Wasser zu halten, ohne dies selbst zu berühren. Zu-
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gleich gab er der Hypnotisierten den Befehl, in dieser Weise ihr Hautempfindungsvermögen auf das Wasser zu übertragen. Hierauf stellte T. hinter dem Rücken der Vp. die Gläser mehrfach durcheinander und beauftragte sodann eine Assistentin, der er Handschuhe zum Anziehen gab, um das behandelte Glas nicht etwa an der Wärme kenntlich zu machen, die Gläser weiterhin umzustellen, während er selbst den Rücken wandte. So wußte allerdings niemand, welches das beeindruckte Glas war. Und da die Vp. unter diesen Umständen bei Berührung des Wassers eines bestimmten Glases mit einer Pinzette regelmäßig Empfindungen zu haben angab, so war allerdings der Beweis einer Art von Sensibilitätsübertragung auf einen leblosen Gegenstand gelungen. Nun machte ich im verflossenen Spätherbst in einem Sanatorium zusammen mit einem Kurgast, der ein sehr eindrucksvoller Hypnotiseur war, an drei Abenden an drei weiblichen Angestellten der Anstalt hypnotische Versuche. Alle drei Damen fielen rasch in Hypnose und verrichteten in dieser die bekannten sensationellen Handlungen, zu denen sie sich wachbewußt nicht verstanden haben würden. Auch posthypnotischen Befehlen kamen sie ausgiebig nach. Als am übernächsten Abend eine zweite Sitzung stattfinden sollte, erschienen nur zwei von den dreien, da die eine, der erzählt worden war, was sie in der Hypnose für kuriose Dinge getrieben hatte, strikte. Die beiden erschienenen jungen Damen (beide den gebildeten Ständen angehörig) wies nun der Hypnotiseur, ein Anhänger der Mesmer'schenTheorie, nacheinander an, ihre Fingerspitzen 5 Minuten lang über eins von 4 etwa dreiviertel voll mit Wasser gefüllten Gläsern zu halten, um dieses, wie er den 5 Anwesenden und den in tiefer Hypnose befindlichen Vpp. sagte, mit Od zu füllen. Nun wurden die Gläser von ihm und den übrigen, vor und nach an den Tisch Herantretenden auf dem Tisch hin- und hergeschoben und verstellt, bis in jedem der beiden Fälle niemand mehr wußte, welches Glas behandelt worden war. Und nun kosteten die Anwesenden von den verschiedenen Gläsern und einigten sich dahin, daß eines derselben besonders erfrischend schmecke, während der Inhalt der anderen einen faden Geschmack habe. Da aber dieser Versuch in keiner Weise vorbereitet war und ohne Kontrolle stattfand, so blieb er natürlich bedeutungslos, ließ mich aber hoffen, daß bei unseren beiden Getreuen an einem dritten Abend auch ein korrekt nach der Tischnersehen Anordnung durchgeführtes Experiment gelingen werde. Zwei Tage später stellte ich dieses Experiment mit 4 markierten Gläsern an. Die Vpp. erhielten den Befehl, indem sie ihre Fingerspitzen über das Wasser eines der Gläser hielten, bestrebt zu sein, ihre Empfindungsfähigkeit auf dieses zu überirrtgen. Zu diesem Zweck wurden beide Vpp. nacheinander an den Tisch mit den Gläsern geführt und darauf geachtet, daß jede ein eigenes Glas beeindruckte. Das Experiment gelang bei beiden in überraschender Weise. überflüssig zu sagen, daß sich die Vpp. in tiefem Trance und mit festverbundenen Augen befanden. Mit einem stumpfen Instrumente machte nun der Versuchsleiter vorsichtige Stöße wahllos in den Inhalt der -
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Fr. Freudenberg.
Gläser, mit dem Erfolg, daß bei beiden Vpp. die Berührung je eines Glases Empfindungen hervorrief, die sie bald in diese, bald in jene Körperteile verlegten. Bei näherer Prüfung stellte sieh nun heraus, daß es bei beiden Vpp. nur das von je einer derselben beeindruckte Glas war, welches bei Berührung die betreffenden Empfindungen auslöste. Nur bei einer der beiden Damen kam eine einzige Fehlangabe vor, als ich die Oberfläche des Wassers in einem nicht von ihr behandelten Glase berührte und sie doch eine Empfindung zu haben glaubte. Es war dies wohl die Folge der Übermüdung und verschwand fast ganz gegenüber den voraufgegangen zahllosen richtigen Angaben. Der Versuch war ein vollständig unwissentlicher. Die Umstellung der Gläser erfolgte genau nach der strengen Tischnerschen Anordnung, vielleicht dadurch noch um so mehr gesichert, als die Person, welche die Umstellung der Gläser mit Handschuhen in einer dunkeln Ecke des Zimmers zu besorgen hatte, den Raum überhaupt erst betrat, nachdem seitens anderer Teilnehmer die Gläser bereits mehrfach umgestellt worden waren, so daß damals schon niemand die beeindruckten von den nichtbeeindruckten Gläsern zu unterscheiden imstande war. Nach dieser letzten Umstellung wurden die Gläser wieder auf den Fisch zurückgebracht. Während ich nun die Gläser, wie oben angegeben, berührte, befanden sich die Vpp. noch immer in tiefem Trance und standen, mir den Rücken zukehrend, abseits. Weder wußten sie, welches Glas ich berührte, noch auch, ob ich überhaupt eins berührte, da ich nicht bei jedem Stich fragte: „Fühlen Sie etwas?" Auch wohl so fragte, ohne in ein Glas einzustechen. Gerade daß ungefragt Berührungen angegeben wurden, hatte etwas vollkommen Überzeugendes. Was ist es nun, was von den beiden jungen Damen auf das Wasser übertragen wurde? An dem einen Abend waren sie angewiesen, ..0d" auszuscheiden, an dem andern ihr _Gefühl". Von Od hatte die eine der beiden nie etwas gehört, und beide hatten sicher keine irgendwie bestimmte Vorstellung davon. Noch ratloser aber standen sie dem anderen Befehl. ihr Hautempfindungsvermögen auf ein Glas Wasser zu übertragen, gegenüber, wenn sie gleich als gehorsame Hypnotisierte auf die Frage, ob sie verstanden hätten, was sie sollten, mit Ja antworteten. Was also wurde von ihnen auf das Wasser übertragen? Der Lösung dieses Rätsels kam unser Experiment freilich nicht näher. So viel aber geht aus ihm hervor, daß die Fähigkeit derartiger Sensibilitätsübertragungen doch wohl nicht so selten ist, wie man im allgemeinen bisher angenommen hat, denn unsere beiden Vpp. waren an Leib und Seele gesunde Menschenkinder. Nichts ließ uns ahnen, daß wir bei ihnen auf solche hervorragende „mediale" Begabungen stoßen sollten, und erst aus dem Spiel wurde ein wissenschaftliches Experiment in strenger Durchführung. Bietet sich aber der Forschung, wie ich daraufhin annehmen möchte, häufiger Gelegenheit zu solchen Versuchen, so dürfte wohl damit gerechnet werden, daß sich das gegenwärtige Dunkel allmählich lichtet.
Graf C. v. Klinckowstroem. Glossen zur Entlarvung Guziks in Krakau.
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Glossen zur Entlarvung Guziks in Krakau. Von
Graf Carl v. Klinckowstroem, München.
Das polnische Medium Jan G u z ik ist gelegentlich einer Sitzungsserie, die im Dezember 1924 von der Krakauer Metapsychischen Gesellschaft angestellt wurde, durch Blitzlichtaufnahmen des Betruges überführt worden. Ein interessanter und in vieler Hinsicht lehrreicher Bericht über diese Sitzungen ist von Ludwig Szczepanski in den „Psychischen Studien" 1925, S. 311 ff., veröffentlicht worden (mit 2 Abb. nach Blitzlichtaufnahmen). Guzik galt von jeher als Betrüger, auch Dr. v. Sehr e nckNotzin g bezeichnet ihn als routinierten Professionel, der von Sachkundigen nie ernst genommen worden sei. Erst eine längere Versuchsreihe Dr. Geleys in seinem Pariser Institut Maapsychique brachte ihn in okkultistischen Kreisen zur Anerkennung. In über 80 Sitzungen hat Guzik dort unter anscheinend strenger Kontrolle, freilich bei völligem Dunkel, allerhand Phänomene: Leuchterscheinungen, Fernbewegungen usw., produziert, und der von 34 gelehrten Teilnehmern unterzeichnete Schlußbericht wird von G eley als ein besonders wichtiges Datum in der Geschichte der metapsychischen Forschung bezeichnet 1 ). Eine sehr sorgfältige Prüfung des Mediums durch eine Sorbonne-Kommission im Dezember 1923 führte dann zum sicheren Nachweis betrügerischer Manipulationen Guziks, wobei die Art, wie er seine Beine der taktilen Kontrolle entzog, ganz genau festgestellt werden konnte (a. a. 0., S. 459 ff.). Zu den einfachen Phänomenen, die er hier zum besten gab, brauchte er die Hände nicht. Der Bericht S z cz ep anskis gibt über Guzik neue und interessante Aufschlüsse. Man glaubt in ihm, der sich meist schweigsam verhält, einen ganz einfachen Menschen vor sieh zu sehen. „Wenn man jedoch Gelegenheit hat, Guzik lange und genau zu beobachten, kommt man zu der Überzeugung, daß man ihn mit Unrecht für einen ganz unintelligenten Menschen gehalten hat. Er ist wohl ungebildet, besitzt aber einen sehr scharfen praktischen Verstand, versteht ausgezeichnet zu beobachten und kann sich wohl beherrschen, so daß er nie die Ruhe und Geistesgegenwart verliert. Beim Eintritt in das Zimmer schaut er sich stets genau um, pflegt auch unauffällig hinzuhorchen, wenn er bemerkt, daß einige der Anwesenden abseits etwas im Geheimen miteinander besprechen. Kurz, er ist durchaus nicht dieser schläfrige, indifferente, geistesabwesende Mensch, für den oberflächliche Beobachter ihn halten und als welchen er selbst wohl gelten möchte" (S. 313). Szczepanski beschreibt die von Geley angewendeten Kontrollmaßnahmen und fährt dann fort (S. 314): „Eine solche Kontrolle schien 1 ) Siehe das Kapitel über Guzik in dem Werk „Der physikalische Mediumismus" von Dr. v. Gulat-Wellenburg, Graf v Klinckowstroem und Dr. H. Rosenbusch. Berlin, Ullstein, 1925, 5. 457 ff.
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Graf C. v. Klinckowstroem.
vollkommen ausreichend und zuverlässig zu sein. War sie es auch tatsächlich? Wenn ich die Pariser Protokolle .... mit unseren Protokollen in Krakau vergleiche, die von vollkommen identischen Phänomenen berichten, kann ich mich gewisser Zweifel nicht erwehren". Er bedauert, daß G- eley nicht versuchte, photographische Aufnahmen zu machen. Von G- uziks Leuchterscheinungen, von denen übrigens der Bericht der 34 als offenbar nicht hinreichend zuverlässig beobachtet schweigt, behauptete Riehet, daß sie keinen Phosphor- oder Ozongeruch entwickelt hätten. Demgegenüber stellt Szczepanski fest (S. 315): „Ganz im Gegenteil, während der Lichterscheinungen bei Guzik wird gewöhnlich Ozon- oder Phosphorgeruch wahrgenommen, was Dr. Geley selbst .... ausdrücklich feststellte". Den Krakauer Metapsychikern ist es zum erstenmal gelungen, von Guzik die Erlaubnis zu photographischen Blitzlichtaufnahmen zu erhalten. „Wir wollten .. die objektive Gewißheit erlangen und zugleich versuchen, photographische Aufnahmen während der Sitzungen zu machen, da die photographische Kontrolle eigentlich als die einzig sichere betrachtet werden kann. Wir wollten Guzik nicht umkleiden und fesseln, was immer umständlich ist und oft störend wirkt; wir hielten die übliche Kontrolle der Hände und Füße des Mediums, ausgeübt durch ei fahrene Persönlichkeiten, für ausreichend — und meinten, Blitzlichtaufnahmen der eventuellen Erscheinungen würden uns hinlänglich bezüglich ihrer Resultate aufklären." „Die ersten Sitzungen, welche ohne photographische Apparate vorgenommen wurden, verliefen in ganz gewohnter Weise; es wurden telekinetische und Lichterscheinungen, nebelhafte materialisierte Köpfe usw. beobachtet. Die Kontrolle h at ni chts Verdächtiges wahrgenommen" (vom Referenten gesperrt). „In der sechsten Sitzung stellten wir vier photographische Apparate auf — und installierten einen Apparat zur elektrischen Entzündung des Magnesiums. Der Leitungsdraht vom Scheinwerfer endigte mit einer Birne, die hinter dem Medium in einer Entfernung von 60 bis 70 cm an der Wand angebracht wurde. Wir ersuchten das Medium. es möge bewirken, daß im gegebenen Augenblick das Phantom selbst durch einen Druck auf die Birne den elektrischen Strom einschalte und das Magnesium zur Entzündung bringe. Guzik erklärte sich damit einverstanden." G- uzik durfte also selbst den Moment der Exposition bestimmen. „Plötzlich riß ‚etwas' mit starker Kraft und starkem Geräusch die elektrische Leitung von der Wand, und nach einigen Minuten blitzte, in einem Augenblick, da vollständige Ruhe herrschte und kein Phantom sichtbar war, das Magnesiumlicht auf. Natürlich waren alle Anwesenden der Meinung, daß das Lieht durch die mediale Kraft entzündet wurde; man wunderte sich nur, daß dies in einem Moment erfolgte, in dem sonst gar nichts Jos war'. Bedenklicher wurde die Sache, als die entwickelten Platten und das Bild Guziks zeigten, wie er am Tisch saß, mit angelehntem Kopf, offenbar im Trance.
Glossen zur Entlarvung Guziks in Krakau.
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Und ganz deutlich war auf der Platte zu sehen, daß der von der Wand weggerissene Leitungsdraht zu seinem Sessel sieh hinzog und um seinen Ärmel sich windet ... Daraus konnte man wohl schließen, daß nicht durch mediale Kraft, nicht durch ein Phantom, aber durch Guzik selbst, der sich eine Hand irgenwie befreite, das Magnesiumlicht entzündet wurde. Auch die nächste Sitzung ergab daselbe Resultat ..". Die erhaltenen Photographien wurden Guzik nicht gezeigt. Die Krakauer Metapsychiker beschlossen nun, was sehr zu begrüßen ist, infolge dieser Betrugsindizien der Sache auf den Grund zu gehen. „Am dritten Tage wurde aber, ohne Wissen des Mediums, ein zweiter Zünder im Zimmer angebracht, und zwar gegenüber dem ersten. Die Seance war diesmal ganz ergiebig. Es gab viele Berührungen der Teilnehmer, Lichter flackerten herum, man sah ein nebelhaftes Phantom, das undeutliche Worte murmelte und sich zum Kontrolleur, der zur linken Seite Guziks saß (einem bekannten Maler, HerrnW.), wandte... In diesem Momente blitzte das Licht a u f. Aber es wurde nicht vom Phantom und nicht vom Medium, sondern von m i r entzündet -- und zwar im interessantesten Augenblick." Guzik zuckte zusammen, der Rest der Sitzung verlief ohne weitere Erscheinungen. Auch zwei weitere Sitzungen blieben vollkommen negativ. Die Apparate mußten auf Wunsch Guziks entfernt werden. Und das Ergebnis der Aufnahme? „Auf den photographischen Platten sah man auf dem Tisch vor Guzik nur drei Hände, anstatt vier. Die vierte Hand (die linke Hand Guzik s) war über den Tisch erhoben. Guzik hatte sich nämlich zweifellos seine linke Hand befreit. Wie war das möglich? Er hatte doch den kleinen Finger dieser Hand um den kleinen Finger der Hand seines linken Nachbars eingehängt! Nun, er hat eben den kleinen Finger freigemacht und seinem Nachbar den Daumen oder vielleicht den Zeigefinger seiner r echten, von einem anderen Herrn gehaltenen Hand gereicht. Offenbar ist Guzik in diesem Kunstgriff sehr gewandt und weiß ihn geschickt anzuwenden, wenn die Aufmerksamkeit des Beobachters durch verschiedene geheimnisvolle Vorgänge in der Seance abgelenkt ist. Dieses Kunststück ist übrigens gar nicht schwer nachzumachen. Wir versuchten es nachträglich selbst, und es zeigte sich, daß das bei Guzik übliche System der Handkontrolle Täuschungen leicht ermöglicht. Bei manchen Personen ermüden die Finger so, daß sie ziemlich gefühllos werden. Auch eine ziemlich große Erfahrung in medialen Sitzungen schützt gewisse Personen nicht v or Täuschungen (vom Referenten gesperrt). Herr W., der wohl vierzigmal schon mit Guzik saß, merkte es nicht, wie das Medium sich seine Hand befreite. Mit dieser freigewordenen linken Hand, resp. mit dem Arm, hatte Guzik den schwarzen Vorhang, der in einer Entfernung von 1 m seitwärts hing, emporgehoben, hatte sich mit dem Tuch die Hand umwickelt, deren Finger wohl mit einer phosphoreszierenden Pasta be-
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Graf C. v. Klinckowstroem.
strichen waren, und täuschte die Erscheinungen der Ektoplasmie und Materialisation vor. Die Worte, die wir dabei hörten, kamen (wie wir später feststellten) aus seinem Munde mit verstellter Stimme". Auch diesmal wurde das Ergebnis der Aufnahmen vor Guzik geheimgehalten, und nach Entfernung der Apparate konnten ihm in weiteren Sitzungen weitere betrügerische Tricks nachgewiesen werden. „Wir stellten u. a. fest, daß Guzik, wenn ihm die Hände festgehalten werden, die Berührungen mit dem Fuß ausführt, daß er Apporte vortäuscht, daß er mit dem Kopf (und mit dem Mund) manipuliert, kurz, daß er ein ziemlich geschickter Taschenspieler ist, der jede Gelegenheit zu benützen versteht". Am Schluß der Sitzungsserie wurden dann dem Medium die Aufnahmen gezeigt und ihm in freundschaftlicher Weise erklärt, was die Krakauer Gesellschaft von ihm halte. Nach anfänglichem Leugnen bequemte er sich schließlich zu dem Geständnis: „Nun ja, eh habe mir geholfen! Alle tun es ...". „Unsere Erfahrungen mit Guzik führen zum Schluß, daß er schon seit längerer Zeit schwindelte und einen großen Teil seiner scheinbar medialen Erscheinungen auf betrügerische Weise produzierte" (S. 319). Einen großen Teil? in der Tat ist Sz cz epanski der Ansieht, daß Guzik dennoch Euch echte Leistungen zu vollbringen imstande sei; er sei wahrscheinlich nur stark erschöpft. Wir begegnen also hier wieder der üblichen Logik der Okkultisten, die ein Phänomen so lange für echt halten, als es nicht als betrügerisch nachgewiesen ist.
Für jeden wissenschaftlichen Denkens Fähigen bedeutet nun das Verhalten der Krakauer Metapsychiker im Falle G- uzik eine Selbstverständlichkeit, die eigentlich einer besonderen Erwähnung nicht wert ist. Leider verhalten sich jedoch die Metapsychiker im allgemeinen anders. Wie die Erfahrung immer wieder lehrt, ist es in diesen Kreisen üblich, alle Versuchsbedingungen im Einvernehmen mit den Medien zu treffen und niemals etwas ohne Vorwissen derselben zu unternehmen. Die OkTtiltTsten haben sich daran gewöhnt, sich die Bedingungen von ihren Medien diktieren zu lassen und halten die Bedingungen der Medien für solche der Phänomene. Deshalb kommen sie bei ihren Forschungen auch nicht weiter. So wurden z. B. die Blitzlichtaufnahmen im Goligherkreise stets nur in einem Augenblick gemacht, den das Medium bzw. die „Operatoren" bestimmten. Meist nahm sich K at hle en Goligher sogar je 5 Minuten Zeit vor und nach der Aufnahme, um in völliger Dunkelheit die nötigen Arrangements zu treffen und sie nachher wieder zu entfernen. Das ist Prof. Cr a wf ord jahrelang nicht als verdächtig aufgefallen! Bei Eva C. war es nicht viel anders. Sie saß im Schutze des Kabinetts 'm1—lmtte Voile Freiheit, für den Augenblick der Exposition herzurichten was ihr 15elieNte. Nur einmal, als in der Sitzung vom -
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9. August 1912 v. Gulat-Wellenburg im richtig abgepaßten Moment das Kommando zum Entzünden des Blitzlichtes gab, hat sie das Pech gehabt, daß die Aufnahme neben dem „Phantomkopf" ihre führende Hand zeigte 1 ). Auch bei der bekannten Miveiraffäre-istihr ein Versehen_unterlaufen, und es bedeutet schon eine wahrlich sehr weitgelrnn1e7 Gutgläubigkeit seitens der Okkultisten, wenn sie diese so offenkundige Entlarvung durch den photographischen Apparat nicht als solche anerkennen wollen (a. a. 0., S. 350). Auch Guzik sollte in Krakau zunächst selbst den Augenblick der Aufnahme bestimmen, aber es wurde ihm zum Verhängnis, daß er sich nicht des Schutzes eines Kabinettes erfreuen konnte. Er hat sich wohl vorher nicht klar gemacht, welche Gefahr für ihn unter diesen Umständen der photographische Apparat bedeutete. Offenbar rechnete er auch nicht mit der eigenmächtigen Handlungsweise seiner Untersucher. Die Medien Willy und Rudi Schneider dürften recht gut wissen, warum sie Blitzlichtaufnahmen in ihren Sitzungen strikt verbieten. Vom Standpunkt der Betrugshypothese aus betrachtet — bzw. vom Standpunkt der Prävalenz der natürlichen Erklärungsmöglichkeiten — erscheint ein solches Verbot durchaus einleuchtend. Denn wenn die unentwegten Okkultisten vor dem geradezu entlarvenden Aspekt der photographierten „Teleplasmagebilde" einer Eva C. bisher noch die Augen verschließen konnten, so würde eine Blitzlichtaufnahme der telekinetischen Phänomene der Brüder Schneider gegebenenfalls die Betrugstechnik selbst aufdecken, wie das auch bei Guzik der Fall war. Als Willy Schneider noch Teleplasma produzierte, vor seiner Entlarvung in Braunau am 7. April 1920 (a. a. 0., S. 414 ff.), konnte er noch Aufnahmen gestatten, denn er wußte ja aus S chr en ck s Buch „Materialisationsphänomene", wie viel sich die Metapsychiker bieten lassen ohne stutzig zu werden. Es ist eigentümlich zu beobachten, daß die Metapsychiker eine Entlarvung ihrer Medien ebenso sehr scheuen wie diese selbst. Als gelegentlich der Münchener Sitzungen mit Eva C. im August 1912 die Betrugsindizien durch Entdeckung mehrerer Gruppen von Nadeleinstichlöchern im Kabinettvorhang an der Stelle, wo Phantomköpfe erschienen waren, so stark geworden waren, daß es Dr. v. G ula t gelang, dem Sitzungsleiter Dr. v. S chr en ck-Not zing das Einverständnis zu einem Zugriff in der folgenden Sitzung abzuringen (a. a. 0., S. 396 ff.), da sabotierte Sehr enck die geplante Entlarvung, die sogleich Klarheit gebracht hätte, indem er den Plan der Beschützerin des Mediums, Mad. Bis son, verriet. Dr. v. Gulat wurde daraufhin zu keiner Sitzung mehr zugezogen. Auch im Falle Willy Schneider hielt es Dr. v. -Sehr enck für richtig, die vom Verfasser dieses in seinem ersten Sitzungsbericht dargelegten Verdachtsmomente seinem Medium mitzuteilen und sogar im Verlaufe der nächsten Sitzung eine kleine Komödie aufzuführen, die den Zweck haben sollte, diese Verdachtsmomente als a. a. 0., S. 379/80. Zeitschrift für Okkultismus
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haltlos darzutun (a. a. 0., S. 428). Das gleiche naive Vertrauen zum Medium bekundete nach der Darstellung von Prof. Dr. Busch („Psychische Studien" Juni 1925, S. 335), der Gymnasialprofessor Chr. Schröder bei Frau Vollhart. Es handelte sich um vertrauliche Äußerungen Buschs über gewisse Verdachtsmomente, die er bei Frau V. beobachtet hatte. „Obwohl ich in keiner Weise gebunden war", schreibt Busch, „hatte ich nur einigen Herren vorwiegend okkulter Richtung und nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit Mitteilung gemacht, denn es war für jeden wissenschaftlich Denkenden klar, daß behufs ungestörter Weiterprüfung unter keinen Umständen das Medium etwas davon erfahren durfte. Ein Standpunkt, den selbstverständlich auch diese Herren teilten. Was aber tat Herr Schröder? Man sollte es nicht für möglich halten, bei jemand, der doch auch wissenschaftliche Vorbildung hat.Er teilte es schleunigst dem Medium mit. Er machte somit bewußt und absichtlich eine Nachprüfung unmöglich, trieb also die eindeutigste Verschleierungspolitik." Es kann jedenfalls nicht wundernehmen, daß die Medien mit solchen „Forschern" und „Sachverständigen" ein leichtes Spiel haben, und diese dürfen sich ihrerseits nicht wundern, wenn sie von der Wissenschaft nicht ernst genommen werden. Als solche fühlen sich aber die Metapsychiker, wenn sie eine Zeitlang mit einem oder mehreren Medien in dieser Weise gearbeitet haben, und dünken sich erhaben über die Kritik Unerfahrener. Hätten die Krakauer Herren nach dem üblichen Prinzip, das Medium vor Überraschungen zu sichern und nichts ohne sein Wissen vorzunehmen, gehandelt, so würde sicherlich seitens der Okkultisten auch weiterhin an die Allgemeinheit das Ansinnen gestellt werden, an die Echtheit der Guzik sehen Phänomene, wie sie Geley, Neumann und andere beschrieben haben, zu glauben. Es sei in diesem Zusammenbange auch an Eusapia Paladino erinnert, deren jetzt durchsichtige Betrugstechnik durch MetapsyeIker wie Lodge, Lombroso oder Riehet niemals enthüllt worden wäre. Glücklicherweise geriet sie im Laufe ihrer jahrzehntelangen Praxis auch in die Hände besserer Beobachter und wirklich sachkundiger Forscher, die ihr überlegen waren und ihre Bedingungen zu umgehen wußten, ohne daß sie es merkte: Hodgson, Krebs, Davis usw. (a. a. 0.. S. 230 ff.). Ehe nicht die mediumistische Forschung in die Hände dafür wirklich qualifizierter und mit der Materie vertrauter Fachgelehrter gelangt, die mit der psychologisch richtigen Behandlung der Medien eine wissenschaftlich zuverlässige Untersuchungsmethode zu verbinden wissen, wird eine Förderung dieser umstrittenen Fragen sowie ein Fortschritt im Sinne einer allgemeingültigen Sicherstellung der Versuchsergebnisse und einer Erkenntnis der Kausalzusammenhänge nicht zu erwarten sein. Es erübrigt noch, der Betrugstechnik Guziks einige Worte zu widmen. Man sollte es kaum glauben, daß Guzik mit einem so alten Trick wie dem der Handvertauschung, mit dem sieh jeder DurchschnittsMetapsychiker vertraut glaubt, noch Erfolg haben konnte. Daß dies aber
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der Fall war, ist besonders lehrreich. Die links neben Guzik sitzende Kontrollperson, der Maler W., wird von Szczepanski als erfahrener Metapsychiker bezeichnet, der in 40 Sitzungen neben Guzik saß. Und niemals hat er etwas von der Handsubstitution gemerkt! Wer wird den auf ihre Erfahrung pochenden Okkultisten noch glauben wollen, wenn sie behaupten, auf solche Tricks könnten sie nicht hereinfallen? Die Erfahrung lehrt immer wieder das Gegenteil. Die Okkultisten unterschätzen offenbar im allgemeinen die Schwierigkeiten der Beobachtung sowie der Überwachung eines gewandten Mediums unter den in mediumistischen Sitzungen üblichen Verhältnissen. Im 6. Kapitel des oben zitierten Werkes ist ausführlich dargelegt, wie beispielsweise Eusapia, die Meisterin in der Handvertauschung, ihre Untersucher, darunter auch tasc,henspielerisch ausgebildete und erfahrene Metapsychiker, immer wieder zu täuschen wußte. Das liegt durchaus nicht etwa immer an der Unfähigkeit der Beobachter. Dem menschlichen Beobachtungs - und Erkenntnisvermögen sind Grenzen gesetzt, die in der begrenzten Leistungsfähigkeit der Sinne begründet liegen. „S ehre n ck s Vertrauen in die Leichtigkeit der Sinneserkenntnis ist viel zu groß", sagt Rosenbusch (a. a. 0., S. 274) einmal im Zusammhang mit Schrencks Versuchen mit Stanislawa Tomczyk. „In seinem ganzen Buch findet sich auch bei den schwierigsten Feststellungen unter ungünstigsten Verhältnissen kein Wort des Zweifels an der Übereinstimmung seiner Angaben mit dem wirklichen Vorgang selbst. Daß nur die Unfähigkeit nicht imstande sein soll, dieses schwierige Gebiet wie einen ‚außerordentlich einfachen Trick zu durchschauen', widerspricht aller Erfahrung."
Zur Methodologie des Okkultismus. Von Dr. med. Rudolf Tischner, München. (Schluß) 1 ).
Nun ist allerdings in der Metapsychik insofern die Sachlage etwas anders als in den historischen Wissenschaften sonst, als in ihr der Betrug eine große Rolle spielt. Zwar kommen Fälschungen von Urkunden, Denk') Im ersten Teile meiner Arbeit, in Heft 1 dieser Zeitschrift, ging ich von der bekannten Unterscheidung der :naturwissenschaftlichen und der geisteswissenschaftlichen Methodik aus. Die erstere, übrigens nicht nur auf die Naturwissenschaften beschränkte Einstellung hat es auf Gesetze und Verallgemeinerungen abgesehen, der einzelne Fall interessiert sie meist gar nicht als solcher, 'lin so weniger, da in den experimentellen Naturwissenschaften ein Versuch, von dem berichtet wird, einfach von einem andern Forscher nachgeprüft werden kann. Das ist nun in den Geschichtswissenschaften, die es mit einmaligen, nicht wiederholbaren Ereignissen zu tun haben, nicht der Fall, hier muß das Ziel der Forschung genaue Einzelanalyse sein. Aus mehreren Gründen, besonders wegen Seltenheit der Medien, ist nun auch in der Metapsychik vielfach die historische Einstellung vonnöten. Ich fordere infolgedessen genaue Einzelanalyse und und zeige, daß bisher diese Forderung meist nicht erfüllt worden ist. R. Tischne r.
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R. Tischner.
würdigkeiten und sonstigen Berichten, also Betrug, auch in der Geschichte vor. Das gilt sowohl von der Weltgeschichte als auch von der Kirchengeschichte, und auch die Literaturgeschichte weiß bekanntlich von Fälschungen zu berichten. Aber man hat deshalb noch nicht alle Urkunden als gefälscht betrachtet, weil Betrug nicht selten ist. Über die Häufigkeit des Betrugs in der Metapsychik ist man noch geteilter Meinung, und ich will es ganz dahingestellt sein lassen, wie häufig er nun wirklich ist, jedenfalls ist er häufiger als die Fälschung von Urkunden. Das ist allerdings nur ein quantitativer Unterschied, der aber auf einem auch sonst so heiklen Gebiete mit Recht ins Gewicht fällt. Ich kann nun hier nicht die Frage des Betrugs der Medien in ihrer ganzen Breite aufrollen (vgl. meine Arbeit : „Der Betrug der Medien", Umschau 1924, Nr. 30, Wiederabdruck in den Psychischen Studien, 1924, Heft 11). Ich will hier nur auf einen dort nicht besprochenen Punkt eingehen, zumal er auch auf die Methodik der Versuche gewissen Einfluß hat. Studienrat Rudolf L am b er t hat in seiner kürzlich erschienenen Schrift „Die okkulten Tatsachen und die neuesten Medienentlarvungen" (Stuttgart, 1925) zum Vergleich mit Recht auf den Betrug der Schüler aufmerksam gemacht; es gäbe wohl keinen Schüler, der nicht gelegentlich einmal zu unerlaubten Hilfsmitteln gegriffen habe, daraus schließe man aber nicht, daß der Schüler im in er betrogen habe. Was würde man zu einem Lehrer sagen, der einen guten älteren Schüler bei einem Täuschungsversuch ertappte und nun erklärte, der Schüler habe stets betrogen und die früheren Lehrer seien alle blöd genug gewesen, das immer zu übersehen und einem Ignoranten gute Zeugnisse zu geben. Das wäre gewiß eine sehr voreilige Verallgemeinerung. Ich möchte nun diesen Vergleich mit dem Schüler weiter führen und fragen : Sind das nur zwei analoge Fälle des Betrügens oder liegt ihnen etwas Gemeinsames zugrunde, und finden wir vielleicht auch sonst noch Analogien oder vielmehr wesensähnliche Fälle in der Welt der normalen Erwachsenen? Ich möchte da auf die kleinen Betrügereien aufmerksam machen, die bei der Zollkontrolle von den Reisenden vielfach verübt werden. Oft spielt dabei gewiß nicht so sehr das Streben, einen kleinen Vermögensvorteil zu haben, eine Rolle als das Vergnügen, einer Kontrolle, der man sich unterwerfen muß, ein Schnippchen zu schlagen. Es gibt da Menschen, die mit hoher technischer Vollendung und Mühe alle möglichen Sachen durchschmuggeln und sich nachher über den Schwindel königlich freuen, ohne sich Rechenschaft abzulegen, was sie denn wirklich dabei an Geld gespart haben, dieser Gesichtspunkt steht vielfach durchaus im Hintergrund. Es bestätigt diese Tatsache nicht nur den alten Spruch „Nitimur in vetitum, semper cupimusque negata", sondern die Sache hat noch ihre besondere Färbung. Gegen diese unausweichliche Kontrolle wehrt sich das Freiheitsbewußtsein des Menschen und reagiert auf diese Weise mit Betrug. Ganz ähnlich liegt es auch bei dem Schülerbetrug, wobei ich nicht verkenne, daß andere, sehr reale Gründe auch eine Rolle spielen; aber auch bei den Schülern wiegt häufig das Bewußt-
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sein, den Lehrer hinter das Licht geführt zu haben, das andere, sich aus einer unangenehmen Lage befreit zu haben, durchaus auf. Mir scheint nun, auch bei den Medien spricht dieser Punkt mit, ohne daß ich auch hier die andern schon häufig erörterten Gründe übersehen will, und gerade je mißtrauischer, ich sage nicht „j e besser" — die Kontrolle ist, desto eher werden manche Medien der Versuchung unterliegen, der Kontrolle ein Schnippchen schlagen zu wollen. Der Skeptiker pflegt nun meist sein Mißtrauen unverhohlen zu zeigen und fordert dadurch gerade diese Reaktion des Mediums heraus, es ist das also neben manchem Anderen eine Ursache, warum der Skeptiker so oft schlechte Ergebnisse hat, ja direkt betrügerische Ergebnisse erzielt. Wenn ich diesen psychologischen Grund hier betone, so verkenne ich natürlich nicht, daß es daneben noch viele andere gibt, und übersehe besonders nicht, daß vielfach auch die lässige Kontrolle der Gutgläubigen Betrug hervorruft, der von diesen nur vielfach nicht als solcher erkannt wird. Für die Methodik folgt daraus, daß man gut tut, die Kontrolle nicht in unverkennbar mißtrauischer Einstellung gegen das Medium durchzuführen, sondern zu versuchen, dem Medium begreiflich zu machen, daß diese Kontrolle aus methodischen Gründen so sein muß, zumal um auch dem Außenstehenden das Gefühl der Sicherheit diesen Versuchen gegenüber zu geben. Diese vertrauensvolle Darlegung wird vielfach besser wirken — ohne jedoch gegen bewußten oder unbewußten Betrug zu sichern als das dem Medium unverhohlen entgegengebrachte Mißtrauen. Aus diesen methodologischen Erwägungen heraus muß man verlangen, daß die Metapsyehik deDselben Weg geht, den man in andern Wissenschaften mit stark historischem Einschlag schon längst beschritten hat: den der genauen Einzelanalyse des individuellen Falles, wobei es sich darum handelt, jedes einzelne Medium einzeln zu behandeln, anstatt zu sagen, alle Medien betrügen und sind deshalb der BeaCitung der Wissenschaft gar nicht wert. Und auch beim einzelnen Medium handelt es sich nicht darum, die einzelnen Sitzungen zu kritisieren, man muß vielmehr verlangen, daß jedes einzelne Phänomen auf seine Bedingungen, unter denen es sich ereignete, untersucht wird. Da das vielfach zu weit führen würde, muß man jedenfalls fordern, daß gerade die besten Versuche auf ihte Stichhaltigkeit untersucht werden. Und auch in der Bewertung muß man Unterscheidungen treffen, indem von „streng bewiesen" bis zu „betrügerisch hervorgebracht" oder „auf Sinnestäuschungen oder falscher Deutung beruhend" ein weiter Weg ist, der viele Stationen hat, wie „sehr wahrscheinlich echt", „zweifelhaft", „unerwiesen" u. dgl. Wer diese Forderung nicht erfüll,t sondern sich darauf beschränkt an Hand von schwachen Seiten der Versuche ein einseitiges Bild zu entwerfen, kann nicht als Forscher gewertet werden, er stellt sich damit auf den Standpunkt des Anwalts und des Tendenzhistorikers, deren Stellung in der Wahrheitsforschung wir oben kennen gelernt haben. Wenn ich hier die methodologische Forderung erhebe, daß der Forscher sich als Richter und nicht als Advokat fühlen und dementsprechend
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R. Tischner.
handeln sollte, so schließt das natürlich nicht aus, daß man im gegebenen Falle als Antwort auf eine gegnerische Arbeit nur die der Ansicht des Gegners widerstreitenden Punkte erwähnt oder diese wenigstens in den Vordergrund rückt, aber im allgemeinen muß man fordern, daß beide Seiten berücksichtigt werden, zumal in Darstellungen, die ein Gesamtbild eines Gegenstandes geben wollen. Ein paar Worte seien nun noch den para psychischen Phänomenen, soweit sie nicht oben schon besprochen wurden, und den spontanen Ereignissen gewidmet. Diese Experimente finden unter weniger verwickelten Bedingungen statt als die paraphysischen, insbesondere ist es leichter möglich — und es sollte auch immer geschehen — ein genaues Protokoll zu führen, so daß die historischen Quellen auch für eine spätere Kritik durchsichtiger und zuverlässiger sind als bei den paraphysischen Dunkelsitzungen. Insbesondere können „Hellsehversuche" d. h. Versuche, bei denen kein Anwesender oder überhaupt niemand um den in Frage stehenden Gegenstand weiß, so klar angelegt werden, daß auch der Außenstehende sich ein genaues Bild von den Versuchen machen und auf Grund des Berichtes zu einem Erteil kommen kann, falls man nicht den Forscher on vornherein für einen Betrüger halten will. Zumal wenn die Teilnehmer mehrfach wechseln, darf man auch den Einwand ausschließen, daß eine Konspiration eines Mitarbeiters mit dein Medium stattgefunden hat. Da ich hier im wesentlichen über die Methodologie und nicht die Methodik handle, kann ich auf Einzelheiten in bezug auf Anstellung der Versuche nicht eingehen. Immer handelt es sich darum, möglichst einwandfreies historisches Quellenmaterial zu liefern. Was nun die spontanen Ereignisse wie z. B. die Anmeldung Sterbender usw. angeht, so haben wir es mit rein historischem Material zu tun ; gerade bei ihm spielt die genaue Anwendung der historischen Methode eine große Rolle. Immer gilt es, die Glaubwürdigkeit der Berichterstatter und die Genauigkeit des Berichtes zu untersuchen. Hier spielen auch die Fehler der Berichterstatter und der Zeugenaussagen eine wesentlich größere Rolle als bei den Versuchen, denn es handelt sich dabei fast immer um spontane Ereignisse, die vielfach erst später aufgezeichnet und berichtet werden. Besonderer Wert ist auf den Bericht von zwei voneinander unabhängigen Zeugen zu legen, da gerade auf diesem Gebiete wegen des vielfach vorhandenen affektiven Momentes Erinnerungsfälschungen, Auto- und Fremdsuggestionen eine große Rolle spielen. Wir sahen oben, daß im Widerspruch mit der historischen Methodik die Forscher meist als ganz leichtsinnige Beobachter und kritiklose Untersucher hingestellt zu werden pflegen. Im Gegensatz dazu macht man aus ihren Gegenspielern, den Medien, Halbgötter an Klugheit, Menschenkenntnis und Geschicklichkeit. Durch diese unterschiedliche Behandlung tritt nun eine völlige Verzeichnung der tatsächlich bestehenden Verhältnisse ein. Die Gewichte sind so verschieden verteilt, daß es in der Tat dann nicht schwer fällt, alle Untersuchungen zu entwerten. Ge-
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wiß soll man den Gegner nicht unterschätzen, aber auch hier gilt es zu untersuchen, ob denn wirklich diese Voraussetzung, daß das Medium ein Taschenspieler von hohem Range ist, mit den Tatsachen durchweg übereinstimmt. Da macht man darauf aufmerksam, daß, je strenger die Kontrolle ist, desto weniger ergiebig die Phänomene zu sein pflegen. Dieser Einwand ist erstens noch nicht einmal richtig, und dann wäre zu untersuchen, ob die veränderte Versuchsbedingung nicht auch nach der Richtung wirken könne, daß eben die übernormalen Fähigkeiten auf irgend eine Weise behindert werden; auch hier vermißt man die genauere Analyse. Ich sagte eben, daß die Behauptung von der geringeren Ergiebigkeit der strengeren Sitzungen an Phänomenen nicht einmal ganz richtig sei; so betonen die skeptischen Untersucher von Eusapia Paladino B a g g all y, Feilding und Carrington ausdrücklich, daß gerade die Sitzungen mit besser er Beleuchtung mehr Phänomene gebracht hätten als die andern, in denen es dunkler war. Und bei den Gebrüdern Schneider sind auch unter strengen Bedingungen reichlich Phänomene aufgetreten. Außerdem ist es doch klar, daß es nicht angeht zu fordern, daß die Phänomene nicht durch Änderung der Bedingungen beeinflußt werden ; hier fordert der Skeptiker gerade das Wunder des bedingungslosen unveränderlichen Auftretens der Erscheinungen. Dabei werden diese Einflüsse z. T. psychischer Natur sein, z. T. physischer. Weiter sei noch kurz an das oben Gesagte erinnert, daß die Medien vielfach ein Phänomen anzeigen oder dasselbe Phänomen mehrfach hintereinander wiederholen, was ganz den taschenspielerischen Grundsätzen widerspricht. Ein Taschenspieler, der unter den Bedingungen der metapsychischen Sitzungen Positives leistet (Durchsuchung, Festhalten an Händen und Füßen, Leuchtbänder, ohne Helfeshelfer in fremden Räumen) muß erst gefunden werden. Auf die Henning sehen Mitteilungen gehe ich hier nicht ein, da sie so unklar sind, daß sie wohl für den Gegner der Metapsychik ein gefundenes Fressen, aber sonst in historischer Hinsieht völlig ungenügend sind, was Berichterstattung usw. angeht, so daß eine kritische Auseinandersetzung unmöglich ist. Endlich sollen hier noch einige Worte über diejenigen Forscher gesagt sein, die dem Okkultismus bej ah en d gegenüberstehen. Ich sagte oben, daß im Prinz ip mir deren Stellungnahme richtiger zu sein scheine ; das schließt natürlich nicht aus, daß im Einzelnen auch hier vielfach Fehler gemacht werden. Wer von den Erscheinungen überzeugt ist, wird naturgemäß dazu neigen, wenn er einem neuen Medium gegenübertritt oder neue Untersuchungen kennen lernt, die Echtheit in stärkerem Maße in das Bereich der Möglichkeit zu ziehen als der Skeptiker, der noch nicht überzeugt ist. Da liegen gewisse Gefahren, wenn man voreilig, weil man von andern Phänomenen überzeugt worden ist, auch jetzt von vornherein zugunsten der Phänomene gestimmt ist. Besonders was die historische Kritik anlangt, werden hier vielfach Fehler gemacht, indem die negativen Momente nicht so stark gewogen werden als die positiven und man die Betrugsmöglichkeiten, die Erinnerungsfehler und sonstigen Irr-
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tümer in der Berichterstattung und in der Deutung nicht genügend würdigt. Dasselbe gilt von den spontanen Ereignissen, auch hier finden wir nicht selten eine nicht genügende Beachtung der hier besonders in Betracht kommenden Punkte, wie Erinnerungsfälschung u. dgl. Auch der Anhänger sollte allem, was ihm an Okkultem begegnet, mit der Naivität des Neulings, der sich alle Möglichkeiten offenhält, gegenübertreten. Fehler finden wir also auf beiden Seiten, da völlige Objektivität uns Menschen nicht gegeben ist. Infolge der verschiedenen taktischen Lage der beiden Parteien findet aber leicht eine optische Täuschung statt, indem man die negativ Eingestellten, weil sie viel kritisieren, für wahrhaft kritisch hält. KQWEIV heißt „unterscheiden", es wird aber, wie wir sahen, vielfach nicht analysiert und geschieden, sondern alles in den großen Topf des Betrugs und Selbstbetrugs geworfen. Im Grunde ist das ebenso unkritisch wie das unbesehene Annehmen ; meist bleibt jedoch diese Art der Kritiklosigkeit unter der Oberfläche, da sie äußerlich im Gewande der Kritik auftritt. Mitunter aber tritt sie doch zutage, wenn sie sich ohne Quellenkritik auf historische Berichte stützt, weil sie ihr genehm sind, wie ich das kürzlich z. B. an einem Beispiel nachweisen konnte (s. Psych. Stud. 1925, S. 349). • Dieser Gesichtspunkt eines starken historischen Elements in der Metapsychik wirkt aber auch noch nach anderer Richtung klärend. Von einem historischen Ereignis verlangt niemand, daß er es, um von der Existenz überzeugt zu sein, selbst erlebt haben muß. Auch ohne daß man selbst dabei gewesen ist, ist man überzeugt, daß die Schlacht bei Leuthen wirklich stattfand und daß Wallensteins Ermordung keine Sage ist, wenn auch im einzelnen mehr oder weniger große Widersprüche in den einzelnen Berichten bestehen und auch die Darstellungen der Forscher nicht völlige Klärung bringen. Da nun die Metapsychik aus Mangel an Medien vielfach nach historischer Methode arbeiten muß, so kann nicht nur der Anspruch, erst davon überzeugt zu sein, wenn man es selbst gesehen hat, tatsächlich meist nicht erfüllt werden, sondern dieser Anspruch ist auch theoretisch aus methodologischen Gründen unberechtigt. Nur wer der menschlichen Autorität überhaupt die Gefolgschaft verweigert, wird darauf beharren wollen, alles selbst sehen zu müssen; er sei dann aber folgerichtig und kündige auch allen historischen Wissenselementen das Vertrauen ! Man hat neuerdings wieder die Forderung gestellt (5 omme r, Deutsche med. Wochenschr. 1921, Nr. 23), daß man zur Überzeugung von der Echtheit der Phänomene nur gelangen könne, wenn das Medium mechanisch gefesselt sei und alle seine Bewegungen automatisch registriert würden. Ich will durchaus nicht verkennen, daß das ein in mancher Hinsicht recht erwünschtes Ziel wäre, aber die entscheidende Bedeutung, die man dieser Methodik beilegt, kann ich ihr doch nicht zuerkennen. Bekanntlich war schon in früheren Jahrzehnten die mechanische Fesselung üblich, bis man erkannte, daß sie durchaus nicht so zuverlässig sei, wie man glaubte annehmen zu dürfen. Wenn man sie jetzt wieder einführen will, so be-
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deutet das also gar keinen prinzipiellen Fortschritt. Falls bei der S omm erschen Fesselung Phänomene, also sagen wir einmal Bewegungen eines Gegenstandes auftreten, so fragt es sich, waren diese Phänomene echt oder sind auch sie betrügerisch hervorgebracht. Von den verschiedenen Möglichkeiten erwähne ich zwei, um zu zeigen, daß auch bei dieser Methodik nicht das absolut sichere Ergebnis wie aus einem Automaten herausspringt, auch hier muß erst die Erörterung Klarheit schaffen. Wenn bei einer Sitzung mit S omm er scher Fesselung die Bewegung eines Gegenstandes eintritt und außerdem die gleichzeitige Bewegung einer Hand aufgezeichnet wird, so beweist das nicht, daß Betrug vorliegt, es könnte sich auch um eine konkomitierende Bewegung handeln, wie man sie öfter bei Medien wahrgenommen hat. Falls aber eine Bewegung des Gegenstandes eintritt und keine gleichzeitige Bewegung eines Gliedes aufgezeichnet worden ist, dann braucht das Phänomen trotzdem nicht echt zu sein, indem es dem Medium gelungen sein könnte, sich vorher — etwa während eines fingierten klonischen Krampfes — zu befreien, und mit der befreiten Gliedmaße die Bewegung betrügerisch hervorzubringen. Unter der ja gerade von den Gegnern so oft betonten Voraussetzung, daß keine mechanische Fesselung vor Betrug schützt, beweist also eine Bewegung, ohne daß sich gleichzeitig eine Kurve aufgezeichnet findet, nichts für die Echtheit des Phänomens. Noch ein anderer Punkt bedarf der Erörterung. Bei dieser historischen Bewertung eines historischen Eieignisses ist es natürlich besonders wichtig, daß die Zeugen, die darüber berichten, auch dazu geeignet sind, so daß ihrem Zeugnis auch Gewicht zukommt. Es ist also zu fordern, daß ihr Zeugnis hochwertig ist. Demnach ist es erwünscht, daß die Untersucher und Zeugen nicht nur die jeweils in Frage kommenden naturwissenschaftlichen Punkte kennen, wie z. B. bei Untersuchung auf den Ferromagnetismus eines Mediums die Lehre von der Elektrizität und dem 1V1agnetismus, sondern auch psychologisch geschult sind. Sie müssen sowohl das Medium als sehr heiklen Untersuchungsapparat, der zum Unterschiede zu andern Apparaten auch eine Seele mit all ihren Tücken (Betrug!) hat, kennen und berücksichtigen, als auch die Probleme der Beobachtungspsychologie und Zeugenaussage mit ihren zahlreichen Fehlerquellen kennen. Nur auf diese Weise wird man ein Material bekommen, das den Forderungen entspricht, die der Historiker an ein gutes Material zu stellen berechtigt ist. Vielfach wird die Auswahl der Zeugen nicht genügend unter diesem Gesichtspunkt vorgenommen, und dadurch die Untersuchung unnötig entwertet. Es genügt für den Zweck nicht, Doktor irgend einer Fakultät oder gar Professor zu sein, in Rücksicht auf die Metapsychik sind sie alle Dilettanten und Laien. Man muß von einen maßgebenden Urteil fordern, daß derjenige, der es abgibt, die Materie mit all ihren Schwierigkeiten nicht nur oberflächlich kennt, sondern auch selbst durchdacht hat und darin lebt, andernfalls wiegt es nicht viel. Zu Beginn zitierte ich eine Äußerung von Professor Z immer, der von sich selbst betont, daß er von den Berichten, die er gelesen habe, -
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nicht überzeugt worden sei, die Überzeugung von der Wirklichkeit der metapsychischen Phänomene habe ihm erst das persönliche Erleben gebracht. So sehr man einen derartigen Standpunkt psychologisch verständlich finden wird, so wird man doch diesen Ausspruch nicht zu einem methodologischen Prinzip erheben dürfen. Wenn es überhaupt möglich ist, Geschehenes auf Grund von Zeugenaussagen sicherzustellen, dann ist es auch im Bereich der metapsychischen Untersuchung möglich, und wenn man behauptet, es sei hier nicht möglich, dann fallen, wie schon oben erwähnt, auch zahlreiche auf Zeugenaussagen beruhende Urteile und Feststellungen, sei es nun in Wissenschaft oder Leben, in sich zusammen. Es muß aber betont werden, daß die positiv eingestellten Forscher sich ja nicht nur auf sinnliche Wahrnehmungen während der Sitzungen berufen, vielfach sind auch nachher noch wahrnehmbare und feststellbare Veränderungen vorhanden, indem etwa ein Gegenstand, der sich nach der Aussage von Zeugen nach einer Stelle hin bewegt hat, nach der Sitzung bei bester Beleuchtung und unter Verhältnissen, wo man Halluzinationen ausschließen kann, an diesem Ort gefunden wird. Im Anfang warf ich die Frage auf, welche Ansprüche an Untersuchungen zu stellen sind, die man als beweisend anerkennen muß, wo der Zweifel berechtigt sei, und wo die Zweifelsucht über das Ziel hinausschösse. Eine allgemeine Vorschrift ist da nicht zu geben, und es ist hier auch nicht der Ort. im einzelnen aufzuzählen, welche Untersuchungen man wohl als beweisend anerkennen muß. Ich habe versucht, in meiner „Geschichte der okkultistischen Forschung" an Hand des mir zugänglichen Materials diese Fragen zu beantworten. Da man keine scharfen Kriterien hat und auch von vornherein keine aufstellen kann, denn es kann auf tausend kleine Nebenumstände ankommen, so wird wohl mancher zu einem andern Ergebnis kommen. Immerhin scheint mir meine Beurteilung im großen Ganzen wohl der Wahrheit näher zu kommen, als die der negierenden Skeptiker, da, wie ich in dieser Arbeit gezeigt zu haben glaube, deren Vorgehen nicht den notwendigen methodologischen Forderungen entspricht, indem sie die historischen Berichte vielfach mit einer übertriebenen Zweifelsucht beurteilen. Mancher wird nun vielleicht fragen, was denn mit solchen rein theoretischen und methodologischen Erörterungen gewonnen sei, damit locke man keinen Hund hinter dem Ofen hervor, geschweige daß man die erbitterte Diskussion zwischen Anhängern und Gegnern dadurch irgendwie beeinflussen und in andere Bahnen lenken könne. Ich meine aber doch, daß auch solch rein theoretische Erörterungen ihren Wert haben. Es ist immer gut, über die theoretischen Grundlagen einer Wissenschaft ins klare zu kommen, und außerdem glaube ich doch, daß es keine ganz graue Theorie zu bleiben braucht; diese Überlegungen sind vielmehr imstande, die Brüchigkeit mancher Beweisführung zu zeigen, die ganz logisch aussehen mag, aber eben durch den Mangel einer historischen Einstellung und dadurch fehlende Individualisierung in der Kritik das Ziel gar nicht trifft. Jeder objektiv Denkende sollte demnach einsehen, .
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daß diese meist übliche Kritik wertlos ist und wir erst dann zu einer fruchtbringenden Erörterung gelangen, wenn die hier erhobene Forderung einer individualisierenden Kritik erfüllt ist, die die Gewichte zwischen Forscher und Medium richtig verteilt.
Verschiedenes. Die Frage des Hellsehens und der Telepathie im Bernburger Prozeß. Von Dr. Albert Hellwig, Potsdam. Vom 12. bis zum 17. Oktober d. J. hat gegen den Lehrer Dr o st in Bernburg vor dem dortigen großen Schöffengericht eine Hauptverhandlung wegen Betruges stattgefunden. Dr o st ist freigesprochen worden. Eine Entschädigung für unschuldig erlittene Untersuchungshaft — er hat fünf Monate in Untersuchungshaft gesessen — hat das Gericht ihm nicht zugebilligt. Daraus ergibt sich nach den maßgebenden gesetzlichen Bestimmungen, daß das Gericht nicht der Ansicht gewesen ist, daß das Verfahren die „Unschuld" des Angeklagten ergeben oder dargetan hat, daß ein „begründeter Verdacht" gegen ihn nicht vorliegt 1 ). Das Urteil ist rechtskräftig geworden. Es handelte sich in diesem Verfahren um die sog. Kriminaltelepathie. Dr ost hatte nämlich seit Jahren in sehr großem Umfange versucht, durch „hellsehende" Medien Verbrechen aufzuklären. Er hatte zweifellos mehrere auf den ersten Blick verblüffende Scheinerfolge aufzuweisen; dagegen ist in keinem einzigen der Fälle der Nachweis erbracht, daß die Medien von Dr ost tatsächlich auch durch ihre auf supranormalem Wege gewonnenen Kenntnisse irgendwie zur Aufklärung eines Verbrechens beigetragen haben. Die anscheinende Aufklärung eines Mordes durch D ro st begründete seinen Ruhm. Am 26. Februar 1921 wurde Anzeige erstattet, daß eine Frau He ese tot aufgefunden sei; es bestehe der Verdacht, daß ihr Mann sie erdrosselt habe. Eine Reihe von Einzelheiten, die nachher auch in den Aussagen des Mediums wiederkehren, waren schon vor der Sitzung mit dem Medium bekannt. Die 'Sitzung fand am 1. März 1921 statt. Ein eigentliches Protokoll über diese Sitzung, die am Tatort stattfand, besteht Eicht. Wir sind auf einen Bericht angewiesen, den der bei dem Versuch anwesende Polizeikommissar Hildebrandt am nächsten Tage erstattet hat. Wenn dieser Bericht zuverlässig wäre, so würde allerdings eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, daß die Angaben des Mediums auf Telepathie oder Hellsehen beruhten. Es wird ausdrücklich erklärt, weder Dr o st noch sein Medium seien informiert worden. Das trifft aber, wie sich in der Voruntersuchung gegen Dr o st ergeben hat, nicht zu, da zwar nicht Hilde br an dt sie informiert hatte, wohl aber sein Kollege Rössel, zum mindesten Dr o st. wahrscheinlich auch das Medium, die beide bei dem Schwiegervater Rössels, bei dem sie ihren ersten kriminaltelepathischen Versuch gemacht hatten, freundschaftlich verkehrten. Daß der Bericht Hildebr an dt s nicht zuverlässig ist, dafür spricht auch, daß nach einem am 5. März 1921 — also nach der Sitzung — in dein „Anhaltischen Generalanzeiger" erschienenen ausführlichen Aufsatz über den Verlauf der Sitzung, der offenbar auf Informationen von unterrichteter Seite zurückgeht, "das Medium „wohl an die fünfzig Fragen" beantwortet hat: ,.jedesmal, wenn ihm die Hellseherei nachi) Vgl, jetzt auch die Darstellung, die der Berichterstatter des Bernburger großen Schöffengerichts, Amtsgerichtsrat Dr. Ei s in g, in der Dezembernummer der „Deutschen Juristenzeitung" gibt.
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zulassen drohte, wurde es von Dr ost stets neu und mit Erfolg angefeuert." In dem Bericht Hildebr andts kommt dagegen in keiner Weise zum Ausdruck, daß Fragen an das Medium gestellt worden sind. In einer mir am 20. Februar 1924 von der Polizeiverwaltung Bernburg gemachten brieflichen Mitteilung, deren Grundlagen ich noch nicht habe nachprüfen können, heißt es: „Sobald das Medium eine falsche Angabe gemacht hatte, verbesserte es sieh." Das sind alles Tatsachen, die sicherlich geeignet sind, zur größten Vorsicht bei der Verwertung des Berichts von Hildebr andt über die Sitzung zu mahnen. Vor allein aber ist von Bedeutung, daß ich in meinem schriftlichen Gutachten nachgewiesen habe, daß schon die „Bernburgische Zeitung" vom 28. Februar 1921 einen ganz ausführlichen Bericht über den mutmaßlichen Verlauf der Mordtat gebracht hat, und zwar mit zahlreichen Einzelheiten, die dann in den Angaben des Mediums in der am nächsten Tage veranstalteten Sitzung wiederkehren. Keine einzige Angabe des Mediums ist derart, daß man aus ihr auch nur einen Wahrscheinlichkeitsschluß auf Hellsehen zu ziehen berechtigt wäre Der ganze Sachverhalt war vielmehr so, daß man, soweit nicht auf dem üblichen Wege schon \ or der Sitzung erworbene Kenntnisse vorliegen, auf Muskellesen schließen müßte. Dies :st auch die Auffassung Professor Dr. Heyses, die er in seinem Gutachten in der Hauptverhandlung zum Ausdruck gebracht hat. Der Fall ist im übrigen in der Hauptverhandlung nicht näher erörtert worden. Andererseits ist der Fall Heese auf den ersten Blick so verblüffend, daß es vollkommen zu verstehen ist, daß Dr ost die Angaben seines Mediums in diesem Falle als einen Beweis für Hellsehen angesehen hat. Ich habe deshalb auch stets betont, daß alles dafür spricht, daß Dr ost selbst in der ersten Zeit seiner kriminaltelepathischen Tätigkeit gutgläubig gewesen ist. Der Fall Heese hat auch den Anlaß gegeben, daß ich mich mit Dr ost beschäftigt habe. Ich war an die Polizeiverwaltung Bernburg herangetreten und hatte sie um Auskunft gebeten, ob der Bericht der "Täglichen Rundschau" über die Aufklärung des Mordes an Frau Reese durch ein Medium von Dr ost den Tatsachen entspreche. Am 26. Februar 1924 äußerte sich die Polizeiverwaltung Bernburg über diesen Fall in äußerst skeptischer Weise. Am 15. März 1924 schrieb ich an Dr ost folgendermaßen: „Es ist mir bekannt geworden, daß Sie glauben imstande zu sein, durch Hellsehen Straffälle aufklären zu können. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir nähere Mitteilungen machen würden, insbesondere mir Fälle angeben könnten, in denen Sie Ihrer -Überzeugung nach Erfolge erzielt haben. Es müßte sich aber um Fälle handeln, die ich nachprüfen kann. Deshalb wären mir solche Fälle von besonderem Wert, die nachher zur gerichtlichen Verhandlung gekommen sind. Ich will Ihnen offen sagen, daß ich nach meinen bisherigen Erfahrungen sehr skeptisch in dieser Frage bin, da ich bisher immer erlebt habe, daß es sich um Scheinerfolge handelt. Immerhin halte ich es nicht für ausgeschlossen, daß ich eines Tages noch zu einer anderen Überzeugung gelange. Ich würde mich jedenfalls nicht scheuen, wenn ich auf Grund sorgsamer Nachprüfung eines bestimmten Falles zur Überzeugung gelange, daß hier ein Hellsehen als erwiesen gelten muß, dieser 'Überzeugung auch öffentlich Ausdruck zu geben" 1 ). Ich bat dann noch um möglichst genaue Angaben, leihweise überlassung etwaigen 1 ) Das habe ich schon vor 10 Jahren erwiesen, als ich mich in meinem Buche über „Die Bedeutung des kriminellen Aberglaubens für die gerichtliche Medizin", Berlin 1914, S. 39 ff. entgegen den zur Vorsicht mahnenden Warnungen Geheimrat M oll s auf Grund des Berichts von Prof. Schotte li u s und auf Grund meines Aktenstudiums öffentlich für die hellseherischen Fähigkeiten von K ahn eingesetzt habe. Später ist Kahn, auch in der okkultistischen Literatur, in der Regel als ein Schwindler hingestellt worden. Neuerdings wird auf Grund von neuen Ve2suchen nachdrücklich wieder für seine supranormalen Fähigkeiten eingetreten. Vgl. Tischner in den „Psychischen Studien", Oktoberheft 1925.
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Materials und sagte, ich würde mich freuen, seine persönliche Bekanntschaft zu machen, wenn er einmal nach Berlin komme'). Eine Antwort habe ich auf diesen Brief nicht erhalten. Durch Schreiben vom 22.Apri11924 teilte mir die Bernburger Polizeiverwaltung zu meinem Erstaunen mit, daß Dr o st wegen seiner kriminaltelepathischen Schwindeleien verhaftet worden sei. Ich trat nunmehr erst mit der Staatsanwaltschaft in Verbindung, wies auf die großen Schwierigkeiten eines jeden derartigen Betrugsverfahrens hin, riet, nachdem nun einmal das Betrugsverfahren eingeleitet und Dr o st sogar verhaftet worden sei, das gesamte Material sorgsam nachzuprüfen, da sich dann wohl die zuverlässigen Unterlagen für eine sachgemäße Beurteilung der Sachlage ergeben würden. Ich gab dann noch aus meiner Erfahrung einige Winke für die anzustellenden Ermittlungen und erbot mich, wenn Versuche mit den Medien angestellt würden, auf meine Kosten nach Bernburg zu kommen, wenn sich dies dienstlich ermöglichen ließe. Ich habe dann Ende Mai und Anfang Juni 1924 derartigen Versuchen beigewohnt und bin erst dann, ohne daß ich das angeregt hätte, zum Sachverständigen ernannt worden. Ich habe dann mehrere umfangreiche schriftliche Gutachten erstattet und auch der Hauptverhandlung beigewohnt. Es war mir anfangs außerordentlich zweifelhaft, ob nicht Dr o st zum mindesten davon überzeugt gewesen sei, daß seine Medien imstande seien, durch Hellsehen Verbrechen aufzuklären, ich bin dann aber schließlich zu der überzeugung gelangt, daß Dr o st seit Jahr und Tag diesen Glauben nicht mehr gehabt haben könne. Ich bin also in die ganze Sache erst hineingekommen, als das Betrugsverfahren schon schwebte und als Professor Dr. He y s e, der Direktor der Bernburger Heil- und Pflegeanstalt, als Sachverständiger schon tätig war. -über die Frage der Gutgläubigkeit Dr o st s habe ich mich in meinem schriftlichen Gutachten auf ausdrücklichen Wunsch der Staatsanwaltschaft geäußert, wie dies in gleicher Weise auch Professor Heyse getan hat. Desgleichen haben wir und Dr. T i sehn er, der auf Wunsch Dr osts, den ich auf Anfrage warm unterstützt habe, schon in einem späteren Stadium der Voruntersuchung als dritter Sachverständiger hinzugezogen worden war, uns in der Hauptverhandlung über diese Frage auf aosdrücklichen Wunsch des Vorsitzenden geäußert. Auch Professor Dr. He yse war schon in seinem schriftlichen Gutachten im Endergebnis zu dem gleichen Ergebnis gelangt wie ich. Irgend einen Einfluß auf die Erhebung der Anklage habe ich selbstverständlich nicht ausgeübt. Dagegen ist es andererseits auch nur selbstverständlich, daß die Anklage sich auf unsere Gutachten, besonders auf mein ausführliches Gutachten, in welchem ich zu den einzelnen Fällen das gesamte damals vorhandene Material zusammengetragen und kritisch analysiert hatte, stützte”. Noch im Laufe der Hauptverhandlung wurde ich einmal schwankend, ob ich die Persönlichkeit Dr o sts richtig beurteilt habe; ich rechnete damals mit der Möglichkeit, daß ich mein Gutachten nach der subjektiven Seite hin werde zugunsten Dr o st s abändern müssen. Ich erklärte dem Staatsanwalt, ich werde ihm, wenn ich zu der überzeugung komme, daß ich nicht die bestimmte Überzeugung von der mangelnden Gutgläubigkeit Dr o st s gewinnen könne, sofort Mitteilung machen, damit dann, wenn das Gericht dies für zulässig und zweckmäßig halte, die Beweisaufnahme abgekürzt 1) Unter den vielen Märchen, die über mich verbreitet worden sind, ist auch das, ich habe mich heimtückisch an Drost herangemacht und habe dann seine Verhaftung veranlaßt. Vgl. schon Sc hr öder, „Pseudoentlarvungen", S. 739 f. auf Grund brieflicher Mitteilungen Dr ost s. So auch Otto -0 tto in Gegenwart Dr osts unter ausdrücklicher Bezugnahme auf meinen Brief in einem Vortrag, den er am 31. Oktober 1925 in Berlin gehalten hat. 2) Um ein- für alle allemal den entstellenden Preßberichten usw., die z. T. nachweisbar durch Dr ost und seinen Anhang beeinflußt worden sind, entgegenzutreten, habe ich hier die Vorgeschichte des Prozesses, soweit es sich um meine Beteiligung handelt, etwas ausführlicher geschildert.
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werden könnel). Durch den weiteren Verlauf der Verhandlung wurden meine Bedenken zerstreut. Ich habe daher nach Schluß der Hauptverhandlung mein Gutachten in genau dem gleichen Sinne abgegeben wie in der Voruntersuchung. Das Gleiche gilt für Professor Dr. He ys e. Dr. Tischner dagegen, der in seinem Schlußgutachten erklärte, er sei auf Grund der Ergebnisse der Voruntersuchung sehr skeptisch Dr ost gegenüber gewesen, hatte aus dem Ergebnis der Hauptverhandlung die tberzeugung gewonnen, daß Dr ost gutgläubig sei. Sowohl Professor Dr. He yse als auch Dr. Tischner und ich stimmen darin überein, daß in keinem einzigen der mehr als 40 Fälle, die in der Hauptverhandlung erörtert worden sind, in wissenschaftlich einwandfreier Weise der Beweis für Hellsehen oder auch nur für Telepathie geführt worden ist. Ich gebe zu, daß, wenn man Telepathie und Hellsehen überhaupt als schon erwiesene Tatsachen ansieht, dann allerdings bei einigen Angaben der Medien eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür sprechen könnte, daß diese Angaben durch Hellsehen oder durch telepathische Einfühlung gewonnen sein könnten. Im Gegensatz zu den beiden anderen Sachverständigen genügt mir aber diese Wahrscheinlichkeit nicht. Dies umsoweniger, als in einer ganzen Reihe von Fällen sich oft erst durch einen bloßen Zufall schließlich herausgestellt hat, daß sieh hier eine bestimmte Angabe des Mediums, bei der man mindestens mit gleicher Berechtigung auf supranormal erworbene Kenntnisse hätte schließen können, sich ungezwungen durch Information, durch eine nachweisbare Erinnerungsfälschung, durch ein nachweisbar falsches Protokoll usw. erklärte 2 ). Die Angaben, die Professor Dr. Heyse und Dr. Tischner als aller Wahrscheinlichkeit nach auf Telepathie oder auf Hellsehen zurückführbar bezeichneten, betrafen so gut wie ausschließlich solche Angaben der Medien, die kriminalistisch ohne irgendeine Bedeutung waren, so etwa Beschreibung einer gestohlenen Uhr oder Schilderung des Tatortes usw. Für die rechtliche Würdigung der Angaben der Medien war diese Tatsache in dem Betrugsverfahren von erheblicher Bedeutung. Vom psychologischen Standpunkt aus dagegen, der uns hier allein interessiert, ist es natürlich ganz gleichgültig, ob die betreffende Mitteilung des Mediums kriminalistisch verwertbar war oder nicht. Es ist mir natürlich nicht möglich, auf den wenigen Seiten, die mir zur Verfügung stehen, auch nur einen einzigen Fall in allen seinen in Betracht kommenden wesentlichen Einzelheiten zu schildern. Dafür ist die Sachlage zu kompliziert. Ich werde aber selbstverständlich das auch psychologisch außerordentlich interessante Material, das der Prozeß geboten hat, nach und nach verarbeiten und hoffe, den einen oder anderen Fall auch in einem der nächsten Hefte unserer Zeitschrift darstellen zu können. Ich will mich für heute im wesentlichen damit begnügen, einige allgemeine Gesichtspunkte hervorzuheben. Was zunächst die Terminologie betrifft, so haben wir uns in der Hauptverhandlung auf meine Anregung hin aus rein praktischen Erwägungen heraus dahin geeinigt, daß wir als „Hellsehen" nicht nur diejenigen auf supranormalem Wege erlangten Erkenntnisse bezeichnen wollten, die überhaupt keinem zur Zeit lebenden Menschen bekannt waren, sondern auch diejenigen, die nur keinem der bei dem Versuche anwesenden Personen bekannt waren. Der Begriff der Telepathie wurde also auf die sog. Nahtelepathie eingeschränkt, während wir die Ferntelepathie mit zum Hellsehen rechneten. 1) Als Richter weiß ich ans Erfahrung, daß das vorläufige Urteil, das man sieh aus dem Studium der Akten bildet, sich nicht selten durch die Ergebnisse der Hauptverhandlung ändert. In Erfurt ist eine Chiromantin auf Grund meines Gutachtens freigesprochen worden. In meinem schriftlichen Gutachten hatte ich mich skeptischer über ihre Gutgläubigkeit ausgesprochen. 2) Über die Stellungnahme von Professor Dr. Heyse, Dr. Tischner und mir vgl. ferner Hellwig, „Psychologische Bemerkungen zu dem Bernburger Hellseherprozeß" („Deutsche medizinische Wochenschrift" 1925, Nr. 45).
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Ein Fall von Hellsehen im engeren Sinne kam meines Wissens überhaupt nicht in Frage. Dagegen haben die beiden anderen Sachverständigen mehrfach geglaubt, einzelne Angaben der Medien auf Hellsehen in jenem weiteren Sinn, also auf Ferntelepathie, zurückführen zu sollen. Wie unübersichtlich die Verhältnisse waren, mag folgendes Beispiel zeigen. Im Jahre 1922 wurde auf dem Bahnhof in Magdeburg ein Bahnbeamter erschossen. Der Zeuge Gr an t z gab bei seiner am 2. Juni 1924 vor dem Amtsgericht in Bernburg erfolgten Vernehmung an, er habe Dr ost über die Auffindung informiert, so gut er es gekonnt habe. Die erste Sitzung, die in der Wohnung von Dr ost in Bernburg stattgefunden habe, sei von Dr ost nach einer Stunde abgebrochen worden, weil das Medium ermüdet sei und nichts herausgebracht habe. Die zweite Sitzung habe in Magdeburg stattgefunden. Auch hier habe das Medium „im wesentlichen" nur das gesagt, was ihnen schon bekannt gewesen sei und worüber Dr ost im großen und ganzen informiert gewesen sei. Als Täter habe das Medium zwei Brüder Br aß angegeben. Die Personalien habe das Medium „ziemlich genau' beschrieben. Es habe die Orte Duisburg und Recklinghausen genannt. Er sei nun hingefahren und habe dort zufällig in der Zeitung gelesen, daß die beiden Brüder Br aß in Marl gefaßt worden seien. In Marl habe er erfahren, daß die beiden Brüder wegen 20 Mordtaten verfolgt würden. Von den beiden Brüdern sei der eine erschossen worden, der andere habe sich aufgehängt. Den Erschossenen habe er gesehen; auf ihn habe die Beschreibung des Mediums „auffallend" gepaßt. Trotzdem glaube er nicht, daß das Medium habe hellsehen können, sondern nehme an, Dr ost werde über das Mörderpaar schon irgend etwas gelesen haben. Inwiefern die Personalbeschreibung „ziemlich genau" gewesen sei, welche Einzelheiten das Medium angegeben habe, darüber konnte der Zeuge in der Hauptverhandlung Angaben nicht machen. Er erwähnte aber, daß ihn ganz besonders frappiert habe, daß das Medium von einem „Doppelrock" gesprochen habe und daß der Erschossene tatsächlich zwei Jacken übereinander getragen habe. Nimmt man einmal an. die Angaben des Zeugen seien zuverlässig und die Brüder Braß hätten tatsächlich auch den Mord in Magdeburg verübt und das Medium habe vorher auf keinerlei Weise davon erfahren können, daß der eine der Brüder einen Doppelrock trage, so würde es sich allerdings um einen Fall von „Hellsehen" handeln, denn keiner der bei dem Versuch Anwesenden wußte ja, daß die Mörder Br aß die Täter seien und daß der eine von ihnen einen Doppelrock trage. Ich halte es aber methodisch für durchaus unzulässig, in solchen Fällen auch nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen Fall von Hellsehen anzunehmen. Zunächst ist in keiner Weise festgestellt oder auch nur wahrscheinlich, daß die Brüder Br aß tatsächlich den Mord, der aufgeklärt werden sollte, begangen haben. Ferner ist es unzulässig, auf Grund einer wenigstens zwei Jahre nach der Sitzung gemachten Zeugenaussage bestimmte Angaben des Mediums als einwandfrei festgestellt zu betrachten. Die Behauptung des Zeugen, daß die Beschreibung „ganz genau" gestimmt habe, wird man deshalb skeptisch betrachten müssen. Es ist überdies auch eine jedem Kriminalisten bekannte Tatsache, daß auf Grund der Beschreibung von Vermißten oder Verunglückten sich zahlreiche Personen zu melden pflegen, die der Überzeugung sind, daß die Beschreibung auf ihnen bekannte Personen zutrifft, während dies ‚doch nicht der Fall ist, ja daß nach Photographien in zahlreichen Fällen falsche Wiederverkennungen erfolgen und (laß Leichen, ja Lebende, die in Wirklichkeit ganz anders aussehen als der Vermißte, trotzdem gutgläubig mit Bestimmtheit wiedererkannt werdenn. Man kann 1 ) Reiß, „Fausse ou non-reconnaissance par les tümoins d'individus vivants morts" („Archives d'anthropologie criminelle", Bd. 25, S. 473 ff.); Hellwig, „Einige merkwürdige Fälle von Irrtum über die Identität von Sachen oder Personen" („Archiv für Kriminalanthropologie", Bd. 27, 5. 352 ff.); Go rph e, „La critique du tümoignage", Paris 1924, S. 391 ff.; Altavilla, „La psicologia giudiziaria", Turin 1925, S. 356 ff.
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daraus entnehmen, wie wenig auf die Angabe eines Zeugen zu geben ist, daß eine Beschreibung auf eine bestimmte Person genau zugetroffen habe, es sei denn, daß tatsächlich ganz eindeutige Besonderheiten angegeben waren, die dann auch tatsächlich zugetroffen haben. Lehrreich ist in dieser Hinsicht auch der Fall des Heidelberger Bürgermeistermordes, bei dem eine Frankfurter Hellseherin zwei Beschreibungen gegeben hatte, einmal eine solche des Ortes, an dem die Leichen der ermordeten Bürgermeister liegen sollten, und dann des Wohnhauses des Täters. Der Untersuchungsrichter hat mir seinerzeit mitgeteilt, die Angaben über den Fundort der Leichen hätten zwar nur zum Teil zugetroffen, die Beschreibung des Wohnhauses des Täters dagegen sei zutreffend gewesen. Trotzdem hier also der Untersuchungsrichter glaubte, nach der Beschreibung, die die Hellseherin gegeben hatte, das Haus identifizieren zu können, erklärte die Hellseherin selbst, als sie später das Haus besichtigte, so habe das Haus nicht ausgesehen, das sie in ihrem Gesicht geschaut habet). Andererseits kann man hier nicht annehmen, daß alles, was der Zeuge über angebliche Angaben des Mediums macht, unzuverlässig ist, auch nicht, soweit es sich erst um in der Hauptverhandlung, also nach mehr als drei Jahren, gemachte Bekundungen handelt. Wenn er nach Duisburg und Recklinghausen auf Grund der Angaben des Mediums gefahren ist, so wird man annehmen müssen, daß das Medium diese beiden Orte auch genannt habe. Ob die Brüder Br aß in diesen beiden Städten gewesen sind, kann aber wieder nicht als festgestellt angesehen werden. • Daß der eine Bruder einen Doppelrock trug, ist auch eine so eigenartige Bekundung, daß man es kaum für möglich halten möchte, daß ein Zeuge sich darüber irren kann. Für ganz unmöglich wird man allerdings selbst einen so krassen Irrtum nicht halten können, wenn man an einen anderen Fall denkt, der auch in Bernburg verhandelt worden ist. Ein durchaus skeptischer Sanitätsrat bekundete nämlich als Zeuge, daß die Angaben des Mediums in der Hauptsache zwar nicht zugetroffen hätten, doch seien immerhin einige Angaben „merkwürdig" gewesen. Sc insbesondere, daß ihn erst das Medium darauf aufmerksam gemacht habe, daß ihm auch ein Scheckbuch gestohlen worden sei. Er sei dann an seinen Schreibtisch gegangen, habe festgestellt, daß ihm das Sci -,eckbuch tatsächlich gestohlen worden sei. Auch hier sollte man einen Irrtum für fast undenkbar halten. Und doch kann man dem Zeugen einwandfrei nachweisen, das er sich geirrt hat. Bei seiner schon 19 Tage vor der Vernehmung des Mediums erstatteten Anzeige hat er selbst nämlich unter den gestohlenen Sachen auch das Scheckbuch mit angeführt'). Aber auch wenn wir einmal annehmen, das Medium habe tatsächlich den später Erschossenen richtig beschrieben, es habe auch richtig angegeben, er trage einen Doppelrock: Auch dann ist noch in keiner Weise Hellsehen erwiesen. Daß von einem wegen zwanzig angeblicher Mordtaten verfolgten Brüderpaar schon in den Zeitungen gestanden haben wird, läßt sich mit Bestimmtheit sagen. Es ist auch auf jeden Fall mit der Möglichkeit zu rechnen, daß das Medium davon schon gelesen hatte. Und auch die Möglichkeit is+ nicht von der Hand zu weisen, daß als besonderes Kennzeichen des einen in der Zeitung schon geschildert war, daß er einen Doppelrock zu tragen pflegen). 1) Hellwig, „Okkultismus und Strafrechtspflege", Bern und Leipzig 1924, • S. 59, 71 f. 2) Einen tragischen Fall, in dem die Aussagen des Mediums von Dr o st dem festgestellten Sachverhalt nach als mit größter Wahrscheinlichkeit zutreffend angesehen werden mußten, obgleich sie in Wirklichkeit durchaus falsch und verhängnisvoll irreführend waren, habe ich kürzlich dargestellt. Vgl. Hellwig, „Die Gemeingefährlichkeit der Kriminaltelepathie" („Die Polizei", Jahrg. 22, Nr. 16, S. 449 ff.). 3 ) Interessant ist, daß der in der Voruntersuchung anscheinend noch recht skeptische Zeuge in der Hauptverhandlung seine Aussage so gemacht hat, daß man aus
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Ich könnte es nicht verantworten, auf so unsicheres Material hin es auch nur als wahrscheinlich zu bezeichnen, daß hier ein Fall von „Hellsehen" vorliege. Man kann in keinem einzigen der erörterten Fälle mit hinreichender Verläßlichkeit feststellen, was das Medium tatsächlich gesagt hat, geschweige denn, was es an Informationen vor der Sitzung und während der Sitzung erfahren hat. Und selbst wenn man das wüßte, dann bliebe immer noch die gleichfalls nicht leicht zu lösende Aufgabe übrig, einwandfrei die oft mehrdeutigen oder richtiger vieldeutigen Angaben zu deuten. Solange nicht Telepathie und Hellsehen auf Grund von einer größeren Anzahl zweifellos exakter Versuche als einwandfrei festgestellt angesehen werden können, darf man sich meines Erachtens auch in Fällen wie den hier erörterten nicht damit begnügen, bloße Wahrscheinlichkeiten als Gewißheiten zu behandeln. Handelt man anders, so stützt man eine unsichere allgemeine Hypothese scheinbar dadurch, daß man Einzelfälle, die gleichfalls nicht exakt erwiesen sind, als erwiesen behandelt. Ich kann mich hier nicht so nebenbei mit den von anderem Gesichtspunkt aus ausgehenden methodologischen Erörterungen B a er w al d s 1 ), Mat tie ssens 2 ) und Tis lin er s 2) auseinandersetzen. Das muß einer späteren Gelegenheit vorbehalten bleiben. Nur das eine möchte ich noch sagen. In seinem Bernburger Gutachten meinte T i sehn er, ich negiere mich selbst, da meine Skepsis dazu führe, daß man auch vor Gericht sich auf die Zeugenaussagen nicht verlassen könne, weil man sonst stets in Gefahr sei, einen Justizirrtum zu begehen). Nun bin ich der letzte, der die Gefahr eines Justizirrtums unterschätz -0); ich bin mir auch als Richter im Grunde bei jeder einzelnen Verurteilung dessen bewußt, daß wir uns auch irren können. Wenn ich mir trotzdem die Wahrscheinlichkeit, über die wir hier nie hinauskommena), genügen lasse, so geschieht dies aus dem sehr einfachen Grunde, daß die Strafrechtspflege eine Aufgabe des praktischen Lebens ist, die im Interesse der Allgemeinheit gelöst werden muß, so gut und so schlecht, wie es eben praktisch möglich ist. Dagegen handelt es sich bei der Untersuchung okkultistischer Probleme, insbesondere der Telepathie und des Hellsehens, um eine wissenschaftliche Frage, deren Beantwortung zwar außerordentlich erwünscht, aber keineswegs lebensnotwendig ist. Daher läßt es sieh sehr wohl vereinbaren, wenn man sich als Organ der Rechtspflege mit der bloßen Wahrscheinlichkeit genügen läßt, die man auf Grund der Aussagen von Zeugen erhalten kann, nicht dagegen, wenn man als wissenschaftlicher Forscher auf so dunklem und bestrittenem Gebiet wie dem des Okkultismus tätig ist. ihr wohl entnehmen mußte, daß er dazu neige, Hellsehen als erwiesen anzusehen. Es dürfte das vermutlich einer der Fälle sein, in denen es sich um die Suggestivwirkung der entstellenden und suggerierenden Zeitungsberichte handelt. Vgl. darüber v. S ehren ckN o tzing, „Kriminalpsychologische und psychopathologische Studien", Leipzig 1902, S. 115 ff.; Seile, „Zur Psychologie der cause c6läbre", Berlin 1910; Hellwig, „Justiz und Presse" („Archiv für Kriminalanthropologie", Bd. 58, S. 193 ff.). 1) Bär w ald, „Die intellektuellen Phänomene" (D e ssoir, _Der Okkultismus in Urkunden", Bd. II, Berlin 1925), S. 155 fr. 2) Matti e s s e n, „Der jenseitige Mensch", Berlin 1925, S. 362 ff. 2) Tischner, in dieser Zeitschrift, S. 30 ff. 4 ) a. a. 0., S. 40. 2 ) S e 110, „Die Irrtümer der Strafjustiz »und ihre Ursachen", Berlin 1911; Als b er g, „Justizirrtum und Wiederaufnahme", Berlin 1913; Hellwig, „Justizirrtümer", Minden i. W. 1914. 6 ) Hellwig, „Wahrheit und Wahrscheinlichkeit im Strafverfahren" („Der Gerichtssaal", Bd. 88, S. 417 ff.).
Zeitschrift ftir Okkultismus I.
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Zeitschriftenreferate. Offener Brief an Herrn Dr. R. Baerwald. München, den 2. Oktober 1925. Sehr geehrter Herr Doktor!
Sie teilten mir vor nicht langer Zeit mit, daß einige okkultistische Forscher eine Propaganda gegen die vorliegende Zeitschrift eingeleitet haben, mit dem Erfolg, daß eine Reihe von Okkultisten, die ihre Mitarbeit zugesagt hatten, daraufhin ihre Einwilligung mit Entrüstung wieder zurückgezogen hätten. Zu den Gründen, mit denen diese Agitation arbeite, gehöre auch die Behauptung, Sie, der Herausgeber unserer Zeitschrift, seien das abhängige Sprachrohr ausgesprochen antiokkultistischer Gelehrten und hätten schon früher in deren Sinne geschrieben. Man wild in den Kreisen, die dieser Propaganda nahestehen, Ihre programmatische Erklärung, die eine neutrale Plattform zu schaffen sucht, mit Mißtrauen aufnehmen. Nachdem aber Ihr auf einem vermittelnden Standpunkt stehendes Buch „Die intellektuellen Phänomene" (Bd. III der von M. Dessoir herausgegebenen Sammlung „Der Okkultismus in Urkunden", Verlag Ullstein, Berlin) erschienen ist, wird wcdd kein Okkultist, der noch selbständigen Urteils fähig ist, Sie fürderhin noch als unbelehrbaren Negativisten bezeichnen können. Und ich möchte mich bei dieser Gelegenheit gegen einen solchen Vorwurf, wie ihn in besonders krasser und unbegründeter Form Gymn.-Prof. Chr. Sehr öder gegen mich erhoben hatte, ebenfalls verwahren. Wenn ich bisher ein Gegner des physikalischen Mediumismus bin, so bin ich deshalb noch keift Verneiner aller sog. okkulten Erscheinungen. Ich stehe hinsichtlich der parapsychischen Phänomene so ziemlich auf Ihrem Standpunkte und habe mich in dieser Hinsicht oft genug öffentlich ausgesprochen. Ich verweise auf meinen Aufsatz „Hellsehen und Prophezeien" in der Zeitschrift „Natur und Kultur". 1922, Heft 10, auf meinen Artikel „Parapsychische Phänomene" im „Neuen Wiener Journal" vom 12. Juni 1925, sowie auf zahlreiche Buchbesprechungen in der „Umschau", wie z. B. 1924, Nr. 5 (Riehet), 1925, Nr. 6 (Fischer), Nr. 30 (Bruck) usw. Ich glaube, es ist an der Zeit, einmal energisch dagegen Einspruch zu erheben, daß unbequeme Kri tiker wie Sie und ich von seiten gewisser Okkultisten mit der Begründung, wir seien durch weltanschauliche Voraussetzungen voreingenommen, beiseitegeschoben werden, während es uns in einer kritischen Analyse doch lediglich auf die Tatsachenfrage ankommt. Mit ergebenstem Gruß Ihr Graf Klinckowstroem.
Zeitschriftenreferate. Proceedings of the Society for Psychical Research. Vol. XXXIV, Appendix to Part XCII. Julie, 1925. Enthält das Verzeichnis der Mitglieder und das Inhaltsverzeichnis zu Band XXXIV. Vol. XXXV, Part XCIV. May, 1925. Inhalt: An introductory study of hypnagogic Phenomena, by F. E Leaning, S. 287-411. Eine sehr eingehende, kasuistisch reich belegte Abhandlung über pseudohalluzinatorische und illusionäre Erscheinungen, wie sie beim Einschlafen auftreten. Manches, was bisher bei diesen Erscheinungen schwer erklärlich schien, mag durch E. R. J a en schs Lehre von den „eidetischen Bildern"Aufklärung finden, die Verf. nicht kennt. Vgl. Ja en schs neues Werk „Eidetik", Leipzig 1925. Vol. XXXV, Part XCV. July, 1925.
Zeitschriftenreferate.
