ADORNO, Theodor W. (1964_65) Zur Lehre von der Geschichte und von der Freiheit.pdf

April 22, 2017 | Author: phmresende | Category: N/A
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Theodor W Adorno Zur Lehre von der Geschichte und von der Freiheit '. ~' ·;·

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Herausgegeben von R olfTiedemann

Anfang der sechziger Jahre hielt Theodor WAdorno an der Frankfurter Universität vier Vorlc::sungen, darunter die Lehre. von der Geschichte und l.'Oll der Frei/zeit. Inhaltlich handelt es sich um was stehtwas dahinter stehtdas Rechte subjektive Überzeugungmit Grund< die Allgemeinheit des Gesetzes >als das sich Fein dselige ansiehtmit Grund< steckt nun aber doch eigentlich alles drin. Er würde, und das ist sehr viel von Hegel, ja nicht etwa sagen, daß dieser Widerstand des Individu ums - und wir würden hinzufüge n: des denkenden Individuums -, daß der einfach zufällig sei, sondern er würde wahrscheinlich sagen, daß das, was das Individuum denkt, gegenüber dem objektiven Zug selber nur deshalb beschränkt ist, weil es die Verkettung des Ganzen nicht richtig wahrnimmt. Nur, meine ich, ist dann dies es >mit Grund< do ch sehr viel ernster zu nehmen, als es bei Hegel selbst geschieh t. Es gehör t ja zu der Figur des H egelschen Denkens überhaupt dazu, daß er eigen tlich immer alles haben wil1; daß er alles einheimsen will, auch das schlechterdings Unversöhnliche. Das heißt: er w ill sich zwar auf den Standpunkt des Allgemeinen stellen, er hat die Tendenz, dem Allgemeinen ideologisch u nd konforrnierend Recht zu geben; aber er möchte dabei auch no ch so nebenbei einheimsen, daß er 95

dem Individuum dabei auch Gerechtigkeit wide1fahren läßt, und daß also das nun in so einer Partikel, in so zwei Worten wie dem >mit Grundmit Grund< sich einmal genauer anzusehen: wenn also das individuelle Ge\vissen das Recht, nämlich das rationale Recht, wie ich es Ihnen dargestellt habe, >die wirkliche Welt des Rechts und des Sittlichenmit GrundUnd alJes })rängen, alles Rlngen /Ist ewige ltuh in c;ott dem I··lerrnPferde-Mißhandlung. Sie wird aufhören, bis die Passanten so irritabel-dekadent sein vverden, daß sie, ihrer selbst nicht n1ächtig, in solchen Fällen tobsüchtig und verzweifelt Verbrechen begehen \Verden und den hündisch-feigen Kutscher niederschießen vverden ---. Pferde-Mißhandlung nicht 111ehr 11üt arischen können, ist die Tat des dekadenten nervenschwachen Zukunfts-Menschen! Bisher haben sie eben noch die ar111selige Kraft gehabt, sich uni solche fren1de Angelegenheiten nicht zu kü1111nern ---.der Mensch< gestürzt \vorden ist. Philosophie lebt in Symbiose nüt der Wissenschaft; von ihr kann sie nicht sich lossagen ohne Dogn1atismus, .schließlich ohne Rückfall in Mythologie. lhr c;ehalt aber \.väre auszudrücken, was von Wissenschaft, Arbeitsteilung, von den Ieindenken< kann und von der ich nicht vvciß, ob sie überhaupt zu lösen ist. Aber alles, \vas weniger wäre als das, alles, \vas dahinter zurückbleibt, wäre in Wirklichkeit ein bloßes KJappern der Maschinerie und scheint nllr ganz sinnlos zu sein, - auch \venn ein solches l)enken sich seincn1 Selbstverständnis nach ftir wunder \Vie metaphysisch und sonst \vas hält. ()ie Konvergenz totalen Fortschritts in der bürgerlichen c;esellschaft, die den Begriff schuf, rnit der Negation von Fortschritt entspringt in dem Prinzip dieser Konvergenz, nämlich ün Prinzip des 1"ausches. Der Tausch ist die rationale c;estalt der n1ythischen lr11n1crg1eichheit. lrn Gleich un1 (;}eich jeden '_l'auschvorgangs nin11nt der eine Akt den anderen zurück; der S,Jldo geht auf. War der 'fausch gerecht, so soll nichts geschehen sein, es bleibt beiln alten, n1an ist quitt, es ist so, vvie's vorher \var. Zugleich aber ist die Behauptung von Fortschritt, die dem Prinzip widerst.reitet, so,veit •vahr, wie die Doktrin des Gleich UlTI c;1eich Lüge ist. Von je, gar nicht erst bei der sogenannten kapitalistischen Aneignung des Mehrvverts im Tausch der Ware Arbeitskraft gegen deren Reproduktionskosten, en1pf.ingt der eine, gesellschaftlich inächticrere Kontrahent n1ehr als der andere. l)urch dies Unrecht, " schon in der Aesopischen Löwenfabel253 kodifiziert ist, gedas schieht in1 Tausch ein Neues, wird der Prozeß, der die eigene Statik proklan1iert, dynamisch; inan könnte also sagen: der Fortschritt entspringt darin, daß jene (~erechtigkeit, die auf die hnni.ergleichheit herausläuft, sich als Ungerechtigkeit und als eine kontinuierliche Ungleichheit dekuvriert. J)ie Wahr-

