181 - Das Hexenhaus
Short Description
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Description
Miriam Margraf
Sorgen um Blacky
Die kleinen Trompeterbücher
Band 192
Miriam Margraf
Sorgen um Blacky
Der Kinderbuchverlag Berlin
Illustrationen von
Christiane Knorr
ISBN 3-358-01502-5
Bettina saß in der großen Pause al
lein auf dem Schulhof. Die anderen
waren essen gegangen. Sie aber ver
spürte keinen Appetit. Und- das lag
nicht nur daran, daß es als Schul
speisung schon wieder klebrige Nu
deln mit wäßrigerTomatensoße gab.
»Was machst du denn für ein Ge
sicht?« fragte der Mathelehrer Har
nisch, der gerade Aufsicht führte.
Bettina sah zu ihm auf und zuckte
mit den Achseln, weil sie nicht ant
worten mochte. Vor Herrn Harnisch
hatte sie mächtigen Respekt, wie alle Schüler.
»Herr Protzek hat gesagt, daß es in
seiner Vertretungsstunde Ärger gab,
mit dir und mit dem Thomas«, fuhr
der Lehrer fort.
Aha, darauf läuft es hinaus, dachte
Bettina, alle hacken sie auf einem
herum. Dabei fühlte sie sich sowieso 5
schon hinlänglich ungerecht behan
delt. Und das war auch der Grund für
ihre Appetitlosigkeit und dafür, daß
sie keine Lust hatte, mit den anderen
zu reden, nicht einmal mit Olaf, der
eigentlich ihr Freund war.
Wenn Bettina etwas ganz und gar
nicht ausstehen konnte, so waren es Petzereien
und
Lügen.
Deshalb
nahm sie jetzt vor Herrn Harnisch ih
ren Mut zusammen und sagte: »Herr Protzek wußte ja gar nicht, was los
war. Er brauchte bloß einen Schuldi
gen. Und da mußte ich es eben ge
wesen sern. «
» Kein Wunder. Du bist ja immer
mit von der Partie, wenn was los ist«,
entgegnete Herr Harnisch.
» Dann sag ich jetzt lieber nichts
mehr«, gab Bettina patzig zurück.
Doch Herr. Harnisch hatte Ver
ständnis für trotzige kleine Mädchen. 6'
Deshalb tat er so, als habe er die et
was freche
Entgegnung überhört,
meinte nur noch: » Du solltest aber
trotzdem essen gehen« und ließ Bet
tina in Ruhe.
Das Mädchen fand das sehr in Ord
nung. Ihr fielen die Ereignisse vom Morgen ein:
Als Bettina zur Schule kam, emp
fing Olaf sie mit der Botschaft, daß
der Heimatkunde- Unterricht ausfällt.
» Und warum fällt er aus?« erkun
digte sich Bettina.
»Frau Altmann ist ins Kranken
haus
gekommen«,
erklärte
Olaf,
» Mandy hat's gesehen: sie haben sie
gestern abgeholt. «
Bettina war ein wenig erschrok
ken. »Weshalb denn das?«
» Na, sie kriegt doch 'n Baby!«
» Ich denke, übernächsten Monat
erst?«
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Olaf verdrehte die Augen, als ver
stünde er alles davon und sie rein gar
nichts. Eigentlich wollte er aber bloß
nicht ausführlicher üb�r das Kinder
kriegen reden, weil die Weiber da im
mer kichern. » Na, es kommt eben
zwei Monate zu früh. Deswegen ist ja
das ganze Durcheinander. «
» Und deswegen fällt Heimatkunde
aus«,
fest.
stellte
\
Bettina noch einmal
.
»Ja doch!« erwiderte Olaf. »Haste
's endlich begriffen, Mensch?« Das
klang ziemlich unwirsch.
»Entschuldige, daß ich dich was
gefragt habe!« gab Bettina zurück.
» Bist heute wohl mit'm falschen Bein
zuerst
aufgestanden. «
Nachdem
sich Bettina also gleich als erstes
über die altkluge Art ihres Freundes Olaf geärgert hatte, ging es weiter.