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Inhalt: Nachruf auf Sir W. F. Barret (mit Porträt). Nachruf auf Camille Flammario n. — S. 422-444: Oh. Riehet, Des Conditions de la Certitude. — S. 445-465: T r et he wy, Mrs. Piper and the Imperator Band of Controls. — Buchbesprechungen. Aus dem Inhalt des vorliegenden Bandes interessiert uns nur der Aufsatz von Riehet, in welchem er sich in geistvoller Weise mit dem Begriff der G e wißheit auseinandersetzt, die wir den Tatsachen zubilligen. Er beginnt seinen Gedankengang mit einer Prüfung der elementaren Gewißheit in der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Mathematisch bedingt eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit niemals eine Gewißheit, aber „moralisch" liegt die Sache anders. Wird die Wahrscheinlichkeit äußerst gering, so wird die Gewißheit des Gegenteils äußerst groß, moralisch nahezu absolut. Im Roulettespiel z. B. ist die Wahrscheinlichkeit, daß Bot 50 mal hintereinander herauskommen wird, sehr gering: ( 1 / 2 ) 50 , d. h. ungefähr 1 100 000 000 000 • Trotzdem ist die Gewißheit, daß Rot nicht 50 mal hintereinander herauskommt, doch keine absolute. — Es gibt Abstufungen, Grade der Gewißheit. In allen Wissenschaften, meint Riehet, in der Mathematik wie in anderen, und ebenso in der gewohnten Praxis des Lebens, begnügen wir uns hinsichtlich der Gewißheit mit weit geringeren Wahrscheinlichkeitsgraden als ( 1 / 2 )" oder ( 1 / 2 ) 25 oder gar nur 0/ 2) 10 . Riehet erläutert seine Gedanken an Beispielen. Die Gewißheit, daß Kalkutta existiert, ist für ihn eine absolute, obwohl er nicht selbst dort war. Er kann sich jederzeit davon überzeugen. Riehet ist nicht minder dessen sicher, daß Karthago existiert hat, denn die historischen Zeugnisse und die noch vorhandenen Ruinen lassen darüber keinen Zweifel. Allein, verglichen mit der Gewißheit der Existenz von Kalkutta ist diejenige der einstigen Existenz von Karthago doch relativ eine geringere. Ein anderes Beispiel nimmt Riehet aus der Geschichte und kommt zudem Schluß: Die Gewißheit ist umso größer, je zahlreicher die Zeugnisse dafür sind. Allerdings spielt hier, das gibt Riehet zu, die Qualität der Zeugnisse eine wesentliche Rolle. Die historische Gewißheit kann auf jeden Fall niemals eine absolute sein. Besonders schwierig ist es, wenn einander widersprechende Zeugnisse vorliegen. Auf die Bedingungen der historischen und juristischen Gewißheit gebt Verf. besonders ein, weil wir die metapsychischen Tatsachen oft auch nur nach Zeugenaussagen -beurteilen können. Und ein wie unsicherer Boden das ist, das zeigt uns das sattsam bekannte Material zur Psychologie der Zeugenaussage (u. a. Seminarversuch on Franz v. Liszt 1901 in Breslau, ähnlich anscheinend von Flournoy nach Riehet wiederholt oder vielleicht auch nur wiedererzählt). Riehet korrigiert und ergänzt daher mit Recht seinen obigen Satz dahin: Die Gewißheit wächst nicht nur mit der Zahl, sondern auch mit der Qualität der Zeugnisse. — Riehet fährt dann mit Beispielen fort, um zu zeigen, daß die wissenschaftlich nicht zu bezweifelnden Tatsachen hinsichtlich des Grades ihrer Gewißheit verschiedenwertig sind. Absolute Gewißheit hat man nur bei gewohnheitsmäßigen Tatsachen. Je seltener und ungewohnter eine Erscheinung ist, um so schwerer ist es, dafür Gewißheit zu gewinnen. Hier findet Riehet den übergang zu den metapsychischen Phänomenen, und er zitiert zwei Beispiele, die für ihn persönlich den Wert absoluter Gewißheit gewonnen haben, die er aber dennoch gern wiederholen möchte, um sich daran zu gewöhnen. Das eine Beispiel betrifft einen Hellsehf all St. Os s owieckis, der den Inhalt eines ihm von Riehet übergebenen undurchsichtigen und sorgfältig versiegelten Briefes vor seinen Augen richtig erkannt hat. Es war ein Vers aus Rostands -Ohanteelee. Zufall scheidet aus; eine Wahrscheinlichkeitsberechnung, daß 0 s s o wiecki den richtigen Vers durch Zufall hätte treffen können, berechnet Riehet mit 1 zu 10 000 000. Der zweite Fall betrifft ein Phänomen der Eusapia Paladino, das Riehet während einer Sitzungsreihe auf seinem Schloß, auf der Insel Ribaud, gemeinsam mit J. 0 cho r o w i cz, F. W. II. Myers und
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Oliver Lodge erlebt hat. Beim Licht einer Kerze hatte Richets Zeigefinger, von Eusapia über ein Blatt Papier geführt, eine Blaustiftspur gezogen, ohne daß die Beobachter sich hätten erklären können, wie diese Spur entstand. Riehet hat keinen Zweifel an der Echtheit dieses merkwürdigen Phänomens. — In der Zusammenfassung gibt Riehet zu, daß man damit beginnen müsse, die persönliche Gewißheit zu erlangen, und das könne nur durch wiederholte Versuche erreicht werden. Ist man einmal so weit, so wird es sich darum handeln, die Öffentlichkeit an dieser persönlichen Gewißheit teilnehmen zu lassen. Riehet verkennt nicht, wie schwierig das ist. „Lä encore il faudra la repkition. II faudra rendre les phenom6nes m6tapsychiques habituels ..". Ganz richtig! Da liegt der Hase im Pfeffer. Riehet weist auf eine geschickt herangezogene Parallele: Bis in die ersten Jahre unseres Jahrhunderts glaubte niemand an die Möglichkeit des Fliegens mit Maschinen, die schwerer sind als die Luft. Man lachte deren Konstrukteure aus. Bis der Erfolg da war. Und jetzt meint jeder, niemals an der Möglichkeit gezweifelt zu haben. Ebenso wird es — das ist Richets Zuversicht — mit den metapsychischen Phänomenen gehen. Richets Aufsatz ist in vieler Hinsicht interessant und geistvoll durchgeführt. Der Verf. definiert und entwickelt logisch richtig den Begriff der „Gewißheit". Vielleicht unterschätzt er doch ein wenig den Grad der Gewißheit, den wir für wissenschaftliche Tatsachen beanspruchen. So steht z. B. (nach A. Moszk owsk i) die von Kirchhof f für die Spektralanalyse festgestellte Wahrscheinlichkeit in einem Verhältnis von einer Trillion gegen eins, was eine weit höhere Gewißheit bedeutet, als irgendeine überzeugung von der Wahrheit irgendwelcher historischen Tatsache. Und ähnlich steht es mit der Gewißheit der modernen Atomtheorie. Sehr zutreffend erkennt Riehet, daß die Gewißheit einer Tatsache nicht von der Zahl, sondern insbesondere auch von der Qualität der Zeugnisse bestimmt wird, lind die Qualität der Zeugen für die Echtheit metapsychischer Phänomene scheint uns Riehet stark zu überschätzen. Es handelt sich ja hier nicht um ethische Qualitäten der betreffenden Zeugen, an deren gutem Glauben niemand zweifeln wird, sondern um die Gewißheit, daß diese keiner Täuschung anheimgefallen sein können. Und diese Gewißheit ist leider, wie die Erfahrung lehrt, eine sehr gering e. Das zeigt deutlich das von Riehet angeführte zweite Beispiel aus seiner eigenen Erfahrung. Man muß schon wissen, was sich die Okkultisten als mediumistische Phänomene bieten zu lassen gewöhnt haben, um es überhaupt begreiflich zu finden, daß ein Mann vom Range Riehet s einen solchen kindischen Trick der Eusapia auch nur ernsthaft diskutabel findet — weil er den Trick nicht durchschaut hat. Und dann will uns Riehet zumuten, daß wir mit ihm diejenigen Phänomene, deren natürliche Entstehung er nicht erkennt und damit für echt hält, ebenfalls für echt ansehen sollen. An der Realität des von Riehet beobachteten und beschriebenen Eusapianischen Phänomens zweifeln wir nicht, wohl aber vermögen wir Richets überzeugung von dessen Echtheit keineswegs zu teilen. Für uns ist es eine nahezu absolute Gewißheit, daß hier nur einer der gewandten Tricks der Neapolitanerin vorliegt. Das von Riehet hier herangezogene Phänomen ist auch in dem „Dreimännerbuch": „Der physikalische Mediurnismus" (S. 181/82) analysiert worden. Wir setzen den betreffenden Absatz hierher: Den Taschenspielcharakter der Phänomene zeigt noch das Folgende: Nach der Sitzung gab es eine merkwürdige Schreibepisode, bei der Prof. Richets „blanker Fingernagel, von Eusapia gehalten, wie ein Blaustift zu wirken begann und eine dicke Blaustiftspur hinterließ, als er bei vollem Kerzenlicht über das weiße Papier gezogen wurde .. Es schien Lodge, wie wenn die blaue Linie nicht direkt unter dem Nagel erschien. sondern leicht seitlich, als hätte sie in Wirklichkeit ... eine unsichtbare Verlängerung von Eusapias Finger hervorgebracht". Hodg so n bemerkt hierzu: „Wie, im einzelnen, wurde Prof. R ichet s Fingernagel von Eu sapia gehalten? Welche Untersuchung von Eusapias Hand oder Händen war unmittelbar vor und nach der Episode gemacht worden? Wieso weiß Prof. Lodge, daß ein Stück
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Blaustift nicht verstohlen von Eusapia gehalten und hinter ihrem eignen oder Richets Finger verborgen war? über solche Einzelheiten, die einzig wichtigen der ‚merkwürdigen Schreibepisode' — nicht ein Wort!" Wer noch einer Erklärung dieses dem Physiker Oliver Lodge unerklärlichen Phänomens bedarf, findet sie bei Dr. v. Sehr enck-Notzing 1 ): „Am 20. Febr. 1903 erzeugte sie eine ,direkte Schrift' auf meiner Hemdmanschette. Indessen hatte ich vorher bemerkt, daß sie mit einem Bleistift spielte, dessen Spitze, wie sich nachträglich herausstellte, abgebrochen und sicherlich von ihr verwendet worden war". — Sapienti sat! Riehet s Abhandlung über die Bedingungen der Gewißheit ist sehr instruktiv, nur hinsichtlich der von ihm gezogenen Nutzanwendung können wir ihm nicht folgen. Wir müssen vielmehr daraus lernen, daß die persönliche überzeugtheit eines okkultistischen Forschers von der Echtheit eines mediumistischen Phänomens für die Gewißheit des supranormalen Zustandekommens dieses Phänomens sehr wenig bedeutet. Hier kann in der Tat nur die Wiederholung des Experiments unter exakter Methodik Klärung schaffen. Vielleicht daß dann mit der Zeit eine relative Gewißheit der Echtheit gewisser Phänomene einmal gewonnen wird. Aber erst müssen solche Fälle wie Eva 0., Kathleen Goligher usw. aus der Diskussion über deren mögliche Echtheit überhaupt ausscheiden; erst muß einmal reiner Tisch gemacht werden mit den Phänomenen, die eine ernste Beachtung nicht verdienen. Graf Klinckowstroem. Zeitschrift für Psychologie, Band 98 (1925). Prof. Hans Henning: „Das willkürliche Anhalten des Herzschlages". Dieses bei Medien, Fakiren und Yogis öfter erwähnte Phänomen scheint auf 4 Arten zustande zu kommen. Manche Personen können durch äußerst intensives phantasiemäßiges Vergegenwärtigen schrecklicher Situationen ihren Herzschlag ähnlich verlangsamen, als ob sie solche Vorkommnisse wirklich erlebten. Andere bringen den Arzt durch geschickte Suggestion dahin, daß er nicht das Herz, sondern bloß den Pulsschlag eines Armes untersucht, und klemmen nun, indem sie mit dem Oberkörper einen Ruck nach der betreffenden Seite hin machen und sich vielleicht noch dabei gegen eine Stuhllehne stemmen, die Armschlagader so zwischen Rippen und Clavicttla ein, daß ihr Pulsschlag zeitweilig aufhört. Macht man ihnen den bezeichnenden Ruck nach, so sagen sie: „Ah, monsieur est connaisseur!" Drittens kann Herzneurose und Präkordialangst zwar nicht zu einem völligen Aussetzen, aber doch zu starker Verlangsamung des Herzschlages führen. Ob es viertens das eigentliche Fakirwunder des tagelang unterbrochenen Herzschlages gibt, läßt sich, so lange man dabei mehr auf Hörensagen als auf wirklich vorgeführte und kontrollierte Experimente angewiesen ist, schwer beurteilen. Manches in Europa Gezeigte war unstreitig Betrug. Ein Fakir ließ sich in Berlin eingraben, zur Seite seines Grabes hatte er heimlich eine Nebenhöhle ausheben lassen, die ihm die Atemluft zuführen sollte. Der lockere märkische Sand aber gab nach, die Nebenhöhle brach zusammen und der unglückliche Betrüger erstickte. R.Baerwald. Aus den „Psychischen Studien". Januar 1925: Prof. Dennert-Godesberg: „Das Feuergehen der Inder". Im Jahrgang 1922 S. 609 der Psychischen Studien hatte Rich. Danger auf eine Reihe von Erfahrungen hingewiesen, welche die Deutung nahelegen, daß das Feuerlaufen der Inder nicht eine einfache Trickleistung sei, sondern darauf beruhe, daß die Teilnehmer an derartigen Zeremonien sich durch Hypnose und Suggestion bis zu einem gewissen Grade gegen die Einwirkung glühender Kohlen ') „Materialisationsphänomene", 1914, S. 11.
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unverwundbar machen. Denner t nun veröffentlicht den Augenzeugenbericht einer Frau M., die als Tochter und Gattin deutscher Missionare lange in Indier gelebt hat. Sie wohnte in der Stadt Virudachellam in Südindien einem Feuerlaufen bei. Als der Zug von 25-30 barfüßigen Männern und Frauen, aus dem Tempel kommend, sich der mit glühender Holzasche bedeckten Feuerstelle näherte, fiel Frau M. der starre Ausdruck in allen Gesichtern auf; sie gingen ohne Anzeichen von Bewußtsein der Gefahr auf den "brennenden Ort" zu. Als sie ihn überschritten hatten, erwachten die meisten Feuerwandler sofort von selbst. Es standen aber rechts und links vom Ausgang zwei Männer mit Peitschen aus Lederriemen, und verharrte einer der Hindurchgehenden in seinem geistesabwesenden Zustande, so wurde er durch 1-2 energische Hiebe geweckt. — Sollte in der Tat die Macht hypnotischer Suggestion über den Körper auch dieses „Wunder" vollbringen, so würden uns manche Gottesurteile des Mittelalters verständlich, die man bisher wohl meist für Legende gehalten hat. Februar: Josef Peter: "M a lme die n". Herr Oberregierungsrat Krey (Bremen) malt automatisch. P. berichtet über seine Methode: „Sehr selten ist von vornherein das später vollendete Bild zu erkennen. Häufig werden anscheinend wahllos zunächst hier ein paar schwache Striche, dort ein paar starke Striche hingesetzt, die erst später miteinander verbunden werden. Diese Manier ist ein merkwürdiges und rätselhaftes Charakteristikum fast bei allen Malmedien. Bei Frl. K. F i sehe r sah ich käuzlich den Anfang eines Bildes. An einer Stelle des noch leeren Blattes wurden drei Punkte und darunter eine geschwungene Linie hingesetzt. Dann begann das Malen an einer dritten Stelle und erst allmählich sahen wir mit Staunen die zuerst unerklärliche Bedeutung jener Anfänge". Was Peter hier zittre fiend schildert, bedeutet ein ähnlich neckendes Verfahren, wie es uns manchmal im Film geboten wird, wo ein Konzertzeichner zunächst einen Sonnenuntergang anzulegen scheint, der sich aber zuletzt durch ein paar kecke Striche in einen Kahlkopf verwandelt, welcher über einen Zaun hinwegragt. An anderer Stelle dieses Heftes findet man in meinem Aufsatze „Das dämonische Unterbewußtsein (hier Seite 112) gleichartige Neckereien aus dem Bereiche des automatischen Schreibens, in denen ebenfalls der Kobold im Unterbewußtsein mit der anderen Seelenhälfte sein Spiel treibt. Bringt man das Phänomen in diesen Zusammhang, so hört es auf, ein „rätselhaftes Charakteristikum" zu sein. Auf den ungewöhnlich schönen und tiefen Aufsatz "Kultur und Mystik" von Prof. J. M. V er w eyen- Bonn kann hier nur kurz hingewiesen werden, denn so fruchtbar er für Religionsphilosophie und Soziologie ist, so wenig hat er mit Okkultismus zu tun.
Buchbesprechungen. Tischner, Rudolf : Geschichte der okkultistischen (metapsychischen) Forschung von der Antike bis zur Gegenwart. II. Teil: Von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Pfullingen, Verlag Johannes Baum, 1924. gr. 8 0 . 371 S. Während für das englische Sprachgebiet in zwei wertvollen Werken von Frank Podmo r et) eine kritische und zuverlässig orientierende historische Behandlung des Gesamtgebietes des Mediumismus gegeben ist, hatten wir in Deutschland dem bisher nichts ähnliches an die Seite zu stellen. Denn die „Geschichte des Spiritismus" von Vesme (3 Bde., Leipz. 1895/1903) ist völlig wertlos, und auch K iesewett e rs "Geschichte des neueren Okkultismus" (Leipz. 1891) ist veraltet 1 ) P odmore, Modern Spiritualism. A History and a Criticism. 2 vols. London 1902. — Und: The newer Spiritualism. London 1911.
Buchbesprechungen.
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und wissenschaftlich ganz unzureichend. Da war es denn zu begrüßen, daß ein so guter Kenner des Gebietes wie Tischner uns nunmehr ein Werk geschenkt hat, welches in sorgsamer Stoffauswahl als ein wertvoller Führer durch die schier unübersehbar gewordene Literatur des Okkultismus gelten darf. Tischner ist möglichst überall auf die Quellen zurückgegangen und hat sieh durchweg sein selbständiges Urteil bewahrt. Er ist als ein kritischer Okkultist anzusprechen, d. h. er verkennt nicht die Schwächen des besprochenen Materials. Freilich wird der Kritiker sich oft genug mit Tischners Urteil nicht einverstanden erklären und seine kritischen Einwände, namentlich hinsichtlich cier sog. physikalischmediumistischen Phänomene, als sehr schüchtern empfinden. Auf jeden Fall macht aber die quellenmäßig zuverlässige Verarbeitung des Stoffes das Buch zu einem sehr verdienstvollen und brauchbaren Handbuch, dessen Studium einem jeden, der in das Gebiet eindringen will, empfohlen werden kann. Es umschließt den Zeitraum von den Vorläufern der von Amerika ausgegangenen spiritistischen Bewegung (1848) — Kerne r. J ung-Stilling usw. — bis in die neueste Zeit mit ihren aktuellen Streitfragen. Die ersten drei Kapitel hat Tischner der spiritistischen Bewegung in Amerika und England bis zum Jahre 1882, dem Gründungsjahr der S.P.R., gewidmet, in denen er die wichtigsten Probleme, Versuche, Forscher und Medien in sachkundiger Auswahl behandelt. Das 4. Kapitel gilt dem gleichen Zeitraum in Deutschland, wo man sich vorwiegend philosophisch mit dem Thema beschäftigte. Die folgenden Kapitel bis zum zehnten bringen dann die weitere Entwicklung seit 1882. Sehr begrüßenswert ist es, daß Tischner uns auch mit den philosophischen Ausdeutungen genauer und im Zusammenhang vertraut macht, wie sie Fechner , I. LI. v. Fichte, Bruno Schindler, Maximilian Perty, Eduard v. Hartmann und dann die eigentlichen Philosophen des Spiritismus, L. v. Hellen b ach und Carl du Prel, dargestellt haben. Ein breiter Baum ist den Forschern aus dem Kreise der S.P.R. gewidmet, unter denen namentlich F. W. H. My er s, R. Hodgson, W. J ames und der als überskeptisch bezeichnete Frank P o d more zu nennen sind. Podmore ist aber erst auf Grund seiner Erfahrungen zum Skeptiker geworden! Da die Originalschriften, namentlich die des Auslandes, die von Tischner herangezogen werden, oft schwer erreichbar sind, so ist der Überblick, den er uns gibt, sehr dankenswert. Kapitel 11 ist den parawychischen, Kapitel 12 den parapligsischen Erscheinungen gewidmet. Im ersteren werden die Versuche über Gedankenübertragung und Hellsehen von Riehet, der S.P.R., Chow rin, K ol ik , v. Wasielewski, Tischner, G eley usw. eingehend behandelt. Es läßt sich nicht leugnen, daß dieser Phänomenkomplex heute bereits so gut bezeugt ist, daß man derartige Erscheinungen nicht mehr a limine ablehnen darf. Anders liegt es freilich mit den sog. paraphysischen Erscheinungen, die schon in ihrer ganzen Aufmachung weit verdächtiger anmuten und der Betrugsmöglichkeit einen viel größeren Spielraum gewähren. Man denke allein an die sonderbaren Bedingungen der Medien, die der okkultistische Forscher als Bedingungen der Phänomene zu nehmen sich gewöhnt hat. Hier wird sich der Skeptiker mit Tischner s Schlüssen und seiner Urteilsbegründung nicht befreunden können. Alle die bekannten Medien wie Eusapia Paladino, Stanislawa Tomczyk, Eva C., Kathleen Goligh er usw. werden als echte Medien anerkannt trotz zugegebenen "gelegentlichen" Betruges. Aber Tischner s Darstellung bleibt stets sachlich, und er hält auch nicht mit Bedenken zurücr (so bei Eva C. und Klusk i), wenn sich ihm dazu Anlaß bietet. In dem doch eigentlich recht durchsichtig liegenden Fall Goligher hätte man allerdings von Tischner, unbeschadet dessen, daß eine Detailanalyse der einzelnen Versuchsreihen nicht in den Rahmen seines Buches fällt, eine schärfere Erfassung der Minderwertigkeit dieser Experimente Cr aw f ords erwarten dürfen, wie sie jetzt auch R. Lambert de facto nicht mehr verkennt. Graf Carl von Klinckowstroem, München.
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Buchbesprechungen.
Gruber, K., Parapsychologische Erkenntnisse. München, Drei Masken Verlag, 1925. 8° XI und 30 S. Brosch. Hrn. 8,50; geb. Rm. 9,50. In der Hochflut der okkultistischen Literatur, die neuerdings auf den Markt geworfen wird, verdient die vorliegende Schrift des langjährigen Mitarbeiters von S chr en ck -N o tzing, Prof. Dr. Karl Gruber, Zoologe an der Münchener Technischen Hochschule, deshalb Beachtung, weil hier ein Naturforscher sich in sachlicher Weise und in einem von der üblichen unerquicklichen Polemik sich freihaltenden Tone mit dem ganzen parapsychologischen Phänomenkomplex, der in übersichtlicher Stoffgruppierung behandelt wird, eingehend auseinandersetzt. In geschickter Weise sucht der Verfasser, vielfach auf eigene Erfahrungen sich stützend, von den Grenzgebieten ausgehend (Unterbewußtsein, Suggestion, Automatismen, Persönlichkeitsspaltung), das Verständnis für die eigentlichen parapsychologischen Erscheinungen zu vermitteln. Freilich nimmt er das behandelte Beweismaterial a priori als gegebene Tatsachen hin, die einer umständlichen Beweisführung nicht mehr bedürften, und knüpft daran theoretische Erörterungen, wobei er sich namentlich auf Dr iesch, Tischner, Kindborg, K ohnstamm usw. stützt. Hinsichtlich der intellektuellen Phänomene der Parapsychologie (Telepathie, Hellsehen) wird auch der Skeptiker dem Verfasser ein gut Stück Weges folgen können, denn hier liegt in der Tat ein beachtenswertes Erfahrungsmaterial vor (Experimente der S.P.R., von Cho wrin, Tischner, Wasielewski, Bruck usw.), und auch die Betrugsmöglichkeiten lassen sich hier viel leichter ausschalten. Der Kömplex der sog. paraphysischen Phänomene hingegen wird auch durch Grubers Darstellung für denjenigen, der sich kritisch und historisch etwas eindringender mit dem Thema beschäftigt hat, nicht an Glaubwürdigkeit gewinnen. Die Unwahrscheinlichkeit und Fragwürdigkeit dieser Gruppe von Erscheinungen (Teleplasma, Telekinese, Materialisation, Ideoplastie) verkennt auch Gruber nicht. Es liegt in der Natur der Sache begründet, daß man sich bei dieser Art von Phänomenen die betreffenden Forscher, die über sie berichten, genau ansehen muß Da wird man die Wertschätzung, die Gruber wie seine okkultistischen Glaubensgenossen z. B. Ochor owicz oder Cr awf or d angedeihen läßt, keineswegs teilen könneni). Die ganz wertlosen Versuche Cr awf ords zum Beispiel, die auch von maßgebenden Kritikern der Londoner S.P.R. (wie 3tErs. Sidgwic k) nicht anders eingeschätzt werden, als „klassisch" (S. 162) oder sein Werk als „grundlegend" (S. 224) zu bezeichnen, zeugt doch von einem beträchtlichen Mangel an kritischem Scharfblick für das, worauf es ankommt. Sogar ein Okkultist wie R. L ambert verkennt neuerdings die Schwächen dieser Experimente nicht mehr, und es bedurfte wahrlich nicht erst der ernüchternden Erfahrungen von Dr. Fournier d' Al be, um den Goligher-Circle als hinreichend betrugsverdächtig erscheinen zu lassen. Mit dem Betrug der Medien setzt sieh G ruber in einem besonderen Kapitel auseinander. „Der mediumistische Betrug ist eine Fehlerquelle, aber niemals ein Gegenargument gegen die Parapsychologie" (S. 174), so lautet das Fazit dieses Abschnittes. Das wäre richtig, wenn hinreichend viele Versuchsreihen vorlägen, die mit Sicherheit den völligen Betrugsausschluß gewährleisten. In dieser Hinsicht steht der Verfasser auf einem grundsätzlich anderen Standpunkt als der Referent, der hier nur auf das oben zitierte Werk verweisen möchte. Wie alle Okkultisten, die persönlich die Überzeugung von der Echtheit der Phänomene gewonnen haben, legt Gruber den betrügerischen Manipulationen, die er an sieh gar nicht leugnet, keine große Bedeutung bei; denn alle Medien suchen durch Betrug „nachzuhelfen", wenn man ihnen dazu Gelegenheit gibt. Daher besteht bei den Okkultisten die Tendenz, derartige Beobachtungen, die auch bei Willi und Rudi Sch. gar nicht geleugnet werden, als nebensächlich gar nicht für erwähnenswert zu erachten. Das ist m. E. ein 1 ) Vgl. darüber die entsprechenden Kapitel in dem neuen Werk: „Der physikalische Mediumismus" von Dr. v. Gulat-Wellenburg, Graf v. Klinckowstroem und Dr. 1E. Rosenbusch, Berlin, Ullstein 1925. gr. 8°.
Buchbesprechungen.
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schwerer Fehler. Auch ist es für die Frage der Echtheit gleichgültig, ob ein Betrug bewußt oder unbewußt geschieht. Im Gegensatz zu Gruber möchte ich doch die Betrugstechnik für wichtiger halten als die Frage der Betrugsmotive, die nur ein psychologisches Interesse bieten, während sich jeder Forscher auf dem schwierigen Gebiet der Parapsychologie mit der Betrugstechnik so weit wie irgend möglich vertraut machen sollte. Im Einleitungskapitel wiederholt Verfasser die üblichen Gründe, die für die Ablehnung der okkulten Phänomene von seiten der Wissenschaft angeblich maßgebend sein sollen: „Das Phänomen . . . kann ich mir nicht erklären, f o 1 g lich muß es falsch sein." Diese kindliche Logik wird sich wohl kein ernst zu nehmender Gelehrter zu eigen machen wollen. Dagegen findet man bei Okkultisten vielfach den logischen Fehlschluß: Ich sehe keine Betrugsmöglichkeit, f olglich ist das Phänomen echt. Wenn ein Kenner wie Dessoir neuerdings bei Hellsehversuchen mit einem sog. Telepathenpaar erst nach neun Sitzungen dem Trick auf die Spur kam, so kann man sich wohl denken, wie leicht ein glaubensfreudiger Okkultist sich zur Echtheit eines Phänomens bekennen wird. überhaupt scheint mir die Argumentation der Okkultisten, daß Weltanschauungsfragen für die ablehnende Haltung bestimmend seien, stark übertrieben zu sein. Gewiß spricht das mit. Aber es handelt sich doch hier zunächst um die ,reine T atsachenf r age, und da ist der Mann der exakten Wissenschaft eben gewohnt, andere Anforderungen zu stellen als der Okkultist, der die Schwierigkeiten unterschätzt. Man bedenke auch, wie unendlich viel schwieriger parapsychologische Experimente mit launischen, schwer zu behandelnden Medien anzustellen sind als beispielsweise physikalische Experimente, die unmittelbar nachprüfbar sind und für 20 mannigfaltige Täuschungsmöglichkeiten keinen Raum bieten. Graf Carly.Klinekowstroem.
Sehr öder, Christoph, Pseud o-E ntlar v ung e n. Ein kritischer Beitrag zur „Medien"-Entlarvungstaktik. S.-A. aus den „Psychischen Studien", Oktober-Dezemberheft 1924. Leipzig, 0. Mutze, 1925. 8 0 . Unter den prominenten Vertretern der okkultistischen Bewegung sind einige, die ob ihrer gründlichen Sachkenntnis und ihres loyalen Verhaltens gegenüber gegnerischen Ansichten durchaus ernst genommen zu werden verdienen. Ich möchte nur Tischner und L amber t nennen. Diesen wird durch okkultistische Heißsporne wie den Verfasser der vorliegenden Broschüre ein schlechter Dienst geleistet. Gymnasial-Professor Sehr öder mag als Insektenbiologe, etwa mit einer Varietätenstatistik der Marienkäferchen, Bahnbrechendes geleistet haben — auf dem nicht ganz einfachen Gebiet der okkulten Erscheinungen steht er offenbar ganz traditionslos da und wirkt durch seine schulmeisterlich abkanzelnde Art mehr komisch als imponierend. Die ganze Schrift ist eine weitschweifige und unbeholfene Polemik mit ganz unzureichenden Mitteln, in welcher Sachlichkeit ersetzt wird durch maßlose Gereiztheit im Ton und persönliche Verunglimpfung der Gegner, die bedenklich an Zöllner unseligen Angedenkens gemahnt. Es sei gar nicht bestritten, daß Sehr öder in einzelnen Punkten im Recht ist. Aber konnte er das nicht in einer anständigen Form sagen? Was er sich hier gegen Dessoir, Hellwig, Henning, Mollund den Referenten herausnimmt, ist schon ein starkes Stück. Man wird an die Zeiten erinnert, da Fichte seinen Gegner Friedrich Nicolai als „literarisches Stinktier" apostrophierte. Auf solch einer Plattform ist eine Diskussion nach meinem Dafürhalten unmöglich, und es muß als ein sehr weitgehendes Entgegenkommen bezeichnet werden, wenn Prof. Dessoir in einem „offenen Brief" („Psych. Studien", Febr, 1925) Gelegenheit genommen hat, einige Punkte richtigzustellen. Allerdings besitzt Schröder für die feine Ironie dieses offenen Briefes, wie sein Schlußwort zeigt, kein Organ. Was speziell Sehr öder gegen den Referenten vorgebracht hat, ist teils völlig belanglos, teils irrig, teils geradezu kindisch. Er hat nicht
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einmal den Versuch gemacht, die von ihm zitierten Aufsätze des Referenten in der „Umschau" sachlich zu widerlegen, was ihm freilich auch bei größerer Sachkenntnis schwer gefallen wäre. Was nützt es, wenn mir z. B. Dr. Frhr. v. Sehr enck-Notzing brieflich versichert, daß er sich mit den Ausführungen Sehr ö cl e r s durchaus nicht identifiziere und dafür keinerlei Verantwortung trage. Sollen doch die Herren Okkultisten unter sich etwas mehr auf Disziplin sehen und dafür sorgen, daß derartige Pamphlete, die der ganzen Bewegung nur schaden können und sie auf ein nicht mehr diskutables Niveau herabdrücken, nicht ohne Vorzensur oder mindestens nicht an einer Stelle, die Anspruch auf Beachtung erhebt, an die Öffentlichkeit gelangen. Bezeichnend für den Mangel an Einsicht in gewissen Kreisen ist es aber, daß der Schmähschrift S ehr öder s durch die Broschürenausgabe, wie verlautet: noch eine besondere Verbreitung verliehen werden soll. Nun denn, Glückauf! Graf Carl v. Klinekowstroe m.
Dr.phil.Richard Baerwald:"Die intellektuellen Phänomene". Bd.II des „Okkultismus in Urkunden" von Max Dessoir.— Berlin, Verlag Ulistein, 1925. Okkultismus, Mystizismus, Spiritismus stehen seit Jahren bei der großen Menge wieder sehr in Gunst. Leider kommt bei der ausgedehnten Beschäftigung mit diesen Problemen die Wissenschaft meist recht erheblich zu kurz. Der Masse kommt es weniger auf wissenschaftliche Erkenntnis an als auf Sensation. Unser an Kinodramen und Sportwettkämpfen geschultes Zeitalter verlangt Nervenaufregung um jeden Preis. Wer dem Wunderglauben schmeichelt, hat gewonnenes Spiel; die nüchterne, unvoreingenommene Kritik aber, die nur für die ernsten Wahrheitsforscher ist, steht bei der Menge nicht in Gunst. So kann seichte Literatur, die auf den Wunderglauben und das Wunderbedürfnis spekuliert, in immer neuen Auflagen erscheinen, zumal wenn sie in recht schnoddrigem Ton geschrieben ist, der jeden Skeptizismus lächerlich macht, wie etwa die zahlreichen, höchst verderblichen und verdummenden Schriften des allzu fruchtbaren Müncheners Kemmeric h. Ernste Werke aber, die Front machen gegen Leichtgläubigkeit und Wundersüchtelei, die so manche okkultistische und spiritistische Riesensensation mitleidslos zerpflücken und in ihrer Belanglosigkeit bloßstellen, sie erfreuen sich nur bei kleinen Gemeinden wirklicher Wertschätzung, aber in einem einzigen von ihnen steckt mehr Wissenschaft und mehr Dienst an der Wahrheit als in Hunderten von salopp hingeworfenen „Aufklärungs"-Schriften wunderdürstender Jünger der okkulten Lehren. Baerwalds umfangreiches, 382 große Druckseiten umfassendes Werk muß als eine höchst erfreuliche Bereicherung der wirklichen psychologischen Wissenschaft betrachtet werden. Sein Wirkungskreis wird unter allen Umständen begrenzt bleiben. Für die große Menge der Wundersüchtler ist es viel zu kritisch, steilt es viel zu hohe Ansprüche an das Denkvermögen, ist es viel zu wenig sensationell und nervenaufpeitschend, stürzt es zu viele mystisch-übersinnliche Dogmen vom Thron; aber für den Jüngling von Sais, der ernst die Wahrheit sucht, wird diese Entschleierung eines verhüllten Rätsels ein überaus dankenswerter und dauernder Gewinn sein. Dieser Gewinn ist für jeden wahren und unvoreingenommenen Psychologen um so sicherer zu erwarten, als Baerwald alles andre als ein unbedingter Skeptiker ist. Er ist geneigt, Zugeständnisse zu machen, betrachtet z. B. seelische Fernwirkung, Telepathie, in gewissem Umfang als möglich, ist geneigt, aus der Spaltung des Bewußtseins weitgehende Deutungsmöglichkeiten in bezug auf das Doppelgängerproblem, automatisches Schreiben, Hellsehen usw. abzuleiten; aber ebenso entschlossen wendet er sich gegen alle willkürlichen Deutungen, die jede unbedeutende mediumistische Leistung als übernatürliches Werk der Geisterwelt anstaunen und sich die Erklärung überaus bequem machen, indem sie in jede Gleichung mit einer Unbekannten eine neue Unbekannte einführen und damit die „Lösung" gefunden zu haben glauben. ,
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Baerwalds Werk scheidet grundsätzlich das spiritistische Problem aus (das in einem andern Band der Dessoirschen Sammlung behandelt wird), ebenso alles, was mit dem Hypnotismus zusammenhängt (auch ihm wird ein eigner Band gewidmet); es beschränkt sich streng auf das Thema der „Intellektuellen Phänomene". Was die letzten hundert Jahre an erstaunlichen, berühmten, okkulten Phänomenen hervorgebracht haben, von der Seherin von Pr ev o r st bis auf gewisse Vorkommnisse der Nachkriegszeit, erscheint inAuszügen aus den Originalpublikationen, die dann hinterher scharf kritisch, aber wohlwollend und ohne jede Spur einer verletzenden Ausdrucksweise unter die Lupe genommen werden. Einer umfassenden, sehr anschaulich geschriebenen theoretischen Einleitung folgt ein Kapitel über die Seherin von Pr evor st, worin für den vielngegriffenen Justinus Kerner ritterlich eine Lanze gebrochen wird, da er in jener Zeit, ohne das moderne Rüstzeug psychologischer Erkenntnis, einen so extrem schwierigen Fall gar nicht anders als vom Standpunkt des unbegreiflichen Wunders betrachten konnt e. Es folgen Kapitel über Telepathie einschließlich Fernhypnose und Hellsehen. Die sehr gründliche Kritik führt zu dem Ergebnis (S. 108): "Telepathie läßt sich restlos aus unserer gewohnten Naturerkenntnis heraus verstehen, und Hellsehen ist noch kein Faktum, sondern eine Hypothese, und nach überwiegender Ansicht der Psychologen eine fehlerhafte". Ein weiterer, umfassender Abschnitt behandelt die Erscheinungen der Lebenden und Toten, ein andrer die Prophezeiungen, ein letzter die Geistermitteilungen, soweit sie auf intellektuelle Phänomene zurückzuführen sind. überall stoßen wir auf strengste wissenschaftliche Nüchternheit, ein Forschen sine ira et studio, ein sorgsames Abwägen jedes Für und Wider. Die Beibringung der zahlreichen, vielfach sonst kaum beschaffbaren Original-Dokumente würde an sich schon geeignet sein, dem Buche einen hohen Wert zu verleihen. Die kritische Zergliederung des in den Dokumenten dargebotenen Materials aber erhebt Baerwalds schönes Werk zu den wertvollsten Publikationen der gesamten okkultistischen Literatur Dr. R. He n n ig. W. v. Gulat-Wellenbutg, Graf Carl v. Klinekowstroem, Hans Rosenbuseh: „Der physikalische Mediumismus" (Der Okkultismus in Urkunden", herausgegeben von Max Dessoi r, Bd. I). Berlin 1925, Ullstein. XIII, 494 S. Lex. 16 Rm., ganzleinen 18 Rm. Die Verfasser haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Frage zu untersuchen, ob in der umfangreichen okkultistischen Literatur Versuche beschrieben sind, die mit Sicherheit den völligen Ausschluß jeder Betrugsmöglichkeit gewährleisten. Sie haben diese Fragen an den besonders markanten Fällen, die besonders genau geprüft und in der okkultistischen Literatur besonders gründlich dargestellt worden sind, zu lösen versucht. trittersucht sind die Berichte über folgende Medien und Pseudomedien: Home, Florence Co ok, Slade, Eusapia P aladino, Stanisiawa Tomczyk, Kathleen Goligher, Lucia Sor di, Linda 0 azerra. Eva C., Franek-Kluski. Willi Schneider, Jan Guzik, Einar Nielsen, Ladisl aus Laszlo, Maria Silber t. Die Beiträge über die einzelnen Medien sind schon äußerlich nicht gleichwertig. Es ist das zum größten Teil zweifellos sachlich durchaus gerechtfertigt. Am eingehendsten sind mit Recht die Versuche mit Eva C. und mit Eusapia Paladino erörtert worden, und zwar je auf etwa 80 Seiten. Dem gegenüber macht sich der Beitrag über Maria Silb er t, der nur 5 Seiten umfaßt, recht dürftig. Es hängt das damit zusammen, daß irgendwelches ernste Experimentieren mit ihr gar nicht möglich ist, da sie eine körperliche Untersuchung nicht gestattet und selbst die Versuchsbedingungen vorschreibt. Ob es unter diesen Umständen nicht richtiger gewesen wäre, Frau Silber t — wie auch so manches andere physikalische Medium — in das Buch gar nicht aufzunehmen, möchte ich dahingestellt sein lassen. Jedenfalls habe ich aus der Lektüre des Abschnittes über Frau Silbert nicht in dem gleichen Maße wie aus der Lektüre anderer Abschnitte den Eindruck gewonnen,
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daß ich mir ein einigermaßen zuverlässiges Bild von den scheinbaren oder wirklichen Leistungen des betreffenden Mediums machen kann. Natürlich hängt hier wie bei allen derartigen kritischen Berichten alles von dem Vertrauen zu der Sachkenntnis und zu dem unbedingten Willen der Verfasser zur Objektivität ab. Aus den sonstigen mir bekannten Veröffentlichungen der drei Verfasser habe ich dieses Vertrauen gewonnen. Ich habe das ganze Buch von der ersten bis zur letzten Seite mit immer gleichbleibendem Interesse durchstudiert. Auch derjenige, der als überzeugter Okkultist, vielleicht auf Grund eigener Erlebnisse, trotz alledem fest von der Echtheit der Erscheinungen überzeugt ist, kann aus der scharfsinnigen kritischen Analyse, die die Verfasser an den Protokollen und den Sitzungsberichten vornehmen, ihrer Kritik der Versuchsanordnung, ihren Bemerkungen, die sie über die Persönlichkeit der Medien und der Versuchsleiter sowie der sonstigen Teilnehmer und der Berichterstatter machen, viel lernen, vorausgesetzt, daß er lernen will. Wenn man die soeben in den „Psychischen Studien" erschienene polemische Erörterung v. Schrenck-Notzings liest — eine Besprechung kann man seinen Artikel nicht nennen — so wird man allerdings keine allzu große Hoffnung hegen, daß die, die es in besonderem Maße angeht, aus dein Buche viel lernen werden. Anders zu beurteilen sind die Einwände, die La mber t, gleichfalls im Novemberheft der „Psychischen Studien", gegen die Verläßlichkeit der Darstellung der Versuche mit Eusapia Paladino durch Rosenb usch macht. Mit ihnen wird sich R osenbusch noch auseinandersetzen müssen. Ohne ,ein eingehendes Studium der Quellen läßt sich nicht nachprüfen, inwiefern die Einwände etwa begründet sind. Die große Mehrzahl derjenigen, die nicht die Möglichkeit haben, selbst Experimente zu veranstalten oder ihnen doch beizuwohnen, die auch sich nicht die mühevolle Arbeit machen können, die Originalberichte selbst durchzuarbeiten, wird den Verfassern für ihre ausgezeichnete Arbeit dankbar sein. Die Früchte ihrer Arbeit werden sich in den Untersuchungen der nächsten Jahre vielfältig zeigen. Ihre Arbeiten sind — auch on dem einleitenden allgemeinen Teil abgesehen — außerordentlich aufschlußreich in methodologischer Hinsicht. Seite für Seite zeigt sich auch, von wie grundlegender Bedeutung die Erfahrungen der Beobachtungs- und Aussagepsychologie für die kritische Stellungnahme zu Experimenten und Beobachtungen über Probleme des physikalischen Mediumismus sind, in gleicher Weise übrigens natürlich auch für die intellektuellen Phänomene. Ich kann in dieser kurzen Besprechung unmöglich eine kritische Analyse des Inhalts des Werkes geben. Ich werde in späteren Arbeiten noch oft genug Gelegenheit haben, dankbar die äußerst wertvollen Materialien heranzuziehen, die uns hier geboten werden. Ich will mich heute damit begnügen, auf einige bedeutsame Erörterungen hinzuweisen, die aus dem Register, das auf die Einzelheiten wohl mehr hätte eingehen können, nicht zur Genüge zu ersehen sind. Berichte von Beweisen normaler und okkulter physikalischer Phänomene sind grundlegend verschieden (100). Experimente auf okkultistischem Gebiet bieten besondere Schwierigkeiten (15 ff.). Formulierung von Bedingungen, die einen Betrug ausschließen (23 ff.). Fehlerquellen der okkultistischen Methode (30 ff.). Sehr enek-No tzing urteilt über Imodas Experimente, trotzdem er an ihnen nicht teilgenommen hat und trotzdem er sonst eine derartige Kritik für unzulässig erklärt (303); er entlarvt ein Medium durch Zugriff, was er sonst auch verpönt (308); er entwickelt bei der Entlarvung Linda Gazerras ganz richtige allgemeine Grundsätze über Beweiskraft, berücksichtigt diese Erkenntnisse aber bei seinen eigenen Medien nicht (313 f.). Er behauptet in vielen Fällen, ein Betrug sei „unmöglich" gewesen, trotzdem davon gar nicht die Rede sein kann (277). Die Beobachter müssen mit der Beobachtungspsychologie genau vertraut sein (23 f.). Sie müssen vor allem auch praktische Menschen sein; Gelehrsamkeit genügt nicht (23). Beobachtungslücken können nachträglich nicht mehr ausgefüllt werden (182). Beispiel ungenauer Beobachtung durch Schrenck,,
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N o tzing (195). Bestimmte Tricks können nicht erkannt werden, da dies jenseits der menschlichen Beobachtungsfähigkeit liegt (273 f.). Erst durch die Photographie bemerkt Schrenck-Notzing in einem bestimmten Fall, daß er falsch beobachtet hat (194 f.). Sein Vertrauen auf die Richtigkeit der sinnlichen Erkenntnis ist viel zu groß (274). Wer von der Realität der Erscheinungen überzeugt ist, kontrolliert nicht mehr genau (203). Experimenteller Nachweis, daß die Fußkontrolle nicht exakt war, trotzdem der Kontrolleur fest davon überzeugt war (231). über die Unfähigkeit okkultistischer Forscher einwandfrei zu beobachten (71). Falsch ist es, es auf den Gesamteindruck der verschiedenen Untersuchungen abzustellen (273). Eingehende Analyse des gesamten Beweismaterials ist erforderlich, wenn man sich ein Urteil bilden will (210). Zur Klärung eines Berichts über nicht nachprüfbare Vorgänge muß man sich über Kritik und Phantasie des Erzählenden gut unterrichten (161). Das Stenogramm muß genau sein. ist dies aber selten (210 f.). Durch das Diktieren eines Stenogramms während der Sitzung werden die anderen Teilnehmer leicht suggestiv beeinflußt (300). Sehrenek-Notzing hat wichtige Protokolle nicht veröffentlicht (435 Anm., Ziff. 6). Ein irreführendes Referat Osterreichs (488). Sitzungsberichte geben ein falsches Bild (193). Unzuverlässigkeit von Berichten auch erfahrener Forscher (208). Ein ganz besonders ausgezeichneter Bericht, der kaum übertroffen werden kann und trotzdem nicht ausreicht (200). Entstellung eines Berichts durch Oste rr eich (229). Es ist fast unmöglich, ein Referat über mediumistische Experimente so zu sichern, daß es schlüssige Gewißheit verschafft (188). Das Problem ist, festzustellen, ob die bei den Experimenten verwendete Methode geeignet ist, eine natürliche Erklärungsweise der berichteten Phänomene mit wissenschaftlicher Sicherheit auszuschließen (271). Ein Phänomen, das man sich nicht erklären kann, ist deswegen noch nicht okkult (153). Es ist eine irrige Annahme, daß der Inhalt einer bestimmten Beschreibung durch das Vorhandensein einer Anzahl ähnlicher Beschreibungen Tatsache werden kann (100). Es hängt oft alles von dem Vertrauen auf die Persönlichkeit des Untersuchenden ab (241). Bedeutung der Dunkelheit (83 f.), der Musik (84), der Kettenbildung (84 f.). Berichte statt Protokolle genügen nicht (210). Die zusammenfassenden Berichte geben keine objektiven Merkmale des momentanen Tatbestandes (105). Ihre Wertlosigkeit (101). Das Buch ist übrigens flüssig geschrieben. Sein Inhalt ist, soweit sich das eben ohne eigene Nachprüfung des Quellenmaterials beurteilen läßt; gediegen und zuverlässig. Die endgüldige Beurteilung der Versuche von Cr ook es mit Home (129) hat mich überrascht, da ich nach den vorher gemachten Feststellungen (124. 125) eine etwas schärfere Ablehnung erwartet hätte. Die Bedeutung des Falles Laszlo könnte meines Erachtens weit eindringlicher dargelegt werden; eine Umarbeitung dieses Abschnittes würde ich bei einer Neuauflage für erwünscht halten. Alles in allem kann ich sagen: Herausgeber, Verfasser und — für die mustergültige buchtechnische Ausstattung bei außerordentlich billigem Preis — auch der Verlag haben in gleichem Maße Anspruch auf unsere Dankbarkeit. Albert Hellwig (Potsdam).
Prof. Alfred Lehmann: „Aberglaube und Zauberei von den ältesten Zeiten an bis in die Gegenwart." Dritte deutsche Ausgabe übersetzt und nach dem Tode des Verfassers bis in die Neuzeit ergänzt von Dr. med. D. Petersen, Nervenarzt in Düsseldorf. Stuttgart, Enke, 1925. „Aberglaube und Zauberei" war ehedem das hauptsächliche Lehrbuch der kritischen Richtung innerhalb der okkultistischen Forschung. Da aber die zweite deutsche Auflage 17 Jahre lang keine Nachfolge fand und gerade in dieser Zeit die wichtigen Kämpfe um Schrenck-Notzing ausgefochten wurden, so galt das Werk bei uns als veraltet. Inzwischen ist 1920, kurz vor dem Tode Prof. L e h -
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manns, die zweite dänische Auflage erschienen, deren unifassende Umarbeitungen und Ergänzungen erst jetzt, in der dritten deutschen Auflage, dem deutschen Leser zeigen, welche Stell ing der Verfasser zur Weiterentwicklung des Okkultismus eingenommen hatte. Auf den Referenten wirkte diese Standpunktsanpassung einigermaßen überraschend; es ergibt sich aus ihr, daß Lehmann, wenn seine Haltung auch immer zurückhaltend und sehr kritisch blieb, doch nicht der unbelehrbare Verneiner war, als den ihn die Okkultisten hinzustellen pflegen. Er neigte wohl dazu, die Dinge rationalistisch zu vereinfachen, so daß auch seine Leser etwas zu vorschnell in das Fahrwasser der reinen Betrugshypothese gerieten. Aber wo neue Erscheinungen eindringlich an die Tür klopften, war L e h in a n n Empiriker genug, um sich zu fügen. In der zweiten Auflage sprach er nur von der Möglichkeit, daß es wohl eine Telepathie gebe. In der dritten dagegen bekennt er sich an mehreren Stellen unverhohlen zu ihr, was uni so merkwürdiger ist, als er die besten Stützen der telepathischen Hypothese noch gar nicht berücksichtigt. Die N ahversuche kennt er und überschätzt ihren Wert, von den viel wichtigeren telepathischen Fernversuchen dagegen erwähnt er bloß diejenigen von M iles und Ramsde n. Seine eigenen Versuche, radioaktive Wirkungen der Denkvorgänge im Gehirn zu ermitteln, hatten noch keinen deutlichen Erfolg, von den deutschen und russischen Versuchen, die bessere Resultate gezeitigt haben, wußte er noch nichts. Die große Bedeutung solcher Experimente für das Telepathieproblem würdigte er vollkommen und sagt (S. 679): „Wenn die Radioaktivität sich wirklich nachweisen läßt, hat man damit wahrscheinlich eine physikalische Unterlage für die telepathischen Wirkungen, deren Existenz sieh kaum bestreiten läßt". Cazzamalis Versuche würden also auch ihm als Auf findung des „missing link" in der Telepathiefrage erschienen sein. --- Ferner erkennt Lehmann einen Teil der Erscheinungen bei Eva C. als echt an; zwar nicht die Bildfiguren oder handartigen Gest alten, wohl aber die aus Brust. Schultern und Schenkeln anscheinend heraustretenden schleimartigen Massen. Von ihnen sagt er: „Hier kann schwerlich von einem Betrug die Rede >sein; es scheint sich um eine Sekretion von uns bisher unbekannter Art zu handeln, die, wie man annehmen muß, bei einem hysterischen Medium möglich ist." Da haben wir also zwar noch nicht eine Anerkennung der eigentlichen Materialisationen, wohl aber ein sich Anheischigmachen, die Grenzen der Taschenspielerei abzustecken. Wäre Lehmann Zeuge der Willy-Experimente gewesen, so wäre er vielleicht überzeugt worden. Dr. Petersen hatte als Fortsetzer eines Werkes, das ein geradezu universales Wissen verlangte, eine schwierige Aufgabe. Er mußte sich kurz referierend verhalten, nicht nur weil jedes eigene Analysieren und Eingehen in Detailfragen das Buch übermäßig umfangreich gestaltet hätte, sondern auch weil in diesem Falle Differenzen des Standpunktes zutage getreten wären. Petersen hat seine Aufgabe mit guter Kenntnis, mit Pietät und Takt gelöst. Freilich, bei der Beurteilung okkultistischer Experimente kommt es ja nur wenig auf das grobe „Was", sondern viel mehr auf das „Wie" und die Finessen an. Aber daraus folgt nicht, daß der Bearbeiter sich ins Kleine und Einzelne hätte vertiefen sollen, sondern nur, daß heute, wo die okkultistische Forschung sieh so kompliziert und widerspruchsvoll gestaltet hat, ein Kompendium dieser Art kein "Lehrbuch" mehr sein kann, nach dessen Lektüre man sich für fachkundig halten dürfte, sondern ein Einführungs- und Orientierungsbuch, das eine erste Übersieht über das riesige Gesamtgebiet zu vermitteln sucht. Als letzteres dürfte das Werk Le hmanns und Peter sens nach wie vor unentbehrlich sein R.Baerwald.
Graf Carl von Kl'inckowstroem: „Indische Zauberkünste". Waldenburger Schriften, Heft 4, 1925. Das Hauptinteresse der kleinen Schrift gilt dem „Seiltrick"; er besteht bekanntlich darin, daß ein Fakir ein Seil in die Luft wirft, welches in unwahrnehm-
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barer Höhe ohne sichtbaren Befestigungsgrund hängen bleibt. Ein Knabe klettert am Seil empor, der Fakir ihm nach, beide verschwinden in der Höhe. Die blutigen Glieder des Kindes fallen herab, der Fakir kommt wieder herunter, fügt die Glieder zusammen, und der Knabe steht plötzlich lebendig und unversehrt auf. Das Zauberkunststück vollzieht sich mit allerlei Varianten und Auslassungen, die obligaten Grundelemente sind das Stehenbleiben des Seils in der Luft und das Verschwinden der Kletterer in der Höhe. Kl. hat sämtliche ihm erreichbaren Berichte gesammelt und stellt fest, daß der Seiltrick, wenn er auch selten in Indien zu sehen ist, doch wirklich hier und da zur Ausführung gekommen ist. Er muß da, wo er lückenlos vorgeführt wird, auf Suggestion beruhen, auch der vielfach angezweifelte Zug, daß, wenn man die Vorgänge photographiert, nur der Fakir und eventuell auch der Knabe, lächelnd auf dem Boden hockend, auf der Platte sichtbar sind, kann als verbürgt gelten. Das Problem, das hier zu lösen bleibt, ist dies: Wie kann man ganze Massen von Menschen, die einer solchen Produktion zuschauen, so einheitlich in tiefe Hypnose versetzen, daß ihnen sämtlich die gleiche Halluzination suggeriert werden kann? Zu dieser für das ganze Kapitel der Massenhalluzinationen wichtigen Frage ergaben die Berichte folgendes: Nicht immer nehmen sämtliche Zuschauer an der Täuschung teil, manche blicken ganz unbeteiligt zu und wollen später nichts Auffallendes gesehen haben; nach Prof. Hans Hennings Annahme sind das namentlich solche Personen, welche die Sprache des Fakirs nich+ verstehen, so daß bloße Mentalsuggestion ohne Worte keine Rolle zu spielen scheint (eine Annahme, die sich aber mit dem Tnh alt anderer Berichte nicht deckt). Dr. Paul V ag ele r macht geltend, daß eine solche FIypnotisierung ganzer Massen bei uns im kühlen phantasiearmen Norden nicht glücken würde; in Indien aber wirken Hitze, einschläfernde Musik und die phantastische Anlage des Volkes zusammen, um derartige Wunder der Suggestion zu ermöglichen. Man muß sich, möchte Referent hinzufügen, auch vergegenwärtigen, wie entgegengesetzt sich mit Bezug auf Suggestibilität und somnambule Anlage die Auslese bei halb- und bei vollzivilisierten Völkern vollzieht; bei ersteren ist der Halluzinant ein Begnadeter, ein werdender Prophet, bei letzteren ein Anwärter auf das Irrenhaus. Schon hieraus ist es verständlich, daß im heutigen Indien wie im europäischen Mittelalter für Massenhalluzinationen ein weit geeigneter Boden vorhanden war: als im modernen Westeuropa. Schließlich führt Kl. zwei Fälle an, in denen einmal ein indischer Mahatma, ein andermal ein bekannter Hypnotiseur, allerdings in kleinerem Kreise, auch in Europa einer Gesellschaft Vorgänge vorspiegelte, die später als illusionär entlarvt wurden. Eine ungewöhnliche Schulung in der Konzentration, wie sie den indischen Esoterikern eigen ist, kann also wohl auch bei Europäern seltsame Massenhalluzinationen stiften. Richard B a er w al d.
Dr. G. Cohen- Hannover: „Das Wesen der Träum e. Eine psychologischmetaphysische Abhandlung." Dresden-Leipzig, Piersson, 1925. Unser „Ich" ist im Leben an den leidbringenden Körper, den Zellenstaat, gekettet. Im Schlafe lockert sich dieser Zusammenhang, wie uns namentlich die Fliegeträurne zeigen, in denen wir die Last des Körpers teilweise abschütteln. Darum sind wir im Einschlafen so glücklich, darum haben wir (?) fast nur harmonische und angenehme Träume. Je tiefer der Schlaf, je gründlicher die Loslösung vom Körper, desto beseligender der Traum, der Opium- und Haschischrausch beweist es. Der Traum ist aber nur eine Vorstufe des Todes, in dem das Ich sich ganz vom Körper befreit. Wie glücklich werden wir erst nach dieser totalen Befreiung sein! Meist halten wir die Eindrücke des Wachens für Wirklichkeit. die des Traumes für — nun eben für „Träume". Warum wohl. Man sagt: Weil die wachen Erlebnisse eine kontinuierliche Reihe bilden und sieh gegenseitig bestätigen, während die Träume wie isolierte Inseln in diesem zusammenhängenden Meere
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schwimmen. Aber ist denn das richtig? Auch die Träume prätendieren, einen Zusammenhang, eine Tradition zu besitzen. Ich träume, ich mache eine Abendgesellschaft mit, und erinnere mich ganz sicher, vorgestern die Einladung dazu erhalten und heute abend längere Zeit Toilette dafür gemacht zu haben. Ich träume von einer Gegend, die ich wachend nie gesehen, und bin im Traum gewiß, sie seit Jahren zu kennen. "Aber diese Tradition widerspricht doch der Erfahrung des wachen Lebens!" Was tut das, sie kann trotzdem wirklich sein, wir waren uns ihrer im Wachen nur nicht bewußt, es handelt sich hier um zwei Wirklichkeiten, die auf verschiedenen Ebenen liegen. Wenn wir aus einem Traum erwachen, sind wir oft überrascht und müssen uns erst sammeln, im Beginn des Traumes sind wir es nie, sind sofort im Bilde, fühlen uns gleich heimisch und alles Erlebte selbstverständlich, selbst wenn wir fliegen oder Millionäre sind. Die Traumwirklichkeit liegt uns also näher, ist uns natürlicher als die Wachwirklichkeit. Haben wir uns einst im Tode ganz vom Körper befreit und sind völlig in die Traumwirklichkeit übergegangen, so werden wir auch keinen Verlust, keine Veränderung merken. nur eine entbehrliche Nebenreihe von Erlebnissen ist weggefallen. Im leichten Schlaf freilich hängen wir noch eng mit dem Körper zusammen, Sinnesreize verweben sich in den Traum, so daß z. B. Uhrticken sich in die Fußtritte eines die Treppe heraufkommenden Mannes verwandelt, Erinnerungen de:, gestrigen Tages, Wünsche für den kommenden Tag werden zu Träumen des flachen Schlafes und können nicht als Wirklichkeit angesprochen werden. Aber wenn der Schlaf sich vertieft, verschwinden mit wachsender Lockerung vom Körper diese rein subjektiven Träume (?) und die realen beginnen.* Aber selbst die Träume des leichten Schlafes sind keine chaotisches Durch. einander, sie haben Sinn und Zusammenhang. Nicht das Ich hat diesen Zusammenhang ersonnen, denn es weiß nichts davon, auch wehrt und verteidigt es sich oft gegen die Geschehnisse, die im Traum auf es eindringen, auch reden Traumgestalten zuweilen undeutlich und unverständlich, was alles unmöglich wäre, wenn das Ich selbst der Dichter seiner Träume wäre. Es gibt also andere, traumwirkende Mächte außer uns. 17nd sie müssen z. T. gleichfalls in unserem Körper wohnen, denn körperliche Sinnesempfindungen spielen, wie gesagt, in den Traum hinein. Unser Ich beherrscht ja nicht unseren ganzen Körper, wie die unbewußten und organischen Vorgänge beweisen. Der Organismus besteht aus Milliarden Zellen, jede ist ein lebendes Wesen, muß also auch eine Seele haben (?). Alle diese Ichs sind von der Außenwelt ähnlich beeindruckt wie unser bewußtes Ich, nur merken sie im Wachen nichts voneinander, weil ihre Wechselwirkung durch das Getöse der Außenwelt überdröhnt wird. Sie gleichen vielen, in Logen sitzenden Theaterbesuchern, die alle die Bühne, aber nicht einander sehen können. Rückt uns aber im Traum Körper und Außenwelt ferner, dann fallen die Logenwände, die zahllosen Ichs treten in sichtbaren Verkehr miteinander, sie werden meine Traumpersonen. In unsichtbarem Verkehr standen sie schon früher mit ..mir", die Einladung zu jener geträumten Gesellschaft hat mir mein Zellennachbar schon während meines Wachens zukommen lassen, nur blieb mir das damals unbewußt, jetzt, im Traum, wird es erinnert. Aber nicht nur meine Zellennachbarn bilden die Wirklichkeiten meiner Träume. Wir träumen zuweilen von himmlischer Musik, überirdisch schönen Gestalten. Das kann nicht aus unserem Körper stammen, die Wirklichkeit höherer Sphären enthüllt sich uns in solchen, von Erdenschwere ganz befreiten Träumen. Man sieht, Cohen ist bei der Leibniz sehen Monadenlehre angelangt. Nur hat er deren bestes Stück, den Entwicklungsgedanken, verloren, denn seine Ichs sollen, weil absolut einfach, unveränderlich sein. Das Buch ist eine Begriffsdichtung, in der eine gedankenreiche, sinnige, gesund-harmonische, frohgestimmte (also auch Leibniz ähnliche) Persönlichkeit sich spiegelt. Sie hat die ästhetischen und kulturhistorischen Werte einer solchen Dichtung; über ihren Wahrheitswert läßt sich natürlich streiten. R. Baerwald. .
Erklärung. Herr Dr. Rudolf Tise hn er hat die Schriftleitung der Zeitschrift „Der Okkultismus" (Verlag Gustav Wittler, Bielefeld) übernommen und ist deswegen aus unserer Redaktion ausgeschieden. Wir erhoffen von diesem Wechsel einen Gewinn an Beziehungen, denn beide Organe gedenken gute Kameradschaft zu halten und einander durch Mitarbeit zu fördern. An Stelle des Herrn Dr. T is ah n er ist 'Herr Graf P er ov skyP et rovo-Solovovo, Brüssel, in unser Redaktionskollegium eingetreten. Unser Programm der Parteilosigkeit erleidet durch den Personenwechsel keine Änderung. Daß bisher mehr Gegner als Anhänger des Okkultismus in unserem Blatte das Wort ergriffen haben, beruht auf Umständen, auf die wir keinen Einfluß haben. Die Schriftleitung.
Der „Hellseher" Ludwig Kahn und seine Untersucher. Von Geheimem Sanitätsrat Dr. Albert Moll. In den letzten Jahren vor dem Kriege veranlaßte in Süddeutschland ein Mann namens Ludwig Kahn durch angebliches Hellsehen eine gewisse Erregung. Durch den Freiburger Universitätsprofessor Max Schotte] ius wurde der Fall allgemeiner bekannt. Von ihm erschienen mehrere Veröffentlichungen, eine in der naturwissenschaftlichen Zeitschrift Kosmos, Dezember 1913. Schotte s teilte dort zunächst einiges über die Persönlichkeit Kahns mit; wenn er auch den Namen nicht nannte und einen falschen Anfangsbuchstaben angab, so kann es sich doch nur nm Ludwig Kahn gehandelt haben. Dieser war 1913 etwa 40 Jahre alt und hatte eine recht bewegte Vergangenheit hinter sich. Als Dreijähriger habe er eine auffallende Begabung für Rechnen gezeigt; er konnte damals schon mit fünfstellige"' Zahlen im Kopfe arbeiten. Er wanderte bald nach Amerika aus; dort soll er seine Gabe als Gedankenleser entdeckt und damit viel Geld verdient haben. Im September 1912 ist Kahn nach Deutschland zurückgekommen und wohnte eine Zeitlang in Freiburg i. Br. Dort wurde er von Schottelins untersucht. Die Visitenkarte Kahns lautete: „Professeur Akldar, Paris, London, New York". Zeitschrift für Okkultismus. I.
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Einen von ihm vorgenommenen Versuch beschreibt Schott eli n s in folgender Weise: „In meinem Arbeitszimmer befand ich mich mit K. 1) allein. Er beauftragte mich, drei Zettel — ich teilte ein Oktavblatt Schreibpapier in vier Teile und benutzte davon drei — mit irgend welchen Sätzen oder Zahlen in seiner Abwesenheit zu beschreiben, die Zettel vielfach fest zusammenzufalten, in die geschlossene Hand zu nehmen und ihn dann wieder in das Zimmer zu rufen." Schottelius führte Kahn hinaus, ging in sein Zimmer zurück, verschloß die Doppeltüren und überzeugte sich, daß auch alle anderen Türen fest geschlossen waren. Dann schrieb er folgende drei Notizen nieder : 1. Trüb nie den Brunnen, der dich tränkte. Wirf keinen Stein herein. 2. 15. November 1849. 3. Afar ata weel afar teschub. Er faltete dann die Zettel achtfach zusammen, nahm zwei in seine linke, einen in seine rechte geschlossene Hand, und min rief er K. hinein, nachdem er sich überzeugt hatte, daß dieser noch neben der Personen wage stand, die sich in dem anderen Zimmer befand, und an die er ihn herangeführt hatte. „K. schloß die Tür hinter sich undtrat neben meinen Schreibtisch, an dem ich mit den Zetteln in den geschlossenen Fäusten Platz genommen hatte. K. sagte mir dann, ich möge einen der drei Zettel irgendwo im Zimmer hinlegen und nur einen in jeder Hand behalten, damit er mir jeden Zettel für sich vorlesen könnte." Schotteuns legte darauf einen der beiden in der linken Faust befindlichen Zettel — ohne die rechte Hand zu öffnen — abgekehrt von K unter die Schreibunterlage seines Tisches. K. fragte ihn, welchen Zettel er zuerst lesen solle, den in der rechten Hand, den in der linken oder den unter der Unterlage. „Ich selbst wußte nicht, welches der Inhalt des rechten, des linken und des dritten Zettels war, da ich sie alle ganz gleich zusammengefaltet und geschlossen in die Hände genommen hatte." Schottelins verlangte jetzt, daß der Zettel, den er in der rechten Faust halte, verlesen würde, und er zeigte ihm die geschlossene rechte Faust. K. stand etwa anderthalb Meter rechts von Schotte liu s neben dessen Schreibtisch. Er sah nicht auf die geschlossene rechte Faust des Schotte liu s , sondern starrte schräg nach oben ins teere. Er nahm einen Bleistift von 5 eh o tt el ins' Schreibtisch und kritzelte damit auf das Papier eines Notizblockes zitternde Striche und Punkte. „Nüch kaum einer Minute sprach K.: ‚Trüb ein — — ‚Nein,' sagte ich, ‚der erste Buchstabe des Wortes ist ein n, der letzte Buchstabe des Wortes ist ein e.' — ,Ach so, ja,' antwortete K., und las schlank den etwas undeutlich mit deutschen Lettern geschriebenen Talmudvers vor, den ich in zwei') Wortreihen in kleiner Schrift auf dein vielfach zusammengefalteten Zettel in der rechten Faust hielt." ') Ich setze statt des von S ch o t telt us gebrauchten unrichtigen Anfangsbuchstabens H. den richtigen, K. `2 ) Das ist falsch ; es warer drei Wortreihen.
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Schott el iu s war, wie er beschreibt, erschrocken, eine Art Gänsehaut lief ihm über den Rücken. Den Inhalt der beiden anderen Zettel las K. nach dem Bericht von Scho ttedius ebenso sicher und fehlerfrei. lieber Kahn wurden dann noch weitere ähnliche Mitteilungen gebracht; unter anderen suchte Robert M ey er aus Berlin ihn auf. R obert Meyer 1 ) hob den Mut von Schottelius hervor. Er kam zu einem nicht ungünstigen Urteil über K. Er hatte mit ihm an vier Tagen Unterredungen. Zunächst ergab sich, daß K. selbst gar nicht an sein Hellselie,n glaubte. Die Annahme der Beobachter, sie hätten die Zettel so vertauscht, daß sie sie angeblich nicht kannten, sei falsch, sie hätten sie unbewußt doch gekannt, sagte Kahn. Robert Meyer kam zunächst zu dem Ergebnis, daß vielleicht Kahn wohl ein Gedankenleser in der Art Cumberlands sei, der durch Mienen und andere unwillkürliche und unbewußte Zeichen des Experimentators den Inhalt der Zettel erfuhr. Robert Meyer hat später') diese Vermutung korrigiert. Hatte er früher schon das Hellsehen nicht angenommen, auch nicht einmal eine Telepathie, sondern eine unbewußte Zeichengebung, so kam er durch Beobachtung eines ähnlichen Hellsehers, des „Professor" Reese 3) aus New York, zu einem anderen Ergebnis. Auch Reese arbeitete mit mehreren Zetteln. Meyer kam zu dein Ergebnis, daß Reese die Zettel vertauschte und einen substituierte. Unabhängig von Robert Meyer hat später 13. B jrn b au m 4) in zwei Sitzungen Beobachtungen bei Reese gemacht, und er hat einwandfrei das Vertauschen des Zettels in der zweiten Sitzung festgestellt. Bi T ab a um hat am 9. Februar 1924 einen Vortrag in der von mir geleiteten Psychologischen Gesellschaft über den Fall Reese gehalten. Er war unabhängig von Meyer, dessen Arbeit er damals noch nicht kannte, zu dem gleichen Ergebnis wie dieser gekommen. Wenn man vier Zettel hat und Reese anscheinend den Inhalt des ersten zusammengefalteten Zettels mitteilt, sagt er in Wirklichkeit den Inhalt eines anderen Zettels, den er im Augenblick der Berührung gegen einen mitgebrachten vertauscht und dadurch herauseskamotiert hatte. Wenn er jetzt scheinbar den zweiten Zettel mitteilt, so sagt er das, was auf dem ersten Zettel stand, den er, da die Aufmerksamkeit der anderen nicht auf ihn gelenkt ist, entfaltet hatte. Wenn er den dritten Zettel angeblich las, nannte er das, was er nun auf dein zweiten Zettel gesehen hatte usw. Daß Reese mit diesem Trick arbeitete, kann als ganz sicher gelten. Robert Meyer hatte nun weiter die Frage geprüft, ob es sieh nicht auch bei Ludwig Kahn um ein gleiches handelte, und er weist zunächst auf gewisse Gleichm3ßigke4en, auch in den äußeren Lebens') Berliner Klinische Wochenschrift 1914, Nr. 23. 2) Berliner Klinische Wochenschrift 1914, Nr. 32. 3) Reese heißt in Wirklichkeit Riese und ist kein amerikanischer Professor, sondern ein Kaufmann, der aus Pudewitz in der früheren Provinz Posen stammt. 4 ) Vergleiche den Bericht in der Zeitschrift für Psychotherapie und medizinische Psychologie. Stuttgart 1924, VIII. Bd., 5./6. Heft, S. 368 ff.
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umständen, von Reese und Kahn hin. Beide waren in früher Jugend nach ihren Angaben nach Amerika geschickt, beide lebten in New York, und Kahn hätte auch den Trick in Amerika erlernt 1 ). Robert Mey er teilte noch weiteres aus der Vergangenheit Kahns mit und kam zu dem Ergebnis, daß es sich auch bei Kahn um Vertauschung von Zetteln handle. Er schloß die zweite Arbeit mit den Worten : „Der Fall Reese und der Fall Kahn hören somit auf, die Wissenschaft anzugehen ; es gibt dafür nur ein kriminalistisches Forum." Schon vor einiger Zeit las man, daß Kahn großes Aufsehen in Paris bewirke, den ersten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, u. a. Poincare, Loucheur, die Gabe seines Hellsehens gezeigt hätte und von Okkultisten untersucht würde. Den Bericht dieser Untersuchungen bringt Eugene Osty in zwei Heften der Revue Metapsychique, und zwar vom März/April und Mai/Juni 1925 2). Die meisten Untersuchungen, über die Osty beridtet, fanden nicht, wie die von S c hottelius , unter vier Augen statt, sondern es waren mehrere Personen zugegen. Die Sitzungen fanden am 4. Februar, 7. Februar, 21. Februar, 10. März und 23. März 1925 statt. Nehmen wir als Beispiel etwa den folgenden Versuch vom 3. März : Leiter der Sitzung ist Riehet. Als Beobachter nehmen teil : Berth e1 o t Ferrie, Riehet Vater, Riehet Sohn, Lassabliere, Ripert, Frau L e B er und 0 sty. Experimentatoren sind Bertb elot und Frau Le Ber. Kahn fordert sie auf, sie möchten jeder auf zwei Zettel schreiben. Berthelot und Frau Le Ber bleiben allein in Richets Atbeitszimmer, Kahn und die anderen gehen in den daneben liegenden Salon, der durch eine Doppeltür von dem Arbeitszimmer getrennt ist. 1) Die Gleichartigkeit in den Lebensschicksalen von Reese und Kahn wird zum Teil auch dadurch erklärbar, daß sich tatsächlich beide gut kannten Bei einer gerichtlichen Vernehmung hat der am 21. Juni 1873 in Offenburg geborene Kahn folgendes angegeben : „Ich besuchte in Offenburg die höhere Bürgerschule bis zu meinem 14. Lebensjahre, dann ging ich 1888 nach Amerika zu meinem Schwager, Kaufmann Schott in Mississippi. Nachdem ich in seinem Geschäft die englische Sprache erlernt und etwa 3 Monate bei ihm gearbeitet hatte, war ich etwa 6 Monate in Memphis in einem Geschäft angestellt. Während meines Aufenthalts in Memphis lernte ich einen Professor Rees kennen, der als Gedankenleser tätig war, und wurde durch den Verkehr mit ihm darauf gebracht, mich ebenfalls mit derartigem zu befassen. Ich war eine Zeitlang sein Gehilfe, machte mich aber schon im Alter von 16-17 Jahren (1888/1890) selbständig." 2) Eine Übersetzung dieser Arbeit durch Tischner findet sich in den Psychischen Studien, Oktober und November 1925. Diese von S ünn er herausgegebene Zeitschrift enthielt im März 1924 ein Artikelchen von S im n n e r , in dem es u. a. heißt, daß Ludwig Kahn ein „amerikanischer Humbugprofessor" sei und eine übelberüchtigte Existenz. Er sei, ebenso wie Reese, schon von Robert Meyer als Spielernatur abgetan worden, und zwar mit dem Schlußsatz : „Der Fall Reese und der Fall Kahn hören somit auf, die Wissenschaft anzugehen ; es gibt dafür nur ein kriminalistisches Forum".
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Kahn nimmt an der Unterhaltung im Salon teil und spricht fast dauernd. Berthelot schreibt unterdessen auf zwei Stücke von Papier, das er mitgebracht hat, und Frau Le Ber auf zwei Stücke von Papier, die von dem Arbeitstische 'ffichets stammen. Nach dem Schreiben werden die Papierstücke gefaltet. Berthelot öffnet die Tür zum Salon und teilt Kahn mit, daß alles bereit sei. Berthelot und Frau Le Ber halten ihre beiden Papiere fest in ihren Händen geschlossen. Kahn bleibt etwa anderthalb Meter entfernt vor ihnen stehen. Berthelot vereinigt jetzt alle Zettel in seiner Hand, er schüttelt sie hin und her und gibt auf das Geratewohl zwei davon Frau Le Her. Es hält jetzt jeder von ihnen zwei Zettel in der Hand, deren Inhalte die Haltenden nicht kennen. Kahn fragt, mit welcher Hand er beginnen solle; Berthelot antwortet, er solle mit Frau Le Ber beginnen. Frau Le Ber zeigt ihre geschlossen, linke Hand. Kahn bittet, dieses erste Papier berühren zu dürfen. Er macht es sehr schnell mit der Spitze des Zeigefingers, ohne (laß Frau Le Ber den Zettel losläßt, und sofort schließt sie wieder ihre Hand über dem Papier. Keines der anderen Papiere wird von Kahn berührt, und es geschieht das auch nicht im weiteren Verlauf. Kaum ist sein Finger in Kontakt mit dem Papier, da ruft Kahn aus: „Es ist schon fertig. Dieses Papier ist nicht von Ihnen beschrieben, sondern von Herrn Berthelot. Es steht darauf: ,vul . . . vulnant omnes . . . ultima ecat ." Das geöffnete Papier enthält, von Berthelot mit Tinte geschrieben: Vulnerant emnes, ultima necat. Berth.elot hatte den teilweisen Irrtum mit _Beziehung auf das Wort v ulnerant nicht bemerkt. Kahn hat den Irrtum nicht richtiggestellt, während er fast stets die entstellten Wörter verbessert, wenn man ihm sagt, es sei ein Irrtum vorhanden. Kahn fragt, zu welcher Hand er jetzt sich wenden solle. Berthelot zeigt seine rechte Hand. Sofort sagt Kahn : „Es befindet sich dort: ,Aris . . . Aristees panakaion‘." Berthelot entfaltet das in seiner rechten Hand gehaltene Papier und findet den Text, den er mit Bleistift geschrieben hatte: Aristees panakaion. Jetzt geht Kahn ohne Verzug und ohne Anstrengung zur linken Hand von Berthelot über, dann zur rechten Hand von Frau :Le Ber und er gibt an, was sich auf jedem Zettel findet. Ähnlich verliefen die meisten Versuche, bis auf die unter vier Augen, ähnlich wie bei Schotte ii u s, vorgenommenen. Nun sagt Osty, daß sich zwei Rätselaufgaben bei Kahn finden : 1. die Wiedererkennung des Schreibers und 2. die Enthüllung des Ge-
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schriebenen. Osty fügt hinzu : „Diese Phänomene hängen von einer Physik ab, die wir noch nicht kennen. Sie setzen die Wahrscheinlichkeit von energetischen Ausscheidungen voraus, von Ausstrahlungen, für die unsere gewöhnlichen Sinne unempfindlich sind, für die aber gewisse Personen eine Sensibilität haben, die so weit beeindruckt wird, dass sie sich in Sensationen überträgt". Ich gestehe, daß dieser Satz allein schon das größte Mißtrauen gegen die Fähigkeiten der Experimentatoren für Untersuchungen erwecken muß. Es ist vollkommen unklar, wie die Experimentatoren sich hier in Theorien verlieren, denen jede Voraussetzung fehlt. Was mich gegen die Experimentatoren so mißtrauisch macht, ist zunächst die Tatsache, daß sie bei der Frage vor einem Rätsel stehen, wie Kahn den Schreiber jedes Zettels erkennt, und zwar ehe dieser entfaltet ist. Schon aus den Versuchen von 5 eh ottelius geht hervor, daß alle Zettel verschieden gefaltet sind. Er hat die Photographien der geschriebenen Zettel sowohl geöffnet wie gefaltet veröffentlicht; alle vier gefalteten Zettel sind voneinander äußerlich verschieden. Man wird auch bei den Pariser Versuchen vermuten können, daß die gefalteten Zettel . voneinander abweichen. Mehrere Zettel sind geöffnet reproduziert. In dem einen Fall zeigt sich ganz deutlich, daß schon Form und Größe der drei Zettel vollkommen verschieden ist. Der eine Zettel ist in der Veröffentlichung (die in verkleinertem Maßstabe erfolgte) etwa 4,5 cm lang, an der einen Seite 1,8 cm, an der anderen Seite 1,5 cm breit. Ein zweiter Zettel dieser Gruppe ist 4,2 cm lang, auf der einen Seite 3,6 ein, auf der anderen 3,1 cm breit. Der dritte Zettel ist an der einen Längsseite 4,7 cm lang und auf der einen Seite 3,5 cm breit. Die beiden anderen Seiten messe ich nicht, denn es ist ein großes Stück abgerissen. Diese drei Zettel können kaum so gefaltet werden, daß sie nach der Faltung gleich aussehen und ununterscheidbar sind. Diese drei Zettel dienten freilich einem Versuche, bei dem nur ein General experimentierte. Aber grundsätzlich ist es von großer Wichtigkeit, daß diese Zettel ganz deutlich voneinander verschieden sind. Auch in einem anderen Fall sind die Zettel veröffentlicht, und sie zeigen, zumal da sie gerissen zu sein scheinen, ebenfalls deutliche Unterschiede. Aber auch wenn das nicht der Fall wäre und wenn man genau kongruente Zettel nimmt, sind sie voneinander zu unterscheiden. Zunächst sieht ein weißes Blättchen nicht genau aus wie das andere. Man findet oft kleine im Papier gelegene Pünktchen. Daß man darauf geachtet und solche Fehler vermieden hätte, davon erfahren wir nichts. Ferner aber falte man einen kleinen Zettel mehrfach, so wird man linden, daß die Faltung auch dann nicht ganz gleichmäßig wird und die theoretisch zueinander passenden Ränder bei dem einen Zettel nicht genau so liegen wie bei dem anderen. Man kann eher einen zweimal gefalteten Zettel dem anderen möglichst ähnlich machen, einen achtmal gefalteten, selbst mit dem schönsten weißen Papier, wird man kaum bei Aufwendung von ganz besonders großer Mühe imstande sein, einent
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anderen ebenso oft gefalteten Zettel so ähnlich zu machen, daß er nicht -ohne weiteres zu unterscheiden ist. Ich mache ferner auf folgendes aufmerksam : Je häufiger man zwei Zettel faltet, um so kleiner wird die Wahrscheinlichkeit, daß die beiden Zettel die freien Ränder: und Faltungen gleichmäßig verteilt zeigen. Faltet man einen Zettel einmal, so ist die Verteilung gleichmäßig, faltet man den Zettel jetzt noch einmal, so ist die Verteilung ebenfalls noch gleichmäßig. Bei der dritten Faltung gibt es schon zwei Möglichkeiten, auch wenn man beide Zettel in derselben Linie faltet. Sind bei der dritten Faltung die freien Ränder links, so entsteht eine andere Faltung, als wenn sie rechts stehen. Jeder kann sich ganz leicht überzeugen, daß dann das Aussehen der Zettel sofort verschieden wird, weil dabei in. dem einen Fall die Lage der früheren Faltung zu den freien Rändern verschieden wird. Faltet man noch weiter, so wird jedesmal die Wahrscheinlichkeit einer anderen Faltung 50 °/, sein usw. Also ist die Wahrscheinlichkeit der gleichen Faltung bei der ersten Faltung 100 °/,„ bei der zweiten Faltung ebenfalls 100 0 /0 , bei der dritten Faltung 50 0 / 0 , bei der vierten 25 7 0 , bei der fünften 12 1 /2 °/0 , bei der sechsten Faltung 9/„, bei der siebenten 37,7,, bei der achten Faltung 1 5 /,°/,. Je häufiger man faltet, uni so größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß die beiden Zettel schon durch die Lage der Falten sich voneinander unterscheiden lassen. Bei der achtmaligen Faltung ist die Wahrscheinlichkeit des Unterschiedes schon 987 8 %, d. 11. man ist nahezu sicher, daß sich die Zettel schon durch die Lage der Falten voneinander unterscheiden lassen, selbst wenn sie ganz gleiches Papier haben, und selbst wenn das Zusammenfalten so genau erfolgt, daß Rand auf Rand jedesmal scharf aufliegt. Daß aber auch dies im allgemeinen nicht der Fall ist, habe ich schon erwähnt. Haben denn die Pariser Untersucher nicht an diesen einfachen Tatbestand gedacht, als sie sich die .Frage vorlegten, woher kommt es, daß Ludwig Kahn jedem Schreiber seinen Zettel zuweist? Bei gutem Auge ist nur eine Übung von wenigen Stunden nötig, um dieses Ziel zu erreichen, und nun bedenke man, daß Ludwig Kahn Jahrzehnte mit diesem Wunder herumreist. Man wende etwa nicht ein, daß Kahn die Mischung der Zettel nicht sieht. Das Gegenteil ist nach der Schilderung der Fall. Die Faltung erfolgt in Kahns Abwesenheit, die Mischung und Weitergabe der Zettel vor seinen Augen. Es sitzt jeder mit seinem Zettel oder seinen Zetteln vor Kahn. Dieser braucht, da sich die Zettel voneinander unterscheiden lassen, nur zu merken, welchen gefalteteia.Zettel zunächst der eine, welchen der zweite, welchen der dritte hat. Dann kann er nachher, wenn er den Zettel wieder sieht, sofort sagen, ob der ihn Haltende den eigenen Zettel oder den eines andern hält. Ich komme zu dem Ergebnis, daß ein achtmal gefalteter Zettel aus dem schönsten weißen Papier durchaus von einem anderen ebenfalls achtmal gefalteten Zettel zu unterscheiden ist, und infolgedessen Kahn ohne weiteres auch nach dem Mischen und Ver-
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tauschen imstande ist, jedem zu sagen, von wem der Zettel, den einer in der Hand hat, beschrieben ist. Daß er den Zettel sehen kann, ist gar nicht zweifelhaft. Ohne diesen einfachen Kniff auszuschließen, werden uns Gedankengänge entwickelt von EM an ationen und Radiationen. Dazu gehört in der Tat schon eine erhebliche Kritiklosigkeit. Wenn wir nun aber uns sagen, wie sehr die Experimentatoren, einschließlich Riehet, ihren Mangel an Begabung für Experimente ausschließlich durch das Nicht-Erkennen dieses Tricks bewiesen haben, so werden wir ihren anderen Angaben schon recht mißtrauisch gegenübertreten. Dabei haben wir zu berücksichtigen, daß für den Hellseher die nötige Stimmung etwas Wesentliches ist, und die Stimmung, die Überzeugung von einem Wunder ist, wie gerade die Berichte zeigen, bei den Experimentatoren schon dadurch hervorgerufen, daß sie in der Wiedererkennung des Schreibers eine okkulte Leistung, eine Kryptästhesie erblicken, dabei an Emanationen und andere gelehrte Dinge denkea. Man wende etwa nicht in der beliebten Weise ein, die beiden werden schon „die Zettel so gehalten haben, daß Kahn es nicht gesehen hat." Aus der ganzen Beschreibung geht vielmehr hervor, daß allen Teilnehmern • die Fähigkeit, die Bedeutung dieses Sehens zu erkennen, abgeht. Und deshalb muß nicht die Möglichkeit, sondern die Gewißheit, daß Kahn gesehen hat, wer vor dem Tausch den einzelnen Zettel hielt, nach wissenschaftlichen Voraussetzungen angenommen werden. -
Noch mehr zeigt uns das Verhalten Kahns bei den Versuchen. Es muß jedem auffallen und ist sogar den Pariser Untersuchern aufgefallen, daß Kahn so häufig einen Zettel zu berühren fordert. Das hat er auch in diesem eben geschilderten Versuche getan. Aus der Beschreibung sehen wir, wie das Berühren verlief. Frau Le Ber, Richets Tochter, zeigt ihre linke geschlossene Hand. Kahn verlangt, daß er dieses erste Papier berührt; er macht das angeblich nur mit der Spitze des Zeigefingers, ohne daß Frau Le Ber angeblich das Papier Iosläßt, und sofort schließt sich ihre Hand über dem Papier. Es gehört nicht viel Fähigkeit dazu, zu sehen, was in diesem Augenblick Kahn gemacht hat ; Kahn hat den Zettel vertauscht. Jeder auf diesem Gebiete erfahrene Taschenspieler macht die Kunst nach, ein Geldstück oder Stück Papier, das jemand in der Hand hat und das er berührt, mit einem anderen zu vertauschen. Das andere ist vorher in seiner hohlen Hand verborgen, und in diese kommt nachher der berührte Zettel. Dieses Vertauschen ist ein so alter Taschenspielertrick, daß ich einstweilen auch bei Kahn dessen Ausführung annehme. Daran ändert auch nichts, daß Frau Le Ber behauptet, er hätte den Zettel nur mit dem Zeigefinger berührt. Für eine klassische Zeugin kann Frau Le Ber nicht gerade gelten, ebensowenig wie die anderen, nach dem, was ich oben schon erwähnt habe. Dabei ist zu berücksichtigen, daß Frau Le Ber die Zettel in der hohlen Hand gehalten hat, dafür spricht die Erwähnung von der geschlossenen Hand. Schwerer wäre es, den Zettel zu vertauschen, wenn sie ihn nur mit zwei Fingern hielte, etwa zwischen
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Daunien und Zeigefinger der Hand. Aber auch dann würde es einem gewandten Taschenspieler möglich sein, besonders durch Ablenkung der Aufmerksamkeit, einen anderen Zettel zwischen Daumen und Zeigefinger hineinzuschieben und den richtigen herauszunehmen. Ich erinnere hier an die „Schere" des Taschendiebes. Es wird uns nicht mitgeteilt, wie Frau Le Ber und in den anderen Fällen die anderen Experimentatoren, als Kahn einen Zettel berührte, es kontrollierten, daß sie denselben Zettel in der Hand behielten. Nichts davon findet sich, ob sie es mit den Augen, ob sie es mit dem Gefühl allein kontrollierten. Das Wichtigste ist in solchen Fällen aber die Ablenkung der Aufmerksamkeit, und wie es bei den Pariser Versuchen zuging, darüber werde ich sofort weitersprechen. Nun wird allerdings im Bericht sehr oft behauptet, Kahn hätte die anderen Zettel nicht berührt, er hätte also beispielsweise zwar den ersten Zettel, nicht aber die drei anderen berührt. Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube. Hier haben wir uns zunächst die Frage vorzulegen, wie der ganze Bericht zustandegekommen ist, und in dieser Beziehung haben wir das Analogon von dem, was ein Berliner Okkultist in neuerer Zeit „Kompromißprotokoll" genannt hat. Die Teilnehmer treten nachher zusammen, jeder erzählt, was er beobachtet hat, und danach wird ein „Protokoll" zusammengestellt. Hat ein solches Protokoll irgend etwas mit Wissenschaft zu tun? Mancher Berliner Okkultist hat vielleicht allmählich einzusehen begonnen, daß ein solches „Kompromißprotokoll" allen wissenschaftlichen Wertes ermangelt. Um so typischer ist es, daß Pariser Okkultisten offenbar noch denselben Weg wandeln, womit ich nicht etwa sagen will, daß sonst die Berliner ihnen überlegen sind. Denn auch diese werden wohl auch fürder ihre alten, unwissenschaftlichen Methoden anwenden. Daß ich mit dem Kompromißprotokoll in Paris nicht nur unbegründete Behauptungen aufstelle, ergibt sich aus dem Aufsatz Ost ys. Hier heißt es z. B. bei der Sitzung vom 4. Februar am Schluß des ersten Versuchs (5. 72): „Alle Anwesenden vereinigen sich dann im Salon. Die Erzählung von dem, was vorgegangen ist, erfolgt der Reihe nach durch jeden der Professoren in dem, was sie betrifft. Was man eben gelesen hat, ist die Reproduktion davon." Die Reproduktion sagt durchaus nicht, was jeder einzelne gesagt hat. Es wird nur eine summarische Zusammenfassung gegeben, die 0 sty offenbar aus den Mitteilungen der einzelnen gewonnen hat. Wie die Mitteilung jedes einzelnen lautete, und was jeder gesagt hat, davon erfahren wir nicht das geringste. Es muß diese Art Berichterstattung als ein Kardinalfehler bezeichnet werden. Unbedingt mußte jeder einzelne mitteilen, was er beobachtet hat, und zwar jeder für sich allein, ohne daß er mit dem anderen sprach. Ich_ halte es nicht gerade für unwahrscheinlich, daß sich dann schon manche Differenzen ergeben hätten, die die Untersucher wenigstens hätten belehren können, wie trügerisch solche „Beobachtungen" sind. Das Kompromißprotokoll scheint auch sonst der Bericht zu bieten. Beim zweiten 'Versuch heißt es wieder: „Diese drei Experimentatoren -
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gaben, nachdem sich alle Teilnehmer der Sitzung vereinigt hatten, über den Ablauf dieses zweiten Teils einen Bericht. Sie bezeugen das Wunderbare des Phänomens. Kein Einwand ihrerseits wird ausgedrückt." Auch das zeigt, wie der Bericht zustarde gekommen ist. Auch hier erzählen wieder die Teilnehmer etwas, und danach wird der Bericht gemacht. Was jeder einzelne gesehen hat, erfahren wir nicht. Stets hätte jeder getrennt seine Beobachtungen aufschreiben müssen, um wenigstens eine Vergleichsmöglichkeit zu bieten. Noch einige weitere Punkte, die uns zeigen, daß doch nicht die nötige Zuverlässigkeit den Teilnehmern eigen war. Bei dem einen Versuch hatte Humbert mit Bleistift folgendes geschrieben: Une epidemic de variole sevit parmi les Indiens de Montreal en l'annee 1498. In einer Anmerkung des veröffentlichten Berichts heißt es nun: „Nach der Sitzung sagte Dr. Humb er t zu mir (d. h. zu 0 s ty): ",Ich bitte Sie, in dem zur Veröffentlichung bestimmten Bericht (compte rendu) den Lapsus, den ich begangen habe, auszubessern (reparer). An Stelle von 1498 setzen Sie 1640. Man würde mir einen groben Irrtum zuschreiben." Humbert sagt etwa nicht zu 0 st y, er solle nachträglich mitteilen, daß er (II um b ert) sieh geirrt urd diesen Irrtum nach der Sitzung richtiggestellt hätte, sondern nach der eigenen Mitteilung von 0 st y hat num b er t verlangt, daß man im Protokoll den Lapsus ändere. 0 sty hat das nicht getan, und das ist richtig. Immerhin scheint mir mit dem Ernst der Forschung Hu in b er ts Äußerung nicht ganz vereinbar zu sein. Es heißt ausdrücklich: „An Stelle von 1498 setzen Sie 1640." Dabei behaupte ich etwa nicht, daß die französischen Untersucher unvorsichtiger waren als deutsche. Man lese die Veröffentlichung von Schottelius (Kosmos, Dezember 1913); da sagt z. B. Schottelins von dem einen Zettel : er hätte einen Talmudvers in zwei Wortreihen in kleiner Schrift auf dem vielfach zusammengefalteten Zettel in der rechten Faust gehalten. In Wirklichkeit hatte der Tahnudvers drei Zeilen. An sich wäre das gleichgültig; es beweist nur, wie ungenau berichtet wird. Die Ablenkung der Aufmerksamkeit versteht Kahn, ebenso wie R e es e, glänzend. Offenbar sucht K ahn, ähnlich wie andere Medien, die Aufmerksamkeit vom Wichtigen abzulenken und auf Iinwiehtiges hinzulenken. Nur irren sieh die Untersucher gewöhnlich über das, was wichtig ist. Schottelius hatte berichtet, daß K ab n nicht auf die Faust sieht, in der der Experimerrtator den Zettel hält, sondern in die Luft starrt. In Wirklichkeit ist es ganz gleichgültig, wohin der Hellseher später sieht. Denn den Zettel hat er längst gelesen, während der andere glaubt, er sei nie aus seinen Händen gekommen, und durch allerlei „Theater" auf Gleichgültiges hingelenkt wird. Es wird berichtet, K ahn bemühe
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sich, sich in den für seine spezielle Arbeit günstigen Seelenzustand zu versetzen. Er entnerve sich (s'enerve). Der Mann entnervt sich natürlich nicht, sondern tut so, als ob er sich in den andern Seelenzustand versetzt. Der einzige Seelenzustand, den er braucht, ist die Zerstreuung der Aufmerksamkeit der andern, oder die Ablenkung. Dem dient nach meiner rberzertgung ausschließlich die zu diesem Zweck angenommene „Entnervung". Noch ein weiterer Zwischenfall zeigt, wie unzuverlässig die Pariser Untersucher waren. Am Schluß der Versuche wurde noch ein Versuch gemacht nach der Richtung, ausschließlich festzustellen, wodurch K ahn den Schreiber des Zettels erkennt, nachdem die Zettel gemischt sind. Hierbei begab sich folgendes: K ahn wird gefragt, ob er noch an diesem Abend arbeiten könnte. Er erwiderte: es wäre nicht nötig, daß er noch arbeite, das Experiment sei schon gemacht, und er fährt fort: „Eben als ich mich vor Herrn (er bezeichnet Dr. Lass ab lier e) gesetzt habe, habe ich sogleich gefühlt und gesagt, daß das gefaltete Papier, das er in seinen Händen hielt, dasjenige wäre, das er geschrieben hatte. Ich habe auch gefühlt, aber es nicht gesagt, daß dieses Stück Papier nicht eines von denen wäre, die ich') von einem Blatt abgerissen und verteilt hatte. Er hat auf ein anderes Stück Papier geschrieben." L ass ab li r e bestreitet das und behauptet, er hätte auf das Papier geschrieben, das ihm Kahn gegeben hätte. Kahn erklärt, das sei nicht möglich, „ich habe nicht gefühlt, daß das Papier, das Sie in Händen hatten, dasjenige war, das ich berührt hatte, und niemals habe ich mich darin getäuscht". L assab ii r e bleibt bei seiner Meinung, Kahn bei der seinigen. Fraisse, einer der Teilnehmer der Sitzung, mischt sich in das Gespräch und sagt zu Lass ablier e: „Vielleicht haben Sie unrecht, Herr Doktor, so positiv- zu sein; ich denke, daß Herr Kahn vielleicht recht hat, denn, ohne dessen sicher zu sem, glaube ich mich zu erinnern, daß ich Sie schreiben, dann ein Papier wegwerfen (jeter) und dann von neuem schreiben sah. Erinnern Sie sich!" Lassa bliire blieb zunächst bei seiner Meinung; es werden Tisch und Fußboden untersucht, ohne daß man etwas findet. Dann untersucht La ssabliere mit seinen Händen die beiden unteren Taschen seines Rockes (veston), und mit seiner rechten Hand zieht er eine Papierkugel heraus, er entfaltet sie und findet dort einen Teil eines Verses von Victor Hugo, den Text seines eigenen Experimentes. L as sabli er e ruft aus: „Das ist unwahrscheinlich, und doch ist es wahr! Jetzt erinnere ich mich dessen, was vorgegangen ist. Der Anblick des Papiers führt mir den Vorgang ins Gedächtnis zurück. Wegen ein6s schlecht geschriebenen, durchstrichenen und wieder zugeschriebenen Wortes wollte ich neu beginnen 1 ) Hier erfährt man plötzlich, daß Kahn das Papier abgerissen hat, was selbstverständlich aus den obengenannten Gründen an sich schon ein grober Fehler ist. Aber noch wichtiger ist der Umstand, daß diese wichtige Tatsache so ganz beiläufig erwähnt wird. Es zeigt sich immer wieder, daß Okkultisten die wichtigsten Dinge für nebensächlich ansehen.