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heit der Enveiterung zehrt von der Lüge der c;leichheit. Die gesellschaftlichen Akte inüssen im Gesan1tsystem gegenseitig sich aufheben und tun es doch nicht. Wo die bürgerliche Gesellschaft dem Begriff genügt, den sie von sich selbsr hegt, kennt sie keinen Fortschritt; wo sie ihn kennt, frevelt sie gegen ihr Gesetz, in den1 dies Vergehen schon liegt, und verewigt rnit der Ungleichheit das Unrecht, über das der Fortschritt sich erheben soll. Es ist aber zugleich die Bedingung n1öglicher Gerechtigkeit. Die EtfUllung des in11ner wieder seinen1 eigenen Begriff nach gebrochenen Tauschvertrags wäre eins n1it dessen Abschaffung; der Tausch verschwände, v..1enn \vahrhaft (;leiches getauscht würde; der eigentliche Fortschritt den1 Tausch gegenüber ist nicht bloß ein Anderes sondern er wäre auch dieser, zu sich selbst gebracht. I)arin stimn1tcn die extre1nen Antipoden Marx und Nietzsche n1iteinander überein; Zarathustra verheißt, daß der ivlensch erlöst \.Verde von der Rache, - oder er verheißt es nicht; aber er, wenn n1an so sagen darf, predigt es, daß der Mensch erlöst \VCrde von der P.__ache. 254 . Denn die Rache ist das n1ythische Urbild des Tausches; solange noch durch den 'fausch geherrscht wird, solange herrscht auch der Mythos. - f)]e Verschränkung von hnmergleichheit und Neuen1 i111 Tauschverhältn1s n1anifestiert sich in den in1agines von Fortschritt untern1 bürgerlichen lndustrialisn1us. An ihnen wirkt darun1 paradox, daß überhaupt noch etwas anderes \.Vird, daß sie veralten, weil verrnöge der Technik die Imn1ergleichheit des Tauschprinzips zur Herrschaft von Wiederholung in1 Produktionsbereich sich steigert. Der Lebensprozeß selbst erstarrt in1 Ausdruck des ln1n1ergleichen: daher der Schock der Photographien aus dern 19. und nun bereits aus den1 früheren 20. Jahrhundert. Der Widersinn explodiert, daß dort etwas geschieht, wo das Phäno1nen doch sagt, nichts inehr könne geschehen; sein Veralten wird zum Schauer. Im Schauer drängt der des Syste111s zur Erscheinung sich zusa111111en, das, je n1ehr es sich expandiert, desto tnehr sich verhärtet zu dem, \Vas es von je v.rar. Plus ~a chcinge, plus c'est la men1e chose. 255 \Vas Benja111in Dialektik

Stillstand nannte, ist wohl weniger ein platonisierender !l.Lickstand als der Versuch, solche Paradoxie philosophisch llC\Nußt zu n1achen. l)ialcktische Bilder: das sind die geq·hichtlich-objektiven Archetypen jener antagonistischen l linhcit von Stillstand und Bewegung, die den allgen1einsten hiirgerlichen Begriff von Fortschritt definiert. 256 l)avon, daß noch die dialektische Ansicht vom Fortschritt der Korrektur bedarf, haben Hegel wie Marx gezeugt. l)ie 1)ynamik, die sie lehrten, wird nicht als l)ynamik schlechthin gedacht, sondern in Ejnheit n1it ihren1 Gegensatz, eine1n Festen, an dein allein Dyna1nik überhaupt abzulesen ist. Marx, der alle Vorstellungen von gesellschaftlicher Narurwüchsigkeit als fetischistisch kritisierte, hat, wider das La5salleanischc Gotha er Progran1n1, ebenso auch die Verabsolutierung der Dyna1nik in der Lehre von der Arbeit als der einzigen Quelle des uescllschaftlichen lleichtun1s venvorfen; und er bat die Möglichkeit des I-tückfalls in die Barbarei konzediert. 257 Mehr mag es sein denn bloßer Zufall, daß Hegel trotz der berühmten l)efinition der C~eschichte 258 keine ausgeftihrte Theorie des Fortschritts enthält, und daß Marx selbst, soweit ich das zu übersehen vermag, das Wort gernieden zu haben scheint, auch in den in1n1er wieder zitier[en progran1n1atischen Stellen aus der Vorrede zur Kritik der politischen Ökonomie 259 • Das dialektische Tabu üher Begriffsfetischen, Erbschaft der antimythologischen Aufklärung in der Phase ihrer Selbstreflexion, erstreckt sich auch auf die I{ategorie, die ehede1n Verdinglichung aufweichte, den Fortschritt, der trüg[, sobald er als Einzelmo1nent das Ganze usurpiert. Die Fetischisierung des Fortschritts ist eins n1it dessen Partikularität, mit seiner Begrenztheit auf Technik oder, lassen Sie nüch u1nfassender sagen: auf T'echniken. Würde wahrhaft der Fortschritt des Ganzen n1ächtig, dessen Begriff die Male seiner eigenen Ge\Valttätigkelt trägt, so \.Väre er nicht länger totalitär. Er ist keine abschluß hafte l{ategorie. Er will den1 Triumph des radikal Bösen in die Parade fahren, nicht an sich selber triu1nphieren. {)enkbar ein Zustand, in den1 die Kategorie Fortschritt ihren