Es klingelte. Aber natürlich machte
8
keiner Anstalten, seinen Platz aufzu
suchen. Man wußte ja, daß Frau Alt
mann nicht kommen würde. Bettina
packte trotzdem den Schnellhefter
aus und las zum Zeitvertreib im Ma
thematikbuch. Sie blätterte und fand
etwas über Multiplikation und Divi
sion, was ihr im Moment interessan
ter erschien als ein Gespräch mit Olaf. Plötzlich wurde ihr das Buch
aus der Hand gerissen und flog in ho
hem Bogen durch den Raum. »Guckt
euch bloß mal die Streberziege an! « blökte
Bettinas
eingeschworener
Feind Thomas. Er stand vor ihr und hatte die Fäuste in die Hüften ge
stemmt.
» Du hast es gerade nötig, mit Bü
chern rumzuschmeißen! « gab das Mädchen zurück. » Los, heb es auf! « Thomas tippte sich an die Stirn.
Es war sehr still geworden im Klas9
senraum. Auch Olaf, der mit drei an
deren Jungen gespielt hatte, sah
herüber. Aber er machte keine An
stalten; Bettina zu verteidigen. Sie
hätte das, wußte er, als ehrenrührig empfunden.
»Heb das Buch auf!« forderte sie
noch einmal von Thomas, wobei sie
aufstand und mit der Stirn beinah an
seine Nase stieß.
Er wollte sie verächtlich beiseite
schieben. Aber nicht mit Bettina! Sie
schlug ihm auf die Hand, worauf er
ihren Arm zu fassen bekam und sie
herumschleuderte.
Bettina fiel hin und brüllte: » Mist
stück!« Da sah sie plötzlich ein Paar Beine in Anzughosen vor sich. Sie
blickte auf und in das Gesicht Lehrer Protzeks, der in der Oberstufe Biolo
gie gab.
» Mists tück?«
10
wiederholte
Herr
Protzek und tat, als habe er sich ver
hört.
Doch Bettina beharrte trotzig: »Ja,
dßr da! « und zeigte auf Thomas. Der
Junge lehnte erschrocken an einer Bank.
» Erstaunlicher Ausdruck im Wort
schatz eines Mädchens«, sagte der Lehrer.
Bettinas Augen funkelten böse.
»Ach, aber Jungs dürfen das wohl
sagen?«
Aus der Ecke, wo Olaf mit seinen
Freunden stand, kam ein Kichern,
das Bettin'a ärgerte. Und Herr Protzek
fragte: »Fallen dir noch mehr Unver
schämtheiten ein?«
Zornig schwieg das Mädchen.
Jetzt entdeckte der Lehrer das Ma
thematikbuch, das in der Ecke hin
gefiedert lag. Er hob es auf. »Wem
gehört das?« 12
Alle schwiegen, während der Leh
rer streng von einem zum andern blickte. Thomas schlug � sofort die
Augen nieder. Das fiel Herrn Protzek
natürlich auf. » Ist es dein Buch?« Der Junge schüttelte den Kopf.
11
Bettinas.
11
»Ach! « Sofort wandte Herr Protzek
seine Aufmerksamkeit wieder dem Mädchen zu�
grinsen.
Bettina sah Thomas
» Interessant«, bemerkte der Leh
rer. » So gehst du also mit deinem Lehrmaterial um. «
» Ich hab's da nicht hingeworfen«,
entgegnete sie. Eigentlich hatte sie
Thomas nicht verpetzen wollen, aber er hätte es auch nicht tun dürfen,
deshalb fügte sie hinzu: »Thomas
war's. «
Der
aber
erwiderte
auf
Herrn Protzeks Blick: »War ich nicht. Oder kann das wer beweisen?«
13
Wieder ließ Herr Protzek die Blik
ke schweifen. In der Klasse fand sich
keiner, der den Mut aufbrachte, sich
gegen Thomas zu stellen.
Bettina
sah zu Glaf, doch der zuckte nur mit
den Achseln.
Und um das Maß voll zu machen,
ergänzte Thomas: » Die wartet doch
bloß drauf, mir mal eins auswischen
zu können, weil sie neidisch ist auf
mein Pony, weiß doch jeder!«
Natürlich wußte das jeder, offen
bar auch der Lehrer, zumindest war
ihm die alte Feindschaft zwischen Bettina und Thomas bekannt.