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und habe den Satz auf einem anderen Stück Papier wieder begonnen. Das Unbedeutende des Aktes hat mich ihn vergessen lassen. Ich bin darüber glücklich!" Anstatt die Konsequenz zu ziehen, daß das Abstreiten durch Lass abliere beweist, wie unzuverlässig seine, aber auch unter Umständen anderer Untersucher Mitteilungen sind, wird dieser Fall nur angeführt, um zu beweisen, daß Kahn den Schreiber jedes Zettels herausfindet. Auch Fraisse gab etwas Falsches an. Er sah L a s s a 1)1 i 1 r e einen Zettel wegwerfen (jeter), während dieser in die Tasche gesteckt wurde. Wie K ahn es erkannt hat, daß Lass ab li i r e seinen früheren Zettel nicht hatte, ist natürlich sehr einfach, denn Kahn hatte selber die Zettel zerrissen, auf denen geschrieben wurde. Aus den oben angegebenen Gründen konnte 'Kahn erkennen, daß der von ihm gegebene Zettel sich nicht unter den in Frage kommenden befand. Anstatt ein bißchen gesunden Menschenverstand mitsprechen zu lassen, kommen hier die Untersuch er wieder auf eine ganz falsche Fährte, indem der sehr kluge K ahn sie in sehr geschickter Weise nach der Richtung beeinflußt, daß ohne neues Experiment er sofort sagen könne, was vorgegangen ist. Ist nicht der ganze Zwischenfall vielmehr ein Kriterium dafür, wie ungenau die Autoren vorgingen ? Denn 'das hätte doch zunächst ins Protokoll gehört, daß Lassabliere einen Zettel weggetan und einen neuen genommen bat. Das ist ein so wichtiger Vorgang, daß dessen Verschweigung allein genügt, das Experimentieren dieser Art vollkommen wertlos erscheinen zu lassen. Aber Lassabli er e sagt, der Vorgang sei so unbedeutend, daß er ihn deshalb vergessen hatte. Man kann von diesem Versuch auf andere schließen. Was der Untersucher für unwichtig hält, ist oft das Wichtigste. Da die Untersucher in Paris dauernd auf falscher Fährte waren, haben sie offenbar manches, was sie für unwichtig hielten, nicht gemerkt. Dabei wohnte Osty diesen Versuchen bei. Nun weiter: Riehet erklärte eines Tages (5. 75), er fürchte einen Trick, es handle sich um etwas zu Außerordentliches. Er wollte deshalb mit Kahn unter vier Augen experimentieren, und nun heißt es weiter: „Denn meines Erachtens sind besonders und bei äußerster Strenge allein wertvoll die Versuche, die man unter vier Augen macht, ohne durch die Bemerkungen und Unterhaltungen der Anwesenden zerstreut zu werden." Diese Worte Richets sprechen Bände. Erstens kann unter kritischen Forschern doch gar kein Zweifel darüber bestehen, daß nur solche Versuche Beachtung verdienen, die bei äußerster Strenge (extreme rigueur) gemacht sind; alles andere gehört in den Papierkorb und ist höchstens für die Psychologie der Experimentatoren zu verwerten, hat aber mit beweisenden Versuchen nichts zu tun. Trotzdem sehen wir, daß den überwiegenden Teil der vorliegenden Arbeit die Versuche ausmachen, die nicht unter vier Augen gemacht wurden, denen also nach Ri ehe ts eigener Ansicht vom Standpunkt äußerster Strenge aus ein Wert nicht beizumessen ist. Dabei sehen wir, wie schnell Anwesende, auch ohne daß die Versuche unter vier Augen gemacht sind, gelegentlich auf Grund eines ihnen im-
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ponierenden Versuches überzeugt sind. Es ergibt sich also aus Rich et s Worten, daß die überwiegende Zahl der uns mitgeteilten Versuche zur Stütze des Hellsehens wertlos ist. Es ergibt sich aber noch ein zweites aus Rich et s Worten, nämlich die Tatsache, daß sich die Anwesenden während der Versuche unterhalten und Bemerkungen gemacht haben. }laben Versuche, bei denen sich die Anwesenden unterhalten, noch etwas mit wissenschaftlichen, beweisenden Experimenten zu tun? Ein so kluger und durch viele Jahre erfahrener Mann , wie Kahn, will das Hellsehen beweisen, und die Anwesenden unterhalten sieh und stören. Kahn braucht nicht einmal durch eigene Reden oder Handlungen die Aufmerksamkeit der anderen Teilnehmer abzulenken oder zu zerstreuen, wenn er zwei Papierstücke vertauscht. Die Anwesenden unterhalten sich und sorgen selbst für Ablenkung. Ich würde, wenn sich Anwesende bei Versuchen über Hellsehen unterhalten, nach einmaliger Verwarnung sie wegschicken. Vielleicht würde ich aber auch nicht einmal verwarnen, da ich vorher stets die Art des Versuches überlege und allen Anwesenden untersage, während des Versuches irgendwelche Bemerkungen zu machen oder sich gar zu unterhalten. Nun könnte man vielleicht annehmen, daß der von Riehet unter viel Augen gemachte Versuch eine Bedeutung hätte, da bekanntlich ein positiver Fall, wenn der Versuch korrekt angestellt ist, genügen könnte. Sehen wir deshalb, wie Rich et den Versuch angestellt hat, soweit wir ihn nach der Beschreibung beurteilen können: „Kahn ließ mich auf zwei kleine Stückchen Papier zwei Sätze aufschreiben, und nachdem ich sie niedergeschrieben hatte, hat er diese Papiere nicht berührt. Er befand sieh am anderen Ende meiner großen Bibliothek, als ich sie niederschrieb. Selbst mit einer unfaßbaren Sehschärfe der Netzhaut konnte er nichts sehen. Ich habe dann die Papiere achtfach gefaltet, und ohne, daß er sie berührte, legte ich das eine in meine linke, das andere in meine rechte Hand. Nach einem Zaudern von etwa einer halben Minute sagte er mir: Auf dem 'Papier der linken Hand befindet sich : ‚Welches ist der Vorname in eines Vaters? Das war genau. Dann sagte er mir: In der rechten Hand (die ich nicht geöffnet habe) befindet sich: ‚Welches ist das Alter meines älteren Sohnes?' Was ebenso genau wie die vorhergehende Angabe stimmte." Warum sagt Rich et, er hätte die rechte Hand nicht geöffnet? Hatte er die linke geöffnet? Von diesem doch sehr wichtigen Vorgang erfahren wir nichts. Immer neue Unklarheiten! Riehet erklärt diesen Versuch für einwandfrei; offenbar machte er auf ihn einen enormen Eindruck. Kahn wollte noch ein weiteres Experiment nach derselben Richtung machen, jedoch mit einer kleinen weiteren Komplikation. „K ahn geht in das Vorzimmer, und da ich dann allein in meiner Bibliothek bleibe, schreibe ich vier Sätze auf vier verschiedene Stücke Papier nieder. Ich falte diese Papiere achtmal und lasse dann Kahn in meine Bibliothek zurückkehren, und, ohne daß er die Papiere berührt, lege ich eines unter ein lieft auf meinen gut beleuchteten Tisch, ein .
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anderes lege ich in meine rechte Hand, die ich geschlossen halte, ein anderes in meine linke, gleichfalls geschlossene Hand, und das vierte Stück, stets gefaltet, wird durch mich selbst mit einem Streichholz verbrannt, bis nur noch ein Pakctehen mit Asche übrig bleibt." Auch hier sehen wir ein positives Ergebnis. Indem ich auf den weiteren Versuch, bei dein sich Frau Riehet beteiligte, nicht eingehe, bemerke ich folgendes zunächst : Riehet hat ein Papier in der rechten Hand, ein weiteres in der linken Hand, das vierte verbrennt er selbst mit einem Streichholz. Das ist möglich, obwohl ich gern etwas darüber erfahren hätte, wie er das Streichholz angezündet hat ; denn wenn er einen Zettel verbrennt, kann er nicht mehr die ganze Hand geschlossen halten. Hier müßte genau alles geschildert sein. Wo standen die Streichhölzer? Wie hat R ichet die Streichhölzer ergriffen, wie hat er das Streichholz angezündet, und wie hat er das Papier, das verbrannt werden sollte, gehalten ? Es ist das keineswegs eine ganz einfache Aufgabe, die Band geschlossen zu halten, während man ein Streichholz ergreift. Hat er das Streichholz aus einer Schachtel genommen ? Alles dies ist deswegen sehr wichtig, weil der Verdacht, daß, trotz er Vorsichtsmaliregeln von Riehet, K ahn die Zettel vertauscht hat, unabweisbar bleibt, und zwar, weil wir über die Manipulationen 11 ichets bei dem Entzünden des Streliiholzes und dem Verbrennen des Zettels nichts Genaues erfahren. Es ist folgender 'Fall zu bedenken : Während Eichet diese ziemlich komplizierte Handlung ausführt, niete er gleichzeitig auf den Zettel unter dem Hefte achten. Wir erfahren auch nichts darüber, wie er das gemacht hat. Hatte ar den Arm auf dem Heft liegen? Aber selbst dann bleiben große Zweifel übrig. Solche Versuche unter vier Augen sind keineswegs so einfach, wie sie sich Riehet vorstellt, weam der andere seinen Trick versteht. Riehet traut sich etwas viel zu, wenn er glaubt, er könne gleichzeitig das Experiment machen, gleichzeitig alles beobachten und glei2hzeitig womöglich Protokoll führen. Oder hat er nachträglich nur aus der Erinnerung geschöpft? Die Versuche unter vier Augen sind grundsätzlich falsch. Das erbrennen des Zettels führt vielmehr zu der Annahme, daß Kahn denselben Trick angewendet hat. den wir schon von Reese kennen, der ebenfalls gelegentlich einen Zettel verbrennen ließ, von dem B. Birnbaum seinerzeit nachgewiesen hat. daß es der eingeschmuggelte war, während der Sitzungsteilnchilier gewöhnlich glaubt, der Zettel sei einer der beschriebenen. Mindestens verbrennt er den Zettel nicht, bevor er ihn entfaltet hat. Das können wir aus der genauen Beschreibung, die seinerzeit Birnbaum gegeben hat. mit Recht annehmen. Die ganze Versuchsanordnung, die bei Kahn getroffen wird, ist falsch. Dabei lasse ich unerörtert, daß von Riehet die Raumanordnung uns nicht genügend klar beschrieben wird, nicht einmal ob die Tür zum Nebenzimmer bei dem zweiten Versuch geschlossen war. Wir erfahren auch nichts darüber, ob Riehet auf einen Block schrieb, so daß das -
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Geschriebene sich durchdrücken konnte. Man wird daher zunächst vermuten müssen, daß Kahn den Inhalt der Zettel doch erfuhr, wahrscheinlich indem er die Zettel auszutauschen verstand. Vielleicht arbeitete er aber gelegentlich auch mit Durchpausen. Wir erfahren nicht einmal ganz klar, ob die Feststellung dessen, was jeder einzelne Zettel enthielt, stets unmittelbar nachdem der Inhalt von Kahn mitgeteilt wurde, geschah. Wir erfahren nichts, wo die Zettel blieben, kurz und gut : die Beschreibung des ganzen Versuchs ist im höchsten Grade unklar. Die einfache Behauptung Ric hets, Kahn hätte keinen Zettel berührt, wird niemanden überzeugen, der sieh mit den Elementen der Taschenspielerei beschäftigt hat, und der gleichzeitig die entsprechenden Lehren daraus gezogen hat. Und nun zum Schluß eine ganz einfache Bemerkung : Es ist vollkommen unklar, weshalb in Paris nicht endlich einmal ein einfacher Versuch gemacht wird, warum vielmehr die Untersucher immer wieder auf die Versuchsanordnung von Kahn eingehen, und zwar auch da, wo es offenbar ganz überflüssig ist. Entscheidende Versuche dürfen nicht unter vier Augen stattfinden. Schon bei einer anderen Gelegenheit habe ich auseinandergesetzt, daß es nicht richtig ist, Protokollant, Experimentator und Beobachter in einer Person zu sein. Schon der Umstand, daß eine Person nicht nur das Experiment vorbereitet, sondern auch während des Experiments Verschiedenes ausführen muß, macht sie ungeeignet, gleichzeitig das Medium zu beobachten. Hier spielt gerade die Ablenkung der Aufmerksamkeit eine erhebliche Rolle. Wer sich mit der Ablenkung und Verteilung der Aufmerksamkeit gründlich beschäftigt hat, weiß, daß kaum jemand imstande ist, mehrere komplizierte Tätigkeiten gleichzeitig auszuüben, ohne daß die der einen zugewandte Aufmerksamkeit durch die andere Tätigkeit leidet. Man müßte eine Kontrolle haben dafür, daß R ich e t in der Tat mit den Zetteln so umgegangen ist, wie er glaubt, daß besonders Kahn durch Ablenkung der Aufmerksamkeit nicht etwas getan hat, was Riehet nicht bemerkte. In dieser Beziehung ist niemand genügend kompetent, besonders nicht Riehet 1 ), der offenbar, wenn es sich um Okkultismus handelt, ähnlich verfährt wie jene deutschen Okkultisten, die sich persönlich mehr zutrauen als ein e Person zu leisten vermag. Es müßten mehrere Personen teilnehmen, aber auch nicht so, wie es in Paris geschah. Jede Person hat nur die ihr vorher mitgeteilte Aufgabe ') Man ist in Deutschland leicht geneigt, die ausländischen Forscher zu uberschätzen. Weder Riehet, noch die Hauptforscher der S.P.R. in England sind besonders kritisch. Ich beabsichtige, in kurzem besonders wegen der Überschätzung der Engländer, an anderer Stelle auf diesen Punkt zurückzukommen. Das ist um so notwendiger, als gerade aus England uns so häufig Persönlichkeiten genannt werden, deren Kompetenz als Taschenspieler besonders in die Wagschale geworfen wird, während sie in Wirklichkeit ebenso unbeholfen wie die meisten deutschen Okkultisten sind. Heute erwähne ich nur, daß z. B. B aggally, einer der „taschenspielerisch geschulten" Untersucher von Eusapia P al 1 a dino, sogar die beiden Z an ci g s für echte Medien hielt, wie H ou din i mitteilt. Und gerade bei diesen Zan cigs ist es Dessoir und mir schon in der ersten Sitzung gelungen, den Trick festzustellen.
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zu erfüllen. Das bezieht sieh wesentlich darauf, daß nach Richets Mitteilungen die Anwesenden sich unterhielten, während experimentiert wurde. Es müßten z. B. eine oder zwei Personen ausschließlich zu dem Zwecke zugezogen werden, festzustellen, welchen Zettel Kahn berührt ; das müssen aber taschenspielerisch geschulte Personen sein. Diese haben weiter nur darauf zu achten, ob irgend eine Möglichkeit zur Substituierung eines Zettels besteht. Unterhalten dürfen sieh diese Personen nicht. Nur das haben sie zu beobachten, was ich eben erwähnte. Ferner dürfen nicht drei oder vier Zettel genommen werden. Es wird doch ernstlich keiner behaupten, daß, wenn K ah n drei Zettel lesen kann, er nicht auch einen sollte lesen können. Kahn läßt den Trick mit mehreren Zetteln nicht ausführen, weil er, wie 0 sty denkt, das 'Hellsehen erschwert, sondern weil er dadurch den Trick verdecken will. Das ist mit drei Zetteln viel leichter, als mit einem. Und nun mache man den Versuch in folgender Weise: eine beliebige Person beschreibt zwanzig Zettel mit Sätzen, die sie aus einem Buche sich wählt. Diese zwanzig Zettel werden gefaltet, durcheinandergeschüttelt, und dann wird einer durch eine zweite Person ausgelost. Diesen Zettel soll dann einer der Sitzungsteilnehmer in die Hand nehmen. Von den weiteren Sitzungsteilnehmern, die etwa vier oder fünf im ganzen sein müßten, sollen nun die beiden taschenspielerisch geschulten darauf achten, ob Kahn, wenn er verlangt, einen Zettel zu berühren, hierbei ihn austauschen kann oder austauscht. Dann soll Kahn den Inhalt des Zettels mitteilen. Nachdem dies geschehen ist, geht der Experimentator, der den Zettel hält, mit einem Zeugen in ein anderes Zimmer, um festzustellen, ob, was Kahn gesagt und was sofort natürlich niedeigeschrieben sein müßte, mit dem Inhalt dieses Zettels übereinstimmt. Ich würde es sogar für wünschenswert halten, daß der, der den Zettel hält, selbst taschenspielerisch geschult ist. Bevor in solcher Versuchsanordnung Ludwig Kahn sein Hellsehen bewiesen hat — das Wichtigste ist die Beobachtung durch taschenspielerisch geschulte Personen, die nichts weiter zu tun haben, als zu beobachten , wird über die Frage nicht diskutiert werden können. Daß keine von diesen Personen gleichzeitig Protokollant sein darf, ist selbstverständlich. Hierfür kann eine oder zwei Personen extra gewählt werden. Der Versuch muß natürlich vorher zwischen den Untersuchern genau besprochen werden. Wenn aber meinem einfachen Vorschlag gegenüber die Okkultisten behaupten sollten, daß eine solche Kraft, wie das Hellsehen, sich nicht beliebig durch Befehl herbeiführen läßt, so kann man den Versuch ruhig öfter wiederholen, aber immer nur unter den eben genannten Bedingungen. Nur e in Zettel 1), der vorher ausgelost ist, zwei Beobachter, be') Es müßte doch der Umstand, daß die modernen Hellseher so oft mit mehreren Zetteln statt mit einem operieren, mißtrauisch machen. Reese tat es, Ludwig Kahn, desgleichen eine Versuchsperson Tischners, R. Auch Fritz Grunewalds Freund, Peter .J oh nn sen, der Fragen beantwortete, die sich auf verschlossenen Zetteln befanden,
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sonders für die Zeit, wo Herr K ah n den mit der Hand festgehaltenen Zettel berührt. Sollten die Okkultisten ernstlich behaupten, K ahn könne wohl drei Zettel lesen, aber nicht einen, was ich bei dem psychischen Zustand vieler Okkultisten durchaus für denkbar halte, so würde sich eine weitere Diskussion erübrigen. Jedenfalls füge ich ausdrücklich nochmals hinzu : K ahn wählt nach meiner festen Überzeugung einen Versuch mit mehreren Zetteln, nicht um ihn zu erschweren, sondern um es sieh zu erleichtern. Ich verweise hier nochmals auf das, was B. B irrtbaum über den .Fall Reese mitgeteilt hat, desgleichen Robert Meyer, der mit vollem Recht das Vertauschen der Zettel auch da annimmt, wo die Anwesenden bestreiten, daß es möglich gewesen sei, der auch mit vollem Recht es bezweifelt, ob die Angabe, der Hellseher hätte einen bestimmten Zettel nicht berührt, den Tatsachen wirklich entspricht. Ich rechne mit der starken Wahrscheinlichkeit, daß, wenn in dieser einfachen Weise durch einige wenige zuverlässige Personen der Versuch gemacht wird, die „Emanationen" aus dem Zettel ausbleiben werden, und daß sich Ludwig K ahns Hellsehen so aufklären wird, wie das von Rees e und anderen aufgeklärt worden ist. Meine Mitteilungen wären nicht vollständig, wenn ich nicht noch auf die ganze Art der Sitzungen in Paris kurz eingehen würde. Ich bringe im folgenden zunächst eine kleine Liste der Sitzungsteilnehmer bei den einzelnen Sitzungen. Wir \N erden sofort sehen, wie lehrreich diese ist. -
4. Februar 1925 (S. 67). Aktive Teilnehmer überhaupt : E. Leclainche, Professor Vallee, Xavier Leclainclie, Jean Vallee, E. Osty, Frau Leclainch.e, Frau Vallee, Frau Laval. 1. Teil : Professor Leclainche, Frau Vallee, Frau Leclainche, Osty. 2. Teil : Frau Laval, Professor Vallee, Frau Xavier Leclainche, e an Vallee. 7. Februar 1925 (S. 71). Experimentatoren : Ch. Riehet, Cuneo, Gosset, Lardennois, LaignelLavastine, Santoliquido, Humbert. 1. Versuch : Cuneo, Gosset, Lardennois, Laignel-Lavastine. 2. Versuch : Ch. Riehet, Santoliquido, Humbert. 8. Februar 1925 S. 76). Ch. Riehet, später auch Frau Riehet. .• '21. Februar 1925 (S. 132). Berthelot, Ferrie, Ch. Riehet, Osty. hat nach meinen Informationen — und ein Brief, den mir Herr Grunewald seinerzeit schrieb, scheint mir dies zu bestätigen — seine Fähigkeiten unter Benutzung mehrerer Zettel zu demonstrieren versucht. 12 Zeitschrift für Okkultismus I.
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3. März 1925 (5. 134). Beobachter: Berthelot, Ferrie, Ch. Riehet Vater, Ch. :Riehet Sohn, Lassabliere, Ripert, Frau Le Her (Tochter von Riehet), Osty. 1. Teil: Berthelot, Frau I,e Rer. 2. Teil: Ch. "Riehet Vater, Ch. Riehet Sohn. 10. März 1925 (5. 137). Beobachter : Berthelot, :Riebet Vater, Riehet Sohn, Osty. 1. Teil : Berthelot. 2. Teil : Riehet. 23. März 1925 (5. 139). Anwesend: Berthelot, Lassabliere, Montier, Fraisse, Osty. Es ergibt sieh daraus zunächst zweierlei: erstens, daß der Untersuchungszirkel eine dauernde Veränderung erfuhr, und das widerspricht jeder wissenschaftlichen Methodik ; zweitens ergibt sich aber auch daraus, daß die einen häufiger, andere nur einmal den Sitzungen beiwohnten. Wenn man weitergeht, findet man ferner, daß mehrfach Mann und Frau oder Vater und Tochter, auch wohl sonst derselbe Name mehrfach vertreten ist. Wer mit solchen Dingen Bescheid weiß, wird schon daraus schließen können, in welcher Weise der Untersucherkreis gewählt wurde. Offenbar handelt es sich nicht um methodische Untersuchungen, sondern jeder wollte gern etwas sehen. Ich kenne diese Art „Untersuchung" auch aus Erfahrung, wo bald der, bald jener dein Experimentator sagt, er interessiere sich sehr für solche Dinge, ‚seine Frau auch", die Schwiegertochter hätte auch großes Interesse. Oft werden nach solchen Familienbeziehungen, und lediglich um Neugierige zu belustigen, die Zirkel zusammengesetzt, nicht aber nach dem Crrundsatz wissenschaftlicher Methodik. Dieser würde fordern, daß derselbe Kreis von etwa fünf Personen jedesmal zusammentritt, und die Untersuchungsbedingungen bei jeder neuen Sitzung modifiziert werden, um zu einem Ergebnis zu kommen. Es ist in Paris genau dasselbe, was wir bei S chr enck-N otz in g finden, daß möglichst vielen die Sache demonstriert werden soll, die dann als Zeugen auftreten, ohne daß ihnen irgendwelche wissenschaftliche Legitimation zukommt. Solche Experimente sind keine Familienbelustigungen, auch keine Schaustücke für Neugierige. Nicht einmal 0 st y oder Rich et haben an allen Sitzungen teilgenommen. Aus den einzelnen Sitzungen ergibt sich folgendes : E. L e cl ain ehe finden wir nur am 4. Februar vertreten, Professor Vallee, XavierLeclainche undFrau Leclainehe, „reanValleeund Frau V all ee und Frau L a v al ebenfalls nur an diesem Tage. (Jh. Riehet Vater nimmt an fünf Tagen teil, am 7., 8., 21. Februar, 3. und 10. März; ähnlich 0 s ty am 4. und 21. Februar, 3., 10. und 23. März. C un e o , Gosset, Lardennois, Laignel-Lavastine, Santoliquido und Humb ert nur an einem Tage, dem 7. Februar. F errie am 21. .Februar und 3. März, L ass abli er e am 3. und 23. März, Ripe rt nur am -
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3. März, Montier und 1' r aisse nur am 23. März, Berthelot am 21. Februar, 3., 10. und 23. März, Frau L e B er nur am 3. März. Dieser Tag scheint ein Familientag für Rie h et s gewesen zu sein, da Vater, Sohn und Tochter teilnahmen. Erforscht man in dieser Weise derartige Phänomene? Das Ganze zeigt den immer wiederkehrenden Fehler der Okkultisten, daß ihnen jede Methodik fehlt; und es ist sehr wertvoll, daß wir das auch bei Riehet hier von neuem feststellen können, da einige Deutsche wohl immer noch meinen, daß Ri.c h et zuverlässiger im Gebiete des Okkultismus arbeitet als andere. Die ganze Versuchsserie beweist, daß Riehet die wissenschaftliche Methodik nicht beherrscht, oder sie nicht anwenden will, und im großen und ganzen ergibt sich aus den Versuchen mit Ludwig Kahn , daß man etwas sehen oder zeigen wollte, aber von wissenschaftlichen :Bedingungen überhaupt nicht die Rede ist. Weder die Versuche, die R i ehet unter vier Augen gemacht hat, noch die, bei denen ein größerer Zuhörerkreis vorhanden war, können den Anspruch auf wissenschaftliche Untersuchungen erbeben, da ihnen die wissenschaftliche Methodik fehlt. Wenn jemand die Versuche fortsetzen will, so empfehle ich, das zu berücksichtigen, was ich oben gesagt habe: etwa fünf Personen, davon mehrere taschenspielerisch geschult, stets derselbe Kreis, jede Personbekonmit eine bestimmte Aufgabe (Beobachtung der Hand, Beobachtung des Zettels, Protokolli ernng usw.).
Zur Energetik des Wollens. Von Albert Hofmann, Mehlem. Mit 3 Abbildungen.
Beim Niederschreiben vorstehenden Titels drängt sich die Frage auf, ob da s • was er besagen soll, auch von ihm zum Ausdrucke gebracht werde. Sollte es vielleicht besser heißen ,,des Willens" oder sogar „kinetische Fernwirkung des Gedankens"? Der Leser selber möge entscheiden. Es handelt sich um einige Versuche, die Grundlagen des Fernwirkens eines in Willenskraft = „ein Wollen" umgesetzten Gedankens zu erforschen. Durch manche Beobachtung, während' einer Zeitspanne von annähernd 50 Jahren gemacht, ist mir die Tatsächlichkeit einer mechanischen Fernwirkung eines Gedankens sicher gestellt und handelt es sich darum, diese Beobachtungen in ein System zu bringen. Zunächst sei des Ausgangspunktes meiner bezügl. Studien gedacht. Es war um die Mitte der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, ich arbeitete damals als Student im Eschen chemischen Laboratorium zu W.
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Es galt einmal, die Gewichtskonstanz einer Substanz nach mehrfachem Glühen festzustellen. Dieselbe befand sieh in einem Platintiegei und wurde in der üblichen Weise, nach der Glühoperation, im Exsikkator abkühlen lassen und zur Wage gebracht. Das Gewicht war bereits festgestellt und konstant, es handelte sich mir noch um Zehntel von Milligrammen, die durch die Schwingungsweite der Wage bestimmt wurden. Während dieses Versuches schlug die Schale stark nach unten aus, es schien also, das Gewicht der Substanz habe erheblich zugenommen, ein gänzlich unerklärbares Verhalten derselben. Es wurde erneut geglüht und nun zeigte sich wieder das ursprüngliche Gewicht. Eine Prüfung der Wage ergab deren Richtigkeit. Eigentlich hätte ich den Versuch damit als beendet betrachten können, aber ein gewisses Gefühl von Unsicherheit war geblieben; ich wiederholte das Experiment des Glühens und fand beim nachherigen Wägen wiederholt eine starke Gewichtszunahme der fraglichen Substanz. An der Nebenwage — es standen 4 Wagen zum Gebrauche der Praktikanten nebeneinander auf demselben festen Tische — saß ein Kollege, dessen eigentümliches „Feixen" mir beim Feststellen des Gewichtes auffiel. Ebenderselbe hatte auch beim erstmaligen Versuche dort gesessen und, wie mir jetzt deutlich in die Erinnerung trat, starr auf meine Tiegelschale geblickt. — Ich schloß auf irgend einen von ihm ausgeübten Schabernack, wog meinen Tiegel, nachdem jener unter einem Vorwande aus dem Wagezimmer entfernt war, nochmals und fand das richtige ursprüngliche Gewicht bestätigt. Den Vorfall besprach ich mit meinem Lehrer. Derselbe riet, über die Sache zu schweigen, aber jenen Kollegen zu überwachen. Da meine Wage auch von anderen Praktikanten benutzt wurde, war es ein leichtes, einen neuen Fall festzustellen, wo jener „Feixer" seine „okkulte Kunst" bei einem andern versuchte. Nun wurde er offen der Störung der Wägungen beschuldigt, aber, da ihm direkt keine bösartige Handlung nachzuweisen war, nur gewarnt, seinen Unfug einzustellen. Nach einiger Zeit hatte ich den Schlüssel seines Tuns erkannt, es gelang mir selber, durch Konzentration der Willenskraft eine Wageschale einer feinen Präzisionswage von 200 g Tragkraft, welche Zehntel eines Milligramms deutlich bestimmen ließ, sowohl im unbelasteten Zustande als mit 20 und mit 50 g belastet, nachdem durch Gewichtsauflage das Gleichgewicht hergestellt war, um 0,0060-0,0070 g zu stören. Diese Versuche stellte ich aber bald ein, weil mir deren Gefährlichkeit für meine Arbeiten klar wurde. Ich begann nämlich, ohne mir Rechenschaft zu geben, meine eignen Wägungen zu beeinflussen und hatte einige Mühe, diese Fähigkeit abzulegen. — Später, als ich der praktischen Ausübung der analytischen Chemie entsagt hatte und mich anderen Arbeiten zuwandte, habe ich gelegent-
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lich eine Versuchsreihe mit einer feinen physikalischen Wage angestellt und die alte Fähigkeit, durch Willenskraft eine Wageschale zum Sinken zu bringen, bald wieder erworben. Das zunächst interessante Ergebnis dieser Versuche war, daß Glas — denn diese feinen Wagen sind in dicht schließenden Glasgehäusen untergebracht, um sie vor Staub und Luftströmungen zu schützen -- dem Durehgange der supponierten Gedankenkraft anscheinend kein Hindernis darbietet. Der „Wille" wirkte durch die Glaswand hindurch. Es mußte also Metall die Schalen sind aus stark verplatiniertem Messing -dem Durchgange ein Hindernis bieten und die „Kraft" in „Druck" uniwandeln. Dies zu untersuchen \rin de das Wagengehäuse durch ein vorgeschobenes Messingblech vom Experimentator getrennt und durch einen Gehilfen von der andern Seite aus das Verhalten der Wageschale beobachtet. -- Es gelang nicht, die Wage zum Ausschlage zu bringen, während ohne das Vorhandensein des Bleches mit leichter Mähe ein Ausschlag, entsprechend 20 Milligrammen Gewicht, erzielt wurde. Es wurde ein Gegenversuch gemacht: Ein Uhrglas wurde als Wageschale benutzt, es war an Platindrähten aufgehängt und an die Stelle der eigentlichen Wageschale gebracht. Es gelang kaum eine Bewegung dieser Schale mittelst „Wollen" zu erzielen, wenn sie leer war. Dagegen sank sie, wenn belastet, aber durch Gegengewicht auf der andern Wagschale ausgeglichen, auf „Wollen" hin, wenn auch unbedeutend, da jetzt der „Wille" nur die auf der Schale liegende Substanz als Angriffsfläche hatte. Wurde die Uhrglasschal.e mit Aluminiumfolie bedeckt, so konnte man sie wieder leicht zum Sinken bringen. Es wurde eine große Wasserkuvette mit parallelen Wänden, wie sie zu optischen Versuchen dienen, zwischen Wage und Operateur gestellt. Leer und mit destilliertem Wasser gefüllt bildete sie kaum ein Hindernis für den „Willen". Leider mußten diese Versuche vorzeitig abgebrochen werden und konnte nicht mehr der Einfluß verschiedener Salzlösungen auf den Durchgang des „Willens" geprüft werden. Vorversuche hatten wahrscheinlich gemacht, daß Metallsalzlösungen -- es war eine 8 proz. Kupfersulfatlösung und eine 6proz. Tonerdelösung versucht worden den „Willen" nicht durchlassen würden. Jedenfalls haben wir beim Wiederholen und Fortsetzen dieser Experimente manche interessante Aufklärung zu erwarten. An diese Versuche wurde ich vor. 14 Jahren lebhaft erinnert, als mir das Staudenmaier sehe Werk „Magie als experimentelle Naturwissenschaft" zur 'Hand kam. Er hat genau die gleiche Beobachtung mit seiner Wage gemacht, aber ohne ihr weitere Folge zu geben. Seiner Angabe, „man könne auch leichte, kleine Gegenstände, wie Kugeln, runde Bleistifte, die sich in unmittelbarer Nähe der auf dem Tische liegenden Hand befinden, in Bewegung zu setzen versuchen", ist
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hinzuzusetzen, daß in diesem Falle weniger die Gedankenkraft zur Wirkung kommt als wie die sog. Handstrahlen -- vgl. meine Experimetitalstudie „Das Rätsel der Hanelstrablen", 2. Aufl. Verlag Oswald Nutze, Leipzig. Es handelt sieh nur um Bewegungserscheinungen, hervorgerufen durch den Pulsschlag des Experimentators. Von den durch den Pulsschlag der Hand, bzw. der Fingerspitzen in Bewegung gesetzten kleinen Körpern machte man vielfach abergläubischen Gebrauch zu Wahrsagezwecken. • Wer sich dafür interessiert, findet reiches Material in einem jetzt sehr selten gewordenen Schriftehen: Citrus St erne „Die Wahrsagung aus den Bewegungen lebloser Körper unter dem Einflusse der menschlichen Hand. (1)okt 0°month'). Ein kulturgeschichtlicher Versuch mit 23 Illustrationen" 1862. -
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Abb. 1 zeigt den fertig geklebten Drehkörper.
Abb. '2 zeigt den Holzklotz, zwei Stücke zusammengelegt und das dritte etwas verschoben
Der experimentierende Forscher findet hier manches Material zu seinen Studien, soweit meine Erinnerung reicht; ich habe das _Heft seit vielen Jahren nicht mehr in den Händen gehabt. Will man die Willenskraft zu motorischen Zwecken benützen, so fertige man sich kleine, leicht bewegliche Körper ans Papier. So gelingt es beispielsweise nach kurzem Bemühen, eine Rolle in Bewegung zu setzen, die aus Bristolkarton (dem Stoffe, auf dem die Visitenkarten gedruckt werden) folgendermaßen gefertigt ist: Man lasse sich von einem Drechsler etwa ein Dutzend solcher Karten, zwischen Holz festgepreßt, auf einmal rund drehen auf einen Durchmesser von etwa 40 inm. Zwischen zwei der so erhaltenen kleinen Kartonscheiben werden mittelst Syndetikon 3 Streifen aus dem gleichen Karton ganz exakt geschnittene Parallelogramme von 50 X 15 mm geklebt, die sich in der _Achsenlänge des zu bildenden Drehkörpers berühren. Am besten werden sie auch in dieser Achse mit einer Spur der: Klebemittels aneinander befestigt.
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Um diese Kleberei leicht von Hand gehen zu lassen, läßt man sich vom Drechsler einen Holzkörper von 50 min Länge und 39 nun Durchmesser drehen, den man durch drei Schnitte bis zur Mitte der Achse in drei gleiche Teile teilen läßt. Die Schnitte müssen einander unter 120' treffen.
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Man stellt nun einen der Schnitte senkrecht auf den Rand einer der Kreisscheiben aus Karton und befestigt zwei der vorgenannten Parallelogramme daran, darauf schiebt man den zweiten Schnitt ein und klebt nun das dritte .Kartonstück an und darauf schiebt man den letzten Schnitt ein. Man hat nun einen festen handlichen Körper, auf dem man die zweite Kreisscheibe leicht aufkleben kann. Nach dem Trocknen des Klebstoffes — was eine Stunde etwa dauert — kann man den Bewegungskörper fertig aus der Hilfsform herausnehmen. Legt man denselben auf eine glatte Spiegelglasplatte, die auf dem Tische genau horizontal mittelst feiner untergelegter Holzkeile festgelegt ist, so kann man durch Konzentration des Willens, indem man scharf auf den Mittelpunkt des Kartonsystems blickt, dasselbe in Bewegung setzen. Natürlich nur in der Richtung vom Experimentator aus vorwärts ni ein als kann man ihn auf sieh zulaufen lassen. Die vom Willen ausgehenden Kräfte können nur im positiven Sinne wirken, niemals im negativen. Ganz entschieden ist abzuraten, den Versuch mittelst einfach ausgeschnittener Kreisscheiben zu machen. Auch beim sorgfältigsten Arbeiten gelingt es nicht, den Schnitt absolut kreisförmig zu führen, man erhält ein Polygon. das natürlich, wenn der Bewegungskörper geklebt ist, auf einer solchen Polygonseite ruhen bleibt und nicht in Bewegung kommt. Eine andere, sehr leicht auszuführende, Art, die Bewegung von Gegenständen durch den Willen zu untersuchen, besteht darin, leichte Körper an einem langen Faden, om besten von der Decke eines Zimmers aus, aufzuhängen. Ich versuchte unter anderem eine Glaskugel, innen versilbert, wie sie zum Schmucke der Weihnachtsbäume dienen. Sie hatte 50 mm Durchmesser, der Haken, der nur lose in ihrem oberen Ansatze eingesteckt war, wurde mit einer Spur Klebestoff befestigt, um jedes Verändern seiner Lage unmöglich zu machen. Die Kugel wog 4,4 g. Um Luftströmungen fern zu halten, wurde ein Becherglas aus sehr dünnem Glas, wie es zu chemischen Zwecken dient -- darum gestellt, das von mir gebrauchte hat 10 cm Durchmesser und 19 cm Höhe. Die Kugel schwebte in der Mitte desselben. Zu diesen Versuchen dürfen aber nur die sog. „schlechten, billigen" Qualitäten von Bechergläsern aus Thüringer Glas genommen werden. Böhmisches und noch mehr Jenaer Glas setzt dem Durchgange der „Willensstrahlen" ein grösseres Hindernis entgegen; sie werden zum größten Teile davon absorbiert umgewandelt). Am besten arbeitet man natürlich ohne Glasumhüllung der Kugel. Gegen Luftströmungen und besonders die Luftbewegung die durch das Atmen des zu Prüfenden hervorgebracht werden, schützen Pappwände, die rechts und links von der Kugel aufgestellt werden und die sieh vorn unterhalb der Kugel durch ein niedriges Stück verbinden. Bei meinen Versuchen waren diese Pappwände im Innern mit Silberpapier beklebt. -
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Als eine Substanz, die dem Durchgange der „Strahlen" kaum ein Hindernis bildet, habe ich eine Gelatineplatte gefunden, wie sie der Handel in prachtvoll durchsichtiger Qualität bringt. Leider sind diese oft mit Alaun stark gehärtet und dieser Körper als solcher ist an sich ein stärkeres Absorbens für diese „Strahlen". Aber mit leichter Mühe sind solche klare Gelatineplatten ohne Alaunzusatz herzustellen. Man gießt in eine Entwicklungsschale für photographische Platten, etwa für 9 X 12, eine Schicht Quecksilber, 4-5 mm genügen, und stellt diese Schale an einen ruhigen staubfreien Ort. Auf diese Quecksilberschicht gießt man. eine Schicht von 1 1 1 / 2 mni Stärke, bestehend aus reiner photographischer Gelatine. 2 Tafeln davon in Wasser gequollen, sie wiegen etwa 3,4 g man setzt dazu an klarem reinem Glyzerin 0,5 g und an Zucker 0,1 g Die Mischung wird im Wasserbade bei möglicl. st niedriger Temperatur geschmolzen und 0,1 ccm =-- 10 Tropfen Fonwahn zugesetzt und umgerührt. Diese Schicht erstarrt zu einer niemals spröde mid hart, also niemals brüchig werdenden _Cafei, die man mittelst eines vierseitig gebogenen Drahtrahmens herausnimmt. Derselbe wird zusammengelötet und nachher lackiert, man läßt ihn in der auf dem Quecksilber in dünner Schicht befindlichen Gelatine schwimmen, faßt dieselbe nach dem Eintrocknen und kann sie als Schutztafel überall verwenden. Vier solcher Tafeln -- deren jede etwa 0,2 mm Stärke hatte — hintereinander geschaltet gaben bei einer geprüften Person eine kaum geminderte Intensität der Willenskraft. Dagegen gaben vier Spiegelglastafeln it 1,2 mm Stärke eine Verminderung der Kraft auf etwa 1 /4 der ursprünglichen! Bei den Versuchen, die Kugel in Bewegung zu setzen, hat man seinen Willen auf deren Mitte zu konzentieren und diese scharf mit dein Blick zu erfassen. Gleitet der Blick nur ein wenig zur Seite, so tritt das ein, was auf dein Billard ein exzentrischer Stoß genannt wird. Die Kugel weicht aus und wird nach der entgegengesetzten Seite getrieben. Es entsteht ein elliptisches Pendeln derselben in der Querrichtung. — Man muß solche Versuche abbrechen und die Kugel erst wieder zur Ruhe kommen lassen, ehe man sich vergebens abmüht. War diese obengenannte Kugel mittelst eines feinen Drahtes von 0,05 mm Stärke aufgehängt, so gelang es nicht, sie in Bewegung zu setzen, wohl aber wenn zum Aufhängen ein feiner gut gewachster Seidenfaden genommen wurde. Leicht gelang es, die Kugel zum Anschlagen an den gegenüberliegenden Rand des Becherglases zu bringen. Wurde der Draht im ersten Falle nicht am Haken der Decke direkt befestigt, sondern unter Zwischenschiebung eines Porzellanringes, dann gelang der Bewegungsversuch fast ebensogut.
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Einen gleichen .Erfolg hatte ich mit einem mit Metallfarben bunt bemalten Zelluloidballe, der in jedem Spielwarengeschäft zu haben war. Derselbe hatte 5,4 cm Durchmesser und wog nur 4,9 g. Zum Aufhängen desselben wurde ein feines Loch in seine dünne Haut gebohrt und ein aus einem Glasfaden gebogener Haken von einigen Millimetern Höhe eingekittet; sein Gewicht betrug 0,01 g. Auch dieser Ball folgte dem Willen und schlug an den Rand des ihn vor Luftströmungen schützenden Becherglases nach kurzer Zeit an 1). Lange Aufhängefaden wählte ich deshalb, um ein merkbares lieben der Kugeln beim Versuche zu verhindern, was die Frage vielleicht kompliziert haben würde; die Bewegung der Kugel geht in einer horizontalen Linie während des geringen Ausschlages. (Es sei daran erinnert, daß in der Trigonometrie die Tangente und der Sinus bis 2° als identisch angesehen werden, und da das entsprechende Bogenstück des Kreises dazwischen liegt, kann es als gerade Linie angesprochen werden). Es gelang unter keinen Umständen, eine Christbaumkugel gleicher Art, wie vorhin beschrieben, in Bewegung zu setzen, wenn ihre Versilberung durch einige Tropfen Salpetersäure aufgelöst und sie nach dem Ausspülen in gut trockenem Zustande sie war wenigstens 30 Stunden im Trockenschranke gewesen und es war mehrfach die Luft darin, durch Aussaugen mittelst einer Kapillare, gewechselt worden, uni jede Spur von Feuchtigkeit zu entfernen dem Versuch unterworfen war. Manchmal, wenn eine Störung in der Willenskonzentration eintritt, schlägt der Ball 7i ixtick, weil die treibende Kraft aussetzt. Man darf sich in diesem Falle nicht ermüden, den pendelnden Ball weiter anzutreiben, denn es gelingt nur sehr schwer, seine Kraft synchronisch den Pendelungen anzupassen. Beim Gegenlauf bremst die Kraft und der Ball kommt schnell zur Ruhe. Am besten versucht man noch einmal seinen Willen an dem ganz zur Ruhe gekommenen Balle. Uni die Aufmerksamkeit des Blickes nicht abzulenken, habe ich bei meinen Experimenten -
') Für diejenigen, denen solche Kugeln nicht zur Hand sind, die Notiz, daß man sich leicht für ähnliche Versuche brauchbare Körper aus Papier formen kann. Man schneide drei Kreise von 55 mm Durchmesser aus weißem Briefpapier. Den einen teile man durch glatte Scherenschnitte in zwei Hälften und den andern in vier Viertel. Nun klebe man mit ein wenig Syndetikon die beiden Halbkreise so an den Vollkreis, daß zwei senkrecht zueinander stehende Vollkreise sich ergeben. Die vier Viertelstücke werden nun in die Mitten der vier eben entstandenen Winkel eingeklebt, so daß sie zusammen wieder in einer Ebene liegen. Es resultiert ein kugelförmiges Gebilde, dem die Kugeloberfläche fehlt; es läßt sich sehr leicht für diese Versuche an einem Faden aufhängen. Ein solches Gebilde aus mittlerem weißen Briefpapier von den angegebenen Dimensionen wog inkl, des verwendeten Klebstoffes nur 0,64 g. Klebt man zwei Stücke Gold- und Silberpapier (am besten solches, welches mit Aluminiumbronze bedeckt ist) mit sehr dünnem Roggenkleister aufeinander und läßt sie glatt zwischen den Blättern eines Buches trocknen, so erzielt man daraus leicht einen Versuchskörper, welcher bei einem Gewichte von 1,4 g auch die Ladefähigkeit, bzw. Umwandlung der Kraft des „Wollens" in „Elektrische Kraft" studieren läßt. Für manche Versuche sind diese Körper zu leicht und muß man dann einen Tropfen Siegellack am unteren Ende des Fadens ankleben, um diesen etwas zu spannen.
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ein größeres Stück Wellpappe uni den Apparat gestellt, in einer Entfernung von etwa 25 ein vom Rande des Becherglases. Dieser eintönige Hintergrund begünstigt nicht eine Gedankenabsehweifung. Auch diese Versuche bestätigten den Befund der Wageversuche: Glas lässt den _Willen" hindurch, er wird nicht in motorische Kraft umgewandelt. Wurde bei der versilberten Kugel die „Willenskraft", die viel lei c ht in Elektrizität umg2wandelt wird (Ionenladung), durch den Faden abgeleitet, so tritt keine Bewegung ein, wohl aber dann, wenn. die Ableitung durch die gewachste Seide oder den eingeknoteten Porzellanring verhütet wurde. 'Ein gleiches gilt von dem Wageversuch. Die Wageschale ist mittelst Bergkristallschneiden vom, meist aus Aluminium hergestellten,Wagebalken isoliert. Sie kann also die Kraft aufnehmen und umwandeln und einige Zeit aufspeichern. Da beide Wageschalen isoliert aufgehängt sind, beide haben Kristallschneiden, kann die der einen Wageschale mitgeteilte Kraft nicht auf die andere übergehen, es kann also die Differenzwirkung eintreten. Die „Entladung.' der Schalen erfolgt durch die Berührung mit den Pinseln bei der Arretierung, wodurch die statische tAdung zur Erde abgeführt wird. Wir hätten also wahrscheinlich eine Umwandlung der „Willenskraft" in „elektrische Kraft" beim Auftreffen auf geeignete Körper und wäre das ganze Phänomen ein leicht verständliches geworden. Was die Bewegung des Rollkörpers ans Bristolkarton angeht, so hätten wir einen ladungsfähigen Kollektor, der auf bestem isolierenden Fuße -- der Spiegelscheibe ruht und nun von den weiter andringenden „Willensstrahlen- — die gleichnamige Elektrizitätsbildung beim Auftreffen darstellen -- zurückgestoßen wird. Eine solche Umwandlung ist nichts Ungewöhnliches im physikalischem Sinne. Ich erinnere nur an das für uns unsichtbare ultraviolette Licht, das beim 'Projizieren eines Spektrums hinter dein violetten Lichtbande liegt -- aber für unser Auge unerkennbar ist. Schieben wir aber einen Streifen von fluoreszierendem (Hase auf das Spektralband, so finden wir nun das Spektrum weit über das sichtbare Violett verlängert, und ein gleicher Erfolg entsteht, wenn wir ein mit Chinin bestrichenes Papierblatt zum Auffangen des Spektrums benützen. Unsere „Arbeit4iypothese" leuchtet ein, wenn wir beachten, daß diese Willenskonzentration eine merkbare Anstrengung des Gehirns darstellt, die oft ganz empfindlichen Kopfschmerz im Gefolge hat, der lange nachhält, ehe er abflaut. Versuche sind also nicht für jeden zu empfehlen und dürfen auch nicht zu lange andauern, wenn der Experimentator nicht Schaden leiden will. -
Dabei ist nicht ausgeschlossen, daß es auch Personen gibt, denen ihre Konstitution eine andauernde Beschäftigung mit derartigen Fragen gestattet. Dem Schreiber dieses gelang es früher leicht, jene motorischen Wirkungen zu erzielen, jetzt, in vorgerücktein Alter, fällt es ihm schwer, sich mit diesen Studien abzugeben.
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Ob dies nicht mit der fortschreitenden Rückbildung der Zirbeldrüse zusammenhängt, mit ihrer gewaltigen Zunahme an Bindegewebe und der damit verbundenen Verkalkung? Wie ich bereits vor 5 Jahren ausspracht), haben wir in der Stirnhöhle die Endorgane des früheren Einauges des Menschen zu suchen, dessen allerdings verkrüppeltes Organ die Zirbeldrilse darstellt, die (ilandula pinealis der Hirnanatomie, die wahrscheinlich in früheren Epochen der Entwicklungsgeschichte des Menschen zur Erkennung elektrischer Strömungen besonders organisiert war. Wenn diese Endorgane zur Rezeption elektrischer Spannungsunterschiede befähigt erscheinen, dann dürfen sie wohl auch zum Aussenden kleiner Kräfte dienlich erscheinen, die bei ihrer Umwandlung als elektrische Kräfte statischer Art anzusprechen sind. In einem Aufsatze, betitelt: „Was heißt Sensitiv?", Psych. Stud. 1924, 8. 540, habe ich nachgewiesen, wie sehr gewisse Personen für solche äußere Spannungsunterschiede empfindlich sind. Meist verliert sich diese Empfindlichkeit mit den Jahren. In der Jugend vor der Pubertätsentwicklung ist sie am größten, und zu dieser Zeit und bei manchen Personen noch bis Ende der zwanziger Jahre ist sie zur Anstellung aller in unserer Hinsicht in Betracht kommenden Versuche in reichem Maße noch vorhanden. Zu ihrer Erprobung kann eine einfache Versuchsanwendung dienen, deren Beschreibung die nachfolgenden Ausführungen gewidmet sind. Ist unsere „Arbeitshypothese", das Denken sei mit einer in elektrische Spannung umwandelbaren physikalischen Kraftäußerung verbunden. richtig, so muß diese gemessen werden können. Das „Wie" war nun die Frage, zu deren Ergründung zahlreiche vergebliche Versuche angestellt wurden. Zunächst wurde versucht, die Versuchsperson vor einen Hohlspiegel zu setzen, in dessen konjugierten Punkt') ein feines Elektrometer seine Auffangvorrichtung streckte. Ich glaubte auf diesem Wege eine größere Menge der elektrischen Kraft sammeln zu können. Aber aus welchem Materiale ist der Hohlspiegel zu wählen? Glas läßt, wie wir sahen, anscheinend diese Strahlen hindurch, Metall nimmt sie auf und verwandelt sie in elektrische Kraft, die entweder abgeleitet wird oder wenn der Hohlspiegel isoliert aufgestellt wird, sich darauf ansammeln, aber nicht reflektiert werden kann. Es schien aus vorläufigen 1) Seite 32 in „Wunschelrute und siderischer Pendel" (Okkulte Welt 1923/24). 2) Zur Erläuterung des Begriffes konjugierter Punkte sei daran erinnert, daß jeder _Hohlspiegel, der die Form eines Kugelabschnittes hat, alle Strahlen, die aus dem Unendlichen kommen, die also parallel einfallen, in seinem Brennpunkte vereinigt. Strahlen, die aus seinem Mittelpunkte kommen, werden in diesen reflektiert. Strahlen, die aus einem zwischen EJnendlich und dem Mittelpunkte des Kugelabschnittes liegenden Punkte kommen, fallen zwischen den Mittelpunkt und den Brennpunkt. Je näher der aussendende Punkt am Mittelpunkte des Spiegels liegt, um so näher liegt ihr Vereinigungspunkt am Mittelpunkte. Die Stellungen des Strahlenaussenders und des Vereinigungspunktes der reflektierten Strahlen nennt man konjugierte Punkte.
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Versuchen hervorzugehen, daß Paraffin geeignet sei, diese Strahlen zu reflektieren. Deshalb wurde ein Hohlspiegel aus Papier geklebt, indem eine ganze Menge von Papierstreifen kreuz und quer über eine gefirnißte Kugel gelegt wurden und mit Roggenmehlkleister aufeinander befestigt wurden. Es resultierte eine Kugelkalotte aus „Papier mache", die nach dem vollständigen langsamen Trocknen mit Paraffin getränkt wurde und nachher in ihrer Höhlung noch mit demselben dick überzogen wurde. Um den Überzug zu glätten, wurde eine mit kochendem Wasser gefüllte runde Kochfläche in seine Nähe gebracht und in geringer Entfernung kreisförmig hin- und hergeführt, wobei die Kugelfläche fortwährend gedreht wurde, derart, (laß gerade das zu behandelnde Stück horizontal lag. Es war eine recht mühevolle Arbeit, die aber ein ganz leidliches Resultat gab. Der von mir vorversuchte Hohlspiegel hatte einen Durchmesser von 33 cm. Sein Radius betrug also 16 1 /2 cm. Der Brennpunkt lag 87, cm -v l)n der Kugelfläche ab. Saß di.e Versuchsperson mit ihrer Stirn V, In VGT1 der Kugelfläche entfernt, so lag der Kreuzungspunkt der reflektierten Strahlen 9,2 cm von der Kugeloberfläche ab. Saß das Objekt mit der Stirn 40 cm von der Spiegelfläche ab, dann war der Vereinigungspunkt' bei 9,9 cm. Die Unterschiede mögen z. T. von der Ungenauigkeit meines Spiegels und seiner Montierung stammen, zum größten Teile setze ich sie auf die Lage des Ursprungspunktes der Strahlen, der einige Zentimeter hinter der Vorderseite des Kopfes liegt; es ist außerdem zu beachten, daß der Ausgangspunkt kein Punkt ist, sondern eine Fläche anscheinend einige hundert Quadratmillimeter groß -- die natürlich kein punktförmiges Bild liefert. Es ist nicht ausgeschlossen, daß ein mit den nötigen Hilfsmitteln ausgestattetes Institut in der Lage sein wird, den Sitz des Ausgangspunktes der „Kraft" in der Kopfhöhle genau festzulegen. Als Elektrometer diente ein W. Thomsonsches Quadrantelektrometer, als Auffänger eine vergoldete Messingkugel von 4 mm Durchmesser. Die Zuleitung zum Elektrometer war mittelst Bernsteinfassung durch eine gut isolierende Glasröhre frei hindurchgeführt. Trotzdem mit aller Sorgfalt gearbeitet wurde, konnte kein positives Resultat auf diesem Wege erzielt werden, nur die Wahrscheinlichkeit wurde gezeigt, daß der Versuch mit feinerein Elektrometer gelingen werde. -- Ein solches ist zur Zeit aber nicht zu beschaffen ... Wenn ich trotzdem meine Versuchsanordnung ausführlich gab, so geschah es in der Erwartung, es werde später einein besser ausgestatteten Forscher gelingen, diesen Weg zu Ende zu gehen. Es mußte eine andere Methode gesucht werden, die Umwandlung der „Gedankenkraft" in elektrische Spannung zu zeigen. Ich verfiel auf ein II. W. Schmidtsches Elektroskop mit Mikroskopablesung, in der Form, wie es für die Untersuchung radioaktiver Körper benutzt wird. Es wurde auf ein Potential von etwa 150 Volt aufgeladen und der Ab-
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fall der Spannung beobachtet. Wurde der Zuleitungsknopf aus Aluminium genommen, so konnte im Momente der Formulierung der Gedankenarbeit ein plötzlicher starker Spannungsabfall festgestellt werden. Als Versuchspersonen dienten Schulkinder im Alter von 9 14 Jahren, welchen einfache Aufgaben gestellt wurden aus dem Gebiete des Kopfrechnens, der Geographie und der Geschichte, die meist mit einem Worte oder einer Zahl beantwortet werden konnten. Wenn der normale Spannungsverlust des 11Nektroskops unter den Verhältnissen meines Arbeitsraumes etwa 1 Volt pro Minute betrug, so fiel er im Momente des Aussprechens der Antwort, d. h. im Augenblicke des Zuckens des Mundes zur Antwort, um 3 5-8 Volt, unter Umständen, wenn die Antwort sehr prompt erfolgte, 15 18 Volt. Die Zeit der Antwort war nicht vorauszusehen. Sie entfiel ganz unregelmäßig über den Verlauf des Zeigers über die Instruinentenskala. Ein Einwurf, es handle sich um eine schlechte Montierung des Elektrometers, ist somit ausgeschlossen. Obschon eine ganze Reihe von Versuchen angestellt wurden, konnten keinerlei Regelmäßigkeiten betreffend Alter, Geschlecht oder Fähigkeit der Schüler festgestellt werden. Es hätte dazu eine größere Zeitspanne zur Verfügung stehen müssen und die Mitarbeit von interessierten Lehrern, die damals nicht zu finden waren. Als ich später diese Beobachtungen nochmals vornahm, um sie weiter auszubauen, beschloß ich, eine etwas bequemere Methode zu versuchen, denn jedem Sachkenner ist es ersichtlich, wie schwierig die Handhabung eines Elektrometers in Anwesenheit von mehreren Personen ist. Statt der elektrometrischen Messung versuchte ich eine Strommessung einzuführen, die gegen jene Störungen — auf welche hier nicht einzugehen ist — mehr gefeit ist, Ich baute zwei gleichartig auf der Drehbank gewickelte Spulen von Draht von 1,35 nim Dicke, die je einen Zylinder von 25 cm lichter Weite und 23 cm Höhe darstellen, Die Drahtwindungen berühren einander nicht; sie sind um sechs runde Stäbe, die im Sechseck zwischen zwei kräftigen Holzringen eingeleimt sind, gewickelt. Diese beiden Solenoide wurden an den Enden eines Stabes von 1,10 ni Länge isoliert aufgehängt und dieser in der Mitte drehbar auf einem Stativ von 1,75 in Höhe befestigt. Das System bildete eine Art Wage, auf deren Wagebalken die Drähte für die elektrischen Leitungen gut isoliert befestigt waren, damit bei dem nötigen Hantieren keinerlei Änderungen in denselben möglich werden sollten. Die Windungszahl beider Solenoide war 27. Auf den Wagebalkenenden ruhten je zwei Kondensatoren von genau gleicher Größe, also genau gleicher Kapazität. Sie bestehen aus runden Stanniolblättern, die glatt auf Glasscheiben aufgeklebt sind und mittelst Zelluloidstreifen von 0,06 mm Stärke in genau gleichem Abstande gehalten werden. Meine Kondensatoren haben einen Durchmesser von 9 cm. Die oberen Enden der Solenoide waren fest mit den unteren Kondensatorplatten verbunden. Die oberen Kondensatorplatten untereinander ebenso.
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Die unteren Enden der Solenoide gingen zu den entsprechenden Klemmschrauben eines Differentialgalvanometers. Dasselbe besteht aus zwei genau gleich langen, gut isolierten Drähten, die miteinander aufgewunden sind. Leitet man durch den einen Draht einen Strom und durch den zweiten Draht einen gleich starken Strom von entgegengesetzter Richtung, so bleibt eine im Mittelpunkt des Galvanometerstromkreises schwingende magnetische Nadel in Ruhe, weil die beiden Wirkungen einander aufheben.
Abb. 3. Eine schematische Darstellung der Vorrichtung. A=Wecuselstromerzeuger. 13Batterie von zwei Elementen (Akkus). G=Differentialgalvanometer. Sp l =Spule 1, in welche der Kopf der Versuchsperson kommt. Sp 2=Spule 2, in welche der (zum Ausgleich des statischen Feldes bestimmte) Puppenkopf gestellt wird. K1 und K 2= zwei gleiche Kondensatoren, von denen die oberen Platten verschiebbar sind zmn Ausgleichen ungleicher elektrischer Verteilung im System.
Die freien Polschrauben des Galvanometers stehen mit einem Wechselstrom erzeugenden Induktorium in Verbindung, dessen anderer Pol mit der Mitte des Verbindungsdrahtes der beiden oberen .Kondensatorplatten in Kontakt ist 1 ). Ist das Stromsystem genau ausgeglichen, d. h. sind alle Teile gleichwertig, dann werden die beiden Kondensatoren abwechselnd gleich stark geladen und entladen. Solange im System keine :Änderung eintritt, zeigt das Differentialgalvanometer keinen Ausschlag, weil der entstehende Gleichstrom in den beiden Hälften des Systems gleich stark ist. Wird die eine 1 ) Der Hammer des den Wechselstrom erzeugenden Induktoriums war durch einen Mikrophonkontakt "Summer" ersetzt; es werden dadurch nur Widerstandsschwankungen im Primärkreise erzeugt und man erhält fast reine Sinusschwingungen im Wechselstromkreise.
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Hälfte durch irgend eine elektrische Kraft gestört, dann zeigt sich ein Ausschlag des Galvanometers. Zum Verständnisse dieser etwas ungewohnten Art der Schaltung sei den Nichtphysikern unter den Lesern kurz gesagt, daß, wenn statt des Wechselstromes ein Gleichstrom an den genannten Stellen angelegt würde, überhaupt kein Strom im System zirkulieren könnte, weil die Kondensatoren als Stromunterbrecher dienen. Der Wechselstrom von hoher Spannung ladet aber die einander gegenüberstehenden Kondensatorplatten und haben diese in jedem Augenblicke die Spannung der Stromquelle. Die Spannung der Platten wechselt aber konstant zwischen positiver Elektrizität und negativer Elektrizität. Es ist ein permanentes Schwingen zwischen Maximum und Minimum, es kommt so ein Strom zustande, den das Galvanometer anzeigt, wenn er nur einseitig hindurchgeht. Da aber beide Stromhälften an das Galvanometer angeschlossen sind, und zwar gegeneinander, so kann, solange der Strom in beiden Hälften gleich stark ist, kein Nadelausschlag resultieren. Sowie aber in einer Hälfte des Systems irgend eine sekundäre elektrische Kraft wirkt, wird je nach der Art derselben ein Nadelausschlag in der einen oder andern Weise erfolgen. Eine hohle Pappmache-Kopfform, wie sie zum Garnieren von Hüten und ähnlichen Arbeiten benützt werden, wurde in das Innere des einen der beiden Solenoide gestellt, in das Innere des andern steckte die Versuchsperson den Kopf. Sie war gebeten, an nichts zu denken und erst zu reagieren, wenn eine direkte Frage an sie gestellt wurde. Ein geringes Verstellen des einen der beiden Kondensatoren brachte die beiden Hälften des Systems wieder ins Gleichgewicht; das Differentialgalvanometer stand auf Null ein. Wurde nun plötzlich der Versuchsperson eine Frage zugerufen (z. B. „Wieviel ist 8 x 7?" oder „die Hauptstadt von Polen heißt?"), so trat im Momente des Denkens eine erhebliche Störung des elektrischen Feldes ein. Die Ladung des Solenoids, das den „Denkenden" umgab, wurde entspannt. Wir dürfen wohl daraus entnehmen, daß beim Denkprozeß irgend welche .... (sagen wir kurz einmal) Elektronen den Kopf verlassen und den elektrischen Zustand des Solenoids verändern. Leider waren die Ausschläge des mir zu Gebote stehenden Differentialgalvanometers, obwohl recht kräftig, doch nicht zu messenden Versuchen zu verwenden. Meine Arbeit ist in dieser Hinsicht nur als eine wegsuchende zu bezeichnen. Mit einem so unvollkommenen Instrumentarium, wie es z. Zt. den Privatpersonen zu Dienste stehen kann, sind weitergehende Forschungen nicht zu ermöglichen. Es gelang aber, das Prinzip des Verfahrens festzustellen und darzutun, daß besser ausgerüsteten Forschern hier ein Weg zu dankenswerter Betätigung sieh bietet. Außer mit diesen Versuchen beschäftigte ich mich, die Wirkung der vom Kopfe ausgehenden „Strahlen.' auf eine Branlysche Röhre zu studieren. Eine solche, mit Silber- und Nickelfeilspänen gefüllt, wurde in der .A Ase eines Paraffinhohlspiegels aufgestellt und die zu prüfende Person
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in den konjugierten Punkt gesetzt. Beim Denkprozeß läutete eine eingeschaltete Glocke; um ihn zum Schweigen zu bringen, mußte die Branlysehe Röhre angeklopft werden. Ein recht umständlicher Prozeß. Als später die hochempfindlichen Radiodetektoren in den Handel kamen, wurden die Versuche mittelst dieser aufgenommen. Ein Telephon diente als Empfänger und zwar in der einfachen Schaltung oder als sekundäre, wobei Blockkondensatoren zwischengeschaltet waren. Das Knacken, das beim Auftreten der Gedankenstrahlen sich hören ließ, war je nach der Intensität des Denkprozesses von verschiedenem Grade. Wie diese Versuche in vergleichende, messende umzugestalten sind, wird die nächste Zeit lehren. Da aber, wie aus verschiedenen Vorstudien hervorgeht, die in Frage kommenden Wellen eine sehr kurze Wellenlänge laben, ist mit rundfunkähnlichen Geräten nichts zu erreichten. Es wird am meisten zu erreichen sein mit der von mir angewendeten Branlyschen Röhre, vielleicht mit einer Füllung von Silber- und Bleiglanzraspelspänen. ‚Jedenfalls dürfte die Wellenlänge weit unter 10 cm liegen. Eine empfindliche Störung erlitten meine Arbeitete durch die fremde Besatzung, die hier im besetzten Gebiete doch oft unangenehmer sich fühlbar macht, als den im freien Vaterlande Lebenden denkbar. Manche Haussuchung habe ich erlitten ; man vermutete ‘4ne Beschäftigung mit radiotechnischen Experimenten und suchte die Ursache von, den fremden Radiobetrieb arg störenden, Erscheinungen u. a. auch in meinem Arbeitsraume. Trotzdem ich keinerlei derartige Absichten hatte, war doch schon das Vorhandensein von Spulen, Widerständen, Akkubatterien, Galvanometern usw. recht verdächtig. Ich gab also der freundlichen Mahnung eines fremdländischen höheren Militärs nach und enthielt mich weiterhin einer für meine Freiheit so gefährlichen Übung. Hoffentlich können wir bald wieder frei uns der Wissenschaft widmen. -
Fertiggestellt Januar 1923. Eingegangen November 1925.
Taschenspiel und Okkultismus. Von Prof. Dr. med.
Artur Kollmann, Leipzig.
(Schluß.)
Um sich vor Betrug zu schützen, läßt man neuerdings das Medium, statt es wie früher zu binden, von einer oder mehreren Personen an den Armen und Beinen festhalten. Die übrigen an der Sitzung Teilnehmenden müssen wie ehedem „Kette" bilden. Diese Vorkehrungen sind aber ebensowenig Garantie gegen Täuschung, wie die Fesselungen. Schon das Festhalten des Mediums ist eine unsichere Sache. Das Medium bekommt in seinem Trancezustand gewöhnlich Zuckungen, und im Dunkeln weiß man zuletzt gar nicht mehr
Bescheid, hauptsächlich, wenn die Sitzung stundenlang dauert.
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Wie ein Medium, obwohl es an Händen und Füßen festgehalten, resp. von dem rechten und linken Nachbar wenigstens dort berührt wird, sich von dieser Kontrolle befreien kann, wird in dem schon früher erwähnten Buch von Prof. Lehmann („Aberglaube und Zauberei") erörtert, und zwar in Abschnitt III, Kap. 26, die physikalischen Manifestationen. Es werden an dieser Stelle u. a. Sitzungen von Riehet und M o 11 mit dem italienischen Medium Eu s a p ia Palladino besprochen. M 011 beschreibt auch die Art, wie das Medium sogar beide Hände und beide Füße freibekam, wodurch es in den Stand gesetzt wurde, die überraschenden Phänomene und Manifestationen ohne Mühe selbst zu erzeugen. Noch ausführlicher als in dem Buch von Lehmann wird dieser Gegenstand in dem am Schluß dieses Aufsatzes zitierten großen Werk „Der physikalische Mediumismus" behandelt. Die soeben erwähnten Tricks lassen sich natürlich von einem Helfershelfer auch beim Bilden der „Kette" der übrigen Sitzungsteilnehmer anwenden. Ein anderer Trick, um beim Bilden der „Kette" eine Hand frei zu bekommen, wurde vor kurzem von dem Zauberkünstler Hu go s beschrieben (Magie, Monatsschrift des magischen Zirkels, Mai 1925). Hugos verwendet einen Handschuh mit ausgestopftem kleinen Finger, den er im gegebenen Moment schnell hinlegt; die nebenan sitzende Person glaubt den wirklichen kleinen Finger zu berühren. Eine wissenschaftlich wirklich zuverlässige Methode, die Bewegung der Medien stets zu kontrollieren, ist die von Geh. Rat Sommer bereits 1921 angegebene („Zur Kontrille der Medien im Gebiet des Okkultismus und Spiritismus", Deutsche med. Wochenschrift 1921, Nr. 23). Sie ermöglicht für beide Hände und für beide Füße eine Darstellung aller Bewegungen in Form von Kurven, ohne daß die Bewegungen des Mediums irgendwie gehemmt werden, In älteren Berichten über okkultistische Sitzungen liest man oft von C eisterhänden und Geistergesichtern, die im Finstern sichtbar wurden. wenn man darnach griff aber wieder verschwanden Man kann dies mit einfachen Mitteln auf natürlichem Wege ausführen. Man nehme z. B. ein dünnes Stäbchen und befestige an dem einen Ende desselben ein Stück von schwarzem Karton; auf der einen Seite von diesem hat man mit Leuchtfarbe eine Geisterhand oder ein Geistergesicht gemalt. Im Finstern wird das Gemalte leuchten, und wenn man es hin- und herbewegt, ist der Zuschauer nicht imstande, die Entfernung von sich richtig zu taxieren. Greift jemand darnach, so dreht man die Scheibe um, und das Phänomen ist verschwunden. Ein guter Trick war früher auch der. daß das Medium unter seinem gewöhnlichen Anzug noch ein schwarzes Trikot trug, auf dessen vorderer 'Seite mit Leuchtfarbe ein Skelett gemalt war. In der Dunkelsitzung zog das Medium den Anzug aus, legte ein Paar gleichfalls präparierte schwarze Handschuhe und eine schwarze Gesichtsmaske an, und ging nun im Trikot unter den Zuschauern umher. Drehte es sich um, so war die Erscheinung natürlich verschwunden. Als man diese Tricks allgemein als solche erkannt hatte, nahmen die Medien ihre Zuflucht zu Mullstücken, die, mit leuchtenden Sub-
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stanzen imprägniert, in einzelnen kleineren Teilen an verschiedenen Stellen ihres Körpers verborgen wurden. Sie konnten diese sowohl als Geistergewand umhängen, als auch aus ihnen verschiedene Gestalten formen, die man bei Öffnung des Kabinetts abseits von dem in Trance befindlichen Medien wahrnahm. Ein besonderes Kapitel für sich bildet die Tafelschrift, die wohl von allen bedeutenden Medien vorgeführt worden ist. Am meisten bekannt und erörtert wurden die Versuche, die der Leipziger Professor Zöllner diesbezüglich mit dem Medium Henry Si ad e vornahm. Die Tafelschrift wird erzeugt durch zwei ganz verschiedene Methoden. Bei der einen werden Tafeln verwandt, die präpariert sind, bei der andern benutzt der Vortragende aber ganz gewöhnliche Tafeln ohne jede Präparation. Die Schrift bringt er dann dadurch hervor, daß er unter einem Fingernagel ein ganz kleines Stück Schiefer, Kreide oder eine andere harte Schreibmasse eingeklemmt hat. Man kann dazu den Zeigefinger verwenden; leichter arbeitet es sich aber mit dem Daumen. Auch kleine Hilfsapparate, an denen ein winziges Stück Schreibmasse befestigt ist, werden zur Ausführung dieses Tricks empfohlen; sie sind so konstruiert, daß sie leicht an dem schreibenden Finger befestigt werden .können. Die Tafel wird stets auf der einen Seite mit dem Daumen, auf der anderen aber mit den vier übrigen Fingern erfaßt. Damit die Zuschauer das Schreiben nicht bemerken, wendet man die betreffende Seite de Tafel von ihnen ab, oder man hält die ganze Tafel unter den Tisch. Es würde zu weit führen, in diesem Aufsatz auf die Einzelheiten dieser Tafelexperimente näher einzugehen. Andere öfters vorkommende Täuschungen betreffen das akustische Gebiet. Man weiß vom sog. Bauchreden her, wie leicht man sich betreffs des Ortes. von dem der Schall kommt, irrt. Der Vortragende bewegt eine Puppe, während er selbst, vor allein in seinem Gesicht, ganz ruhig bleibt. und unwillkürlich glaubt man, daß das Gesprochene von der bewegten Puppe kommt. Aber auch bei ausgeschaltetem Sehen ist diese Unsicherheit vorhanden, ja sie ist hierbei sogar noch stärker ausgeprägt. Um sich davon zu überzeugen, lasse man z. B. eine Person auf einem Stuhl Platz nehmen und binde ihr ein Tuch uni die Augen. Dann nehme man zwei kleine metallene Gegenstände, die einen lauten Klang geben, z. B. zwei Münzen, und schlage mit ihnen aneinander. Wenn man dies über dem Kopf der sitzenden Person, vor ihrem Gesicht und unterhalb des Kopfes verschiedene Male ausführt, wird man zu seinem Erstaunen sehen, wie unrichtig lokalisiert wird. An alles dies sollte man stets denken, wenn man von merk würdigen akustischen Phänomenen hört, die bei okkultistischen Sitzungen auftreten. Als ein Beispiel solcher Art erwähne ich die geheimnisvolle Spieldose, die angeblich durch mediale Kräfte in Bewegung gesetzt wird. Das Taschenspiel liefert uns auch dazu einen Beitrag. Seit vielen Jahrzehnten kennt man hier das Kunststück, eine jede beliebige Taschenuhr repetieren zu lassen. Um dies auszuführen, benutzt der Künstler einen zumeist in der Westentasche verborgenen Apparat, der bei einem leisen Druck des Ellbogens oder sogar nur durch tiefes Atemholen ein Schlagwerk auslöst. Bei der Produktion der pseudookkultistischen Spieldose würde es natürlich dann nicht diese sein, die ,
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spielt, sondern eine verborgene zweite, die entweder der die Sitzung Leitende oder ein Helfershelfer, eventuell sogar das Medium selbst irgendwie in Tätigkeit setzt. In der Literatur wird von einem Fall berichtet, in dem ein solcher Trick wirklich angewandt worden ist. Die betreffende pseudo-okkultistische Sitzung fand bei hell erleuchtetem Zimmer statt. Die Spieldose wurde in ein Kistchen verschlossen auf einen Tisch gestellt; die Teilnehmer an der Sitzung und der die Sitzung Leitende saßen um den Tisch herum und bildeten Kette. Letzterer trug eine zweite Spieldose unter der Hose verborgen; sie war am Oberschenkel in der Nähe des Knies befestigt. Ein Heben des Knies und Andrücken gegen die untere Seite des Tisches ließ diese zweite Spieldose erklingen; wenn der Druck nachließ, hörte das Spiel wieder auf. Die an der Sitzung Teilnehmenden, die von dieser zweiten Spieldose nichts wußten, glaubten natürlich, daß es die in dem Kistchen verschlossene Spieldose sei, welche spiele. Die umfangreiche Weltliteratur des Taschenspiels und des Antispiritismus macht uns mit der Ausführung aller bisher erwähnten Tricks in ihren Einzelheiten auf das genaueste bekannt. Da sie nicht jedem zugänglich ist, verweise ich deutsche Interessenten vor allem auf das schon weiter oben zitierte Buch von Karl W illmann „Moderne Salonmagie". sowie auf sein anderes Buch ,.Moderne Wunder" (beide im Verlag von Otto Spamer, Leipzig). Das sechste Bändchen von W i 11 in an im illustrierter magischer Bibliothek (Leipzig, Verlag Alfred Hahn) enthält eine gedrängte Darstellung des Gegenstandes. Außerdem findet man auch eine große Reihe von äußerst lehrreichen Aufsätzen in den zehn Jahrgängen von W ii 1 m anns Monatsschrift „Die Zauberwelt". Obgleich diese Willmann scheu Publikationen älteren Datums sind, haben sie doch auch heute noch ihren unbestreitbaren Wert. Viele hierher gehörigen Dinge finden sich außerdem in den Spielbüchern des bekannten Verlags von Otto Maier in Ravensburg. Daß eine mit Hilfe taschenspielerischer Kenntnisse vorgenommene Prüfung okkultistischer Vorgänge wirklich etwas leisten kann, wird übrigens neuerdings wieder durch das Buch von Harry Houdini Magician among the Spirits, New York an.d London, 1924, ausführlich besprochen von Carl v. Klinekowstroem im ersten Heft dieser Zeitschrift] bewiesen. Houdini konnte trotz seines großen Interesses für den Gegenstand niemals zur überzeugung von der Echtheit der Phänomene gelangen. Ich kenne H o u dini persönlich sehr genau von seiner einstigen Anwesenheit in Leipzig her; wir kamen öfters zusammen. Ich habe dabei Dinge von ihm gesehen und gelernt, von denen ich zuvor nichts wußte, und die ich auch später niemals bei einem andern Zauberkünstler wieder gesehen habe. Er kannte sogar den geheimnisvoll-mystischen Apparat. den Graf de Grisy-Torrini bei der Ausführung seines berühmten Kunststückes "Die Partie Piquet eines Blinden" benutzt hat'. Ich habe also allen Grund. auf Houdinis Urteil Wert zu legen. Trotz alledem möchte ich aber raten, die taschenspielerische Erfahrung niemals zur Voreingenommenheit gegen okkultistische Phänomene werden zu lassen; man soll an die Prüfung jedes einzelnen Falles stets unparteiisch herantreten. Wenn ich einmal wirklich Erscheinungen erleben sollte, die ich
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Graf Perovsky-Petrovo-Solovovo.
mir in natürlicher Weise nicht erklären könnte, würde ich dies mit Freuden bekennen. Bei der Beurteilung der Echtheit oder Unechtheit okkultistischer Phänomene ist aber meiner absoluten Überzeugung nach die genauere Kenntnis des Taschenspiels nicht zu entbehren. Wer sich in diesem praktisch ausbilden will, dem ist vor allem zu empfehlen, Mitglied des in diesem Aufsatz schon mehrfach genannten magischen Zirkels zu werden (1. Vorsitzender Ferdinand Ut er, Leipzig, Kolonnadenstraße 18). Dadurch, daß jede Ortsgruppe monatlich mindestens einmal Zusammenkünfte mit Vorführungen abhält und durch das jeden Monat erscheinende Vereinsorgan „M a g i e", das stets auch eine Anzahl neuer Tricks bringt, wird man am sichersten mit der Materie vertraut. Daß man die Sache nicht vorwiegend vorn Standpunkt des Taschenspielers aus betrachten darf, ist natürlich klar; ich habe darauf auch schon hingewiesen. Wem es mit dem Gegenstand wirklich ernst ist, der muß daher auch die wissenschaftlichen Publikationen, das gewaltige Gebiet des Okkultismus betreffend, gründlich studieren. Enter den neuesten Werken deutscher Herkunft ragt vor allem eine Schöpfung hervor: „D er Okkultismus in Urkunde n". herausgegeben von Max Dessoir tVerla Ullstein, Berlin). Ein Band, bearbeitet von v. Gulat-Wellenburg, Graf Carl v. Klinckowstroem und Hans Rosenbusch behandelt den physikal ischen Mediumismus, ein zweiter, bearbeitet von Richard Bae rwald, die intellektuellen Phänomene. Ein dritter, Suggestion und Hypnose, bearbeitet von Albert Moll, wird in Bälde folgen. „Der physikalische Mediumismus" geht übrigens an vielen Stellen auch auf die Beziehungen des Taschenspiels zum Okkultismus ganz besonders gründlich ein. Daß die Leitung der vorliegenden Zeitschrift bemüht ist, bei dem weiteren Ausbau der wissenschaftlichen Forschung und der Verbreitung der einschlägigen Kenntnisse nach besten Kräften mitzuwirken, wird aber hoffentlich auch bald allgemein anerkannt werden.
Mitteilung über einen Fall von Fakirelevation. Von Graf
Perovsky-Petrovo-Solovovo, Brüssel.
Der folgende Bericht über eine 'Fakirelevation scheint mir recht merkwürdig zu sein, und ich persönlich lege ihm um so größeres Gewicht bei, als ich den Verfasser, Herrn Michael Schipovsky, genau kenne und keinen Zweifel an seinem guten Glauben hege. Herr S c h ip o v sk y ist ein russischer Flüchtling, Mitarbeiter der russischen Zeitung „Rul" in Berlin und wohnt jetzt in der Umgebung von Nizza. Einige Jahre lebte er in Berlin, wo ich ihn kennen und schätzen lernte. Ich bewundere die Energie und Zähigkeit, mit der dieser Ehrenmann den Kampf gegen sein sehr hartes Schicksal führt.
Mitteilung über einen Fall von Fakirelevation.
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Die Beschreibung, die S chipovsk y von seinen Beobachtungen im Mai 1914 entwirft, betrifft einen sehr seltenen Levitationsfall. Da die subjektive Zuverlässigkeit des Zeugen als gesichert gelten kann, haben wir mir unter folgenden Erklärungsmöglichkeiten zu wählen: Es handelt sieh entweder um a) eine physische Erscheinung oder b) um eine Massenhalluzination oder c) eine Erinnerungstäuschung. Mancher entscheidet sich vielleicht für die letztere Erklärung, da Herr S eh ip ovsk y zugestandenermaßen (vgl. unten) im Kriege eine Verletzung erlitten hat, die sehr ernste und unangenehme Folgen hat. Deswegen ist es sicherlich zu bedauern, daß sich heute keine Bestätigung für seinen Bericht mehr auftreiben läßt. Ich kann aber bekunden, daß ich mit Herrn Schipov sk y in Berlin während zweier Jahre oft zusammengekommen bin, ohne daß ich j era als irgend etwas Abnormes an ihm bemerkt hätte. Deswegen verwerfe ich für meinen Teil die Deutung c; andererseits kann ich in der ganzen metaphysischen Literatur bis jetzt keine unzweideutigen Beispiele wirklicher Levitationen finden; auch ein Trick ist in unserem Falle wohl ausgeschlossen. Nach allem, was man zu hören bekommt,, würde ich mich zwar durchaus nicht wundern, wenn sich in 50 Jahren jeder von uns mittelst eines kleinen, unter den Kleidern versteckten Apparats in die Luft erheben könnte. Aber einstweilen ist er noch nicht erfunden, man braucht sich also bei dieser Möglichkeit nicht aufzuhalten. Es bleibt also nur Deutung b übrig: Der Fakir oder Yogi muß suggestiv eine Massenhalluzination erzeugt haben. Ich selbst stand früher solchen Hypothesen sehr skeptisch gegenüber. Vor 20 Jahren hielt ich einmal in St. Petersburg einen öffentlichen Vortrag über die physikalischen Erscheinungen des Spiritismus und suchte im Verlauf desselben zu beweisen, daß diese Hypothese sich auf nichts stützen könne und daß u. a. die Geschichte von einem Fakirzauber, der photographiert, aber nicht auf der photographischen Platte sichtbar geworden sein sollte, auf freier Erfindung beruhte. (Vgl. „Journal of tue Society for Psychical Research", Juni oder Juli 1891.) Nach dem Abschluß in eines Vortrages aber sagte mir einer der Hörer, ein Marineoffizier namens Byl i m -K o 1 o s so wsk y, ich wäre im Irrtum; er sei in Indien gewesen und habe an Bord seines Schiffes selbst Vorführungen eines Fakirs beigewohnt (ich weiß nicht mehr, welcher Art sie waren). Sie wurden photographiert, aber auf der Platte war hinterher nichts zu sehen. Leider gelang es mir nicht, von Kapitän B.-K. einen schriftlichen Bericht über das Experiment mit seiner Unterschrift zu erhalten, obgleich ich ihm vorschlug, ich wollte selbst mit meiner Schreibmaschine zu ihm kommen und nach seinem Diktat schreiben, um es ihm so leicht wie möglich zu machen. .Dieser Zwischenfall, Schipo vsk ys Bericht und gewisse Tatsachen, die Graf K 1 inc k owstr o cm in seinem überaus interessanten Vortrag Indische Zauberkünste" 1 ) vorgebracht hat, haben mich heute zu der „
') Vgl. Heft 2, S. 158-159 unserer Zeitschrift.
Grat Perovsky-Petrovo-Solovoro.