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Sinn verliert, und der doch nicht jener der universalen Regression ist, die heute nüt dcn1 Fortschritt sich verbündet. Dann vcr\vandcltc sich der Fortschritt ins Korrektiv von dessen Prekären1, der üm11er\vährenden Gefahr des Rückfalls. Fortschritt ist dieser Widerstand gegen diesen auf allen Stufen, und nicht das sich Überlassen an den Stufengang. Ich beschließe damit die Betrachtungen über den Degriff des Fortschritts. Ich darf Sie vielleicht, wenn diese Dinge Sie interessieren, daraufhinweisen, daß gerade die Dinge, die ich Ihnen zuletzt auseinandergesetzt habe und die einem Vortrag cntstarru11cn, den ich vor zwei Jahren auf den1 sogenannten Philosophenkongreß in Münster gehalten habe, sich - allerdings in kürzerer For1n und ohne die Zusätze, die ich Ihnen hier geben konnte - in der jetzt erschienenen Festschrift fiir Josef König finden. 260 Und ich darf ün selben Zusanur1enhang, gerade auch nüt llücksicht auf die I)ialektik des dynarnischen und statischen Wesens, die ich hier nur andeuten konnte, Sie aufmerksam 1nachen auf den Tf:xt )>Über Statik und Dynamik als soziologische Kategorien« in den1 zweiten Band der ))Sociologica«. 261 Ich bedaure, daß ich solche Hinweise geben inuß; nür ist die Manier, die nllt so etwas operiert, das können Sie 1nlr glauben, gründlich unsyn1pathisch. Aber \Venn man älter wird und in11nerhin einen großen Teil der l)inge, die inan gedacht hat, kodifiziert vorgelegt hat, dann ko111nlt nlan ohne solche Verweise leider nun ein1nal nicht g;:inz aus, weil ja das, was nlan in einer Vorlesung sagt, eben doch 1mn1er nur wirklich ein Tropfen auf dein heißen Stein ist, den man sich ben1üht, in eine Druckerpresse u1nzufunktionieren. Meine J)a1nen und Herren, - \Vcnn ich so reden darf, wie nlan vielleicht vor r 50 Jahren in einem solchen l{olleg geredet hat, und ich bin mir des i\rchaisn1us dabei bewußt und begehe ihn keineswegs naiv: ich nlöchte also jetzt übergehen zur Behandlung der I.,ehre von der Freiheit. Aber auch dabei ist es nun nicht nlit der dcclaration ofintention getan, sondern es gehört

sich, daß ich Ihnen wenigstens einige der Punkte angebe, oder noch einn1a] ins (;edächtnis bringe, die in den Betrachtungen, die wir bis jetzt durchgefiihrt haben, uns zu der Problematik des Begriffs Freiheit ftihrcn. Zunächst einmal rnöchte ich Sie daran erinnern, daß in dieser Vorlesung - und fast ohne daß nlir dJs so vor Augen gestanden hätte, als ich das Ganze angefangen habe - doch eigentlich als die bestinunendc l(ategorje ftir die Konstruktion der Geschichte, übrigens auch ftir die Konstruktion des Fortschritts, sich der Begriff des Banns ergeben hat. Wenn der ]etztc Satz der >)Dialektik der Aufklärungrfranszendentalen Dialektik' der ))l{ritik der reinen VernunftNa ja, wir sind ja keine kleinen Leute, wir nJachen uns keine kleinlichen Sorgen, wir packen zu(, - und gerade dadurch werden ja dann auch diese Menschen ihrerseits wieder zu Agenten des gesellschaftlichen Prozesses, in den1 sie drin'itehen, und werden zun1 Gegenteil ihrer eigenen Freiheit. Auf der anderen Seite aber wäre es nun auch wieder ganz falsch und ich glaube, das 1nuß man vor allen1 angesichts der höchst 'iOnderbaren Un1bildungen sagen, die alle diese Kategorien, von denen \Vir eben sprechen, in1 ()sten erfahren haben-, auf der anderen Seite inuß nian hlnzuftigen, daß von einer Freiheit der Gattung oder einer Freiheit der Gesellschaft auch nicht die Rede sein kann, i.venn diese Freiheit nicht als Freiheit der Individuen innerhalb der Gesellschaft sich realisiert. l)as Individuun1 ist gewissern1aßen der Prüfatein der Freiheit. Und wenn lediglich auf die Freiheit des Ganzen oder der Ge247

