074 - Wir Verschenken Bammel

August 27, 2017 | Author: gottesvieh | Category: Armed Conflict, Nature, Unrest
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Band 074 Wir verschenken Bammel

Bodo Schulenburg Für Leser von 7 Jahren an 1. Auflage 1970 Illustrationen von Sigrun Lange © Der Kinderbuchverlag Berlin

Inhalt: Peter bekommt den Pionierauftrag, den Panzerfahrer Mischa zu einem Pioniernachmittag einzuladen. Dabei macht er sich so seine Gedanken, um dessen Gemütszustand. Leicht politisch angehaucht, mit Bezug zum 2. Weltkrieg

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1. Bis vor zwei Tagen war alles klar. Heute aber ... zum Baden hat er keine Lust, zum Angeln keine Würmer. Peter hockt am Straßengraben und grübelt. Das geht so bei ihm: Er guckt sich dunkle Löcher in den blauen Himmel. Anne kommt. Sie kennt Peters Grübeln, sie will nicht stören. So zupft sie mit nackten Zehen trockene Grashalme. Bammel, Peters Dackelhund, liegt im Staub und gähnt. Wann ist das Grübeln zu Ende? Bis vor zwei Tagen war alles klar. Das war Peters Plan: Ich lade Mischa ein. Bitte, besuchen Sie uns, bitte, mit Ihrem Panzer, der flachen Stahlschildkröte. So

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wollte Peter sagen. Und Mischa, der sowjetische Panzerleutnant, würde lachen, denn er lachte gern, und er würde fragen: „Wann?“ Bis vor zwei Tagen ... Heute, am Sonntag, kann Peter nur langweilige Löcher in den Himmel gucken. Schlimm ist es, denn Peter hatte der Pioniergruppe versprochen: Mischa kommt, Pionierehrenwort! Er erzählt Panzergeschichten, und dann rasseln wir durchs Dorf. Alle Kinder im Dorf kennen Mischa. Früher steuerte er den Mähdrescher, jetzt den Panzer. Für Kinder hatte Mischa immer Zeit, und mit Bammel spielte er sogar. „Also lade ihn ein, Pionierauftrag“, sagte Uwe. „Alles klar“, hörte Peter sich antworten. Heute, nur zwei Tage später, ist nichts mehr klar.

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Mischa hatte sich über Nacht verwandelt. So schien es Peter. Abends, nach der Übung, rollten Mischas Panzer durchs Dorf. Aber sie hielten nicht wie sonst immer. Zwei Abende hatten Peter und Bammel umsonst gewartet. Und gestern erst! Peter traf Mischa am Bahnhof. Der Leutnant stapfte vorbei mit harten Soldatenschritten. Seine Leutnantssternchen funkelten Peter in die Augen. Mischa sah nicht links, keine Zeit für Peter, nicht rechts, keine Zeit für Bammel. Was ist los mit Mischa? Anne will Peter nicht stören. – Vielleicht kann sie ihn trösten? „Hat er Zahnschmerzen, der Mischa?“ fragt sie. „Er hat keine dicke Backe“, sagt Peter. „Oder ist vielleicht das Wetter schuld?“ fragt Anne.

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Die Sonne aber scheint und bummelt, als wäre dieser Sonntag wie alle anderen. Wer nur hat Mischa verwandelt? Anne meint, ein Panzer sei schuld. „Ein Panzer?“ Was versteht Anne von Panzern. Sie geht noch nicht einmal zur Schule. „Jawohl, ein Panzer. Vor zwei Tagen ist er angereist, am Waldbahnhof.“ Es muß ein Wunderpanzer sein, meint Anne, denn Mischa war am Bahnhof und hat den Panzer gegrüßt. „Gegrüßt?“ „Gegrüßt hat er“, sagt Anne. Der Panzer wurde auf einen Tieflader gezerrt, so weiß sie, und verschwand in der Kaserne. Sollte Annes Wunderpanzer Mischa so verwandelt haben, daß er für Bammel nicht ein Fünkchen Zeit mehr hat? Peter schüttelt den Kopf, und das Löchergucken und Graszupfen geht weiter. Bammel döst und gähnt schon zum dritten Mal.

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Und wenn es nun doch einen solchen Panzer gibt? Einen Panzer, den Mischa grüßt, der auf einem Tieflader in die Kaserne rollt? Sollte man nicht nachforschen? Plötzlich hat der Tag wieder ein freundliches Gesicht, und am Himmel gibt es kein einziges langweiliges Guckloch mehr. „Bammel, du bleibst hier“, befiehlt Peter. „Hilf Anne beim Aufpassen.“ Worauf aufpassen? „Einfach so gucken?“ Anne und Bammel stören nur, wenn man ein Panzergeheimnis entdecken will. Bammel macht traurige Augen.

2. Am Tag wenigstens einmal träumt sich Peter in einen Panzer hinein, genau hinter den Lenkknüppel. Schließlich will er Panzerfahrer werden.