Da
sich das Mädchen ungebührlich auf
geführt hatte und es keinen ersichtli
chen Grund gab, Thomas zu strafen,
sagte er: » Bettina erhält eine Fünf in Betragen. Und jetzt geht auf eure
Plätze!«
Als Glaf sich neben sie in die Bank-
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reihe setzte, zischte Bettina ihm zu:
» Du bist feige und gemein. Du hast
genau gesehen, daß es Thomas ge
wesen ist!«
»Hab ich nicht. «
Bettina war sicher, daß er log. Und
überhaupt, als ihr Freund hätte er sie
verteidigen müssen, - auch ohne es
gesehen zu haben. » Du hast bloß
Angst,
daß Thomas dich verprü
gelt«, sagte sie.
Olaf tippte sich an die Stirn und
lehnte sich beleidigt zurück.
Daß Thomas kurz darauf von Prot
zek zur Leistungskontrolle aufgeru
fen wurde und eine Vier bekam, weil
er nicht gelernt hatte, konnte Bettina
wenig Genugtuung verschaffen. Sie war wütend auf Olaf.
Und nun saß sie also auf dem Schul
hof herum, allein mit ihrer Wut, und 15
hatte keine Lust, mit irgendeinem zu
reden, mit irgendeinem von all de
nen, die sie vorhjn nicht verteidigen
wollten. Als die Klassenkameraden
vom Essen kamen, tat Bettina, als ob Olaf Luft sei. Bis zum Unterrichts
ende wechselte sie kein Wort mit
ihm.
Nach' Schulschluß stand Thomas
mit ein paar Freunden an der Tür. Es
wäre sinnlos gewesen, sich jetzt mit
ihm anzulegen, denn Thomas und
seine Freunde waren überlegen. Bet
tina sagte also im Vorbeigehen rasch
und leise: » Das zahle ich dir heim. «
Thomas lachte darüber. » Paß nur
auf«, rief er ihr nach, » ich werde dir
noch eins auswischen. «
Zu Hause wurde Bettina vom freudi
gen Gekläff Blackys empfangen. Er
sprang an seiner Herrin hoch und 16
wackelte mit dem Schwanzstummel.
Bettina stellte die Schultasche in die
Ecke, nahm Blacky an die Leine und
ging stromern. Vergessen der Ärger.
"Der Laubwald färbte sich schon
herbstlich bunt. In den Zweigen der Büsche hingen
zernd
im
Spinnweben,
Sonnenschein.
glit
Mutter
nannte das Altweibersommer, wor
über Bettina immer lachen mußte.
Zu dieser Jahreszeit konnte man
viele Pilze finden; das war aufregen
der
als
kannte
Ostereiersuchen.
einige
eßbare
Bettina
Arten
und
nahm mit, was sie in ihren Jackenta
schen unterbringen konnte.
Als sie zurückkam, war die Mutter
schon zu Hause. Das Mädchen legte
die Pilze auf den Wohnzimmertisch.
»Schön«, sagte die Mutter. »Hast
du deine Hausaufgaben gemacht?« Nein", erwiderte Bettina. "
17
Die Mutter trug die Pilze in die Kü
che und begann, sie zu putzen. Bet
tina setzte sich dazu.
»Hast schlechte Laune«, stellte die
Mutter
fest.
Schule?«
»War
was
in
der
» 'ne Fünf in Betragen«, antwortete
Bettina, und der Grimm war wieder
da.
Die Mutter sah sie von der Seite
an. »Warst wieder vorlaut?«
»War ich nicht«, entgegnete Bet
tina. »Protzek ist ungerecht. Alle sind
ungerecht. «
»Wer sind ,alle'?«
Bettina
schwieg.
Ihre
Mutter
merkte nur, daß sie offenbar wirklich
ungerecht behandelt worden war,
und versuchte, sie auf andere Ge
danken zu bringen. »Willst du zu Olaf
gehen?« Das war ein großzügiges
Angebot in Anbetracht der un�rle18
digten Hausaufgaben. Aber Bettina fauchte nur: »Ach der!«
Da wußte die Mutter nun nicht
mehr
zu
raten
und
begann
Abendessen vorzubereiten.
das
»Ich wollte dir noch etwas sagen«,
ließ sie sich nach einer Weile verneh
men.
»Hm«, machte Bettina und schob
gedankenverloren die Teller auf dem
Tisch herum.
»Wir haben doch ein viel zu großes
Haus, wir beide«, begann die Mutter. Bettina wurde aufmerksam.