sellschaft venviesen vvird und durch diesen Venveis die Unfreiheit der Individuen befestigt \Vird, dann kann man sicher sein, daß es hier auch um die gesellschafi:liche Freiheit, urn die objektive Freiheit schlecht bestellt ist; und daß hier eben vvirklich Freiheit zu der Ideologie geworden ist, zu der sie (wie ich versucht habe, Ihnen zu ent\vickeln) fast in der ganzen Welt, ich würde nicht zögern zu sagen: in der ganzen Welt, überhaupt so sehr ge\vorden ist, daß es einem schwerfällt, ohne Scham den Begriff der Freiheit überhaupt noch in den Mund zu nehn1en. Wir werden noch Gelegenheit haben, uns nüt den1 damit sehr eng zusamrnenhängenden Phänon1en zu beschäftigen, vvieso überhaupt der Gedanke an die Freiheit und der Begriff der Freiheit aus dem geistigen 1-Iorizont der Menschen in11ner n1ehr zu entsch\vinden beginnt; wieso inan eigentlich bereits entweder einer altertümlichen oder einer professoralen lledeweise sich schuldig n1acht, wenn inan von Freiheit überhaupt nur spricht. Und wir vverden uns auch darüber Rechenschaft abzulegen haben, \vas ni_an etwa tun kann, un1 dieser Tendenz entgegenzuvvirken. Weiter ist aus den1, was wir nüteinander zun1 Begriff der Freiheit besprochen haben, hervorgegangen, daß sie eine durch und durch geschichtliche Kategorie ist; daß inan also nicht Ct'-:va einen Begriff von Freiheit ein flir alle1nal, \Vie es die Philosophie fast itnn1er getan hat, forn1ulieren und stipulieren kann, um dann diesem invarianten Begriff der Freiheit die sich wandelnden historischen Phänon1ene zu konfrontieren. Sondern der Begriff der Freiheit ist selber historisch entsprungen und wandelt sich mit der Geschichte. Ich habe Sie dabei an das einfachste Beispiel verwiesen, daß näntlich in der totalen c;esellschaft - von der Sklavengesellschaft will ich noch gar nicht reden - der Begriff der Freiheit a]s das Privileg einiger Menschen autgckon1n1en lst, daß aber diese For1nulierung von Frei.heit selber als den1 BegritT der Freiheit von inneren1 und äußeren1 Zwang in sich selbst eine solche c;ewalt gehabt hat, daß es nie rnöglich gewesen ist, sie in der Theorie auf einige wenige zu beschränken; daß aber nun durch die dan-Ut vol1zo-

gene Sozialisierung des Freiheitsbegriffs die Menschen darauf gebracht \Vorden sind, an den öffentlichen I)ingen ihr eigenes Schicksal auch inhaltlich Vlresenthch nütbestimrnen zu köu~ nen. Und dadurch würde der Begriff der Freiheit, an den zu denken uns ja an1 nächsten liegt, nä1nlich der Begriff der politischen Freiheit, einen völlig veränderten Aspekt ge'\vinnen. J)ie Struktur solcher Begriffe läßt sich vielleicht so charakteri·üeren: daß sich in ihnen ein identischer Kern durchhält, daß er sich aber zugleich unablässig verändert; und daß c-s falsch v.rird, daß inan zu Fehlkonstruktionen ko1nn1t in den1 Augenblick, in dern man diesen identischen Kern aus dieser M.annigfaltigkeit der Veränderung herausabstrahiert und nun als ein A1lgc111eines, Unveränderliches testhält; daß es aber genauso falsch \Väre, vvcnn 111an versuchen \Vürde, diesen identischen Kern nun einfach historistisch in einen schrankenlosen Wechsel ,tufzulösen; sondern daß es das Problen1 einer c;eschichtsphilosophie der Freiheit- und übrigens aller solcher bis ins Innerste geschichtlicher Kategorien-, daß es die Aufgabe einer sol~ chen Geschichtsphilosophie sein rnuß, die Identidit, das sich 1)urchhaltendc die::.er -Kategorien gerade in ihrer Veränderung zu be\.vahren, und nicht dieser Veränderung isoliert als ein abstrakt sich f)urchhaltendes gegenüberzustellen. Aber dan1it spreche ich ja in Wahrheit kaum et\vas anderes aus als das Prin~ zip, das dialektisches f)enken überhaupt geleitet. Schließlich ist zu sagen, daß man Freiheit verstehen n1uß nicht - wie es gegenüber der For1nulierung, daß sie noch nicht sei, nahezu!iegen scheint - als eine bloß abstrakte allgen1eine Idee, die da irgend'\VO unveräußerlich über den Menschen hängt, die nach dieser Idee schnappen, ohne daß sie je hoch genug springen könnten, un1 sie zu erwischen. Sondern von Freiheit läßt sich ~innvoll überhaupt nur deshalb reden, weil die Jv1öglichkeit zu ihr gegeben, konkret: weil Freiheit zu vcnvirklichen ist, - und r:1st inöchte ich, im Gegensatz zu der gesan1ten dialektischen · ffadition von I-Iegel und von Marx, denken, daß es eigentlich inuner inöglich gewesen wäre, daß es in jeden1 Augenblick 1nöglich gewesen vväre. 249