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Ansicht bekehrt, daß suggestiv erzeugte Massenhalluzinationen vielleicht vorkommen. Gewiß kein Umstand, der geeignet wäre, dem Forscher auf dem schon so verwickelten Gebiet der physikalischen Metapsychik seine Aufgabe zu erleichtern, zumal wenn wir mit Graf Klinckowstroem (5. 23 des erwähnten Vortrags) annehmen, der Fakir könne nicht bloß positive, sondern auch negative Halluzinationen suggerieren : eine Hypothese, die zwar geistvoll erdacht und schwer zu widerlegen ist, aber sich, wie ich sagen muß, vorläufig noch auf kein Beweismaterial stützen kann. Wir lassen nun den Bericht des Herrn Schipovsk y in möglichst wortgetreuer Übersetzung des russischen Originals folgen -
Ein Mann, der sich in die Luft erhebt. Anfang Januar 1914 brach ich von Taschkent auf in der Richtung nach Pamir, in Gesellschaft meines 'Kameraden Sergei Alexandrovitsch Barsukoff, der damals an der Handelsschule in Moskau studierte, und eines Berufsführers, eines „Tadschik" aus der Stadt Taschkent; letzterer war schon mehrmals in Indien gewesen und kannte rocht wohl die Wege (oder wenigstens einige von ihnen) und die Mundarten der Eingeborenen. Die Reise, anfangs ziemlich kurz geplant, zog sich in die Länge, und erst im Mai erreichten wir nach Durchquerung des Ilimalaya die von tropischen Wäldern erfüllten Täler, die in gewaltigen Terrassen den Südabhang des Gebirges hinabsteigen. Es war ein stiller Abend, die Luft war von den unzähligen Stimmen der indischen Tierwelt erfüllt. Wir schritten durch ein kleines Gehölz und sahen eine Lichtung von geringem Umfange vor uns, einen offenen Platz, der die Strebepfeiler der Felsenberge im Hintergrunde sichtbar werden ließ. Der Führer meinte, wir würden nun bald ein Dorf erreichen, was uns sehr froh machte, denn mehrere Nächte hatten wir unter freiem Himmel zugebracht, waren erschöpft und hungrig und hatten uns beeilt, um endlich wieder ein Dach über dem Kopf zu haben und etwas ausruhen zu können. Der Rand des Waldes war erreicht, wir traten aus den Bäumen heraus, aber statt des Dorfes (das noch in einiger Entfernung lag), sahen wir eine Ansammlung von Eingeborenen, etwa 100 120 an der Zahl, auf einem Grasplatz. Sie waren halb nackt, die meisten trugen langherabfallende Haare; so bildeten sie einen engen Kreis, aus dessen Mitte die taktmäßigen, uns unverständlichen Laute einer menschlichen Stimme zu uns drangen. Bei unserer Annäherung teilte sich die Menge, wir bildeten gleichsam neue Ringe in der Kette und sahen nun im Mittelpunkt des Kreises einen Mann stehen, offenbar denselben, der schon vor unserer Ankunft gesprochen hatte. Er war dürr und hochgewachsen, die Haare fielen ihm über die Schultern herab, mit der einen Hand hielt er über der Schulter ein Stück Stoff fest, das ihm als Gewand diente. Langsam ging sein Blick in der Runde herum. Einen Moment lang richtete sich dieses durchbohrende Auge auch
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auf uns. Alle schwiegen, es herrschte Totenstille. Ich glaube, meine Gedanken standen auch still. Ich kann mich jetzt nicht mehr entsinnen, ob ich in jenem Augenblick an irgend etwas denken konnte, mir irgend eine Frage vorlegte. Aber mit meinen Augen blieb ich unverwandt an dem Manne in der Mitte des Kreises hängen. Und wirklich, ich sah es ganz deutlich, wie er sieh vom Boden zu lösen begann. Der Korb, den er neben sich hatte, blieb unten stehen, während er selbst höher und immer höher emporschwebte. Schon mußte man den Kopf heben, um dem Steigen seines Körpers folgen zu können. Die Umrisse des Mannes waren deutlich sichtbar, aber sein Gesicht (Form, Nase, Augen) konnte man nicht mehr unterscheiden. Wie hoch war der Inder gestiegen? Schon einige Tage nachher, und auch nach Jahren immer wieder, habe ich, wenn ich mir jenes Ereignis zurückrief, versucht, mir diese Frage zu beantworten, konnte aber zu keiner Entscheidung kommen. Auch heute vermag ich es nicht. Nur wenn ich eine fünfstöckige städtische Mietskaserne ansehe, denke ich mir, daß der Inder anderthalb bis zweimal so hoch emporgestiegen sein muß. Ich blickte in die Luft und sah nichts um mich herum, fühlte aber eine tiefe Stille um mich. Kein Schürfen eines Gewandes, kein Ton, kein tiefer Atemzug durchbrach sie. Alles war wie erstarrt während eines Zeitraumes, den ich durchaus nicht abzuschätzen vermag. Gegenwärtig scheint es mir, die Geschwindigkeit, mit welcher der Inder emporgeführt wurde, glich der eines gemächlich schreitenden Mannes. Am höchsten Punkt seines Aufsteigens angelangt, blieb der Inder einen Augenblick unbewegt, dann begann er ebenso langsam wieder zu sinken. Er ließ einen Arm parallel dem Körper herabhängen, mit dem anderen hielt er das Tuch fest, das ihn umhüllte; so berührte ,er schließlich den Erdboden, nahm seinen dort stehenden Korb auf, ließ seinen Blick über die Menge rundum gleiten, sprach einige Worte mit scharfer Stimme und verließ den Kreis. Die Schar war in großer Erregung; viele warfen sich auf den Boden, als wären sie von hysterischen Anfällen gepackt; man hörte bald wilde, bald klagende Ausrufe, Der Inder aber entfernte sich schweigend, ruhig geradeaus blickend, von dem Kreise, der sich sofort zerstreut hatte, uni ihn hindurchgehen zu lassen, und verschwand in dem Walde, aus dem wir gekommen waren. Die Menge begann sogleich auseinander zu gehen, nur einige blieben noch auf der Erde liegen, den Kopf gegen den Boden gestemmt, ihre Schultern wurden von konvulsivischen' Zuckungen geschüttelt. Erfüllt von dem Gefühl eines unverständlichen, die Grenzen unserer Vernunft überschreitenden Erlebnisses, ohne Fragen, ohne Worte, ja, wie ich glaube, selbst ohne Gedanken setzten wir unsere Wanderung fort. Michael Schipovskyi). 1 ) Ich muß hinzufügen : Schon 2-3 Jahre, ehe ich diese Darstellung von Herrn Schipovsky erhielt, hatte er mir einen anderen schriftlichen Bericht über den gleichen,
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Ich lasse nunmehr die Antworten folgen, mit denen Herr 8 eh ip o vsky die Fragen erwiderte, die ich ihm in einem Briefe vom 10. August 1925 stellte : 1. 'Das in Frage stehende Ereignis begab sieh etwa Ende Mai 1914. 2. Schauplatz war der der Ostküste Hindostans zugewandte Südabhang des Himalaya. 3. Die Dauer der Levitation kann ich nicht bestimmen. Unser Eintreten in den Kreis der Eingeborenen, der Blick, den der Inder auf uns warf, sein Schweigen vor dem Emporsteigen, das alles zählte nur nach Sekunden, der Aufstieg selbst dagegen nach Minuten. 4. Ich bin aufs festeste davon überzeugt, daß meine Begleiter ebenso wie die gesamte Volksmenge dasselbe gesehen haben wie ich selbst. 5. Den Namen meines Reisebegleiters habe ich in meinem Bericht genannt. Auf den Namen des Tadschik kann ich mich nicht mehr besinnen. In Taschkent kannte ihn jedermann. Ich weiß flicht, wo er sich jetzt befindet. 6. Ich wüßte nicht, daß ich vor 1914 je Gesichtshalluzinationen gehabt hätte. 7. Während des Krieges habe ich im Juni 1916 eine starke Quetschung am Kopf erlitten. 1 1 / 2 Monat lang war ich in einem ganz abnormen Zustand. Noch 8 Monate hindurch litt ich an schrecklichen Kopfschmerzen. Die Quetschung hatte starken Einfluß auf die Gehirntätigkeit. Mein Gedächtnis, die Geschwindigkeit des Auffassens, meine gesamten Fähigkeiten litten zweiffellos darunter. Spuren dieser Schädigung machen sich manchmal noch jetzt bemerkbar.
Kritische Betrachtungen zum Problem des Okkultismus. Von Dr. R. W. Schulte, Berlin, prakt. Psychologe, Dozent, Leiter der Psychotechnischen Hauptprüfstelle für Sport und Berufskunde. Der kürzlich gegen den Geheimen Sanitätsrat Dr. A. Mo 11 angestrengte Beleidignngsprozeß von seiten eines Mediums ist durch zweimaligen' Freispruch des Gerichts beendet worden. Dieser Prozeß steht in der Geschichte der menschlichen Kultur und Wissenschaft wohl einzigartig da. Das Hin und Her der prozessualen Verhandlungen hat nicht nur den Fachwissenschaftler, sondern auch vielleicht in noch erheblicherem Maße Zwischenfall nach Berlin gesandt. In dieser früheren Schilderung war die Höhe, bis zu welcher der Fakir emporstieg, noch weit größer angegeben worden, so daß ich Herrn Sebipovsky auf diesen Punkt aufmerksam machte. In seinem zweiten Bericht hat er sie dann viel zurückhaltender taxiert. Ich messe dieser Abweichung kein besonderes Gewicht bei. Sonst glichen sich die beiden Darstellungen vollkommen.
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die Öffentlichkeit beschäftigt. Handelt es sich doch um Probleme, die über die rein formale Frage der Beleidigung hinaus von grundsätzlicher Bedeutung für menschliches Erkennen und menschlichen geistigen Fortschritt sind. Die reine Rechtsfrage, die verhandelt wurde und die durch die Entscheidung des Gerichts zugunsten der wissenschaftlichen Freiheit des Forschers geklärt wurde, kann hier nicht zur Diskussion stehen. Dagegen soll an dieser Stelle einmal mit allem Nachdruck die logische und methodologische Stellungnahme der Wissenschaft zu den angeschnittenen Problemen objektiv grundsätzlich und kritisch erörtert werden. Ob es „okkulte Phänomene" gibt, das kann nach Ansicht des Gerichts und der Wissenschaft niemals vor Gericht entschieden werden. Aber auch für das Vorkommen von derartigen Erscheinungen wurden von seiten der Sachverständigen sowohl zustimmende wie gegenteilige Ansichten in schärfster Zuspitzung geäußert. „Okkult" heißt nach dem Wortsinn „dunkel, unklar, verworren"; die okkulten Phänomene sind Erscheinungen, die rein äußerlich zumeist an besondere Vorbedingungen begünstigender Art wie völlige oder annähernde Dunkelheit gebunden sind und den cherno-physikalischen Erscheinungsweisen offenbar widersprechen. Daß es psychische Phänomene gibt, die wir heute noch nicht kennen oder zu erklären vermögen, ist auf jeden Fall zugegeben und liegt durchaus im Bereiche der Möglichkeit, und die Entwicklung der menschlichen Erkenntnis liefert ja stets Beispiele der zunehmenden Korrigierung unseres Erfahrungsumfanges. Von Geheimrat M ohl. war niemals die tatsächliche Existenz derartiger, heute noch nicht voll oder einwandfrei erklärbarer Erscheinungen bestritten worden, und viele andere moderne Fachleute stehen auf einem ähnlichen a priori durchaus nicht ablehnenden Standpunkte. So weit haben wir es aber mit dem Glaub en, mit der persönlichen Überzeugung, die subjektiv durchaus wahr sein kann, zu tun, gegebenenfalls werden wir uns an das „ignoramus" erinnern. Nun aber kommt die entscheidende Wendung: die okkultistische Richtung verlangt als Wissenschaft anerkannt zu werden. Sie zieht wissenschaftlich vorgebildete Persönlichkeiten, besonders Ärzte, in ihre Kreise hinein, sie beruft sich bekanntlich auf das Zeugnis von Wissenschaftlern, die von der Wahrheit okkultistischer Phänomene überzeugt sind. In demselben Augenblick jedoch, wo der Okkultismus wissenschaftlich ernst genommen zu werden bestrebt ist, wird er sich den in dem Lande der wissenschaftlichen Logik herrschenden Gesetzen unterwerfen lullssen. Wenn ich als gläubiger, religiöser, gefühlstief veranlagter oder künstlerisch-schöpferisch tätiger Mensch Anschauungen, Begriffe, Vorstellungen von unerklärlichen Kräften und Wirkungen habe, so kann das in meinem Bewußtsein ein unumstößliches Erlebni s sein. Aber es berechtigt mich in keiner irgendwie zulässigen Weise, anzunehmen, daß die bei den soeben genannten psychischen Akten tätigen Kräfte irgendwie über den Rahmen
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des biologisch jetzt oder später „klar um! deutlich" Faßbaren (im Gegensatz zum Okkultismus) hinausgingen. Im Okkultistenprozeß handelte es sich u. a. wesentlich um die Feststellung, ob die in Frage stehenden Phänomene (Apport von Holzreifen und Buchsbaum, Durchdringung der Materie und Materialisation durch die psychischen Kräfte des Mediums) echt, wahr, objektiv seien. Zeugen und Gegenzeugen, Sachverständige beider Richtungen traten auf. Über die Bewertung all dieser Aussagen soll kein Werturteil gefällt werden. Eins aber mußte jedem Fachmann auffallen, daß in diesem rein psychologischen Fragen gewidmeten Prozeß mit Ausnahme des Professor Dessoir kein einziger F ach psych olo ge, insbesonders experimenteller Psychologe, vernommen wurde. Von der medizinischen Fakultät kann nur der speziell psychologisch vorgebildete Nervenarzt als sachverständig bezeichnet werden, während dem nicht psychologisch orientierten Arzt als solchem unbedingt die Fähigkeit eingehender Sachbeurteilung abgesprochen werden muß. Und auch der Nervenarzt wiederum beschäftigt sich ja mit den pathologischen Verzerrungen des Seelischen, aber nicht mit den seltenen „übernatürlichen" Formen der psychischen Begabung, wie sie zur De' hatte stehen. Die gerichtliche Verhandlung ergab eine solche Fülle absolut strittiger und der fachlichen Kritik jener Phänomene Anhaltspunkte bietender Momente, daß es nicht nur für die Wissenschaft, sondern gerade in diesem Fall für den Gerichtshof als den Vertreter der juristischen Objektivität zweckmäßig gewesen wäre, neben dem Mediziner und Physiker in allererster Linie die Fachpsychologen zu befragen, unter denen nach unserer Kenntnis führende Hochschulprofessoren besondere (häufig experimentelle) Erfahrungen von z. T. ausgedehnter Art besitzen. Die genaue Durchsicht des in Frage stehenden Protokolls') der okkultistischen Sitzung ergibt, nach der Beurteilung vom fachpsychologischen Standpunkte aus, eine solche 1' 1111 e von 1' ehlermö gli chk eit en , daß man sich auf das höchste wundern muß, wenn derartige Protokolle mit dem Begriff einer wissenschaftlichen Feststellung überhaupt in Zusammenhang gebracht werden. Wir zweifeln nicht daran, daß die Führer der Berliner Okkultistenbewegung- subjektiv von der Wahrheit der von ihnen beobachteten Phänomene überzeugt waren. Aber es muß ebenso nachdrücklich festgestellt werden, daß irgendein Beweis ihrerseits absolut nicht erbracht worden ist. Man fordert von dem Standpunkte der wissenschaftlichen experimentellen Psychologie und überhaupt jeder empirischen Disziplin vor allen Dingen Wide rspruchslosigkeit, Eindeutigkeit, tunlichste Ausschaltung von technischen und menschlichen Fehlermöglichkeiten, beliebige Wiederholbarkeit des Phänomens, allmähliche zielbewußte und systematische Einschränkung der Ableitungmöglichkeiten. Alle diese Forderungen sind von den Berliner Okkultisten nahezu völlig übergangen worden. Wer übersinnliche seelische Erscheinungen erforschen will, dem müssen doch die primitivsten -
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) Vgl. A. Moll, Der Spiritismus. Neue Auflage, Stuttgart 1925, S. 37 ff.
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Grundgesetze der Bewußtseinswirkung bekannt sein, der müßte doch wissen, daß unter den nur allzu unzureichend beschriebenen Versuchsumständen die mannigfachsten Täuschungsmöglichkeiten der subjektiven Aufmerksamkeit nicht nur möglich und wahrscheinlich, sondem nahezu sicher sind. Die Schwierigkeit der Verteilung der Aufmerksamkeit auf disparate, d. h aus verschiedenen Sinnesgebieten stammende Reize, die jedem Psychologie-Studenten aus jedem Lehrbuch bekannten Aufmerksamkeitsschwankun gen besonders bei zunehmender Ermüdung oder in der Dunkelheit, die wechselweise Beeinflussung von Druckempfindungen bei Händedruck, die Adaptation (Gewöhnung) an länger währende Reize, die ITnmöglichkeit, gleichzeitig seine volle Aufmerksamkeit nach verschiedenen Richtungen zu verteilen, die Fehlermöglichkeiten, die sieh dadurch einschleichen, daß nach dem Auslöschen des Lichtes die Augen noch einige Sekunden geblendet sind oder Nachbildererscheinungen sich zeigen, die unter den im Protokoll geschilderten Umständen typisch auftretenden Parästhesien und Anästhesien, d. h. unklare Berührungsempfindungen und dann völliges Schwinden dieser Empfindungen aus dem Bewußtsein, endlich vor allem die außerordentlich affektbetonte Stimmungslage aller Sitzungsteilnehmer, die etwas „erleben" wollen, also die gleichzeitige Anwesenheit von starken emotionellen und kritik-logischen Faktoren, spielen eine so gewaltige Rolle, daß man sich über die Unvorsichtigkeit und Leichtgläubigkeit jener Berliner Okkultistenführer wundern muß, die unter so zweifelhaften Versuchsumständen die betreffendem Phänomene als eine „bedeutungsvolle" Erscheinung hinstellen und veröffentlichen, woraus dann die, rein wissenschaftlich betrachtet, nicht nur berechtigte, sondern sogar pflichtgemäße .Kritik des Geheimrats Moll resultierte. Wohl alle Sachverständigen, nicht zum mindesten die peinlich gewissenhaften aus dem Lager der Okknitisten, haben sich klar und deutlich darüber ausgesprochen, daß irgendeine stichhaltige Annahme, daß in dem von Geheimrat Moll kritisierten Fall das Medium „übersinnliche Kräftebesäße , nicht gerechtfertigt ist. Da weiterhin von einem selbst parapsychologisch interessierten Universitätsprofessor ein Fall, sogar in dem Zentralorgan der Berliner Okkultisten, veröffentlicht worden ist, worin von vermutlicher Täuschung gesprochen wird, wird man sich vom wissenschaftlichen Standpunkte aus zunächst skeptisch verhalten müssen und nicht eher bei dem Medium derartige außergewöhnliche Fähigkeiten annehmen dürfen, als bis ihr Vorhandensein unter zwingen den Vorsichtsmaßregeln in längeren Versuchsreihen absolut eindeutig und kontrollierbar erwiesen worden ist. Zweifellos wird sich mit der wissenschaftlichen Untersuchung dieses Mediums die Wissenschaft, und zwar eine aus den erfahrensten Fachleuten verschiedener Gebiete zusammengesetzte Kommission, noch zu beschäftigen haben. Wenn auch vor diesem, am besten paritätisch ans Freunden, Gegnern und unvoreingenommenen Spezialisten bestehenden Ausschuß von Vertretern der Physik, Medizin, der Naturwissenschaften und insbesondere der experimentellen Psychologie sich übernatürliche Erscheinungen zu wiederholten
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Malen und einigermaßen konstant feststellen und beweisen lassen, so haben wir es, wie auch treffend ein Sachverständiger ausführte, hier mit dein größten Medium aller Zeiten und Völker zu tun. Vorläufig jedoch liegt für die Berliner Okkultisten nicht ein irgendwie gearteter Anlaß vor, an die außergewöhnlichen parapsychischen Fähigkeiten dieses Mediums zu glauben. Im Gegenteil muß die Fachwissenschaft und ebenso der gesunde Menschenverstand es auf das schärfste ablehnen, im vorliegenden Falle den Folgerungen der Berliner Okkultisten zuzustimmen. Daß die scharfe Kritik eines der erfahrensten Forscher auf dein Gebiete des Okkultismus, des Geheimrats Moll , durchaus, sogar formal, berechtigt war, ergibt die freisprechende Entscheidung des Gerichts. Im übrigen muß die dem wissenschaftlichen Geiste widersprechende unkritische Stellungnahme einiger Okkultisten, die als Sachverständige vor Gericht auftraten, durchaus beanstandet werden. Subjektive Überzeugung und objektive Feststellung sind für den kritischen Forscher eben absolut getrennte Gebiete. Wenn als „parapsychologisches Grundgesetz" die Tatsache hingestellt wurde, daß mit zunehmender Genauigkeit der Versuchsbedingungen die okkulten Phänomene immer niehr schwinden, bis sie schließlich den Nullwert erreichen, also nicht mehr nachweisbar sind,. so muß einem jeden, der in der klaren und reinen Luft der wissenschaftlichen Logik zu arbeiten gewohnt ist, der Atem vergehen. Auf der anderen Seite muß durchaus anerkannt werden, daß auch von seiten der Berliner Okkultisten einige Herren mit einer überaus erfreulichen Objektivität ihre Bedenken bestimmten Phänomenen gegenüber rückhaltlos zugaben. Wenn also zusammenfassend festgestellt werden muss, daß die eigentlich unerläßlichen experimentell- und allgemein-psychologischen G- es je htsp unkte von den Berliner Okkultisten-Forschern ganz und gar oder sehr erheblich vernachlässigt wurden, obwohl es sich doch gerade um besondere seelische Eigenschaften handelt, und wenn festgestellt werden muß, daß die 5 chlußf olgerun gen, die aus mißverstandenen oder fehlerhaft beobachteten Phänomenen hervorgehen, zu der Annahme einer falschen Kausalität führen oder führen können, so kann doch diese Tatsache der Wissenschaft und dem einzelnen Menschen gleichgültig sein, sobald sie nicht in die breitere Öffentlichkeit eindringt. Mehrere Sachverständige haben vor Gericht dargetan und wir selbst können dies auf Grund eigener Erfahrungen bestätigen, daß e i n mißverstandener 0kkultismus schwere Gefahren für unser öffentliches Geistesleben in sich birgt. Wir stehen hier auf einem Grenzgebiete, das jedem ehrlichen und verantwortungsbewußt denkenden Forscher und Wissenschaftler es zur unerläßlichen Pflicht macht, erst dann über derartige Phänomene in der Öffentlichkeit und besonders vor breiteren Kreisen eines unkritischen Publikums zu berichten, wenn es sich um tatsächlich nach jeder Richtung hin gesicherte Ergebnisse von zweifelsfreier Beschaffenheit handelt. Es ist außerordentlich zu bedauern, daß die fraglos berechtigte und wichtige Beschäftigung mit einigen noch nicht erforschten parapsychischen
Ein Beitrag zur Geschichte der Telepathie.
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Problemen wir denken insbesondere hier an biologische, psycho-physiologische und psycho-chemische Phänomene -- unseres Erachtens durch die unkritische Methodik der Berliner Okkultisten eine Einbuße erleidet und daß durch den Glauben an solche Phänomene, wie sie in dem vor Gericht zitierten Protokoll aufgetreten sein sollen, die ernste Forschung und die ehrliche Wissenschaft von der Beschäftigung mit parapsychischen Problemen eher abgehalten als zu ihr ermutigt wird. Über unsere eigenen umfangreichen experimentalpsychologischen Studien zur Prüfung der Zuverlässigkeit der Kontrollbedingungen bei okkultistischen Dunkelsitzungen (Referat in der Berliner Arbeitsgemeinschaft für praktische Psychologie vorn 26. Februar 1925) wird von uns im nächsten Heft dieser Zeitschrift berichtet werden 1 ).
Ein Beitrag zur Geschichte der Telepathie. Von Graf Carl v. Klinckowstroem. Wir dürfen wohl heute die Erscheinungen, die man unter „Telepathie" versteht, als gesicherte Tatsachen buchen, für deren Vorkommen hinreichend zuverlässiges Beobachtungsmaterial vorliegt. Dr. Richard Baerwald hat in seinem neuen Werk „Die intellektuellen Phänomene" (1925) die einschlägige Kasuistik sorgfältig und kritisch geprüft und gelangt zu einer glatten Anerkennung des Phänomens. Mag man auch 1 ) Den oben erwähnten Bericht gab Herr Dr. Schulte vor einem ausgedehnten, meist aus Fachwissenschaftlern bestehenden Zuhörerkreise. Er konnte sich dabei auf ein großes, mit allen Hilfsmitteln der modernen Experimentalpsyehologie gewonnenes Tatsachenmaterial, besonders aus seinen eigenen Prüfstellen, berufen. Einige unter Mitwirkung der Hörer veranstaltete Demonstrationen dienten zur Feststellung der Genauigkeit der Beobachtung und der Verteilung der Aufmerksamkeit auf verschiedene Kontrollxituaticnen; die Unmöglichkeit, absolut zuverlässig zu beobachten, das typische Auftreten von Illusionen und Halluzinationen konnte überzeugend klargelegt werden. Im Mittelpunkt dem Ausführungen standen jedoch die eigenen Versuche des Vortragenden, die sich mit den vielfachen Täuschungsmöglichkeiten der Sinnesorgane in der Dunkelheit befaßten und die auch von manchen Okkultisten zugegebene Notwendigkeit beweisen sollten, mit exaktem psychotechnischen Rüstzeug an die Beobachtung okkulter Erscheinungen heranzugehen. Wie S. ausführte, ist er selbst, ursprünglich vom Interesse fur okkulte Phänomene ausgehend. durch seine und seiner Mitarbeiter Erfahrungen zu der begründeten Anschauung gelangt, daß infolge der Fehlerhaftigkeit der Beobachtungen viele Sitzungsprotokolle der Okkultisten wertlos sind. Insbesondere bezieht sich das, wie an genauen Versuchsreihen dargelegt wurde auf die Sitzungen der Berliner Okkultisten, die zu dem Berliner Okkultistenprozeß führten und den äußeren Anlaß fur ehe Vornahme der in dem Vortrag geschilderten Studien bildeten. Eine ausgedehnte Diskussion, die sich an den Vortrag anschloß, gab Gelegenheit, die Meinungen von Vertretern für und wider den Okkultismus zu hören. Hervorgehoben wurde von einem Diskussionsredner, daß die vom Referenten durchgeführten Versuche _neben den im Jahre 1886 von Ho dgson und D av ey veranstalteten berühmten Untersuchungen „on malobservation" einen Markstein in der Geschichte der wissenschaftlichen Erforschung okkulter Phänomene darstellen. Steht und fällt doch mit der Genauigkeit der Versuchskontrolle die ganze Möglichkeit, übersinnliche Kräfte im Weltgeschehen anzunehmen.
Graf C. v. Klinckowstroem.
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den oft außerordentlich verwickelten Zusammenhängen skeptisch gegenüberstehen, die sieh ergeben, Arenn Baer wald sogenannte Rellsehfälle auf telepathische Komponenten zurückzuführen sucht, weil er reines llellsehen aus philosophischen Gründen nicht glaubt anerkennen zu dürfen, so kann wohl an der Tatsächlichkeit des Vorkommens parasensorischer Übertragung psychischer Inhalte — Gedanken, Vorstellungen usw. -von einem Hirn als „Geber" auf ein zweites Hirn als „Empfänger" nicht mehr gezweifelt werden, wenn auch die Erklärung solcher Vorgänge noch eine offene Streitfrage ist. Steht man erst einmal auf diesem Standpunkte, so gewinnen auch ältere Berichte über spontane telepathische Erlebnisse ein erhöhtes Interesse. Freilich genügen selbstverständlich derartige Berichte nicht den. modernen Anforderungen an eine exakte Fixierung und Registrierung solcher Fälle : schriftliche Aufzeichnung durch denjenigen, der das Erlebnis hat, vor der Bestätigung der Riehtigkeit seiner Vision oder seines Tramnes, Gegenbestätigung von anderer Seite durch Zeugen usw. Aber diese älteren Fälle tragen doch oft den Stempel der Wahrheit, wenn sie von sonst als zuverlässig bekannten wissenschaftlich gebildeten Zeugen berichtet werden. Es ist daher immerhin von Interesse. einmal eine Auswahl derartiger Berichte aus der älteren medizinischen oder philosophischen _Literatur wiederzugeben. Die Berichte, die im folgenden mitgeteilt werden sollen, entstammen nicht der älteren okkultistisehen Literatur. Die zahlreichen Fälle, die z. B. Georg Konrad Horst in seinem übrigens recht interessanten Werk „Deuteroskopie" (2 Bde., Frankfurt a. M., 1830) zusammengetragen hat, sind absichtlich unberücksichtigt geblieben. Eine Anzahl Telepathiefälle aus alter Zeit hat auch Karl Ki e s e, wetter in der „Sphinx", 1889, 8. Bd., S. 97 ff., mitgeteilt. Was meines Erachtens für den mindestens relativen Wert von Telepathie-Berichten aus älterer Zeit spricht, sofern sie von nüchtern denkenden, nicht mystisch eingestellten Gelehrten stammen, ist das, daß sie offensichtlich den Berichterstattern wegen der Koinzidenz des telepathischen Erlebnisses mit einem entsprechenden Ereignis, mit dem es in kausalem. Zusammenhang steht, als besonders auffallend und berichtenswert erschienen. Wir erfahren allerdings, nach Art der üblichen medizinischen Anamnese, meist nicht die Namen der beteiligten Personen, wenn es sich nicht um den Berichterstatter selbst handelt. Es wäre aber ungerecht, gerade das Auffallende, das Anlaß zu dem Bericht gab, diese Koinzidenz, bezweifeln zu wollen. Von diesem Gesichtspunkt ans erscheinen die nachstehend berichteten Fälle beachtenswert, wenngleich sie natürlich als Beweis material für das Vorkommen von Telepathie nicht bindend erscheinen können. Wir wollen ja auch gar nicht damit einen solchen Beweis führen, sondern nehmen, wie gesagt, die Tatsche selbst als gegeben hin. Den ersten Fall entnehmen wir einem medizinisch-kasuistischen Werk des vielseitigen königlichen Leibarztes Pierre Borel: „Historiarum et observationum medico-physicarum Centuriae IV". Paris 1653 (in der Ausgabe von 1(>5(; auf S. 145). Der Fall ist auch von J. G. Krüger im Anhang -
Ein Beitrag zur Geschichte der Telepathie.
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zu seiner „Experirnental-Seelenlehre" (Potsdam 175(3) mitgeteilt worden. Eine Frau unterhielt sieh eben, vollkommen munter und gesund, mit mehreren anderen Frauen, als sie mitten im Gespräch züsammenfuhr, plötzlich an die Stirn griff und darüber klagte, daß sie in eben diesem Augenblick einen starken Schlag an der Stirn verspürt habe. Wenige Tage darauf erfuhr man, daß ihr Mann in demselben Augenblicke im Kriege von einer Kugel gerade vor die Stirn getroffen und getötet worden war. Über die telepathische Tramnvision eines Todesfalles berichtet sehr ausführlich das „Allgemeine Magazin der Natur, Kunst und Wissenschaften" im Jahre 175(3 (Bd. 8, S. 10(3 ff.), nach dein „Magasin franeis Londres" vom August 1751. Eine Dame mußte ihren innig geliebten Gatten unter vielen Tränen in den Krieg ziehen lassen, nicht ohne ihm das Versprechen abzunehmen, ihr bei jeder Gelegenheit Nachricht von seinem Befinden zu geben. „Die Dame wartete stets mit der größten Ungeduld auf die Ankunft des Kuriers. Die Lesung der Briefe war ihre liebste Beschäftigung, und sie las diese jeden Abend wieder durch, ehe sie sich dein Schlaf überließ. Mit dieser Beschäftigung hatte sie einmal einen Teil der Nacht zugebracht und u ar mit einem Briefe, den sie des Abends zuvor bekommen hatte, in der Hand eingeschlafen. Ihr Liebster versicherte sie in demselben, daß er sich vollkommen wohl befinde und es nicht das Ansehen hätte, als würde er irgend Gefahr laufen. Auf einmal erwachte sie mit einem kreischenden Geschrei. Ihre Kammerfrauen laufen zusammen und finden sie in einem kalten Schweiß und in einem Strom von Tränen. Mein Liebster ist dahin, sagt sie zu ihnen: ich habe ihn eben sterben sehen. Er war an einer Wasserquelle, um welche einige Bäume herumstanden. Sein Gesicht war schon von dem Schatten des Todes bedeckt. Ein Offizier in einem blauen Kleide bemühte sich, das Blut zu stillen, das aus einer großen Wunde aus seiner Seite floß. Er gab ihm darauf aus seinem Hut zu trinken und schien vom Schmerz durchdrungen, als er ihn die letzten Seufzer tun sah. So erschrocken auch die Kammerfrauen über den Zustand ihrer Herrschaft waren, so bemühten sie sich doch, ihr Gemüt zu beruhigen, indem sie ihr vorstellten, daß dieser Traum keinen anderen Grund hätte, als ihre ungemein große Zärtlichkeit gegen ihren Eheherrn. Die Mutter dieser Dame, welche bei ihr im Hause war und aufgeweckt wurde, stellte ihr vor, daß sie sich beruhigen müsse, denn sie habe doch eben erst einen Brief von ihrem Liebsten bekommen. Allein man mochte tun, was man wollte, so blieb doch diese unglückliche Frau hartnäckig dabei, daß sie ihr Unglück als gewiß glauben müsse, Ihre Mutter blieb an ihrem Bette sitzen und sah mit Vergnügen, daß sie sich, durch die vielen Tränen entkräftet, vorn Schlafe hinreißen ließ. Aber es dauerte nicht lange. Es war kaum eine Viertelstunde, daß sie eingeschlafen war, als sie durch ebendenselben Traum abermals erweckt ward und sich keinen Zweifel mehr machte, ihn für übernatürlich anzusehen. Sie ward alsbald von einem heftigen Fieber mit einer Verrückung des Gehirns überfallen." Vierzehn Tage -
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schwebte die Dame trotz sofortiger ärztlicher Hilfe zwischen lieben und Tod, und während dieser Zeit lief zu aller Erstaunen die Nachricht ein, daß ihr Ehegatte tatsächlich gefallen war. Man verheimlichte der Dame, als sie sich langsam wieder erholt hatte, diese unglückliche Nachricht sorgfältig und fälschte sogar Briefe ihres Mannes, so daß sie sich allmählich wieder beruhigte. „Als sie in der Besserung war, betrog sie die Wachsamkeit ihrer Hüterinnen ; und wie sie ihren Traum tief ins Gedächtnis eingegraben bewahrte, so zeichnete sie den Ort, wo sie ihren Liebsten gesehen hatte, nebst dem Offizier, der seine letzten Seufzer empfing, ab. Da man hierauf ihre Gesundheit wiederhergestellt sah, so trug man ihrem Beichtvater auf, ihr den Verlust, den sie erlitten hatte, zu hinterbringen. Und ungeachtet der Bewegungsgründe, die er ihr ins Gedächtnis brachte, sich dem göttlichen Willen zu ergeben, zitterte man lange Zeit für ihr Leben. Es waren schon vier Monate vergangen, seitdem sie Witwe war, als sie gegen den Anfang des Winters eine Messe hörte. Die Messe war fast vorbei, da sie auf einen Kavalier, der neben ihr einen Stuhl nahm, einen Blick warf, ein großes Geschrei erhob und in Ohnmacht fiel. Man gab sich alle Mühe, ihr zu Hilfe zu kommen. Sie öffnete endlich die Augen, und der erste Gebrauch, den sie von ihrer Sprache machte, war, daß sie ihren Leuten befahl, den Herrn aufzusuchen, der die Ursache ihrer Ohnmacht gewesen war, und ihn zu beschwören, daß er zu ihr käme. Er war noch nicht aus der Kirche weg, und da er hörte, daß die Dame ihn zu sprechen wünsche, folgte er ihr nach. Ach ! meine liebe 3lutter, rief die Witwe, als sie nach Hause kam, ich habe eben denjenigen erkannt, der die letzten Seufzer meines unglückseligen Gemahls angenommen hat. Und unverzüglich beschwor sie den Offizier, ihr von den Umständen der so traurigen Begebenheit Nachricht zu geben. Der Offizier konnte nicht begreifen, wie eine Dame, die er niemals gesehen hatte, ihn kennen konnte. Er bat sie, ihm ihren Namen zu sagen und stutzte, als er ihn gehört hatte, über die Erinnerung einer Begebenheit, die er fast aus seinem Andenken verloren hatte. Inzwischen erzählte er ihr, wie ihn ein ungefährer Zufall an den Ort geführt hatte, wo ihr Liebster verwundet worden war und wo er ihm Hilfe zu leisten gesucht hatte. Ich sah ihn sterben, setzte der Fremde hinzu, und ob er mir gleich ganz unbekannt war, so konnte ich mich doch nicht enthalten, gerührt zu werden, da ich sah, daß keine Hoffnung war, ihn zu retten. Ich verließ ihn, sobald er tot war, ohne zu wissen, wer er sei. Aber Ihr Name, den er bis auf den letzten Seufzer aussprach, prägte sich meinem Gedächtnis tief ein, und ich habe mich desselben ohne Mühe wieder erinnert, als Sie mir die Ehre gaben, mir denselben zu nennen. Und wie erstaunte nun der Offizier, als ihm die Dame zeigte, was sie nach ihrem Traume gemacht hatte. Er erkannte den Bach, die Bäume, seine Stellung und die Lage des Sterbenden. Sogar seine Züge waren so ähnlich, daß er sie nicht verkennen konnte." Der Erklärungsversuch, den der nicht genannte I3erichterstatter dieser -
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Begebenheit dafür findet (8. 130), weist auf telepathische Übertragung: „Ich glaube, daß unsere Seelen unter sich und mit anderen Wesen von ihrer Natur eine Sprache haben, eine Art, sich ohne Gemeinschaft der Sinne auszudrücken und einander zu verstehen." Einige weitere Fälle entnehmen wir dem von dem Schriftsteller und Ästhetiker Karl Philipp Moritz herausgegebenen „Magazin zur Erfahrungsseelenkunde" (10 Bände, 1783 93). Diese Zeitschrift war ein Sammelpunkt für Seelenanalyse mit vollkommenster Offenheit unter Fortfall moralischer Werturteile. Sie bezweckte eine Sammlung von Tatsachen und darauf beruhenden vergleichenden theoretischen Betrachtungen, mit besonderer Berücksichtigung der halbpathologischen bzw. abnormen Erscheinungen des Seelenlebens. Bei den letzten _Bänden zeichnete der Philosoph Salomon Maimon als Mitherausgeber. Unter den hier veröffentlichten psychologischen Tatsachen und Erlebnissen finden wir des öfteren auch solche, die wir heute als „okkulte" Erlebnisse bezeichnen würden. Der Legationsrat 0. 0. F. von F. sandte einen vom 20. Dezember 1787 datierten brieflichen Bericht über eine telepathische Vision an Moritz, die dieser im 6. Bande seines ,,Magazins", 1788, 8. 78 ff. veröffentlicht hat. Wir geben dem Berichterstatter das Wort : „Meine nunmehr° selige Mutter lag im November vorigen Jahres äußerst elend an der Auszehrung darnieder, zu welcher Zeit ich mich bei ihrer Schwester, der Obristin v. B. auf ihrem Gute M., sieben Meilen von ihr entfernt, aufhielt. Die letzten Nachrichten, die ich von ihrem Befinden erhalten, hatten inzwischen aufs neue mich eine Besserung hoffen lassen. Sehr vergnügt hierüber, fuhr ich einige Tage darauf mit meiner Tante und ihrer Familie nach einer nicht weit von dort entlegenen Stadt in Gesellschaft, und der Wagen ward zurückgeschickt. Wie wir nach Mitternacht nach Hause fahren wollten, war der Wagen noch nicht wieder angekommen ; und da wir nicht länger warten wollten, so suchte ich in der Stadt Wagen und Pferde zu erhalten, uni uns zurückzubringen. Endlich kam der Wagen, und wir fuhren bei einer eingetretenen strengen Kälte nach Hause. Sowohl unterwegs als nach unserer Zuhausekunft waren unsere Unterhaltungen von Gegenständen aus der Gesellschaft und von dem erwähnten unangenehmen Ausbleiben des Wagens. Meine Seele, nur bloß mit diesen Gedanken beschäftigt, dachte damals so wenig an meine kranke Mutter wie den ganzen Tag über, als ich durch die verschiedenen Gegenstände und Vorfälle sehr zerstreut worden war. Es war gleich nach 1 Uhr in der Nacht, wie ich mich zu Bette legte. Ich war ziemlich erfroren und hatte mich_ im Bette eingewickelt, als ich in dem Nebenzimmer einen kleinen Hund winseln hörte, der von ungefähr eingesperrt war. Unschlüssig, ob ich aufstehen und ihn hereinlassen, oder ob ich warten sollte, bis es ein anderer hörte, kam einer der Bedienten auf die Hausdiele, den ich deshalb rief, der es aber nicht hörte. Kurz, ich war schon entschlossen aufzustehen, als ich die Türe öffnen hörte und der Hund in Freiheit gesetzt ward. Wie dies kaum geschehen war Zeitschrift fiir Okkaltismus 1.
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und ich, wie ich mich genau erinnere, in dem Augenblick an das Kartenspiel dachte, was ich in der Gesellschaft gespielt hatte, über dessen Ausgang ich Reflexion machte, so hörte ich im Zimmer ein Klopfen, als wenn jemand mit einem Finger auf die 'Leisten der Panelung klopft, obgleich keine solche im Zimmer war; und dies Klopfen ging im ganzen Zimmer herum und war abwechselnd mit einem Geräusch verbunden, das dein ganz ähnlich war, wenn man die eine platte Hand unter der andern stark wegstreicht. Meine Lage im Bette dabei war mit dem Gesicht gegen die Wand. Ohne daß ich im mindesten dadurch beunruhiget ward oder nur entfernt den Gedanken hatte, daß dies ein unnatürliches Geräusch oder gar Vorbedeutungen von meiner kranken Mutter sein könnten, an die ich auch im Augenblick gar nicht dachte, glaubte ich, es wären Ratten oder Mäuse und wunderte mich über die große Menge, die im Zimmer sein müßte, welche ich doch niemals vorher bemerkt hatte, ob ich gleich schon einige Wochen darin logiert hatte. Von diesen Gedanken eingenommen, klopfte es, mit dein bemerkten Geräusch begleitet, an der Wand, dicht vor meinem Gesicht, so daß ich glaubte, weil ich in dem Wahn der Ratten und Mäuse stand, daß mir solche ins Gesicht springen würden. Ich kehrte mich daher im Bette nach der andern Seite hin und ward darauf in einer Entfernung von einem Schritte von meinem Bette eine weiße Dunstfigur gewahr, die in einer gebückten Stellung stand (wie auch damals die Stellung meiner kranken Mutter war), mir den _Rücken zugekehrt hatte und mich mit bei Seite gedrehtem Kopf ansah. Ich erkannte sie sogleich für die Gestalt meiner Mutter und rief in Bestürzung: Herr Jesus, Mutter ! Sie schien dies zu hören und drehte den Kopf in dem Augenblick weiter, mit einem wehmütigen Blick zu mir herum, und ich erkannte deutlich ein violettes Band das sie auf der Nachthaube hatte. Ich fuhr aus dein Bette heraus, stand auf den Füßen und sie war noch da. In eben dem Augenblick aber floh sie einige Schritte von mir weg, ich sah auf der Stelle, wo sie verschwand, einen Feuerstrahl, der vorne spitz, hinten breit und etwa 1 1 /2 Ellen lang war, entstehen, welcher sich in einen Dunst, wie eine Wolke auflöste, immer dünner durch seine Ausdehnung ward, bis er gänzlich verschwand. Es war Mondenschein, so daß ich im Zimmer alles unterscheiden konnte. Ich war im Begriff, mich wieder zu Bette zu legen, uni keine -Unruhe im Hause zu machen, aber es überfiel mich ein so heftiger Schauder, daß ich es für ratsam hielt, Hilfe zu suchen. Ich hielt es für ausgemacht gewiß, daß meine kranke Mutter in dem Augenblick der Erscheinung gestorben sei, bis ich einen Tag nachher durch einen Wagen von dorther, der den Arzt abholen sollte, vom Gegenteil überzeugt wurde. Meine Tante fuhr zwei Tage nach diesem Vorfall mit dem Arzt zu meiner Mutter, und ich blieb, um mich einigermaßen von diesem Schreck wieder zu erholen, noch dort. Auf Befragen des Arztes in Gegenwart meiner Tante, wie sich meine Mutter seit seiner Abwesenheit befunden, hat sie alle Zufälle und die Zeit derselben genau angeführt, hauptsächlich aber die Nacht, wo ich die Erscheinung hatte, und die Stunde zwischen
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1 und 2 Uhr, bemerkt, wo sie äußerst elend gewesen ist und gewiß geglaubt hätte zu sterben. Sie hat hierbei ausdrücklich, in Gegenwart des Arztes, ihre Schwester gefragt, ob sie nicht ihr oder mir erschienen sei ; sie hätte so sehnlich und stark in den Augenblicken an uns, und besonders an mich, gedacht und gewünscht, daß ich da sein möchte, um, wenn sie stürbe, ein Beistand meines Vaters und meiner Geschwister zu sein. Auch hat sie damals ein violettes Band, wie ich es gesehen, nm ihre Nachthaube gehabt, und die Wächter haben mir hoch und teuer versichert, daß sie in der Nacht und um die Zeit, als ich sie gesehen, wie tot gelegen, daß sie keinen Atemzug von ihr gehört und daher auch schon wirklich geglaubt hätten, daß sie tot wäre, bis sich nach mehreren Minuten solcher wieder eingestellt hätte. Jenes habe ich aus dem eigenen Munde meiner Tante und des Arztes." Die Mutter des Berichterstatters starb erst sieben Wochen nach der Erscheinung. Dieser beteuert noch bei allem, was ihm lieb und heilig sei, die volle Wahrheit seines Berichtes und versichert, daß er weder leichtgläubig noch für dergleichen Geschichten eingenommen sei. "Daher habe ich bei mir selbst die genaueste Untersuchung angestellt, ob hierzu ein Betrug der Sinne, ein lebhaftes Bild der Imagination oder sonst etwas könne beigetragen haben. Allein ich habe dergleichen nicht bei mir, nur wahrscheinlich, entdecken können. Ich hatte zu Abend wenig gegessen und gar keinen Wein getrunken, ich hatte den ganzen Tag über nicht an meine Mutter gedacht, ich war nicht im Schlafe, nicht krank, und die Geschichte selbst und die Harmonie aller dabei konkurrierenden Umstände heben, wie ich glaube, alle Einwendungen, die man hiergegen machen könnte. Aber welcher Philosoph erklärt mir diese Geschichte nach seinen einfachen und zusammengesetzten Begriffen von Geist und Körper?" Im Anschluß daran erzählt derselbe Berichterstatter noch einen weiteren Fall von „Anmeldung eines Sterbenden", den er als Knabe erlebt hatte, als sein Bruder starb. Die Schilderung hinterläßt den Eindruck, daß der Berichterstatter ein intelligenter und guter Beobachter war. Unstreitig liegt eine starke telepathische Einwirkung seitens der in einer schweren Krankheitskrise liegenden Mutter auf den Sohn vor, die sich in Halluzinationen des Gesichts und des Gehörs äußerte. Von der telepathischen tbertragung eines Traumes erzählt uns aus. eigener Erfahrung der Philosoph Salomon Maimon im 10. Bande des genannten „Magazins" (1793, 5. 7ff.). Maim o n (1754-1800) war ein Philosoph, der die Skepsis innerhalb des Kritizismus vertrat. Er hat an Kant scharfe Kritik geübt und wurde von diesem 1790 als derjenige Gegner anerkannt, der ihn am besten verstanden habe. Seine natürliche Begabung und seine Talmudstudien -- er war ein Jude aus Neschwitz in Litauen ließen ihn zu besonders haarspaltendem Scharfsinn gelangen. Rosenkranz bezeichnet ihn geradezu als einen rechten talmudischen Ideenspalter, als einen „Zerdenker". Maimon nannte sieh sellYst K ant gegenüber einen „empirischen Skeptiker", d. h. einen Zweifler an der Wirklichkeit der .
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Erfahrung. Auf jeden Fall ist es bemerkenswert, einen solchen Mann, der als der Typ des mehr zersetzenden als sehöpferischen jüdischen Geistes bezeichnet werden kann, über „okkulte" Erlebnisse berichten zu hören. „Im Jahre ...", schreibt Mai ni o n , „ war ich Hofmeister bei einem Pächter in P., bei dem ich sowohl wegen der damaligen Hungersnot in P. als besonders wegen des armseligen Zustandes dieses Mannes und der Ungelehrigkeit meiner Schüler viel auszustehen hatte. Dazu kam noch eins, daß ich einige Tage nacheinander außerordentliche Zahnschmerzen leiden mußte. In diesem Zustande der Betrübnis und der Schmerzen schlief ich eines Abends auf meinen) harten Lager ein. Es träumte mir, daß ich, ohne zu wissen wie, im himmlischen Jerusalem angelangt sei. Ein alter ehrwürdiger Mami empfing mich am Tor liebreich, führte inich nach dem Tempel des Herrn, um in3r alle Merkwürdigkeiten darin zu zeigen. Ich kam in einen großen Saal, worin ich einen Bücherschrank fand. Ich griff also meiner Gewohnheit nach nach einem Buche, um es zu besehen. Sobald ich es aufmachte, fand ich gleich auf dem Titelblatt den Titel eines mir dem Namen nach schon längst bekannten kabbalistischen Buchs, und darunter den Namen Jehova mit großen Lettern. Ich blätterte darin weiter und fand überall heilige Namen und Stellen aus der Bibel nach kabbalistischer Art erklärt. Dieses versetzte mich in einen Gemütszustand, der ans Erstaunen, Ehrfurcht und Freude zusammengesetzt war. Ich hatte darauf noch mehr Szenen dieser Art, konnte mich aber beim Aufwachen derselben nicht erinnern. Sobald ich aus diesem Schlafe erwacht war, kamen meine Schüler (die in einem entfernten Zimmer geschlafen hatten) zu mir, schauten mich (wider ihre Gewohnheit) mit der größten Aufmerksamkeit an und schienen über meinen Anblick in Verwunderung zu geraten. Ich fragte sie nach der Ursache ihres seltsamen Benehmens, konnte aber anfangs von ihnen nichts herausbringen. Da ich aber weiter in sie drang, so sagten sie mir: ihr Bruder, der Pächter des nächsten Dorfs, der gestern hier (wie er öfters zu tun pflegte) zum Besuche gekommen und über Nacht geblieben war, wäre heute morgen in ihre Wohnstube gekommen (er schlief des Nachts in einer Heuscheune, die sowohl t on der Wohnstube als von meiner Studierstube, wo ich geschlafen hatte, entfernt war) und habe ihnen allen einen sonderbaren Traum erzählt, den er diese Nacht gehabt hätte, und der hauptsächlich mich anginge. Es kam ihm nämlich vor, als sähen sie mich alle nach dem himmlischen Jerusalem zugehen. Ein alter ehrwürdiger Greis kam mir am Tor entgegen, führte mich hinein und stieß sie, indem sie mir nachfolgen wollten, zurück. Sie blieben am Tor stehen, um ineine Rückkunft abzuwarten endlich kam ich wieder heraus, meine Gestalt war sehr ehrwürdig, mein Angesicht leuchtete wie das Angesicht Mosis, da er die zwei Tafeln empfing. Sie fürchteten sich, sich mir zu nähern, und waren in der größten Verlegenheit, wie sie mit mir in Zukunft umgehen sollten. Dieses, sagten meine Schüler ferner, war die Ursache, warum wir Sie mit einer solchen Aufmerksamkeit ansahen, und über Ihren Anblick unsere Ver-
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wunderung. äußerten. Bald darauf kam auch der träumende Bruder und bekräftigte dieses alles aufs neue. Seit der Zeit bin ich auch in diesem hause ganz anders als vorher behandelt worden." Der philosophische Kommentar dazu, den Mai m on im Anschluß gibt, lautet: „Alle menschlichen Seelen sind gleichsam verschiedene Ausflüsse aus einerlei quelle, sie mögen daher in ihrem gegenwärtigen Zustande voneinander noch so sehr entfernt sein, so kommunizieren sie doch in ihrem Ursprung miteinander. Diese Kommunikation ist aber zwischen einigen Seelen mehr, zwischen anderen weniger, nach dem Grad ihrer Ähnlichkeit untereinander. Die Wirkung dieser Kommunikation wird aber hauptsächlich im Schlaf, da die Seelen zu ihrem Ursprung zurückkehren (in der philosophischen Sprache würde es heißen: da die innere Seelenwirkung durch die sinnlichen Eindrücke nicht mehr unterbrochen wird) und folglich unmittelbar einander anschauen. Daher konnte dieser Mann im Traum sehen, alles was mit mir zur Zeit vorging. Wenn ich jetzt diese Sache reiflich überlege, so muß ich gestehen, daß, alle schwärmerischen Vorstellungen abgerechnet, in der Sache weit mehr stecken muß, als wovon unsere bisherige Psychologie Rechenschaft geben kann." Maimon gesteht hier also zu, daß ihn sein Grundsatz von der Einheit des Prinzips: das Oekonomieprinzip, im Stich läßt. An anderer Stelle (ebenda 8. 100) hat er seine Ansicht von der „zu einer jeden Wissenschaft erforderlichen Sparsamkeit des Prinzips" ausgesprochen, „so daß man kein unbekanntes Prinzip annehmen darf, solange die Erscheinungen aus den ,.chon bekannten Prinzipien sich erklären lassen. Solange daher die psychologischen Erscheinungen sich aus dem Gesetz der Ideenassoziation (dem einzigen bekannten psychologischen Prinzip) erklären lassen, haben wir kein Recht, zur Erklärung gewisser Erscheinungen andere Prinzipien außer demselben anzunehmen." Von einer anderen, nicht minder interessanten, telepathischen Traumvision berichtet uns J. D. 1\i auch in seinem „Allgemeinen Repertorium für empirische Psychologie" (2.Bd., 1792, 5. 116 ff.), Wir geben ihm das Wort. „Ein Beamter in einer Württembergischen Amtsstadt hatte zween Schreiber, wovon der eine als Substitut, der andere aber noch als Lehrling in seinen Diensten stand. Der Substitut war ein unordentlicher, ausschweifender Mensch, der gerne auch den Lehrling verfährt und zum Genossen seiner Ausschweifungen gemacht hätte, um sich dadurch sicher zu stellen, daß sie nicht durch eben diesen jungen Menschen dem Beamten. der auf strenge Ordnung bei seinen Untergebenen hielt, verraten werden möchten. Allein der Jüngling, von Haus aus durch eine gute Erziehung und eingepflanzte gute sittliche Grundsätze gegen. das Gift der Verführung gewappnet, widerstand lange standhaft. Doch, als die nämlichen tberredungen immer wiederholt wurden und er vielleicht fühlen mochte, daß er am Ende schwach genug werden könnte, nachzugeben, so wußte er sich endlich nicht mehr anders zu helfen, als daß er dem Beamten die Ausschweifungen des Substituten entdeckte und ihn bat, ihn vor seinen Verführungen sicher zu stellen.
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Dadurch zog er dem Substituten strenge Verweise und 'Drohungen von dem Beamten, sich selbst aber, wie leicht zu erachten, den Baß des Substituten zu, der ihm nun grimmige Bache schwul.. Einst kam der Substitut in später Nacht von einer seiner gewöhnliehen Ausschweifungen betrunken nach Hause und traf den Lehrling noch außer Bette, in der Schreibstube arbeitend, an. Seine Trunkenheit, das unvermutete Antreffen des Lehrlings, den er vielleicht längst schlafend zu finden geglaubt, und von dem er nun neue Entdeckung seiner Ausschweifungen zu befürchten hatte, auch wohl der Anblick des mit seiner eigenen Lebensart so sehr kontrastierenden Fleißes des Lehrlings und sein längst gefaßter Vorsatz der Rache, das alles mochte zusammenwirken, um diesem Vorsatz gerade jetzt Leben und Ausführung zu geben. Er fuhr, sowie er ihn erblickte, mit grimmiger Gebärde auf den Jüngling zu, und nach einigen Vorwürfen über seine boshaften Verleumdungen, wie er das von dem Jüngling gewählte Rettungsmittel seiner Tugend nannte, packte er ihn beim Halse, warf ihn zu Boden und drückte ihm die Kehle so fest zu, dass der arme Jüngling schon ganz blau zu werden und die Besinnung zu verlieren anfing. • Während dies in der Schreibstube vorging, träumte die Gattin des Beamten, die eben im Wochenbett und in einem von der Schreibstube ziemlich entfernten Zimmer lag, als ob sie den Lehrling halb entseelt, mit ganz blau unterlaufenem Gesicht und dem völligen Ersticken sehr nahe, auf dem Boden liegen sähe. Erschrocken fuhr sie aus diesem Traume auf, rief ihrer Wärterin, die bei ihr wachte, erzählte dieser ihren Traum und befahl ihr, nach dem Jüngling zu sehen. Diese tat das und trat gerade um die Zeit in die Schreibstube, da ein kleiner Verzug noch dem Jüngling hätte tödlich werden können. Bei ihrem Anblick fuhr der Substitut auf und ließ den Jüngling gehen, der sich nach einiger Zeit wieder erholte und auf diese Art durch einen Traum von einem wahrscheinlichen Tode gerettet wurde." Der Herausgeber 3'1 auch art ist in Verlegenheit, wie er diesen Fall erklären soll. Er sagt dazu in seinem Kommentar : „Ich enthalte mich absichtlich jeden Versuchs, diese Geschichte erklären zu wollen, teils, weil wohl jeder Versuch vergeblich sein und jede Erklärung nur auf unerweisbaren Hypothesen beruhen würde, teils, weil überhaupt mein aufrichtiges Glaubensbekenntnis von Ahndungen das ist, daß ich überzeugt bin, es lasse sich weder für noch gegen das Dasein eines Ahndungsvermögens in unserer Seele etwas Entscheidendes aus der Erfahrung a priori ohnedie s nicht vorbringen, und daß die empirische Psychologie nur durch Zusammenstellung einer Reihe von Erfahrungen zuletzt auf eine, wiewohl immer noch unvollkommene, Induktion kommen kann, welche das Übergewicht für oder wider das Ahndungsvermögen geben könnte. Allein so weit sind wir bis jetzt noch nicht." In einem ausführlichen Aufsatz „Beiträge zur Oneirologie" hat dann Mauchart im 6. Bande seines Repertoriums (1801, S. 180) n. a. ein weiteres telepathisches Erlebnis mitgeteilt, das ihm von einer angesehenen -
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und geistreichen adeligen Dame eingesandt wurde. „Etliche Jahre nachher erkrankte meine ewig teure Schwester. Ihre Krankheit wurde mir so lang als möglich verhehlt, und ich sollte durch die erste Nachricht davon auf ihren für mich unersetzlichen Verlust vorbereitet werden. Da träumte mir, ieh wäre mit ihr ins Grüne spazieren gegangen, über eine weite schöne Wiese hin. Plötzlich stand sie an einem Grashügel stille und sagte : Ich bin müde ; ich kann nicht mehr weiterkommen, worüber ich erwachte und mir unwillkürlich ein Seufzer entfuhr. Ich schlief hierauf wieder ein, und nun träumte mir, ich wäre vor einen großen Palast gefahren, vor welchem meine Schwester mir entgegenkam, mich hierauf durch viele prächtige Zimmer führte und mir die herrlichsten Aussichten auf Gärten und lachende Gefilde zeigte. Mir war so wohl bei ihr, daß ich den Wunsch äußerte: Liebe, hier möchte ich auch wohnen. Aber sie antwortete mir : Nein, noch ist es dir nicht erlaubt, hier zu wohnen, aber einst komme ich, dich zu mir abzuholen. Als ich wieder erwachte, so war mir nicht anders, als ob mir ein Engel zugelispelt hätte: Deine gute Schwester ist in der seligen Ewigkeit; und dies wurde mir auch wenige Tage darauf durch ein Trauerschreiben bestätigt." Zwei weitere hierher gehörige Fälle entnehme ich einem der zahlreichen Werke, die gegen Ende des 18. Jahrhunderts, im Zeitalter der Aufklärung, zur Tilgung des Aberglaubens geschrieben wurden und mit oft recht flachem Rationalismus alle okkulten Phänomene auf ihre natürlichen Ursachen zurückzuführen suchten. Dies geschah, wie nach dem Staude der damaligen Wissenschaft nicht zu verwundern, oft mit recht unzulänglichen Mitteln. Ein solches Buch sind die „Unterhaltungen über die auffallendsten neuem Geistererscheinungen, Träume und Ahndungen" von Gottfried Immanuel Wenzel ans dem Jahre 1800. Wenz el berichtet hier S. 11 ff.: „Die Frau eines gewissen Herrn Kahlow in Stralsund befand sich, da ihr Mann amtshalber außer Hause war und sie ihre Niederkunft hielt, des Nachts auf ihrem Zimmer allein. Im Nebenzimmer schlief die Wärterin. Frau Kahlow ist noch völlig munter und wird mit einem Male einen Gegenstand gewahr, der ihre ganze Aufmerksamkeit an sich zieht. Eine menschliche Figur nämlich stellt sich in der Größe eines Erwachsenen, als Türke oder Orientale gekleidet, neben die Stubentür. Die Frau, die überhaupt an Spukerei nicht glaubt, lächelt über die Figur, weil sie der Meinung ist, ihr Mann habe sich von seinen Geschäften entfernt und wolle als Maske in scherzhafter Laune sich ihr darstellen, und redet daher auch dieselbe als ihren Gatten an. ';Ei, Kahlow,' sagt sie lächelnd, ,was machst du?' Die Figur bleibt un verrückt stehen. Die Frau wiederholt ihre Anrede noch öfter und ernstlich, aber immer vergebens. Sie ruft endlich der in der Nebenstube schlafenden Wärterin und erhält von dieser die Antwort, daß sie gleich kommen würde. Jetzt fällt der Frau Kahlow ihr Bruder ein, der sie immer zärtlich geliebt hatte und vor einigen Jahren nach Konstantinopel abgegangen war. Bei seiner Tren-
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nnng von der geliebten Schwester sagte er damals unter anderen auch die Worte zu ihr: ‚Schwester, wenn ich weit von dir sterben sollte, dann überbringe ich dir selber die Todespost.' Selten nur hatte Frau Kahlow, nach einer mehrjährigen Entfernung ihres Bruders, so lebhaft an denselben gedacht, und unter den gegenwärtigen Umständen gar nicht, daß er ihr gerade jetzt hätte einfallen sollen. Sobald aber, wie sie in dem täuschenden Mann den abwesenden Bruder erblickt, schreit sie auch auf: ‚Ach, Leopold, mein Bruder!' und weg ist das Bild. Frau Kahlow erzählte diese Begebenheit ihrem Mann, der Tag und Stunde aufzeichnete. Ungefähr 18 Wochen hierauf kamen Briefe aus Konstantinopel, welche meldeten, daß an dem und dem Tage, zu dieser und dieser Stunde, der Bruder verschieden sei." Wenzel siebt die Geschichte als ein Werk der Einbildungskraft und des Zufalls an und sucht sie damit zu erklären, daß die Wöchnerin in einem Zustand gewesen sei, der für derartige Einbildungen disponiere. Den zweiten Fall erzählt der skeptische Verfasser als eigenes Erlebnis (5. 44 ff.): „Mein seliger Vater praktizierte in seinen jüngeren Jahren bei einem Geschäftsmann namens Palm. Die Jahre der Praxis waren vorüber, und mein Vater trat in Dienste. Noch einige Jahre korrespondierte er mit seinem ehemaligen Anführer und erholte sich 'Rats bei demselben. Der Briefwechsel hörte endlich auf, und es verflossen volle 25 Jahre, daß in meinem väterlichen _Hause von dem alten Palm nichts mehr zu hören war. Im Jahre 1779, als ich im September gerade zu Hause war, trat eines Morgens es war, wenn ich mich recht erinnere, der 18. dieses Monats ganz unvermutet mein Vater vor mein Bett und weckte mich aus dem Schlafe. ,Ich habe sehr sonderbar in dieser Nacht geträumt,' sagte er, ‚und bin sehr unruhig darüber. Der alte Palm, von welchem ich dir öfters erzählte, war bei mir und sprach viel von Amtsgeschäften mit mir, küßte mich und sah mich beim Abgehen sehr wehmütig an. Ich fragte ihn nach. der Ursache. Ich sterbe, war seine Antwort, und so verschwand er aus meinen Augen. Ich erwachte. Schreibe doch auf jeden .Fall das heutige Datum auf. Ich besorge, der Mann ist wirklich gestorben.' Ich verzeichnete das Datum und den Inhalt des Traumes. 14 Tage vergingen, und mein Vater erhielt Briefe, die ihm meldeten, daß Palm am 18. September nachts 2 Ehr verschieden wäre und sich bei seinem Hinscheiden meines Vaters, den er immer sehr liebte, erinnert hatte." Dazu schreibt Wen z cl: „Man hielt diesen Traum allgemein für bedeutend. Mir scheint er es nicht zu sein; denn die Seele meines Vaters hatte keine Data vor sieh, aus denen sie hätte auf den gerade jetzt erfolgten Tod eines alten abwesenden, schon vergessenen Freundes schließen können. Daß er sterben würde, dies täglich zu erwarten, dazu berechtigte das hohe Alter des Mannes, daß er aber just in dieser Nacht sterbe, das konnte unmöglich erraten werden. ‚Aber Palm erschien ja im Traum meinem Vater und sagte ihm, (laß er sterbe.' Bloß Spiel der Phantasie, dessen Inhalt bloß durch einen Zufall in Erfüllung kam. ,Wie aber eilt-
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stand der Traum?' Ich behaupte, mein Vater habe an Palm gedacht, habe sich der bei ihm zugebrachten Jahre erinnert, und der Gedanke sei flüchtig in ihm rege geworden, daß der Greis nun wohl auch bald abtreten dürfte. Freilich wußte von alledem mein Vater nichts; aber dies beweist nicht, daß diese Ideen nicht die Vorgänger des Traumes waren." (Schluß folgt in Heft 4.)
Psychotherapie und Okkultismus. Von Prof. Dr. I. H. Schultz, Berlin, Nervenarzt. Spezialarzt für Psychotherapie. Enter Psychotherapie verstehen wir modernerweise nicht mehr die Anwendung einer einzelnen Methode psychischer Beeinflussung durch den. Arzt, sondern die systematische Verwendung der bisher bekannten solchen zu Heilzwecken; in diesem Sinne umschließt die Psychotherapie die hypnotische und Suggestivtherapie, die rationale, hauptsächlich mit den Methoden der Aufklärung, Belehrung, Übung usw., besonders auch mit Unterstützung experimentell psychologischer Anordnungen, arbeitende Wachpsychotherapie und das Gesamtgebiet psychoanalytischer Bestrebungen aller Richtungen. Von diesen Methoden haben namentlich die erste und die letzte nahe Beziehungen zu den Problemen des Okkultismus und den okkultistischen Forschungen. Die große und gefährliche 'Holle suggestiver Einflüsse in der okkultistischen Forschung ist schon von vielen Seiten eingehend gewürdigt worden. Sie ist im Prinzip in den verschiedensten Punkten des okkultistischen Experimentierens als besonders wirksam nachzuweisen. 1. Suggestive Fälschungen der Wahrnehmungen, wofür in dem neuen Standardwerk von Dessoir „Der physikalische Mediumismus" (Berlin, Ullstein 1925) zahlreiche Belege zu finden sind. Besonders interessant ist in dieser Beziehung die Selbstschilderung eines kritischen Autors, der nach langem Warten in Rotlicht deutliche Bewegungen einer Kugel auftreten sah, die, wie exakte Fa.denkreuzkontrolle unmittelbar nachher ergab, sicher nicht stattgefunden hatte. Ganz kompliziert wird diese ganze Seite der Frage dadurch, daß, wie wir jetzt sicher wissen, auch die Selbstbeobachtung des ganz normalen Menschen in weitesten' Maße durch derartige Erscheinungen kompliziert wird. Erfahrungen an ungefähr 500 normalen Menschen, die ich persönlich autosuggestiv trainiert habe, ergeben mit Sicherheit, daß wir uns hier nicht in dem abstrakten Gebiet der sog. „Einbildung" bewegen, sondern daß bei der Mehrzahl ganz normaler Versuchspersonen autosuggestive Unistellungen kiirperliehe Organismusschwankungen darstellen. Richten z. 13. die von mir trainierten Versuchsperson en ihre Konzentration auf das Blutgefäßsystem, so entstehen nicht etwa mir subjektive Veränderungen, sondern objektiv veränderte Körperhaltungen. Mit einem von der Firma Zeiß mir -
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zur Verfügung gestellten, noch nicht im Handel befindlichen, überaus empfindlichen thermo-elektrischen Apparate konnte ich nachweisen, daß bei derartigen Gefäßumstellungen die strahlende Wärme des lebendigen menschlichen Körpers in weiten Grenzen verändert wird. Die Versuchspersonen schildern spontan das Erlebnis der Gefäßverengerung als Kältegefühl, fast immer in dem Sinn, „es weht mich ein kühler Hauch an", die Gefäßerweiterung wird als umhüllender und strahlender Wärmestrom geschildert. Beide Beobachtungen begegnen uns vielfach als Gründe zum Mißverständnis okkultistischer Forschung. Die mit der inneren Hinwendung auf einen Körperteil verbundene aktive Blutwelle läßt durch das begleitende Wärmegefühl den Irrtum einer von außen einwirkenden Kraft entstehen und stellt deswegen von jeher ein Paradestück der Magnetopathen dar ; zahlreiche Kranke haben mir berichtet, daß für sie der sichere Beweis einer besonderen Kraftbegabung eines früher behandelnden Magnetiseurs darin gegeben sei, daß sie eine deutliche strahlende Wärmeempfindung erlebten, wenn er seine Hand über ihre Körperoberfläche führte und waren je nach Einstellung überrascht oder enttäuscht, wenn ich ihnen demonstrierte, daß sie dasselbe Erlebnis ojine jeden Mag• netiseur jederzeit bei sich selbst herstellen könnten. Das Erlebnis der Gefäßverengerung, der „kühle Hauch", hat bis in die letzte Zeit im Okkultismus im Sinne eines Geisterhauches mißverständliche Beachtung gefunden; in der Tat genügt eine ganz leichte Kontraktion der Blutgefäße irgendeiner Hautpartie, um die Erscheinung bei gefäßerregbaren Menschen mit stärkster Intensität auftreten zu lassen. Wer diese grundlegenden Tatsachen nicht kennt, wird hier ebenso wie im vorigen unigekehrten Falle geneigt sein, dem Innenerlebnis fälschlich eine äußere Ursache zuzuordnen. Es wäre daher dringend zu wünschen, daß die bei okkultistischen Versuchen beteiligten Kontrollpersonen genügend instruiert wären, um diese Fehlerquellen nach Möglichkeit auszuschalten. 2. Suggestive Fälschungen der Bewegungen sind weiter in einem Ausmaße wirksam, von dem sich der Fernerstehende kaum einen Begriff macht. Wir dürfen zunächst das allgemeine Gesetz formulieren, daß die intensive seelische Vergegenwärtigung irgendeiner Bewegung entsprechende, bei genauer Beobachtung oft mit bloßem Auge, in schwierigeren Fällen mit entsprechenden Anzeige-Apparaten wahrnehmbare Muskelaktionen auslöst, die nicht mit einem bewußten Willkürerlebnis verbunden sind, also, um ein jetzt viel mißbrauchtes Wort zu verwenden, „unbewußt" geschehen. Ein bekanntes Beispiel für diese Tatsache ist das von Bacon 1826 mitgeteilte kleine Experiment (nach Hilg er): „Man legt eine Taschenuhr mit dein Zifferblatt gerade nach oben vor sich auf den Tisch. Zu beiden Seiten der Uhr setzt man die Ellenbogen auf die Tischplatte auf, in derselben Entfernung voneinander wie man es zu tun pflegt, wenn man seinen Kopf auf beide Hände stützen will. Man nimmt aber zwischen seine Hände nicht den Kopf, sondern vereinigt die Fingerspitzen beider Hände in freier Luft vor dem Kopfe gerade senkrecht über der auf der Tischplatte liegenden Uhr und nimmt zwischen die Fingerspitzen (etwa ,
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der Zeigefinger) das eine Ende eines dünnen Fadens, den man so lang wählt (etwa 30 cm), daß ein Knopf oder Ring, den man an das untere Ende anbindet, gerade über dem Zifferblatt schwebt, ohne es zu berühren." Während man den zunächst stillestehenden Ring beobachtet, gebe man sich dem Gedanken hin : jetzt wird der Ring in der geraden Linie zwischen der Ziffer 6 und der Ziffer 12 hin und her pendeln und verfolgt dann diesen Gedanken eine Zeitlang. Sehr bald schlägt der Ring die gedachte Richtung ein. Stellt die Versuchsperson sich dann auf eine andere Richtung ein, so arretiert das Pendel, uni sehr bald in die neue Richtung überzugehen, ebenso beschreibt es Kreise und Ellipsen, alles nach Wunsch und Gedanken. Es wäre sehr wünschenswert, wenn die Wünschelrutengänger, Pendeldiagnostiker e tutti quanti sich diese kleine Banalität in ihr Tagebuch schreiben wollten! Gewiß liegt es dem modernen kritisch und psychologisch orientierten Nervenarzte gänzlich fern, als überheblicher Doktor Allwissend den gesamten Problemkreis des Okkultismus irgendwie ex cathedra aburteilen zu wollen. Die besonderen Kenntnisse und Erfahrungen seiner Tätigkeit machen es ihm aber zur dringenden, leider dem fanatisierten Okkultisten unliebsamen Pflicht, unermüdlich auf die sich aus seinem Fachgebiet ergebenden Fehlerquellen hinzuweisen. Gerade die hier liegenden Gefahren sind so besonders groß, weil dem „gesunden Menschenverstande-' nichts weniger einleuchtet als der Gedanke, es wisse der normale Mensch nichts von seinen Bewegungsleistungen. Sie scheinen ihm so sehr die eigentlichste Domäne des Willensgebietes, daß ein berechtigter Zweifel an (dieser Gottähnlichkeit meist verübelt wird. Andererseits bedingt es der völlig unbewußte Verlauf solcher Reaktionen, daß die Versuchspersonen zu vollem Rechte jede wissentliche Bewegungsausführung bestreiten, ja unter Eid ableugnen können. Vorschnelle Pseudokritik, der es an der nötigen Kenntnis und Erfahrung mangelt, ist dann allzuschnell mit der Annahme willkürlicher Schwindelmanöver bei der Hand. Es ist zu denken, daß gelegentlich durch unbewußte Bewegungen von Kontrollpersonen Effekte vorgetäuscht werden könn en, wenn man auch natürlich diese Annahme mit der nötigen Kritik handhaben wird. Von prinzipieller Bedeutung ist endlich noch der Punkt, daß suggestive Bewegungsmodulationen weit über die Muskeln hinweggreifen, die der bewußten Willkür engeren Sinnes untergeordnet sind, ein Punkt, der welliger für die Bewertung der Kontrollpersonen und ihrer Leistungen, als für das Verständnis medialer Leistungen von Belang ist. Die medialen Persönlichkeiten haben ebenso wie die hysterischen eine weit ausgedehntere Ausdrucks- und Einflußsphäre im Bereich ihres Organismus ; Pulsschwankungen, Arbeitsleistungen der Organe mit glatten Muskeln (Magen usw.), Atemstörungen, Zitterbewegungen und vieles andere mehr, besonders auch Zustände, die auf leichte Kreislaufveränderungen im Gehirn schließen lassen, wie plötzliches Erbleichen und ohnmachtsähnliche Zustände, stehen diesen Menschen viel leichter und mehr zur Verfügung als den Durchschnittsmenschen, so daß ein gewiegtes Medium unliebsame Kontrollierungen oder sonstige lästige Situationen jeder.
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I. H. Schultz.
zeit durch Krankheitserscheinungen äußerlich bedrohlicher Art illusorisch machen kann. Parallel damit, das sei hier nebenbei bemerkt, geht häufigeine ans Unglaubliche grenzende Einfühlungsfähigkeit für fremde motorische Leistungen. So demonstrierte mir M ti 11 e r in Chemnitz einmal Kurven einer hysterischen Patientin, die in der Lage war, jede noch so komplizierte Kurve am Sommersehen drei-dimensionalen Bewegungsapparate nach kurzer einmaliger Betrachtung verblüffend ähnlich „nachzuzitter'!". Für die Bewertung der Aussagen kontrollierender Personen ist endlich von erheblicher Bedeutung, daß unbewußte Bewegungen der Augenmuskeln, deren Arbeit ja einen wesentlichen Teil unserer Raumerlebnisse bedingt, als Objektbewegungen wirken, so daß ein solcher Beobachter von einer objektiven räumlichen Objektverschiebung überzeugt ist. 3. In noch viel höherem Maße als die vorstehenden kurz angedeuteten, vergleichsweise primitiveren Reaktionen sind die h öh er en psyehi scheu Funktionen suggestiver Fälschung zugänglich. Das ist, wie Moll mit Recht hervorgehoben hat, zuerst in seinem ganzen Umfange von den älteren Bearbeitern des Hypnotismus und der Suggestion erkannt und dann von der modernen und angewandten Psyckologie systematisch bearbeitet worden. Auffassung, Erinnerung und Aussage, Kritik und Urteilsfindung unterliegen suggestiver Einwirkung in so außerordentlichem Maße, daß nur bei einem Höchstmaß methodischer Exaktheit gröbste Irrtümer vermieden werden können. Ganz besonders stark treten solche Fehler in Kraft, wenn die in Frage stehenden psychischen Faktoren nicht auf der nüchternen Ebene besonnener Sachlichkeit, sondern auf dem wogenden Meere erregter Gefühle spielen. Unter solchen Umständen müssen wir jede nicht durch objektive Meßapparate und sofortige stenographische Protokollierung gesicherte Berichterstattung als unbeweisend bezeichnen. 1924 sind aus dein Göttinger Gerichtsärztlichen Institute gerade wieder außerordentliche instruktive Beispiele mitgeteilt. So verließ ein Straßenbahnschaffner morgens nach einem Streit mit seiner Ehefrau seine Wohnung. Sein Dienstweg führte ihn an einem Flusse vorbei; plötzlich stürzt seine Frau sich neben ihm ins Wasser, er zieht sie heraus, trägt sie in seine Wohnung, macht hier 2 Stunden Wiederbelebungsversuche und merkt erst nach ihrem Abschluß, daß seine Frau ruhig schlafend im Nebenzimmer liegt und er eine unbekannte Selbstmörderin vor sich hat. SolcheAffekterlebnisse durchschnittlicher Mitbürger am hellichten Tage lassen die Reichweite entsprechender Vorgänge im täuschungsreichen Milieu mediumistischer Sensationen ermessen. Sind so schon die Schwierigkeiten hinsichtlich der meist als „normal" angesehenen Kontrollpersonen bei mediumistischen Sitzungen außerordentlich viel größer als die treuherzigen Berichte sonst oft sehr verdienstvoller Zeugen ahnen lassen, so steigen sie hinsichtlich der Beurteilung medialer Persönlichkeiten ins Ungemessene. Selbst die erfahrensten Hypnoseforscher sind sieh z. B. darüber einig, daß es kein sicheres Kennzeichen gibt, simuliertes und echtes Trance zu unterscheiden. Ein der Hypnose nicht eben freundlich gesinnter Wiener
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Psychiater hat diese Sachlage einmal durch das sehr drastische Scherzwort charakterisiert, bei der Hypnose wisse man nie, wer der Angeschmierte sei, der Patient oder der Arzt. Es wäre allerdings durchaus einseitig, diese Schwierigkeiten lediglich am Phänomen der Hypnose sehen zu wollen ; wenn in einem Konzert ein Besucher den Darbietungen mit den Zeichen sichtlicher Ergriffenheit folgt, wird zunächst jeder Mensch annehmen, daß das Innenerlebnis der Haltung entspricht. So hat auch im allgemeinen der Leiter hypnotischer Versuche keinen Grund, die Echtheit der von ihm beobachteten Erscheinungen zu bezweifeln, um so weniger als ja im allgemeinen unter ärztlichen Umständen kein Motiv für eine Täuschung vorliegt. Aber gerade in diesem Punkt unterscheidet sich die ärztliche 'Heilarbeit prinzipiell vom Okkultismus. Sie erhebt nicht den Anspruch besonderer mystischer Leistungen oder Vorgänge, sondern strebt nur eine technische Steigerung des ärztlichen Einflusses an. Es liegt ihr durchaus fern, irgendwelche besonderen Kräfte anzunehmen oder zu suchen, es ist für sie nur wesentlich, wünschenswerte Einstellungen in der Versuchsperson tiefer zu verankern. Demgegenüber bedeutet für den Okkultisten die Trancierung den hergebrachten Weg zur Erschließung mystischer Phänomene. Von entscheidender Bedeutung für die Verwendung der Reaktionen Trancierter ist eine ganz eingehende Kenntnis der kritischen Hypnotismusforschung. Die unerhörte Steigerung des sinnlichen und psychischen Einfühlungsvermijgens, die in ausgesprochenen Fällen geradezu divinatorische Fähigkeit der Erfühlung irgendwelcher ITmwelt-Tendenzen; das ungebundene Spiel schöpferisch produktiver und instinktiv primitiver Funktionen machen den Trance-Zustand zu einem ganz eigenartigen und bizarren Beobachtungsobjekt. Darüber hinaus hat die psychoanalytische Forschung, wenn auch mit keinerlei Einseitigkeiten, die Erkenntnis erobern* können, daß in ihm vielfach unbewußte Einstellungen deutlich hervortreten, ja in manchen Fällen für seine Entstehung und Ausgestaltung entscheidend sind, von deren Dasein und Wirksamkeit das Wachbewußtsein des durchschnittlichen Menschen nichts ahnt. Schon die alte Hypnoseforschung kannte eine nur dem Suggestor zuliebe gemimte Gefälligkeitshypnose und eine Hypnosesucht oder Hypnomanie mit Zügen erotischer Aufdringlichkeit. Freud verdanken wir die Erkenntnis, daß weit häufiger, als man bisher annahm, nach seiner Ansieht überall, unbewußte Triebeinstellungen das Leben bedingen. Dieser Gesichtspunkt ist meines Erachtens in der Psychologie der Medien zu kurz gekommen; es erscheint mir nicht zweifelhaft, daß bei manchen Medien nicht uur die Verlockung äußerer Annehmlichkeiten oder Vorteile, sondern auch tiefe unbewußte Liebesbindung an den Versuchsleiter unbewußte Virtuosenleistungen frei machen, auf deren Konto betrugähnliche Leistungen bei wachbewußter Gutgläubigkeit zu setzen wären. Die zweite Hauptrichtung der Psychoanalyse, die lndividualpsychologie Adlers ist hier gleichfalls zu nennen. ihr Wesentlichstes liegt darin, -
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psychische Reaktionen als Auswirkung unbewußten Machtwillens zu verstehen, und auch hierin scheint uns ein wesentlicher Beitrag zur Psychologie des Unbewußten zu liegen, der geeignet ist, die Berufung zum Medium, seine Willfährigkeit und Hingabe an die Leistung und seinen Haß auch gegen die lauterste und sachlichste Kritik dein Verständnis näher zu bringen. Diese Gesichtspunkte gelten nicht nur für die Psychologie des Mediums, sondern auch in hohem Maße für die vieler ihrer Vertreter und Anhänger. Vielleicht zeigen schon diese kurzen Hinweise aus dem Berührungsgebiet psychotherapeutischer Normalerfahrungen und okkultistischer Forschung ein wenig das außerordentliche Maß technischer und methodischer Schwierigkeiten auf diesem heiklen Gebiete. Die Frage eigentlich krankhafter Vorgänge ist in diesem Zusammenhang absichtlich außer acht gelassen, um sie einer späteren gründlicheren, zusammenhängenderen Darstellunc vorzubehalten.
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Verbot der Bildung einer Gesellschaft für Medienforschung. Ich kann dem Standpunkt des Kollegen W a gn er v on J aur egg nicht beitreten. Die Begründung, die für die Verwerfung des Einspruchs der Gesellschaft für Medienforschung gegeben wird, ist an sich durchaus zutreffend. Besonders in Wien (aber nicht nur in Wien) herrscht eine „hypnotische und spiritistische Seuche". Zweifellos ist auch die Frage, ob gesundheitliche Gefährdung in Betracht kommt, zu bejahen. Wie immer man sich aber den okkulten Erscheinungen im engeren Sinn des Wortes gegenüber einstellen mag, so ist eine Gleichsetzung des Spiritismus mit den angeblichen Erscheinungen des Mediumismus unstatthaft. Wir bezweifeln wohl, daß eine „Gesellschaft für Medienforschung", der nur Anhänger der umstrittenen Fragen angehören, an sich geeignet ist, diese w issensch a f t lieh zu klären. Eine Geistesrichtung (auch wenn sie auf abwegigen Ideen fußt) kann aber durch behördliche Verbote nicht unterdrückt werden. Wir bezweifeln weiter, ob einem solchen Verbot praktischer Wert zukommt; dagegen hat es sicherlich d i e Folge, daß die bestehenden Gegensätze verschärft werden. Der einzige Weg, weiter zu kommen, scheint mir, worauf ich immer wieder verwiesen habe, nur der zu sein, daß theoretischer Zank und Streit beendet wird, und an seine Stelle gem eins ame, wissenschaf t1 i ehe Forschung tritt. Je ablehnender sieh die wissenschaftlichen Kreise verhalten, desto dunkler werden die Pfade sein, auf denen die psychologisch nicht geschulten unkritischen Laien wandeln. Diese Erwägungen sind u. a. für mich maßgebend, gegenwärtig die Gründung von forensisch psychologischen Gesellschaften anzuregen (ähnlich der in Hamburg seit 1910 bestehenden), die ei ne ihrer Aufgaben in vorurteilsloser Prüfung des -Medi umismus" sehen sollen. ;
Prof. Dr. med. A. A. Fr iedlän der. Freiburg i. Br.
Neues über Dunkelseancen. _Mehr Licht" will der Skeptizismus. „Dunkelheit", höchstens vom schwachen Rotlicht kaum entdunkelt, verlangen die Medien: denn sonst gelingen die „Seancen" nicht. Diese Gegensätze scheinen unüberbrückbar und doch lassen sie Hoffnung auf Verständigung.
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Es gibt eine Dunkelheit, bei der man nichts sehen, aber gut photographieren kann und noch mehr: manche Stoffe auf ihre Zusammensetzung erkennen. Diese merkwürdige Dunkelheit wird erzeugt durch die Quarzlampe der Quarzlampengesellschaft m. b. H. in Hanau, in Verbindung mit dem DiagnoseAnsatz zur bekannten künstlichen Höhensonne. Erstere ist fast überall bei Ärzten zu finden; es dürfte also keine Schwierigkeit machen, eine oder besser zwei derselben zu medialen Versuchen leihweise zu beschaffen. Erforderlich wäre nur noch der Erwerb eines bzw. zweier Exemplare des Diagnose-Ansatzes mit dein Dunkelfilter, die zum Preise von 82,50 Mk. geliefert werden. Als Lichtquelle der Höhensonne dient eine Quarzquecksilberlampe, die reich an ultravioletten Strahlen ist. Filtriert man diese mit dem neuen eigenartigen Filterglase heraus, so wird fast alles sichtbare Licht ausgelöscht und nur Licht von der Spektrallinie 400 2. und darunter durchgelassen. Diese Wellen liegen jenseits der Sichtbarkeitsgrenze des Auges; sie sind aber von großer photographischer Energie. Leider wird dieses Licht vom Glase absorbiert, also nicht durchgelassen. Gewöhnliche Objektive, auch die der besten Marken, können in diesem Falle nicht gebraucht werden. Dafür bietet aber vollkommenen Ersatz das Quarzobjektiv. Seit mehr als 20 Jahren bediene ich mich eines solchen mit sehr gutem Erfolge, wobei ich eine Bogenlampe mit vorgeschaltetem Wood'schen Filter als Lichtquelle verwendete. Dasselbe kann natürlich nicht visuell auf der Mattscheibe eingestellt werden, sein ultravioletter Strahlenfokus ist fürs Auge unprojizierbar, dafür bedient man sich einer Einstellskala, die man entweder berechnen oder experimentell bestimmen kann. Eine Arbeit, die nicht jedem liegt. Es ist mir gelungen, die bekannten optischen Werke Ernst Leitz in Wetzlar zu veranlassen, zu ihrer vorteilhaft bekannten kleinen „Leica-Kamera" ein passendes Quarzobjektiv zu berechnen und herzustellen, mit einer Einstellskala von 1 Meter an bzw. ein Triplet aus Uviolglas. Diese bequeme Zwergkamera arbeitet mit den überall erhHtlichen Kinofilms und zwar mit Stücken von 1,60 m Länge. welche 36 Aufnahmen Raum geben. Die Bilder haben 24 X 36 mm Größe, sind äußerst detailreich und lassen sich bis auf das Zehnfache vergrößern, ohne daß das feine Korn des Films störend auftritt. Zu jedem Apparate werden 3 Rollfilm-Kassetten mitgeliefert; man hat also für eine Sitzung 108 Platten zur Verfügung, auf welchen man ein fast lückenloses Protokoll photogräphisch aufnehmen kann. Es bleibt natürlich unbenommen, ein größeres Arsenal sich zuzulegen, was bei dem billigen Preise der Spulen (1,50 Mk. für 36 Aufnahmen) keinerlei Schwierigkeiten machen kann. Die merkwürdige Dunkelheit der Filterquarzlampe bietet aber noch eine Besonderheit: Sie erlaubt eine Menge ion Konstatierungen, die bei gewöhnlichem Lichte, auch dem „hellsten", unmöglich sind. So z. B. in Bezugnahme auf das Auftreten der Pseudopodien. Es würden diese mit Leichtigkeit von allen Kunstprodukten zu unterscheiden sein und sich, unter Anwendung besonderer Methoden, auch von der gewöhnlichen Haut abheben. Ein Blick würde genügen, festzustellen, ob angeblich telepathische Gebilde aus Seide, Wolle, Baumwolle oder Zellulose hergestellt sind und noch manches andere. Albert Ho f man n (Mehlein). .• Von Gliedabgüssen in Paraffin. Von jeher ist seitens der Spiritisten und Okkultisten der Wachs- oder Paraffin-Abguß von „Geisterhänden" oder „teleplastischen Gliedmaßen" als exquisites Beweisstück für die supranormale Entstehung solcher Phänomene angesehen worden. Denn nur die sich dematerialisierende Geisterhand soll imstande sein, die Paraffinform abzustreifen, ohne sie zu sprengen. In neuerer Zeit hat insbesondere Fr anek-Kluski derartige Phänomene produziert, von denen
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Verschiedenes.
Dr. Gele y in mehreren Veröffentlichungen Kunde gegeben hat. Ohne an der Echtheit der K lusk i schen Paraffinabgüsse zu zweifeln, hat Gel ey in seiner „Revue Metapsychique" (1923, Nr. 2) doch zugegeben, daß es an sich möglich sei, die „metapsychischen Moulagen" nachzuahmen. Denn ein Paraffinhandschuh, der durch Eintauchen der Hand in geschmolzenes Paraffin entsteht, ist zunächst, so lange er noch im Erkaltungsprozeß nahezu zähflüssig ist, so elastisch wie ein solcher aus Kautschuk und kann infolgedessen, in kaltem Wasser abgeschreckt, ohne daß die Form gesprengt würde, von der Hand abgezogen werden, ehe er erhärtet. Sir Arthur Conan Doyle, der bekanntlich ein enragierter Spiritist geworden ist. hat über diese Frage mit dem Londoner Anatomen Sir Arthur K eith diskutiert, und letzterer hat nunmehr mit vollem Erfolg eine Probe aufs Exempel gemacht. In seinem Laboratorium im Royal College of Science hat K e ith nach dem üblichen Verfahren bei mediumistischen Sitzungen Paraffinabgüsse herstellen können, die genau so aussehen, wie die von Kluski produzierten. Die Londoner illustrierte Wochenschrift -The Sphere" (Nr. 1330, vom 18. Juli 1925, S. 79) veröffentlicht 6 Abbildungen, die die verschiedenen Stadien der Entstehung dieser "Paraffinhandschuhe" darstellen, nach Photographien aus dem Laboratorium K eiths, dessen Assistentin die Versuche ausgeführt hat. Die Abbildungen zeigen deutlich das Verfahren: 1. Die Assi3tentin taucht ihre Hand in ein Gefäß mit geschmolzenem Paraffin, das auf Wasser von etwas mehr als Bluttemperatur schwimmt. 2. Der Paraffinhandschuh auf der Hand. 3. Die Hand im Paraffinhandschuh wird in kaltes Wasser getaucht. 4..Das kalte Wasser befreit die Hand von der anhaftenden Paraffinform, welche (5.) von der Hand sogar bei leicht abgebeugten Fingern abgezogen weiden kann. Das 6. Bild stellt drei Paraffinhohlformen dar. Bei der Wahl eines Paraffins (Weichparaffin) mit geeignetem Schmelzpunkt — dieser schwankt zwischen 27 0 und 60 0 — und mit einiger Sorgfalt lassen sich auf diese Weise, wie K eith nachgewiesen hat, sehr schöne Paraffinabgüsse ohne Bemühung metapsychischer Hilfen herstellen. Graf Klinckowstroem. Pro Domo. Am Fuße der zweiten Umschlagseite von Heft 1 und 2 unserer Zeitschrift stand eine kleine Notiz, die inhaltlich sicher insofern berechtigt war, als sie zum Ausdruck bringen wollte, daß unser Blatt als erstes und einziges in Deutschland beiden Lagern der okkultistischen Forschung unparteiisch zu dienen und ausschließlich Wissenschaft zu treiben, nicht aber einen bestimmten Standpunkt zu verfechten suche. Weil man aber aus jener Notiz vielleicht auch die (nicht gemeinte) Absicht herauslesen konnte, daß wir nicht bloß ein Anderssein, sondern auch ein Bessersein für uns in Anspruch nahmen, so wurde sie von okkultistischer Seite abfällig kritisiert; besonders unwillig hat sich Herr Dr. Edgard Drehe r in der „Zeitschrift für Parapsychologie" (Februar 1926, S. 118) darüber geäußert, indem er sie als Eigenlob charakterisierte. Es ist nun wohl durchweg bei Büchern und Zeitschriften üblich, daß die Umschlagsseiten (abgesehen von Inhaltsangaben und Mitarbeiterverzeichnissen) Herrschaftsbereich des Verlages sind; die Empfehlungen und Ankündigungen, die dort abgedruckt werden, bekommt der Autor oder Schriftleiter gewöhnlich erst nach der Drucklegung zu sehen, sie können also auch nicht seine Gesinnungen oder Ansprüche widerspiegeln. Obgleich uns also die Sache wenig angeht, haben wir doch den Verlag ersucht, den Stein des Anstoßes zu entfernen. Nachdem wir so unserseits das Erforderliche getan haben, sollte Herr Dr. Dreher das Seinige tun, indem er erklärt, was er sieh, oder der Zeitschrift für Parapsychologie. oder der Sache des Okkultismus im Allgemeinen durch diese Aufbauschung einer unscheinbaren Verlagsnotiz zu nützen glaubte. Die Schriftleitun g.