»Und da hat mirder Bürgermeister
vorgeschlagen, abzuvermieten. Das
heißt, eigentlich ist es wohl so, daß
er jemand unterbringen muß, für
den er keine Wohnung hat. Was
meinst du dazu?«
»Warum nicht«, gab Bettina zu
rück. »Und wer ist es?«
19
» Du wirst es sehen. «
Bettina zuckte mit den Achseln.
Gleichgültig machte sie sich eine But
ters��lle zurecht. Heute verdrängte
der Arger sogar ihre Neugier.
Am nächsten Schultag fehlte Tho mas, vermutlich war er krank. Bet
tina war es sehr recht, daß sie ihrem Racheschwur nicht sofort Taten fol
gen lassen mußte, denn es stand
nicht fest, zu wessen Gunsten der Kampf ausgehen würde. Sie wartete
den ganzen Vormittag daraut daß Olaf sich entschuldigte.
Der aber
machte keine Anstalten, und also
wechselte Bettina mit ihm kein Wort.
Wenigstens auf den Nachmittags
spaziergäng mit Blacky konnte sie
sich noch freuen. Vielleicht fand sie
wieder Pilze.
Als das letzte Klingelzeichen er-
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tönte, warf sie Hefte und Buch in die Mappe und sprang hastig auf. Aber
Olaf hielt sie am Arm fest. » Du, hör mal!«
»Faß mich nicht an!«
» Mann, bist du zickig!«
» Ich will in· Ruhe gelassen wer
den«, gab Bettina barsch zurück und
schob Olafs Hand weg.
» Kannst du ja haben, aber morgen
nachmittag komme ich vorbei und hol mir Blacky zum Abrichten. «
Bettina sah den Freund abweisend
an. » Du spinnst wohl?«
» Ich spinne gar nicht!« erwiderte
Olaf. » Blacky ist unser Hund, nicht
deiner. «
Bettina durchlief es heiß, ein Ge
fühl zwischen Wut und Angst, das
sich in der Magengrube einnistete.
Man wollte ihr den Hund streitig ma
chen, den einzigen Trost, den sie 21
jetzt hatte. Recht.
Und
Natürlich war Olaf im eben
das
war
das
Schlimme. Das Mädchen holte zur
Verteidigung 'aus.
»Wer hat denn
Blacky damals aus dem Wasser ge
fischt? - Ich! «
» Bei dir wär erverhungert, weil du
keine Ahnung von Hunden hattest
und nicht mal wußtest, wie man ihn
zum Fressen bringt. «
Bettina schluckte das. Sie hatte tat
sächlich erst durch Olaf gelernt, mit
Hunden umzugehen.
))Trotzdem«, sagte sie. »Wer hat
denn
Blacky die ganze Zeit ver
sorgt?«
» Du«, bestätigte Olaf. »Aber ich
habe dir immer Futter mitgebracht.
Außerdem hab ich nicht behauptet,
daß es mein Hund ist, sondern unser
Hund. Also kriege ich ihn morgen, und basta. « Damit stand er von sei22
nem Platz auf und verließ vor Bet tina, di.e es so eilig gehabt hatte, fort
zukommen, das Klassenzimmer.
Bettina blieb im leeren Raum sit
zen und starrte die Wandtafel an. Die
Tür stand offen. Auf dem Gang lärm
ten Kinder. Ein Lehrer kam vorbei
und blieb stehen. Protzek. )) Sitzt du
freiwillig nach?« fragte er.
Das Mädchen schrak zusammen.
Sie nahm wortlos ihre Tasche, erhob
sich und ging an dem Lehrer vorbei,
ohne ihn anzusehen. Sie fand es
nicht nötig, ihm guten Tag zu wün schen.
Blacky war weg! Kein
freudiges
Gebell
empfing
Bettina. Sie pfiff, rief -umsonst. Tho
mas! schoß es ihr durch den Kopf.
Aber alleine würde sie zu dem nicht gehen. Da müßte schon Olaf mit-
23
kommen. Wenn er nicht auch dazu
zu feige ist, dachte Bettina ein wenig
boshaft, obwohl sie eigentlich nicht
daran zweifelte, daß Olaf letztendlich
zu ihr halten würde, wenn es um den
Hund ging.