Ich habe llu1en Z"\var verschiedentlich angedeutet, daß die Möglichkeit der Freiheit innerhalb der Unfreiheit selber heranwächst, daß sie ein Werdendes ist; und ich möchte das auch nicht revozieren. Aber ich n1öchte doch wenigstens den Zweifel in Sie pflanzen, ob das daniit so ganz seine Richtigkeit hat, \Vie wir es lernen, wenn \Vir tiegel oder Marx studieren und hören, daß der Spartakus-AufStand in1 alten Roin oder die Bauernbewegung in Deutschland oder der Aufstand des Babeufin der Zeit des Directoire in Frankreich, -daß das halt nicht gegangen vväre, weil die geschichtlichen Bedingungen noch nicht so weit waren. ()b die geschichtlichen Bedingungen so \Veit sind, un1 etwas zu erlauben, darüber wird dann Ün1ner post festurn entschieden, darüber wird dann in1mer erst hinterher geurteilt. lJ nd es ist sehr schwer zu sagen, ob innerhalb der unendlich unübersichdichen und vielfach irrationalen Struktur der Geschichte es nicht wirklich auch einn1al hätte anders gehen können, und die Menschheit \Virklich aus dein Dreck sich hätte herausarbeiten können. Ich selbst glaube, in tneinerjugend einen Augenblick erlebt zu haben, in den1 das sehr nahe daran gewesen ist. Und ich bin deshalb eigentlich auch nicht so ganz überzeugt von jener dialektischen Lehre, die ich selber Ihnen pflichtge111äß vorgetragen habe; und ich n1öchte Ihnen das wenigstens als ein Fragezeichen zu dein, was ich Sie sozusagen aus der Tiadition, aus der ich kornn1e, lehren n1ußte, im1nerhin einn1al hinzusetzen, - obwohl es natürlich bis jetzt nicht geworden ist und die Geschichtsphilosophie es bekanntlich inuner leichter hat, sich auf die Seite der stärkeren 11atai1Jone zu stellen als auf die Seite der schwächeren. Es ist das eine überhaupt in1 höchsten Maß spekulative Frage: es "väre 1nöglich gewesen oder nicht n1öglich gewesen, die sich "\vahrscheinlich überhaupt nicht bündig entscheiden läßt. Nur \Varnen n1öchte ich Sie davor, gleichsa111 autornatisch den Standpunkt der Sieger danür zu beziehen, daß Sie auch das nachreden, was eine1n dann so erzählt \Vird: daß nämlich, wann ü11mer Freiheitsbewegungen unterlegen sind, das deshalb geschehen sei, weil es dan1als halt noch nicht

1nöglich war. Hegel hat zwar auf die abstrakte Möglichkeit geschimpft, Marx auch; aber es gibt auch eine abstrakte Un1nöglichkeit: die abstrakte Unn1öglichkeit post festum, die eincn1 unter ganz allgen1einen Gesichtspunkten eii1reden will, daß lediglich der Miße1folg beweise, daß es nicht 1nög1ich ge,vcsen -;ei, - und dieser Schluß allein ist nicht zulänglich. l)as Ganze gilt also 1nehr fiir die Verwendung dieser Kategorien, als daß inan nun positiv und bündig darüber urteilen könnte: es wäre 1nöglich gewesen oder es wäre nicht n1öglich gewesen. Jedent:llls anders, -- das heißt also: als ein unverlierbares Inneres der .Menschen, so wie die französischen Existentialisten, wie vor alle111Jean-Paul Sartrc es probieren, ist der Begriff dl'r Freiheit nicht zu erretten. Sonst wird sie nicht nur unbestim1nt, sondern sie \.Vird sogar, wie das bei Sarrre niir tatsächlich in weiten1 Maß der Fall zu sein scheint, zu einer bloßen Illusion. 26 n J)ie konkrete Möglichkeit zur Verwirklichung der Freiheit ist aber nun - und das halte ich für recbt \Vesentlich - in der ßestin1rr1ung des Ortes von Freiheit heute aufzusuchen; in den Produktivkräften, in den1 Stand der Produktivkräfte, das l1eißt: in dein Stand der n1enschlichen Kräfte und dern Stand der 'fechnik, in der diese inenschlichen Krdfi:e sich verlängert und nach der Seite der 111ateriellen Produktion hin vervielfdcht haben. Sie ist nicht aufzusuchen innerhalb der Produktionsverhältnisse, denen sie von einer oberflächlichen Anschauung zugeschrieben wird. Wenn inan also sagt, daß Freiheir heute, hier und heute, oder in ioo Jahren, zu vcr.:virkbchen sei, dann bedcuret das nicht, daß diese Verwirklichung darin liegt, daß n1an heute alle Menschen in bessere Schulen schikken kann, und daß alle Menschen genug Geld hätten, sich einen Eisschrank zu kaufen und ins J{ino zu gehen, das sicherlich nur zu ihrer Unfreiheit und nicht zu ihrer Freiheit beiträgt. Sondern das Potential der Freiheit liegt an einer ganz anderen Stelle, näntlich darin, daß der Stand der Produktivkräfte heute es erlauben würde, den Mangel in der Welt prinzipiell zu beseitigen. Soweit Unfreiheit notu1endig ist, so\veit also Unfi·eiheit selber aus der Konstellation der Gesatntgese1lschaft