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Referate und Zeitschriftenschau. Psychologie und Medizin, Vierteljahrsschrift für Forschung und Anwendung auf ihren Grenzgebieten. Verlag Ferdinand Enke. Stuttgart. Diese zur gleichen Stunde geborene Zwillingsschwester unserer Zeitschrift hat soeben ihr erstes Heft erscheinen lassen. Als Herausgeber zeichnet Dr. R. W. chul t e, Berlin. Ihm zur Seite stehen Prof. R. S ommer- Gießen, Prof. E. R. J a ensch- Marburg, Geheimrat A. M o 11- Berlin, Prof. W. Wir th Leipzig, Prof. R. H. Go ldschmidt- Münster. In unser spezielles Interessebereich fällt der Aufsatz „Okkultismus und Psychologie", von A. Moll, der zu dem sog. Moll-Prozeß Stellung nimmt. Folgendes dürfte den meisten Lesern noch neu sein: Die Kontrollpersonen, die das Medium während der bekannten Reifen-Sitzung beaufsichtigt hatten, behaupteten, sie selbst hätten die Hände des Mediums festgehalten, nicht sich von seinen Händen halten lassen, was insofern wichtig ist, weil das Medium viel leichter eine Hand befreien kann, wenn diese die Hand des Kontrollierenden deckt. Nun zeigte es sich aber, daß die betr. Kontrollpersonen sich selbst nicht darüber klar waren, ob sie oder das Medium tatsächlich der festhaltende Teil waren. Als vor Gericht die betr. Sitzung dramatisch "gestellt" werden sollte, beging die eine Kontrollperson den Fehler, ihre Hand vom Medium halten zu lassen. Und eine andere Sitzung ist photographiert worden. das Bild aber zeigt, daß das Medium die Hand des einen Nachbars hält, während beim anderen Nachbar seine Hand wenigstens oben liegt, was auch verdächtig ist. Dr. Rob. Werner S chult e bringt eine umfangreiche Arbeit über seine Nachprüfung des Elektro-Diagnoskops. Der ukrainische Arzt . Dr. Z. B i ssk y hatte diesen Apparat erfunden, um Stellen der den Schädel umgebenden Haut ausfindig zu machen, die für elektrische Reize besonders empfindlich sind. Er nahm an, daß bestimmte Reflexstellen bestimmten Organen, Krankheiten. geistigen Eigenschaften und Begabungen (wie Organisations- und Kombinationsgabe, Faulheit, Mystizismus) zugeordnet seien, ja ursprünglich hat er wohl, ausgehend von der Phrenologie, angenommen, man könne mit Hilfe des elektrischen Stroms durch den Schädel hindurch die den betr. Organen oder Eigenschaften entsprechenden Hirnzentren unmittelbar abtasten. S c h ult e verwirft diese etwas phantastische theoretische Grundlage der Erfindung, stellt aber durch genaue Untersuchungen an mehr als 300 Versuchspersonen fest, daß die Ergebnisse der elektrodiagnoskopischen Prüfung sich so genau mit denjenigen der Selbstanalyse der Versuchspersonen, der äußeren Beobachtung, der psychologischen Testprüfung decken, daß ein Zufall als ausgeschlossen angesehen werden muß. Diagnoskopprüfung und Eichungsfeststellung wurden so völlig getrennt vorgenommen, daß nach 5 c hu lt e s Ansieht jede Suggestion bei Versuchsperson wie bei Prüfungsleiter vermieden war, bei der Diagnoskopprüfung wurden immer nur die Zahlen der Reaktionsfelder, nicht deren Bedeutung genannt. Wie die Übereinstimmung zustande kommt. muß die Zukunft lehren. vorhanden ist sie auf jeden Fall. R. Baerwald. -
Revue metapsychique, Jahrg. 1925. Nr. 1. Januar/Februar. Eiigne Osty: Experimentaltelepathie. Gelegentlich der Übernahme der Direktion des internationalen metapsychischen Instituts gibt Verfasser seine Gedanken über die Vorführungen und die Untersuchungsmethoden dieser Wissenschaft. Er behandelt kurz die Geschichte dieser Versuche — ohne irgend eines deutschen Namens Erwähnung zu Zeitschrift ftir Okkultismus 1.
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tun. Er bedauert, daß die Experimente so wenig Erfolge aufweisen gegenüber den spontanen Äußerungen. Na?h seinen Erfahrungen sind die Ergebnisse der gewerbsmäßigen Hellseher mehr auf Telepathie zurückzuführen. Neues zum Gegenstande bringt er nichts. Dr. Geleys letzte Experimente mit dem Medium Kluski. Sie entfernen sieh in keinem Punkte von den üblichen Seancen. Lichterscheinungen (bis zu 5-Fr.-Stücken große Sterne!) Ozongeruch, andere Parfüms; leuchtende Hände, Paraffinabgüsse u. dgl. (Ob der angebl. Ozongeruch nicht mit Phosphorgeruch verwechselt ist?) Der automatische Tanz (Charles Riehet). Drei Fälle werden berichtet, in denen Frauen plötzlich eine Art von priesterlichen Tänzen aufzuführen sieh "genötigt" sahen. Verf. bittet um Mitteilung ähnlicher Beobachtungen. Nr. 2. März/April. Eug6ne Osty: Ludwig Kahn, ein Mann mit außern or malern E rk enn tni sv ermöge n. (Vgl den Aufsatz von Geh. Sanitätsrat Dr. A. M o 11 in diesem Heft.) Dr. G-eleys Versuche mit Ossowiecki im Juni-Juli 1924. Mit großer Ausführlichkeit werden interessante Versuche über das Lesen eingeschlossener Schriftzüge, die mit sympathischer Tinte .geschrieben waren, erzählt, die aber den allgemein bekannten keine neue Note geben. G. Charpentier: Versuche mit Ossowiecki. Eine kleine Zeichnung wird richtig gelesen. F. Regnault: Spontane Telepathie. Ein Wahrtraum, der erlaubte, das Datum eines Todesfalles festzustellen. E. Osty: Ein entlarvtes falsches Medium. Es wurde einmal mittelst eines Tupfens Karmin festgestellt, daß das Medium die Erscheinung schauspielerte, und dann wurde es an der erscheinenden Hand festgehalten. Nr. 3. Mai/Juni. Charles Riehet: Nekrolog auf Flammarion, Eugene Osty: Ludwig Kahn, ein Mann mit außernormalem Erkenntnisvermögen (Schluß aus Nr. 2). A.Rouhier: Metagnornische Experimente. Dies Wort bedeutet übersinnliche Erkenntnis und ist von Emil Boirac geprägt. Ausführliche Beschreibung eines phantastischen "Haschischrausches", wobei wunderbare Farbenspiele und Erscheinungen aller Art abwechseln, erzeugt durch Einnehmen eines Extraktes von Echinocactus Williamsi, einer mexikanischen Kaktusart; der Name des Produktes ist Peyotl, ein aztekisch spanisches Wort 1 ). Das Einnehmen des Präparates (Chloroformextrakt, eingedickt enthaltend 37% des „Alkaloids". Dosis 2 g in 8 Pillen geteilt a 0,25 g) erzeugt zuerst eine angenehme Erregung, dann in dunklem Zimmer Visionen von wunderbarer Schönheit und unbeschreiblicher Farbenpracht, die je nach der Dosis schneller oder langsamer sich abspielen. Diese „Trunkenheit" ist weder unangenehm noch drückend; am andern Morgen folgt kein „Kater", das Gesehene bleibt klar und bestimmt im Gedächtnis. In dem Erregungszustand soll Hellsehen und Telepathie auftreten. ') Eine andere Pflanze, deren Extrakt telepathische Eigenschaften erweckt, ist die lloemadictyon Amazonicum, welche in Südamerika vorkommt. Das zum Einnehmen dienende Produkt heißt Vage, es erzeugt eine visionäre Trunkenheit, reich an übernormalem Erkennen.
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Dr. Fr. Montier: Zwei Fälle von Metagnomie. a) Eine von Migräne geplagte Dame leidet unter plötzlichen Anfällen von Lethargie, dauernd wenigstens 20 Minuten bis 2-3 Stunden. Phantastische Träume, sehr bunt und bilderreich, beginnen, dann folgt eine Periode des Hellsehens, in der allerlei für ihre Umgebung sehr wenig erbauliche „Indiskretionen und Pikanterien" enthüllt werdet! b) Eine andere Dame, von leichten Kopfschmerzen und Magenstörungen geplagt, hat Wahrträume, die niemals trügen. Sie sieht Todesfälle voraus und beschreibt sie mit Details; außerdem Unfälle, z. B. Wagenunfälle, Gebrauchsunfähigkeit eines Lifts, Reise usw. c) Dr. E. Osty: Metagnomie und experimentale PsyehoPhysiologie. Ausführlicher philosophischer Exkurs über die vorgenannten Fälle. Die Metagnomie kann entstehen durch Medikamente, wie Peyotl, Chinin, Morphium usw., durch krankhafte Erscheinungen, sie kann auf erblicher Veranlagung beruhen. Vielfach ist beobachtet, daß gute Metagnome, beider Geschlechter, in sexueller Enthaltsamkeit leben (übrigens bereits früher festgestellt. Ref.). Die Pythia und andere geheiligte Wahrsagerinnen waren zu einem keuschen Lebenswandel verpflichtet. Man denke auch an die bekannten christlichen Asketen! Zu bemerken ist hierzu, daß vielfach gute Metagnome diese Fähigkeit verloren, sobald sie in Krankheit fielen (Stainton Moses, Frau Piper, Mine. d'Esperance). Er schließt: die Metagnomie ist eine Spezialfunktion des menschlichen Körpers, von der wir noch nichts wissen, die wir aber auf experimentelle Art erkennen können. Nr. 4. Juli/August. Eugene Osty: Ein Gelehrter und sein Lebenswerk. Behandelt Charles Richets Arbeiten gelegentlich dessen Abgang von seiner Professur. Riehet sprach zum letzten Male am 24. Juni über die metapsychische Wissenschaft und am 26. Juni über „die Leistungen des physiolog. Laboratoriums in den letzten 50 Jahren". 0 st y erläutert und ergänzt Riehet s Vorlesungen. Ferdinand° Cazzamali: Telepsychisehe Phäpornene und Gehirnstrahlungen. Seit 1912 bearbeitet C. diese Frage. Anfänglich bediente er sich des Joiresschen Stenometers, aber ohne Resultat. Die neuen Forschungen über die drahtlose Telegraphie veranlaßten ihn, sich deren Hilfsmittel zu bedienen. Er baut eine große Bleikammer, welche isoliert oder mit der Erde verbunden werden kann. Sie ist möbliert mit Bett, Tisch und Stühlen und soll den zu Untersuchenden längere Zeit aufnehmen können. Es wird genau berichtet, wie der Luftwechsel geschieht, dem Innern Speisen zugeführt werden können usw. Seine Empfänger waren 1. ein Vierröhrenapparat für Wellenlänge 300-4000; 2. ein einfacher Detektorapparat mit einem 3-Lampenniederfrequenzverstärker (1 arbeitet mit einer kleinen Rahmenantenne, 2 mit einem 2 m langen Drahte, parallel zur Bleikammer gespannt); 3. für kurze Wellen von 50-100 m mit 2 Lampenverstärkern. Da so kurze Wellen im Telephon unhörbar, bedient sieh C. einer Interferenzvorrichtung; 4. ein Apparat für ganz kurze Wellen von 1-10 in mit Kreisantenne von 30 cm Radius. C. bespricht die Grundbedingungen seiner Versuche; er behandelt seine Versuchsobjekte und untersucht die möglichen Fehler. Seine Versuchspersonen waren Epileptiker, mit paranoider Psychose Behaftete, Neurotiker und Hysteriker. Weder mit 1. noch mit 2. erzielt C. irgendwelche Resultate; 3. ergab ein Pfeifen und Knarren; 4. erzielte init einem Subjekte einen gleichmäßig und regelmäßigen Säuseiton, zwischendurch aber Krachtöne. -
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C. nennt den Apparat 4 den allerempfindlichsten aller, aber seine Ergebnisse bringen nichts Positives. Er bespricht die nun zu unternehmenden Versuche und zieht elnige Schlußfolgerungen: 1. Der Mensch unter besonderen psychischen Zuständen und besonders bei Auftreten telepsychischer Erscheinungen strahlt elektromagnetische Wellen aus von der Art der Radiostrahlen. • 2 3. Der Sitz des psychischen Vorganges ist die Gehirnrinde; sie strahlt die sog. Gehirnradiowellen aus. 4. Diese Wellen sind sehr kurz, 100-20 m und 10-4 m lang und scheinen von variabler Länge. 5. Mit dem Apparat 3 und 4 sind sie als hörbare Wellen aufzunehmen. 6. Die Entdeckung, daß das Gehirn während des Ablaufes telepsychischer Vorgänge Radiowellen aussendet, läßt annehmen, daß diese Gehirnradiowellen einer besonderen Serie elektromagnetischer Schwingungen angehören, die unter besonderen Umständen ausgestrahlt werden. 7. C. schreibt sich die Priorität dieser Entdeckung zn. (Viele Worte, die eigentlich nichts besagen. Anm. des Berichterstatters)"). Warcollier: Ein selbsttätiger telepsychischer Detekt o r. Ohne Interesse für ernste Forscher. Sir William Barre t. Nekrolog geschrieben von It. Sudre. Nr. 5. September/Oktober. Dr. Eug-ine Osty: Die Vorkenntnis der Zukunft. Darstellung einer psychologischen Technik für Vorführungen und ein Generalprogramm für Forschungen. Seine Definition der Vorkenntnis der Zukunft (preconnaissance de l'avenir) lautet: Die Tatsache, Kenntnis zu nehmen von zukünftigen Ereignissen unter Bedingungen, wo die vernünftige Anwendung des Verstandes uns vollkommen in Unkenntnis- läßt über die Wege. 0 s t y will zeigen, wie man durch Versuche dieser Frage näher kommt und welche Wege sich dazu darbieten. Seine geistreichen Ausführungen bringen zwar nichts eigentlich Neues, bieten aber dem Spezialisten auf diesem Gebiete viele beherzigenswerte Anregungen. Ein Auszug aus dem reichen Materiale ist nicht möglich. Ernest Bozzano: Mediumistische Telepathie zwischen Lebenden. Er rügt als Fehler bei telepathischen Experimenten die Versuche zwischen „Normalen". Es muß unbedingt ein Medium als Empfänger dienen, denn „übernormales" läßt sich auf normalem Wege von Normalen nicht erreichen. B. berichtet über telepathische Versuche, wobei der eine die Frage niederschrieb und der Empfänger in 2-4 m Entfernung und ihm den Rücken zudrehend fast ä tempo die Antwort schrieb, Ein anderer Versuch berichtet über eine Unterredung mittelst Klopftisch übel 208 km Entfernung. Ferner die Versuche von W. St ead, welche (nach ihm) beweisen, daß man ohne Beschränkung durch beliebige Entfernung mit Geisterpersonen verkehren kann, unter der einzigen Bedingung, sie vorher persönlich gekannt zu haben. Er zitiert längere Beweise. Vier verschiedene Kritiken zu Cazzainalis Aufsatz in Nr. 4. a) Andry Bourgeoi s. 0.s Radiationen sind nicht einzig Gehirnstrahlungen, sondern ein Gemisch aller Strahlen, die jeder organische Körper ausstrahlt. -
') Es ist bei uns Mitte Oktober v. J. ein Aufsatz eingelaufen, der dieselbe Frage zum Teil mit gleichen Mitteln behandelt. Wir bringen ihn hier in Heft 3 („Zur Energetik des Wollens'). Die Schriftleitung.
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b) R. Su dr e bezweifelt, daß eine Faraday-Zelle überhaupt den Durchgang aller Wellen verhüten könne; auch glaubt er, Sinnestäuschungen seien nicht ausgeschlossen beim Anhören solcher schwachen Geräusche im Telephon. Auch er bezweifelt, daß C.s Strahlen alleinig Gehirnstrahlen sind. Er meint, es seien durch Muskelströme erzeugte elektromagnetische Wirkungen. Er bedauert, daß C. Medien zu seinen Versuchen verwendete, statt normaler Personen. (Sehr richtig! Ref.) e) He n r i A zam lehnt auch seine Zustimmung zu C.s Schlußfolgerungen ab. Es liegen zu viel Zweifel vor über den Ursprung der beobachteten Wellen. Die Apparate C.s seien für den freien Raum berechnet, aber nicht für den Empfang aus Isolierzellen. Self und Kapazität wurden durch diese Bleikammer geändert. (1) P aul Br en o t. Auch nicht überzeugt. Ein sehr feines Empfangsgerät kann auch als Wellensender dienen! je kürzer die Wellen sind, desto schwieriger die Handhabung. Außerdem, wenn die Wellenlänge fortwährend wechselt, muß permanent am Apparate reguliert werden. Er glaubt an kurze, sehr kurze Wellen — aber diese sind nicht mit Verkehrs-Radiogeräten zu fassen. Rene S udr e. Nekrolog auf Fr. Grunewald. Albert Ho f mann (Mehlem). Coue Literatur. -
Otto Seeling und Dr. med. Franzmeyer: -Cone und der C o tUt ismu s". Berlin, Pyramidenverlag, 1925. Ein gut orientierendes Sammelreferat über die Wandlungen der Doktrin und die Diskussionen innerhalb der Gemeinde der Coueisten. Wir sehen, wie der größte Fehler in der psychologischen Gesamtauffassung der Hauptvertreter, die ITnterschätzung der praktischen Bedeutung des bewußten Willens, im Schwinden begriffen ist. — Wie in jeder wissenschaftlichen Sekte wird auch hier die Diskussion teilweise von Leuten bestritten, die viel überschüssige Zeit für überflüssige Fragen haben. Oder soll es wirklich eine „wichtige Frage" sein, ob uns die Autosuggestion nicht allzu sehr von körperlichen und seelischen Schmerzen befreit, so daß der Patient sieh mit Scheinheilung begnügt und die ethische Persönlichkeit verflacht? Charles Baudouin „Suggestion und Autosuggestion". Vierte Auflage. Dresden, Sibyllenverlag, 1925. Von den Wandlungen, die sich in diesem Grundbuch der Coue-Schule vollzogen haben, war soeben schon die Rede. „Es handelt sich natürlich nicht darum, den Willen durch Autosuggestion zu ersetzen, sondern diese zum Rüstzeug des Willens noch hinzuzufüge n." Solche bessere Einsicht ist jetzt an die Stelle jener Äußerungen getreten, die Willenskraft und Selbstbeherrschung fast wie einen Schadenstifter ansehen wollten. Aber keineswegs sind alle Schäden geschwunden, die der Lehre noch von ihrem Jugendstadium her anhaften. Auf einige Punkte sei hier hingewiesen. In der Vorrede zur vierten Auflage fordert Baudouin, daß über die Anwendung der Autosuggestion die Heranziehung des Arztes und die Stellung einer Diagnose nicht versäumt werde, sucht also den Einwand der Kurpfuscherei zu entwaffnen. An späteren Stellen des Buches aber betont er einseitig, daß auch organische Krankheiten durch die Cone-Methode nicht• nur gebessert, sondern auch vollständig geheilt werden könnten. Falls hier nicht die vorsichtige Einschränkung hinzugesetzt wird: „Solche Heilungen sind allerdings bestenfalls seltene Paradefälle", so muß der Patient daraus immer noch entnehmen, daß er die Hilfe des Arztes entbehren könne, da ihm ja Cone ausreichenden Erfolg biete. Ferner empfiehlt B. auch jetzt noch, daß man sich für die Einflößung der Suggestion in den Zustand leichter Auto hypnose versetze; auch was er über die "Selbstspannung der Aufmerksamkeit" sagt, muß beim Patienten den Glauben wecken, er bedürfe, damit die Suggestion ihre Wirkung entfalten könne, eines
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Referate und Zeitschriftenschau.
neuartigen, von gewöhnlicher Müdigkeit deutlich unterschiedenen Zustandes, und dieser Glaube veranlaßt ihn, sich in Autohypnose hineinzusteigern. Nun ist aber Hypnose ohne Kontrolle eines Fachmannes ein zweischneidig Ding, und die Beobachtungen von Prof. J. H. Schultz mahnen zur Vorsicht. Tatsächlich läßt sich das Verfahren genau so wirksam mit Hilfe einfacher, üblicher Müdigkeit durchführen. Als Geringschätzung oder gar Verwerfung des epochemachenden B audouin sehen Werkes darf man diese Bemerkungen nicht ansehen. Das Wesen der neuen Lehre beruht ja nicht, wie manche Kritiker annehmen, auf jenen Äußerlichkeiten. Emil Cone: „Selbstheilung und Selbsterziehung durch Aut osug gest i o n. Dresden, Carl Reisner, 1925. Das Buch ist ein Sammelwerk mit Aufsätzen von Cone, B audouin, Mulfort, Forbes Wins1 o w und anderen Vertretern der neuen Suggestionsschule. Das gedanklich Wertvollste darin ist vielleicht die feine psychologische Schild( rung, die Baudouin von der Persönlichkeit seines Meisters C o u d entwirft. Was letzterer selbst schreibt, bedeutet keine Neuschöpfung von Ideen; ein Denker und Theoretiker ist Coue durchaus nicht. Aber er probiert sich Formulierungen, Pointen, Bilder und Gleichnisse aus, die suggestiv wirken und bei ihm selbst den Nagel auf den Kopf getroffen haben. Solche Ergebnisse praktischer Suggestionserfahrungen können sehr wertvoll sein, wenn auch nicht für alle und überall, denn bei jedem sitzt der „Nager an einer andern Stelle. Erstaunlich ist nur, daß Coue, der so gut den Weil der nuanciertesten Formulierung der Suggestion kennt, sich trotzdem einbildet, der ständige Allein gebrauch seiner gleichbleibenden, ab strakt-farblosen Formel (täglich geht's mir in jeder Hinsieht besser und besser), ohne nachfolgende spezielle Suggestionen, könne alles Erforderliche leisten. Wie kommt er zu diesem abstrusen Glauben? Erstens durch sein Vertrauen auf das Intuitive und Instinktive. „Nur nicht analysieren, sonst sind Sie verloren!". ruft er einer Patientin zu, die ihr Leiden im einzelnen schildern möchte. Geben wir dem Instinkt, dem Unterbewußtsein, durch die Allerweltsformel einen Stoß, das Detaillieren besorgt es dann von selbst! Und ferner verehrt C oue das Schlichte und Einfache. Was aber wäre schlichter als beharrliches Wiederkäuen desselben Satzes! Nun wirkt ein großer Menschenlenker allerdings viel durch Intuition sowie durch monumentale Schlichtheit und Klarheit. Also die per sönliche Wirkung Coues beruht wohl auf diesen beiden Tendenzen. Aber ob unbewußtes Herausfühlen und schematische Einfachheit geeignet sind, eine allgemein anwendbare Methode zu schaffen, die der unendlichen Vielgestaltigkeit des Lebens und der Krankheiten genügt, und die wohlberechtigte Antipathie des Nervenarztes gegen alle mechanisierten und nicht differenzierenden Heilmethoden zu beschwichtigen, die der Sache des Coneismus den größten Schaden zufügt, das ist eine andere Frage. Vorteile und Fehler der C oueMethode scheinen noch zu sehr von der, allerdings sehr merkwürdigen und sympathischen, Persönlichkeit ihres Begründers abzuhängen. Man wird den Coueismus entcoueieren müssen, um ihn zu vervollständigen. Charles Baudouin: „Die Macht in uns". Dresden. Sibyllenverlag, 1925: Dieses ausgezeichnete, schon durch die edle Persönlichkeit des Autors eindrucksvolle Buch streift leider nur den Rand unseres Gebiets, kann also hier nur mit wenigen Worten besprochen werden. Skepsis gegenüber der Willenskraft, dem gewaltsamen Sich-selber-Zwang-Antun, dieses Hauptthema der Coueisten, bildet auch hier den Ausgangspunkt, der zu den Gedankenkreisen anderer geistiger Hauptströmungen in Beziehung gesetzt wird. „Verdränge nichts in Dir!", sagt B. im Anschluß an die Psychoanalyse. Krankheit, Bewußtseinsteilung, Instinktuneinigkeit ist Folge der Verdrängung. Und seit Rousse au gezeigt, daß das Ich sich um ungebrochene natürliche Triebe herum kristallisiert, seit man erkannt hat, daß die starke Persönlichkeit „ein gut verschnürtes Bündel kraftvoller Strebungen" darstellt, muß man auch folgern, daß man durch jeden
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verdrängten Trieb einen Teil der Kraft seiner Individualität von sich 'abtrennt. Disharmonierende, unsoziale Triebe soll man ablenken, vergeistigen, „sublimieren". nicht ersticken wollen, wie chinesische Kaiser Räuberhauptleute zu Heerführern machten, um jede starke Kraft zu nutzen. — Soweit der Wille als berechtigt anerkannt wird, sucht B. ihn zu intellektualisieren, ihn auf reiches Innenleben, konzentriert, d. h. mit höchster Aufmerksamkeit vorgestellte Gedanken, ja auf Träumerei und Phantasiespiel zurückzuführen. Hier gewinnt B. Anschluß an den modernen Individualismus, der sich gegen die Versklavung und Veräußerlichung des großen Menschen durch Gesellschaft, Sozialismus, Demokratie, Arbeitsmechanisierung wehrt; aber der Psychologe wird diese Entthronung des eigentlichen Willenskernes nicht ganz billigen und mitmachen können. Dr.Fritz Wittels: „Wunderbare Heilungen".Leipzig,Wien, Anzengruberverlag. 1925. Ein theoretischer Gegner C oues und B audouin 5, die er an die Seite der Gesundbeter und anderer Kurpfuscher stellt. Es ist aber bezeichnend, daß selbst solche Kritiker, die der Cou(ischule neue Erkenntnisse und wissenschaftliche Verdienste abstreiten, an ihren praktischen Resultaten nicht zweifeln und die Zukunftsbedeutung autosuggestiver Heilmethoden anerkennen. D r. Emeri ch De c s i, Nervenarzt in Budapest: „ -Cr b er Autosugg estionsbeliandlung,insbesondere die Lehren vonCoueund ihr Verhältnis zur Medizin und Kurpfuscherei". Stuttgart, Püttmann, 1925. Der Verfasset hält die Theorie der Coueisten für laienhaft, glaubt aber, daß bei der praktischen Anwendung der Autosuggestion schließlich alle Wege nach Rom führen, erkennt die großen Heilerfolge dieser Methode in weitem -Umfange an und meint, daß wichtige Lücken in der allzu technischen, unpersönlichen, nur auf die Bekämpfung der Symptome bedachten, den Patienten mehr _erledigenden" als heilenden Praxis der heutigen Medizin durch den Coueismus glücklich ausgefüllt werden. Sein eigenes Verfahren besteht darin, daß er zunächst, mit ähnlichen Mitteln wie Coue. den Patienten in eine Art Halbschlaf versinken läßt. Dabei stellen sich leicht "Parästhesien ein, welche die Suggestibilität noch erhöhen, indem sie handgreiflich fühlen lassen, daß etwas Besonderes vorgeht." Aus diesem Zustand heraus nun soll der Patient ein scharfes, anstrengendes Training der Aufmerksamkeit vornehmen, indem er z. B. die Ereignisse des letzten Tages leise vor sich hinspricht, so ausführlich und richtig. ,.als ob jedes Wort sofort protokolliert würde und sein Leben davon abhänge. daß er nichts ausläßt und nicht lügt". Ist diese Leistung eingeübt, so wird in derselben Weise die Autosuggestion gesprochen, mit der größten eireichbaren Schnelligkeit. als „angestrengte und anstrengende Predigt". — Was hier angestrebt wird, ist das Gegenteil der Coue sehen „Willenlosigkeit".
Besprechungen. Henze, Paul: 0ü en est la Met apsychiqu e. Paris, Gauthier-Villars et Cie., Editeurs, 1926. 8 0 , 2 Ell. und 272 S. Mit 31 Abb. im Text. Preis: brosch. franz. Fr. 18.--. Wir verdanken dem Pariser Schriftstejler Paul Heu zC, der das Verdienst hat, die Sorbonne für die Phänomene des Mediumismus interessiert zu haben, bereits zwei gut geschriebene Bändchen „Les Morts vivent-ils?" 1 ). Die neue Schrift stellt das Ergebnis dar, zu dem ihn die Frage: „Wie steht es mit der Metapsychik?" geführt hat. Heuze ist auf die mannigfachen Theorien, die von den Metapsychikern aufgestellt worden sind, nicht eingegangen. Er beschränkt sich ganz auf die Tatsachenfrage und hat diese an der Hand typischer Beispiele ein1
) Paris, La Renaissance du livre, 1921/2'2.
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gehend erörtert, wobei er, wohl aus Mangel an Sprachkenntnissen. die deutsche Literatur auf diesem Gebiet so gut wie gar nicht berücksichtigt hat. Henze trennt die intellektuellen Phänomene von den physikalisch-mediumistischen und hat den letzteren einen breiteren Raum gewidmet. Den Erscheinungen der Telepathie und des Hellsehens, die er hauptsächlich an den Experimenten mit St. Osso wiecki und Ludwig K ahn erläutert, steht Henze nicht ablehnend gegenüber. Er gibt zu, daß diese Experimente in der Tat zu der Hoffnung berechtigen, die Wissenschaft werde hier zur Anerkennung eines neuen Tatsachenkomplexes gelangen. Anders steht es mit den sog. paraphysischen Phänomenen: Telekinese, Materialisation, Leuchterscheinungen usw. Die Versuche mit Eusapia Paladino, Eva C., Guzik, Kluski, Erto, Kathleen Goligher usw. werden in gedrängter Kürze analysiert. Zum Thema Crookes-Florence Cook ist eine Bemerkung von Interesse, die H euze dem Buch von F lammar ion „Les forees naturelles inconnues" (S. 462) entnimmt. Danach hat Home Fl a m in arion gegenüber das Medium Florence Co ok als eine „farceuse" (Possentreiberin) bezeichnet. Auch Home selbst, der bekanntlich von den Spiritisten gern als über jeden Verdacht des Betruges erhaben hingestellt wird, ist offenbar im Jahre 1867 am Hofe Napoleons III. in Biarritz durch Mono d e 1 e beim Betrug ertappt wordeu, der plötzlich Licht machte. Henze bezieht sich hier auf die auch von uns („Der physikalische Mediumismus", S. 113) zitierten Briefe des Leibarztes Dr. B arthez (veröffentlicht in der „Revue de Paris", 1. Jan. 1912). Home soll Geister.berührungen durch seinen geschickt aus dem Schuh geschlüpften Fuß vorgetäuscht haben. Dieses. Detail wurde Henze auch vom Prinzen Roland Bonaparte bestätigt, der es aus. dem Munde der Kaiserin Eugenie selbst gehört hat. Henze kommt zu dem Schluß, daß sich die Metapsychik in einer schweren Krise befindet, die ihr aber nur heilsam sein kann. Denn die Metapsychiker werden sieh genötigt sehen, weitere Anstrengungen zu machen, uni endlich den strikten Beweis für ihre Behauptungen zu erbringen. Wichtig sind vier Anhänge zum Buch Heuz es: der wortgetreue Bericht der Sorbonnekommission über die Versuche mit Eva C.; der ,,Bericht der 34" über Sitzungen mit Guzik ; der Sorbonne-Bericht über eine Sitzungsreihe mit Guzik ; und der Bericht einer Prüfungskommission über Versuche mit E r t o. Diese wichtigen und aufschlußreichen Dokumente werden damit leichter zugänglich. Ein Fehler wäre zu korrigieren: ein paar Abbildungen, die ein weibliches Medium mit Teleplasma zeigen, stellen nicht, wie die Unterschrift besagt, das Medium Maria S. (S ilbet t ?) dar, sondern Stanislawa P. Graf Carly.Klinckowstroem. Rudolf T i sch ner : ,.D a s Medium_ D. D. H ome". Untersuchungen und Beobachtungen (nach Crookes, Butlerow, Varley, Aksakow und Lord Dunraven). Ausgewählt und herausgegeben von Rudolf Tisch ne r. Mit Titelbild ven Home und zahlreichen Textfiguren. Leipzig, Oswald Mutze, 1925. gr. 8 0 , 163 S. Preis: brosch. Mk. 3.60; geb. Mk. 4.80. Tisch mm er hat in der vorliegenden verdienstvollen Schrift die zum Teil schwer erreichbaren Veröffentlichungen über Sitzungen mit dem berühmten Medium Daniel Dunglas Home wieder leicht zugänglich gemacht. Das ist begriißenswert, denn die Versuche mit Home genießen bei den Okkultisten noch heute eine besonders hohe Schätzung. Crookes hat über seine Experimente mit Home in drei Veröffentlichungen berichtet: in zwei zusammenfassenden Berichten von 1871 und in der Veröffentlichung von 11 vollständigen Sitzungsprotokollen im Jahre 1889. Ferner finden wir in dem Buch einen brieflichen Bericht des Elektrikers Cr. Fl. V arley von 1868, die Sitzungsberichte von Lord Dumm r av en aus den fahren 1868--70, Berichte A k sa kows usw. In einer Einleitung orientiert uns der Verfasser über das Leben Home s. und in einem ausführ-
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liehen Nachwort hat er die Versuche kommentiert und die gegnerische Kritik zu entkräften versucht. Wenn A. Lehm ann in seinem bekannten Buch „Aberglaube und Zauberei" (von welchem soeben die dritte deutsche Auflage erschienen Ist) auf den Gegensatz zwischen Cr ookes' zusammenfassenden Berichten und den später veröffentlichten Sitzungsprotokollen aufmerksam macht und meint, danach hätten sich diese von gewöhnlichen spiritistischen Sitzungen nicht unterschieden, so zeiht ihn Tischner grober Übertreibung. Er weist darauf hin, daß, im Gegensatz zu den Bedingungen heutiger Medien, die Beleuchtung meistens nicht unzureichend gewesen sei, daß des öfteren von Hand- und Fußkontrolle die Rede sei, und daß namentlich bei den entscheidenden Experimenten mit dem Wage- und Hebel-Apparat die Versuchsanordnung einfach und übersichtlich gewesen sei, so daß er einen Betrug Homes glaubt abweisen zu dürfen. Auch gegen die kritischen Einwände des Referenten („Der physikalische Mediumismus", S. 112 ff.) macht Tischner als sachkundiger und geschickter Verteidiger eine Anzahl von Beobachtungen geltend, die er für hinreichend gut bezeugt hält, um sie auf der Habenseite von H o rn e verbuchen zu könnn. In den Protokollen von Cr ookes finden sich allerdings mehrfach kurze Bemerkungen über Hand- und Fußkontrolle. Wir wissen aber aus der sorgfältigen und mühevollen Analyse Rosenbuschs über die Kontrollmaßnahmen bei Eusapia Paladino, daß solche kurzen Bemerkungen an sich keinen Wert haben. Denn sie sagen nichts darüber aus, ob diese Kontrolle auch zuverlässig aufrechterhalten werden konnte. Heute glaubt doch jeder Metapsychiker mit dein Trick der Hand- und Fußvertauschung ausreichend vertraut zu sein, und doch gelingt es, wie der Fall Guzik zeigt, geschickten Medien immer wieder, diesen anscheinend so einfachen Trick mit Erfolg auszuführen. Was wußte man davon zu Zeiten von Cr ookes? Wie wollen wir heute behaupten können, man habe sich damals dagegen zu sichern gewußt? Die Cr ookes sehen Protokolle hinterlassen im übrigen den Eindruck, daß Home meistens nicht kontrolliert war und sich nach Belieben im Zimmer umherbewegte und überhaupt selbst die Art der Phänomene bestimmte. Bei diesen Sitzungen herrschte offenbar eine Atmosphäre vollen Vertrauens, H o nie war mit Cr ookes befreundet und redete ihn bei seinem Vornamen an. Immerhin sind Phänomene geschildert. deren Zustandekommen auf taschenspielerischem Wege nach den Berichten nicht ersichtlich wird. Dürfen wir uns darauf verlassen, daß die Berichte genau das wiedergeben, was sich wirklich ereignet hat? Man versuche doch einmal, Vorführungen eines Magikers zu schildern, die man nicht durchschaut, und man wird sie ebenfalls unerklärlich finden. Dennoch hat Referent in seinem Kapitel über II onic (a. a. 0.) der Tatsache, daß manche Phänomene über taschenspielerische Möglichkeiten hinauszugehen scheinen, Rechnung getragen und sein Endurteil in einem .,non liquet" gipfeln lassen. Nun macht aber Fournier d'Albe in seiner Biographie ■ron Cr ook es Angaben. die uns an der Qualifikation von Cr ooke s als Beobachter mediumistischer Phänomene doch ernstlich zweifeln lassen müssen (siehe hier die Besprechung in Heft 1, S. 80). Freilich haben wir es heute nach mannigfacher Aufdeckung mediumistischen Raffinements, von dem Cr ookes noch keine Ahnung haben konnte, leicht, ihn zu verurteilen. Wir müssen es ihm schließlich zugutehalten, worauf auch Tischner gelegentlich hinweist, daß seine Versuche die ersten waren, die überhaupt eine ernsthafte Untersuchung der fraglichen Erscheinungen bezweckten. Aber können diese Versuche heute noch Anspruch darauf erheben, daß wir die Ergebnisse als unantastbar gelten lassen? Gewiß nicht! Wie die Phänomene zustandegekommen sind, läßt sieh heute nicht mehr aufklären, und wir können nach meinem Dafürhalten nichts tun als bestenfalls bei einem non liquet bleiben. H o m e s Phänomene erwecken auch zu stark den Eindruck taschenspielerischer Kunststücke und erscheinen ebenso sinn- und zwecklos, wie die der heutigen Medien. Wir dürfen auch nicht vergessen, daß Home im Jahre 1867 in Biarritz offenbar bei Betrug ertappt worden ist (siehe hier die Besprechung des neuen Buches von
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Paul H euz, S. 232. Mag man also auch Tischner darin recht geben, wenn er zum Schluß sagt, die Halluzinations- und die Betrugshypothese reichten nicht aus, um die berichteten Phänomene Homes restlos zu erklären, so erscheinen uns dennoch die Berichte nicht sicher genug, uni „den Großteil der Phänomene" als echt ansprechen zu dürfen, wie Tischner es möchte. Graf Carl v. Klinckowstroem. Dr. Gustav Geley: „Vom Unbewußten zum Bewußten". Ins Deutsche übertragen und mit einem Nachwort versehen von Rudolf La.mbert, Union Deutsche Verlagsgesellschaft, 1925. Preis geb. Mk. 10.—. Gele y setzt die medialen Erscheinungen im weitesten Sinne des Wortes, einschließlich der Materialisationen, als erwiesen voraus und versucht sowohl diese Erscheinungen als auch die Entwicklung vom Unbewußten zum Bewußten, die wir auch ohne Rücksicht auf die parapsychischen Phänomene in der Natur beobachten können, einheitlich kausal zu erklären. Das Bewußte ist ihm das Ziel aller Entwicklung, allen Fortschrittes (S. 225 und öfter), es ist also das Höchste und W er tv oll st e. Andere Stellen aber, und die ganze Tendenz des Verfassers, der an S c h op enh auer und insbesondere an v. Har tmann anknüpft, bezeichnen einen „u nbewuß t en Psychodynamismu s" als das Wesentliche im All, ja, S. 70 bestimmt das unterbewußte Seelenleben nicht nur als das Verwickelteste, sondern auch als das Höchste, als das schöpferische „göttliche Prinzip"! Abgeseher „von diesem Widerspruehe ist folgendes einzuwenden: Die gelungensten Partien des Werkes sind jene, in denen der Verfasser es unternimmt, zu zeigen, daß die „klassischen (?) Faktoren" (die phys'sch-physiologischen) nicht imstande sind, die Entwicklung vom „Weniger" 7 um „Mehr", vom Einfachen 7um Zusammengesetzten zu erklären. So setzt er denn das „Verwickelteste" an den Anfang. Da aber dieses ..Verwickelteste" das Unbewußte ist, so müssen wir fragen: was ist „Mehr" und was ist „Weniger"? das Bewußte oder das Unbewußte? Die Antwort kann vom Standpunkte Ge 1 eys nicht zweifelhaft sein: Das B e w u 13 t e, denn e-s i st Zi e 1 der En t wi ck 1 un g. Somit erklärt auch er das Mehr aus dem Weniger, nämlich aus einem „u n be wuß te n Dynamopsychismus". Diesem psychisch-dynamischen Prinzip käme als unbewußt wirkendem Wesen eine innere seelische Struktur zu, deren Teleologie die Teleologie der genialen Persönlichkeit so inkommensurabel überstiege, wie das Werk der Natur das Werk des Künstlers, der ja selbst einen Teil der Natur bildet. Woher stammt jene Struktur des Unbewußten? Ihre Existenz leuchtet so wenig als notwendig ein, daß sie vielmehr ebenso erklärung.sbedürftig bleibt wie das, was sie erklären soll! Des Verfassers Leistung besteht hier in einer höchst unkritischen Verschmelzung S eh op en h au er -H ar tin annscher Lehren mit einem Optimismus, den er der theistischen Philosophie eines Leibniz und Descartes entlehnt. Dazu kommt eine ebenso unkritische Übernahme der idealistischsphänomenalistischen Lehren von Kant-Schopenhauer über Raum und Zeit, Ignorierung. oder Unkenntnis dessen, was selbst Hume und K ant über das Problem „unde malum?" erkannt haben, und eine Vermengung der wissenschaftlich fundierten, theistischen Hypothese mit dem kirchlichen Dogmenglauben. Karl Ernst von Baer und andere große +heistische Naturforscher, die längst die Unzulänglichkeit der blinden Notwendigkeit erkannt und durch die Hypothese eines einsichtig notwendig wirkenden Prinzipes ersetzt haben, werden nicht berücksichtigt. — Am überzeugendsten ist die Berufung Gele y s auf solche Autoren, die zeigen, daß das Neue und Schöp f er is ehe im Seelenleben (das Auftreten eines Gedankens, der künstlerische und wissenschaftliche Einfall u. dgl.) keine Parallele im Physischen findet, und somit die Seele ein unräumliches, sehr verwickeltes Ding sein müsse. 0. K r au s, Prag.
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San.-Rat Dr. Gustav Pagenstecher (Mexiko): "Außersinnliche Wahrnehmun g". Experimentelle Studie über den sog. Trancezustand. Mit einer Einführung von Dr. Waldemar Wasielewski, Halle a. S., 1924, bei Carl Marhold. (109 S.) Preis M. 2.50. Im Verlaufe einer hypnotischen Behandlung wurde Dr. P a gensteche r auf bemerkenswerte mediale Eigenschaften seiner Patientin aufmerksam. Es handelte sich hiebei nicht etwa um bloße Hyperästhesien, wie sie der Zustand der Hypnose öfter zeitigt, sondern — nach seiner Auffassung — um Fähigkeiten, die in das Gebiet des „Hellsehens" bzw. der „Psychometrie" gehören. — Dr. W asi ele wsk i bemerkt in seiner Einleitung, „man möchte besonders im Hinblick auf unsere ,zielbewußten` Skeptiker an manchen Stellen eine genauere Angabe von Einzelheiten über Anordnung und Verlauf der Versuche gewünscht haben". Dieser Wunsch ist berechtigt und wird insbesondere von Richar dB aerwald geteilt, der in seinem Buche: „Die intellektuellen Phänomene" (In Dessoirs: _Der Okkultismus in Urkunden") eine ausführliche Kritik dieser mit Maria Reyes de Z. angestellten Experimente gibt. Sein Hauptbedenken gegen die Interpretation, die Pagenstecher seinen Versuchen angedeihen läßt, ist die mangelhafte Wahrung der „Unwissentlichkeit" des Experimentators. Er spricht daher von einer „Dressur der Suggestiven unter dem Einflusse der psyehometrischen Theorie". Im übrigen nimmt er telepathische Einflüsse als Erklärung an („dreieckige Telepathie"), wobei allerdings die Telepathie selbst vorläufig ein ungelöstes Rätsel bleibt. Ich wüßte den Ausführungen Baer walds nichts hinzuzufügen. Die Beobachtungen Pagenstechers sind zweifellos wertvoll und verdienen Beachtung; da die Dann-, mit der die Experimente angestellt wurden, noch lebt, so wäre eine Fortsetzung der Versuche unter Beachtung der von Wasielewski und besonders von Baer wald gegebenen Winke vielversprechend. Ich wage mit aller Sicherheit zu behaupten, daß sie keinen Anhaltspunkt für die spiritistische Hypothese ergeben werden. Prof. 0. Kraus, Prag. Rechtsanwalt Dr. Erich Bohn (Breslau): „Der Spuk in Öl s". Beiträge zur Metapsychik in Einzeldarstellungen. Heft 1, 2. Aufl., im Selbstverlag des Verfassers. Der berühmt gewordene Spuk in Öls, den Bohn als psychologischer SachverstLndiger genau zu untersuchen Gelegenheit hatte, wird von ihm als typischer Fall eines unechten, nur auf Aberglauben und Unfug beruhenden Spuks aufgefaßt. Die Geräusche, durch die die Bewohner der betroffenen Wohnung in Schrecken versetzt wurden, ließen sich 711111 Teil auf ganz natürliche Ursachen zurückführen; Regenwasser plätscherte, wenn es durch das undichte Dach drang. Rauschen und Biummen entstand in der Wasserleitung, wenn in der tieferen Etage der Hahn aufgedreht wurde, das Ticken einer Uhr, die in einer anderen Wohnung an der „Spukwand" hing, wurde im höheren Stockwerk vernehmbar. Nur die Geistergläubigkeit der gequälten Familie F. veranlaßte sie, allen solchen Geräuschen mystische Ursachen unterzuschieben. Dazu kam nun der "Ulk" und Unfug, anscheinend von mehreren Seiten ausgeübt, die sich die gute Gelegenheit zur Schadenfreude nicht entgehen lassen wollten. Die meisten Spukgeräusche, die zutage getreten waren, konnte Bohn von einem unter der F.schen Wohnung gelegenen, allgemein zugänglichen Keller aus mit größtem Echtheitseffekt künstlich erzeugen; als cler Keller abgeschlossen wurde, hörte der Spuk auf. Die Mitwirkung des Unfugs machte es verständlich, daß der Spukgeist Intelligenz zeigte, bei Nennung gewisser Namen stärker klopfte, mit dem Schlagen der Turmuhr Schritt hielt usw. Psychologisch interessanter ist, daß doch auch in diesem scheinbar ganz simplen Falle Erscheinungen übrig blieben, die nicht nur auf mißdeutete objek-
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tive Eindrücke oder Schabernack zurückzuführen waren, sondern auf jenes Moment hinwiesen, in dem Ref. den Kern der meisten Spukfälle sehen möchte: auf infektiöse Halluzinationen. Die Spukerscheinungen waren anfangs von deutlichem Kältegefühl begleitet, wie es so oft in der Nähe von Spukgestalten beobachtet wird: anscheinend eine aus Angst hervorgegangene Halluzination bzw. Illusion im Anschluß an motivierte Körperempfindungen. (Vgl. S. 218 dieses Heftes!) Sieben verschiedene Zeugen haben schwebende bläuliche Funken gesehen, die durch die Stube oder von einem Zimmer ins andere zogen und namentlich den jugendlichen Töchtern folgten. Ein spiritistischer Erklärer des Falles sah in ihnen die Manifestation eines Mädchenjägers, der einst im Hause gelebt und sich in ihm entleibt hatte. Legen wir diese mystische Erkärung ad acta, so bleibt die Tatsache, daß diese Erscheinung nicht gut mißdeutete Realität oder Unfug sein kann. Bohn sagt: „Ich gebe persönlich auf Lichtwahrnehmungen nichts. In Hunderten von Fällen haben Zeugen Lichterscheinungen, namentlich schwebende Funken gesehen, trotzdem durch die photographische Platte festgestellt wurde, daß nirgends eine Lichterscheinung war. Die Lichterscheinung kann eine subjektive Vorstellung der Zeugen gewesen sein." Sehr richtig! Infektiöse Halluzinationen sind subjektive Empfindungen. aber deswegen sind sie keineswegs Nebensachen, die vernachlässigt werden dürften. Am merkwürdigsten aber sind die Steinwürfe, die sich bei einem Spuk im Seminargebäude zu Ols zeigten, welcher als Vorgänger und Modell des zweiten Spukes in der F.schen Wohnung anzusehen ist. Es handelte sich nach Aussage eines Zeugen um faustgroße, nach der eines anderen uni kleine Steine, die merkwürdig langsam angeflogen kamen, immer trafen, aber weder Schmerz verursachten, noch Beulen oder Flecke hinterließen. Wer denkt bei dieser Schilderung nicht an andere ähnlich seltsame Formen des Steinregens, bei denen etwa die Steine im geschlossenen Zimmer tagelang fallen, erst in mittlerer Höhe sichtbar werden, und niemand berichtet, wo sie bleiben, obgleich sie doch, wären sie real, schließlich den ganzen Raum füllen maßten. Offenbar handelt es sich hier überall nicht um telekinetische, sondern um infektiös halluzinatorische Erscheinungen. Daß es materiellen, auf Telekinese oder Bewußtseinsspaltung beruhenden Spuk nicht gebe. braucht nicht behauptet zu werden, aber er spielt anscheinend neben dem Halluzinationsspuk nur eine sekundäre Rolle. Spukhalluzinationen springen oft auf Personen über, die dem ersten Halluzinanten, der den Spuk „begründet" hat, ganz fremd sind, nie mit ihm in Berührung gekommen sind und noch nichts von dem Fluche, welcher der von ihnen betretenen Örtlichkeit anhaftet, gehört haben. In solchen Fällen kann nur die Annahme telepathischer Übertragung die Vorgänge verständlich machen. In der Tat hat Bruno Grabinski in „Neuere Mystik" (Hildesheim 1916, S. 359-365) einer telepathischen Deutung des Spuks von Öls das Wort geredet. Hohn erwidert darauf ganz generell: „Die Fälle, in denen 1 er n w irk en d ein Spuk von derartigem Umfange lange Zeit hervorgerufen ist, sind überaus selten. Ich möchte behaupten, daß sie in Wirklichkeit nicht existieren. Nur die Unkenntnis des Wesens telepathischer Wirkungen kann hier Telepathie annehmen. Der fernwirkende Agent müßte über eine ungeheure mediale Kraft verfügen, die ihm jederzeit zur Verfügung steht...Wochenlang müßte dieses Medium auf dem Posten gewesen sein. Ein solches Medium hat es nicht gegeben und kann es nicht geben." Sicherlich nicht. Aber eine so kindliche, den Wahnideen der Paranoiker gleichende Fassung der telepathischen Erklärung würden ihre vernünftigen Verfechter auch weit von sich weisen. P o dm or es Gedanke ging eher dahin, daß jemand, der an einem Orte zuerst eine Spukgestalt gesehen, durch suggestive oder telepathische Übertragung eine ganze Gemeinde bildet, deren Mitglieder jeden den gleichen Ort betretenden Neuling konzentrisch beeinflussen. Auch braucht das Spuksehen des einzelnen nicht dauernd auf solchen Clertragungen zu beruhen, sondern wer einmal auf Grund wiederholter Anregungen, nach einer oft deutlich erkennbaren tbungszeit, in den Bann der gleichlaufenden Hallit-
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zinationen geraten ist, kann sie auf eignen Antrieb hin fortsetzen und weiter ausbauen. Bei dieser Annahme schwinden die von Bohn hervorgehobenen Widersprüche. Bohns Buch gehört zu den kritischsten und methodisoh reifsten, die über Spukerscheinungen geschrieben sind. Daß es trotz seiner scheinbar negativen Resultate doch neues Material für die Halluzinationstheorie des Spuks beibringt, scheint mir sehr zu deren Gunsten zu sprechen. Richard Baerw al d. Johannes Illig: ..Ewiges Schweigen?" Stuttgart, Union Deutsche Verlagsgesellschaft. 1925. Kritisch wissenschaftlich, mit logischer Strenge beweisend will dieses Buch nicht sein, aber ihm haftet der Zauber einer dichterisch-religiösen, versonnenen, aus eigenem Erlebnis hervorgegangenen Weltanschauung an. Eine Ekstase, die I. im Anschluß an ein großes Unglück, an den Tod seines Sohnes im Weltkriege. erlebte. hat ihn zum Mystiker werden lassen. Zwei Spukfälle, die er persönlich mit ansah, gaben seinem Denken eine Wendung zum Spiritismus. Er glaubt nicht an die Beweiskraft mediumistisch-spiritistischer Experimente. denn ihre Phänomene lassen sich restlos aus dem suggestiblen Unterbewußtsein der Medien erklären. Spukphantome dagegen, die sich meist unmittelbar an Todesfälle anschließen, bilden die Tätigkeiten und Eigenheiten des Verstorbenen ebenso genau nach wie das spiritistische Medium, sind aber von Medien und überhaupt von allen Zeugen unabhängig, weil sie sich zuweilen über Jahrzehnte, ja Jahrhunderte ausdehnen und sich in Gegenwart der verschiedensten, voneinander unabhängigen Personen zeigen. Auch deshalb ist es unmöglich. dal3 solche Phantome nur Gedankenbilder sind, die anwesende Menschen von der Persönlichkeit der Toten zurückbehalten haben, weil das Phantom sich manchmal neuen Verhältnissen. z. B. baulichen Veränderungen, anpaßt. die vor dem Tode des Urbildes noch gar nicht bestanden haben. (Ein fadenscheiniger Grund! Passen sich nicht auch paranoische Wahnvorstellungen allen möglichen neuen Eindrücken und Umständen an?) Die Sinnlosigkeit des Tuns der Phantome ist kein Einwand; beim Zerfall des Körpers lebt ja nicht das von festen Zielen geleitete Wachbewußtsein, sondern das träumende, übersinnliche Unterbewußtsein weiter, so daß die Tätigkeit des Spukgeistes derjenigen eines Nachtwandlers gleicht. Um die Monotonie dieses Tuns zu begründen, verbindet 1. die- Idee Du Prels vom Monoideismus und der Erdgebundenheit der Geister mit modernen Vorstellungen. Wie Coues Autosuggestionen, im Moment des Einschlafens zugeflüstert, die Nacht über im Unterbewußtsein weiterwirken, so können Gedanken und Wünsche, die den Geist in der Todesstunde leidenschaftlich beschäftigten, oft jahrelang nicht zur Ruhe kommen, und wie unterbewußte Komplexe zu einem neurotischen Wiederholungszwang führen, ähnlich dem Nachtwandeln der Lady Macbetin so bewirken Sterbesuggestionen eine beständige Erneuerung etwa des Vorganges des eigenen Todes oder Selbstmordes, bis schließlich der Gedanke seine Nachwirkung abnutzt oder Gelegenheit zum Abreagieren findet. Wie letztere gesucht wird, zeigt das Streben vieler Spukphantome nach Erlösung. nach einem lebenden Menschen. dem sie beichten und mit dem sie beten können. Ein ziemlich vollständiges Gedankengebäude! Aber es hat Risse und Spalten wie alles, was der Spiritismus baut. Beruht das Spukphantom auf ansteckenden Halluzinationen, so kann es vom, einzelnen Zeugen oder Medium gleichfalls unabhängig sein. Und sind solche Halluzinationen Symptome oder Kristallisationspunkte von Komplexen, die solche Personen, die den Spuk zuerst wahrnehmen, im Unterbewußtsein tragen. so ist der Wiederholungszwang auch gerechtfertigt. In den Spukfällen, die I. beobachtet hat, spielen Erscheinungen Lebender und Figuren klassischer Gemälde eine Rolle, was sich doch am einfachsten erklären läßt. wenn wir die gesamten Phänomene für subjektive Gebilde halten. Und das Hauptbedenken: Warum sind die sichtbaren wie die hörbaren Erscheinungen des Spuks fast durchweg grauenhaft und häßlich? Würde
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der Geist, wenn ein solcher vorhanden wäre, sich selber schreckeinflößend erscheinen? Nein, aber der Visionär verbindet mit der Vorstellung wiederkehrender Toten furchtbare und angsterregende Ideen, und sie spiegeln sich in den Phantomen wieder; also müssen diese wohl innerseelische Produkte der Visionäre sein. Doch, wie gesagt, mit solchen Widerlegungen des Verstandes raubt man diesem Träumerbuche nicht seinen religiösen und poetischen Wert. Es ragt turmhoch aus der sonstigen zeitgenössischen Literatur des Okkultismus empor. R.Baerwald. „R evelations of a Spirit Medi um." Facsimile Edition with Notes, Bibliography, Glossary and Index. By Harry Price and Eric J. Dingwall. London: Kegan Paul, Trench, Trubner & Co., Ltd., New York: E. P. Dutton & Co. 1922. 8 0 . LXIV und 327 S. Mit Abb. Preis geb. 7/6 sh. Die vorliegende Neuausgabe des zuerst 1891 erschienenen anonymen Buches zeigt wieder einmal den prinzipiellen Unterschied in der Einstellung englischer und deutscher Okkultisten. Die deutschen Okkultisten verschließen zum größten Teil ihre Augen für den Betrug von Medien. Sie lassen Taschenspieler zu ihren Sitzungen nicht zu und gehen Aufklärungen von dieser Seite aus dem Wege. Sie verteidigen, offenbar aus taktischen Gründen, sogar die Echtheit von Phänomenen wie derjenigen von Kathleen Goligh er oder Eva C., die doch jetzt endlich aus einer ernsthaften Diskussion ausscheiden sollten. Den Engländern ist es mehr um die Feststellung der Wahrheit, ume die Scheidung von echt und unecht, zu tun. Unter den Mitgliedern der Londoner S.P.R. finden sich nicht wenige, die eine taschenspielerische Ausbildung genossen haben. Denn ihnen ist es längst klar geworden, daß eine soiehe erst zur Beobachtung so verdächtiger Individuen, wie es Medien im allgemeinen sind. befähigt. Dazu gehören auch die beiden Herausgeber (ler vorliegenden Schrift. Sie vertreten mit Recht den Standpunkt, daß es für jeden Forscher auf diesem heiklen Gebiet wichtig, ja notwendig ist, sich mit den taschenspielerischen Methoden der Pseudomedien vertraut zu machen. Sie haben daher nicht nur den Text des alten Buches in anastatischem Neudruck gegeben, sondern auch noch außer einer Einleitung, kurzen Kommentaren und einem Glossarium eine sehr begrüßenswerte reichhaltige bibliographische Zusammenstellung von Büchern und Zeitschriftenaufsätzen (ca. 530 Nummern) geliefert, die zum Thema des mediumistischen Betrugs Aufklärung zu geben geeignet sind. Das Buch ist in der alten Originalausgabe von großer Seltenheit, weil es gleich nach seinem Erscheinen bei Farrington & Co. in St. Paul, Minn., im Jahre 1991 von den amerikanischen Spiritisten und Medien aufgekauft und vernichtet worden ist. Der Verfasser, als welcher entweder Ch. F. Pidgeon oder Donovan in Frage kommen, war ein „Medium", das nach 20jähriger Tätigkeit aus der Schule plaudert und über die von ihm angewendeten Trickmethoden bei sog. physikalischen und psychischen Phänomenen genaue Aufklärung gibt und diese, wo nötig, an Abbildungen erläutert. Es ist also keine theoretische Darlegung von Betrugsmöglichkeiten; alle dargelegten Tricks sind vielmehr, wie der Verfasser betont, von ihm in seiner langjährigen Praxis als ,,Medium" tatsächlich und mit Erfolg angewendet worden. Das Buch bietet somit einen wertvollen Einblick in die Methoden von Schwindelmedien aus der Blütezeit des amerikanischen Spiritismus und ist auch heute noch lehrreich. Auf jeden Fall ist die Neuausgabe dankbar zu begrüßen. Und das einsichtsvolle Verhalten der englischen Okkultisten sollte ihren deutschen Kollegen zum Muster dienen. Graf Carl v. Klinckowstroem. Carl Christian Bry: „Verkappte Religionen." 4.-6. Tausend. Gotha-Stuttgart, Verlag Fr. A. Perthes A.-0., 1925. 8 0 . VIII und 250 S. Ein originelles und geistreiches Buch! „Verkappte Religionen" nennt Verf. Bewegungen, deren Hintergründe affektbetont sind: Kommunismus und Faseis-
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mus, Jugendbewegung, Zionismus, Psychoanalyse, Weltfriedensbewegung usw. Es gibt deren zahllose „von den Antibünden (mit dem Antisemitismus an der Spitze) bis zur Yoga, oder etwa von der Amor fati bis zur Wünschelrute, oder von Atlantis bis zum Vegetarianismus". Nachdem B r y in oft origineller Weise alle möglichen Bewegungen von seinem Gesichtspunkt aus unter die kritische Lupe genommen und seziert hat, hat es uns gewundert, daß er den Okkultismus (Kap. 18) nicht auch restlos als verkappte Religion erkennt. Denn besonders klar tritt die "Monomanie der verkappten Religion" in den gefühlsbetonten Polemiken der Okkultisten zutage. Verf. hat sich dadurch beirren lassen, daß hier dem Anschein nach ganz rationalistisch durchgeführte Experimente vorliegen, daß deutsche Universitätsprofessoren, wie Osterreich, für die Echtheit der in solchen Experimentalsitzungen beobachteten Phänomene eintreten, und: „die Photographie spricht". Ja, sie spricht; aber dem Kenner verrät sie mehr als dem verblüfften Laien. Eines aber erkennt der Verf. richtig: wie bedeutungslos der ganze Spuk ist. "Die Erscheinungen sind übersinnlich, aber sie sind zugleich auch vollkommen sinnlos." Dies trifft aber nur die sog. paraphysischen, nicht die parapsychischen Phänomene, auf die B r y auch an der Hand von Beispielen eingeht. Graf Carl v. Klinekowstroem. Prof. Dr. Salzer: „Augendiagnose und Okkultismus". Unter diesem Titel veröffentlicht Professor Dr. Salzer eine soeben im Verlag Reinhardt-München erschienene Schrift. Den weiten Grenzen, die einer solchen Untersuchung gezogen sind, wird der Münchener Augenarzt völlig gerecht, wenn man sich auch zuweilen bei der Lektüre etwas weniger Weitschweifigkeit wünschen möchte. Gerade Salzer ist aber zur Lösung dieses im höchsten Grade aktuellen Problems befähigt, weil er nicht zu den in ihrem Gesichtskreis engen und allem Neuen gegenüber ablehnenden Schulmedizinern gehört, dennoch aber Wissenschaftler und Forscher ist. Neben seinem Spezialgebiet, der Ophthalmologie. verfügt Salzer über reiches Wissen in den zahlreichen Grenzgebieten der Geschichte der Medizin und der modernen Metaphysik. Vielfache Anzeichen, insbesondere zahlreiche Prozeßverhandlungen kleineren Formats, lassen in letzter Zeit darauf schließen, daß die Augendiagnose, d. h. die Lehre, der zufolge ein vorzeitiges Erkennen aller organischen und unorganischen Krankheiten allein aus der Iris möglich ist, sich wieder in einem seit den Tagen des berühmten Pastors Fe lk e ungekannten Aufstieg befindet. An sich ist dieser Vorgang unschwer zu erklären: Wenn man nämlich bedenkt, daß es auch schon Augendiagnostiker gibt, die über ein mit modernsten Apparaten ausgestattetes Laboratorium verfügen, — die meisten freilich sind „höchstens mit einer Lupe bewaffnet" — so versteht man die Unsicherheit, die sich auch dos gebildeten Publikums bemächtigt. Der' triebhafte Zug von den alten Autoritäten weg zu neuen, geheimnisvolleren Mächten ist ja nicht nur auf diesem Gebiet ein Kennzeichen unserer Zeit. Es ist S alz er s Verdienst, das zerstreute Material zum größten Teil gesammelt und in diesem Buch vereinigt zu haben. Mit allen Mitteln der strengen Wissenschaft und exakten Arbeitsweise wird die medizinische Haltlosigkeit der Augendiagnose dargetan. Man hat allen Grund, der herkömmlichen akademischen Wissenschaft dankbar zu sein, wenn sie sieh dieser Dinge endlich annimmt, und zwar mit Sorgfalt annimmt, denn deredVernachlässigung oder hochmütige Ablehnung trägt ja nur bei zur Förderung der Scheinlehren und — man braucht sieh vom medizinischen Standpunkt aus nicht zu scheuen, das Wort anzuwenden — Gaukelei, denn wer schon den Glauben an das Hergebrachte einmal verloren hat, wird sieh dem Neuen um so eher zuzuneigen geneigt sein, wenn die Schulweisheit um es herumgeht und es keiner Betrachtung würdigt. Nun hat aber diese Medaille doch auch ihre Kehrseite. Der historische und metaphysische Standpunkt fördert mehr als der medizinische das Verständnis der
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Augendiagnose und läßt die, welche sie ausüben, nicht im Lichte des Betrugs erscheinen, ohne freilich ihr Vorgehen zu rechtfertigen. Betrachtet man die Entwicklung der Medizin von den Tagen an, da im Zeitalter der Hexenprozesse Horoskop, Harn- und Augenuntersuchung und dergleichen die wesentlichen Methoden des Arztes darstellten, bedenkt man dann die im engstirnigen Jahrhundert der Aufklärung eingetretene Reaktion, den Rationalismus noch der Generation unserer Väter, dann wird man eher geneigt sein. die Augendiagnostiker als. Opfer einer tiefen Tradition, einer nicht unbegründeten historischen Kontinuität zu betrachten. In diesem Lichte besehen, wird man der Augendiagnose nicht einmal — ohne sie von der Schuld medizinischer Fehlleistungen freizusprechen -- ein nützliches Moment absprechen können: sie trägt mit dazu bei zur Zerstörung eines Zeitalters, dessen Überwindung dringend geboten erscheint. Und der Okkultismus? Geht man von einem ernsten und wohldefinierten Sinn dieses Begriffes aus, so hat die Augendiagnose nichts mit ihm zu schaffen. Wie mancher gute Arzt mag freilich auch der Irisdeuter stark mit den Mitteln der Suggestion und der Hypnose arbeiten. Aber das berührt die Augendiagnose im besonderen nicht. Die Augendiagnostiker sind keine Hellseher, allein ihre Resultate beweisen es, und dann beweist es schließlich auch ihre Arbeitsmethode. Denn allen bisher aufgefundenen Bedingungen des Hellsehens in jeglicher Form widerspricht es, daß der Augendiagnostiker zu jeder Tages- und Nachtzeit bereit ist, Diagnosen zu stellen, daß er nicht daran denkt, bei seingn Patienten die an ein Medium zu stellenden Ansprüche geltend zu machen usf. Daher kann nur mit Salzer die Forderung erhoben werden, daß von seiten eines ernsi gemeinten Okkultismus entschieden jeder Annäherungsversuch der Augendiagnostiker abgelehnt werden muß. Dr. H.Dreyfuß. .
Dr.Gustav Zeller: „Okkultismus unddeutsche Wissenschaft seit Kant und Goeth e". 1. und 2 Auflage. Verlag Max Altmann. Leipzig. 1922. 40 S. Die kleine Schrift Zellers stellt einen wirksamen Protest der gegen die Gleichgültigkeit, die die offizielle deutsche Wissenschaft gegenüber der okkulten Forschung bisher an den Tag gelegt hat. Sie betont mit propagandistischem Geschick und mit Temperament, daß es sich bei dem okkulten MaterW heute nicht mehr um Möglichkeiten und Vermutungen handelt, um Dinge, die man je nach Willkür annehmen oder ablehnen kann, sondern um einen mehr oder weniger geschlossenen Komplex von Tatsachen, an denen kein Forscher, keine Wissenschaft mehr vorübergehen darf. Der geschichtliche Überblick, der den Hauptteil der Broschüre bildet, beschäftigt sich weniger mit diesen Tatsachen selbst, als mit der Beurteilung, die sie von Kant bis zu Dr iesch und Konstantin Österreich bei den wenigen deutschen Forschern von Rang. die dieses Gebiet ihrer Aufmerksamkeit würdigten, gefunden haben. Bei den zahlreichen Literaturangaben wurde auch die Zeitschriften-Literatur in ausgiebigem Maße berücksichtigt, und mancher Fingerzeig bewährt sich dabei auch für den, der sich auf diesem Felde einigermaßen zu Hause fühlt, als brauchbar. Daß der Verfasser die Gelegenheit wahrnimmt, auf die von ihm als Spiritisten empfundene und auch in seinen anderen Publikationen des öfteren nachdrücklich betonte Unzulänglichkeit der den Spiritismus ausschließenden Erklärungshpothesen hinzuweisen, sei ihm nicht verdacht; daß er sich dem stillschweigenden Übereinkommen der deutschen okkulten Forscher, H. Dur ville nicht ernst zu nehmen und nicht mehr zu zitieren, nicht anschließt, sei ihm sogar gedankt. Aber die nationalistischen Entgleisungen des Schlußabschnittes hätte er sich füglich sparen dürfen. Sätze wie der folgende: „Die Deutschen, als das philosophischste Volk der Welt, wollen philosophisch und religiös, nicht bloß politisch und sozial geführt werden, um das ihnen gesteckte Ziel, ein anderes als das der übrigen, nur auf ihren eigenen Vorteil und Gewinn bedachten Völker. zu erreichen" können nur benebeln und schaden. Eberhard Ruchne r.
Zur Frage der Biostrahlen. Von Albert Hofmann, Mehlem. Mit 4 Abbildungen.
Die Literatur des Okkultismus ist reich an Berichten über Biostrahlen. Ihre Existenz wird behauptet, aber eigentlich zu fassen waren sie nicht. Zu ihrer Erkennung war man auf die Berichte der „Sensitiven" angewiesen. Auf „Hörensagen" kann aber kein wissenschaftlicher Beweis gebaut werden, weshalb alle diese „Beobachtungen" von der exakten Wissenschaft nicht in ihren Erfahrungsschatz gebucht wurden. Seit Jahrzehnten hat dies Arbeitsfeld eine gewisse Anziehung auf mich ausgeübt, die Ergebnisse meiner Studien habe ich niedergelegt 1); kurz gesagt sind dieselben: 1. Diese Strahlen üben keine mechanischen Wirkungen aus ; soweit solche vermutet worden, sind sie auf Reaktion des Pulsschlages zurückzuführen. 2. Die photographischen Wirkungen sind keine reellen, sondern sind auf Ausdünstungen des menschlichen Körpers zurückzuführen. 3. Die Lichtwirkungen sind, soweit nicht Lichterscheinungen durch die Ausdünstungen des Körpers in Frage stehen, nicht nachweisbar. Trotzdem aber blieb ein gewisses Gefühl, es könnten doch — sagen wir einmal unverbindlich — Bioradiationen existieren und diesen nachzugehen, erschien mir nicht aussichtslos. Meine Gedanken beruhten auf dem bekannten grundlegenden Experimente des Freiherrn von Reichen b ach (Aphorismen über Sensitivität und Od. Leipzig bei Max Altmann 1913, S. 5). ,,Man fülle 2 Trinkgläser etwas über die Hälfte mit Wasser, nehme das eine rechts, das andere links in die Hand und halte sie darin ruhig fünf Minuten lang. Dann koste man das eine mit ein paar herzhaften Schlücken und eine halbe Minute nachher das andere. Dasselbe wiederhole man mit; anderen Leuten — — —. Viele Leute werden anderes nicht gewahren als geschmackloses pures Wasser. Dagegen wird jedoch eine Anzahl anderer Menschen, wohl der vierte, fünfte Teil der Gesellschaft sich anders aussprechen. Diese werden das Wasser aus der rechten Hand viel frischer, angenehmer, kühlig bis in die Eingeweide hinab, bisweilen schwach säuerlich finden ; das aus der linken wird ihnen umgekehrt laulich, abgestanden, unangenekin, fast ekelig erscheinen." An einer anderen Stelle seiner Schriften läßt v. Reich en b ach die ') Psych. Stud. 1919, Heft 9, 10, 11, 12 (auch als Separatabzug unter dem Titel: „Das Rätsel der Handstrahlen", in 2 Auflagen erschienen. Verlag Oswald Mutze, Leipzig). Die odische Lohe (Heft 11 der Okkulten Welt). Verlag Johann Baum, Pfullingen. Psych. Stud. 19e, Septemberheft „Hand und photographische Platte". Diese Zeitschrift, Heft 1 und Heft 3. Zeitschrift für Okkultismus 1. 16
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Gläser mit Wasser durch die darüber gehaltenen Hände je 5 Minuten lang bestrahlen und erreicht dasselbe Ergebnis. Oftmals — viele hundert Male — habe ich diese Versuche im Laufe der Jahre angestellt und sehr oft vorstehende Urteile von ganz Unbefangenen, von dem Wasser Trinkenden, gehört. Die Tatsache ließ sich also nicht wegleugnen, eine Beeinflussung des Wassers durch die Hand mußte also vorliegen, wenn sie auch nicht durch einen jeden davon Trinkenden erkannt werden kann. Weil ich selber die Bestrahlung mit meinen Händen vornahm, war ich in der Lage, über den jeweilig subjektiven Zustand des Strahlenden urteilen zu können. Als wesentliches Ergebnis notierte ich, daß nach Genuß von Pilsener Bier, das bekanntlich stark gehopft ist, nach Einnahme von Chinin der Geschmack des Wassers nach der Bestrahlung durch beide Hände diese spezifischen Bitterkeiten aufwies. Dabei ergab die Bestrahlung mit der rechten Hand eine gewisse angenehme Bitterlichkeit, die mit der linken eine äußerst unangenehme, mehrmals sogar zum Brechen reizende Schärfe. Dieses Ergebnis trat aber nur bei Oberbestrablung•ein, nicht bei Umfassung des Glases durch die Hand. Ein Fräulein A. K., das wiederholt sich zu diesen Versuchen herbeiließ, war in ihren Aussagen stets präzise, ohne daß irgendwie die geringste suggestive Beeinflussung durch eine Fragestellung stattfand. Auch viele andere Sensitive, die ich Gelegenheit hatte, wiederholt zu prüfen, irrten nie in der Bezeichnung der „Strahlenwirkung". Wir dürfen daraus wohl den Schluß ziehen, die eigentliche „Biostrahlung" (die dem Wasser den von v. R eic h enb ach geschilderten frischen oder schalen Geschmack verleiht) geht durch Glas hinclurch, aber die an zweiter Stelle geschilderte, bitterliche „Geschmacksfärbung" nicht. Eine interessante und bezeichnende Abänderung des Versuches entsteht durch die Zwischenschaltung einer metallischen Leitung. Als solche wurde ein 3 mm starker Kupferdraht und ein ebensolcher aus Messing verwendet. Es gelang so, den Agenten zur Eigenbestrahlung des Wassers zu veranlassen, ohne daß er wußte, welches der Gläser von seiner rechten, bzw linken Hand bestrahlt war. Zu dem Zwecke wurden in die Seitenwände einer Holzkiste zwei Löcher gebohrt von 1 1 / 2 cm Durchmesser, darin, in Glasröhren mit Paraffinfüllung, die Drähte eingeführt. Das Außenende der Drähte war durch Wickelung um eine Glasröhre zur Spirale geformt, um den Händen eine leicht greifbare Handhabe zu bieten. Der Agent nahm vor der Hinterwand der Kiste Platz, faßte die Handgriffe und nach fünf Minuten wurden ihm die bestrahlten Gläser, die er während der Operation nicht sehen konnte, zur Kostprobe gereicht. Auch dieser Versuch wurde einige 50mal mit demselben Ergebnis angestellt: Es fand nur eine Leitung der „Biostrahlen", dagegen keine Leitung der bitteren „Geschmacksfärbung" statt. Wurden auf die Gläser Papierblätter gelegt und die Oberbestrahlung angewandt, so trat der Reiche nb ach effekt (der schale oder frische Ge-
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schmack) ein, ohne jede bittere „Geschmacksfärbung" in dem entsprechenden Falle. Diese kann also durch ein dünnes Briefpapier von der „Biostrahlung" abfiltriert werden. Ein ganz besonders interessantes Ergebnis erzielte ich bei gewissen Personen: Bestrahlten diese, dann waren die Geschmackswirkungen umgekehrte. Diese Tatsache drohte anfänglich meine Anschauung umzustoßen, bis ich feststellte, es seien „Linkshänder". Deren linke Hand gab dem Wasser angenehmen Geschmack, deren rechte den bitterlichen. Auf diese wichtige Anomalie mache ich besonders aufmerksam und bitte um recht eingehende Nachprüfung. Sollte sie sieh als Gesetz erweisen, dann wäre manches andere damit geklärt, was heute noch schwankend. — — Ein weiterer Schritt auf diesem Gebiete war die Feststellung, daß diese Biostrahlung auch in die Ferne wirkt. In den Brennpunkt einer meiner bekannten paraffinierten Papiermachehalbkugeln (5. 188 dieser Zeitschrift) brachte ich das zu bestrahlende Glas Wasser. In den Brennpunkt der konaxial aufgestellten anderen Halbkugel die bestrahlende Hand. Sie war durch einen einfachen Halter an ihren Ort gehalten. Die Bestrahlung dauerte natürlich längere Zeit — etwa 15-20 Minuten, aber das Resultat war das von v. Reichenbach bezeichnete. Nun war die Grundlage gegeben und ich versuchte diese subjektiv festgestellte Verladung der Biostrahlung auch objektiv zu erweisen. Nachdem die Verladbarkeit der "Emanation" in Wasser erwiesen, lag die Aufgabe nahe, zu versuchen, ob durch Zusätze zum Wasser die Menge der darin aufspeicherbaren Emanation vergrößert werden könnte behufs Feststellung deren Eigenschaften. Zunächst wurden verschiedene Wege versucht, dieselbe zu messen oder zu wiegen, aber ein pfaktischer Erfolg blieb versagt. Schließlich kam man zur Benützung des ElsterGeitelschen Elektroskops (Fabrikant Müller Uri in Braunschweig) zum Messen des Abklingens der Ladung. Dasselbe ist mit Bernsteinisolation, Natriumtrockenvorrichtung und mit Spiegel ablesung versehen ; es ersetzt also ein Elektrometer. Wird es auf 175 Volt geladen (Teilstrich 23), so verliert es im Laboratorium etwa 4,5 Volt per Stunde. Mit einer emanierenden Hand bestrahlt, war es innerhalb einer Minute auf 50 Volt (Teilstrich 4) entladen. Wenn man diese Methode adoptieren wollte, so mußten Normalgefäße geschaffen werden zur Aufnahme der Emanation, die — da Glas für dieselbe durchlässig — mit einer geeigneten Isolation versehen werden mußten, um den Ladungsverlust durch Übergang durch die Glaswandung möglichst zu verhüten. Auch bei diesem Suchen wurden erst manche Irrwege eingeschlagen, bis man das Richtige traf. Wir benutzen einfache Medizinalflaschen von 100 ccm Inhalt, die nach Abb. 1 in Papphülsen von 8 cm Durchmesser und 15 cm Höhe einparaffiniert wurden. Dies Einbetten hat mit Vorsicht zu geschehen. Zu-
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nächst gießt man auf den Boden der Hülse eine Schicht nur eben über den Schmelzpunkt erwärmten Paraffins von 2 1 / 2 cm Höhe. Ist sie erhärtet, was immer eine geraume Zeit verlangt, dann stellt man die Flasche darauf und befestigt sie mit drei kleinen Holzkeilen am oberen Rande, um ihre zentrale Stellung in der Hülse zu sichern. Nun stellt man einen Eisenstab, etwa 250 g schwer, durch den Hals in die Flasche und füllt den leeren Raum zwischen Hülse und Flasche in 2-3 Güssen voll, immer mit Paraffin, das nur 2 30 höher erwärmt ist, als dem Erstarrungspunkte entspricht ; am Schlusse entfernt man die drei Holzkeile und füllt ihren Platz mit Paraffin aus. In den Deckel gießt man ebenfalls eine 1 1 / 2 ein hohe Schicht von Paraffin. Nach 8 Tagen Ruhe ist die Vorrichtung gebrauchsfertig. Den Flaschenhals schließt man mit einem gut paraffinierten Korken.
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Abb. 1.
Zu meinen tastenden Versuchen bereitete ich Lösungen von 100 g Wasser mit jeweils einem Gramm von Bariumnitrat, Urannitrat, Bleinitrat, 3 Salze, die besonders aufnahmefähig sich erwiesen hatten. In diesen Flaschen hält sich eine Verladung nun ganz geraume Zeit, ohne wesentlichen Verlust. Will man laden oder messen, dann ersetzt man den Verschlußkorken und den Hülsendeckel durch einen andern, der in der Mitte durchbohrt ist und dort ein Glasröhrchen trägt. In dieses ist mittels hartem, geschmolzenem Schellack ein rechtwinkelig gebogener Kupfer- oder Messingdraht eingekittet, derselbe trägt an dem freien Ende eine vergoldete Kugel von 5 mm Durchmesser. Man verlädt die Emanation durch Berühren der Kugel mit den Fingerspitzen. Bei vergleichenden Versuchen läßt man zwei Personen zwei gleich vorgerichtete Flaschen je 20 Minuten lang laden -- nicht länger, weil oftmals die Strahlung nur intermittierend zu haben ist. --
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Zur Messung der Ladung läßt man den Goldknopf 1 Minute lang in 1 cm Abstand auf das geladene Elektrometer wirken und bestimmt den Ladungsverlust desselben. Dabei wird angenommen — bis auf weiteres dürfte dies zulässig sein —, daß die Ladung der Emanationsflaschen um so stärker ist, je weiter der Spannungsverlust des Elektrometers unter ihrem Einflusse geht. Man kann auch eine Entladungskurve aufzunehmen versuchen, indem man die Ladungsflasche mittelst einer Schnur mit der Erde in Verbindung bringt und alle 5 Minuten feststellt, wie weit die Zerstreuungsfähigkeit auf das geladene Elektrometer gesunken. Eine aufgeladene Flasche blieb mit dem eingeführten Drahte au dem Laboratoriumstische stehen. Sofort gemessen ergab sie ein Zerstreuungsvermögen von 175 Volt auf 50 Volt, nach 1 Stunde von 175 „ nach 2 Stunden von 175 „ ca. 90 nach 4 Stunden von 175 „ ca. 110. nach 6 Stunden von 175 „ ca. 125 nach 24 Stunden war sie vollkommen entladen. Ähnliche Versuche müßten in einer Anstalt wiederholt werden, woselbst zugleich über die Versuchspersonen eine stete Kontrolle ausgeübt werden kann. Gelegentliche Messungen, wie ich sie z. B. als Privatmann vornehmen kann, können über die Zusammenhänge der Emanierfähigkeit mit dem Gesundheitszustande, den etwa genossenen Narkotika usw. keinerlei Aufschluß geben, und es sind gerade diese Zusammenhänge, die allein Interesse einflößen können. Dabei würden die Verladeverhältnisse verschiedener Salzlösungen bestimmt werden, aber auch reine Säuren und Alkalien mit in Betracht genommen werden. Vorläufig arbeitete ich mit den Nitraten von Barium, Blei und Uran, die verschiedene Aufspeicherkoeffizienten haben. Als einfacher, aber unbezweifelbarer Beweis für die Existenz der „Strahlen" diene folgender Versuch : Auf ein Glasplättchen von 22 X 22 mm Seite wurde ein Blatt Stanniol von 20 x 20 min geklebt. An zwei einander gegenüberliegenden Ecken wurden Drähte von 0,2 mm Stärke angelötet 1). Mittelst eines ') Das Löten von Stanniol geht nicht leicht, trotz der Anwendung von „Tinol", einem sehr leicht fließenden Lote. Deshalb rate ich zu einer anderen Befestigungsmethode, die keinerlei besondere Handfertigkeit erfordert. Man läßt an beiden Ecken des Stanniolplättchens davon ein Stück 5 X 10 mm groß überstehen. Diesen Lappen wickelt man 2-3mal um den Leitungsdraht, biegt das überstehende Ende (5 mm) zurück und verkupfert alsdann diese Stelle in einem gewöhnlichen elektrolytischen Bade, und zwar erst die eine Ecke, dann die andere Ecke. Diese Verbindung ist vollständig einwandfrei und dauernd brauchbar.
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scharfen Schnittes wurde der Stanniolbelag getrennt (unter dem Mikroskop gemessen war dessen Breite 0,04 mm). Auf die Rückseite des Plättchens wurde ein Medizinalkork geklebt und in dessen Durchbohrung ein Draht als Träger gesteckt. Dieses, so geschaffene neue, Apparatenelement wurde in einen Stromkreis eingeschaltet (Abb. 2).
I, - Lotstellen , did2-Ableibingsdrähte K= .ffinicem,auf den,das alasplattchen geklebt ist .11 = Hall , iiralzt
Zwei Elemente Leclanche, aperiodisches Drehspulengalvamometer (Ga) und Plättchen A. Mein Galvarometerwert = 2.5 x 10-8 Ampere pro Skalenteil (Abb. 3). Eine zufällig vorhandene Blechdose von 24 cm Durchmesser und 10 cm Höhe wurde mit Paraffin ausgegossen und nach dem Festwerden der Füllung darin eine Kugelkalotte ausgedreht. Sie hatte 10 cm Radius und 8 cm Tiefe, ihr Mittelpunkt lag also 2 cm vor ihrer Fläche, ihr Brennpunkt 4 cm von der Paraffinkalotte.
Ga, Leitungssehena, Abb. 3.
Plättchen A wurde auf seinem Fuße so eingestellt, daß die Trennungslinie der beiden Stanniolbeläge genau in der Achse des aufrecht gestellten Paraffinhohlspiegels B (Abb. 3 a) Ein Brett 0, mit einem Loche von 4 cm Durchmesser, wurde etwas weiter davon vertikal aufgestellt und diente zur Haltung der Fingerspitzen der zu prüfenden Person. Das Brett war natürlich stark paraffiniert, um eine Ableitung der Emanation zu verhüten. Die Abbildung 3a ist ohne weiteres verständlich. Das Brett stand 70 ein vor der Dose, in welcher der Hohlspiegel gebildet war und das Element A war leicht an seinen konjugierten Platz gebracht.
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Die Strahlen der Fingerspitzen werden durch den Hohlspiegel auf die Trennungslinie der Stanniolhälften geworfen und überbrücken dort die Unterbrechung des Stromkreises. Das Galvanometer gibt einen Ausschlag, der direkt als Maß für die Stärke der emanierenden Kraft dienen kann. Diese Anordnung kann als Kondensator betrachtet werden, der fortwährend durch die elektromotorische Kraft der Stromquelle aufgeladen wird und nun durch die auffallenden „Biostrahlen" entladen wird. Den Versuch habe ich auch derart angestellt, daß an Stelle der beiden Leclanche - Elemente eine Anodenbatterie genommen wurde. Die Aufladung des Stanniolkondensators betrug einmal 30 Volt, 60 Volt und 90 Volt ; die Angaben des Galvanometers waren aber bei diesem Versuche keine andern als vorher. Diese Versuchsanordnung schützt vor dem Einwurfe, daß mitemanierte Hautausdünstung die tberbrückung bewirke, denn diese Feuchtigkeit
Axe
0 m #
Abb. 3 a.
wird sich in der Luft auflösen und kann nicht auf die andere Seite des Plattchens A wirken. Um aber dem bezeichneten Einwurfe noch gründlicher zu begegnen, wurde an Stelle der Hand in das Loch des vertikalen Brettes eine Porzellanschale gebracht, in der ein Schwamm mit lauwarmem Wasser lag. Derselbe wirkte auf die Unterbrechung auf der Glasplatte in keiner Weise ein, wie der Stillstand des Galvanometers zeigte. Bei einigen Personen war der Ausschlag des G-alvanometers h tempo zu beobachten ; bei andern dauerte es einige Sekunden, bis die angestrahlte Emanation zur Überbrückung ausreichte. Ein Hr. Sch. gab 2° Ausschlag, ein Hr. F. 50, ein Frl. R. 6 1/ 2 0 , ein Mädchen von 16 Jahren (noch ohne Menses) =- 22'/ 2 °. Selbstverständlich bildet die Zahl der Personen, die keine Emanation zeigen, die große Masse 1). 1 ) Ob man diese Zahlen direkt als Maßstab dienen lassen kann, oder man daraus erst eine korrigierte Zahl abzuleiten habe, soll später untersucht werden. (Verf.) Anmerkung bei der Drucklegung: Nachdem die Menses eingetreten waren, konnte eine nochmalige Prüfung vorgenommen werden. Der Ausschlag des Galvanometers war jetzt kaum 1 °.
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Experimentalpsychologische Untersuchungen zur Prüfung der Kontrollbedingungen bei okkultistischen D unkelsitzungen. Von prakt. Psychologen, Dozent Dr. R. W. Schulte, Leiter der Psychotechnischen Hauptprüfstelle für Sportund Berufskunde u. a. Laboratorien, Berlin. Mit 2 Abbildungen. In meinen „Kritischen Betrachtungen zum Problem des Okkultismus" in Heft 3 der „Zeitschrift für Okkultismus" wurden diejenigen Forderungen von uns erhoben, die vom Standpunkte der experimentellen Psychologie aus allen wissenschaftlichen Kontrollen bei okkultistischen Versuchen zu Grunde gelegt werden müssen. Die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Versuchskontrolle istletztenEndes ausschlaggebend für den empirischen Nachweis und für die Diskussion parapsychologischer Phänomene. Sobald der Anspruch an einen herantritt, eine neue und bisher nicht erklärbare Tatsache anzuerkennen oder zu ihr Stellung zu nehmen, wird es sich zunächst darum handeln, zu untersuchen, ob diese Tatsache eindeutig nachprefbar, zuverlässig und objektiv besteht. Es ist deshalb erforderlich, daß von denjenigen Forschern, die für das Bestehen okkultistischer Phänomene eintreten, der Wahrheitsbeweis nach den Regeln und Gesetzen der wissenschaftlichen Methodik und Lo gik angetreten wird. Die Wissenschaft fordert zu diesem Zwecke den Nachweis zwingender und stichhaltiger Vorsichtsmaßregeln, die mit absoluter Sicherheit jede andersartige, natürliche Erklärung als die durch übersinnliche Kräfte ausschließen. Aus diesem Grunde wird von den okkultistisch eingestellten Forschern versucht, die Eindeutigkeit, unbedingte Zuverlässigkeit und den Ausschluß aller Fehlermöglichkeiten zu erstreben, oder ihr Fehlen wird von der kritisch dazu Stellung nehmenden Gegenseite beanstandet. Wenn man die okkultistische Literatur gerade der bekanntesten Namen aufmerksam nicht nur liest, sondern bis in ihre Einzelheiten sorgfältig studiert, so gelangt man als natur- und geisteswissenschaftlich orientierter, unbefangener Empiriker, besonders aber vom fachpsychologischen Standpunkte aus, zu dem Schluß, daß ein eigentlich experimenteller Nachweis okkulter Phänomene nach den in der Bewußtseinswissenschaft üblichen methodischen Grundsätzen nur äußerst selten in Frage kommt und daß auch die Genauigkeit und Einwandfreiheit der Kontrollbedingungen bei okkultistischen Sitzungen außerordentlich primitiv und antiquiert erscheint. Wir sagen dies ganz ohne jede negativistisehe Einstellung, vielmehr unter nachdrücklichem Hinweis darauf, daß vielfache Rücksprache mit Okkultisten die Notwendigkeit unserer Forderung unterstrich, stets nur mit den dem jeweiligen Stande der Wissenschaft angemessenen modernsten und zuverlässigsten Methoden zu arbeiten. Der Tatsachenbeweis von okkultistischer Seite oder der Gegenbeweis von kritisch eingestellter Seite kann und sollte niemals durch aprioristische Ablehnung, durch Wortoder Spiegelfechtereien oder durch Polemik entschieden werden. Die von den Okkultisten behaupteten und von der Gegenseite geleugneten Probleme und Tatsachen — wenn man sie (im Gegensatz zur Ansicht vieler bedeutender Forscher) überhaupt der wissenschaftlichen Diskussion für wert hält (wozu unserer Ansicht nach der Fachmann nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat) — verdienen eine ganz streng sachc h und neutral eingestellte Untersuchung von größtmöglicher Ob j ek tivi tät. Allein in diesem Sinne, das möchten wir gleich am Anfang unterstreichen, sind unsere Untersuchungen über die Genauigkeit der Kontrollbedingungen bei okkultistischen Dunkelsitzungen aufzufassen. Erfreulicherweise ergab denn auch die
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Diskussion im Anschluß an meinen Vortrag in der Berliner Arbeitsgemeinschaft für praktische Psychologie von allen Seiten durchaus das Bild einer Bereitschaft zu rein sachlicher Erörterung des okkultistischen Fragenkomplexes. Vielleicht ist es nicht unwesentlich, zu bemerken, daß ich, selbst aus einer westfälischen sog. „Spökenkieker"-Familie stammend, der man die Fähigkeit des „zweiten Gesichts" zuschreibt, von Jugend auf mit einem starken Hang zum Romantischen, Metaphysisch-Philosophischen und Mystischen begabt, der sich auch in literarischen Arbeiten ausprägt, manche Berührung mit dem Gebiet des Okkultismus gehabt habe und deshalb glaube, vom rein sachlich-empirischen Standpunkte aus einen Teil meiner Erfahrungen im folgenden wissenschaftlich zu schildern. Für den objektiven Nachweis oder die kritische Ablehnung der von den Okkultisten behaupteten Tatsachen müßte es eigentlich unerläßlich sein, festzustellen, welchen Wert die üblichen Berichte über mediumistische Sitzungen haben. Ferner wäre zu untersuchen, ob Phänomene von der Art der in okkultistischen Sitzungen vorkommenden auch auf einem anderen natürlichen Wege, etwa durch die Geschicklichkeit eines Taschenspielers, hervorgeruf en werd en können.