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Jetzt brummt Peter quer über die Wiese. Auch wenn es Geheimnisse zu suchen gibt: Er spielt Panzer. Im hohen Wald knistern seine Schritte fast wie Panzerketten über die trockenen Kiefernnadeln. Achtung, nach rechts! Peter dreht sich langsam auf der Stelle, erzieht den rechten Lenkknüppel an. Jetzt unterbricht die Kupplung die Kraftübertragung zum rechten Antriebsrad. Peter brummt etwas lauter auf. Die rechte Kette läuft leer mit, und die linke schiebt seinen Panzer nach rechts. So einfach geht das. Natürlich, viel schöner wäre es, auf Mischas Panzer durchs Dorf zu rasseln. Peter hoch auf dem Turm. Da, seht Peter, der dort, mit dem blauen Halstuch! Wie kommt er auf den Turm? Wer Pionieraufträge erfüllt G Genau an der Stelle hat Peter keine Lust zum Weiterträumen. Peter steigt auf seinen Kletterbaum. Seine

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Hände tasten feste Äste, dann fassen sie und ziehen. Peters Füße klammern und stemmen, sie helfen den Händen. Langsam schiebt und zieht er sich von Ast zu Ast, fünf Baumstockwerke hoch. Es wird heller in der Eiche, die Eiche guckt über die Kiefernwipfeln. Peter sieht den Fluß, der sich durch die Wiese schlängelt, und die schaukelnden Kieferkronen. Mitten im Wald, gleich hinter dem Fluß, strecken sich langgezogene Häuser, ordentlich aufgereiht, um einen großen Hof: die sowjetische Panzerkaserne. Peters Herz schlägt schneller. Auf dem Kasernenplatz steht das, was er sucht. Peter ist enttäuscht. Dort wartet kein Wun-derpanzer, keine Spur von Wunder. Ein alter Panzer, ein T 34, hockt armselig und staubig mitten auf dem Platz. Nichts weiter! Hat diese alte Kiste Mischa verwandelt? Mischa fährt einen neuen Panzer, eine Stahlschildkröte, schnell und stark, fast so 13

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wie fünf Elefanten. Das hier aber? Kann diese alte Stahlkutsche Mischas Zeit für Kinder stehlen? Nicht einmal selbst fahren kann sie. Auf einem Tieflader wird sie gezogen. Da ist auch Mischa. Peter sieht, wie er langsam um den Panzer stiefelt. Jetzt streichelt er wohl sogar den alten Stahl? Dabei ist Mischa ganz ernst. Der Panzer stiehlt dem Leutnant auch sein frohes Lachen. Nun spritzen Soldaten Wasser auf den Panzerbauch und die Ketten, sie wischen mit Öllappen am Turm und im Kanonenrohr. Der alte Panzer will nicht glänzen. Peter späht wie ein Habicht. Er beugt den Kopf, so weit er kann, durch das Eichenlaub. Am Panzerturm pinselt ein Soldat: Kringel und Schleifen und Striche. Peter strengt sich an, bis seine Augen brennen. Die Buchstaben, die auf den Turm geschrieben werden, kann er nicht erkennen.

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3. Am Nachmittag, auf der Wiese, trifft Peter Anne und seinen Bammeldackel. Bammels Schwänzchen zappelt freudig. Anne pustet, sie ist gelaufen so schnell sie konnte. Sie hat gut aufgepaßt. „Mischa war im Dorf“, pustet sie. „Zuerst war er bei deinem Vati.“ Peter erschrickt. Hatte der Leutnant ihn auf der Klettereiche entdeckt? Aber er läßt sich den Schreck nicht anmerken. „Wollte er den Mähdrescher fahren?“ fragt Peter, denn Peters Vati ist Kapitän auf dem Mähdrescher, dem gelben Riesen. „Farbe wollte er“, sagt Anne und pustet noch einmal laut auf, „weiße Ölfarbe.“ Wozu weiße Farbe? Ein Panzer braucht zum Tarnen nur grau und braun und grün. „Und dann spazierte er zu meinem Vati und – rate mal ...“ Annes Vati läßt zarten Blumenkohl wach-

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sen, er pflanzt Riesengurken, und er erntet Mohrrüben, die sogar Bammel schmecken. Wollte der Leutnant Zwiebeln kosten? Peter hat keine Zeit zum Raten. „Blumen wollt er, der Mischa“, flüsterte Anne so leise, als verrate sie ein Geheimnis. „Abgeschnittene?“ „Nein, mit Wurzeln, und fünfzig Stück.“ Anne ist klein, aber sie kann gut aufpassen. „Alle Sorten Blumen will er. Sie sollen bunt sein, in allen Farben, wünschte Mischa.“ Peter staunt. Will der Leutnant einen Panzer mit Blumen schmücken? Anne erzählt aufgeregt weiter. „Zum Schluß dann lief er zu Strippe.“ Strippe ist Melkermeister und Parteisekretär. „Was wollte er bei Strippe?“ „Dobri djen, sagte Mischa“, so erzählt Anne, „Mischa will helfen, die Rohrleitung zu bauen.“