sich rechtfertigen kann, vern1ag sie das imrner nur unter Hin·· weis auf Mangelsituationen: also darauf, daß ohne den Druck, der auf Menschen ausgeübt wird, diese nicht die Arbeit aufbringen würden, uni die not\vendigen Lebcns1nittel zu erzeugen; oder daß sie ohne den I)ruck nicht fähig und \Villens wären, mit den1 Mangel, an dein sie sowieso kranken, sich abzufinden. I)as v.ras sich demgegenüber heute wirklich grundsätzlich geändert hat, und den1gegenüber alle llcde von einer nivellierten Konsumgesellschaft und ähnliche Dinge \\rirklich bloße Epiphänomene innerhalb des Verteilungs111echanis1nus betreffen, - was den1gegenüber, sage ich, sich heute zentral geändert hat, ist nichts anderes, als daß der Stand der Technik die Befriedigung der inenschlichen Bedürfnisse so weit gestatten 'h'Ürde, daß Mangel tatsächlich und überhaupt nicht n1ehr sein n1üßte. Wenn der f\1angel tatsächlich ün Ernst abgeschafft ist oder abgeschafft wäre, dann würde die Repression, die Unterdrückung überflüssig; und dadurch vvürde ein Stand von Freiheit von selbst sich herstellen, von den1 man leicht philosophisch sagen nlag, daß es auch kein Stand von vollko1nn1ener Freiheit sei; aber eine unvollkomn1ene Freiheit ist ja inuner noch rnehr 'wVert als eine vollkon1n1ene und radikale Unfreiheit. In einer solchen Situation, in der der Mangel abgeschafft 'h'äre, '-Vürden alle lnstru1nente der Unterdrückung selber einen Charakter des Überflüssigen anneh1nen, der es auf die l)auer vvahrscheinlich nicht erlauben vvürde, die Unterdrückungs111echanis1nen zu perpetuieren. 267 Und das würde dann schließlich auch bis in jene Unfreiheit der Menschen, also bis in ihre sogenannte Anpassung an die gesellschaftliche Situation hinein sich durchsetzen, das heißt: ohne Mangel brauchten sie sich dann auch nicht nlchr anzupassen. Auf der anderen Seite aber ist es so, daß die Interessen der von der Repression Profitierenden durch eine solche Entwicklung so gefihrdet werden, daß tendenziell gerade angesichts dieser konkreten Möglichkeit der Freiheit für reale Verbesserungen im1uer '\veniger Chancen bleiben. Und der Satz von dcn1 Anwachsen der Unfreiheit in der Freiheit, der hat 252

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zun1 philosophischen Erfahrungskern nichts anderes, als was ich versucht habe, Ihnen nlit diesen Worten einigern1aßen auszudrücken: daß näntlich je näher das l~eich der Freiheit rückt, je 111öglicher es wäre, den Mangel und damit die Repression endgültig aufzuheben, u111 so radikaler die an der Fortsetzung der R.epression Interessierten diese Repression in die Hand neh1nen müssen. Das dürfte \vahrscheinlich genau nlit diesen1 Mon1ent, das ich Ihnen hier bezeichnet habe, un1nlttelbar zusan1menhängcn, während es '\Vahrscheinlich ist, daß jene In1n1ergleichheit des geschichtlichen Prozesses, die ich versucht habe, aus den1 Begriff des Bannes Ihnen zu entfalten, an dem Punkt un1schlagen '\vürde, an dein solche Mangelsituationen in1 Ernst - und nicht nur an der Fassade; und das heißt: ftir alle Menschen, universal, in tellurischen1 Maßstab abgeschafft wären. Ich glaube, Sie werden nach den Überlegungen, die ich durchgefi.ihrt habe, tnir vielleicht zubilligen, daß ich nicht versucht habe, Freiheit morc philosophico als i\Vesen< der einzelnen Menschen zu betrachten, sondern daß ich sie als ein Gesellschaftliches betrachte. Unfreiheit wird nach dern, was ich Ihnen ent'h'ickelt habe, inehr und 1nehr zur funktion einer überflüssigen und insofern irrational sich erhaltenden I--lerrschaft. Ich kon1n1e damit zu einer Art von Ehrenrettung eines Gedankens oder eines geistigen Phänon1cns, das ich sonst in dieser Vorlesung sehr kritisch behandelt, ja, das ich befochten habe: näntlich der idealistischen c;leichsctzung von Vernunft und Freiheit. Ganz gewiß ist die Freiheit nicht un1nittclbar eins n1it der Vernunft; die Vernunft bleibt als l)enken ja zunächst bei sich selbst; und da1nit Vernunft Freiheit \vird, dazu beda1f es eben jenes was ich das Hinzutretende nenne und 'h'Otüber ich auch noch reden 'h'erde268 . Auf der anderen Seite aber liegt doch eben darin, im Fortbestand der Unfreiheit heute, in seiner, ich inöchte sagen: irnmanenten Unvernunft ein Verweis, ein Appell an die Vernunft, der die Idee als hergestellte Vernunft - diese Idee, vvie sie der Idealisn1us konzipiert hat - in einc1n gev.rissen Sinne rechtfertigt. freilich in einerr1 ganz anderen Sinn, als sie bei Hegel gerecht2)3