Unterwegs freute Bettina sich, ei
nen Grund zu haben, um sich wieder
mit Olaf zu vertragen. Das Mädchen
läutete. Olafs Mutter öffnete.
» Ist Olaf da? Es ist sehr wichtig!«
sprudelte Bettina sofort los.
Olafs Mutter schüttelte den Kopf.
» Nein, Mädchen. Olaf ist zum Trai
ning. «
Richtig! Das hatte sie völlig ver
gessen. Seit einem halben Jahr war
er ja in der Leichtathletik-Staffel der Schule. » Danke. Wiedersehen!« rief
sie, und schon war sie fort. Etwas
verwundert blickte ihr Olafs Mutter
hinterher. 24
Wohin
jetzt?
Zum
Sportplatz?
überlegte Bettina. Nein, erst noch
einmal nach Hause. Vielleicht war Blacky inzwischen wieder da. Nicht,
daß Olaf glauben könnte, sie hätte ir
gendeinen Anlaß gesucht, um einzu
lenken. Es war so, aber das zuzuge
ben, verbot ihr der Stolz.
Wieder zu Hause, war kein Blacky da.
Von den Stufen vor der Haustür
aber erhob sich ein fremder junger Mann.
Halblanges
schene Jeans.
Haar,
verwa
» Guten Tag«, sagte er. » Bin ich
hier bei Malischs?« »Ja«,
Rennen
gab
))Warum?«
Bettina zurück,
noch
außer
vom
' Atem.
Er lächelte. )) Ich heiße Sebastian
Mengel und bin der neue Mieter. Der
Bürgermeister schickt mich. Wann kommt denn deine Mutter?«
25
» Bald. «
dran,
Bettina
war drauf
kehrtzumachen
und
und
zum
Sportplatz zu laufen. Was interes
sierte sie jetzt der Mieter! »Warte
mal«,
sagte
der
junge
Mann. » Du bist ja ganz durcheinan
der, kann dir vielleicht einer was
helfen?«
» Mein Hund ist weg. «
» Dein Hund. «
» Blacky, so ein kleiner, schwar
zer. « Plötzlich brach sie inTränen aus.
» Na, na«, sagte der junge Mann, et
was
unbeholfen
angesichts
einer
weinenden Dame. )) Vielleicht ist er
nur mal stromern gegangen und
kommt wieder. «
» Blacky geht niemals stromern«,
erklärte Bettina. » Und das
Loch da im Zaun?«
fragte Herr Mengel und wies auf eine Stelle, wo das Erdreich frisch aufge-
26
kratzt war. Tatsächlich! Das sah aus,
als hätte Blacky einen Durchschlupf
gefunden.
Sebastian
Mengel sagte:
»Viel
leicht tiat er eine Hundefreundin?«
Möglich war e�! Wenn Hunde
rüden zu gewisser Zeit eine Hündin
wittern, unternehmen sie alles mög
liche, um sie zu besuchen. Plötzlich
kam Bettina noch ein anderer Ge
danke. » Und wenn der Förster ihn er
wischt und abknallt?« » Komm,
dem
sagen
wir
Be
scheid«, erwiderte Sebastian Men
gel entschlossen. » Du weißt doch
sicher, wo das Forsthaus ist?«
»�Iar. « Bettinas Nase lief. Sie ZO"g
hoch, Herr Mengel gab ihr ein Pa
piertaschentuch, das er aus seinem Rucksack nahm, der an der Haus
wand lehnte. » Kann ich den schon
mal ins Haus stellen?« 28
»Ach, richtig«, entsann sich Bet
tina. » Sie sind ja der Mieter. «
» So etwa«, sagte er, und Bettina
zeigte ihm gleich das Zimmer un
term Dach, das er beziehen sollte.
Das Forsthaus, am Ende des Dor
fes, schon etwas außerhalb, war ein
einsames Gehöft zwischen Siedlung
und Wald.
Des Förster� Dackel empfing die
Besucher kläffend. Doch als Bettina
ihn anrief, verstummte er, denn er
kannte ihre Stimme. Das Mädchen
war schon oft hier gewesen, meist
mit Blacky.
Natürlich war Bettina
auch dem Förster nicht unbekannt.