1. Die ersten wichtigen Untersuchungen auf diesem Gebiete sind vor etwa 40 Jahren von Dr. Richard Hodgson und S. J. Davey, Mitgliedern der Londoner „Society for Psychical Research", vorgenommen worden (vgl. S. 205 dieser Zeitschrift); und zwar ergab sich bei diesen umfangreichen Untersuchungen, über die z. B. in dem Buche „Der physikalische Mediumismus" (LTUsteinverlag Berlin, 1925) ausführlich berichtet wird, daß die Berichte gläubiges Spiritisten wertlos sind, und daß es Davey, einem sehr gewandten Am ateur-Taschenspiel e r, in zahlreichen Fällen gelang, die schwierigsten, sonst in okkultistisehen Sitzungen vorkommenden Phänomene, darunter Erzeugung von Schrift innerhalb einer verschlossenen Doppeltafel, zu produzieren, ohne daß gewandte Sitzungsteilnehmer die Möglichkeit einer Erklärung fanden; selbst Berufsta:chenspieler wurden getäuscht. Interessant ist bei diesen Versuchen die Verfolgung des Protokolle, die von den einzelnen Sitzungsteilnehmern getrennt abgegeben wurden, wobei sich ganz erhebliche Differenzen der Wahrnehmungszuverlässigkeit ergaben. Die Bedeutung der Ta s ch e nsvpielerei für die Aufklärung betrügeriecher spiritistischer Manipulationen steht ja im Mittelpunkt der ganzen Diskussion. Die Tatsache, daß ein bestimmtes okkultistisches Phänomen auch durch Taschenspielerei erzeugt zu werden vermag, wird natürlich dem Gesichtspunkt der Eindeutigkeit behaupteter Tatsachen widersprechen und zur äußersten Vorsicht mahnen. In der Arbeitsgemeinschaft für praktische Psychologie in Berlin hat vor einiger Zeit der Amateur-Taschenspieler Helmuth S chr eiber vor einem hauptsächlich aus Fachwissenschaftlern bestehenden Publikum eine ganze Reihe von Demonstrationen, wie er sagte: „dazu noch sehr einfacher Art", veranstaltet. Es zeigte sich, daß selbst bei in voller Beleuchtung leicht kontrollierbaren Manipulationen der gesamte Kreis von Fachleuten durch die Geschicklichkeit getäuscht wurde. Mir selbst als, wie ich glaube, nicht ungewandtem Experimentator erging es dabei nicht besser: Die Psychologie des Taschenspielers ist so raffiniert psychologisch, daß auch ein Fachpsychologe, ohne die Möglichkeit häufiger Wiederholung, dabei nicht nur aufs Glatteis geführt werden kann, sondern mit fast absoluter Sicherheit auch tatsächlich getäuscht wird. Offenbar spielen dabei neben der Pfandgeschicklichkeit und der Schnelligkeit der Bewegungsausführung hauptsächlich Erwartungstäuschungen des menschlichen Urteil s über das Verhältnis von Ursache und Wirkung eine besondere Rolle. Vielleicht beruht der große Erfolg des Taschenspielers im wesentlichen auf der Erzielung einer falschen oder falschgerichteten Wahrnehmung, Kombination und Logik. Die Methodik der Untersuchung okkultistischer Phänomene ist in dem genannten Buche über die Grundlagen des physikalischen Mediumismus von
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v. G ul at -W ellenburg geschildert worden. Leider hat sich bisher die Fachpsychologie nur allzuwenig mit der kritisch, objektiv und empirisch eingestellten Untersuchung mediumistischer Erscheinungen abgegeben. Im Gegenteil hält es die psychologische Fachwissenschaft vielfach für unter ihrer Würde, sich auf den Tummelplatz von ungewissen, unbewiesenen, unverstandenen, übertriebenen und betrügerischen Erscheinungen zu begeben. Im Gegensatz zu dieser Anschauung halten wir es für unsere Pflicht, wegen der großen sozialen und öffentlichen Bedeutung der in Frage stehenden Probleme vom psychologisch-fachwissenschaftlichen Standpunkte zu ihnen Stellung zu nehmen. Soweit sich experimental-psychologische Wissenschaftler mit Rang und Namen mit der Nachprüfung von okkultistischen Phänomenen, insbesondere physikalischer Art, befaßt haben, sind die Untersuchungen durchweg negativ ausgefallen. Besonders die Versuche von Geheimrat Marbe in Würzburg zur Psychologie der Wünschelrute, über Gedankenlesen und Hellsehen, weiter von Geheimrat Sommer, Gießen, von Prof. Henning in Danzig, von Prof. Becher in München usf. bestätigen dies. Wir haben bereits ein Fragezeichen dahinter gesetzt, wenn die Okkultisten ihre Feststellung als mit experimenteller oder nur überhaupt empirischer Genauigkeit gewonnen bezeichnen. Wir haben in unserem eingangs erwähnten Aufsatz auch nachdrücklich Beschwerde darüber geführt, daß diejenigen Kreise, die sich vom positivistischen Standpunkte aus mit der Beobachtung und Kontrolle okkultistischer Phänomene beschäftigen, nicht nur mitunter, sondern unserer Kenntnis nach fast stets die Beschäftigun g mit der Psychologie, insbesondere der praktischen, und die Kenntnis der einfachsten und wichtigsten grundlegenden psychologischen Tatsachen vernachlässigen. Bei der Erforschung okkultistischer Phänomene haben wir es mit einem so strittigen und höchste Verantwortung erfordernden Gebiet zu tun, daß man sich ganz besonders darüber wundern muß, wie selbst Forscher von Rang glauben, das Gewicht und die Bedeutung ihres Namens könne die Subjektivität ihrer Meinung ausgleichen, und vermeinen, vor Sinnestäuschung, ungenauer Beobachtung und falscher Logik sicher geschützt zu sein. Die soeben erschienene ausgezeichnete kleine Schrift des Sanitätsrates Bruhn über „Gelehrte in Hypnose" (Hamburg, Parus-Verlag, 1926) ist ein treffender Beleg für dieses „document hurnain". Wir haben den Eindruck, daß sehr viele, sonst durchaus glaubwürdig und gewissenhaft eingestellte Forscher die Möglichkeit einer Täuschung nicht eher zugeben, als bis sie ihnen auf experimentelle Weise ad oculos demonstriert wird. Wir glauben, daß auch die folgenden Darlegungen und Ergebnisse manchen einseitig eingestellten Betrachter der Dinge nicht so überzeugen werden, wie es im Interesse der sachlichen Aufklärung der Wahrheitsfrage wünschenswert wäre. Allen diesen Persönlichkeiten täten dringend einige einfache und schlagkräftige Versuche in einem psychotechnischen Laboratorium nötig, wie ich eie anläßlich meines Vortrages in der methodisch allereinfachsten Weise vor einem aus Fachwissenschaftlern zusammengesetzten Auditorium demonstrieren konnte. Es ist dabei zu bemerken, daß ebenso, wie es mir als Fachpsychologen gelang, die dabei anwesenden Fachleute, insbesondere Nervenärzte, Mediziner usf. zu überrumpeln, es auch anderen Versuchsleitern ohne weiteres gelungen wäre und in den meisten Fällen gelingen wird, mich selbst zu täuschen. Die große kritische Stelle, die „Achillesferse" des ganzen Problems, liegt eben in der Subjektivität der Bewußtseinsvorgänge, auf die Beobachtung, Wahrnehmung und logische Verarbeitung okkultistischer Phänomene gegründet sind. Die zahlreichen Zuhörer meines Referates, die Fachpsychologen dabei und die Pressevertreter, können es bezeugen, daß in wenigen Minuten, durch zweckentsprechend gewählte Versuche, mit Hilfe etwa des Schnellblickprufers, in ganz simpler Weise der Nachweis geführt werden konnte, daß es kaum zwei Individuen von gleicher B eobachtungszuverlässigkeit gibt, sondern daß alle verschieden gut oder
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verschieden schlecht (wie man es nimmt) beobachten. Ferner konnte mit der größten Eindeutigkeit, unter Zuhilfenahme eines ganz einfachen Reaktionsprüfers, der Beweis geführt werden, daß es dem menschlichen Bewußtsein unmöglich ist, in Bruchteilen einer Sekunde, mit voller Klarheit verschiedenartige Apperzeptionsobjekte gleichzeitig zu beobachten. Ja, es gelang sogar, ebenfalls mit ganz einfachen Hilfsmitteln, darzutun, daß auch b ei längerer Beanspruchun g, und vielleicht gerade da, eine Verteilung derAufmerksamkeit, selbst bei E in ub ung auf verschiedene und besonders verschiedenartige Tatbestände, auß e rordentlich erschwert und beinahe unmöglich ist. Eine einzige Frage, eine Verzögerung des Vorsignals bei Reaktionsversuchen, besonders aber schon geringe Schreckreize, suggestiv wirkende Instruktionen und endlich besonders die Erzeugung von gefühlsstarken Vorstellungen und Affekten, vermögen sofort die klare Auffassung und Beobachtung der Versuchs-, in diesem Falle der Kontrollperson, auf das wesentlichste zu beeinträchtigen. Ich möchte, genau wie ich es auf dem Gebiete der Zeitmessung für Sport und Verkehrswesen angeregt und durchgeführt habe, ganz besonders auch für okkultistische Forscher eine Eignungsprüfung und besonders das Anlernverfahren zur eigenen Kontrolle auf das dringendste empfehlen, besonders aber den Rat geben, daß ein jeder, und gerade der wissenschaftlich eingestellte Forscher, der sich mit dem Problem des Okkultismus beschäftigt, zuvor im psychologischen Laboratorium sich selbst untersuchen und die grundlegenden Verhaltungsmaßregeln erklär en läßt. Jeder, der das Gebiet kennt, wird mir bestätigen, daß manchem dabei die Augen aufgehen werden. Beim Okkultismus handelt es sieh um so dif f iz i 1 e Psy ch o p h än o m en e und um so schwer durchfuhrbare psychologische Kontrollmaßnahmen, daß die Forderung, bei jeder ernst zu nehmenden okkultistischen Kontrolisitzung einen oder mehrere Fachpsychologen hinzuzuziehen, noch viel zu gering erscheint. Das Ideal ist unbedingt, das menschliche Bewußtsein überhaupt gänzlich auszuschalten, seine vielfachen und vor allem nicht immer bekannten Fehlermöglichkeiten mit Sicherheit auszuschließen und an die Stelle des besonders in kritischen Situationen unzuverlässigen, menschlichen Bewußtseins eindeutige und rein mechanisch und automatisch arbeitende, gesicherte technische Vorrichtungen möglichst mit räumlicher und zeitlicher Registrierung des Tatsachenverfaufes und am besten mit mehrfacher gegenseitiger selbsttätiger Kontrolle zu verwenden. Ich habe im Gespräch mit Okkultisten vielfach darauf hinweisen können, daß nicht der Schein einer exakten wissenschaftlichen Kontrolle in Form eines „parapsychologischen" „Laboratoriums" oder eines Aufwandes von Apparaten das Wesentliche sei und daß auch die Vielheit der Kontrollbedingungen nur pseudowissenschaftlich und deshalb nicht maßgeblich sei, sondern daß es darauf ankommt, die kritischen Punkte der Kontrolle physikalisch und psychologisch mit unbedingter Sicherheit zu erfassen und hier jede Möglichkeit eines andersartigen Zustandekommens zu vernichten. Wenn wir uns erinnern, mit welcher ungeheuren und immer wieder raffiniert gesteigerten Genauigkeit die chemischen Laboratorien gegenwärtig die behauptete Transformation von Quecksilber in Gold nachprüfen und wie außerordentlich widersprechend hier infolge der von mancher Seite angenommenen noch bestehenden Unzuverlässigkeit der Kontrollbedingungen die Ergebnisse sind, so werden wir das M oll sehe Postulat durchaus unterschreiben müssen, daß es nicht genüge, von 60 Löchern eines Siebes 59 zu stopfen und durch das letzte dem Betrug, dem Zufall oder einer natürlichen Entstehungsweise eine Möglichkeit offen zu lassen. Vielleicht werde ich in einer späteren Arbeit Möglichkeiten und Forderungen für eine exakte wissenschaftliche Kontrollmethodik bei okkultistischen Dunkelsitzung en vorschlagen. Ihre größte Bedeutung sehe ich in der absolut zuverlässigen Ausschaltung der in der mangelhaften Beschaffenheit des menschlichen Bewußtseins gelegenen Täuschungs- und
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Fehlermöglichkeiten. Zu deren Aufdeckung und Klärung sollen unsere Ausführungen und Versuche einen Beleg bieten. Einen ausgezeichneten Beitrag über gewisse psychologische Vorbedingungen, die auch bei den okkultistischen Phänomenen eine Rolle spielen, hat ein Schüler von Marbe, Dr. H. Klein t, in einer im „Archiv für die gesamte Psychologie" 1925, Bd. 51, Heft 3/4, veröffentlichten Arbeit „Über den Einfluß der Einstellung auf die Wahrnehmung" gegeben. Die Ergebnisse und Bemerkungen sind so wichtig, daß wir einige Punkte aus den Kleint schen Gedankengängen herausgreifen. Die Psychologie des Okkultismusgläubigen ist vielfach als Problem gestellt worden. K 1 eint widmet dem Einfluß dieser sog. „E inst ellun g" auf die Wahrnehmung sein besonderes Interesse und weist darauf hin, daß die Einstellung besonders dann die Ergebnisse der Wahrnehmung nach einer bestimmten Richtung hin beeinflussen kann, wenn sie besonders intensiv und gefühlsbetont oder aber durch häufige Wiederholung ausgezeichnet ist. In dieser Hinsicht zeigt eine besondere „Einstellung": der Lehrer, der auf ein bestimmtes Fach eingestellt ist, ein Sammler, der nur auf einen bestimmten Gegenstand sich einstellt, ebenso wie der Optimist neu an ihn herantretende Ereignisse und Dinge infolge seiner Einstellung ganz anders auffaßt als ein Pessimist usf. Ebenso unterliegt natürlich der Einstellung auch der Okkultist oder Okkultistengegner, der sich durch seine Meinung oder deren Publikation in einer ganz bestimmten Richtung festgelegt und nun gewissermaßen in psychischem Sinne „Scheuklappen" hat. Wir selbst möchten anfügen, daß die Tatsache der s . Gedankenübe rtragung durch gleichzeit:ge und in gleicher Richtung gehende Einstellung in den meisten Fällen unschwer zu erklären ist. Jedenfalls konnten wir einige psychologisch unerklärliche Fälle von „Telepathie" unschwer durch die psychologische Wirkung dieser Einstellung uns verständlich erscheinen lassen, während wir bisher immer noch den Standpunkt eines „ignoramus" hatten einnehmen müssen. Der Einfluß der Einstellung erzeugt häufig Wahrnehmungen, die das besonders subjektive Moment der Il lusion in sich tragen. Bei der Illusion entspricht der Charakter der Wahrnehmung in nur geringem Grade dem äußeren Sirnesreiz, der bei hochgesteigerter Illusion, die dann in Halluzination übergeht, ganz oder fast ganz zu fehlen pflegt. Unzählige Fälle in der Literatur, vor allem des Mittelalters, bringen eine Fülle von Trugwahrnehmungen, die insbesondere bei unnatürlichen körperlichen oder geistigen Verhaltungsweisen, bei Fasten, Selbstgeißelung, einseitiger Vorstellungsrichtung, ungenügendem Schlaf usf. gehäuft auftreten können. Die Häufigkeit des gleichzeitigen Vorkommens derartiger Erscheinungen bei mehreren Personen beweist nichts gegen dieses Phänomen, sondern zeigt gerade, wie stark infolge der gesteigerten Suggestivwirkung die Einstellung in massenpsychologischer Hinsicht werden kann. Beim Betrachten eines Christusbildes in Spanien sahen viele Wallfahrer Schaum auf den Lippen, Tränen im Auge, Blut an den Schläfen usf., während andere wieder zu gleicher Zeit trotz Benutzung von Ferngläsern und trotz gespannter Aufmerksamkeit nichts Derartiges sehen konnten. Lazarus berichtet von einem Fall, wo die ganze Besatzung eines Schiffes einen Koch, der einige Tage vorher gestorben war, hinkend auf dem Wasser herumgehen sahen. Später erwies sich dieses Trugbild als Wrack, das auf den Wellen schaukelte. In der schönen Literatur finden sich zahlreiche Beispiele derartiger durch Einstellung in bestimmter Richtung hervorgerufener Illusionen. Ein besonders klares und drastisches Beispiel will ich selbst anführen. In einer unserer Versuchssitzungen über die Experirnentalanalyse bei okkultistischen Kontrollen hatten wir sehr angeregt über allerhand unheimliche Erscheinungen gesprochen. Als ich abends nach Hause kam und in mein unerleuchtetes Zimmer trat, sah ich mit einem ziemlichen Schreck, wie eine dunkle Gestalt vor dem durch eine Laterne von außen beleuchteten Fenster zu Boden glitt. Nach der Bruchteile einer Sekunde währenden Überraschung erwachte das naturwissenschaftliche und in diesem Falle besonders aktuelle Interesse an dem Kausalzusammenhang, und in kurzem hatte ich auch schon die Erklärung. Es war Herbst und vor der Laterne fielen in langen Abständen einzelne Blätter von den Bäumen hernieder. Durch die divergenten Lichtstrahlen der Laterne wurde der Schatten eines
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Blattes erheblich vergrößert gegen das Fenster geworfen und konnte so eine Il lusion von ausgesprochen unheimlichem Charakter erzeugen. Weiter habe ich in der Zeit der gehäuften Dachstuhlbrände in Berlin abends mehrfach feststellen können, daß Straßenpassanten behaupteten, aus einem bestimmten Hause Rauch und Feuer aufsteigen zu sehen, was sich dann nachher als Sinn estäuschung infolge der bestimmten Einstellung erwies. Hunderte oder vielleicht Tausende von Fällen ließen sich aus dem Felde berichten, wo die Soldaten nachts glaubten, Feinde festzustellen, und besonders auf Horchposten und im Schützengraben usw. einfach darauf losknallten. Von meinem Schwager wurde mir z. B. ein Fall berichtet, wo ein nächtlicher Überfall auf die Russen in der Sumpfgegend der Schtschara dadurch vereitelt wurde, daß einer seiner Soldaten plötzlich Gegner zu sehen glaubte und schoß. Man erinnere sich auch der Massenpsychose der „Spionenfurcht" in den ersten Kriegswochen. Besonders häufig treten diese durch zahllose Beispiele des täglichen Lebens zu erweiternden Fälle dann auf, wenn die Wahrnehmung in d er Dunkelheit erfolgt. Geheimrat So mm er konnte mittels einer Leuchtmaske, die aus Papier, Schleiergewebe und Schwefelkalzium zusammengesetzt war, den Eindruck einer Geistererscheinung hervorrufen. Bekanntlich sieht die Anthroposophie St ei ne rs durch das sog. geistige Schauen alle möglichen Gestalten, die für jeden unbefangenen Menschen und vor allem den Psychologen den Eindruck allergrößter Subjektivität machen müssen. Schon nach allen diesen Bemerkungen erscheint es wunderbar, daß das unter den — psychologisch gesprochen — günstigsten Bedingungen erfolgende Auftreten von okkultistisch ui Phänomenen eigentlich längst nicht eine so große Sache darstellt wie die viel bedeutenderen Produktionen eines geschickten Taschenspielers, die in vollstem Licht ausgeführt werden und zu denen erschwerend der Umstand hinzutritt, daß jeder sich mit höchster Konzentration bemüht, hinter den Trick zu kommen. Auch die sog. Kristallvision en auf parapsychologischem Gebiete gehören hierher. Ferner liefert vor allem die forensische Psychologie zahlreiche Beispiele von Illusionen. Besonders berichtet Mar b e über mehrere Fälle, wo zufällig im Walde befindliche Menschen für Wild gehalten und angeschossen wurden. Jeder, der einmal auf dem Anstand gesessen hat, weiß, wie groß das Jagdfieber als „Einstellung" brennen kann. Klein t führt in seiner Arbeit eine Reihe von interessanten Beispielen an, von denen wir nur das folgende (nach Hellwig) wiedergeben wollen. Nach einem ehelichen Zwist läuft eine Frau erregt weg. Einige Zeit darauf hört der betreffende Ehemann Lärm und erfährt, daß eine Frau in den in der Nähe fließenden Fluß gesprungen sei. Die Frau wurde ans Land gezogen und der Mann erkannte mit Bestimmtheit'seine Frau. Als er sich jedoch später in das Schlafzimmer begibt, findet er dort seine Frau schlafend. Die gefühlsmäßige Einstellung hatte in diesem Falle trotz heller Lampenbeleuchtung und trotz fehlender Ähnlichkeit den Mann und außerdem drei Geschwister von ihm stundenlang in diesem Irrtum gehalten. In der Kinderpsychologie und vor allem auch in der Tierpsychologie spielt die Einstellung eine wichtige Rolle. Bekannt ist ja das Beispiel der sprechenden Hunde, wo Pf ungst zu dem Schluß kommt, daß nicht der Hund das vermeintliche Wundertier ist, sondern der Mensch als Opfer der Illusion. Erinnert sei ferner an die nachher als Irrtum erwiesene Odlehre R ei ch enbachs, sowie an die sog. N-Strahlen der Nancy er Schule, deren Nichtexistenz später bewiesen wurde. Interessant sind auch die Beobachtungen des Astronomen N ew c omb über die Sichtbarkeit und Deutung schwacher dunkler Linien auf hellem Grunde, um die Streitfrage der Marskanäle zu klären. Die Ergebnisse, die dabei gewonnen wurden, waren so ausschlaggebend, d. h. die Fehlerquellen so groß, daß auch andere Astronomen sich mit diesem Problem der Täuschungsmöglichkeit bei Himmelsbeobachtungen beschäftigten. Bekannt ist die auch von Yu n g beobachtete Tatsache, daß Studierende manchmal Zeichnungen von Präparaten liefern, die gar kein Objekt enthalten; ferner der von Kroh erwähnte Umstand, daß Ärzte schon vor dem Aderlaß, infolge ihrer Einstellung, Blut spritzen sehen. Bei Experimenten kommt es sehr häufig vor, daß man (so auch Mach) das Eintreten eines Phänomens eher zu beobachten glaubt, als es in Wirklichkeit eintritt.
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In der Fachpsychologie sind zahlreiche Versuche der verschiedensten Forscher (M esser, Hennings, Rubin, Kort e) bekannt, bei denen in tachistoskopischer Darbietung Objekte ganz falsch gesehen wurden, z. B. ein rostiges Blechstückchen als malaiische Schriftnote usf. In der psychotechnischen Prüfung werden derartige subjektive Veränderungen der Wahrnehmungen in den bekannten Illusionsversuchen vielfach verwandt. Nach M ün sterberg gelang es in 20 bis 25 Vexierversuchen, die unter hundert Versuchen eingeschaltet waren, 8- bis 10 mal, Illusionen hervorzurufen. Nach Seashore nahm eine Versuchsperson einen Draht zwischen die Finger, der elektrisch erhitzt werden konnte; auch in den Fällen, wo dies nicht der Fall war, wurden Temperaturerhöhungen angegeben. Binet, Kosog, G-utzmann, Guidi, Yung, Scott, Edwards, Giese, Grossa rt u. a. haben diese Verhältnisse bei Kindern usf. nachgeprüft und immer wieder das Auftreten von Illusionen feststellen können. Besonders beachtenswert sind auf diesem Gebiete die Untersuchungen von KI ein t selbst, der auf einem längeren Bildstreifen eine Anzahl von Landschaftsbildern nacheinander vor der Versuchsperson vorbeistreichen ließ. Jede Zeichnung wurde 6 Sekunden dargeboten; es war also genügend Zeit zum Betrachten. De Versuchsperson bekam den Auftrag, einen Taster jedesmal dann niederzudrucken, wenn sie eine mensc hliehe Gestalt auf dem Bilde sah, und zwar in dem Augeablick, wo diese Gestalt an dem linken Rand des Ausschnittes verschwand. Es sei dabei betont, daß die Zeichnung das Sehen von Personen kaum nahelegte. Trotzdem entfielen auf 60 Versuchspersonen in 60 Versuchen nicht weniger als insgesamt 296 Illusionen; 17 von 18 erwachsenen Versuchspersonen hattet. Illusionen. Ein Wagen, Baumstumpf, Pfost-n, Faß, eine Vogelscheuche wurden besonders häufig verwechselt. Von Bedeutung sind die Schlußergebnisse, in denen darauf hingewiesen wird, daß sich auf Grund einer bestimmten Einstellung in weitem Umfang experimentell optische Illusionen erzeugen lassen und daß sie auch bei längerer Beobachtungs dauer auftreten. Ferner ist wichtig, daß zwischen der Sehfähigkeit und der Häufigkeit der optischen Illusionen kein Zusammenhang besteht, es sich also offenbar um rein zentrale Bewußtseinsfragen handelt. Wenn eine Illusion einmal aufgetreten ist, so ist es relativ gleichgültig, ob der zu Grunde liegende Gegenstand deutlicher wird. Bei geringerer Helligkeit treten die Illusionen in erhöhtem Maße auf. Nach allen diesen Darlegungen erscheint die Zuverlässigkeit subjektiver Kontrollmaßnahmen bei okkultistischen Sitzungen, insbesondere bei Dunkelsitzungen, bereits sehr bedenklich, besonders wenn man das bekannte stundenlange Murb emach en des Bewußtseins belücksichtigt, wenn man ferner die starke vorstellungsmäßige und affektiv hochgespannte Erwartung und Einstellung der Sitzungsteilnehmer, die unbedingt etwas „erleben" wollen, in Betracht zieht. Wer unter diesen Umständen noch glaubt, nach einiger Zeit durch bloßes Kontrollieren mittels Handkette und Auge eine hinreichende und zwingende Kontrollmaßnahme zu gewährleisten, der muß es sich schon vom wissenschaftlichen Standpunkte aus gefallen lassen, der größten Fahrlässigkeit und Leichtfertigkeit geziehen zu werden. -
Uns genügten jedoch diese Erfahrungen nicht, sondern wir haben selbst auf Grund der im Berliner Okkultistenprozeß aufgetretenen Meinungsverschiedenheiten eine Reihe wichtiger und maßgeblicher Kontrollbedingungen eingehend experimental-psychologisch untersucht'). Den äußeren Anlaß dazu bot ein Sitzungsprotokoll, das als besonders bedeutungsvoll von den Berliner Okkultisten veröffentlicht wurde und aus ') Mit freundlicher Unterstützung, vor allem meiner langjährigen Mitarbeiter, der Herren Lehrer Nolte und Dipl.-Ing. Er d tm a n n , sowie mehrerer Sportlehrer, besonders des Herrn Turn- und Sportlehrers Friesecke, und Studenten.
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diesem Grunde Anlaß zu der schärfsten Kritik des Geheimrats M o 11 gab. Die Hauptpunkte schildern etwa folgenden Vorgang, dessen genauer Text in den Originalprotokollen nachgelesen werden muß. Um einen Tisch herum sitzen in einem zuvor oberflächlich untersuchten Raum eine Anzahl von Kontrollpersonen, in deren Mitte sich das zuvor nicht untersuchte Medium befindet. Zu dem Kreis der Kontrollpersonen gehört auch die Tochter des Mediums. Das Licht wird gelöscht. „Sofort" nach Lichtlöschen wird das Medium an beiden Händen angefaßt und Kette gebildet. Es treten nun nach etwa 10 Minuten die bekannten „mediumistischen Wehen" auf, d. h. starke Affekterscheinungen des Mediums und tranceähnliche Zustände. Nach einiger Zeit erhebt sich das Medium nach heftigen Krampferscheinungen, die eine der Kontrollpersonen fühlt Schläge am Oberarm; dann wird nach Stöhnen und Seufzen des Mediums festgestellt, daß irgend etwas vorgegangen ist, und endlich befinden sich auf den dem Medium zugewandten Oberarmen der Kontrollpersonen links und rechts je ein Holzreif von 28 cm Durchmesser, obwohl die Kette noch geschlossen und nach bestimmten Angaben nicht gelöst worden ist. Der Ring wird sofort untersucht und nichts Auffälliges an ihm gefunden. Wieder wird verdunkelt und die Sitzung unter ähnlichen Bedingungen fortgesetzt. Nun entwickelt sich nach einiger Zeit unter den Händen der Kontrollpersonen, bzw. auf dem Tisch, Buchsbaum. Die Erklärung dieser Wunder wird von den Okkultisten in der Weise gegeben, daß Ringe und Buchsbaum sieh dematerialisiert und dann richtig wieder zusammengesetzt hätten. Als Wissenschaftler muß ich dabei fragen, ob es in Anbetracht alles bisherigen menschlichen und wissenschaftlichen Erfahrungsbestandes denkbar oder möglich ist, daß ein in sich geschlossener Reifen bei ständig geschlossener Armkette über den Arm gelangen kann oder ob nicht vielmehr andere natürliche Erklärungsmöglichkeiten bei diesem Experiment anzunehmen sind. Wenn die Okkultisten bAaupten, ein einwandfreies Phänomen festgestellt zu haben, so sind sie uns dafür den Wahrheitsbeweis schuldig, d. h. sie müssen beweisen, daß die Phänomene unter denvon uns geforderten wissenschaftlich einwandfreien Kontrollbedingungen entstanden sind. Nach unseren bisherigen Ausfuhrungen wird es wohl ohne weiteres klar sein, daß die in dem erwähnten Protokoll geschilderten Vorgänge ganz ungemein subjektiv, ohne Verwendung auch nur eines primitiven technischen Hilfsmittels, verfolgt wurden. Da jedoch bei okkultistischen Sitzungen sehr häufig eine derart naive Kontrolle angewandt wird und man trotzdem, falls es sich nur um maßgebliche Namen von Gewicht handelt, der ehrenwörtlichen Erklärung der Kontrollpersonen vielfach mehr glaubt als dem wissenschaftlichen Hinweis auf die Unzulänglichkeit unseres Bewußtseins, so wurden von uns ganz ausfuhrliche Kontrollreihen durchgeführt, um auf experimental-psychologischem Wege die Zuverlässigkeit dieser Kontrollbedingungen nachzuprüfen. Wir haben im ganzen an 12 langen Abenden, die über ein halbes Jahr verteilt wurden, über 50 Versuchspersonen in Einzel- oder Gruppensitzungen, in bezug auf ihre Wahrnehmungsfähigkeit und die Täuschungsmöglichkeiten bei solchen Sitzungen untersucht. Bei den wirklichen okkultistischen Dunkelsitzungen handelte es sich um sehr k o mpl ex e Kontrollbedingungen. In dem..zur Diskussion stehenden Protokoll behaupteten die Kontrollpersonen, sie hätten auch Fußkette gebildet. Was wäre nun wohl geschehen, wenn sich die Reifen plötzlich an den Füßen befunden hätten? Jedem Fachpsychologen ist es klar, daß eine gleich z ei ti g e K o ntr olle sowohl der Hand- wi e der Fußkette psychologisch ein Unding ist. Trotzdem haben wir uns bei unseren Untersuchungen den strikten empirischen und fachwissenschaftlichen Beweis dieser Tatsache vorgenommen. An Stelle der komplexen tatsächlichen Situation bei okkultistischen Dunkelsitzungen haben wir, wie es bei jeder exakten wissenschaftlichen Forschung üblich ist, die K o ntr o 1 lb e d in gu n gen
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analytisch in ihre Teilbedingungen zerlegt, indem wir die Versuchsperson in besonderen Versuchsreihen in bezug auf ihre optische, akustische oder taktile Wahrnehmungsfähigkeit, besonders bei längerer Konzentration, im dunklen Raum oder bei Rotlicht prüften. In einer zweiten Serie von Versuchen verlangten wir von der Versuchsperson die der Wirklichkeit besonders stark entsprechende komplexe Verteilung der Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Gebiete. Selbstverständlich ist dabei, daß die Überwachung der von uns zu prüfenden Kontrollperson mit absoluter Obj ektivität und Zuverlässigkeit durch mehrfache Kontroll-Protokollierung erfolgen muß. Wir sind deshalb so vorgegangen, daß wir die Verteilung der Konzentration in der Weise aufgelöst haben, daß für jedes der genannten Sinnes- oder Beobachtungsgebiete je ein Versuchsleiter fungierte, der natürlich in diesem Falle mit Leichtigkeit die Reaktionen auf die von ihm an die zu prüfende Kontrollperson gegebenen Reize feststellen konnte. Es handelt sich also für uns um Feststellung der Differenzen zwischen den objektiv gegebenen äußeren EincIrtmken und den subjektiven Wahrnehmungen von seiten der zu untersuchenden Kontrollpersonen, von denen natürlich, wenn sie zuverlässig sein sollen, verlangt werden muß, daß sie imstande sind, alle Ereignisse während einer okkultistischen Dunkelsitzung genau anzugeben und insbesondere auf das Eintreten bestimmter kritischer Vorgänge zu acMen, besonders wenn sie ganz ausdrücklich, wie bei unseren Versuchen, auf ihre Verantwortung hingewiesen wurden. Zunächst wurde in einer größeren Anzahl von Gruppensitzutigen (es handelte sich meist um pro, contra und neutral dem Okkultismus gegenüberstehendes Volkshochschulpublikum) die allgemeine Einwirkung der Dunkelheit festgestellt. Infolge des uns für diese Darstellung vorgeschriebenen Raumes müssen wir uns darauf beschränken, nur die wesentlichen und maßgebenden Gesichtspunkte darzulegen. Für uns Versuchsleiter selbst sehr interessant und typisch war die ungeheure Wirkung der „Einstellung", die auf ganz erhebliche individu elle Differenzen der Sitzungsteilnehmer schließen ließ. Sämtliche Versuchspersonen waren über Zweck, Ziel und Ergebnis der Untersuchungen ganz im unklaren, obwohl eine Anzahl Intelligenter unter ihnen von sich aus spontan auf den richtigen Zweck der Versuche kamen. Von jeder Versuchsperson wurde nach den einzelnen Sitzungen ein genaues, selbständiges, unter Kontrolle geschriebenes Pro t ok oll aller Vorgänge verfaßt. Schon nach einigen Versuchen ergab sich, daß die Protokolle erheblich voneinander abwichen und daß sie sehr unvollständig und unzuverlässig, vor allem durch viele Auslassungen wirklicher Vorgänge gekennzeichnet waren. Von ziemlich kritisch und objektiv eingestellten Versuchspersonen, die sich nichts vormachen ließen (die aber ebenfalls manches übersehen oder vergessen hatten), bis zu solchen mit sehr stark auftretenden Illusionen, waren alle Übergänge vorhanden. Nach dem Versuch wurden die geprüften Personen nach ihren bisherigen Erfahrungen mit Problemen des Okkultismus befragt; als interessanten Beleg aus einer Fülle von Niederschriften gebe ich etwa folgendes Beispiel eines 22 jährigen kaufmännischen Angestellten wieder, mit dem ich mich dann eingehend unterhalten konnte: „1. Mit Okkultismus habe ich mich bisher noch nicht direkt beschäftigt. Meine Meinung ist die, daß es Dinge gibt, die wir ahnen vermöge eines unentwickelten 6. Sinnes, die uns aber nicht faßbar sind. Wissenschaft und fortschreitende Kultur (Vergeistigung) werden das Problem im Laufe der Zeit lösen. Vor zirka drei Jahren beschäftigte ich mich aus Liebhaberei mit Suggestion und Hypnose. Ich hatte auch schon etliche erfolgreiche Versuche gemacht, und nur richtige Anleitung, welche fehlte, ließen mich davon wieder abkommen. 2. Der Versuch diente sicherlich Studienzwecken und sollte die Empfindungen der einzelnen ans Tageslicht fördern. Kommt es doch dabei vor, daß interessante Neu-
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erscheinungen dabei auftreten. Auf der anderen Seite wurden vielleicht Argumente gesucht für bereits bestehende Hypothesen. Ich wurde vielleicht aus Wissensdurst (evtl. auch Neugierde) dazu getrieben, hierher zu kommen. 3. Spukerscheinungen sind mir nicht fremd. Habe oft des Nachts auf meinem Bett weiße Nebelerscheinungen, die auch für mich nicht sofort verschwinden, wenn ich dann vollkommen wach bin. Wenn ich allein bin, habe ich oft das Gefühl, daß jemand bei mir ist. Es lösen diese Dinge bei mir aber kein unangenehmes Gefühl oder gar ein Gruseln aus." Im wesentlichen ergaben sich folgende Typen: 1. Solche, die zuviel sehen, d. h. Vorgänge angeben, die in Wirklichkeit nicht passiert sind, also der zu Halluzinationen neigende Typ. 2. Solche, die tatsächliche Vorgänge in ihrer Wahrnehmung und Auffassung entstellen, also dem Typ der Illusio neu angehören. 3. Solche, die tatsächliche Vorgänge nicht wahrnehmen, d. h. hören, fühlen, sehen usf., also der Typ der Konzentrations- oder Reproduktionsversager. Die Erwartung spielte besonders bei den Versuchspersonen, die etwas „erleben" wollten, eine sehr große Rolle ; aber auch Affekte, besonders kleine Schreckreize, ferner suggestives Zureden, Erzeugen von unheimlichen Geräuschen, Stimmungen usf. ließen fast mit Leichtigkeit bestimmte Einstellungen und damit subjektive Täuschungen entstehen. Manchmal wurdeu rätselhafte Lichterscheinungen oder Klopfgeräusche angegeben, wo sie tatsächlich gar nicht aufgetreten waren Unter der Einwirkung der Dunkelheit wurden bestimmte Reize, z. B. ein auf den Tisch geworfenes Taschentuch, gänzlich verändert wiedergegeben, z. B. als feuriger Lichtblitz usf. Räumliche Schätzung von akustischen Reizen im Raum wurden in vielen Fällen gänzlich falsch angegeben. Bekanntlich wurden alle diese Gesetzmäßigkeiten in okkultistischen Sitzungen vielfach zu betrügerischen Manipulationen verwendet. Die Entf ernungsschätzung versagte bei diesen Versuchen sehr häufig; gerade auch in Rotlichtsitzungen wurden erhebliche Schätzungsfehler festgestellt. Hierbei kamen ganz grobe Täuschungen vor, so z. B., daß bei einem Einzelversuch e in Teilnehmer überhaupt nicht merkte, daß das ziemlich starke Rotlicht, von dem das Zimmer erheblich beleuchtet wurde, etwa 20mal aus- und abgeschaltet wurde. In diesem Falle wurde lediglich das Knipsen des Schalters in einigen Fällen angegeben und durch Befragen festgestellt, daß die Versuchsperson die sehr erhebliche Veränderung in der Beleuchtung des Raumes gai nicht wahrgenommen hatte. Bewegungen eines Vorhanges vor dem Fenster, auf den geachtet werden sollte, wurden vielfach nicht oder aber falsch angegeben. Mit Hochfrequenz-Diathermieröhren, kapazitiv angeschlossenen Lautsprechern, durch Schnurzffge in Bewegung gesetzten Schallklappen und Fallgeräuschen, durch mit Film- und Projektionsapparaten schwach an die Wand geworfene Bilder, die momentan auftreten und wieder verschwinden konnten, durch geheimnisvolle, schwache Beleuchtung eines Gipsschädels und viele andere Reize konnte nach Belieben experimentell eine große Fülle der interessantesten Illusionen erzeugt werden. Besonders charakteristisch waren die mit zunehmender Müdigkeit immer leichter und häufiger auftretenden Parästh esi en, z. • B. Makropsien, d. h. ein VergrößertSehen von Gegenständen, die mit besonderer Erwartung, Konzentration oder innerer affektiver Einstellung betrachtet werden. Die bloße Suggestion, auf die Hand des Nachbars bei der Kettebildung zu achten, veranlaßte mehrere Teilnehmer, insbesondere Damen, plötzlich ihre Finger ins Riesenhafte vergrößert zu sehen. Die Raumvorstellung, besonders unter dem Einfluß der Suggestion, nahm ebensolche absonderliche Dimensionen an. Weiter fühlten manche Teilnehmer deutlich magnetische elektrische Ströme, während andere nur Erhöhung des Pulses (eine sehr charakteristische Erscheinung bei den meisten unserer Versuchspersonen, die häufig trotz beruhigenden Zeitschrift für Okkultismus 1. 17
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Zuspruches sehr aufgeregt waren) feststellen konnten, wie überhaupt nach unserer früher gegebenen Bemerkung die persönlichen Unterschiede der Verhaltungsweise recht beträchtliche waren. Besonders interessierten uns die Täuschungen des Tastsinnes in der Dunkelheit. In einer früheren Arbeit') aus dem Wundtschen Institut haben wir ausdrücklich nachgewiesen, daß benachbarte Druckempfindungen sich gegenseitig summierend oder hemmend beeinflussen. Zur Untersuchung der konzentrativen Leistung des Tastsinnes bei der Bildung der Handkette wurde von uns zunächst die in Abb. 1 dargestellte Anordnung benutzt, bei der die eine Hand auf eine Korkkugel gelegt wurde, durch deren Durchbohrung ein Holzstab nach unten führte, so daß der Versuchsleiter durch Heben des Holzstabes die Innenfläche der Hand leicht berühren konnte. Es zeigte sich im allgemeinen, auch bei längeren Versuchen, daß isolierte punktförmige Reize ziemlich leicht, auch bei Verteilung der
Abb. 1. Aufmerksamkeit auf verschiedene Sinnesgebiete, wahrgenommen werden können. Das stimmt mit den Erfahrungen der Psychologie durchaus überein, die festgestellt hat, daß differente, punktf örmige, etwa in Dreiecks-, Vierecks- oder Kreisform gesetzte Reize zu einer ziemlich guten räumlichen Wahrnehmung und Vorstellung führ en, daß jedoch dieselben geometrischen Figuren in fläch enf örmiger Reizung zu den größten Irrtümern und Täuschungsmöglichkeiten Anlaß geben können. Genau dasselbe ergab sich bei unsern Versuchen zur Prüfung der taktilen Täuschungsmöglichkeiten in der Dunkelheit. Wir machten dazu folgenden Komplexversuch: die zu prüfende Kontrollperson saß in einem verdunkelten oder schwach erleuchteten Zimmer auf einem Stuhl. ihr zur Seite saßen zwei VersuchAeiter, die mit der zu prüfenden Versuchsperson links und rechts Hand- und gleichzeitig Fußkette bildeten. Außerdem befanden ') R. W. Schulte, Die gegenseitige Beeinflussung von Druckempfindungen. Mit 15 Abb. im Text. — In „Wundts Psychologischen Studien", X .Bd., 4. und 5. Heft. Leipzig 1917. (Aus den Veröffentlichungen des Sächs. Forschungs-Institutes für experimentelle Psychologie). Vgl. auch R.W. Schulte, Eine Modifikation des Moedeschen Tastsinnprüfers für die Zwecke der Konzentrationsschulung. (Mit 1 Abb.) „Die Werkzeugmaschine", 1920, und viele psychotechnische Konstruktionen zur Prüfung des Tast-, Muskel- u. Gelenksinnes.
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sich im gleichen Raum weitere Kontrollpersonen, die optische und akus ti s ehe, evtl. auch Schreckreize gaben. Jeder Versuchsleiter hatte für sich die Versuchsperson zu überwachen und darüber Protokoll zu fuhren. Die Versuche wurden einmal in der Weise ausgeführt, daß der Versuchsleiter, also das vorgestellte Medium, seine Hand auf die auf dem Tisch liegende Hand der zu untersuchenden „Kontrollperson" auflegte. Später wurden Versuche in der Weise vorgenommen, daß umgekehrt der Versuchsleiter, d. h. das „Medium", seine Hand unten hielt. Die Versuchsperson, also die zu prüfende Kontrollperson, bekam den strikt en Auftrag, ganz genau auf die dauernde Schließung der Hand- und Fußkette zu achten und etwaige Unterbrechungen unbedingt in jedem Falle sofort zu melden, und zwar sollte sie sagen: „Hand" oder „Fuß", „links" oder „rechts". Außerdem sollte sie bei Licht- und Schallreizen angeben, wann und wo sie auftraten, also etwa „links vorn am Fenster Licht", „rechts hinter mir Schallreiz" usf. Es wurde der Versuchsperson immer wieder eingeschärft, daß sie nach Schluß des Versuchs ein Protokoll abgeben solle und dafür einzust eh en hab e, d aß Handoder Fußkette niemals gelöst seien. Es war ungemein interessant, zu beobachten, daß manche Versuchsperson en unter dem Einfluß von Schreckreizen, interessanten Fragen, Wahrnehmungen usf. un willkürlich selbst die Hand- oder Fußkette lösten und nachher auf Befragen angaben, die Kette bestimmt geschlossen gehalten zu haben. Psychologisch ist ja ganz selbstverständlich, daß diese reflektorisch erfolgenden Bewegungen dem Bewußtsein vielfach nicht oder höchstens nachträglich zur Kenntnis gelangen. Nachdem der Versuchsleiter einmal den Trick heraus hat, braucht er, ich möchte sagen, eigentlich nur noch mit einer gewissen psychologischen Frechheit vorzugehen, um die Versuchsperson in der kürzesten Zeit beliebig zu täuschen. Allerdings sind die Versuchspersonen nicht gleich leicht zu täuschen ; doch gelingt es einem psychologisch gut beobachtenden Versuchsleiter auch in den schwierigen Fällen 14st stets, Hand- oder Fußkette zu unterbrechen, ohne daß die Versuchsperson es merkt. In einigen Fällen gelang mir dies in wenigen Minuten bis zu 6- oder 10mal, während die Versuchsperson nach Beendigung des Versuchs steif und fest behauptete, beschwören zu können, daß bestimmt die Kette nicht ein einziges Mal unterbrochen sei. Besonders einfach gelingt das Lösen der Kette sofort nach Schreckreizen bzw. wen n man die Versuchsperson irgendwie, oft nur mit einer Kleinigkeit. ab lenkt; Singen eines Liedes, Stellen einer Frage, Ausrechnenlassen einer kleinen Rechenaufgabe, Erzeugen einer unheimlichen Stimmung, gleichzeitige Berührung mit einem Staubwedel irgendwo am Körper, längere Zeit dauerndes beunruhigendes Geräusch, das sich zu nähern oder zu entfernen scheint, lassen derartige Täuschungen auf die leichteste Weise gelingen. Sehr schwer fur den Versuchsleiter wird die Täuschung, wenn seine Hand, d. h. die des Mediums, sich unter der der Versuchsperson (bzw. der zu untersuchenden Kontrollperson) befindet. In diesem Falle gehört schon eine außerordentliche psychologische Anpassungsfähigkeit dazu, die Täuschung zu vollbringen. Aber trotz der mir persönlich mangelnden taschenspielerischen Geschicklichkeit ist doch auch dieser Versuch manchmalgelungen, ohne dat, die Versuchsperson das e rin gste m erkt e. Bei einiger Übung wird sicherlich auch diese Modifikation, die in der Fachliteratur durch einen bekannten Trick immer wieder erläutert wurde, mit fast unbegrenzter Wahrscheinlichkeit gelingen. Das Wichtigste in jedem einzelnen Falle ist jedoch immer wieder die psychologische „Ausnutzung des richtigenAugenblicks", auf die alles ankommt. Je unbekümmerter und freier, aber auch je vorsichtiger man dabei verfährt, uni so eher gelingt die Täuschung. Besonders wichtig ist es, unbedingt di e Situation zu b e he rrs eh en und einen Versuch im Augenblick des Mißlingens so geschickt umzubiegen, d. h. etwa durch eine neue Frage oder Aufmerksamkeitserregung bei der Versuchsperson
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R. W. Schulte.
diese so abzulenken, daß sie nichts merkt. Wie aus den Beispielen der Abb. 2 hervorgeht, gelingt es auch bei punktförmiger Taktilreizung der Hand und Einige Versuchsserien, über Wahrnehmungskontrolle beb Verteilung der Aufm2rksamkeit auf disparate Eindrücke in,Dzazkelsitzungen,
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Abb. 2. bei gehäufter Reizung schon nach wenigen Minuten den Versuchspersonen nicht mehr, die objektiv gegebenen Reize befriedigend wahrzunehmen und zuverlässig zu kontrollieren.
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Einige charakteristische Äußerungen meiner Versuchsleiter zu diesen Experimenten mögen hier im Original folgen: A. 1. „In den ersten 5 Minuten wurde die Kette an den Händen und besonders oft an den Füßen gelöst, ohne daß es von der Versuchsperson bemerkt wurde. Berührungen an Schulter, Unterarm, Schenkel, Lösen der Kette an den Füßen wurden, da die verschiedensten Geräusche, Aufblitzen von Lieht, die Aufmerksamkeit des „Mediums" in Anspruch nahmen, nicht festgestellt. Zu bemerken wäre, daß bei längerer Dauer des Versuchs die Aufmerksamkeit betreffend Feststellung der verschiedensten Eindrücke sehr stark nachließ." 2. „Bei der dritten Versuchsperson, einem Herrn, wurden verschiedentlich Hände gewechselt mit einer vierten Person, ohne daß es bemerkt wurde. Nach den Versuchen habe ich den Eindruck, daß stark erregte Personen das Lösen der Hände und Wechseln derselben nicht bemerken werden und daß Täuschungen sehr leicht möglich sind." B. 1. „Versuchsperson, Fräulein X, sehr erregt, bemerkt verschiedentlich (2-3mal) das Lösen der Handkette nicht. Siebenmaliges Lösen der Fußkette wird ebenfalls nicht festgestellt." 2. „Dreimaliges Heben der Hände, Lösen der Fußkette (oftmalig) wird nicht bemerkt. Ruhiges Wesen der Versuchsperson." 3. „Versuchsperson sehr ruhig, löst bei Auftreten stärkerer Geräusche verschiedentlich unwillkürlich die Fußkette. Erregung in den Händen." Wichtig ist es auch, auf die allgemeinen sog. haptischen Täuschungen (= d es Tastsinns) hinzuweisen. Die Ermüdung spielt z. B. eine so große Rolle, daß nach unseren Erfahrungen bereits nach etwa 10 Minuten starke Anästhesie, d. h. Nachlassen oder gänzliches Aufhören (Taubwerden) des Tastsinnes, auftritt. Auch Paräs th esien, d. h. in diesem Falle Kribbelerseheinunge,n der Haut, pflegen sich häufig bemerkbar zu machen. Daß die zu Grunde liegende wirkliche Ursache aller dieser Erscheinungen das Nachlassen der eigentlichen zentralen psychischen Kraft der Apperzeption oder Konzentrationskraft ist, dürfte wohl klar sein. Neben diesen Ermüdungserscheinungen, die in okkultistischen Dunkelsitzungen besonders noch durch bewußtes Ermüden und Abstumpfen der Sinne und der psychischen Energie verstärkt werden, spielt die Unmöglichkeit, gleichzeitig auf verschiedenartige psychische Inhalte sich zu konzentrieren, eine große Rolle. Unsere Ergebnisse in dieser Beziehung decken sich fast genau, mit den von Sanitätsrat Flat au in unserer Zeitschrift „Psychologie und Medizin" geschilderten Experimenten „Über simultane psychische Leistungen". Auch bei unseren Versuchen ergab es sich immer wieder, daß es eben menschenunmöglich ist, vor allem bei längerer Beanspruchung, bei ungünstigen äußeren Wahrnehmungsmöglichkeiten, sodann bei fixierter „Einstellung", seine Aufmerksamkeit gleichzeitig auf einen disparaten Komplex verschiedener Eindrücke zu lenken. In dem erwähnten Sitzungsprotokoll spielt vor allem auch der Punkt eine Rolle, daß die Kette erst nach Lichtlöschen gebildet wurde. Die Okkultisten legen großen Wert auf die Feststellung, daß die Kette sofort bzw. nach unmeßbar kurzer Zeit gebildet wurde. Wir haben zur Klärung dieses Problems die Beobachtungstäuschungen nach Eintritt der Dunkelheit untersucht. Jeder Arzt, bzw. Augenarzt, wird sofort an die bekannten Nachbild erscheinungen denken, und diese ließen sich denn auch in der Tat bei unseren Versuchen feststellen. Es ist natürlich ausgeschlossen, in den ersten Sekunden oder sagen wir nur in den ersten Bruchteilen einer Sekunde Manipulationen mit Sicherheit wahrzunehmen. Nach unseren Versuchen trat eine einigermaßen hinreichende Adaption des Auges, die bekanntlich bis zum vollständigen Eintritt etwa mehrere Minuten braucht, frühestens nach ca. 30 Sekunden, bei Rotlicht vielleicht nach 8-10 Sekunden, ein. Wir haben sodann folgenden einfachen Versuch gemacht, wobei wir bemerken, daß sehr viele von unseren Versuchen von sicherlich sehr gut und frisch beobachtenden Turn- und Sportlehrern vorgenommen wurden. Die betreffende, zu untersuchende Kontrollperson stellte sich dem Versuchsleiter gegenuber. Der Versuchsleiter gab ihr den
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R. W. Schulte: Unters. z. Prüfg. d. Kontrollbedingungen bei Dunkelsitzungen.
Auftrag, genau darauf zu achten, welche Bewegungen und Handlungen er sofort nach Lichtlöschen vornähme. Trotz dieser genauen Einstellung auf ein bestimmtes und beschränktes Beobachtungsobjekt gelang es den Versuchspersonen in keinem einzigen Falle, selbst große Bewegungen des Versuchsleiters richtig wahrzunehmen. Sie wurden vielmehr ganz entstellt wiedergegeben oder es wurden Bewegungen angegeben, wo sich der Versuchsleiter ruhig verhalten hatte. Auch hier zeigt sich also die vollkommene Unmöglichkeit der exakten und zuverlässigen Beobachtung. Endlich wurde zum Abschluß unserer Versuche die komplexe Situati on der beschriebenen okkultistischen Dunkelsitzung in ihrer psychologischmethodischen Quintessenz nachgeahmt. Ich selbst stellte „das Medium" dar und nahm zwei hochintelligente und scharf beobachtende Kontrollpersonen. Wir setzten uns vor einen Tisch und ich gab den Kontrollpersonen den Auftrag, sofort na ch L i ch t_ löschen meine Hände zu ergreifen. Sie hatten also auf nichts weiter als diesen kleinen einfachen Vorgang mit gespanntester Aufmerksamkeit zu achten und sollten genau schildern, was sie an etwa verdächtigen Bewegungen wahrnähmen. Da ich für den Versuch keinen Holzreif er, zur Verfügung hatte, nahm ich behelfsmäßig einen kreisförmig durch ein Verbindungsstuck zusammengesteckten sehr schlaffen Gummischlauch, streifte ihn im Augenblick des hichtlöschens schnell über meinen Arm und schloß danach die Handkette. Obwohl ich diesen Versuch überhaupt nicht eingeübt hatte und auch, wie schon bemerkt, keine taschenspielerische Geschicklichkeit besaß, auch keinerlei Ablenkung der Aufmerksamkeit versuchte, bemerkte die links neben mir sitzende Versuchsperson überhaupt nichts und die rechts sitzende Versuchsperson gab nur an, einer meiner Finger hätte eine so sonderbare Lage. Hier hatte sich nämlich infolge der Schlaffheit des Gummischlauches, der für den Versuch sehr ungeeignet war, aber bereits völlig über meinen Arm gestreift war, ein Stück uber den Daumen der rechts sitzenden Korgrollperson gelegt. Trotzdem der Gummischlauch vor dem Versuch ganz offen auf dem Tisch gelegen hatte, kam diese Versuchsperson durchaus nicht auf den Gedanken, daß es sich um diesen Gummischlauch handeln könnte. Man sieht also: trotz einfacher Mittel gelingen Täuschungen unter den in Dunkelsitzungen üblichen Bedingungen mit großer Leichtigkeit. Bei den Anfangsversuchen kam es manchmal vor, daß die Versuchspersonen ein unsicheres Gefühl hatten und plötzlich, obwohl sie den eigentlichen Wechsel der Hände nicht bemerkt hatten, meistens auf Befragen hin, angaben, daß der Daumen nun eine andere Lage einnähme. Nachdem ich dies einmal festgestellt hatte, war es für mich ein leichtes, vor dem Handwechsel einfach den Daumen hochzuheben und die Manipulation mit den anderen Fingern vorzunehmen. Es gelingt dann, besonders wenn der Druck nicht gleichmäßig, sondern wechselnd ist, außerordentlich leicht, Manipulationen anzuführen. Bei der Fußkette, auch bei vollem Tageslicht, ist schon nach wenigen Minuten in der Regel der Tastsinn so abgestumpft (Adaptation oder Ermüdung), daß ein Lösen der Kette beliebig leicht gelingt. Ich glaube, jeder Einsichtige und mit den Ergebnissen der Experimentalpsychologie und -physiologie Vertraute wird zugeben, daß nach diesen, wie ich nochmals bemerke, absolut unbeeinflußt und objektiv angestellten Versuchen die Glaubwürdigkeit sehr vieler okkultistischer Sitzungsprotokolle in sehr bedenklichem Lichte erscheint. Unsere Versuchsreihen sollen und wollen nicht das Problem des Okkultismus lösen. Dazu gehören viel umfangreichere und vielseitigere Erfahrungen und Versuche. Sie sollen aber mit aller Eindringlichkeit alle diejenige'', die sich mit dem Problem des Okkultismus vom wissenschaftlichen Standpunkte aus beschäftigen, auf die große methodische Verantwortung hinweisen, die sie übernehmen, falls sie sich mit diesen Fragen befassen. Auf einem Gebiete, wo es sich um hoch- und überwertige und noch gänzlich unerforschte seelische Erscheinungen handelt, muß man verlangen, daß wenigstens die Kenntnis der wichtigsten Grundgesetze seelischen Wahrnehmens und Wiedergebens berücksichtigt wird. Denn auch die -
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vielen Erinnerungs. und Gedächtnistäuschungen weisen darauf hin, daß okkultistisclr Sitzungsprotokolle, die ja erst nach der Sitzung niedergeschrieben werden können, unbedingt nach der Seite der Reproduktionstreue hin kritisch betrachtet werden müssen. Die großen Erfahrungen der modernen Gedächtnispsychologie verlangen kategorisch eine Berucksichtigung dieser Momente, auf deren Bedeutung hier abschließend hingewiesen werden soll. Wir hoffen zuversichtlich, daß unsere Ergebnisse und unsere Anregung und Mahnung zur Vorsicht, zur Besonnenheit und zur kritischen Methodenahl vor manchem Irrweg und vor mancher falschen Kausalität behüten werden. Die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat nichts mit negativistischer oder ablehnender Einstellung zu tun, sondern entspricht lediglich dem Bedürfnis und Streben einer ernsten und ehrlichen Wissenschaft nach Wahrheit.
Ein neuer Geisterphotograph. Von E. J. Dingwall, London. Die Aufmerksamkeit der englischen Okkultismusforscher hat sich neuerdings dem Falle des Geisterphotographen G- eorge 3lo s s zugewandt, dem Herr General Peter einen Teil seines Artikels über die Echtheit der Geisterphotographien im Dezemberheft 1925 der „Psychischen Studien" gewidmet hati). Die Geschichte des Herrn Mo ss ist so lehrreich und wirft so viel Licht auf die Tätigkeit der Schwindelmedien und ihrer Brotgeber, daß eine kurze Schilderung des Falles die Leser der „Zeitschrift für kritischen Okkultismus" interessieren dürfte. Geisterphotographie kennt man seit etwa 65 Jahren. Ihre Hauptvertreter waren Engländer und Amerikaner, abgesehen von dem französischen Photographen Buguet sind nur wenige Medien dieser Art außerhalb Großbritanniens und der Vereinigten Staaten in der Literatur des Okkultismus vermerkt. Die Untersuchung der Geisterphotographie gehört zu den schwierigsten Aufgaben im ganzen Bereiche der sog. parapsychischen Phänomene. Die Geschichte der direkten Geisterschrift zeigt, wie viele tückische Fallen den Schritt des unachtsamen Forschers belauern. Die Fehlerquellen sind so zahlreich, die Tricks der Schwindelmedien so geschickt und raffiniert, daß der Beobachter getäuscht werden muß, wenn er nicht erstens die möglichen Kniffe und zweitens die Mittel zu ihrer Entlarvung genau kennt. G-eisterphotographie hat viel Ähnlichkeit mit Geistertafelschrift. In beiden Arten von Manifestationen hat man auf viele kleine Einzelheiten zu achten, die dem Betruge größten Spielraum gewähren. Ist übrigens ein Forscher zu klug, um sich „ein1 ) Im Märzheft 1926 der „Zeitschrift ftir Parapsychologie" hat Peter seine Anerkennung der Produktionen von Moss, anschließend an ein Urteil von Harry Pric e im „Journal" der amerikanischen S.P.R., einer Revision unterzogen und die bei der Geisterphotographie üblichen Tricks eingehend geschildert. Der hier veröffentlichte Aufsatz Dingwalls ging uns schon Anfang Februar zu, ist also älter als der zweite Artikel des Herrn General Peter. (Die Schriftleitung.)
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wickeln" zu lassen, so bleibt dem Medium immer der Ausweg, gar nichts zu produzieren und auf einen Leichtgläubigen zu warten. Die Leistung ist ja nicht an bestimmte Zeitgrenzen gebunden, und der Geisterphotograph hat es insofern leichter als der Tafelschreiber, als man von ihm keine Schrift verlangt, deren Herstellung Zeit braucht und sich bei hellem Licht vollziehen muß. Der Sitzungsteilnehmer fordert vom Geisterphotographen nur, daß etwas Porträtartiges auf den Platten zutage tritt, dessen Herkunft nicht auf normale Weise erklärt werden kann. Außerdem braucht die Herstellung nicht bei Licht zu erfolgen, sie kann sich in der bequemen Finsternis der photographischen Dunkelkammer vollziehen, und unter Umständen wird selbst das überflüssig, wenn man dein Medium den Gebrauch seiner eigenen Platten gestattet, die es vorher in Muße zu Hause unter selbstgewählten Bedingungen prili mriert hat. Die Methoden der Produktion solcher angeblichen Geisterporträts sind zu zahlreich und mannigfaltig, um sie hier zu schildern. Ich möchte nur betonen, die Fehlermöglichkeiten sind so bedrohlich, daß nur sorgfältigtse Vorsichtsmaßregeln den Tricks ausreichend begegnen können. Es ist bemerkenswert, daß noch niemals eine systematische Untersuchung der Geisterphotographie in zufriedenstellender Form, geleitet von einer Kommission sachkundiger Forscher, stattgefunden hat. Wenn die Medien sich überhaupt auf eine Prüfung einlassen, gewähren sie natürlich solchen Beobachtern, die wirklich etwas von der Sache verstehen, nur ein paar isolierte Sitzungen. So kann der Forscher seine Beobachtungsfehler nicht korrigieren, kann den massenhaften Einzelvorgängen, die eine Sitzung für Greisterphotographie in sich schließt, nicht so gerecht werden, daß übersehene Punkte später besonders aufs Korn genommen werden. Mit Sitzungen für Neulinge und kritiklos Gläubige dagegen ist das Medium höchst freigebig. Den Fachmann schließt es entweder ganz aus oder gibt ihm keine Gelegenheit, die vielen, so sorgfältig zu beachtenden Details lange genug zu studieren. Daher sind die Untersuchungen bisher fast ausschließlich von den Spiritisten durchgeführt worden, und wenn auch der namhafteste englische Spiritistenverein Englands, die London Spiritualist Alliance, im Jahre 1900 eine Kommission ernannte, die anscheinend bis 1905 arbeitete, so ist doch kein Bericht darüber erschienen und niemals habe ich eine detaillierte Schilderung eines von dieser Kommission veranstalteten Experiments entdecken können. Der zähe Widerstand der photographierenden Medien fiel schließlich auch den kritischer veranlagten unter ihren spiritistischen Gönnern auf die Nerven, und sie sahen sich genötigt, darüber nachzudenken, was man angesichts der Abneigung der Geisterphotographen selbst gegen die primitivsten Kontrollbedingungen tun sollte. Die Lösung, auf die sie verfielen, war fein ersonnen, wenn sie auch den Wissenschaftler zum Lachen reizte. Man bedenke: Der Wert der Geisterphotographie für den Spiritismus besteht darin, daß sie Beweise für das Weiterleben menschlicher Wesen nach dem Tode des Körpers erbringen kann. Der Spiritist hat also nichts weiter nötig, als daß ein Porträt, das auf einer der in der Sitzung be-
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nutzten Platten erscheint, als das eines Verstorbenen wiedererkannt wird. Da sich nun gewöhnlich die Medien keine Kontrollbedingungen gefallen lassen, die sie am Hantieren mit den Platten wirksam hindern könnten, so meinte man, dieser leidige Umstand ließe sieh ertragen, wenn sich nur als Resultat der Sitzung ein wiedererkanntes Porträt herausstellte 1 ). Diejenigen, welche die von den Medien eingenommene widersetzliche Haltung verteidigen, argumentieren, selbst wenn das Medium die Platten mit seinen eigenen vertauscht, könnten die Resultate doch brauchbar sein, wenn sich nur nachweisen läßt, daß die produzierten Bilder Freunde oder Verwandte des Teilnehmers darstellen, die das Medium zu ihren Lebzeiten nie gesehen haben kann. Diese Taktik ist heute in England und Schottland sehr beliebt, denn den Medien bietet sie Befreiung von der Kontrolle durch Skeptiker, und die Sitzungsteilnehmer hören es gern, daß man von Photographie und Taschenspielerei nichts zu verstehen brauche, weil es genügt, ein einst so vertrautes Gesicht wiederzuerkennen. Gelegentlich kommt diese schlaue Idee sowohl dem Medium wie seinem Impresario besonders zu statten, denn wenn auch nur 251 der Porträts als wiedererkannt gelten, so müssen die übrigbleibenden 75 0 /0 der Teilnehmer doch die Sitzung bezahlen, trotzdem sie ihnen keinen Erfolg gebracht hat. Ihre Höhe erreichen diese zweideutigen Bedingungen, wenn, was jetzt häufig geschieht, das Medium seine eigenen Platten benutzt oder die ihm vom Teilnehmer übergebenen Platten mit nach Hause nimmt, um sie zu „magnetisieren", wobei es wohlweislich verschweigt, was für eine Prozedur das sein soll. Den bekanntesten Fall dieser Art in Großbritannien bildete das kürzliche Auftreten des Geisterphotographen Georg e Mos s. Er war zuvor Mechaniker in Nordengland. Dann begann er angebliche Geisterphotographien aufzunehmen, und im April wurde er von einem Londoner Institut, dein British College of Psychic Science Ltd. als Medium engagiert. Zweck dieser Organisation ist nicht etwa, zu untersuchen, ob das Leben nach dem Tode andauert, sondern durch Demonstrationen für diesen Glauben zu werben. Es forscht nicht, sondern es veranstaltet Schaustellungen, wenn auch das Experiment zur Unterstützung der letzteren oft versuchsweise herangezogen wild. Die Mitteilung, daß Herr Moss in den Dienst dieses Instituts getreten war, veröffentlichte das Spiritistenblatt Light am 4. April 1925. Es berichtet: „Herr George II. Moss hat sich dein College als Medium für Geisterphotographie vertraglich verpflichtet. Seine Leistungen, die im letzten Jahre sorgfältig geprüft und experimentell untersucht wurden, sind ausgezeichnet. Mit voller Überzeugung kann das College sie denen ') Der Raum verbietet hier, die Frage des Wiedererkennens zu erörtern. Die meisten sog. Wiedererkennungen sind wissenschaftlich ganz wertlos. Die Teilnehmer sind schon mit einem unanalysi erten Totaleindruck zufrieden, zieht man dagegen die einzelnen Züge des Porträts in Betracht, so wird die Täuschung sofort offenkundig. In manchen Fällen freilich läßt sich die Ähnlichkeit mit der angeblich dargestellten Person nicht leugnen, und einige derartige Fälle sind merkwürdig und bieten einer natürlichen Erklärung Schwierigkeiten.
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empfehlen, die sich für diese spezielle Art von Geisterbekundungen interessieren oder darin Trost suchen." Die nächste Notiz, die ich sah, stand in „Light" am 16. Mai 1925. „Herr George H. Moss, das photographierende 'Medium, beweist seine Begabung durch hervorragende Ergebnisse: Die große Deutlichkeit mancher seiner „Extras" (d. h. Porträts) fällt in die Augen, und die sehr variablen, seltsamen Formen des Ektoplasmas, das die Bilder umgibt, geben seiner Produktion eine wertvolle eigene Note, die sie von der anderer Geisterphotographen unterscheidet." In der Aprilnummer der „Transactions" des Br. Coll. of Ps. Sc. bringt die Sekretärin des Vereins, Frau Mc Kenzie einen Bericht über die von ihr sog. „beweiskräftige Geisterphotographie", wie Moss sie hervorbringt. Dieser Bericht und ein anderer, noch erstaunlicherer, hat General Peter das Material für seine Aufsätze geliefert. Moss hatte schon eine Zeitlang für das College gearbeitet, in den meisten Sitzungen hatte er seine eigenen Platten benutzt. Mehrere Teilnehmer behaupteten, Verstorbene wiederzuerkennen, und Frau M c K en z je reproduziert etliche der betreffenden Bilder, die aber für den Wissenschaftler ganz wertlos sind. In der gleichen Nummer der Transactions findet sich auch ein zweiter Bericht über die mit dein gleichen Medium angestellten Versuche von dem Vorsitzenden der Gesellschaft, Herrn He wat Mc Kcnzi e. Diese Experimente entsprachen der üblichen Behauptung der Geisterphotographen, sie müßten erst die Platten „magnetisieren", ehe sie sie in der Sitzung benutzen könnten. Man erwog aber, ob nicht doch möglicherweise das in Frage stehende „Magnetisieren" einen Einfluß auf den sensitiven Belag der noch nicht entwickelten Platte habe, und um dies zu prüfen, wollte man eine Reihe magnetisierter Platten entwickeln, daneben aber auch eine Anzahl unma,gnetisierter. d. h. solcher, die das Medium nicht in Händen gehabt hatte. Das geschah auch, und zwar nach einer Methode, die, wie dem Leser in Mc Kenzies Bericht versichert wurde, ziemlich genaue Protokollierung einschloß und die Anwendung mechanischer Tricks unmöglich machte. Er schreibt: „Vernünftige Kritik ist willkommen, aber es wäre Zeitvergeudung, sich mit jedem. ABC-Schützen auf dem Crebiete okkultistischer Forschung in Wortgefechte einzulassen, der die sorgfältig gewonnenen Resultate verantwortungsvoller praktischer Experimentalforschung anfechten will." Man kann sich aber schwer vorstellen, welchen Wert diese Experimente haben sollten, da das Medium meist dabei sein durfte, ja sogar die Erlaubnis erhielt, viele Platten selbst zu entwickeln. Da der Zweck der Übung doch darin bestand, daß man erproben wollte, welche Einwirkung auf die Platten jenes mediumistische „Magnetisieren" hervorbringen könnte, und da man diese Einwirkung auf dem Wege des Vergleiches mit dein Verhalten umnagnetisierter Platten studieren wollte, die zur gleichen Zeit und unter gleichen Bedingungen entwickelt wurden, so war, selbst die Echtheit des Mediums vorausgesetzt, die Forderung unabweisbar, daß das Medium sich während der Entwicklung nicht den
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Platten nähern durfte. Diesen Experimentatoren aber schien eine solche Notwendigkeit nicht in den Sinn zu kommen, und Herr Mc Kenzie erklärt als Summe seiner Folgerungen: „Die Versuche, vermutlich die ersten ihrer Art im Bereiche der Geisterphotographie, sind höchst bedeutsam und erweisen zwingend den besonderen Einfluß der mediumistischen Kraft auf photographische Platten." Ein kleines Malheur aber sollte diesem geschickten Geisterphotographen passieren. Im Juni 1925 besuchte er Birmingham, um in einer kleinen, provinziellen Gesellschaft daselbst Sitzungen zu veranstalten. Sie verliefen zunächst sehr zufriedenstellend, aber nach seiner Abreise sah sich der Sekretär jener Gesellschaft einige der Platten, die Moss benutzt hatte und auf denen sich die erwähnten Geisterphotographien befanden, etwas genauer an. Und da gewahrte er, daß bei allen mit Geisterporträts versehenen Platten die eine Kante aufgerauht war, während die Kanten aller Platten, die keine überzähligen Bilder aufwiesen, sich glatt anfühlten. Eine Prüfung der im British College of Psychic Science benutzten Platten ergab denselben Unterschied. Der von dein Medium ersonnene Kniff war in der Tat höchst einfach. Die Notwendigkeit, die Platten zu „magnetisieren", war nur die übliche Ausrede, mit deren Hilfe er sich vor der Sitzung der Platten bemächtigte, um eine oder mehrere von ihnen betrügerisch mit einem verwaschenen oder deutlichen Bilde zu versehen und dann das Paket wieder in seiner ursprünglichen Hülle zu versiegeln. Um sich aber die Verlegenheit zu ersparen, die entstehen mußte, wenn sich bei der Entwicklung das Geisterbild auf deni Kopfe stehend herausstellte, machte Moss die obere Kante der Platten, denen ein Porträt betrügerisch aufgeprägt war, rauh, so daß er, wenn er sie in den Schieberahmen des Apparats hineinsteckte, wissen konnte, welche Kante oben liegen mußte. Daraufhin zwang Me Kenzie Mos s, diesen systematischen Betrug einzugestehen, worauf letzterer söfort das Institut verließ. Der Bericht über dieses Schwindelmedium ist höchst instruktiv und lehrt uns die Methoden, nach denen spiritistische Medien arbeiten. Er zeigt uns auch, wie wenig Wert die Berichte ungeübter Forscher haben, welche die Fehlerquellen der von ihnen veranstalteten Experimente nicht kennen. Hiervon abgesehen ist es interessant, daß die Entlarvung des Herrn Moss gar keine Spezialkenntnisse und keine technische Übung beansprucht hat. Nichts weiter wäre nötig gewesen, als daß man sich durch eine einfache Maßnahme instand setzte, eine etwa versuchte Öffnung des vom Medium in seine Wohnung mitgenommenen Plattenpakets nachträglich festzustellen; wenn man aber selbst diese ganz elementare Vorsichtsmaßregel nicht traf, so mußte schon eine aufmerksame Prüfung der mit Geisterporträts versehenen Platten zur Entdeckung der aufgeraniden Kante führen, wie sie schließlich dem Experimentator in Birmingham gelang. Derartige Kontrollmaßregeln erfordern nichts als Sorgfalt und Geduld, und doch wurden sie, wie wir gesehen haben, außer acht gelassen. Wie wenig Vertrauen man den Berichten und Beobachtungen solcher Forscher entgegenbringen kann, wenn es sich gar -
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E. J. Dingwall : Ein neuer Geisterphotograph.
um Dunkelsitzungen oder Poltergeister handelt, davon kann man sich ein Bild machen, wenn man die hübsche Geschichte von der Mediumschaft des Herrn George Moss zur Kenntnis genommen hat.
Bibliographische Auslese. Die nachstehende Bibliographie gibt eine Auswahl solcher Quellen über Geisterphotographie, die dem fur diesen Gegenstand Interessierten nützlich werden können. Ich gebe sie in chronologischer Reihenfolge, sie umfassen die ganze Zeit vom Anfang der Greisterphotographie (gegen 1861) bis auf unsere Tage. Dämmerung, G. „Ansichten über die angeblich neue Entdeckung von odognostischen Photographien des Dr.William H. Mumler zu Boston in Amerika". 2 S. Wien 1863. (Eine Notitz uber die fruhesten Arbeiten des ersten amerikanischen Geisterphotographen W. H. Mumler.) - Gerry, E. T. „The Mumler ‚Spirit' Photograph Case 3. Mai 1869". New York 1869. (Gibt einen Bericht uber den Betrugsprozeß Mumler im Jahre 1869.) Muml er, William H. „The personal experiences of W. H. Mumler in spirit photography". 68 S. Boston 1875. - Moses, Stainton : Mehrere A rfsätze in der Zeitschrift „Human Nature", Jahrgang 1874 u. 1875. London. (Ein guter, wenn auch unkritischer Bericht über die Produktionen der Medien jener Zeit ) - Leymarie, Marina P. G. „Proces des spirites". 256 S. Paris 1875. (Ein Bericht uber dm Betrugsprozeß des französichen Geisterphotographen Buguet in Paris.) - L egas, L. La photographie spirite et l'analyse spectrale comparee. Paris 1875. - Hough Co n, Georgina. „Chronicles of the photographs m' spiritual beings. X u. 273 S. London 1872. tOhne Beweiskraft, behandelt das Medium Hudson.) - Aks4kow, A. ‚Animismus und Spiritismus". Leipzig 1890. (Die Seiten 49-115 des enten Bandes behandeln die Geisterphotographie.) - Wallace, Alfred Russet. „Are there objective apparitions?" The Arena, Januar 1391. (Unkritischer und wirrer Bericht über das damals vorliegende Material.) - Sidgwick, 1VIrs. Henry. On spirit photographs ; a reply to Mr. A. R. Wallace". Proceedings of the S. P. R. 1891. VII, S. 268 -289. (Die beste kritische Übersicht bis 1891.) - Opi e, E. A. D. „Spirit photography". Adelaide 1891. (Behandelt das Medium Mrs. Carter u. a.) - Taylor, J. Traill. „Spirit phetography with rernarks on Fluorescence. Brit. Journ. of Photography". 17. März 1893, XV, 5. 167-169. (Der Autor war photographischer Fachmann und beschreibt seine Experimente mit den Medien Hudson und Duguid, seine Resultate aber kann man nicht durchaus billigen). - Wilmot, T. 5. „Twenty photographs of the risen dead". 56 S. Birmingham-London 1894. (Behandelt das Medium Sarah Power, ohne wissenschaftlichen Wert.) - .The Veil Lifted: modern developments of spirit photography. Editor A. Glendinning-. VIII u. 164 5. (Hat nur geringen wissenschaftlichen Wert, behandelt das Medium Duguid.) - Bar aclu c, H. „Ieonographie de la force vitale cosmique". 89 S. Paris 1896. (Eine der ersten Schriften uber angebliche Photographie menschlicher Emanationen, aber wissenschaftlich wertlos.) - Santini, E. N. „Photographie des efiluves humains". XI u. 128 5. Paris 1898. (Unkritisch und von geringem Wert.) Reid, H. E. „Unseen faces photographed." 54 S. Los Angeles 1901. (Interessanter Bericht nber die Photographien des Mediums Edward Wyllie. - Morse, .T. J. „A history of spirit photography". Manchester 1909. (Zu kurz, um wertvoll zu sein.) D ar g et, Louis. „Expose des differentes methodes pour l'obtention de photographies fluido-magnetiques et spirites". Paris 1909. (Phantastisch und unkritisch.) - P., C. „La photographie transcendentale". VII u. 152 5., Paris 1911. (Ganz unkritisch.) - o n t enay, G. de, „La photographie et l'etude des phenomenes psychiques". 112 5. Paris 1912. (Brauchbare Kritik uber Baraduc, Darget und ihre Schule.) -- Gri r o d , F. „Pour photographier les rayons humains". II u. 172 S. Paris 1912. (Von geringem wissenschaflichen Wert.) - Hyslop, .1. H. „Some unusual phenomena in photography". Proceedings of the American S. P. R. 1914, VIII, S.395-464. (Ein interessanter Bericht über viele merkwürdige Experimente, die schwer auf naturliche Weise zu erklären schienen, später aber von W. F. Prince in seinem „Supplementary Report
Graf Carl v. Klinkowstroem: Ein Beitrag zur Geschichte der Telepathie. 269 on the Keeler-Lee photographs", Proceedings of the American S. P. R. 1919, XIIL 529-581, kritisch gepruft und teilweise klargestellt wurden.) — Co ok, C. H. „Experiments in photography". Journal of the American S. P. R. 1916, X, 1-114. (Eine wichtige Schrift über die Produktionen von Edward Wyllie, eine Ergänzung der Arbeit von H. A. Reid.) — Hysl op, J. H. „Experiments for phasmatographs". Journal of the American S. P. R. 1920, XIV, 284-306. (Wichtige, kritisch gehaltene Schrift uher die Produktionen des Mediums Alexander Martin.) — Patrick, C. V. und Smith, W. W. „The Oase against spirit photographs". 47 S. London 1921. (Gibt einige Auskunft über Täuschungsmethoden, ist aber unvollständig und nicht durchweg verläßlich.) — Du y I e, Sir A. Conan. „The Oase for spirit photography". X und 110 S. London [1922]. (Ungenau und unzuverlässig, wissenschaftlich wertlos). — Coate s, J. „Photographing the Invisible". 356 S. London [1922]. (Die einzige brauchbare Geschichte des Gegenstandes, aber sehr unkritisch und unvollständig).
Ein Beitrag zur Geschichte der Telepathie. Von Graf Carl v. Klinckowstroem. (Sch] uß.)
Einen interessanten Fall von Telepathie hat Wieland in seiner Schrift „Euthanasia", 1805 (S. 244 ff.) mitgeteilt, der ihm, wie er angibt, aus erster Quelle. nämlich von der Tochter der beteiligten Hauptperson, Frau v. K., zugeflossen sei. Diese Frau v. K. war, so sagt Wieland, eine der außerordentlichsten Personen ihres Geschlechts und ihrer Zeit; er bezeichnet sie als eine Geistesverwandte der berühmten Madame Guvon. „Etwas Exzentrisches in ihrer Natur, ein starkes Übergewicht der Einbildungskraft, ein Herz voll Liebe, das Lesen mystischer Schriften und eine Kette von besonderen, selten zusammentreffenden äußeren Umständen vereinigten sich, eine ganz eigene Art von schöner und ehrwürdiger Schwärmerei zum Grundton ihres Charakters zu machen." Bevor wir auf den Bericht eingehen, muß noch erwähnt werden, daß die genannte Schrift Wi elan ds veranlaßt wurde durch eine merkwürdige Veröffentlichung des Magisters J. K. Wö tz ei „Meiner Gattin wirkliche Erscheinung nach ihrem Tode" (1805), die eine ganze Flut von Spott- und Gegenschriften zur Folge hatte. Wö tz el hatte darin in langatmiger, aber keineswegs überzeugender Weise geschildert, wie er allerhand spukhafte Anzeichen von der Anwesenheit seiner verstorbenen Gattin erlebt hatte. Auch der durchaus nicht geistergläubige Wi e 1 an d hatte sich in seiner „Euthanasia" mit dieser Schrift Wö tz els kritisch auseinandergesetzt. Und hierin teilt er den folgenden Vorfall mit. „Nahe dem Orte, wo sie (d. h. Frau y. K.) sich gewöhnlich aufhielt, liegt ein von dem fürstlichen Stift .... abhängiges Kloster von Benediktiner-Nonnen, welches von dem jeweiligen Abt als sog. Pater domus aus der Zahl seiner Konventualen mit einem Probst, der über das Zeitliche des Klosters die Aufsieht hat und mit einem Beichtiger, der die geistlichen Angelegenheiten der guten Mädchen besorgt, versehen wird. Seit mehreren Jahren hatte ein gewisser Pater Cajetan (wie ich ihn nennen -
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Graf Carl v. Klinckowstroem.
will, da mir sein wahrer Name entfallen ist) die letztere Stelle verwaltet; ein Mann, der aus einer edlen niederländischen Familie stammte und seiner vorzüglichen Eigenschaften, sowie eines unsträflichen Lebens wegen in allgemeiner Achtung stand. Zwischen diesem und dein Herrn v. K., der als ein Herr v ein Lehensmann des besagten Klosters war, hatte sich eine vertraute Freundschaft entsponnen, an welcher die ganze Familie um so mehr Anteil nahm, da der Mangel an einer zu ihnen passenden Gesellschaft den Umgang mit einem Manne von so vielen Kenntnissen und so gefälligen Sitten (nichts von seinem musikalischen Talente zu sagen) zu einem sehr schätzbaren Vorteil für sie machte. Kurz, Pater Cajetan ward der Freund vom Hause, und, des Unterschiedes der Religion ungeachtet, von allen nicht weniger geliebt, als ob er ein Glied der Familie gewesen wäre. Eine geraume Zeit vor dem Ableben dor Frau v. K. wurde Pater Cajetan von seinem Fürsten nach Bellinzona versetzt, um auf einer dortigen Schule, die mit Lehrern aus seinem Stifte versehen werden mußte, in der Mathematik und Naturlehre Unterricht zu geben. Da diese Trennung dem wackeren Benediktiner und dem Herrn und der Frau v. K. gleich schmerzlich war, so versprachen sie einander, ihre Freundschaft wenigstens durch einen traulichen Briefwechsel warm zu erhalten, der denn au zwischen beiden Teilen ziemlich fleißig geführt wurde. Nach Jahr und Tag fiel Frau v. K. in eine Krankheit, worüber die Ihrigen sich keine sorglichen Gedanken machten, weil sie die nämliche Krankheit mit ebendenselben Zufällen schon mehrere Male glücklich überstanden hatte. Sie allein dachte anders davon und sagte ihrer einzigen Tochter, die damals siebzehn oder achtzehn Jahre haben mochte, den Tag und die Stunde, wann sie sterben würde, ganz bestimmt voraus, doch mit dem ernstlichen Verbot, niemandem, selbst dem Vater, nichts davon merken zu lassen. Dieser blieb auch ganz unbekümmert und zweifelte so wenig an der baldigen Genesung seiner Gemahlin. daß er Bedenken trug, seinen Freund in Bellenz durch die Nachricht von ihrer Krankheit zu beunruhigen. Indessen war unverm erkt der Tag herangekommen, an welchem Frau v. K. (ihrer Vorhersag,ung zufolge) sterben sollte. Sie schien sieh um vieles besser zu befinden, war sehr heiter und sprach mit ihrer Tochter (der einzigen Person, die sie an diesem Tage uni sieh haben wollte) von ihrem bevorstehenden Tode so gelassen, als ob von einer kleinen Fahrt nach Z. oder B. die Rede wäre, wandte aber doch die wenigen Stunden, so sie, nach ihrem Vorgefühl, noch zu leben hatte, dazu an, ihrer noch immer zwischen Angst und Hoffnung schwebenden Tochter eine Menge guter Lehren und Warnungen zu geben. Gegen Mitternacht endlich richtete sich die Kranke auf und sagte: Nun ist's Zeit, daß ich gehe und von Pater Cajetan Abschied nehme. Mit diesem Worte legte sie sich auf die andere Seite und schien in wenigen Augenblicken sanft eingeschlafen zu sein. Nach einer kleinen Weile erwacht sie wieder, wendet sich mit einem Blick voll Liebe und Ruhe zu ihrer Tochter, spricht noch wenige einzelne Worte und entsehläft auf immer.
Ein Beitrag zur Geschichte der Telepathie.
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An eben diesem Tage, und (wie es sich in der Folge zeigte) in eben dieser Stunde saß Pater Cajetan zu Bellinzona in seinem Zimmer am Schreibtisch, bei einer Studierlampe mit Ausrechnung einer mathematischen Aufgabe, die er am folgenden Tage seinen Schülern vortragen wollte, ernstlich beschäftigt und an nichts weniger als an seine Freundin denkend, von deren Krankheit er nicht die geringste Kunde hatte. An einer Seitenwand neben der Tür des Zimmers hing seine Pandore, ein Instrument, das er liebte und sehr geschickt zu spielen wußte. Auf einmal hört er die Pandore einen starken Knall, als ob der Resonanzboden gesprungen sei, von sich geben. Er fährt auf, sieht sich um und erblickt mit einem Schauder, der ihn einige Augenblicke unbeweglich macht, eine weiße, der Frau v. K. vollkommen gleichende Gestalt, die ihn mit freundlichem Ernst ansieht und dann verschwindet. Er faßt sich wieder, ist sich aufs deutlichste bewußt, daß er wacht und die Gestalt seiner mehr als 30 Meilen von ihm entfernten Freundin gesehen hat. Er untersucht die Pandore und findet den Resonanzboden gesprungen. Er weiß sich eine so sonderbare Erscheinung nicht zu erklären, kann aber doch, die ganze Nacht durch, den Gedanken nicht los werden, daß sie ihm vielleicht den Tod der Frau v. K. angekündigt habe. Er schreibt mit der nächsten Post an ihren Gemahl, erkundigt sich mit einer Unruhe, deren Ursache er jedoch verschweigt, nach ihrem Befinden, erhält die Nachricht von ihm, daß sie in eben derselben Stunde, da er die Erscheinung hatte, gestorben sei, und entdeckt ihm nun in einem zweiten Briefe, was ihm in der nämlichen Stunde begegnet war." Einen weiteren Fall unserer Sammlung entnehme ich dem 9. Bande des „Museums des Wundervollen", 1809, S. 311 ff. „Per verstorbene Schriftsteller Spieß hat folgende drei Träume erzählt (von denen wir nur den ersten hierhersetzen) : Im Mai des Jahres 1793 schrieb der Hauptmann W welcher bei der niederländitchen Kaiserlichen Armee stand folgenden Brief an seine geliebte Gattin: ,Mit innigstem Vergnügen berichte ich Dir, teuerstes Weib, daß ich eben heute eine Kompagnie erhalten habe. Ich befinde mich vollkommen wohl und gesund, und hoffe mit Gottes Hilfe, Dich einst ebenso wieder umarmen zu können.' Seine immer hoffende und stets fürchtende Gattin erhielt diesen Brief am 15. des genannten Monats durch die Post und machte dessen angenehmen Inhalt verschiedenen ihrer Freundinnen noch am nämlichen Tage bekannt. Froh und vergnügt legte sie sich am Abend nieder. Aber als sie kaum einige Stunden geschlafen hatte, träumte ihr, daß der geliebte Gatte sich mit verbundenem Haupte ihrem Lager nahe, ihre Hand ergreife, neunmal mit der seinigen sanft darein schlage und unter einem seufzenden ,Lebe wohl!' verschwinde. Früh fanden sie einige gute Freundinnen, welche sie zu besuchen kamen, weinend im Bette. Mein Mann ist tot, rief sie unaufhörlich aus und erzählte endlich den nach der Ursache dieser Vermutung forschenden Freundinnen ihren gehabten Traum. Vergebens bemühten sich diese, ihr das Unwahrscheinliche desselben darzutun. Vergebens beriefen sie sich -
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auf den erst gestern erhaltenen Brief, nach welchem ihr Mann noch vor acht Tagen vollkommen gesund sich befand. Die erschrockene Gattin berief sich immer auf ihren Traum und behauptete fest, daß dieser in Erfüllung gehen müsse, weil sie ihre ganze Lebenszeit hindurch nie so hell, nie so einleuchtend geträumt habe. Der seltene Traum wurde in der nicht allzugroßen Stadt E r, wo W.... s Gattin lebte, noch am nämlichen Tage bekannt. Man erzählte ihn sich in allen Gesellschaften, und ich war selbst zugegen, als man am dritten Tage darauf die Erzählung desselben in einem zahlreichen Zirkel wiederholte. Es wurde manches darüber gesprochen, und ich selbst war unter der Zahl derjenigen, welche dreist behaupteten, daß die gereizte und gespannte Phantasie jener sehnsuchtsvollen Gattin sehr leicht solch einen Traum erfinden könne, daß aber der Erfolg beweisen werde, daß ihr liebendes Herz durch diese oft qualvolle Künstlerin vergebens sei getäuscht worden. Am 24. des Monats, und folglich am neunten Tage nach dem erzählten Traume, kam die niederländische Post zu E r und mit ihr die gewisse Nachricht an, daß Hauptmann W... am 15. in .einem Treffen .durch eine Kanonenkugel, welche ihm den Kopf zerschmetterte, getötet worden sei." Endlich möchte ich noch eines vergessenen, aber nicht uninteressanten Schriftchens gedenken, in welchem der Dorstener praktische Arzt Dr. Sebr egondi über das Thema der Telepathie und des Hellsehens sich nicht unkritisch geäußert hat i). Im Vorwort sagt der Verfasser : „So wenig dieser Gegenstand in wissenschaftlicher Hinsicht berücksichtigt wird, um so mehr kommt derselbe im täglichen Verkehr und in traulichen Unterhaltungen zur Sprache, und ist dann nicht selten die unschuldige Ursache, daß dem Aberglauben jeder mögliche Eingang eröffnet .. wird". S eb r egon di wurde durch die Beobachtung eines merkwürdigen Krankheitsfalles aus seiner Praxis auf die wunderbaren Eigenschaften dieser Seite des Erkenntnisvermögens der menschlichen Seele, wie er sagt, aufmerksam gemacht, der außer einer abnormen Steigerung der Sinnesqualitäten (Hyperästhesie des Gefühls und des Gehörs) zweifellos eine telepathische Beeinflussung seiner in schwerer Krankheitskrise befindlichen Patientin aufweist. S. 8 ff. seiner Schrift hat er den Fall mitgeteilt. Wir geben dem Verfasser das Wort. „Am 12. Februar 1825 erkrankte dahier das 17 Jahre alte, blühende Fräulein N. an den Erscheinungen eines entzündlichen Fiebers mit Entzündung edlerer Eingeweide des Unterleibs verbunden. In den ersten sechs Tagen hielt die Krankheit ihren natürlichen Verlauf, und man konnte mit Ruhe der Entscheidung am siebten Tage der Krankheit entgegensehen. Aber gerade in der Zeit, als diese durch Schweiß erfolgen und das Gefäßsystem sich entladen sollte, erstieg die Krankheit wegen 1 ) Sebregondi, Eine der Vernunft und Offenbarung entsprechende Ansicht über die Fern-Gesichte, Mit-Gefühle und Vorgesichte Münster (Theissing) 1840, 8°.