fertigt ist, wo ja diese Identität vo11 Vernunft und Freiheit eigentlich rnlt dcn1 Verzicht auf die reale individuelle Freiheit erkauft wird, so daß jenes Moment, das ich Ihnen als das entscheidende der Freiheit bezeichnet habe: nänllich daß die einzelnen realen Menschen selber auch freie sind, gerade preisgegeben ist. l)amit, 1neine I)an1en und Herren, glaube ich, den Übergang von den geschichtsphilosophischen Erwägungen zu den 1noralphilosophischen vollzogen zu haben, die ich nun mit lhnen beginnen 111öchte und die spezifisch den1 Begriff der Freiheit gelten sollen. Ich inöchte, analog zu den1, \Vas ich in der geschichtsphilosophischen Erwägungsreihe getan habe, nun nicht clts ganze Bereich dessen, was von der Freiheitsproblen1atik gerneint \Vird, n1it Ihnen durchpflügen, sondern ich n1öchte auch hier vviederun1 einen Kanon wählen, an dem wir diese Dinge erkennen können, - oder \Venn Sie so woUen, ein A1odell. Diejenigen von Ihnen, die in den1 Vortrag von Bloch gev.resen sind, 2 Fi9 \Verden ja ben1erkt haben, daß Bloch, ein durchaus antipositivistisch gesonnener Denker, den von1 Positivismus ent\vickelten Modellbegriff verwandr hat; und ich selber habe das vor gerau1ner Zeit, zu1n 11eispie1 in den ))Eingriffen«, auch getan. Ich darf vielleicht doch an dieser Stelle zur lZechtfertigung der Methode, die ich einschlagen \Vill, wenigstens ein paar Worte über diesen Modellbegriff sagen. Er hängt sehr eng zusan1111en n1_it der Kritik am Systen1. Wenn n1an auf der einen Seite glauht, ein identitätsphilosophisches Syste1n nicht geben zu können, also kein Systen1, in den1 in irgendeiner Weise das Seiende aus den1 Be\\1ußtsein abgeleitet wird, dann drängt sich einem der Modellbegritf auf: die Analyse eines ausgewählten bestlmn1ten, \venn Sie 'vollen: eingeschränkten Problen1kon1plexes in der Gestalt, daß von dem einen Kon1plex aus Licht fillt auf alle die Mon1ente, die n1:an, eben \Veil rnan ein solches allurr1fassendes, totales Syste1n nicht geben will, gar nicht behandeln kann. Und ich 111uß sagen wenn Sie es nür verzeihen, daß ich eine Sekunde auf die Objektivationen dessen rekurriere, v;as ich so zu denken versu254

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ehe-, dann ist bei inir dieser Modellcharakter eigentlich imn1er vorhanden in der Weise, daß ich versuche, spezifischer Phänon1ene so innezuwerden, daß von ihnen aus Licht auf das Ganze fällt; nicht nur auf das, \vas j eweiJs zufiUig behandelt wird, sondern auch auf das, was aus kategorialen c;ründen von einer dergestalt ihres Fraginentcharakters bewußten Philosophie auch gar nicht the1natisch gen1eint werden kann. Wenn es auf der einen Seite un1 ein l)enken geht, das nicht identitätsphilosophisch verfahrt, das seine l~egriffe nur vermöge der Konstellatio11 bestimmt, in der sie ihren spezifischen Stellen\Vert gewinnen, dann gilt für ein dialektisches l)enken unvern1cidlich, notwendig auch, daß sie nicht nur das Phänomen treffen, das sie rneinen, sondern daß sie über sich hinaus\:veisen. Wie die l{onstellation iin1ner eine solche von einzelnen Phänomenen ist, so f:1.llt auf der anderen Seite nur von der Konstellation her Licht auf das Einzelphänon1en. Und zwar, n1öchte ich dein hinzufügen, wirkt itn a11gen1einen die erhellende Kraft solcher Modelle und Modellkategorien u1n so stärker, je- intensiver n1an sich in die l)etails der einzelnen Phänon1ene versenkt. f)iejenigen unter Ihnen, die an dem soziologischen Senünar teilneh1uen, das jetzt nach dieser Vorlesung weitergeht, 270 werden vielleicht, \:Venn ich darauf rekurrieren darf, bemerkt haben, daß von den Einzelprotokollen über besti111n1te soziale Situationen, die wir da verlesen haben, sich in1n1er die detailliertesten und genauesten a1n ergiebigsten fllr die gesellschaftliche Einsicht erwiesen haben, also an1 rr1eisten über ihre pure Einzelheit hinausgewiesen haben. Es besteht also zwischen den Konstellationen auf der einen Seite und den1 Mikrologischen auf der anderen Seite eine Art von Wcchschv1rkung. Wenn Sie hinter die Kulissen dessen, \Vas ich Ihnen so vorfiihre, sehen \vollen, dann wird Ihnen dabei vielleicht helfen, daß Sie- darüber sich klar sind, daß es sich llln das methodische Prinzip einer solchen Wechsehv-irkung von l(onstellation und Modell handelt. 271 -Sie werden nun erfahren \.vollen, welches das Modell sei, u1n das ich die Betrachtungen über Freiheit zentriere. l)ieses Modell ist nun die Wil-