Sobald sie einander begegneten, be
stürmte ihn das Mädchen mit Frag-en
nach Pflanzen und Tieren des WaI
des. Ein/Beruf, der damit zu tun hatte,
würde ihr gefallen. Vorerst aber be
drückte sie eine unschöne Wirklich-
29
keit, in der ihr lieber Blacky ver
schwunden war und sie sich über
haupt herumärgerte. Sie fanden den
Förster hinterm Haus beim Hunde zwinger.
Herr Mengel hatte kaum Zeit, sich
vorzustellen, da sprudelte Bettina ih
ren Kummer schon heraus.
Förster Hartung seufzte. »Das. ist
natürlich
bedenklich,
Blacky stromert. «
daß
dein
»Weiß ich noch gar nicht sicher«,
klagte Bettina. »Aber was soll ich
jetzt machen?«
»Ihn sicher einsperren, sowie er
heimkommt. Denn du mußt verste
hen, daß die Bestimmung, nach der
stromernde Hunde und Katzen zu er
schießen sind, berechtigt ist. «
»Will ich nicht verstehen«, gab
Bettina zurück.
Doch Förster Hartung fuhr unbeirrt
30
fort:
» Sie können nämlich gefähr
liche Krankheiten übertragen. Zum Beispiel die Tollwut. «
Bettina schwieg. Sie wollte nicht
schon
wieder
heulen,
schon
nicht vor den beiden Männern.
gar
» Sie müssen Bettina nicht Angst
machen«, mischte sich Herr Mengel
ein. »Wir wollten, daß Sie wissen,
daß Blacky gesucht wird. « Daraufhin
gab
Förster Hartung
den belehrenden Tonfall auf. » Natür
lich werde ich ihn nicht aufs Korn
nehmen,
sondern
einsammeln,
wenn ich ihn treffe. Es ist
g ut,
daß
Sie hier waren, denn von dieser
schwarzer:!
einige. «
Zottelhundsorte
Da wurde Bettina leichter
gibt's ums
Herz. Am liebsten hätte sie den För ster umarmt.
Der zwinkerte ihr zu. »Wenn du 31
willst, zeig ich dir was. Das wird dich
bestimmt interessieren. «
Gespannt verfolgte das Mädchen,
wie Förster Hartung den Hundezwin
ge( öffnete. Herr Mengel betrachteJe
inzwischen
eingehend
die
Ge
wächse im Garten, was Bettina ko
misch fand.
» Sieh mal!« sagte der Förster.
Da lag die Setterhündin Ira und bei
ihr fünf Welpen, die erst wenige
Tage alt sein konnten, denn ihre Augen waren noch nicht geöffnet.
Fünf Wollbällchen mit hellblondem
Flaumfell. Bettina bückte sich, um einen Welpen in die Hand zu neh
men. Aber die sonst so friedliche Ira
knurrte
böse.
» Das
ist
Instinkt«,
sagte Förster Hartung. » Die Mutter
verteidigt die Kinder. «
»Aber wieso?« fragte Bettina. » Sie
kennt mich doch. « 32
»Trotzdem, du gehörst nicht zum
Rudel. Da.zu kommst du nicht oft ge
nug. « Der Förster nahm ein Junges auf.
Und als
Ira
wieder
knurren
wollte, rief-er: »Aus! « Er gab Bettina den Welpen, den sie so gern strei
cheln wollte, und erklärte: »Wenn
sie dich anknurrt, darfst du ihr das
nicht übelnehmen. Woher soll sie
wissen, daß du ihren Kleinen nichts tun willst? Ich bin -ihr Rudelführer.
Nur deshalb kann ich den Welpen
nehmen. «
Bettina gab dem Förster den Wel
pen zurück, und der legte ihn zur Mutter, die ihr Junges gleich ab
leckte, um es vom Menschengeruch zu befreien. Am Eingang stand Herr Mengel. Er
sagte: » Sie haben da ja sogar eine Bergkiefer.
hier. «
Die findet man selten
33
Der Förster hob überrascht die
Augenbrauen. » Ich hab's. wohl mit einem Fachmann zu tun?« »Wie
unterscheidet
Bergkiefer
von
einer
chen?« fragte Bettina.
man
eine
gewöhnli
Herr Mengel wies zu dem Baum.
» Sie hat Zapfen, die aufrecht stehen,
während sie bei der Gemeinen Kiefer
hängen. «
» Sie kennen sich aber aus! « rief
Förster Hartung anerkennen
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