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der örtlichen Entzündung eine lebensgefährliche Höhe, und, um diese zu bekämpfen, mußte man zu dem kräftigsten entzündungswidrigen Mittel, der allgemeinen Blutentleerung, seine Zuflucht nehmen. Dieses hatte indes die Folge, daß die erwartete Krisis nicht eintrat, sondern es bildete sich eine Metastasis (eine Veränderung des Krankheitscharakters) aus, indem der Krankheitsreiz sich aus dem Gefäßsystem entfernte und auf das gesamte Nervensystem überging. An der Stelle des früher stattgefundenen anhaltenden Fiebers und des örtlichen Schmerzes traten jetzt Zuckungen, bald diese, bald jene Region des Körpers betreffend, nebst einer Störung aller Sinnesverrichtungen ein. Die Augen nämlich verloren alle Empfindlichkeit gegen das Licht so vollkommen, daß das Seheloch der Augen wie gelähmt auf den Reiz der einfallenden Lichtstrahlen durchaus keine Beweglichkeit mehr zeigte, selbst ein Finger oder sonstiger Körper zwischen die Augenwimper gebracht, hatte nicht einmal mehr ein Schließen der Augen zur Folge. Auch war der Sinn des Gehörs erloschen. Dagegen aber hatten sich ganz neue Vermögen ausgebildet. So konnte die Kranke, wenn man ganz leise gegen die Gegend der Herzgrube sprach, hören ; sie beantwortete dann jede an sie gerichtete Frage ganz richtig. Merkwürdiger als diese Erscheinung jedoch war eine ungewöhnliche Steigerung des Gemeingefühls Die Kranke konnte nämlich entfernt von ihrem Körper, in der Weite von zwei bis drei Fuß, also ohne unmittelbare Berührung, und ohne, daß etwa ein Luftzug veranstaltet wurde, die sich nähernde Person so gut wie durch den Sinn des Gesichtes oder des Getastes erkennen und von anderen deutlich unterscheiden. Sie neigte sich entweder zu der sich ihr nähernden Person hin, wenn sie damit in befreundetem (sympathetischem) Verhältnisse stand, oder entfernte sich davon mit ängstlicher Gebärde im Gegenteil. Diese Beobachtung ist so oft, und so von der Kranken unbemerkt, selbst vielfältig hinter dem Hauptende ihres Bettes gemacht, daß man an der Wahrheit und Richtigkeit derselben durchaus nicht zweifeln konnte. So hielt diese Krankheit mehrere Tage und Nächte an, indem sich die Heilkraft der Natur bemühte, durch Krämpfe und pausenweise eintretende Ruhe den Krankheitsreiz, der jetzt das Gehirn und Nervensystem belastete, zu entfernen, als die Kranke auf einmal, während einer Nacht, höchst traurig und ängstlich zu der sie mit Liebe und Aufmerksamkeit pflegenden Wärterin sagte, sie sähe ihren Bruder gegen den Vater tätlich werden, festnehmen, und unter heftigem Sträuben mittelst einer Fuhre fern vom Hause bringen ; zuletzt behauptete sie, daß er einer zur Heilung von Irren bestimmten Anstalt übergeben sei, und beschrieb die Lokalitäten so genau, daß ich, sowie der .Hergang mir erzählt wurde, die Vermutung aussprach, daß dieses Marsberg sei, wiewohl weder die Umstehenden der Kranken, deren Eltern entfernt von hier wohnten, noch auch ich selbst einmal wußten, daß die Kranke einen blöd- oder wahnsinnigen Bruder habe. Da indessen die Krankheit noch andauerte und man die Eltern •davon hatte in Kenntnis setzen müssen, so kam nach einigen Tagen die Zeitschrift für Okkultismus
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Mutter hier an. Von dieser erfuhren wir mit Erstaunen, daß einer ihrer Söhne bereits eine geraume Zeit an stillem Irresein gelitten habe. Dieser Zustand aber sei plötzlich in Tobsucht übergegangen und, da er in einem Anfall von Wut sogar das Leben des Vaters bedroht habe, so sei man genötigt gewesen, ihn der Irrenheilanstalt in Marsberg anzuvertrauen. Die bekümmerte Mutter beschrieb diesen ganzen Hergang mit ebendenselben Umständen, wie ihn die Tochter in jener Nacht erzählt hatte." Nach ungefähr vier Wochen trat bei der Kranken endlich die Krisis ein und sie genas langsam. Sie erhielt das Sehvermögen wieder, und die abnormen Erscheinungen verschwanden. Die „ungewöhnlich erweiterte Sphäre des Gemeingefühls", wie Sebregondi sich ausdrückt, verlor sich wieder. Von den berichteten ungewöhnlichen Erscheinungen brauchen wir nur die offenbar telepathisch ersch autc Szene mit dem tobsüchtig gewordenen Bruder als „okkult" anzusprechen. Dr. Sebregondi geht in seiner Schrift auch theoretisch und an der Hand weiterer Erfahrungsbeispiele, z. T. aus der magnetistischen Literatur, auf die Erscheinungen des Hellsehens und derjenigen, die wir heute als Hyperästhesie der Sinne bezeichnen, ein und beruft sich u. a. auch auf den bekannten Mediziner J. Chr. R e il, der 179i die Vermutung aussprach, „daß um die Nerven der Körperoberfläche herum eine empfindliche Sphäre befindlich sei", was auch Alexander v. Humboldt (1798) bestätigt habe (Metallreiz ohne Berührung). Das erinnert an die heute von okkultistischer Seite aufgestellte Behauptung von dem Phänomen der sog. „Exteriorisation des Empfindungsvermögens" 1).
Okkultistische Wanderanekdoten. Von Graf Carl v. Klinckowstroem, München. Wir finden zuweilen in der Tagespresse Notizen über okkulte Erlebnisse, oft mit Namen und sonstigen genaueren Angaben, die offenbar beanspruchen, ernst genommen zu werden. Derartigen Zeitungsnotizen ist erfahrungsgemäß ein hohes Maß von Mißtrauen entgegenzubringen. Weiß man doch, daß auch sonst Zeitungsnachrichten mit Vorsicht aufzunehmen sind. So haben sich zum Beispiel, wie sich durch systematische Nachprüfung von ärztlicher Seite ergab 2), die meisten Berichte über Todesfälle durch Schlangenbiß als „Enten" oder als grobe Entstellungen bzw. Übertreibungen des Tatbestandes herausgestellt. Genau so liegt es mit Nachrichten über okkulte Dinge. Ein typisches Beispiel dafür ist die folgende Notiz, die Anfang Januar 1926 durch die Presse ging (z. B. im „Sammler", Beiblatt der „München-Augsburger Abendzeitung", Nr. 4 vom 6. Jan. 1926) : ') Vgl. R. Tischner, Fernfühlen und Mesmerismus. München 1925. ) Vgl. F. v. G- at f eld , „Medizinische Berichterstattung in der Tagespresse", „Umschau" 1925, Heft 14, S. 278. 2
Okkultistische Wanderanekdoten.
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Seltsames Erlebni s. „Träume sind Schäume", sagt ein Sprichwort, aber dennoch hat man genug Beispiele, wo Träume Vorahnungen und Vorzeichen kommender Ereignisse waren. Auf einer Reise nach Chikago im vorigen Jahr erzählte meinem Freunde (!) eine Dame folgende, fast unglaubliche Geschichte aus ihrem Leben : „Mir träumte einmal", begann sie ihre interessante Episode, „daß ich aus meiner Wohnung trat in dem Moment, als ein Leichenzug vorüberfuhr. Von dem Bock des Leichenwagens sprang ein Mann herunter und kam auf mich zu. Er hatte eine rote Schmarre im Gesicht, und vorn auf seiner Kappe war die Nummer 9 zu lesen. „Kommen Sie mit?" fragte er. „Nein", antwortete ich und wachte auf. — Etwa sechs Tage später machte ich in einem der größten Geschäftshäuser Chikagos Besorgungen. Ich war gerade in der obersten Etage und im Begriff, in den Fahrstuhl zu treten, um hinunterzufahren, als mir noch etwas einfiel. Ich öffnete mein Notizbuch, um nachzusehen, ob ich sonst noch etwas vergessen hätte. Der Führer wartete einen Augenblick auf mich und fragte dann : „Kommen Sie mit?" — „Nein", sagte ich, und die Tür des Lifts schloß sich. Eine Sekunde später dröhnte das große Gebäude unter einem furchtbaren Krach. Das Seil des Aufzugs war gerissen und alle mitfahrenden Personen erlitten einen schrecklichen Tod. Der Aufzugswärter hatte eine — rote Schmarre im Gesicht, und seine Mütze war mit Nr. 9 markiert !"
Man darf mit Bestimmtheit annehmen, daß diese grausige Geschichte frei erfunden, uni nicht zu sagen erlogen ist. Es ist die Abwandlung eines bekannten Motivs, genau wie die Geschichte von der Frau, die, durch einen warnenden Traum aus dem Schlafe aufgeschreckt, ihr Schlafzimmer verläßt, wenige Minuten bevor der Plafond über ihrem Bett einbricht. Auch diese Geschichte kehrt in verschiedenen Formen immer wieder. Die obige Geschichte nun findet sich in anderer Aufmachung bereits in Flammarions Sammlung okkulter Anekdoten. Wir gebrauchen diesen Ausdruck absichtlich, denn mehr als anekdotischen Wert kann diese Sammlung nicht beanspruchen. Im zweiten Bande seines dreibändigen Werkes über den Tod ') erzählt I` 1 am in ari on ein Erlebnis des englischen Botschafters in Paris, Lord Dufferin, und zwar nach brieflicher Mitteilung eines Wrwandten des Lords, des Psychologen R. de M aratr ay, so daß Flammarion für diesen Bericht volle Glaubwürdigkeit beansprucht. Das Erlebnis Lord Dulferins war kurz das folgende. Eines Nachts, als der Lord bei einem Freunde in Irland zu Gast war, erwacht er plötzlich mit einem ihm unerklärlichen Unbehagen. Er erhebt sich und geht an das Fenster, durch welches der Mond hereinscheint. Da sieht er draußen vor seinem Fenster deutlich einen Mann von abschreckendem Aussehen langsam vorbeigehen, der einen Sarg auf der Schulter trägt, Das Gesicht des Mannes prägt sich dem erschreckten Zuschauer ein. Einige Jahre später ist Lord Dufferin britischer Botschafter in Paris. Eines Tages begibt er sich zu einem diplomatischen Empfang ins GrandHotel, und als er den Fahrstuhl betreten will, erkennt er in dem Fahrstuhlführer den Mann mit dem schrecklichen Gesicht, den er in Irland nächtlicherweile einen Sarg hatte tragen sehen. Unwillkürlich prallt Dufferin zurück und macht sich, einige Worte der Entschuldigung mur1 ) Flammarion, La Mort et son Mystk.e II : Autour de la Mort. Paris 1921. S. 231/232.
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Graf Carl v. Klinckowstroem: Okkultistische Wanderanekdoten.
melnd, zu Fuß auf den Weg. Er begibt sich zunächst in das Hotelbureau, um über die Person des Liftführers Erkundigungen einzuziehen, aber er kam nicht mehr dazu : im gleichen Augenblick hört man ein furchtbares Krachen, vermischt mit Angstrufen. Der Fahrstuhl war abgestürzt und begrub mit sich die unglücklichen Mitfahrenden. Darunter befand sich auch der Angestellte mit dem abschreckenden Gesicht, dessen Person aber nachher angeblich nicht identifiziert werden konnte. Wir haben hier also dasselbe Motiv, wie in der eingangs mitgeteilten Geschichte, nur daß hier durch allerhand Details die Glaubwürdigkeit erhöht erscheint. Es werden uns Namen genannt, der Ort der Handlung ist angegeben, und als Berichterstatter wird ein Verwandter desjenigen genannt, der das Erlebnis hatte. Diese Angaben ermöglichen also bis zu einem gewissen Grade die Nachprüfung. Der französische Schriftsteller Paul Henze hat sich nun die Mühe gemacht, diesen Fall nachzuprüfen 1 ). Das Ergebnis ist bezeichnend für die Sorglosigkeit, mit der manche Okkultisten angebliche okkulte Erlebnisse und Geschehnisse als gutbezeugt verbreiten. Lord Dufferin war Botschafter in Paris von 1892-96. In diese Zeit münte also das Erlebnis fallen. In Paris gibt es nur ein Grand-Hotel. In diesem Hotel hat seit dem Jahre 1878 kein Liftunglück stattgefunden. Henze sprach mit einem Angestellten des Hotels, der Zeuge dieses Unglücks aus dem Jahre 1878 war; damals kam eine junge Frau dabei ums Leben. An jenem Tage war auch kein diplomatischer Empfang im Hotel, und Lord Dufferin, damals 52 Jahre alt, befand sich im Jahre 1878 teils in Kanada, teils in St. Petersburg. Henze hat von dem Ergebnis seiner Recherchen schon im Jahre 1922 Kenntnis gegeben, worauf Flammarion in seinem Buch ,,Les maisons hantees" ganz naiv sagt, er kenne drei verschiedene Versionen des Falles Dufferin. Soll das ein Argument gegen H eu z e sein? Offenbar sieht Flammarion gar nicht, daß er damit die Geschichte selbst als ein Märchen charakterisiert. Henz e weist ferner darauf hin, daß in dem 1914 erschienenen 'Werk von E. Bozzano „Des Phenolnkies premonitoires" (S. 397) ein ganz ähnlicher Fall, aber wieder ohne nähere Details, mitgeteilt wird, der sich in Chikago zugetragen habe. Ich habe das Buch von Bozzano nicht zur Hand, vermute aber, daß es sich um die eingangs erwähnte Geschichte handelt, die ein findiger Journalist jetzt nur neu aufwärmt. Auch Ch. lii ehe t gibt in seinem sehr lesenswerten Aufsatz „Des conditions de la certitude" in den „Proceedings of the S.P.R.", Juli 1925 (Vol. 33, Part 95, S. 429) einen Beitrag zu unserem Thema (die Arbeit ist hier in Heft 2, S. 146 ff. besprochen). Er hatte seinerzeit zusammen mit D ari ex den Fall des Leutnants Escourrou mitgeteilt, der beim Sturm auf La Puebla am linken Auge durch eine Gewehrkugel tödlich verletzt wurde. Die Mutter des Offiziers hatte die Verwundung ihres ') Heuz6, Oü en est la Metapsychique? Paris 1926, S. 36/37.
Richard BAerwald: Urteilsblendung durch psychische Osmose usw.
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Sohnes telepathisch erschaut. Genau die gleiche Geschichte findet sich nun in der Sammlung Flammarions, aber mit anderen Namen: der Offizier heißt bei Flammarion de BoisMve. Flammarion weiß sogar von einem Protokoll über diese Angelegenheit. Wo aber ist dieses Protokoll, fragt Riehet. Er meint, die Geschichte müsse nach dem Tode des Leutnants Escourrou weitererzählt und anderen Personen zugeschrieben worden sein. Mag man dahingestellt sein lassen, was an dem Fall Escourrou wahr ist, so zeugt jedenfalls auch dieser Fall wieder für die Sorglosigkeit, mit der Flammarion sein Material gesammelt hat. Wie vorsichtig der Forscher sein muß, hat mir eine Tatsache bewiesen, die ich von zuverlässiger Seite weiß. Eine Dame hat Siegmund Freud für seine psychoanalytischen Forschungen ein reiches Material an angeblichen Träumen geliefert, die von ihr frei erfunden worden sind. Freud hat diese „Träume" ahnungslos in gutem Glauben verwertet. Er ist einer Hysterika zum Opfer gefallen. Wir haben also allen Anlaß, auch angeblichen okkulten Erlebnissen gegenüber skeptisch zu sein.
Urteilsblendung durch psychische Osmose in der Prophetie und Psychoanalyse. Von Dr. Richard Baerwald. Mindestens ein großer Teil aller angeblich hellseherischen Aussagen über die Zukunft sind bloße Scheinprophezeiungen. Hauptschuldig an ihrer Entstehung sind zwei eng zusammengehörige Umstände. Erstens nämlich die E r in nerun gs anpass un g, das Hineingleiten der späteren Wirklichkeit in die Erinnerung an den früher entstandenen „prophetischen" Vorstellungskomplex, der dadurch den Anschein erhält, als habe er tatsächlich das zukünftige Geschehen vorausgesehen. Nehmen wir an, es träumt jemand am 13. November, daß ihm eine Stimme zuruft „Onkel Adolf verreist". Nach längerer Zeit erfährt er, daß sein Onkel Adolf am 23. November verstorben sei. Sehr leicht entsteht hier die Erinnerungstäuschung, daß auch der Traum am 23. November stattgefunden, und daß er nicht das bloße Verreisen, sondern das Sterben des fernen Onkels mitgeteilt habe. Eine zweite Hauptquelle der Scheinprophetie ist das Deuteln. Was es leisten kann, zeigt namentlich ein berühmt gewordenes, von Professor Richard Hennig beigesteuertes Beispiel'.) Die sogenannte „Weissagung des Malo,chias" hat für jeden Papst der Zukunft ein lateinisches Motto bereit, das sein Wesen und seine Regierung kennzeichnen soll. Auf den Nachfolger Leos XIII. wartete das Epitheton „ignis ardens" (brennendes Feuer). Man riet schon während der Papstwahl, welcher der Kandidaten wohl dieses Charakteristikum 1
) „Wunder und Wissenschaft" Hamburg, Gutenberg-Verlag 1904, S. 183 ff.
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verdienen würde. Die Sturmnatur Rampolla's hätte es jedenfalls gerechtfertigt, Kardinal Svampa paßte auch, denn vampa heißt im Italienischen „Glut", Kardinal Gotti führte eine Fackel im Wappen. Hätte Hohenlohe noch gelebt, so wäre sein Name eine wörtliche Übersetzung des Kernspruches gewesen. Nun fiel die Wahl auf den milden Sarto, in dessen Wesen, Leben, Wirken, Beziehungen so gar nichts brennend Feuriges lag. Aber ein ingeniöser Geist fand einen Ausweg: Sart° war am 4. August gewählt worden, es ist dies der Tag des heiligen Dominicus, dessen Wappen unter anderen Emblemen einen Hund zeigt, dem eine Flamme aus dem Maule schlägt. Malachias war gerettet. Nun wird der Leser vielleicht empfinden, daß die beiden geschilderten Fehlerquellen etwas Faszinierendes an sich haben. Hätten wir die Traumworte „Onkel Adolf verreist" selbst gehört und später ihre Halbbestätigung erlebt, könnten wir dafür einstehen, daß sich nicht dieselbe Erinnerungsverschiebung bei uns vollzogen hätte? Sie ist doch gar zu verführerisch. Würde uns jemand ohne Zusatz darlegen, warum Sart° gerade das Motto „ignis ardens" erhalten mußte, wir würden es etwas hergeholt, aber doch halbwegs gerechtfertigt finden. Erst wenn durch das im Malachiasbeispiel von Hennig geübte „Auswechselungsverfahren" nachgewiesen wird, daß zahlreiche andere Wirklichkeiten ähnliche Deuteleien, und oft sehr viel plausiblere ermöglichen, wird uns der Unsinn des Deutelns klar. Wir fühlen, es liegen hier starke Versuchungen vor, die unser klares Urteil gefährden. Diese Faszination geht von einem gesetzmäßigen psychischen Vorgange aus, für den ich die Bezeichnung „psychische Osmose" vorschlage'). Sind zwei mischbare Flüssigkeiten, z. B. Salzlösung und Wasser, durch eine poröse Scheidewand — etwa aus Gips oder Ton — oder eine tierische oder pflanzliche Membran getrennt, so sorgt die Molekularanziehung für einen Austausch der Bestandteile, der so lange anhält, bis die Flüssigkeit beider Abteilungen gleichartig geworden ist. Die Physik bezeichnet diesen Vorgang als Osmose. Auf seelischem Gebiete nun finden wir etwas ganz Ähnliches. Treffen zwei ähnliche, also auch „mischbare" Vorstellungskomplexe zusammen, so müht sich der vorstellungsleitende Wille wohl, sie säuberlich auseinander zu halten, aber die Scheidewand, die er stiftet, ist auch porös, unvermerkt glitschen Elemente des einen Komplexes in den anderen hinüber, bis beide sich ausgeglichen haben, d. h. ganz übereinstimmend aussehen. Man hat diesen Vorgang manchmal als „Überschätzung der Ähnlichkeit" bezeichnet, aber dieses Wort trifft nicht den Sachverhalt, denn nicht um bloße Fehlschätzung und falsche Beurteilung handelt es sich, sondern um innere Veränderung und ') B en o ist -Hanappi er, Professor in Nancy, verstand unter „geistiger Osmose" die suggestive Durchdringung einer Persönlichkeit durch eine andere, also dieselbe Tatsache, welche die Amerikaner zuweilen als „persönlichen Magnetismus" bezeichnen. Mit diesem Begriffe des Wortes, der sich nicht durchgesetzt hat, steht unser Begriff der psychischen Osmose nicht in Beziehung. Vgl. Ch. Baud oui n, "Die Macht in uns" (Dresden, Sibyllenverlag 1925), S. 172.
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reales Gleichwerden der beiden Vorstellungsmassen. Bei der physikalischen Osmose kann das Hinüberströmen in beiden Richtungen, von A zu B und von B zu A hin stattfinden. Dutrochet unterschied deshalb Endosmose und Exosmose. Mit der psychischen Osmose steht es ebenso: Bei der Erinnerungsanpassung und Deutelei wird die Prophezeiung mit Elementen der Wirklichkeit, beim Erleben und Wahrnehmen des Vorausgesagten wiederum die Wirklichkeit mit Elementen der Prophezeiung infiltriert. Oft wird beides zugleich stattfinden. Psychische Osmose finden wir in zahlreichen, scheinbar sehr verschiedenen geistigen Situationen wieder. Ihr ist es z. B. zuzuschreiben, daß jeder neuen Wahrheit oder Lehre zuerst das höhnische Urteil entgegenschallt: Gott, wie alt! Die Welt sieht anfangs nur, was sie mit den früheren Theorien gemein hat, was sie dagegen Originales besitzt, wird erst bei allmählich sich verfeinerndem Blick gesehen. Wir erleben heute dieses Schauspiel wieder einmal bei der Methode Coue. Mindestens zwei psychische Kräfte vertreten bei der seelischen Osmose die Rolle der Molekularanziehung. Erstlich spielt hier die Apperzeption und Assimilation mit: Vorstellungsmassen, die wir schon besitzen, stehen immer bereit, um neu einströmende ähnliche entgegenzunehmen, mit ihnen zu verschmelzen, sie zu verdauen und gewissermaßen in ihre eigenen Bahnen hinüberzuziehen. Weil die Vorstellungen der musikalischen Intervalle in uns parat liegen, glaubt zuerst jeder, der Kuckuck singe eine Terz. Später merkt man, er singe abscheulich unrein, und verleumdet sein musikalisches Gehör. Erst ganz zuletzt wird man gewahr, daß er überhaupt kein mit menschlicher Musik übereinstimmendes Intervall schlägt und sich ja auch gar nicht dazu verpflichtet hat. Zweitens ist unserem Geiste ein Hunger nach Gleichheit, Gesetzmäßigkeit, Harmonie zu eigen. Nur das Regelmäßige bietet uns die Möglichkeit, uns in der unendlichen Fülle der Erscheinungen zu orientieren. Darum klammert sich z. B. der Opernbesucher, der sich zuerst in die Wagnersche Musik einzuhören sucht, an die Leitmotive, sie sind seine Haltepunkte in dem anfänglich unbegreiflichen Chaos. Schreitet dagegen die Orientierung weit vor, dann kippt unser Triebleben um und an die Stelle des Hungers nach Gleichheit tritt ein Hunger nach Differenz, nach dem Ungewöhnlichen, Seltenen, aus der Art Schlagenden, wie unsere modernste Literatur und Kunst ihn bekundet. Auch der Gleichheits- und Harmonietrieb nun liegt der psychischen Osmose zugrunde. Es ist eine ärgerliche Differenz, es „klappt" nicht recht, wenn in dem Falle des obigen Traumes, der doch dem späteren Todesfall so sehr entspricht, die Traumstimme bloß vom „Verreisen" gesprochen hat, was doch immerhin eine etwas ungenaue Bezeichnung "für Sterben ist. Diese schlecht passende Ungleichheit muß weggehobelt werden, und so fühlt sich unsere Erinnerung schließlich zu der kleinen Schiebung berechtigt, den Traum direkt vom Sterben reden zu lassen. Nun genügt es nicht, daß der Leser bloß theoretisch die Tatsache der psychischen Osmose begreift. Um sich kritisch zu schulen, ist es
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erforderlich, daß man ihre seltsame verführerische Gewalt sozusagen am eigenen Leibe erprobe. Ich möchte zu diesem Zwecke einen Fall vorlegen, der durch das Aufsehen, das er verursacht hat, seine Kraft zu blenden und zu verwirren öffentlich dokumentiert hat. Max Kemmerich hat in seinem bekannten Buche über Prophezeiungen') Erklärungen einiger Stellen des Nostradamus veröffentlicht, die von den Okkultisten als Hauptbeweis für das tatsächliche Vorkommen echter Prophezeiungen angesehen werden und als solche von anderen okkultistischen Werken übernommen worden sind. Von der Stelle, die wir sogleich kennenlernen wollen, wurde mir von spiritistischer Seite gesagt, Nostradamus habe in ihr nicht nur die Vorgänge, sondern auch die genauen Namen einiger Akteure der französischen Revolution vorausgesehen, er habe die Tuilerien ausdrücklich genannt, obgleich sie zu seiner Zeit noch nicht erbaut waren usw. Sehen wir uns dieses Wunder einmal näher an! Der vierunddreißigste Quatrain (Vierzeiler) der neunten Centurie des Nostradamus lautet : Le part soluz mary sera mitre Retour : conflict passera sur le thuille Par cing cens : un trahyr sera Narbon : et Saulce par ceutaux avous d'huille. Le Pelletier erklärt die altfranzösischen Worte folgendermaßen: Part = epoux, Gatte. Soluz seul, allein ; mary betrübt. Par in der letzten Zeile parmi, unter (einer Anzahl); coutaux von lat. custos =Wächter, Hüter. Avous vom lat. avus Vorfahren. Tiltre = tituliert. Als Übersetzung gibt Kemmerich an : Der Gatte 'wird einsam betrübt mit der Mitra geschmückt werden nach seiner Rückkehr. Ein Angriff wird geschehen auf den tuille (Ziegel) durch fünfhundert; ein Verräter wird sein Narbon mit hohem Titel und Saul ce unter seinen Vorfahren Hüter des Öls (habend), Folgende Erklärung gibt nun Kemmerich (ich gebe sie verkürzt, aber möglichst wörtlich): Am 20. Juni 1791 ereignete sich die Flucht Ludwig XVI. und seiner Gemahlin Marie Antoinette. Genau ein Jahr später, am 20. Juni 1792, fand die Massendemonstration der Jakobiner gegen den König statt und der Einfall eines Pöbelhaufens in die Tuilerien. Dabei wurden der König und seine Gemahlin nicht nur beschimpft, sondern ihnen auch die rote Jakobinermütze aufs Haupt gesetzt. Der erste Satz des Quatrains bedeutet also: Der betrübte Gatte, nämlich Ludwig XVI., wird allein — denn der König saß im Saale Oeils de Boeuf, die Königin war im Beratungssaale der Minister ähnlichen Kränkungen ausgesetzt — mit der Mütze geschmückt nach seiner Rückkehr. „Jedes Wort stimmt!" Der eigentliche Angriff auf die Tuilerien (le thuille) erfolgte in der Nacht vom 9. auf den 10. August 1792, als die sogenannten fünfhundert federes marseillais, die den schlimmsten Auswurf der Hafenstadt ent1 ) Dr. Max Kemmerich „Prophezeiungen. Alter Aberglaube oder neue Wahrheit". München, Albert Langen.
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hielten, sich in die Hauptstadt ergossen hatten. Die Folge war die Gefangennahme des Königs und das Ende des Königtums. Also sogar die Zahl, die den Mordbrennern ihren Namen gab, wird im Quatrain richtig angegeben. Ebenso der Ort. Katharina von Medici hatte erst kurz vor dem Tode des Nostradamus (1564) an der Stelle, wo früher Ziegeleien standen — daher der Name — den Grundstein zu den Tuilerien gelegt. Da die französischen Könige dieses Schloß nur selten bewohnten, ist die Prophezeiung um so merkwürdiger. Als Nostradamus seine Prophezeiungen schrieb, existierten die Tuilerien noch gar nicht. Narbon „mit hohem Titel" wird als Verräter bezeichnet. Dieser Narbon ist natürlich identisch mit Louis Graf Narbonne-Lara, der bis März 1792 Kriegsminister Ludwigs XVI. war. Da er sowohl dem Königtum wie der neuen Verfassung gerecht zu werden trachtete, wurde er von beiden Parteien verdächtigt. Der König entließ ihn unter dem Einfluß der Hofkreise durch einen lakonischen, ungnädigen Brief. Ein Verräter war der Graf, der am 10. August von den Jakobinern fast umgebracht wurde, sicherlich nicht. Da aber Nostradamus vorn royalistischen Standpunkt aus schrieb, konnte er ihn doch so bezeichnen. Der andere Verräter ist Saulce „unter seinen Ahnen Hüter des Öls". Auch dieser Name ist historisch. Sauce, ohne 1, hieß nämlich der Krämer und Gastwirt in Varennes, der Ludwig XVI. auf der Flucht erkannte und anhalten ließ. Wie Le Pelletier feststellte, waren schon die Vorfahren von Sauce Inhaber dieses Krämerladens. „Hüter des Öls" könnte unserem „Heringsbändiger" entsprechen. Der Verrat des Sauce wurde durch die Nationalversammlung durch eine Dotation von 20 000 Livres belohnt. Hyperkritiker könnten am fehlenden 1 Anstoß nehmen, es entspricht aber der Differenz der alten und modernen französischen Sprache. Bormann und Kemmerich hielten die Übereinstimmung des Quatrains mit der späteren geschichtlichen Wirklichkeit für so unglaublich, daß sie große Mühe aufwandten, um seine Echtheit zu beweisen. Sie braucht auch nicht angezweifelt zu werden. Wer diese Darlegung naiv durchliest, fühlt sich in der Tat geblendet. Mir war es sogleich klar, daß hier einiges nicht stimmte und eine Glanzleistung psychischer Osmose vorlag. Da ich mich aber als Historiker nicht zuständig fühlte, machte ich Herrn Professor Richard Hennig darauf aufmerksam, wie wünschenswert es sei, durch historische Nachforschungen Licht in diese recht dunkle Angelegenheit zu bringen. Er hatte die Güte, sich im Jahre 1924 für die Sache zu interessieren und mir seine Ergebnisse zur Verfügung zu stellen. Es ergab sich uns nun folgendes Bild: Le part soluz, der einsame Gatte. Wenn ein Gatte „einsam" ist, sobald seine Frau im Nebenzimmer sitzt, ist es leicht, Strohwitwer zu werden. mary, traurig. Sicher war Ludwig XVI. im Juni 1792 traurig. Aber soluz mary heißt doch wohl „einsam und traurig", traurig, weil
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man verlassen ist, oder um so trauriger, als man zugleich verlassen ist, und das traf hier durchaus nicht zu. mitre, mit der Mitra geschmückt. Mitra war im Altertum die Kopfbinde persischer und anderer orientalischer Könige in der christlichen Zeit nannte man die Bischofsmütze mit diesem Namen. Zwischen der phrygischen Mütze, die die Jakobiner als Abzeichen wählten und dem unglücklichen Ludwig XVI. zum Hohne auf den Kopf setzten, und der Mitra gibt es weiter keine Ähnlichkeit, als daß beide aus Vorderasien und dem Altertum stammen. Nicht einmal Kemmerichs Behauptung, beide Kopfbedeckungen seien rot, trifft durchweg zu, die Bischofsmitra kann auch weiß sein. Bormann übersetzt denn auch mitre mit „infuliert", d. h. „mit den bischöflichen 1VIitrabändern geschmückt". Wie paßt das aber auf Ludwig und seine Jakobinermütze? Kemmerich meint, es stecke Ironie dahinter, statt des zum Zölibat verpflichteten Bischofs werde hier der „Gatte" infuliert. Sollte Nostradamus so schlechte Witze gemacht haben, deren Gleichnis auf sämtlichen Beinen hinkt? Es ist klar, daß man, wenn man erst mit Ironie hineindeuteln muß, keine Übereinstimmung zwischen Prophezeiung und Geschichte beweisen kann. Retour, heimgekehrt. Pflegen wir, wenn wir im Juni vorigen Jahres eine kleine Reise unternommen haben, uns noch im Juni dieses Jahres als „heimgekehrt" zu bezeichnen? conflict passera sur le thuille. Ein Streit wird vor sich gehen auf dem Ziegel. Also nicht von den Tuilerien hat Nostradamus geredet, sondern von Ziegeln. Wenn ein Streit oder Kampf auf einem mit Ziegeln gepflasterten Weg oder auf einem Bauplatz oder Hafenplatz mit Ziegelhaufen stattgefunden hätte, würde seine Prophezeiung ebensogut stimmen, und welche aufgeregte Epoche der Geschichte läßt sich denken, in der eine so allgemeine Vorhersage sich nicht verschiedene Male erfüllt! Freilich soll zugestanden werden: Weil der betreffende Akt der Revolutionstragödie sich gerade in den Tuilerien abgespielt hat, die die Ziegel schon im Namen tragen, gewann diese Art der Verwirklichung etwas besonders Pointiertes. Aber solche hübschen Treffer bringt auch der Zufall gern zustande. Wenn zwei Kinder sich damit vergnügen, zwei verschiedene Gedichte zeilenweise abwechselnd zu lesen, fehlt es durchaus nicht an ähnlichen amüsanten Übereinstimmungen. Par cinq cens, durch fünfhundert. Professor Hennig stellte fest, daß mehr als 15 000 Menschen am Sturm auf die Tuilerien teilnahmen. 2400 Soldaten, Schweizergarden, verteidigten das Schloß und kamen dabei um ; fünfhundert Angreifer hätten sie gewiß nicht überwältigen können. Haben also die fünfhundert Marseiller überhaupt an dem Sturm teilgenommen, so waren sie eine Schar unter vielen. Welches Heer und welche Volksmenge sollte nicht u. a. auch Abteilungen von fünfhundert gehabt haben! Können solche Prophezeiungen, die immer eintreffen müssen, irgend einen Wert haben? — Man sieht an diesem Fall ebenso wie am Malachiasfall, auf welche Weise man psychische Osmose entlarvt: Man stellt sich vor, es handle sich um eine ganz andere Wirklichkeit, läßt also die Osmose ;
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bald in dieser, bald in jener Richtung verlaufen und erkennt dabei, daß die Prophezeiung die verschiedensten Angleichungen und Mischungen zuläßt. Wir haben diese Methode schon oben als „Auswechselungsverfahren" bezeichnet. Sie stellt uns, wo sie anwendbar ist, unbedingt gegen die Urteilsblendung sicher, die von psychischer Osmose ausgeht. Wir meinen im Grunde das Auswechselungsverfahren, wenn wir sagen: „Auf diese Weise läßt sich alles beweisen!" Un trahyr sera ti1tr Narbon: Ein Verräter wird sein der betitelte Narbon. Daß im Verlauf der Revolution auch ein Mensch eine Rolle gespielt hat, dessen Name Ähnlichkeit mit dem von Nostradamus genannten hatte, wird nicht wundernehmen. In beiden Fällen kommen ja französische Namen in Betracht. Dafür paßt aber auch die weitere Kennzeichnung des Trägers dieses Namens absolut nicht. Wenn jeder Minister eines konstitutionellen Monarchen, der nicht mit seinem Herrn durch Dick und Dünn geht, sondern die Verfassung zu halten bemüht ist, von den Royalisten Verräter genannt werden könnte, wohin kämen wir dann? Nur durch wüste Deutelei gelingt es doch hier, Narbonne-Lara zu der Weissagung des Nostradamus in Beziehung zu setzen. Saulce par coutaux avous d'huille. Saulee unter seinen Vorfahren Hüter des Öls habend. Sauce ist ein nicht seltener französischer Name; er fehlt z. B. im Berliner Telephonbuch nicht. Wenn ich mir erlauben darf, zu prophezeien, daß in den Unruhen, die Deutschland in den nächsten zwei Jahrhunderten durchmachen wird, ein Mann namens Berger oder Kruse eine Rolle spielen wird, so werde ich mit dieser ungefährlichen Vorhersage ähnliche Wunder verrichten wie mein bekannterer französischer Vorgänger. Was aber von diesem Sauce ausgesagt wird, verwandelt Le Pelletier-Kemmerich nur dadurch in eine Prophezeiung, daß er sowohl der Sprache wie der Geschichte Gewalt antut. Nicht Sauce, sondern der Postmeister Drouet hat den König erkannt und festgenommen. Schon gefangen wurde er nach Varennes gebracht, wo Sauce Maire (Bürgermeister) war. Der König gab sich ihm zu erkennen, umarmte ihn, erbat seinen Schutz, und Sauce nahm sich seiner an und schaffte für ihn und Marie-Antoinette Speise und Trank herbei. Darin bestand sein „Verrat". — Im Text heißt es nicht coutaux d'huille, sondern avous d'huille. Man kann also nicht übersetzen „Wächter des Ols", sondern nur „Vorfahren des Öls". Neuphilologen erklären, daß sich aus der absichtlich dunklen Sprache des Nostradamus alles Erdenkliche herauslesen läßt, am ehesten dürfte er hier an „gesalbte Ahnen", also fürstliche Ahnen gedacht haben. Das paßte nun auf Sauce zu schlecht, darum die gewaltsame Umstellung. Leider ist es dabei den Auslegern passiert, wegen einer unhaltbaren Übereinstimmung — Wächter des Öls sollte ja eine Verspottnlig. des Gastwirts und Krämers Sauce sein — eine reelle zu verscherzen, Denn „Sauce par coutaux" hätte geheißen „Sauce unter den Wächtern". Nun, Sauce als Maire hatte gewiß u. a. die Pflicht, den König nicht fliehen zu lassen, und weil nichts dergleichen geschah, hat er wahrscheinlich die erwähnte Dotation erhalten. Zu den „Wächtern des Königs" also konnte er wohl gerechnet -
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werden, hier hätte ein ähnlicher Zufallstreffer vorgelegen wie bei dem Worte thuille, und gerade den ließen sich die Erklärer entgehen. Übrigens haben in der Geschichte der Revolution wie in der Tragödie Ludwigs XVI. sowohl Narbonne-Lara wie Sauce eine so unbeträchtliche, rein passive Rolle gespielt, daß man wirklich nicht einsehen kann, wozu sich ein Prophet zwei Jahrhunderte vorher ihretwegen in Unkosten stürzen mußte. Daß es sich bei ihrer Nennung um rein zufällige Übereinstimmung handelte, wird gerade durch diesen Umstand erhärtet. Hätte ein wirklicher Verkünder der Zukunft nicht eher Namen wie Mirabeau, Robespierre, Danton gewählt? Reduzieren wir einmal die Prophezeiung auf das, was von ihr wirklich eingetroffen ist, d. h. extrahieren wir die Übereinstimmungsmomente, so bleibt uns nichts in den Händen als dies : Einem betrübten Gatten wird etwas Ungewöhnliches auf den Kopf gesetzt. Eire Menschenmenge wird an einer Stelle, die mit Ziegeln zu tun hat, Streit haben. Zwei Männer, deren Namen ähnlich wie Narbon und Saulee klingen, deren einer einen Titel trägt, während der andere irgendeine Beziehung zu Öl hat, spielen eine nicht näher definierbare Rolle. — Man sieht, daß sich dieser prophetische Rest ebensogut an zahlreiche andere Ereignisse anpassen ließe; sind doch von den positiven Angaben des Quatrains die wichtigsten auf der Strecke geblieben! Versuchen wir eine Konstruktion im Sinne des Auswechselungsverfahrens: Bauarbeiterstreik. Der verheiratete Maurermeister X sitzt deswegen mißmutig allein zu Hause, selbst das gemütliche Hauskäppchen kann ihn nicht trösten. Gleichzeitig prügeln sieh die Streikenden mit den Arbeitswilligeri auf dem mit Ziegelstapeln bedeckten Bauplatz. Letztere werden wie üblich Streikbrecher und Aufpasser (Wächter) gescholten. Auch von einem gewissen Kruse, Cruse oder Krause, der bürgerlicher Abkunft ist, sagen die Streikenden: „Natürlich, dieser Feudale („gesalbte Ahnen") hält es mit den Aufpassern!" Vielleicht gehört dieser Kruse selbst zu den Arbeitswilligen, vielleicht ist er ein Restaurateur, der ihnen Kredit gibt, vielleicht ein Reporter, der in ihrem Sinne schreibt, vielleicht ein Polizist, der den Neubau gegen Sabotage schützt; er kann in hundert Beziehungen zu den Streikbrechern stehen. Was ein in der gleichen Zeit lebender, mit einem Titel geschmückter Herr Berger, Bergner oder Burger mit der Sache zu tun hat, ist vollends nicht auszumachen.— Man sieht aus dieser Konstruktion, daß ein beständig sich wiederholender, banaler Vorgang der Prophezeiung genau so gut entspricht wie die Tragödie Ludwigs XVI. Ohne solche Auswechselung kann man sich oft nur schwer von der Blendung befreien, der man unterliegt, wenn man ein Ereignis kennt und nun eine Prophezeiung oder einen Traum hört, der darauf Bezug haben soll; selbst die molluskenhaftesten Angaben scheinen dann Form und Festigkeit zu gewinnen, weil sie sich mit Determinationen vollsaugen, die sie der Wirklichkeit entwendet haben, und gewinnen eine bestimmte Richtung und Tendenz, die sie, wenn man sie auf ihre endogene Bedeutung zurückführt, durchaus nicht haben. Aus den an sich ganz unbestimmten „Ziegeln" werden, wenn die Erinnerung an
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die französische Revolution osmotisch einwirkt, plötzlich die Tuilerien. und nun ist das Wunder fertig.
In der psychoanalytischen Traumdeutung wird der Inhalt des Traumes teils von einer bestimmten Deutungsidee osmotisch infiltriert, teils von allgemeinen Theorien, z. B. der, daß jeder Traum eine Wunscherfüllung darstelle, daß die meisten Träume sexuelle Hintergedanken haben sollen usw. Um zu prüfen, wie weit in den Auslegungen, die Freuds Buch „Die Traumdeutung" vorbringt, logische Notwendigkeit und nicht bloß osmotische Urteilsblendung vorliegt, habe ich es wiederum mit dem Auswechslungsverfahren versucht. Ich stellte mir vor, es verfiele jemand auf die Theorie, daß der Traum es nicht auf Wunscherfüllung, sondern auf möglichste Häufung drolliger Gegensätze abgesehen habe. Und siehe da, die meisten in jenem Buche angeführten Träume ließen sich noch viel leichter und widerspruchsloser so drehen, daß sie zu dieser Pseudotheorie paßten, als zu Freuds ernstgemeinter Leitidee. Übrigens rannte dieser mein Versuch offene Türen ein : Stekel, Jung, Adler haben ja schon die Probe auf das gleiche Exempel gemacht, jeder „osmotisiert" den Trauminhalt mit seinen Speziallösungen, und der Erfolg zeigt, daß der Traum zu ihnen allen gleich willig „Ja" sagt. Ein maßgebenderes Experimentieren als es die höchste Richterin, die Geschichte der Forschung durchführt, kann sich niemand ausdenken. Es scheint mir aber für die Beurteilung der psychoanalytischen Methode wertvoll, wenn wir das Auswechslungsverfahren an einem bestimmten Fall erproben, den Freud für besonders beweisend und klar hält („Traumdeutung", Leipzig und Wien, Deuticke, 7. Aufl., 1922, S. 254 ff.). Es handelt sich um den Traum eines gesunden Mädchens, denn „die unbefangenen Träume Gesunder enthalten oft eine viel einfachere', durchsichtigere und mehr charakteristische Symbolik als die neurotischer Personen, in denen sie infolge der stärker wirkenden Zensur und der hieraus resultierenden weitergehenden Traumentstellung häufig gequält, dunkel und schwer zu deuten ist". Wir haben es also mit einem Paradefall der Psychoanalyse zu tun, in dem „nichts überflüssig, jedes Wort ein Symbol" ist. Die Träumerin ist Braut, der Heirat haben sich aber verzögernde Widerstände in den Weg gestellt. Wir geben, wie Freud selbst, immer unmittelbar nach den Worten ihres Traumberichts die psychoanalytische Deutung : I arrange the centre of a table with flowers for a birthday." Freud fragt, was für Blumen? „Expensive floixers ; one has to pay for them, lilies of the valley (Maiglöckchen), violets and pinks or carnations (Nelken)". Auslegung : Die Dame denkt bereits, die Widerstände ihrer Sehnsucht durch die Wunscherfüllung des Traumes überfliegend, an die Geburt ihres späteren Kindes. Der flache Tisch ist ihr eigener, als dürftig empfundener Körper, das „centre of the table" ihr Genitale, das „arrange for birthday" deutet auf die Deflorierung, aus der das Kind entstehen
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wird. Der Blumenschmuck und seine Kostbarkeit deutet auf den hohen Wert der Jungfräulichkeit. Freud fordert nun Assoziationen, freie Einfälle zu den einzelnen Traumstücken. Zu lily (Lilie) wird natürlich purity (Reinheit) hinzuassoziiert. Da valley (Tal) für die Psychoanalyse gleichfalls auf das Genitale hinweist, spielen beide Worte wiederum auf die Keuschheit an. Bei violets (Veilchen) denkt die Träumerin an das fast gleichklingende violate (verletzen, vergewaltigen). Also wieder das gleiche Thema. Zu pinks (Nelken) und carnations (ebenfalls : Nelken) findet die Dame zuerst colour (Farbe), dann incarnation (Fleischwerdung). Da pink colour auch „fleischfarbig" bedeutet, weisen beide Einfälle auf dasselbe Grundmotiv hin, nämlich auf die Zeugung und Geburt des Kindes. Indem sie hinzufügt, daß ihr Verlobter ihr oft carnations geschenkt habe, ist dieser „phallische Sinn" der Nelken im Traume noch gesicherter. Später fällt ihr noch ein Nachtrag ein '): „I decorate the flowers with green crinkled (gekräuselt) paper, fancy paper, to hide (verbergen) untidy (häßliche, unsaubere) things, whatever was to be seen, which was not pretty to the eye; there is a gap (Loch), a little space (Zwischenraum) in the flowers; the paper looks like velvet (Samt) ör moss (Moos)". Zu decorate assoziiert sie „decorum" (Ehre, Anstand), zu green „hope" (Hoffnung). Was die untidy things und das gap für den Psychoanalytiker bedeuten, ist klar. Samt und Moos weisen auf die crines pubis, hope auf „guter Hoffnung sein", d. i. Gravidität, decorum wieder auf Unschuld und Defloration hin. Eine prachtvolle Übereinstimmung! Wollte man den osmetischen Einfluß eines anderen Lösungsversuches probieren, so würde man schwerlich Glück damit haben (denn es gibt keinen anderen Gedankenkreis, der sich an osmotischer Durchdringungskraft mit dem sexuellen messen kann). Wohl aber glückt sofort die umgekehrte Form des Auswechselungsverfahrens: die junge Dame könnte zu den Stücken ihres Traumes hinzuassoziieren, was sie will -- die Freu dsche Lösung würde immer stimmen. Hätte lily of the valley (Maiglöckchen) in ihr den auch naheliegenden Einfall bells (Glocken) hervorgerufen, so bedeutet auch „Glocke" gleich anderen hohlen, gefäßartigen Gegenständen nach der psychoanalytischen Symbolik den Frauenleib, und bells erinnert an belly (Lauch), was dann vorzüglich mit dem „valley" übereinstimmt. Oder hätte lily „snow" (Schnee) heraufbeschworen, so wäre an den schneeweißen Busen gedacht worden, der auch wieder ein valley dargestellt hätte, und die orangefarbenen Staubgefäße der Lilien hätten an die Brustwarzen auf diesem Schnee gemahnt. Hätte sich an carnation das auch sehr ähnlich klingende „concentration" angeschlossen, so hätte es den Zusammenfluß der Körpersäfte zum werdenden Embryo symbolisiert. Hätte violet „perfmne" (Duft) ausgelöst, so hätten rL die zugrundeliegenden „latenten Traumgedanken" 1 ) Geschah das, nachdem die Dame aus Freuds Fragen und Erläuterungen den „phallischen Sinn" ihres Traumes bereits begriffen hatte? Dies zu wissen, wäre für die Beurteilung der nachfolgenden Berichtstücke wichtig.
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es mit dem berückenden Duft des weiblichen Körpers oder mit liebewerbendem Parfüm zu tun gehabt. Wie jener offenherzige Zeuge sagte : „Den Eid möchte ich sehen, den ich nicht schwören könnte !", so könnten wir erklären: „D je Assoziation möchte ich sehen, der ich keine sexuellen Beziehungen überstülpen könnte !" Auch hier wieder läßt sich nach der gleichen Methode „eben alles beweisen", und darum fehlt der angebotenen Lösung jegliche Beweiskraft. Leute mit „schmutziger Phantasie" zeigen uns, daß sie nichts in der Welt ohne geschlechtliche Hintergedanken sehen oder hören können ; die Welt ist aber doch wohl kein Traum mit einem aufzuspürenden latenten Traumgedanken ; also muß die Einheitlichkeit, mit der bei solchen Personen alle Dinge auf den gleichen Punkt weisen, an der universellen osmotischen Durchdringungskraft dieses ein für alle mal feststehenden Grundmotivs liegen. Die Übereinstimmung ist in anderen Traumauslegungen nicht immer so deutlich wie in dem vorgeführten Falle. Oft macht die Deutung den Eindruck wüster Deutelei. Das geben auch die Psychoanalytiker zu; sie fügen aber hinzu: „Vergeßt nicht, wir erfinden uns ja die Deutungen nicht aus dem freien Handgelenk, sondern halten uns an die Einfälle, die dem Patienten in den Sinn kommen, wenn er, kritik- und steuerlos vor sich hinträumend, von den einzelnen Stücken des manifesten Trauminhalts seinen Ausgang nimmt. Da aber der Patient dauernd von dem Gedanken an das Ziel der Behandlung beherrscht wird, so assoziieren seine freien Einfälle, auch wenn sie zunächst ganz sinnlos, ganz oberflächlich, rein durch den Wortklang bedingt erscheinen, stets in der Richtung auf den werboigenen, unbewußten Komplex zu, der sich im Trauminhalt vermummt. Ao.ch hier herrscht jener strenge Determinismus, den der Psychoanalytiker in allen scheinbar ganz zufälligen Vorgängen des Seelenlebens annimmt." Womit, fragen wir, wollt ihr diese kühne Behauptung beweisen? „Damit", erwidert der Psychodnalytiker, „daß die freien Einfälle oft konzentrisch auf ein Thema oder eine kleine Zahl von Themen lossteuern, so daß man erkennt, ihre anfängliche Ziellosigkeit war nur Schein, in Wahrheit laufen sie längs vorbestimmter Bahnen, sie laufen von den Verschiebungen, zu denen die „Zensur" die latenten Traumgedanken gezwungen hat, zu diesen letzteren selbst zurück." Hierauf aber müssen wir, durch unser obiges Beispiel gewarnt, entgegnen : „Bedaure, diesen Wechsel nicht diskontieren zu können ! Ich habe gesehen, daß jenes konzentrische Hinzielen auf eine bestimmte Lösung oft weiter nichts ist, als die durch jene Lösungsidee veranlaßte psychische Osmose, daß es also eitel Schein ist. Setze unter einem Blatt, das mit Eisenfeilspänen bestreut ist, einen Magneten an! Dann werden alle Späne sich so ordnen, daß sie auf jene Ansatzstelle hinzustrahlen scheinen. Setzest du aber den Magneten an anderer Stelle an, dann vergessen sie ihre frühere Orientierung und weisen nun auf das neue Zentrum hin. Sie selbst waren ein Chaos, nur der Magnet gab ihnen eine momentane Scheinordnung. Ganz ebenso ordnet sich das Wirrsal des Traumes, wenn es der Osmose\Nirkung irgend einer Deutung ausgesetzt -
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Richard Baerwald: Urteilsblendung durch psychische Osmose usw.
wird. Eine zweite, eine dritte Deutung führt dann neue Pseudoharmonien herbei. Eben darum kann Freud in jedem Traum mehrere Schichten latenter Traumgedanken finden, denn wo er einen vermutet, nehmen die Späne des Trauminhalts sofort Richtung auf ihn zu. Die Methode, die ihr verwendet, ist also offenbar viel unsicherer, viel problematischer, als ihr gedacht habt, vieles, was ihr für empirisch feststellbare Sachverhalte angesehen habt, war nur osmotische Blendungswirkung." Ich breche hier ab, obgleich zu diesem Thema noch sehr viel für und wider zu sagen wäre. Aber wir wollen ja nur die Bedeutung der psychischen Osmose für die Psychoanalyse kennen lernen, nicht aber ein Gesamturteil über das psychoanalytische Gedankensystem gewinnen. Keineswegs glaube ich, daß meine Feststellungen so weit reichen, daß sie letzteres erschüttern könnten. Es gibt zahlreiche psychoanalytische Deutungen, die sich nicht auf bloße Osmosewirkung zurückführen lassen, bei denen das Auswechselungsverfahren erfolglos abprallen würde. Freuds unsterbliche Verdienste zu leugnen', kommt mir nicht in den Sinn. Aber ein e Konsequenz für die Gesamtlehre wird man doch aus unseren Darlegungen ziehen müssen : Mit einem so unsicheren tastenden Instrument, wie es die psychoanalytische Methode ist, darf man keine unbedingten, allgemeinen Gesetze finden wollen. Das „Immer" und das „Muß" ist aus der Lehre Freuds zu eliminieren. Es kommt vor, daß ein Traum eine Wunscherfüllung vorstellt; der manifeste Trauminhalt symbolisiert manchmal eine tiefer liegende Idee ; diese Idee ist oft eine sexuelle ; sie ist zuweilen infantilen Ursprungs, Das alles kann man sagen und durch gute, sichere Fälle belegen. Aber sobald man solches „Vorkommen" in ein „Seinmüssen" verwandeln will, übernimmt man eine unerfüllbare Aufgabe und überstrapaziert das heikle, im Nebelreiche des Unbewußten nur mühsam vordringende Erkenntnismittel des Deutens aus dem Selbstverrat der freien Assoziation. Durch jenen Trieb, Gesetze zu finden, wo es doch nur typische Fälle gibt, bekommt Freuds Lehre das krampfhaft Dogmatische, Unempirische und unerträglich Komplizierte, das ihr anhaftet. Sobald man aber das „Immer" opfert, fällt auch die unbedingte „Determination" aller psychischen Akte im Sinne Freuds. Man kann nun nicht mehr behaupten, der Traum enthalte nichts Zufälliges, Sinnloses, jeder Purzelbaum der Phantasie sei intrigantenhaft geflissentlich ausgeheckt. Man kann dann nicht mehr die Dinge auf den Kopf stellen und leugnen, was vor Augen liegt, nämlich, daß der Traum und ähnliche Zustände einer primären (nicht bloß durch Verdrängung gestifteten) Dissoziation, einem Bröcklig- und Inkohärentwerden der Hirnarbeit und des Bewußtseins entsprechen. Hat die Psychoanalyse so mit der älteren Traum- und Neurosenlehre Frieden geschlossen, so wird sie, wie ich glaube, in der nunmehr erreichten maßvolleren Form siegen. Diese Auffassung scheint von zahlreichen besonnenen und urteilsvorsichtigen Freunden der Psychoanalyse geteilt zu werden. -
Ernst Paasche: Trickmäßige und okkulte Erscheinungen.
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Trickmäßige und okkulte Erscheinungen. Von Ernst Paasche'). Über den Wert einer sachgemäßen Untersuchung sog. medialer Erscheinungen innerhalb ihres Gesamtgebietes läßt sich kaum streiten. Der Gegensatz zu den veralteten Untersuchungsmethoden ist ja gerade darin zu finden, daß man gewissen wissenschaftlichen Methoden einen leider nur geringen Platz eingeräumt hat und den Wert abgeschlossener Versuche abhängig macht von der Art der dabei benutzten Untersuchungsmethoden. Dabei ist ein Übergewicht der Mediziner, Physiker und Biologen für jeden zu erkennen, der die Veröffentlichungen auf diesem Gebiete lebhaft verfolgt hat. Es soll ein Zweck nachstehender Ausführungen sein, den Beweis dafür zu erbringen, daß einem ganz bestimmten Zweig der angewendeten Psychologie, der Taschenspielerei (dem Arbeitsgebiet des Prestidigitateurs) ein Platz eingeräumt werden muß, wenn man nicht wünscht, daß vollständig neue Erscheinungen, über deren Ursprung vorerst so gut wie gar nichts bekannt ist, nur einseitig erhellt werden und damit unnütz der Polemik verfallen. Nötig ist es, wenn die Berechtigung dieser Forderung bewiesen werden soll, kurz anzuzeigen, welches das Arbeitsgebiet, die Methoden und die. Leistungen eines guten Taschenspielers sind, um aus seiner Tätigkeit folgern zu können, ob die Mechanik der diesbezüglichen Vorgänge Schlüsse für Erklärungsmethoden zuläßt, die ihrerseits danach gleichfalls eine wissenschaftliche Grundlage besitzen. Ist beim Taschenspieler der rein persönliche Anteil, die intuitive Begabung ausschlaggebend für den Wert seiner Leistungen, so basieren diese doch auf Lehrsätzen und Erfahrungen. Letzten Endes ist ja auch der große Chirurg, der hervorragende Operateur ebenso Künstler wie WissenSchaftler. Das Arbeitsgebiet des Taschenspielers erfordert die Erzeugung von Leistungen, für die keine Erklärungen gefunden werden können (vom Nichttaschenspieler) und die, wir finden hier die erste Parallele, im Gegensatz zu allen Erfahrungen des Lebens und der Wissenschaft stehend, den Eindruck von etwas Übernatürlichem hervorrufen. Man wende nicht ein, daß der natürliche Ursprung bekannt ist oder daß man doch weiß, daß nichts Übernatürliches dabei ist. Dies ist eine sekundäre Prämisse, die auch nur der Erwachsene zieht, die aber dem Kinde z. B. fern liegt. Glaubt man an die Erscheinungen des Mediumismus, ohne jeder wissenschaftlichen Untersuchung derselben einen Platz einzuräumen, so handelt man wie ein Kind, für welches das ‚Erlebnis und die Auslösung der wunschbetonten Gefühle dominierend ist. Um aber als Erwachsener nicht 1 ) Ingenieur Ernst P aasche ist während der Drucklegung dieser Arbeit am 29. Mai plötzlich verstorben, Durch die Kombination seines physikalisch-technischen Wissens mit experimenteller Erfahrung auf okkultistischem Gebiete und guter Ausbildung als Amateurtaschenspieler hätte er unserer Wissenschaft noch wesentliche Dienste leisten können. Zeitschrift ftdr Okkultismus I. 19
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dem nagenden Zweifel anheimzufallen und das Gefühl zu beseitigen, welches die Erklärung der gezeigten „Wunder" erheischt, gibt man sich selbst die Erklärung, daß nichts Übernatürliches dabei ist und glaubt der Versicherung des Taschenspielers gern, daß alles nur auf Geschwindigkeit beruht. Trifft die erste Annahme, die Ausschaltung des fTbernatürlichen zu, so ist man bereits für die zweite Erklärung der Erscheinungen durch Geschwindigkeit gewonnen. — Damit hat man den ersten großen Fehlschluß gemacht, indem man bereits dem Anteil des Glaubens als zusammenfallend mit der scheinbar wissenschaftlichen Erklärung einen großen Platz einräumte und, willig die nur in den seltensten Fällen zutreffende Behauptung der Geschwindigkeit als Tatsache betrachtend, somit die dem Erfolge des Taschenspielers abträgliche Kritik bereits im Keime erstickte. Es ist dies mit eine der feinsten psychologischen Seiten dieser Kunst, daß sie, unterstützt durch den suggestiven Einfluß häufiger Wiederholungen, sich durch präliminierende, mundgerechte und schmiegsame Betonung gewisser Momente des ablaufenden Kunststückes bemüht, diejenige Stimmungslage zu schaffen, die den Glauben so stärkt, daß er weiteren Beeindruckungen leicht zugänglich wird. per echte Zauberkünstler zwingt dadurch den Zuschauer, ohne daß diesem der Zwang zum Bewußtsein kommt, in die von ihm ge wünschte und nicht nur für die Betrachtungsweise, sondern auch für den Ablauf seiner Kunststücke erforderliche Stimmungslage. Damit ist aber seine Tätigkeit als Suggestor nicht erschöpft. War diese Tätigkeit negativer Natur, so erfordert das Gelingen auch positive Suggestionen. Sie bauen sich auf dem Erfolge der negativen Suggestionen, welche die Beseitigung der unerwünschten Hemmungen bezweckten, auf. Für den weiteren Verlauf unserer Betrachtungen ist es gleichgültig, ob der vom Taschenspieler ausgeübte Einfluß auf die Zuschauer bewußter oder unbewußter Natur ist, d. h., ob seine Arbeitsweise mechanisch erlernt oder auf wissenschaftlichen Grundsätzen aufgebaut ist. In der Mehrzahl der Fälle gehört der „Vortrag" des Taschenspielers zum eisernen Inventar, und nur die Größen der Kunst verfügen über die Kunst der Ursprünglichkeit. Nur wenige Taschenspieler arbeiten lautlos und ersetzen die Phonetik durch Handlung und Mimik. Diese Abart kommt jedoch nur da in Frage, wo das Vorhandensein sicher und gut arbeitender Apparaturen den Künstler entlastet. Sie gehört zu jedem Programm, darf jedoch erst dann zur Anwendung gelangen, wenn die erforderliche Stimmungslage durch das Gelingen leichter, glaubbarer Experimente erreicht ist. Wenn das Gelingen eines Tricks (weitaus der häufigste Fall) davon abhängt, daß sich die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf eine bestimmte räumliche Stelle konzentrieren muß, damit der Taschenspieler die für den Ablauf des Vorganges erforderlichen Arbeiten unbehindert ausführen kann, so sind positive Suggestionen erforderlich. Im Brennpunkt der Aufmerksamkeit stehend, muß jedoch die Methode wechseln. Hierzu stehen nur zwei, die phonetische und die visuelle zur Verfügung, die abwechselnd, meistens jedoch zusammen und sich ergänzend angewendet werden. Nicht
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nur der Vortrag soll fesseln. Stellung, Haltung und Bewegung deuten zwingend auf den gewünschten Ort hin, wobei die scheinbare Unabsichtlichkeit der Bewegung den Anreiz geben muß, das Bekanntheitsgefühl zum Sympathisieren zu bringen. Die „Natürlichkeit" der Handlung muß so groß sein, daß der Wunsch nach Deutung des Gesehenen und Gehörten nicht aufkommt. Um eine bestimmte Richtung der Kontrolle zu verhindern, wird eine vorherige Bekanntgabe der zu erwartenden Erscheinung vermieden. So tritt die Erwartung eines bestimmten Vorganges ein und plötzlich zeigt sich das Gegenteil. Ein einfacher Vorgang zeigt dies deutlich. Der Taschenkünstler schwenkt in der rechten Hand ein Tuch, hält die linke Hand vor sich hin, ballt sie zur Faust und steckt nun das Tuch, mit dem Finger nachhelfend, langsam in die Faust, es sozusagen in derselben zusammenpressend. Er greift mit dieser linken Hand in die Luft und zeigt ein Ei; das Taschentuch ist verschwunden. Das Bestreben der Zuschauer wurde darauf hingelenkt, zu beobachten, wo das Taschentuch bleibt,.und die Erscheinung bzw. die Verwandlung des Taschentuches in ein Ei wurde nicht vorher angezeigt, erschien also doppelt wunderbar. So spielt sich dieser Vorgang vor den Augen der Zuschauer ab. Zum Beweis für die Konsistenz des Eies klopft der Künstler mit demselben irgendwo an, damit man hören kann, daß das Ei aus Holz und nicht hohl ist. — Zur Erklärung sei gesagt, daß während der Manipulationen mit dem Taschentuch sich die linke Hand unauffällig des hohlen Holzeis bemächtigte und es „palmierte", d. h. dasselbe in der hohlen Hand verbarg, ohne daß man der Hand von außen ansah, welchen Inhalt sie barg. Nun wurde diese Hand zur Faust geballt, wobei Zeigefinger und Daumen eine kleine Öffnung frei ließen, in welche der Zeigefinger der rechten Hand langsam, sozusagen portionsweise, das Taschentuch hineinstopfte. Das Ei lag in der linken Hand so, daß natürlich seine Öffnung nach oben zeigte. An der langsamen Einführung hat sicher kein Zuschauer Anstoß genommen, sondern sicher geglaubt, es geschähe, um Zeit zu gewinnen, während in Wirklichkeit dies der einzige Weg ist, ein groees Tuch durch Druck in ein hohles Ei einzuführen und darin zusammenzupressen. Beim Vorzeigen liegt natürlich das Loch nach hinten und ist unsichtbar. Außerdem sind seine Wandungen nicht so dünn, daß beim Anklopfen ein hohler Ton entsteht, der aber trotzdem noch unhörbar gemacht werden kann, wenn man das Ei voll anfäßt. — Der Zauberkünstler legt nun das Ei auf einen Tisch, als vom Publikum der Wunsch laut wird, das Ei ansehen zu dürfen. Sofort greift er nach dem Tisch, nimmt das Ei und reicht es herunter. Bei der Prüfung ergibt sich ein volles, weiß lackiertes Holzei. — Dieser Fall der Kontrolle ist nicht neu. Man glaubt, daß der Gegenstand irgendwie „präpariert" wäre und wird nie im Leben darauf kommen, daß sich die Täuschung vor aller Augen vollzogen hat, eben gerade in dein Augenblicke, wo aller Augen gespannt nach einer anderen Stelle sahen. Zur Kontrolle wird natürlich ein anderes volles Holzei, welches schon vorher zu diesem (vielleicht eintretenden) Zwecke bereitgelegt wurde, benutzt. Man stelle sich nur unter den Zu-
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hörern auch einen Taschenspieler vor, der, gelangweilt, dieses Experiment ,vorübergehen läßt, welches bei allen Zuschauern restloses Staunen auslöst. Und weiter stelle man sich vor, daß jeder Zuschauer ein Protokoll über die Reihe dieser Vorgänge abzufassen hat; so sieht man, daß die Verschiebung der hellwachen Aufmerksamkeit logisch unmögliche Folgerungen ergibt. — Ein die Wirsamkeit eines solchen Kunststückes erhöhender Umstand ist die scheinbar leichte Ermöglichung der Kontrolle. Der ganze Vorgang hat sich auf offener Bühne abgespielt, die Beleuchtung war ausreichend und eine Nachkontrolle möglich. Wüßte man nun nicht ganz genau, daß das Ganze Taschenspielerei war, so würde auch eine andere Erklärung am Platze sein. Das Tuch dematerialisiert sich in der Hand und materialisiert sich als Holzei. Dieser Vorgang vollzieht sich nicht vor einem kleinen Kreise bei gedämpftem Lichte, sondern vor einer größeren Menge bei heller Beleuchtung, wo die Wahrscheinlichkeit der Entdeckung im Falle eines Betruges doch viel größer ist. Damit ist der Widerstand des Zuschauers gebrochen. Der Vorsatz: „Du wirst doch einmal ganz genau aufpassen, damit dt: merkst, wie er es macht," ist als völlig hoffnungslos begraben und der Boden für noch erstaunlichere Experimente vorbereitet. Sie alle aufzuzählen und einzeln zu zerlegen, ist hier weder der Platz noch der Ort. Nur der weitere Verlauf einer solchen Sitzung soll noch kurz gestreift werden. Nach einer Reihe ähnlicher Kunststücke verläßt der Künstler das Podium, indem er noch eine Spielkarte, die alle Anwesenden gesehen haben, auf seinen Tisch legt. Ich erwähne diesen Umstand, weil ich später daran anknüpfe. Vor den Augen der Zuschauer werden nun Geldstücke in der Hand zerrieben und sofort darauf anderen aus dem Ohr, der Nase oder sonst irgendwie hervorgezaubert u. ä. m. (Woraus wir ersehen, wie leicht eine Täuschung ist und wie unendlich schwer die Kontrolle durch den Laien.) Darauf eilt der Künstler auf das Podium zurück, sucht seine vorhin auf den Tisch gelegte Karte oder bittet vielleicht das Publikum, ihm eine Person zu bezeichnen, wohin er die Karte vom Podium aus hinzaubern soll. Schließlich ruft eine Stimme: Der vierte Herr in der dritten Reihe links. Sofort zeigt der Künstler auf die rechte Seite, die für ihn links liegt, wird aber zurechtgewiesen, daß die andere Seite gemeint ist. „Aha, also die andere Seite! Das ist natürlich bedeutend schwerer, aber ich will dennoch versuchen, ob es gelingt Passen Sie auf! Eins, zwei, drei. Ich bitte den Herrn, in seine Rocktasche zu fassen" — und zu aller Erstaunen zieht der Betreffende die Karte hervor, die, wie ein gewünschter Vergleich ergibt, zu dem betreffenden Spiele gehört. Wäre nun der vierte Herr in der dritten Reihe links ein Gehilfe des Künstlers, wie man vielleicht vermuten könnte, so ist der Vorgang ohne weiteres erklärlich. Auf Befragen stellt sich nun aber heraus, daß der überraschte Herr eine anderen Anwesenden bekannte Persönlichkeit ist und noch dazu im Kreise seiner Angehörigen saß, so daß eine Verabredung ohne weiteres ausscheidet. Das haben nun alle Anwesenden gesehen. Was sie aber nicht gesehen haben, .war folgendes: Während eines Kartenkunststückes inmitten der Zuschauer,
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gerade bei dem betreffenden Herrn, drängte sich der Künstler zwischen Kind und Vater, zog dem Kinde ein paar Karten mit der rechten Hand aus der Nase und benutzte die gespannte Aufmerksamkeit, um dem Vater die gewünschte Karte in die Tasche zu stecken. Er hatte sich gerade die ihm besonders geeignet erscheinenden Personen ausgesucht. Danach gab er seinem hinten im Zuschauerraume befindlichen Gehilfen ein verabredetes Zeichen, woraus sich zwanglos alles weitere erklärt. Für die weitere Behandlung ist wichtig, folgendes festzustellen: 1. die Karte wurde vor aller Augen auf den Tisch gelegt; 2. sie hätte dann (falls nicht ein zweites, genau gleiches Spiel im Besitz des Künstlers war) im Spiel, welches im Publikum benutzt wurde und welches ohne Gefahr kontrolliert werden konnte, fehlen müssen; 3. durch Inaugenscheinnahme durch das Publikum, dem dieser Umstand nicht bekannt war, wurde festgestellt, daß sie in das Spiel des Künstlers paßte (Art, Größe, Abnützung). Dem prüfenden Auge des Publikums wurde also ein Fall gezeigt, wo eine Karte, ohne Spuren zu hinterlassen, verschwindet (unbemerkbar), wo dieselbe eine Fernbewegung ausführt, und was vielleicht am seltsamsten ist, an einer zu bestimmenden Stelle wieder auftaucht. Ein drittes Kunststück zeigt besonders die durch Überraschung hervorgerufene Trübung des Denkvorganges, eine nicht nur für solche Art von Vorstellungen typische Erscheinung. Der Künstler zerschnitzelt in einer vorher leer gezeigten und herumgereichten Kasserolle, die vor aller Augen, damit sie besonders gut, beobachtet werden kann, auf einen vor dem Künstler befindlichen Stuhl gestellt wird und noch einmal leer gezeigt wird (ich darf verraten, daß sie wirklich leer ist) verschiedene Papiersorten, versichert dem Publikum, daß er damit einen Eierkuchen backen werde, zündet die Schnipsel mit einem Streichholz an und deckt, wenn sie recht hell lodern, den Deckel darauf. Einige beschwörende Bewegungen, vielleicht mit dem Zauberstab, er hebt den Deckel auf — und heraus flattert eine wirklich echte Taube. Ich füge aus meiner Kenntnis hinzu, daß kein Gehilfe auf der Bühne anwesend zu sein braucht und daß ein von einem mir bekannten Künstler verwendetes Tier ein hohes Alter bei prächtigem Gesundheitszustand erreichte. Tierquälerei ist hierbei nicht vorhanden. — Wir sehen hier ein Extrem. Der Erfolg eines Kunststückes steht in keinerlei Zusammenhang mit dem erwarteten Endeffekt. Trotzdem die Art der Vorführung eine Kontrolle, diesmal noch in einem größeren Umfange, gestattete, spielt sich ein Wunder ab. Hier wechselt die Arbeitsmethode. Durch die große Zahl der vorangegangenen Experimente kann vielleicht (und mit Recht) die Auffassung entstanden sein, daß sich der wunderbare Teil des Vorganges auf ganz natürliche Weise bereits vor dem Resultat des Experiments vollzogen hat. Daher wird eine, nebenbei bemerkt völlig einwandfreie, Kontrolle solange geboten, bis die Erscheinung eintritt. Die Ausführung gestattet sogar die Anwesenheit einer beobachtenden Person auf der Bühne. Nunmehr, da der Zuschauer Gelegenheit hatte, die Vorbereitungen noch eingehender zu verfolgen und zu kontrollieren, ist das Resultat noch
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wunderbarer, da es ja im Gegensatz zu der im Verlauf der Vorstellung gewonnenen Erfahrung, daß sich der geheimnisvolle Vorgang längst abgespielt hat, ehe das Experiment beendet ist, steht. Hier hat sich die Arbeitsweise bereits der erfahrungsgemäß zu erwartenden psychischen Einstellung angepaßt und den letzten Rest des eigenen Urteils ertötet. Man beachte, daß der Umstand, die Kontrolle nur so lange zu gestatten, wie dies für das Gelingen erforderlich ist, vollständig nebensächlich und unbeachtlich aufgefaßt wird, während er in Wirklichkeit äußerst wichtig für den Erfolg ist. Ehe ich nun nach diesem kurzen Abriß dazu übergehe, mediale Erscheinungsformen daraufhin zu untersuchen, ob und wie weit die Möglichkeit der Anwendung suggestiver und psychischer Methoden gegeben ist, bitte ich die Herren Prestidigitateure, in meinen Ausführungen keine Herabsetzung ihrer Kunst sehen zu wollen, da ich weiß, daß die nachstehenden Betrachtungen sicherlich auch eine Zauberwirkung haben werden, nämlich ein Lächeln auf ihren Zügen hervorzurufen. Zur Erklärung für die in dieser Richtung wissenschaftlich nicht eingestellten Leser füge ich hinzu, daß sich, wenigstens nach Annahme der meisten Zauberkünstler, die bekannteren medialen Erscheinungen ii einem Rahmen abspielen, der ausnahmslos, wenigstens in ihren Augen, jede Kontrolle vereitelt. Wir werden zu untersuchen haben, wie weit die Berechtigung dieser Anschauung geht. Da aber die Erreichung der bewußten und unbewußten Täuschung das eigentliche Arbeitsgebiet dieser Herren ist, so kann man ihnen zum mindesten die Erfahrung nicht absprechen und wird ihrem Urteil auch einen gewissen Platz einräumen müssen. Als erwiesen muß vorausgesetzt werden, daß die überwiegende Mehrzahl aller Medien gelegentlich teils bei einer Täuschung, teils bei, sagen wir mal, Unkorrektheiten ertappt worden sind. Die berühmtesten Medien aller Länder und aller Zeiten haben alle einen solchen Fleck in ihrer medialen Konduite. Das involviert noch keinesfalls den Schluß, daß sie immer getäuscht haben und eben nur selten ertappt worden sind. Aber, und ich komme zum Hauptpunkt meiner Ausführungen, damit dürfte die Häufigkeit des Auftretens derartiger „Kunststücke" erwiesen sein und ein Eingehen auf dieselben erforderlich werden. Ob nun, wie es viele Forscher verlangen, eine technische Ausbildung der Experimentatoren auf diesem Gebiet oder lediglich die Zuziehung eines Experten erforderlich wird, lasse ich dahingestellt. Wertvoller dürfte die Zuziehung eines psychologisch erfahrenen Taschenspielers sein, da auf diesem Gebiet die Erfahrung im Gegensatz zu der Mehrzahl der akademischen Wissenschaften eine große Rolle spielt. Sind nun die Fälle bewußter oder unbewußter Täuschung zum Gegenstand von Analogien der Taschenspielerkunst zu machen? — Greifen wir dazu einige heraus. — Alle derartigen Erscheinungen spielen sich meistens spontan ab. Die psychische Stimmungslage aller Anwesenden ist gekennzeichnet durch eine gewisse Erwartungsspannung unter Einengung der Beobachtungsmöglichkeiten durch Maßnahmen vor und während der
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Sitzung (vor und während des Ablaufs der Erscheinungen). Bei genauer Befolgung der gegebenen Anweisungen üblicher Art ist, wenigstens für einen Taschenspieler, eine freie Urteilsbildung schwer möglich. Allerdings wird er weniger der suggestiven Beeinflussung, weniger leicht der Beeinflussung durch die suggestive Sphäre unterliegen, als jeder andere. Dem Einwand, daß er die Harmonie stören könnte, ist nur dadurch zu begegnen, daß sein Beruf möglichst allen Teilnehmern, zum mindesten aber dem Medium wie dessen Freunden, unbekannt bleibt. Seine Tätigkeit wird vorzugsweise eine rein beobachtende sein müssen. So soll während der Sitzung eine Berührung gemeldet werden und kurz darauf ein Apport zustande kommen. Es wird dem Taschenspieler leichter als jedem anderen sein, schon vor Erscheinen des Apports dessen Ort zu entdecken, weil er aus den Bewegungen des Mediums und der Beisitzer Schlüsse zieht, die der Laie aus Unkenntnis verabsäumt. Vor allem wird bei ihm nie die geforderte Ablenkung so leicht gelingen, da ihn die Erscheinungen als solche überhaupt nicht interessieren und seine Aufmerksamkeit nur ihrem Zustandekommen zugewendet ist. Auch das Verschwinden von Gegenständen aller Art unterliegt dann einer ganz anders gearteten Kontrolle, da bereits die Gelegenheit für solche Möglichkeiten besser und schneller erkannt wird. Es lassen sich noch viele andere Erscheinungen auf ihren Zusammenhang mit der Taschenspielerei untersuchen. Bekannt waren im vergangenen Jahrhundert die Künste von Alfred Firman u,nd seinem Gehilfen Chapman, die im Buguet-Prozeß leider aber auch nicht ganz an die Öffentlichkeit kamen. Firman gelang es stets, allerdings nur in völlig dunklem Raume, bei einer Tischsitzung den Tisch über einen bis fast zwei Meter hoch steigen zu lassen, was an sich kein Wunder gewesen wäre, wenn nicht die Kontrolle durch die beiden Kontrolleure neben ihm eine äußerst strenge gewesen wäre. Er befreite die Hände für dieses Experiment nie aus der 'Hand des Nachbarn, und auch seine beiden Füße, auf welche die Füße der Danebensitzenden gestellt wurden, entzog er nicht der Berührung. Dieser Umstand ist festgestellt und keine bloße Vermutung. Hilfsmittel benötigte er hierfür nicht, und so war es kein Wunder, wenn sein Ruhm wuchs. Dieser gestattete ihm dann, bei ziemlich rigorosen, durch die spiritistisch eingestellten Kontrollpersonen verlangten Bedingungen die üblichen Erscheinungen der spiritistischen Sitzungen des vergangenen Jahrhunderts zu erzielen. Wäre nur ein einziges Mal ein Taschenspieler dabei gewesen, so wäre diesem der Umstand aufgefallen, daß die Mehrzahl der Erscheinungen nur bei völliger Dunkelheit zustande kam, was in Anbetracht der großartigen Phänomene nie sonderlich beachtet worden ist. Es ist kennzeichnend für die angewendeten Beobachtungsmethoden, daß eine vollständige, im allgemeinen auch sehr reizvolle Erklärung erst durch Chapmans eigene Enthüllungsschrift gegeben wurde. Aber auch für die Beobachtungen bei gedämpftem Lichte, welches den Zweifel um so mehr beseitigt, als es die Beobachtungsmöglichkeit erhöht, ergeben sich vielerlei Täuschungsmöglichkeiten. Die Hand des Mediums kann längst im Besitz des hervorzubringenden Gegenstandes
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sein, ohne daß es auch nur einer der Anwesenden merkt. Ich habe mal eine ganze Reihe von Beobachtern gefragt, was Palmage ist, und keiner konnte mir eine einwandfreie, zutreffende Erklärung geben. Es ist dies allerdings schon eine Reihe von Jahren her ; aber in den letzten Jahren hat doch eine ganze Anzahl einwandfreier Entlarvungen stattgefunden, so daß es mir scheint, als ob man mit diesem Studium noch nicht begonnen hätte. Man versteht unter Palmage die Erfassung und Verbergung eines mehr oder minder großen Gegenstandes in der inneren Handfläche durch Daumenwurzel und Muskeln des kleinen Fingers, wobei der Rücken der Hand den Gegenstand deckt und sämtliche Finger frei bewegt werden können. Durch Annahme einer möglichst natürlichen Stellung derselben wird der Anschein erweckt, als ob die Hand leer ist, da man ja gewöhnlich jeden Gegenstand mit den Fingern zu fassen pflegt. Es ist hierbei leicht denkbar, daß ein Medium im Nebenzimmer völlig nackt untersucht wird, beim Herausgehen oder vor dem Platznehmen den irgendwo liegenden Gegenstand des Apports unauffällig ergreift, palmiert und ihn erst in der Sitzung zum Vorschein bringt. Ich habe noch nie gelesen, daß durch entsprechende Untersuchung diese einfachste Möglichkeit des Hervorzauberns unterbunden worden wäre. Gerade die Beherrschung dieser Kunst kann bei Entkleidungssitzungen recht beachtbare Wunder erzeugen. Der Laie auf dem Gebiet der Taschenspielerei ist ohne Ausnahme immer zu täuschen, gleichgültig, ob er im zivilen Leben den Beruf ein es Honorarprofessors oder vielleicht den eines Physikers ausübt. Damit sei nicht gesagt, daß nicht auch der Taschenspieler zu täuschen wäre. Hervorragende Tricks sind oft auch in den Fachkreisen ungeklärt geblieben, aber es ist dann doch ohne weiteres festzustellen, ob das Medium eine große oder nur geringe taschenspielerische Begabung besitzt. Von einem mir bekannten Medium wurden mir übrigens einige Tricks, die ich selber beherrsche, so einwandfrei vorgeführt, daß ich meine Anerkennung nicht versagen konnte. Trotzdem glaube ich, selbst ohne seinen bedeutenden Sitzungen beigewohnt zu haben, daß dasselbe auf keinen Fall bewußt derartige Kunststücke anwendet, weil die Art der produzierten Erscheinungen bekannte Taschenspielertricks ausschließt und ihre psychische Beschaffenheit abnorme Erscheinungen wohl in den Bereich der Möglichkeit rückt. Die Summe der in das Gebiet fallenden Erscheinungen reicht bis zur Telepathie und bis zum Hellsehen. Bei telepathischen Experimenten ist z. B. eine Täuschung leichter zu erklären als nachzuahmen, weil sehr viele Fälle bekannt sind, deren Erzeugung eine langjährige Übung erforderte, die nicht ohne weiteres erworben werden konnte. Der Nachweis ist so möglich, daß die Bedingungen des Zustandekommens vom Taschenspieler erkannt werden und durch Versuchsanordnung auszuschalten sind. Diese Ausschaltung ist hier einfach und leicht im Verhältnis zu der bei Materialisationssitzungen schon aus dem Grunde, weil die Zuschauer eine aktive Rolle spielen. Bei allen Fällen des Hellsehens gestattet die Versuchsanordnung bereits dem Taschenspieler ein Urteil, wenn es auch viele Fälle in diesem so überreichen und wunderbar zu bearbeitenden Gebiete
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gibt, wo der Zauberkünstler nichts zu suchen hat. überflüssig dürfte seine Tätigkeit auch bei vielen großen Materialisationssitzungen werden, bei denen das Schwergewicht in der Erscheinung, weniger in der Hervorrufung liegt. Sollten sich die Erscheinungen jedoch wie bei Katie Kin g steigern, so stehen dem Taschenspieler interessante Beobachtungsmöglichkeiten offen, ohne daß zu einer „Entlarvung" geschritten werden braucht. Letztere völlig zu vermeiden, d. h. auf akute Störungen verzichten, ist eine Aufgabe, die so wertvoll ist, daß man sie mit allen Mitteln fördern müßte. Wieviel interessante Beobachtungen sind uns durch unzeitgemäße Entlarvungen entgangen. An ihre Stelle hat die wissenschaftliche Beobachtungsmethode zu treten, die auch den Taschenspieler mit heranziehen muß. Choks müssen auf alle Fälle vermieden werden. Die Entlarvung des Blumenmediums Anna Rothe kann man als eine Eisenbart-Kur bezeichnen. Sie hätte viel feiner erfolgen können, wenn man dem Medium gezeichnete Blumen verkauft und später identifiziert hätte. Daher ist die Verärgerung vieler Medien schon rein menschlich zu erklären. Wir hatten ja schon einmal in den neunziger Jahren Fly und S1 ad e zu bewundern Gelegenheit. Sie zeigten recht achtbare Leistungen taschenspielerischer Art in medialem Gewande ruid trugen dazu bei, daß die Fesselungsmethoden ganz außer Mode gekommen sind. Zum Schluß möchte ich auch die Kehrseite meiner Ausführungen betonen. Wir stehen auf dem Gebiet der Telepathie vor Rätseln, die noch nicht gelöst sind und die vielfach sicher nichts mit Taschenspielerei zu tun haben. Auf dem Gebiet des Hellsehens sind die Ergebnisse noch mit Recht bestritten und Ferebewegungen, wie die Erzeugung eines Teleplasmas aller möglichen Formen, sind nur sehr selten vor ein Forum von Taschenspielern gekommen. Sie sind daher zum mindesten nicht erschöpfend beobachtet und, was noch wichtiger erscheint, betrachtet worden. England ist hierin bahnbrechend vorgegangen. Ich lachte den naheliegenden Schluß vermeiden, daß es dort aus diesem Grunde so wenig gute Medien gibt, sondern nur darauf hinweisen, daß in England die Wissenschaftler den Wert der Mitarbeit von Taschenspielern erkannt haben. — Hoffen wir, daß es auch in Deutschland möglich wird, die Forschungsarbeiten auch von dieser Seite her zu beleuchten.
Ein indirekter Beitrag zum Falle Slade-Zöllner. Von Graf Perovsky-Petrovo-Solovovo, Brüssel. Ich habe das sehr interessante Kapitel gelesen, in dem die Verfasser des ersten Bandes von „Der Okkultismus in Urkunden" die klassischen Versuche des großen Leipziger Forschers mit dem amerikanischen Medium behandeln. Dabei fällt mir auf, daß eine recht instruktive Tatsache, die sich auf Slade bezieht, nicht allgemein bekannt zu sein scheint. Das ist übrigens, wie man sehen wird, ganz natürlich.
298 Graf Perovsky-Petrovo-Solovovo : Ein indirekter Beitrag zum Falle Slade-Zöllner. Im Jahre 1875 entschloß sich die „Physikalische Gesellschaft der Universität St. Peterburg" zur Inangriffnahme wissenschaftlicher Untersuchungen über die sogenannten mediumistischen Phänomene. Der bekannte russische Spiritist Aksäkow ließ zu diesem Zwecke auf seine Kosten aus England die Brüder Petty aus Newcastle und Frau „Clayer" (ihr eigentlicher Name war Marshall) herüberkommen. Mit letzterer hatte Cro ok es früher Versuche auf dem Gebiete der Klopftöne (raps) unternommen. Die Versuche mit den Medien Petty verliefen ganz negativ; bezüglich derjenigen, welche die Kommission mit Frau Marshall veranstaltete und welche teils Klopftöne, teils Tischlevitationen brachten, konnten sich die Mitglieder der Kommission, zu der auch der große Gelehrte Men dele j e w gehörte, und die „Zeugen" aus dein spiritistischen Lager, d. h. Herr Aksäkow und die Professoren Butlerow und Wagner nicht einigen, und die Sitzungen wurden im Jahre 1876 abgebrochen. Inzwischen hatte Aksäkow einen regen Briefwechsel mit Slade geführt, und der Amerikaner willigte schließlich ein zu kommen. Da aber die Kommission sich bereits aufgelöst hatte, kam er erst 1878 nach Rußland. Der .Ruhmeskranz seiner in Leipzig gezeigttn Phänomene schmückte sein Haupt. Herr Aksäko w veranstaltete eine lange Reihe von Versuchen mit ihm. Sie verliefen recht unbefriedigend. Soviel ich weiß, ist nie ein Bericht darüber erschienen, und zwar, wie mir Herr Aksäkow sagte, den ich gut gekannt habe (er starb 1903), weil er dem Rufe des Mediums nicht schaden wollte, den die Leipziger Sitzungen zu einem so berühmten Manne gemacht hatten. Diese Begründung ist gewiß bezeichnend, um so mehr als Aks äko w ein vollendeter Gentleman war und gar nichts vom Fanatiker an sich hatte. Die Ergebnisse seiner Experimente mit Si ade waren so ungünstig, daß sie, wie er mir mehrmals sagte, ihn zu der Schlußfolgerung drängten, das eigentlich wirksame Medium in Leipzig sei nicht der Amerikaner, sondern — Zöllner gewesen; genauer gesprochen, der letztere müßte eine „katalytische" Kraft besitzen, die einen besonders günstigen Einfluß auf Slades Fähigkeiten ausgeübt habe. Die Einzelheiten der Sitzungen von 1878 sind mir nicht bekannt. Ich weiß nur, daß sie zahlreich waren, daß das Medium bei Betrügereien in flagranti ertappt wurde, daß kein entscheidender Versuch nach Art derjenigen, welche die Leipziger Sitzungen unsterblich gemacht haben, gelang. Kurz, diese Experimente bereiteten Herrn Aksäkow eine tiefe Enttäuschung. Alles dies hat er mir wiederholt erzählt. Trotzdem glaubte er, wie das ja bei den Spiritisten und überzeugten Metapsychisten die Regel ist, auch echte Phänomene beachtet zu haben, besonders auf dem Gebiete der Tafelschrift. Ich habe dieses negative Ergebnis ganz kurz erwähnt in einem Satze des Bandes, den ich teilweise dem russischen Spiritismus widmete -
Wolfgang Greiser : Von Amuletten und Talismanen.