len~fi'eiheit: das Proble1n der Willensfreiheit zunächst einmal ganz einfach in den1 schlichten, vorwissenschaftlichen Sin11 1 ob nun die Menschen in ihren.Entschlüssen frei sind, und zwar ob sie von innen her ftei sind oder ob sie detern1iniert sind. Die äußere 1)etern1ination wird dabei zunächst einn1al außer Betracht gelassen, \Veil irn Sinn der philosophisch seit Locke tradierten Lehre 272 die innere Kraft oder die Freiheit des Entschlusses von1 äußeren !)ruck unabhängig sein soll. Und es \vird gerade eine der Aufgaben sein, die ich 1nir in dieser Vorlesung stelle, zu kritisieren, und Z\-var i111n1anent zu kritisieren, ob die nlonadologische Konstruktion der Willensfreiheit - und jede Lehre von der Willensfi·eiheit oder auch -unfreiheit tritt zunächst einn1al 111onadologisch, als eine Lehre über das iin1nanent Subjekrive auf-, ob die sich halten läßt oder nicht. f)iese Scheidung von innen und außen, Sie werden es ahnen, läßt natürlich nicht sich halten, aber ich werde dazu verpflichtet sein, Ihnen hier auch die konkreten Vermirtlungen dazu beizubringen, warum dies nicht rnöglich ist. Ich nlöchte fhnen aber dabei doch sofort sagen, daß diese Scheidung von innen und außen, von der ich jetzt rede, auch ein Moment des Schen1atischen hat; das heißt, daß die en1pirische Wissenschaft längst und in \veitestcrn Maß ergeben hat, daß äußerer l)ruck in1 Inneren sich fortsetzt. Das Then1a, das sich da1nit stellt als ein zentrales Then1a der Freiheitslehre, \Vie \vir sie auffassen, lst das ~fhe1na der Verinnerlichung. Und ich nlache Sie von vornherein schonend darauf aufn1erksam, daß in den I-3e-trachtungen, die Sie über sich ergehen lassen 1nüssen, der Begriff der Verinnerlichung keineswegs bloß injenen1 goldenen Abendlicht erstrahlen \vird, init den1 er hierzulande in1 allge1ncinen un1gebcn wird. lch verkenne nicht die ungeheure 1-)edeutung der Verinnerlichung, ohne die nun allerdinb,_rs die Freiheit nicht hJtte konzipiert werden können. Und \vieviel IZ.echt Verinnerlichung hat, kann man erst ganz ge"\-vahren in eincn1 Zeitalter und in einer Situation, in der die Verinnerlichung so versch\vindet \Vie eine Reihe von anderen, fiir die Gesellschaft wie ftir das lndividuurn gleich wichti-

gen J)ingen. [)er au1erikanische Soziologe l)avid I-tiesman hat in seiner Untersuchung l>The Lonely Crowd« 273 den außengeleiteten Charakter beschrieben, der in der hochindustriellen (~esellschafi: den inner-dircctcd Typus abgelöst hat; während dieser auf Grund von in der Kindheit verinnerlichten Verbal~ tensweisen zu autonomen1 Handeln fFreiheit< sich fände, wären Besinnungen darüber, ob der Wille frei sei oder nicht, Zeitvergeudung. Zu reflektieren wäre über die in Rede stehenden Gegenstände nicht derart, daß man über sie als ein Seiendes oder Nichtseiendes urteilt, sondern indem man die Unmöglichkeit, sie dingfest zu machen, ebenso wie die Nötigung, sie zu denken, in ihre eigene Bestimmung mit hineinnimmt. Unter den Bedingungen des Kantischen transzendentalen Idealismus ist das im Antinomiekapitel der Kritik der reinen Vernunft und in großen Partien der Kritik der praktischen Vernunft versucht, ohne daß freilich dabei der dogmatische Gebrauch ganz vermieden wäre, den Kant an anderen traditionellen Begriffen, gleich Hume, bloßlegte. Er hat den Prozeß von Er260

scheinurngswelt - >NaturGegenstand
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