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und den ich im Jahre 1905 meiner russischen Übersetzung des Buches „Modern Spiritualism" von Frank Podmore als Anhang beifügte. Wenn ich nicht irre, haben die „Psychischen Studien" 1899 an ihrem 25. Jahrestage — der russische Forscher hatte sie 1874 begründet — eine Biographie Aksük o ws in deutscher Sprache erscheinen lassen, die er selbst durchgesehen hat ; in dieser Broschüre wies ein Wort, buchstäblich eines, auf das Ergebnis jener Petersburger Sitzungen mit Slade hin, die ihn so sehr enttäuscht hatten. Das Wort lautete „unbefriedigend" ! Es schien mir wichtig, hier eine Tatsache zu vermerken, die so wenig bekannt ist, daß ich möglicherweise heute der einzige Mensch bin, der sich ihrer noch entsinnt. Der Mißerfolg der Experimente Aksäkows mit Slade liefert natürlich nicht den unzweifelhaften Beweis, daß die ein paar Monate vorher veranstalteten Versuche Z öllners mit dem gleichen Medium nur durch Betrug entstandene Resultate gezeitigt haben, versetzt aber nichtsdestoweniger dem schon recht brüchig gewordenen Ansehen des Amerikaners einen neuen Hieb, und zwar, wie mir scheint, den stärksten von allen. Sehr bezeichnend ist auch das Opfer des Schweigens, das Aksäkow sich auferlegt hat. Wie oft haben andere Forscher aus ähnlichen Gründen sein Beispiel nachgeahmt ! Amica veritas, sed magis amici media, so scheint es! . . Ich wünsche aber um keinen Preis, daß man A. N. A k s i k o w ausschließlich nach diesem seinem Schweigen enschätzt. Er hat sein ganzes Leben dem Suchen nach Wahrheit im Gebiete der Metapsychik geopfert, er hat sich für diese Aufgabe selbst verschwendet, ohne 7u rechnen, er hat im ganzen unparteiisch und mit möglichster Objektivität gearbeitet. „Nicht immer" sagt man vielleicht. Nein, leider nicht immer! Aber wer sich selbst in dieser Hinsicht ohne Sünde fühlt, nur der werfe den ersten Stein auf ihn !
Von Amuletten und Talismanen. Von Wolfgang Greiser. „Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind", und des Aberglaubens Symbole sind bis zum heutigen Tage, wofern man überhaupt von Aberglaube reden darf oder doch nur redet im Sinne von Auch-Glauben, jene zumeist winzigen und kleinen Sächelchen, die wir im allgemeinen Umgange unter uns kaum einer Beachtung würdigen, die aber an sich einen Vollwert in d e m Augenblicke erhalten, in welchem wir sie einzureihen bereit sind in die große Bannwelt suggestiver Wertung und Bedeutung. Es gibt keine Grenzlinien, von denen irgendjemand behaupten könnte, daß sie Glauben und Unglauben scheiden; weitmehr vermittelt ein weites Zwischendenken und Zwischenfühlen, ja eine ganze Welt von Zwischenwirken, die tausend Wege vom Dort zum Hier, und dieser Umstand duldet und verwirkt in mehr oder minder starker Hochspannung unserer geistigen
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Gesetze und Lebenskräfte das Überspringen der Lichtfunken aus dem Bereiche des Sinnlich-Beschaulichen in dasjenige des Übersinnlichen, das bewußte oder unbewußte Eingreifen aus der Welt des Glaubens in die Welt des Bestehens. Hunderterlei Dinge sind es, die uns täglich umgeben oder die wir tagsaus, tagein anlegen, uni sie in Form von Ketten, Ringen, Broschen, Ohrringen, Nadeln und ähnlichem Schmuckwerk zu tragen, ohne uns vielleicht auch nur im geringsten Gedanken darüber zu machen oder jemals gemacht zu haben, daß sie altheidnischem Wunderglauben entnommen sind, vorchristlichem Auchglauben, christlichem Trutzschutz oder dem „geklärteren" und zeitgemäßen Suggestionswissen. Immer aber zollen wir mit diesen Dingen unserem Innern einen Tribut an sein fühlendes, ungeschriebenes Gesetz, ganz unabhängig davon, ob wir solche Sachen dieser Tendenz zu- oder absprechen, glaubend einräumen oder „unglaubend" vorenthalten wollen. Denn alle jene Dinge aus Stein, Ton, Knochen, Bronze- und anderen Legierungen, Metallen aller Art und Edelmetallen, die wir, und vor allen Dingen unsere Frauenwelt uns angewöhnt haben, als Schmucksachen an dem Halse oder an den Händen mehr oder weniger absichtlich verborgen oder auch völlig frei und sichtlich zu tragen, sind Amulette, die in ihrer suggestiven Wertung durch die Macht tlei Gewohnheit und durch das Übel der Verallgemeinerung an ihrer ursprünglichen Bedeutung verloren haben, aber dennoch zu einem etwa gar nicht verschwindend geringen Teile in unserem Volke fast wie ungewollt noch eine autosuggestive Wertung erfahren. „Perlen bedeuten Tränen," sagt beispielsweise der Volksmund in Anlehnung an ein bekanntes Dichterwort, und es gibt gewiß nicht eine geringe Zahl derer, die sich eben einen Perlenhalsschmuck nur deshalb versagen, weil unsere Volksweisheit dies Sprüchelchen erfand und prägte. Der Amethyst hat seine Sonderwertung ebenfalls beibehalten, auch die Koralle, der Opal und der Smaragd. Ja, man spricht geradezu von einem gesamten „Edelgesteinsglauben", der sich fast bei jedem Kauf solcher Steine in Ringen und Ketten bemerkbar macht, und die Verallgemeinerung solchen Glaubens ist ganz bestimmt größer, als man sich zuzugeben in weiten Kreisen entschließen mag. Also sind alle diese Dinge eigentlich nichts anderes und nichts mehr und nichts weniger als im wahren Sinne des Wortes — Amulette. Ob wir dieses Wort vom altarabischen „hamäil", d. h. Halsschnur, ableiten oder ob wir es unter Plinius aus dem lateinischen „amuletum" entstanden wissen möchten, immer sind dabei Figuren mit Charakteren und Inschriften gemeint, die aus Stein, Metall, Horn oder Pergament am Halse getragen wurden und gegen Zauber, Krankheiten, Verwundungen und allerlei körperliche Schäden schützen sollten. Die ältesten Formen solcher Amulette mögen die Skarabäen der alten Ägypter und Chaldäer gewesen sein. Sie verehrten in mächtigen Steinbildern eine von ihnen als heilig gepriesene Käferart (den Pillenkäfer), den sie auch bald in den
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zierlichsten Kleinstücken herzustellen bemüht waren, um ihn alsdann wie .eine Art Talisman ständig bei sich zu tragen und sich durch den Heilglauben an dieses Symbol vor bösartigen Krankheiten geschützt zu wissen. Talismane kannte auch bereits die Metallreligion der alten Arkadier. In Babylon und Ninive war kein Gebäude — ähnlich wie bei den alten Germanen — ohne sein schützendes Tierbild, und der berühmte samothrakische Mysterienkultus (nach seiner Heimat, einer Insel im Ägäischen Meere also benannt) wetteiferte in seiner Auswirkung mit allen den Massensuggestionsbegriffen dieses Schutz-, Trutz- und Heilglaubens. „Charaktere" im eigentlichen Sinne des Wortes waren lange Jahrhunderte hindurch wohl im allgemeinen nur Zeichen für Gegenstände einer Wissenschaft (vielleicht der Mathematik), um sich eben in dieser Wissenschaft allen bekannten Kulturvölkern verständlich machen zu können. Aber auch dieses Begriffszeichen stand unter der beabsichtigten Suggestionseinstellung des einzelnen auf eine Masse und verallgemeinerte seine Bedeutung zu der heilbringenden Wirkung eines mehr und mehr sich einbürgernden Sympathieglaubens. Solch Wert- und Sinnwechsel vollzog sieh in alter Zeit oft. Das „Heilige Wort" -- das Abrak sadschi — der alten Ägypter mag ganz gewiß zunächst einmal ein segnendes Priesterwort gewesen sein, bis es danach im Zeitwandel einer mystisch-theosophischen Auffassung schließlich auch zur Bezeichnung wirklicher Gegenstände, der sog. Abraxassteine, wurde. Es waren dies in der verschiedensten Art und Form bearbeitete Steine mit Bildern, die zumeist einen Menschenrumpf mit Schlangenfüßen und einem Hahnenkopf darstellten. Sie symbolisierten Ähnliches wie die Tor-Hämmer der Germanen oder wie die Siegesteine der bekannten Wielandsage. Sie bewahrten nebenbei aber auch ihre Glaubenswertung, ähnlich wie die 99 Namen Allahs, die, in einer bestimmten Rkihenfolge zu einer Litanei geordnet, den Rosenkranz der Mohammedaner bilden. Inwieweit die Gebetsmantelquasten (Zizit) der Juden nicht anfänglich auch Amulette, sondern religiös erforderlich gewordene Gebrauchsstücke waren, ist schwer zu entscheiden. Als sicher steht aber fest, daß bereits das Alte Testament Verbote gegen das Tragen von Amuletten kannte, wozu es auch die im Orient außerordentlich viel verbreiteten, mondförmigen Ohrringe zählte. Von dem Jakob der Bibel wissen wir, daß er den Seinen diese Ohrgehänge fortnahm und vergrub. Aber das ganze Volk Israel bildete aus ähnlichen Stücken, als Mose auf dem Berge der Gesetzgebung verweilte, am Fuße des Sinai das „Goldene Kalb". — Wie mächtig muß da der Glaube an die persönliche Schutzkraft solcher Dinge mit suggestiver Gewalt in ganzen Völkern gelebt haben! Ganz gleich, ob man die Amulette da als ein Schutzmittel gegen Zauberei oder als ein starkes Trutzmittel des Aberglaubens bezeichnen will: ihre Wirkungsbedeutung war jedenfalls nicht geringer als etwa diejenige des späteren oder des heutigen Reliquienglaubens, der ja doch bis zum heutigen Tage unausrottbar geblieben ist.
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Zunächst hatte das Christentum freilich einen wesentlichen Teil all dieser Symbole des sog. Unglaubens übernehmen müssen. Es kannte somit außer den Abraxassteinen Fische aus Bronze und einen Holz- und Glasschmuck an seidenen Bändern ; es schuf Münzen mit Bildern und Inschriften, mit Umschriften, die nicht selten auf Alexander den Großen Bezug hatten und das Monograinm Christi trugen; es ließ späterhin sogar von seinen Geistlichen kleine Pergamentstücke, an seidenen Schnüren zu tragen, mit dem Anfangstext des Johannisevangeliums an seine Gemeindemitglieder als Schutz gegen Zauberei und „heidnische" Gewalttat verkaufen. Christusbilder und das griechische Ichthyszeichen aus dem Buchstabenspiegel des Symboles „Fisch" (/X0Y2' Anfangsbuchstaben von Jesus Christus, Gottes Sohn, Heiland) sind noch heute als Schutzmittel auf Kirchendächern zu finden und beweisen bis in den heutigen Tag hinein einerseits die Unmöglicheit strengster Trennung von Glauben und Aberglauben, andererseits die faszinierende Wirkung des Gebotes des „Nichtzweifelns an dem, was man nicht sieht". Wohl haben die Synoden von Laodicea im 4. Jahrhundert und später Papst Gregor II., auch Karl der Große zu Tours in der Erkenntnis der suggestiven Macht dieser Art „Reliquienverehrung" und in der Angst um die Gefährdung der neuen Religion einen derartigen Aberglauben verdammt und verboten, aber es lebt heute nicht nur der ganze Orient noch unter seinem Einfluß, auch bei uns beherrscht genau derselbe Einfluß — ohne daß ihm diese Zeilen etwa eine Lanze brechen sollen ! -- so weite Massen aller Schichten unseres Volkes, daß wir uns dieser suggestiven Einwirkung und Auswirkung absolut nicht völlig zu entziehen berechtigt sind. Zwar „glaubt" heute wohl keiner mehr unter uns an die „Passauer Zettel" als Amulette des Mittelalters und an die Kunst des Festmachens, von der wir im „Simplizius Simplizissimus" und in anderen Werken des 30jährigen Krieges, auch in Gustav Freytags „Bildern aus der deutschen Vergangenheit" nachlesen können, aber der Weltkrieg und seine Auswirkung hat doch mit geradezu elementarer Gewalt d i e Überzeugung genährt, daß wir armen Menschenkinder in gesteigerter Angst- oder Notlage des Lebens immer wieder unsere Zuflucht zu Dingen nehmen, die — wie eingangs schon gesagt wurde — das Zwischenland ausfüllen wollen, das nun eben einmal unabstreitbar zwischen der Welt des Glaubens und der Welt des Unglaubens als der Welt des Auch-Glaubens oder meinetwegen auch als der Welt des Aberglaubens besteht. Denn auch der Weltkrieg kannte unter seinen zivilisierten Vertretern genau denselben Waffenzauber wie ihn alle Krieger längst vorangegangener Kampfgänge kultivierter Nationen kannten. Er kannte beim „Festmachen" gegen Hieb und Stich und Kugel zwar nicht mehr die mittelalterlichen Sitten der Salbung, das Schießen nach einem Kruzifix, das Nothemd, von Jungfrauen in heiligen Zeiten gesponnen, das Verschlingen von Papierfäden zum Prallschutz gegen Schlag und Druck (Passauer Kunst 1611), aber er zielte auch auf die Wirkung von Massensuggestionen hin, wenn er im christlichen Sinne die Männer des Kampfes segnete und ihre Waffen
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weihte, wenn er zum Kampfgange Mut predigte und göttlichen Beistand versprach. Wir erhielten unser Gebet- und Gesangbuch beim Hinausziehen gegen den Feind in die Hand gelegt, den Rosenkranz und die Kette, aber die Krieger anderer christlicher Nationen erhielten zum nicht geringen Teile Insignien, die im reinsten Sinne des Wortes nichts anderes waren wie Amulette und wohl auch nichts anderes sein sollten. Vor mir liegen die Amulette zweier russischer Krieger. Beide Stücke wurden von den jungen Leuten an einem Bande um den Hals getragen; beide sollten nach ihren eigenen Mitteilungen im Kugelkampfe schützen. Eines zeigt u. a. die „Marya Czenstochau" und hat Kreuzform, das andere hat eine mehr kantige Langform und trägt als Bildschmuck die Figuren eines Bärenkopfes mit umgebenden Schlangen und Vögeln. Beide Amulette gehörten Kriegern, die aus Westrußland gebürtig waren, Ostrußland zuvor niemals gesehen hatten und versicherten, daß kein russischer Soldat ihres Regimentes ohne ein solches Amulett in den Kampf gezogen wäre. Auch Kräuter und Wurzeln wurden, zumeist im Rockfutter eingenäht, auch in diesem Kriege noch als Talismane mitgetragen. Der „Allermannsharnisch", eine Alliumart, andere Lauche, Zwiebelgewächse, Siegwurz, wilder Alraun und Bergalraun waren labei bevorzugt, und der alte Johannisgroschen, die Rabendukaten und ähnliche Stücke tauchten als durchlochte Heiligenbilder und Amulettmünzen wieder auf. Tausende von russischen Kriegern ebenso wie Zivilisten trugen um ihr rechtes Fußgelenk auch eine Schnur oder ein durchaus nicht immer sehr delikat aussehendes Band, das sie um alles in der Welt nicht zu bewegen waren, abzulegen, sondern von Kind auf mit dem Glauben verbanden, dadurch vor Tücken und Krankheiten, die sich ihnen sonst „an den Fuß heften wollten", geschützt zu sein. Irländer, Russen und vor allen Dingen Italiener fürchteten in deutscher Gefangenschaft nicht gerade selten den schon bei den alten Thebanern übelberüchtigten „Bösen Blick". Gegen ihn wehrt sich noch heute fast ganz Italien mit seinen als Gegenzauber wirkenden Amuletten in Form und Gestalt kleiner Hörnchen, die wohl jeder kennt, der auch nur einmal mit Italienern in Berührung kam. Der „faszinierende Blick" (vom lateinischen „Fascinum") übt ja heute eben auch noch überall seine suggestive Gewalt aus, die den einen zu fesseln und anzuziehen vermag, während sich der andere der verhexenden Wirkung durch ein sofortiges Ausspeien zu entziehen bemüht sein will. Das „Beschreien" des Glückes soll dessen Verlust zur Folge haben; mancher speit, um es an sich zu fesseln, in seinen rechten Schuh ... aber alles deutet immer wieder auf die Macht und Kraft irgendwelcher Sinne,svorstellung und -einbildung hin und befestigt mehr und mehr die Einsicht, daß vom einfachsten Krankheitsbesprechen an bis hin zur höchsten Wunderheilung die Suggestion die Hauptkraft ist und bleibt. Wozu würde man sonst selbst noch in unseren heutigen Tagen Amulette mit magischen Zeichen prägen, Halbedelsteinschmuck, Hakenkreuze, Wimpel, Banner usw. und diese Dinge verwenden als Symbole des Zu-
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sammenschlusses Gleichgesinnter, Gleichgläubiger, Gleichaber(auch)gläubiger? Wozu hält man heut sonst noch beispielsweise in weiten Kreisen — und durchaus nicht in den ungebildetsten! — daran -fest, daß der Amethyst (vom griechischen cip,ffivarog "Trunkenheit verhütend") ein Amulett sei gegen den Rausch, die Koralle ein solches gegen den Blutsturz, die Elensklaue ein Schutz gegen Fallsucht? — Wir haben heut, wie einst unsere Vorfahren, genau ebenso unsere Abrakadabrazettel und erkennen oder erhalten doch zumindest in ihnen Abwehrmittel gegen irgendwelche Unglücksgefahr und in dem Amulettglauben der Jetztzeit nichts mehr und nichts weniger als den Ausdruck einer Willensablenkung durch die Form der uns beherrschenden „Eingebung" einer Mitwelt, der Suggestion.
Grazer Brief. Von Prof. Daniel Walter, Graz. Ein an Medien gesegneter Erdenwinkel ist die steirische Landeshauptstadt G r a z. Sie beherbergt in ihren Mauern niclit nur das bereits europaberühmte Medium Frau Silbert, sondern auch noch eine Anzahl anderer Medien, die höchst beachtenswerte physikalische Leistungen aufweisen. Leider hat es die Verfolgung, der sich Frau Silbert ausgesetzt sah, mit sich gebracht, daß zwei starke physikalische Medien sich unter keinen Umständen bewegen lassen, in die Öffentlichkeit zu gehen, ja sogar mit ängstlicher Beflissenheit alles abwehren, was sie. als Medien bekannt machen könnte. Ein Sprechmedium von schönen Fähigkeiten ist Frau N., eine Offizierswitwe. An ihr läßt sich besonders die poetische Schwungkraft der Ekstase studieren. In naher Zeit wird auch eine anerkannte steirische Dichterin mit ihren Einblicken in das traumwandelhafte dichterische Schaffen an die Öffentlichkeit treten. Kürzlich weilte hier der Gießener Hochschulprofessor Messer. Er hatte mit Frau Silbert unter zwingenden Bedingungen und Sicherungen zwei Sitzungen, die an medialen Erscheinungen reich waren. Es gab Klopflaute, Berührungen, Lichter, Teilmaterialisationen, Hellsehexperimente u. a. in. Ein ausführlicher Bericht folgt.
Verschiedenes. Erwiderung.
Von Dr. A. Freiherr von Schrenck-Notzing In Heft 2 dieser Zeitschrift, Seite 129, äußert sich Graf Klinckowstroem mit folgenden Worten : „Als Willy Schneider noch Teleplasma produzierte, vor seiner Entlarvung am 7. April 1920, konnte er noch Aufnahmen gestatten, denn er wußte ja aus Sehr en cks Buch „Materialisationsphänomene", wieviel sich die Metapsychiker bieten lassen, ohne stutzig zu werden".
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Verschiedenes.
Diese anzüglichen Behauptungen entsprechen nicht der Wahrheit. Denn erstens hatte der damals noch nicht siebzehnjährige Willy Schneider das Buch „Materialisationsphänomene" überhaupt noch nicht gelesen, zweitens fanden nach dieser Zeit sowohl in Braunau als im Laboratorium des Verfassers gelungene Aufnahmen der teleplastischen Substanz statt, u. a. die Blitzlichtphotographie der auf Tafel 150 (Materialisationsphänomene, 2. Aufl., Abb. 244) reproduzierten primitiven teleplastischen Gesichtsbildung am 16. November 1920, also ein halbes Jahr später, als die vermeintliche, im April 1920 stattgefundene Entlarvung ; ebenso am 14. Februar 1922 unter allerstrengsten Versuchsbedingungen eine weitere Aufnahme teleplastischer Substanz aus der Brust des Mediums im Laboratorium des Verfassers. Das Medium Willy Schneider gestattete also im Gegensatz zur Klinckowstroemschen Hypothese auch noch nach dem 7. April 1920 photographische Aufnahmen der teleplastischen Substanz. Auch Herr A. H ellw i g unterstellt auf Seite 157 zu Unrecht dem Verfasser, daß er aus den Untersuchungen des Willy Schneider im Psychologischen Institut der Universität wichtige Protokolle nicht veröffentlicht habe. Diese irrtümliche Auslegung von Abs. 6 des Briefes von Professor Becher an Pr. Rosenbusch hatte ersterer selbst richtig gestellt. Es handelte sich um private Notizen des Institutsvorstandes und seiner Assistenten, von denen mir keine Kenntnis gegeben wurde. Dieselben betrafen zum Teil dem Verfasser unbekannte Schutzmaßregeln gegen Betrug. So hatte der Institutsdiener die Aufgabe übernommen, während der Sitzung, im Dunklen am Boden liegend, den Versuchsraum zwischen Medium und telekinetisch bewegtem Gegenstand abtastend zu untersuchen und die eventuelle Mitwirkung eines Helfershelfers festzustellen. Dieses mir erst nach Veröffentlichung meines Buches bekannt gewordene Vorgehen hatte negativen Erfolg und konnte nichts zur Erklärung telekinetischer Vorgänge beitragen.
Bemerkung zu vorstehender Erwiderung. Von Graf Klinckowstroem. Meine Behauptung, daß W illy Schneider Dr. v. Sehr en ck-Not z in g s Buch „Materialisationsphänomene" gekannt habe, stützt sich auf Dr. Th. Seegers Bericht, S. 415 des „Dreimännerbuchs". Es heißt dort : „Durch einige freundliche Worte aufgemuntert, erzählt er (Willy) mir einiges über seinen Beruf als Zahntechniker . . . sowie über 'seine Reisen zu Baron Schrenck nach München, und auf Befragen gibt er zu, die ‚Materialisstionsphänomene' gelesen zu haben und das Buch auch zu besitzen. Diese Tatsache scheint mir (auch heute noch) sehr beachtenswert". Dieses Buch mit seinen ausgezeichneten Photographien eignet sich ja auch recht gut als Lehrbuch für angehende Medien. Ich nehme zur Kenntnis, daß Willy auch nach der Entlarvung am 7. April 1920 vor Untersuchern, bei denen er offenbar vor überraschenden Zugriffen sicher zu sein glaubte, „Teleplasma" produziert hat. Mich wundert nur, daß Dr. v. Schrenck-Notzing bei Laszlos Teleplasmaprodukten deren primitives Aussehen als verdächtig rügte, während die entsprechenden Erzeugnisse Willys nach den Abbildungen einen reichlich ebenso kindlichen Eindruck machen. Eva C. konnte das entschieden besser.
Zur Richtigstellung der Bemerkungen des Grafen Klinkowstroem. Will y Schneider stellt entschieden in..Abrede, daß er 1. das Werk des Verfassers „Materialisationsphänomene" schon mit seinem 17. Lebensjahr gelesen habe (er hat es heute noch nicht gelesen !) und 2. daß er dem damals 19jährigen Herrn Seeger hierüber irgend eine Bemerkung gemacht habe. Offenbar liegt hier ein Mißverständnis vor. Dr. A. Freiherr von Schrenck-Notzing. Zeitschrift für Okkultismus I.
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Zeitschriftenreferate.
Berichtigungen. Die an dieser Stelle in Heft 1, S. 78 zitierte anonyme Besprechung des Buches von H ou dini im „Journal" der S. P. R. stammt, wie wir auf Wunsch der beteiligten Herren hiermit richtigstellen, nicht von Mr. Dingwall, sondern von Mr. Harry Pric e. v. Klinckowstroem. In der Besprechung des Buches „Cou6 und der Couksmus" von 0. S e eling und Dr. Fr anz in e y er findet sich der Satz „Wie in jeder wissenschaftlichen Sekte wird auch hier die Diskussion teilweise von Leuten bestritten, die viel überschüssige Zeit für überflüssige Fragen haben". In diesem Satze ist das Wort „hier" so mißverstanden worden, als bezöge es sich nicht auf die coukstische Bewegung und etliche in ihr zutage tretende Gedanken, sondern auf das rezensierte Buch und seine beiden verdienstvollen Verfasser. Nein, ein so grobschlächtiger Kritiker bin ich nicht! Hier hatte mein Bedenken es nur mit Ideen zu tun, über die Seeling und Franzmeyer referieren, nicht mit solchen, die sie selber äußern. In der Revue Mkapsychique, November—Dezember 1925, S. 424, bespricht Ren Sudre unsere Zeitschrift. In meiner „Einführung" in unsrem ersten Heft habe ich gesagt, der Ausdruck „Okkultismus" — wohlgemerkt, der Aus dru ck — sei desinfektionsbedürftig, aber „Metapsychik" und „Parapsychologie" (in Gänsefüßchen, also auch nur als Worte, als wissenschaftliche Termini) seien es auch bereits. Sudre sagt auf S. 422 selbst „Le mot ,oecultisme‘ est tout ä fait discrklitö auprCs des gens de science," uns aber imputiert er die Absicht „de Usinfecter l'occultisme" ebenso wie die Metapsychik. Daraus schließt er auf eine Auffassung „qui tenel ä, rendre suspects une foule de travaux frainais et alleniands consids jusqu' ici comme inattaquables", und schiebt uns eine überradikale, der okkultistischen Bewegung feindliche Tendenz zu. In meiner ganz neutral gehaltenen Einführung steht davon natürlich kein Wort. An diesem offenkundigen Mißverständnis tragen vielleicht sprachliche Schwierigkeiten die Schuld. R. B.
Zeitschriftenreferate. Proceedings of the Society for Psychical Research. Vol XXXV, Part 96, December 1925:- S.471-4.-594: A Report on some Communications received through Mrs. Blanche Cooper. By 5. G. Soal, M. A., B. Sc. S. G. S o al berichtet ausführlich über eine Anzahl von Sitzungen mit dem Berufsmedium Blanche Cooper in London, einem sog. „Trompetenmedium"; d. h. die sich durch ihre Vermittlung äußernden „Geister" Verstorbener geben sich mit Hilfe eines Sprachrohrs kund. S o al hat dabei lediglich die intellektuellen Phänomene berücksichtigt; er hat nicht weiter untersucht, ob es sich um „direkte Stimmen" handelt oder ob die Mitteilungen aus dem Jenseits durch die Stimme des Mediums selbst erfolgten. Es waren Dunkelsitzungen, während welcher ständig eine Spieldose in Tätigkeit war. Im Laufe dieser Sitzungen haben sich mehrere Persönlichkeiten angeblich Verstorbener mitgeteilt, ohne aber den Beweis ihrer Identität erbringen zu können. Ja, eine derselben (der Fall Gordon Davis) stellte sich nachher als noch lebend heraus. Eine andere (John Ferguson) konnte überhaupt nicht nachgewiesen werden. Die auf diese Art gewonnenen Mitteilungen haben aber nach dem Bericht immerhin so viel ergeben, daß der Berichterstatter Gedankenübertragung annimmt: ein „Abzapfen" von allerhand dem Medium unbekannten Details aus dein Unterbewußtsein der Sitzungsteilnehmer, namentlich So als selbst, gelegentlich wohl auch das, was Ba erwal d als „dreieckige Telepathie" bezeichnet hat. Vol. XXXVI, Part 97, January 1926. Inhalt: I. A Report on a Series of Sittings with Mr. Willy S chn ei de r. By E. J. Dingwall, S. 1-33. II. Luminous and other Phenomena observed with the Medium Janusz Fronczek. By V. J. Weolley and E. J. Dingwall, S. 34-51. IH. An Account of a Series of Sittings with Mr. George Valiantine. By V. J. Woolley, S. 52-77.
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1. Dem Referat uber Dingwalls Bericht über eine Reihe von Sitzungen mit Willy in London möchte ich ein paar Bemerkungen allgemeiner Art vorausschicken. Die von diesem Medium gezeigten Phänomene machen einen so läppischen Eindruck, daß sich niemand wundern darf, wenn sie Fernerstehenden, die sich dem Niveau solcher Sitzungen nicht adaptiert haben, völlig unglaubhaft erscheinen, trotz der bei ihm angewendeten Kontrollmethodik. In den Experimenten Dr. v. S c hr encks mit Willy tritt nun, obwohl er jetzt schon viele Jahre mit Willy arbeitet, nicht das Bestreben zutage, die Phänomene ihres läppischen Charakters zu entkleiden und uberhaupt einmal durch Variierung der Versuchsmethoden einen Schritt weiter zu kommen. Er begnügt sich mit dem eintönigen Schauspiel einer ständigen Wiederholung desselben Repertoires, und man muß sich wundern, daß ihm das noch nicht langweilig geworden ist. Referent hat schon im „Dreimännerbuch" sich dahin ausgesprochen, daß S chr en ck nicht als der geeignete Kopf erscheinen kann, um seiner Sache zum durchschlagenden Siege zu verhelfen. Denn wenn es sich hier wirklich um die Äußerung bisher unbekannter und uPerfurschter Kräfte handelt, dann ist es doch außerordentlich bedauerlich, daß die Forschung auf diesem schwierigen Gebiete nicht weiterkommt, weil sie in dazu offenbar nicht hinreichend befähigten Händen gewissermaßen menepplisiert”-eeselteint. Mit einer gelehrt klingenden Tertiainologie ist es nicht getan, ebensowenig wie mit theoretischen Möglichkeiten. Und auch die Feststellung der Tatsächlichkeit der Phänomene selbst läßt nach der bisher ublichen Methodik noch zu wunschen ubrig. So sollte doch Sehr enck berucksichtigen, daß fur jemanden, dem das nicht zu einem gewohnten Schauspiel geworden ist, beispielsweise das Erscheinen einer lebenden Hand aus dem Nichts als ein ganz unglaubhafter Vorgang erscheinen muß. Wenn eine solche Hand erscheint, dann gibt es fur den Skeptiker zunächst nur die Alternative: das ist entweder die Hand des Mediums oder die eines der anderen Anwesenden. Da muß doch alles versucht werden, um solche Möglichkeiten auszuschließen: also in Mister Linie starke Leuchtbänder um die Handgelenke aller Sitzungsteilnehmer, uberraschende Blitzlichtaufnahmen, automatische Kontrollen usw. -Ferner wird die Forderung immer lauter werden, daß man versuchen muß, den Phänomenen einmal auf ganz anderem Wege beizukommen. Von einer weiteren Häufung derartiger Berichte wie bisher nach der gleichen Untersuchungsmethodik kann ich mir nichts versprechen. Möglicherweise ist jetzt Willy bereits fur eine grundlegende Änderung im Aufbau der Veisuche verdorben, da man sieh jahrelang den,,Bedingungen" fugte, die man fur gegeben hielt, um uberhaupt Resultate zu erzielen. Willy soll doch anfangs im Elternhause auch bei heller Beleuchtung Phänomene erzeugt haben : Flournoy wäre niemals zu seiner glänzenden psychologischen Analyse der erstaunlichen intellektuellen Phänomene der Helene Smith gelangt, wenn er es nicht verstanden hätte, uber das naive spiritistische Niveau seiner Versuchsperson hinauszugelangen und den Ablauf der Phänomene in gewunschte Bahnen zu lenken. Warum soll das bei den sog. physikalischen Medien nicht auch zu erreichen sein? Hätten wir uns damit begnugt, das Glimmlicht in den G-eißlerröhren anzustaunen, anstatt diese Erscheinungen in jahrzehntelangen Untersuchungen zu studieren, so wußten wir heute nichts von Kathodenoder Röntgenstrahlen. Kurz : ich sehe keinen Weg, auf die Art und Weise, auf die Sehr enck sich beschränkt, diese dunklen Phänomene zu klären und ihre Erkenntnis zu fördern, vorausgesetzt, daß es sich um echte Phänomene handelt. Denn es ist ja möglich, daß wir uber kurz oder lang zu einer Anerkennung derartiger Erscheinungen gelangen. Wenn wir heute noch nicht so weit sind, so ist das die Schuld Dr. v. Schrenc kNotzings, der seine Rand auf die Versuchspersonen legte und angesichts des Mangels an medial begabten Personen damit unabhängige Untersuchungen von anderer, vielleicht zuständigerer Seite de facto so gut wie verhinderte Es ist daher sehr zu begrußen, daß die S. P. R. Gelegenheit hatte, im November und Dezember 1924 eine kurze Reihe von Sitzungen mit Willy in London abzuhalten, nachdem E. J. Dingwall bereits im Jahre 1922 in Munchen 3 Sitzungen bei Dr. v. Sehr e ne kNot zing beiwohnen konnte Man wird es unter diesen Umständen begreiflich finden, daß die englischen Untersucher die ubliche und dem Medium gewohnte Untersuchungsmethodik anwendeten. Frau Holub, die nach dem Tode ihres Gatten in -
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Zeitschriftenreferate.
Wien Willy betreute, war mit ihm nach London gekommen und nahm an allen Sitzungen teil. Es fanden in London im Sitzungsraum der S. P. R. 12 Sitzungen mit Willy statt, von denen 8 positiv waren. Die Kontrolle war im großen und ganzen die übliche, doch wurde das Medium nicht vorher körperlich untersucht. Das Medium betrat den Raum stets zu Beginn der Sitzung und wurde sogleich von den beiden Kontrollpersonen, die stets die gleichen waren: Dingwall und Woolley, an seinen Platz geleitet. Erst im Sitzungsraum wechselte das Medium die Kleider: es zog einen Pijama und einen Rock an, die während der ganzen Sitzungsperiode ständig im Sitzungszimmer verwahrt blieben. Die Schuhe und Strümpfe behielt es an. Über die Verteilung der Teilnehmer, Platz des Mediums usw. unterrichtet die beigegebene Situationsskizze. Platz des Mediums (M)
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Situationsskizze. 31= Medium. C, = Mr. Wooley. C, Mr. Dingwall, die beiden Kontrollpersonen. L -=- Tisch mit Rotlichtlampe. H -= Frau Holub. NTT = Tisch des Protokollführers.
in der Ecke auf dem Sofa, vor dem der Tisch stand, mit der Front zum ersten Beobachter (C, Woolley). Vor ihm saßen die beiden Kontrollpersoner mit der Front gegen den Tisch. C i faßte von der Seite die beiden Hände des Mediums bei Daumen und Vorderhand, C, (Dingwall) bei den Fingerspitzen. Die Beine streckte das Medium entweder seitlich unter den Stuhl von C, oder es ließ eines in dieser Stellung, während das andere vor seinem eigenen Sitz stehen blieb; in jedem Fall aber blieben seine Beine hinter den Beinen von 0. Um Hand- und Fußgelenke des Mediums Leuchtbänder. Bei besonderen Gelegenheiten wurden außerdem noch Leuchtnadeln verwendet. Die Protokolle der 8 positiven Sitzungen werden von Dingwall nach den Niederschriften des Protokollführers (Mrs. Dingwall) wiedergegeben. Die Phänomene waren weit schwächer als in München und Wien und waren nach Dingwall nur bei wenigen Gelegenheiten beweiskräftig. Es wurden im wesentlichen telekinetische Wirkungen beobachtet; gelegentlich zeigten sich vage Formen silhouettenartig in der Nähe eines Gegenstandes, der dann unmittelbar darauf bewegt wurde. Aber diese Formen waren zu flüchtig und schattenhaft, um einen bündigen Schluß auf teleplastische Gebilde zuzulassen. Der Wunsch des Mediums nach reger Unterhaltung, Lärm und Musik war stets lebhaft. Ein Grammophon sorgte für die nötige Musik. Dauer der Sitzungen durchschnittlich 8 Stunden. Beleuchtung: Rotlic,htlampe auf dem Tischchen L, mittelst Rheostat in der
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Lichtstärke vom Protokolltisch aus regulierbar. Das Licht genügte, um den Raum unmittelbar vor Frau Holub (H) hinreichend zu beleuchten. Die Phänomene waren, abgesehen von dem bekannten „kalten Wind", dessen Ursache nicht geklärt werden konnte: ziemlich schwache, aber doch immerhin deutliche Bewegungen eines Taschentuchs, eines auf der einen Seite selbstleuchtenden Tamburins mit Schellen, eines Streifens Leuchtkarton, eines Leuchtringes usw., die sämtlich bei den Versuchen auf dem Tische lagen. Diese Fernbewegungen gelangen auch, wenn die Gegenstände in einem Gazekäfig dem unmittelbaren Zugriff des Mediums entzogen waren (so namentlich in der 8. Sitzung). Die Öffnung dieses Käfigs befand sich auf der von den Sitzungsteilnehmern abgewandten Seite und seitlich vom Medium, so, daß eine gerade Linie vom Kopf des Mediums zu den Objekten im Käfig durch die Grazewand hindurchführte. Die Entfernung der Objekte vom Medium war im Höchstfall 90 cm, meist weniger. Hätte das an den Händen und Füßen kontrollierte Medium die Fernbewegungen etwa mit dem Munde ausführen wollen, so hätte das nach Dingwall wegen des dazu unerläßlichen Vorneigens des Oberkörpers unmöglich verborgen bleiben können. In der 7. Sitzung war ein Taschenspieler, Douglas Dexter (Marks) zugegen, der ein bemerkenswertes Votum in dem Sinne abgab, daß nach seiner Meinung unter den gegebenen Verhältnissen weder das Medium noch einer der Teilnehmer die beobachteten telekinetischen Phänomene hätte betrügerisch erzeugen können, ohne sofort dabei ertappt zu werden. Im Anschluß an das Protokoll der 8. Sitzung diskutiert dann D in gwa 11 selbst ohne Scheu die Möglichkeit, ob außer dem Medium etwa einer der Teilnehmer in der Lage gewesen wäre, die Phänomene — Bewegung des Tamburins innerhalb des Gazekäfigs — auf natürliche Weise zu bewerkstelligen. Nur Mr. W. H. Salter, der Ehrenschatzmeister der 5. P. R., hätte von seinem Platz aus dazu die Möglichkeit gehabt, wenn er eine Hand aus der Kette befreit hätte. Er hielt aber während der ganzen Sitzung mit beiden Händen die rechte Hand seines Nachbarn Mr. F. M. Stratten, wie dieser bezeugt. Das Medium hätte die Wirkung nur mit Hilfe feiner Drähte erzielen können, die vorher an dem Tamburin hätten befestigt worden sein müssen und die es mit seinem Munde hätte dirigieren müssen. Der Versuch, eine volle Levitation des Mediums zu erzielen, wie sie in Wien beobachtet worden war, mißlang In seiner sorgsam abwägenden Schlußzusammenfassung kommt Dingwall zu dem Ergebnis, daß Willy wohl einzelne Phänomene, wie die Bewegung des Tisches, mit seinem Kopf hätte ausführen können; daß der kalte Wind und das Klingeln der Tamburinschellen durch Blasen hätte erzeugt werden können; daß aber z. B. die Fernbewegung des Leuchtringes oder des Kartonstreifens nur die Annahnie' einer übernormalen Kraftäußerung zulasse. Dingwall stellt zugleich Überlegungen an, mit welchen Hilfsmitteln etwa das Medium diesen Effekt auf betrügerische Weise hätte erreichen können, glaubt diese aber ausschließen zu dürfen. Er erklärt sich aber bereit, seine telekinetische Hypothese sogleich aufgeben zu wollen, wenn ihm d3r G-egenbeweis geliefert würde. So gelangt denn Dingwall im großen und ganzen zu einer Bestätigung der Ergebnisse Sc hr en ck-N o tzing s. Wir halten es danach für dringend geboten, daß nunmehr einem befähigten Experimentalpsychologen, etwa Prof. K. Marbe, die Möglichkeit zu einer selbständigen längeren Untersuchungsreihe mit den Brüdern Schneider geboten würde und zugleich damit die erforderlichen Geldmittel. Durch unfruchtbare Debatten läßt sich die Frage jedenfalls nicht klären. 2. Hinsichtlich der Versuche mit dem jungen polnischen Medium Janusz Fronczek, einem Bergingenieur, können wir uns kürzer fassen. Im August und September 1923 hatte Ding Wal 1 drei Sitznngen mit ihm ih Warschau, wobei telekinetische, teleplastische und Leucht-Phänomene beobachtet wurden. Im April und Mai 1925 fanden dann 9 Sitzungen mit diesem Medium in London statt, von denen nur 3 positiv waren. Die von Dingwall und Wo oll ey ausgeübte Kontrolle war ähnlich wie bei Willy. Dingwall kam auch hier sehr bald zur Überzeugung, daß die gezeigten telekinetischen Phänomene — Bewegung eines Leuchtringes und einer Handschelle am Boden unmittelbar zu Füßen des Mediums — auf betrügerischem Wege nur mittelst des Mundes erzielt werden konnten. Dazu hätte es aber eines geeigneten Instrumentes bedurft. Nun
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fiel es Dingwall auf, daß sich das Medium ein Kissen als Polster für seinen Kopf geben ließ. Der Verdacht konzentrierte sich also auf dieses Kissen, und es konnte dann tatsächlich mit Sicherheit festgestellt werden, daß Fronczek mit Hilfe des Kissens, das er mit den Zähnen faßte, die Fernbewegungen vortäuschte. Außerdem wurden merkwürdige Leuchtphänomene am Munde und in der Nähe des Mundes des Mediums beobachtet, die z. T. an Fäden zu hängen und zu pendeln schienen und offenber durch Kopfbewegungen des Mediums bewegt wurden. Der Verdacht lag nahe, daß auch diese Phänomene auf betrügerischem Wege erzeugt wurden, jedoch gelang es Dingwall nicht, dem Trick auf die Spur zu kommen, obwohl ein eigentümlicher Husten die Provenienz aus dem Munde nahelegte. 3. George Valiantine ist wieder ein „Trompetenmedium", das mit angeblichen „direkten Stimmen" aus dem Geisterreich arbeitet. Die Sitzungen fanden statt im Hause eines Spiritisten, H. D. B r a dl e y, bei welchem Valiantine zu Gast war. Als Vertreter der S. P. R. nahmen Una Lady Troubridge und Miß Radclyffe Hall im Jahre 1925 an einer Reihe von Sitzungen teil, die meist im Dunkeln, einmal aber auch bei Tageslicht stattfanden. Die Berichte der beiden Damen sind hier von Woolley veröffentlicht worden. Die Berichterstatterinnen scheinen von der Echtheit der Phänomene ziemlich überzeugt zu sein, jedenfalls vermochten sie einem Betrug nicht auf die SFur zu kommen. Es erübrigt sich, näher auf die Phänomene einzugehen, über die man kein klares Bild gewinnen kann. Wie in den Dunkelsitzungen die benutzten Sprachrohre, die sich nach den Sitzungen als innen behaucht erwiesen, bewegt wurden, entzog sich jeder Kontrolle, und bei der Tagessitzung ließen sich nur flüsternde Stimmen im Rohii vernehmen, über deren Entstehung die Damen sich nicht klar werden konnten. Graf Carl v. Klinckowstro cm.
Revue Metapsychique Jahrgang 1925. Nr. 6, November-Dezember: Eugöne Osty: Eine tatsächlich eingetroffene Prophetie. Dr. Antoniou in Athen behandelte ein Fräulein X durch Hypnose und berichtet über dabei aufgetretenes Hellsehen. In der athenischen Zeitung TO AZTY vom 11., 12., 13. und 14. August 1914 (griech. Stil) hat er das Wesentliche daraus veröffentlicht. Es waren die Tage des schnellen Siegesfluges der deutschen Heere auf Paris und die einander folgenden Niederlagen der Franzosen. (Es seien nur einzelne Punkte aus den längeren Ausführungen hervorgehoben.) „Der Krieg wird lang sein. Während desselben werden viele Katastrophen und Umwälzungen sich ereignen. Millionen Wesen werden sterben in diesem wilden Kriege und unglaubliche Verluste an Vermögen wird er bringen. Throne werden umgestoßen und alte Staaten werden sich auflösen und neue sich konstituieren. Die Tripleentente wird schließlich siegen ... Deutschland wird nicht aufgelöst werden, sondern seinen Platz als Nation und Staat behalten. Aber seine „Fremdbestandteile" werden ihm genommen und an ihre zugehörigen Stellen eingefügt werden. Deutschland wird nicht mehr Kaiserreich sein. Die ökonomischen Folgen des Krieges werden furchtbar für dasselbe sein ... Der Sozialismus wird siegen ... Nach den blutigen Ereignissen wird eine neue politische Ordnung eingeführt. Die deutsche Republik wird gegründet und das Vorbild einer Republik werden, sie wird bald die Barrikaden niederlegen, die sie von den Nachbarreichen trennen. Ohne Zeitverlust wird Deutschland den Weg zu neuem Aufstieg und neuem Fortschritt finden." Auch Österreichs Schicksal wird richtig vorausgesagt. — — — Die Prophezeiung sagt aber kein Wort über den Eintritt Amerikas in den Krieg und den Umsturz in Rußland. Der Berichterstatter fügt an: Was haben wir von diesem Falle zu denken? Die Dokumente, die vorliegen, machen ihn zur Tatsache, die nicht zu leugnen ist. Sollte der Zufall allein diesen Komplex von Ereignissen in dem Geiste eines jungen Mädchens erzeugt haben, den kein Staatsmann damals zu übersehen in der Lage war? Glücklicher Zufall oder supranormales Erkennen?
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Rene Sudre: Klassifikation und Vokabular der Metapsychik. Bericht über die in Warschau zu diesem Zwecke gewählte Kommission und deren Ergebnis. Soll man in Zukunft Meta-(Frankreich) oder Para-(Deutschland) sagen? S. gibt zu, daß erstere Bezeichnung das System stören würde, weil in einem Falle (Metaphysik) Zweifel auftreten können. Riehet hat ihn zu verhüten vorgeschlagen: die Metaphysik in objektive und subjektive zu zerlegen — aber das lehnt S. ab. Auch ein Vorschlag Mackenzies scheint ihm unakzeptabel. M. teilt ein in statische (perzeptive) und dynamische (aktive) Phänomene. Telepathie und Hellsehen gehören zu den ersteren, aber alles, was eine Kraft überträgt, zu den letzteren. — Für die Einrichtung eines internationalen Vokabulars wurde bestimmt, daß seine Worte aus dem Griechischen oder Lateinischen abzuleiten seien. Die bereits bestehenden Bezeichnungen sollen den Vorzug haben, wenn sie dieser Forderung entsprechen und genau genug bezeichnen, also nicht in einer anderen Wissenschaft bereits im Gebrauche sind. Alle Worte, welche eine hypothetische Definition enthalten, sind zu unterdrücken. Z. B. „Medium" hat die Unterlage einer Verbindung mit Abgeschiedenen. Abgesehen davon, daß diese Hypothese unbeweisbar, wird das Wort absurd für die metapsychischen Phänomene, die keinerlei spiritistischen Charakter haben. Es folgt eine längere und interessante Untersuchung über die in der französischen Sprache gebräuchlichen und neu einzuführenden Vokabeln, auf die wir hier nicht eingehen können. E. Osty: Experimente mit Herrn Stefan Ossowiecki. 1. In Paris unter Kontrolle von Charles Riehet fil s. 0 s s o w. lieät eine Zeichnung, die in einem Umschlage ihm gegeben. Versuch mangelhaft, weil Telepathie nicht ausgeschlossen. 2. In Warschau unter Kontrolle von Prosp. de Szmurl o. Vier unentwickelte belichtete photographische Platten, deren Gegenstände den Beteiligten unbekannt waren, wurden in versiegelten Umschlägen ausgehändigt. Osso w. nimmt die eine Platte in die Hand und gibt den darauf photographierten Gegenstand ziemlich richtig an. Es ergibt sich, daß das Zusammenaufbewahren der vier Platten in einer Transportschachtel ein teilweises Übertragen des Sujets verursacht hat, auch, daß die Gedanken des die eine Platte einpackenden Herrn auf der Umhüllung abgedruckt waren und mitgelesen wurden. (Derselbe hatte am Tage vorher seine Tante begraben und seine Gedanken waren mit Bildern vom Friedhof durchsetzt, die von Osso w. gelesen wurden!) E. 0. analysiert den Versuch treffend, er wird demnächst weiter darüber berichten und soll alsdann näher darauf eingegangen werden. 3. In Paris unter Kontrolle von E. 0. Prof. Santoliquide soll eine Zeichnung auf einer Karte machen und diese in Umschlag übergeben. Osso w. sagt sofort nach Empfang desselben „Statt zu zeichnen haben Sie ein Wort geschrieben, es ist italienisch"; er schreibt dieses sofort ähnlich dem Originale, wie sich bei der Öffnung des Umschlages ergibt, nieder : „Francesco". Fall von angeborener musikalischer Befähigung eines Kindes. Ein Knabe von 14 Jahren, zurückgeblieben, anormal und unerziehbar, von geringer Intelligenz, setzt sich neben seine Mutter ans Klavier und begleitet deren Spiel zwei Oktaven höher durch zweihändiges Spiel. (Stücke aus Faust, Barbier usw.) Auch bei plötzlichem Wechsel der Melodie folgt er ohne Zögern und bringt selbständig neue Akkorde in die Begleitung hinein. Er sieht nicht, was er spielt, er richtet sich nur nach dem Gehör. Der Knabe spricht nicht, sonderdstößt nur rauhe Laute aus, kann weder lesen noch schreiben, aber versteht einigermaßen, was man ihm sagt. Er ißt nichts, lebt nur von Milch (4'/, Liter pro Tag), die er aus der Saugflasche trinkt. Hundegebell, Pfeifen einer Lokomotive macht ihn krank, er zittert und hält die Ohren zu. Auch das Spiel der Kirchenorgel ist ihm sehr unangenehm. E. 0 sty: Besprechung des Buches von Rene Sudre „Introduction ä la Mitapsychique A. Hofmann. humaine" (Payot, Paris).
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Zeitschrift für Parapsychologie. Im Märzheft 1926 interessiert eine Disputation der Spiritisten Illig, Kone hty und Geldnerth mit dem Animisten Drehe r. Letzterer entdeckt wiederum die oft bestätigte Tatsache, daß, wenn man sich durch Schwierigkeiten der animistischen Deutung von Geistermitteilungen oder -erscheinungen in das spiritistische Zimmer hinübergedrängt fühlt, man es sofort unbewohnbar findet, sobald man sich dort häuslich einzurichten gedenkt, d. h. mit dem Gedanken, man habe es mit sinnvoll redenden und handelnden Personen zu tun, Ernst macht. Typisch ist folgender Fall. Die Leiche der Königin Ulrike von Schweden liegt aufgebahrt; die Hofdame Gräfin Steenbok kommt, wird vom Kommandanten der Leibwache zur Leiche geführt und dort allein gelassen. Als sie nicht wiederkehrt und Grabesstille herrscht, kommen alle Offiziere der Wache herein und sehen die tote Königin, wie in der Luft schwebend, in Umarmung mit der Gräfin. Dann löst sich die Erscheinung auf, und später erfährt man, Gräfin Steenbok habe Stockholm gar nicht verlassen und sei im Augenblicke der Erscheinung gestorben. Bei diesem, von Kone ('_,ny spiritistisch erklärten Fall sagt Dreher ganz richtig, er lasse sich erstens auch telepathisch deuten, und zweitens sei es ein unsinniger Gedanke, die Seelen der beiden Abgeschiedenen hätten sonst in der Welt keinen Platz gehabt, sich zu umarmen, als gerade vor den Augen der vetsammelten Offiziere. R. Baerwald.
„Der Okkultismus". (Verlag G. Wittler, Bielefeld). März 1926. Das Heft enthält einige wertvolle Beiträge Dr. Tischner s. In dem Aufsatz „Eigenartige Hellsehversuche" schildert er die Experimente eines Gelehrten Kr., der die seiner Ansicht nach in jedem Menschen schlummernde hellseherische Anlage durch bestimmte Yogha-tibungen geweckt hatte. (Es ist sehr zu bedauern, daß diese nicht näher geschildert werden.) Er vermochte eine umgekehrte, d. h. mit der kartonnierten Seite nach oben liegende, ihm unbekannte Photographie bei geschlossenen Augen mit den Fingern abzutasten, anzugeben, welche Stellen hell oder dunkel waren, wo sich ein spitzer Turm, wo Himmel, wo sich die netzartige Rieselung im Mauerwerk eines Hauses befand ; nach seinen Angaben konnten einige Umrisse richtig durchgepaust werden. Es wurden aber nur die markantesten Linien, nur die schärfsten Helligkeitskontraste erkannt. Dadurch kennzeichnet sich diese Leistung deutlich als hyperästhetische Wahrnehmung eines schwach durchdringenden Reizes, der, wie Ch o wri n gezeigt hat, auch mit dem Tastsinn im abnormen Bewußtseinszustand empfunden werden kann. In der okkultistischen Terminologie wird bekanntlich eine Sinnesverfeinerung, welche die uns gewohnten Grenzen überschreitet, regelmäßig als Hellsehen bezeichnet. Daß es sich hier um übersinnliches Hellsehen nicht handeln kann, beweist schon das Abtasten; wozu braucht ein sinnenfreies Erkennen die Finger? Herr Dr. Tisch n er rügte früher einmal mir gegenüber, daß die Chowrin schen Versuche, aus denen so viele antiokkultistische Folgerungen gezogen würden, nie eine Bestätigung gefunden hätten. La voilä. In „Die medizinische Pendeldiagnose" bespricht Tischner die Versuche von B en e di ct und Weiß, mit Hilfe des Pendels Krankheiten zu diagnostizieren und die dafür geeigneten Arzneien herauszufinden. Er übt berechtigte Kritik an der mangelhaften TJnwissentlichkeit dieser Versuche und erkennt im Gegensatz zu beiden Forschern, daß das Pendel keinen objektiven „dynamischen Einwirkungen" gehorcht, sondern nur als Fühlhebel für das unbewußte Wissen des Arztes dient. Aber, fährt T is ch n er fort, da man in der modernen Medizin so oft das Vorwiegen des rein Verstandesmäßigen, äußerlich Angedrillten beklagt und das künstlerische und intuitive Moment vermißt, so könnte das Pendel vielleicht doch eine fühlbare Lücke ausfüllen. E. Kind b org behandelt in dem Aufsatze „Irrtümer in der modernen Hypnosenlehre" einige Versuche, in denen er nachweisen wollte, daß Hypnose nicht allein durch Suggestion im Sinne der Nancyer Schule entsteht, sondern daß auch Mesmer mit seiner Strahlungslehre etwas Richtiges gesehen habe. So gelang es Kindbor g, durch
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Annäherung des Magneten oder seiner Hand, die beide durch ein vorgehaltenes Kartonblatt dem Auge der hypnotisierten Versuchsperson verborgen waren, Sprachhemmung zu bewirken. Ziel und Methode sind ähnlich wie bei den Alrutzs chen Experimenten, aber bei letzteren war die Unwissentlichkeit weit besser gewahrt. Kindborg meint, das schade nichts, denn die Versuchsperson sei ihm gegenüber nicht telepathisch veranlagt gewesen. Woher weiß er das ? Absichtlich angestellte, also vom Oberbewußtsein durchgeführte telepathische Versuche sind doch nicht etwa ein Maß für die fast nur von Unterbewußtsein zu Unterbewußtsein hinüberwirkende Telepathie! Und außerdem spielt da, wo der Experimentator zu gut informiert ist, auch unwillkürliche Zeichengebung eine bedenkliche Rolle. R. Baerwald.
Besprechungen. A. Besant und C. W. Leadbeater : „Okkulte Chemie". (Theosophisches Verlagshaus, Leipzig.) Soll man diese Schrift ernst nehmen? Sie ist auf vorzüglichem Papier gedruckt und mit zahlreichen Tafeln ausgestattet, man bedauert aufrichtig, daß „ein großer Aufwand, schmählich! ist vertan". Theosophen-Hellseher ergründen das Geheimnis der Atomwelt; von irgendwelchen chemischen oder physikalischen Kenntnissen sind sie nicht angekränkelt. Was alle wissenschaftlichen Institute der Welt mit Aufwand von Milliarden nicht erreichten, gelingt ihnen auf einem Spaziergange. Hellsehend ergründen sie das Geheimnis des Atoms. Anfänglich waren sie noch in dem Irrglauben befangen, der Hellseher müsse eine Spur des betr. Materiales in der Hand haben,dessen Atomaufbau er ergründen wolle. Später fand man auch dieses überflüssig und konnte auf 17 km weit die seltensten Elemente, die im tiefverschlossenen Museum ruhten, hellseherisch so vergrößert erschauen, daß es gelang, ihre Atomkonstruktion zeichnerisch festzuhalten. Da uns Mittel und Wege fehlen, die Angaben unserer Theosophen nachzuprüfen, müssen wir sie unbesehen annehmen. Daß irgend eine Selbsttäuschung der Hellseher vorliegen könnte, ist ausgeschlossen; ihre Inspiration kommt, wie das ganze Gebäude der Theosophie, von „oben". Ausdrücklich erklären unsere Beobachter, daß sie ihre wissenschaftlichen Forschungen nicht von ihrer Ethik und Religiosität trennen; sie stehen mit einer Hierarchie spiritueller Lehrer in Verbindung, die ihnen gewisse Einschränkungen auferlegen. Darunter ist besonders hervorzuheben, daß irgend eine „Probe", irgend ein materieller Beweis streng verboten sind. Wir müssen also dies auf 182 Seiten servierte Dogma als Ganzes schlucken oder ablehnen Wir entscheiden uns für das letztere. H—nn. Karl Blacher: „Das Okkulte von der Naturwissenschaft aus betrachte t". Wiener Parapsychische Bibliothek. Heft 7. (Die Okkulte Welt. Nr. 120/21). Pfuningen, Verlag Johannes Baum, o. J. (1925). 8°. 62 5. Preis: brosch. M. 1.20. Dr. Karl B1 a cher, Prof. der chem. Technologie an der lettländischen Universität Riga, ist 1913 durch einen Wünschelrutengänger davon überzeugt worden, daß hier kein Schwindel vorliegt; ähnlich wirkte 1914 auf ihn eine spiritistische Sitzung. "Als nun noch.' die Schrenck-Notzing sehen ,Materialisationsphänomene` erschienen, war meine Stellung dem Okkultismus gegenüber entschieden. Wie man noch von eitel Betrug und Schwindel sprechen kann, ist jetzt für mich ganz unbegreiflich." Abgesehen davon, daß das Wünschelrutenproblem auf einem ganz anderen Blatte steht, ist es ein interessantes docureent humain, daß Blac her gerade durch das Schrenck sehe Buch mit seinen zahlreichen ausgezeichneten, in der Mehrzahl einen geradezu entlarvenden Aspekt bietenden, photographischen Materialisationsbildern für den Okkultis-
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mus gewonnen wurde. Dem Referenten, der früher den okkultistischen Problemen durchaus nicht ablehnend gegenüberstand und dem B1 a c her jetzt Verständnisunvermögen und Mangel an Objektivität vorwirft, ist es gerade umgekehrt gegangen. B1 a cher gehört zu den Okkultisten, die die ganze mediumistische Phänomenologie nahezu ohne Einschränkung als echt anerkennen. Er geht darin viel weiter als beispielsweise T ischn er und die übrigen kritischen Okkultisten, von der englischen S.P.R. ganz zu schweigen. — In drei Abschnitten behandelt Bla cher eingehend die Stellungnahme zu den okkulten Phänomenen, die okkulten Phänomene und ihre Erklärung, und die philosophisch-metaphysischen Ergebnisse. Vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus, unter Heranziehung neuerer psychologischer, biologischer und philosophischer Auffassungen vitalistischer Richtung sucht der Verf. Zusammenhänge aufzudecken, die das Verständnis für diese Probleme zu erschließen und zu begründen geeignet erscheinen. Solche Darlegungen, wie wir solche auch aus der Feder von Wilhelm Haas, FL Driesch, T. K. Österreich, Camillo Schneider u. a. besitzen, sind gewiß wichtig, lehrreich und mögen sich für die Zukunft als fruchtbar erweisen. Aber vorläufig erscheint uns die Tatsachenfrage selbst noch wichtiger, die wir nicht als in positivem Sinne erledigt anerkennen können, namentlich nicht hinsichtlich der sog. paraphysischen Phänomene, wie der Verf. es tut. Auf eine Diskussion über diesen Punkt geht er gar nicht ein. Dem reinen Theoretiker wird das Recht auf Kritik, wie üblich, bestritten (S. 30): „Die Kritik eines Versuches, dem man nicht beigewohnt hat, ist gänzlich wertlos", besagt eine Fußnote der Schriftleitung. Das ist insofern ein Irrtum, als sich eine solche Kritik gegen die M e th o dik richtet, die zur Anwendung gelangt ist. Diese Methodik kann doch keine okkultistische Spezialmethodik sein. Eine solche kritische Untersuchung beschränkt sich auf die Kritik der naturwissenschaftlichen „konkreten Tatbestände" und ist eine Untersuchung auf die Richtigkeit und Zuverlässigkeit von Beobachtungen. Und diese auf Anwendung von Sinneswahrnehmungen beruhende Methodik untersteht selbstverständlich einer beobachtungswissenschaftlichen, d. h. naturwissenschaftlich legitimierten Kritik. Nichtsdestoweniger bieten die Gedankengänge des gut orientierten Verfassers auch für den kritisch eingestellten Leser Interesse. Graf Carl v. Klinckowstroem. A. J. J. Ratcliff : „Traum und Schicksal". Deutsch von Prof. 0. Francke. Dresden, Sibyllenverlag, 1925. 328 S. Als fleißiger Sammler hat der Verfasser Ethnologie, Kultur- und Literaturgeschichte, Philosophie und Psychologie durchwandert und zusammengetragen, was Menschen und Völker aller Zeiten über Träume gedacht, beobachtet und künstlerisch aus ihnen gestaltet haben. Die vorläufig endgültige Lösung des Traumproblems erblickt er in der Psychoanalyse, der eine durch gute Beispiele veranschaulichte ausführliche Darstellung gewidmet ist. Fr eud und Jun g steht der Verfasser gleich nahe, dagegen wird Adler s Individualpsychologie gar nicht erwähnt. Einen Hauptvorzug des Buches kann man darin erblicken, daß der Autor nicht in der Fülle seines Stoffes ertrinkt, sondern ihn leicht und anmutig plaudernd in liebenswürdigster Form darzubieten weiß, getreu der guten Tradition englischer Essayisten. Hätte nur die "Übersetzung dieses Geistes einen Hauch verspürt! Oft ist sie ganz unverständlich; manchmal kann man nur dadurch einen Zusammenhang in die schiefgezielten deutschen Worte bringen, daß man sich aus ihnen rekonstruiert, wie wohl der englische Urtext gelautet haben mag. Aber wer das kann, wozu braucht der eine übersetzung? R. B. Prof. Hans Henning: „Psychologie der Gegenwart". Berlin, MauritiusVerlag, 1925. 184 S. Im ganzen ein frisch und anregend geschriebenes. kenntnisreiches Buch, das über die in deutschen Universitätskreisen vorherrschenden psychologischen Grundanschauungen gut informiert. Hier aber haben wir es mit den wenigen Seiten zu tun, die okkultistischen Fragen gewidmet sind. Henning lehnt das Unterbewußtsein ab. Das Unbewußte ist bei ihm wie bei anderen modernen Psychologen nur ein unvorstellbarer
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Zwitter aus ruhender Gedächtnisdisposition und aktuellem physiologischem Prozeß. Ein Psychologe, der ausschließlich auf der engen Gasse des Wachbewußtseins kutschieren will, eckt beständig rechts und links an und gelangt nie zu einer verständlichen kausalen Erklärung der seelischen Vorgänge. Diese Erfahrung bestätigt sich auch in dem vorliegenden Buche, und muß sich am stärksten da geltend machen, wo von okkultistischen Themen die Rede ist. Die veraltet anmutende Bausch- und Bogentheorie, die da entworfen wird, sucht mit dem Betrug als einzigem Erklärungsgrunde auszukommen. Es gibt hier noch keine Scheidung zwischen intellektuellen und physikalischen Phänomenen; wenn der Schwindel der Materialisationsmedien gegeißelt wird, glaubt der Verfasser, den ganzen Okkultismus mitsamt der Telepathieforschung erledigt zu haben. Das übernormale Wissen, dieser heute auch von Antiokkultisten zugestandene Wahrheitskern, hat für den Psychologen ohne Unterbewußtsein keine Stelle, wo es wohnen könnte, es wird gar nicht erwähnt, und Chowrin, der Bahnbrecher auf dem Gebiete der Unterbewußtseins-Hyperästhesie und eben dadurch Zerstörer des übersinnlichen Hellsehens, wird im bibliographischen Anhang mit dem Beiwort „gläubig" bedacht. Diese Nuancenlosigkeit und Undifferenziertheit versucht sich durch einen seltsamen Glauben an die Allwissenheit des experimentellen Psychologen zu überkompensieren, so daß schließlich das kühne Wort fällt „Kein einziger Trick ist den Psychologen mehr unbekannt". Über diese Behauptung werden sämtliche Taschenspieler der Welt baß erstaunt sein; noch nie hat einer von diesen Hauptsachverständigen gedacht oder sich unterfangen, er kenne und durchschaue alle Tricks. Die Frage drängt sich auf: Wenn man diese erlösende Kenntnis hat, warum teilt man sie uns nicht mit, warum läßt man uns weiter im Dunkeln tappen ? Erführen wir von den Allwissenden das Geheimnis aller Tricks, wie leicht könnten wir dann ermitteln, ob Willy Schneider nur mit Betrug arbeitet, oder ob es in den von ihm gezeigten Phänomenen noch einen echten Rest gibt! Warum, um zum Naheliegendsten zu kommen, bleibt uns H enn in g seit 2 Jahren den Trick seines russischen Taschenspielers schuldig, der die ganze 'Telekinesefrage erledigen würde, so daß schließlich alle, die hier auf eine durchgreifende Aufklärung gehofft haben, stutzig zu werden beginnen ? Bloß deswegen, damit, wie er sagt, die Medien nicht in Vlrsicht geschult werden und die Okkultisten sich weiter blamieren ? Henning war allezeit ein guter Lehrer des Mißtrauens gegen die Medien. Sagt ihm denn sein gesunder Menschenverstand nicht, daß die einmal ausgebrütete Schlange dieses Mißtrauens auch nach rückwärts beißen kann ! Daß sie es tatsächlich tut, darüber hat man ihn nicht im unklaren gelassen.: R. Baerwald. Dr. August Wendler: Experimentaluntersuchungen zum Problem der Wünschelrute und biologischen Strahlung. (Verlag Th.Blaesings Universitätsbuchhandlung Erlangen.) Verf. geht von einer Reihe interessanter Versuche aus, die Forstmeister Kelber mit einer Wünschelrute über den Köpfen einer Reihe von zufällig anwesenden Damen und Herren anstellte. Er beobachtete dabei, daß die Rutenreaktion über den Köpfen der Damen meist schneller erfolgte als bei den Herren, ein suggestiver Einfluß sei dabei nicht zu konstatieren gewesen. Merkwürdigerweise waren bei sechs jungen Damen diese Ausschläge genau wie bei Männern; auf Nachfragen erfuhr Verf., daß es sich um Damen von virilem Wesen handelte, deren Schwestern aber alle normal auf die Rute wirkten. — Um sicher zu gehen in den Beobachtungen, ließ Verf., nach dem Vorbilde von Jaeggi-Perrault, der bemerkt hatte, die Rutenreaktion verlaufe ebenso über einem Papierstreifen, den die Versuchsperson mit dem Danmen und mit dem Zeigefinger halte, wie über der Person selber, die Versuchspersonen hinter einen Vorhang treten und nur diesen so gehaltenen Papierstreifen vor demselben vom Rutengänger versuchen. Die Hände waren dabei abgedeckt und für ihn unsichtbar; auch jede Erkennung der fraglichen Versuchsperson ausgeschlossen. Unter 30 Beobachtungen buchte Wendler 90 0 /0 Treffer. Er ist der Ansicht, außer der „nicht restlos anerkannten" telepathischen Übertragung sei keine andere Erklärung möglich als „reiner Wünschelruten-Effekt".
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Berichterstatter kann sich dem nicht anschließen. Die telepathische Übertragung ist die wahrscheinlichere Ursache des Ergebnisses. Verf. berichtet nun über eine interessante Reihe von Versuchen, die eine nach allen Richtungen abgewandelte Behandlung des geschilderten Grundversuchs darstellen. Darunter ist bemerkenswert, daß Papierstreifen mit paraffinierten Enden keinen Rutenausschlag geben. Bei Beleuchtung des Mittelhauptes bzw. Hinterkopfes der Subjekte mit Farbenglasfiltern, ergaben die verschiedenen Farben: Grün, gleiche Ausschlagsgeschwindigkeit für beide Geschlechter. Gelb und Orange, für männliche Strahlen durchlässig. Rot, für männliche Strahlen nicht durchlässig. Hell- und Dunkelblau, für normale Frauen durchlässig. Den Versuchen, so wie sie es verdienten, hier nachzugehen, verbietet der zur Verfügung stehende Raum; es kann nur dringend eingeladen werden, das kleine Heft zu studieren. — Weiter hat Verf. nach v. Uslars Vorgang, mit Forstmeister Selber wellenelektrische Versuche angestellt. Auf dem Dache der Großfunkstelle einer Erlanger Fabrik umhergehend, notierte Wen dler die Rutenausschläge und der „funkende" Ingenieur im Innern des Gebäudes die Zeiten der Stromstöße. Es ergab sich eine glte Übereinstimmung beider; auch konnte eine regelrechte „Radiopeilung" durch die Rute konstatiert werden. Diese Versuche wären gründlichst zu vervollständigen. Am Schlusse des reichhaltigen Werkchens behandelt W. die Stellung anderer Forscher zu diesen Fragen : die Reflexions-, Polarisations- und Absorptionsversuche über verschiedene geologische Vorkommen, der Einfluß schwingender Magnetfelder auf den Organismus, die FortinMüller-Schmidt-Hofmannschen Eisensolenoidanordnungen und ihre Bedeutung für diese Fragen werden erörtert, dann auf Zieglers und Gurwitschs pflanzen-physiologische Versuche eingegangen. Trotzdem Verf. bei seinen Experimenten alle erdenkliche Sorgfalt aufwandte, gibt er zu, der Telepathie könne vielleicht doch ein nicht unbeträchtlicher Einfluß auf die Ergebnisse zugeschrieben werden. Prof. Wendler setzt seine Versuche fort. Wir haben also bei seiner großen experimentellen Geschicklichkeit und Gewissenhaftigkeit eine weitere Förderung unserer Erkenntnis dieser sehr schwierigen Gebiete zu erwarten. H –nn. Danzel, Th.W.: Magie und Geheimwissenschaft in ihrer Bedeutung für Kultur und Kulturgeschichte. Mit 1 Taf. und 37 Abb. Stuttgart 1924, Verlag Strecker & Schröder, 8°, XII u. 213 S. Preis: Kart. M. 4. — , Lwdbd. M. 5.50. D an z e 1 sucht die zahlreichen Fäden, die Religion, Mythologie, Magie und Creheimwissenschaft miteinander verbinden, an der Hand reichen Materials aus der Kulturund_ Mythengeschichte, aufzudecken. Magie in ihrer alten Bedeutung ist uns heute fremd geworden; sie lebt nur noch in recht fragwürdigen Formen weiter. Ursprüglich aber standen magische und mythische Momente mit allen Betätigungen des Menschen in nahem Zusammenhange, und mit dieser echten Magie ist wiederum die Geheimwissenschaft, unter der hier nicht die „geheimgehaltenen Lehren", sondern die religiösen Lehren vom Geheimnisvollen zu verstehen sind, vielfach verbunden. Diesen Erscheinungen geht Verf. mit psychologischem Spürsinn nach, bei den Primitiven und den Kulturvölkern des alten Mexiko, in der assyrisch-babylonischen Kultur, in Ägypten, China und Indien, um schließlich noch Stellung zu den aktuellen Kulturproblemen der Gegenwart zu nehmen und die heutigen Möglichkeiten einer Deutungskunst zu erörtern. Seine wissenschaftlich wertvollen Ergebnisse fußen auf eigenen Forschungen. Die Probleme des modernen Okkultismus berührt er nur ganz gelegentlich. Kl. Dornseiff, Franz: Das Alphabet in Mystik und Magie. (Studien zur Geschichte des antiken Weltbildes und der griechischen Wissenschaft; herausgegeben von Franz Boll, Heft 7.) 195 Seiten, 2. Aufl. 1925, Verlag B. G. Teubner. Diese inhaltreiche, für die Geschichte der Magie wichtige Schrift ist hauptsächlich als Stoffsammlung zu werten. Die Einstellung ist spezifisch philologisch. Der umfassende Stoff gliedert sich in zwei Hauptabschnitte: „Die Wurzeln der Buchstabenmystik" und
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„Die verschiedenen Gebiete der Buchstabenmystik". Ein merkwürdiges Bild seltsamer Spekulationen, deren Ausdeutungen sich an die Buchstaben, Alphabete usw. knüpfen, entrollt sich vor uns: die Buchstaben haben eine symbolische Bedeutung, bzw. einen Wert, gemäß welchem gewisse Ausdeutungen aus ihrer vorliegenden Gruppierung oder auch aus der Möglichkeit ihrer Umordnung und Ersetzung gewonnen werden können. Es handelt sich hier also um den Typus einer Wissenschaft, den wir in unserem Buche: „Magie und Geheimwissenschaft" als den der „Deutungskunst" bezeichnet haben, und zwar handelt es sich hier zumeist um die ausgesprochenen Spätformen einer Deutungskunst. Wer von ethnologischen und völkerpsychologischen Problemstellungen aus an diese Fragen herantritt, wird den Versuch einer Sinndeutung solcher magischen Spekulationen, die die innere Notwendigkeit ihrer Vornahme rechtfertigt, für unumgänglich halten. Faßt man aber die zu Grunde liegenden Probleme von der Völkerpsychologie her an und läßt diese seltsamen Deutungskünste aus der Geisteshaltung eines Zeitalters herauswachsen, so wird man die ganze Problematik des vorliegenden Materials in viel weitfragendere Probleme eingebettet finden, zu denen man Stellung nehmen muß und die die Prinzipien der Materialauswahl und -darstellung in grundlegender Weise verändern würden. Hoffen wir, daß diese völkerpsychologisch ergänzenden Untersuchungen, die den eigentlichen Wert dieser fleißigen Samnjung erst völlig erschließen, bald einmal von berufener Seite vorgenommen werden. Privatdozent Dr. Th. W. Danze 1, Hamburg. Prof. Dr. Traugott Konstantin Oesterreich: „Der Okkultismus im m o d 3r nen Weltbild". 3. Auflage. Sibyllenverlag, Dresden. 1923. Es ist äußerst erfreulich, daß Oesterreichs kluges und mutiges Buch in verhältnismäßig kurzer Zeit drei Auflagen erlebt hat. Die dritte reicht insofern recht erheblich über ihre Vorgängerinnen hinaus, als sie neben anderen wichtigen Ergänzungen (Hellsehen und Telepathie, Sitzungen mit Franek-Kluski, Miß Goligher, Stanislawa Tornczyk u. a.) auch Berichte über eigene Erfahrungen 0 est err eichs enthält. Es handelt sich da um Sitzungen, die 0 est errei ch mit Willy Schneider und mit Frau Silbert in Graz hatte, wobei das letztere Medium besonders interessiert, weil es vorläufig trotz seines Gastspiels bei der Londoner Society for Psychical Research wissenschaftlich noch längst nicht die Beachtung gefunden hat, die es augenscheinlich verdient. 0 esterreichs Stellung ist, wie ja wohl allgemein bekannt, den Phänomenen gegenüber durchaus positiv (er sagt mit erfreulicher Unmißverständlichkeit: „Es gibt gar keine andere wissenschaftliche Stellungnahme mehr, als zur Nachprüfung der bisherigen Forschungsergebnisse zu schreiten."), der spiritistischen Hypothese gegenüber ablehnend. Nach seiner Ansicht „gibt es uberhaupt kein Beweisverfahren, das uns zwingen könnte, hinter irgend einem medialen Produkt einen anderen Geist als Urheber anzunehmen als den Geist des Mediums selber", und er hat mit seiner Behauptung zweifellos recht, wenn man den Möglichkeiten der Telepathie die gleiche unbegrenzte Ausdehnung zugesteht wie 0 es t erreich sie ihnen beimißt (unterbewußter telepathischer Konnex aller oder mindestens der medial veranlagten Individuen, der durch Vererbung sogar auf die Nachwelt übertragbar ist). Diese These ist sehr geistreich und würde viele Rätsel lösen können, aber es stehen ihr doch recht erhebliche Bedenken entgegen und keine sie eindeutig beweisende Erfahrung zur Seite. Andererseits wird man, um gerecht zu sein, betonen müssen, daß man vorläufig den die spiritistische Erklärung ausschließenden Ausspruch 0 est err eichs auch umdrehen und behaupten könnte, es gibt kein Beweisverfahren, das den Geisterglauben ad absurdum führt, und ehe ein solches gefunden sein wird, werden wir uns bescheiden und nur von Möglichkeiten und mehr oder weniger großen Wahrscheinlicl;keiten zu reden haben. Wenn es Oeste rr ei ch übrigens als wünschenswert bezeichnet, daß die okkulte Forschung die Medien möglichst in einem Stadium in die Hand bekommt, in dem von einer Beeinflussung durch spiritistische Kreise und Grundsätze noch keine Rede ist, so kann man diesem Wunsch nur auf das nachdrücklichste beipflichten. Ob man freilich zu besonderen Resultaten dabei kommen wird, muß dahingestellt bleiben. Denn es ist, wie Gest err ei ch richtig betont, durchaus mit der Möglichkeit zu rechnen, daß es zur Entwicklung der Phänomene der autosuggestiven Einflüsse bedarf, die von den spiri-
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tistischen Beeinflussungen der Medien ausgehen. Aber auch eine einwandfreie Fest, stellung in dieser Richtung würde von Wert und Interesse sein. Was 0 es t e rr ei c h über indische Fakire und Yoga sagt, ist oberflächlich und unzureichend, und die temperamentvolle Ablehnung Steiners gehört vielleicht nicht ganz in den Rahmen hinein. Dagegen würde man wunschen, daß andere Phänomene, z. B. Apporte, das große Gebiet des Spuks, mediale Kunstleistungen, Gedankenphotographie, in einer neuen Auflage in den Kreis der Betrachtung gezogen würden. Das Buch, das sich allerdings zunächst um die Persönlichkeiten der bekanntesten Medien herum aufbaut und daher keine sachliche Vollständigkeit bieten will und kann, wurde dadurch doch wohl noch an innerer Geschlossenheit und Wirkungskraft gewinnen. Eberhard Buchner. Der Spiritismus. Von Geh. San.-Rat Dr. A. M o 1 1. Franckhsche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart. Das Büchlein enthält mehr, als der Titel und das Titelbild (der Verlag sollte gute Arbeiten durch die äußere an den Jahrmarkt gemahnende Aufmachung nicht diskreditieren) erwarten lassen. Ein erfahrener Kritiker fuhrt den Laien durch das 'weite Gebiet des Okkultismus (Klopftöne, Tischrucken, Fernbewegung, Spuk, Materialisation wcrden besprochen, die Quellen von Irrtum und Täuschung aufgedeckt.) Aus den Bildern kann jeder das Moll sehe Urteil, seine ablehnende Haltung nachprufen. Professor Kupfer (Riga) ergänzt die Moll sehe Arbeit durch eine "Kritik angeblich teleplastischer und telekinetischer Erscheinungen". Beide Verfasser stehen auf dem Standpunkt des Referenten : Was wir bisher aber die okkultistischen Erscheinungen erfuhren, berechtigt nicht, von einem „Wissen" zu sprechen. Prof. Dr. med. A. A. Fri edländer, Freiburg i. Br. Mediale Diagnostik. Von Dr. W. KI öne r. Verlag 0. Mutze, Leipzig. Kröner kommt auf Grund zahlreicher Versuche mit dem „telästhetischen" Medium Elisabeth F. zu dem Ergebnis, daß „die Möglichkeit, Krankheitszustände auf ubersinnlichem Wege zu erkennen" vorhanden sei. Ich glaube der Pflicht des objektiven Referenten am besten nachzukommen, wenn ich jede Kritik unterlasse. Die aufgetauchten Bedenken können hier schon des Raummangels wegen nicht aufgezählt werden. Ihre Wiedergabe hätte aber auch keinen Zweck, da man solche Versuche nur angreifen oder bestätigen darf, wenn man ihnen angewohnt hat. Die "medialen Diagnosen" lauten oft sehr unbestimmt, sie sind dehn- und vielseitig deutbar. Einige Versuche dagegen brachten Ergebnisse, die der Beachtung wert sind. Kröner scheint möglichste Vorsicht angewendet zu haben. Bezuglich eines auf S. 32 erwähnten Falles bemuhte ich mich durch schriftliche Anfragen bei den in Frankfurt a. M. lebenden Verwandten einer Kranken etwas Sicheres aber den weiteren Verlauf der Krankheit und Bestätigung der „Ferndiagnose" in Erfahrung zu bringen. Meine Anfrage wurde nicht beantwortet! Kröner stellt weitere Mitteilungen fur spätere Zeit in Aussicht. Wir wollen diese abwarten in der Hoffnung, daß die von Kröner aufgeworfenen Fragen eine Lösung finden, die nicht nur fur den Verfasser, sondern für die Wissenschaft bedeutungsvoll wären. Prof. Dr. A. A. Friedländer, Freiburg i. Er. Prof. Oskar Fischer, Prag. Experimente mit Raphaei Schermann. Ein Beitrag zu den Problemen der Graphologie, Telepathie und des Hellsehens. Berlin, Wien. Urban und Schwarzenberg, 1924, 200 S. Es ist kein Wunder, daß dieses bekannte Werk bald sehr gelobt, bald herb ge_ tadelt wird. Schermann ist ein ausgezeichnetes „Medium", Fischer ist ein namhafter Psychiater, hat jahrelange emsige Forscherarbeit auf dieses Werk verwandt, hat seine Versuche mit unleugbar ingeniöser Erfindungsgabe abgewandelt, so daß man wichtige Resultate erwarten darf, und schließlich sind doch nur ziemlich unsichere Ergebnisse herausgekommen, weil auch hier die zahlreichen Klippen des Gebietes nicht mit der erforderlichen Sorgfalt und Kenntnis umschifft worden sind.
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Es scheint mir nicht zweifelhaft, daß Schermann nicht nur die Höchstleistungen des Graphologen darbietet, so daß er nervöse und geistige Erkrankung, Selbstmordsabsicht, verstellte und nachgemachte Schrift feststellen kann, sondern daß er noch andere Erkenntnisquellen benutzt, vor allem aus dem Wissen der Anwesenden „zapft". Schwerlich kann man bloß aus der Schrift eines Menschen entnehmen, daß er gern Hüte mit Pleureusen trägt, mit einer bestimmten Person verlobt ist, den Brief im Gefängnis geschrieben hat, sich beim Essen bekleckst, eine kreischende Stimme hat usw. Alle diese und zahlreiche ähnliche Aussagen wurden von Bekannten der geschilderten Person bestätigt. Aber als Basis der ganzen Untersuchung müßte doch erst die Feststellung da sein, wieviel von dem Wissen Schermanns echt und wieviel Schein ist. Wenn man eine so unübersehbare Tatsachenmasse, wie sie das Wesen eines Menschen bildet, in einer wortreichen, oft mit unbestimmten Ausdrücken hantierenden Schilderung wiedergibt, so spielt die psychische Osmose (vgl. S. 277 ff. ds. Hefts) ihre verwirrende Rolle, das Undeutliche gewinnt eine übertriebene Bestimmtheit, das Schiefe sieht gerade aus, ob man den betreffenden Menschen als liebenswürdig oder brutal, als offen oder verschlossen schildert, immer kann das irgendwie stimmen Gegen diese Scheinrichtigkeit gibt es ein bewährtes Mittel : Der Experimentator schreibt vor dem Versuch alle ihm bekannten charakteristischen Eigenschaften des Briefschreibers auf. Das ist dann ein verhältnismäßig objektiver, noch nicht osmotisch infiltrierter und durch Deutelei an die Graphologenaus. sage angepaßter Befund, und stimmt letzterer trotzdem in mehreren wichtigen Punkten mit ihm überein, so sind wir sicher, daß wir uns die Leistung des Schriftdeuters nicht bloß einbilden. Fisch er hat dieses Mittel der vorgängigen Fixierung nicht angewendet, dadurch wackelt das Fundament seines Baues. Immerhin, daß Schermann aus dem Geiste der Anwesenden zapft, scheint nicht zweifelhaft. Dafür spricht schon, daß Sch. eine Person fast ebenso sicher und gut schildern kann, wenn sich ein Anwesender dieselbe nur optisch vorstellt, als wenn er selbst ein Schriftstück von ihrer Hand vor Augen hat. Und stellen sich nacheinander zwei Anwesende denselben Menschen vor, so fällt Schermanns Beurteilung günstiger oder ungünstiger aus, je nach dem Urteil, das der augenblicklich gerade Übertragende von jenem Menschen hat. Betrachtet Sch. eine Photographie und sagt darauf, der Dargestellte habe spät geheiratet und sei schon tot, so kann er auch das nicht dem Bilde, sondern nur dem Wissen der Anwesenden entnommen haben. Unter acht Kärtchen übergibt Fischer Herrn Schermann auch eins, auf das er mit dem Finger — also unsichtbar — den jüdischen Davidsstern,gezeichnet hatte. Sch, zeichnet ihn nach, aber zu klein, so daß also hyperästhetische Wahrnehmung der Fingerausdünstung keine Rolle gespielt haben kann, und sagt, er sähe ihn leuchten. Fischer aber stellt sich den Davidsstern vergoldet vor, wie er auf den Synagogen zu sehen ist. Wenn auch F., die Macht unterbewußter Hypermnesie unterschätzend, glaubt, er habe die betreffende Karte nicht wiedererkannt, als Sch. sie in Händen hielt, so ist es doch wohl sicher, daß Sch. auch hier aus seinem Geiste gezapft hat. Aber wie gezapft? Vielleicht nur dadurch, daß sein hyperästhetisches Unterbewußtsein das unwillkürliche Flüstern des intensiv denkenden Experimentators oder andere verräterische Signale wahrgenommen hat? Damit wäre ja für die Telepathiefrage nichts erreicht. Ausschließen lassen sich diese Fehlerquellen beim Nahversuche niemals, auch wenn F. die Schwierigkeit damit erledigt zu haben glaubt, daß er versichert, er habe sich vor Flüstern gehütet, seine Mienen festgehalten, er habe Sch. das von ihm selbst fixierte Schriftstück nicht sehen lassen. Mit der unbegrenzbaren Reichweite der hyperästhetischen Wahrnehmung rechnet er ebensowenig wie Bruck in • seinen telepathischen Versuchen. Es gibt aber gewisse Anzeichen dafür, daß Sch.s „Zapfen" jedenfalls nicht ganz von dieser unechten, untelepathisehen Art ist. Durch unwillkürliche Zeichen muß sich vor allem das mit scharfer Aufmerksamkeit Gedachte übertragen. Das intensiv Vorgestellte drängt sich, wie gesagt, auf unsere Lippen und bewegt unser Gesicht. Telepathie dagegen betrifft vornehmlich das unterbewußt, unaufmerksam, beiläufig Gedachte. Nun fällt es auf, daß Sch. besonders schlecht jene präzisen Charakteristika errät, die wir als das
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„Nationale" einer Person zu bezeichnen pflegen : ihren Namen, ihr Alter, ob Mann oder Weib, ob verheiratet oder ledig. Ebenso übertrugen sich gar nicht einzelne Worte oder geometrische Figuren. Fixiert F. ein Schriftstück, ohne es sehen zu lassen, so erilit Sch. wohl unter Umständen den Charakter des Schreibers und der Schriftzüge, kann aber kein einzelnes Wort wiedergeben. Also das Klare, Bestimmte, Vordergründliche, zumeist von der Aufmerksamkeit Beleuchtete überträgt sich schlecht. Besonders gut dagegen errät Sch. die Gestalt und ihre Abnormitäten, den Gang, die Kleidung und vor allem die Geste, also jene Eigenheiten, die uns beim Denken an eine Person beständig im Hintergrunde des Bewußtseins stehen bleiben und sich, wie Wasiel ewskis Versuche zeigen, beim ferntelepathischen Versuch in den Vordergrund drängen. Das spricht entschieden für echte, nicht sinnlich vermittelte Gedankenübertragung. Ausgezeichnet erriet Sch. das Verhältnis verschiedener Personen zueinander (Verlobte, Lehrer und Schüler, Achtung oder Nichtachtung); hier ergeben die Versuche 100% Treffer. Gerade bei Sch. wäre eine ganz exakte Feststellung echter Gedankenübertragung leicht gewesen: Handschrift läßt sich nicht durch Flüstern oder Mienenspiel ausdrücken; hätte Sch. im Anschluß an eine gedachte Person eine ihm ganz mbekannte Handschrift nachahmen können, so wäre der Beweis geliefert gewesen. F. hat mehrere Versuche dieser Art angestellt; er stellte sich eine Person optisch vor oder fixierte ein vor Sch. verborgenes Schriftstück, und Sch. sollte daraufhin versuchen, die Handschrift richtig nachzuahmen. Obgleich F. diese Versuche für gelungen hält, sind sie tatsächlich durchweg zweifelhaft. Entweder war die Ähnlichkeit der originalen und der von Sch. imitierten Handschrift nicht sicher genug, oder es war, wenn F. ein Schriftstück fixierte, Augenspiegelung möglich, oder der Schreiber war in früheren Versuchen schon vorgekommen, Sch. hatte seine Handschrift also schon gesehen, und da er, wenn eine Person mehrfach zum Objekt des Versuchs gemacht wurde, überrsachend schnell und sicher im Bilde war — vielleicht weil ein unabsichtlich ansatzweise geflüsterter Name für diesen Zweck genügte —, so war in solchen Fällen die imitierte Handschrift für ihn keine ganz unbekannte. — Am einfachsten wäre es gewesen, man hätte Sch. in einen Kreis ganz fremder Menschen geführt, er hätte die Handschrift einiger willkürlich gewählter Personen zu treffen versucht, diese hätten sodann eine Probe ihrer wirklichen Handschrift gegeben und man hätte beide Schriftzüge verglichen. Diese Leistung soll Sch. anderwärts, wo nicht exakt geprüft wurde, mehrfach vollzogen haben, aber F. hat leider diesen Versuch nicht angestellt. Die kryptoskopischen Versuche waren so mangelhaft, daß sie keine Analyse lohnen. Die berüchtigten „gleichen Kuverts" — für das hyperästhetische Unterbewußtsein gibt es nichts gleiches -- sollten dabei die Unwissentlichkeit garantieren, auf das selbstverständliche Verfahren, Briefe ertasten zu lassen, die abwesende Personen ausgewählt, undurchsichtig verschlossen und durch die Post übersandt hatten, ohne mit dem Experimentator zusammenzutreffen, ist man überhaupt nicht verfallen. Von einem Beweise für die Existenz des Hellsehens kann hier keine Rede sein. Die größte Aufmerksamkeit wurde der Frage zugewandt: Wenn man ein und dieselbe Person zum Gegenstand verschiedenartiger Versuche macht, bald Sch. einen ihrer Briefe graphologisch studieren läßt, bald das optische Bild der Person telepathisch überträgt, bald eines ihrer Schriftstücke, offen oder im Kuvert, Sch. zum Betasten ohne Gebrauch der Augen übergibt, wird er dann jedesmal das gleiche Charakterbild von ihr entwerfen? Diese Frage wurde durchaus im bejahenden Sinne gelöst. Aber wenn F. daraus schließt, die in so vielen Formen bestätigte Charakterschilderung müsse deswegen objektiv richtig sein, so sehe ich nicht, wie dieser Schluß sich logisch rechtfertigen läßt. Bewiesen ist nur, daß der Gedanke des Experimentators, „auch jetzt haben wir es mit Herrn N. zu tun, der im Versuche H. eine Rolle gespielt hat", sich leicht übertrug und Sch. hierbei ein gutes Gedächtnis bewies. Diese Bedenken beweisen, daß die experimentelle Methodik des übernormalen Erkennens noch in den Kinderschuhen steckt, man braucht aber ihretwegen den Wert und die Bedeutung des ungemein reichhaltigen Buches nicht zu leugnen. R. B a er w a I d.
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