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Strippe hat einen Riesenstall für vierhundert Kühe. Und ein Karussell zum Drehen für die Kühe und zum Melken. Jetzt will Strippe eine Rohrleitung legen, ganz aus Plaste, vom Kuheuter bis zur Molkerei. Mischa und seine Soldaten werden helfen, den Graben für die Rohre zu bohren. „Und Steine wollte Mischa.“ „Steine?“ „Ja, runde Steine, vom Feld. Wenn der Graben gebohrt wird, werden Steine sein.“ Jetzt versteht Peter gar nichts mehr. Was ist mit Mischa los? Ölfarbe, bunte Blumen, runde Feldsteine? Peter legt sich ins hohe Gras und starrt in den Himmel. Dort fliegen kleine Wölkchen. Kein Wölkchen kann Peters Fragen beantworten. Anne pflückt Pusteblumen. Ganz still wird es auf der Wiese, sonntagsstill. Nur die Grillen zirpen ihre lustige Sommermusik.

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4. Mischa war im Dorf. Er hat seine Freunde begrüßt. Die Genossenschaftsbauern werden ihm helfen. Er wird Farbe bekommen, bunte Blumen und runde Steine. Keiner aber, der Mähdrescherfahrer, der Gärtner, der Melkermeister, keiner merkte, daß der Leutnant traurige Augen hat. Und keiner fragte: „Wozu Farbe, Blumen, Steine?" Mischa bummelt zur Wiese, sonntags ticken die Uhren langsamer, heute hat er Zeit. Sonntagsstill ist es auf der Wiese. Nur die Grillen zirpen ihre Sommermusik. Die Musik ist lustig, für Mischa aber klingt sie traurig. Seit er den Panzer am Bahnhof grüßte, hat er nur ernste Augen. Das Traurigsein kam mit dem Panzer angerollt. Zweimal war Frühling und Sommer, zweimal war Herbst und Winter, zwei lange Jahre ist Mischa von zu Hause fort. Mischa hat Heimweh. Das

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Heimweh macht, daß er die Grillen traurig zirpen hört. Keiner im Dorf, nicht einer, weiß davon. Nicht weit von Mischa, vielleicht zwölf oder vierzehn große Schritte entfernt, liegen Peter und Anne. Sie sehen, wie Mischa einen Löwenzahnstengel zupft und pustet und pustet. Sonderbar, er pustet so wie Anne. Der große und kräftige Mischa träumt hinter den trudelnden Schirmchen her. Peter meint: Ein sowjetischer Leutnant, der den T 54 fährt und Soldaten kommandiert, darf nicht einfach so pusten und träumen. Anne meint: Mischa träumt traurige Sache, vielleicht träumt er Heimweh. Und beide fragen sich: Hat der alte Panzer schuld an dem Heimweh? Er ist kein Wunderpanzer. Er steht auf dem Kasernenhof, will nicht glänzen und versteckt ein Geheimnis. Vielleicht!

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Da knastern die Zweige und knistern die Halme. Bammel stürmt über die Wiese. Er hat Spinnweben über der Schnauze und jagt Schaukelfalter. Er schießt Bogen und rollt Kobolze. Und der Leutnant lacht. Wirklich, er lacht! Vergißt er den alten Panzer? Bammel blafft mit blitzenden Augen, und die traurige Grillenmusik verschwindet. „Karascho“, sagt der Leutnant und streichelt Bammel. In diesem Augenblick scheint es so, als werden Mischas Augen wieder froh.

5. Karascho, sagte der Leutnant und ging zur Kaserne. „Er muß wieder froh sein“, sagt Anne, und Peter nickt. Ein Leutnant mit traurigen Augen hat keine

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Zeit für Pioniere und für Panzergeschichten. Es ist so, der Leutnant muß den alten Panzer vergessen. Anne will dem Leutnant etwas schenken. Ein Marienkäferchen, ein Glückskäferchen? Annes Mauseflöte? Keine Maus hört zu, nur Bammel niest, wenn die Flöte flötet. Peter lacht. Eine saftige Riesengurke? Ein buntes Tuschbild? Peter und Anne überlegen, und man sieht es. Bei Anne zieht eine Furche über die Nase, von links nach rechts. Sie hebt einen Finger, zeigt auf den Mund. „Sag schon“, fordert Peter. Was hat Anne gedacht, und was sagt ihr Mund? Warum erschrickt sie? „Na, sag schon.“ Annes Finger krabbeln in Bammels weichem Fell. „Bammelchen", flüstert sie, „er hat ja gelacht über Bammel.“ Und plötzlich

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hängen in ihren Augen zwei dicke Tränen. Peter versteht nicht, was Anne meint. „Sag doch!“ „Ich hab’s gesagt.“ „Was?“ „Wir verschenken Bammelchen!“ Jetzt ist Peter fürchterlich erschrocken. Nichts antwortet er, seine Kehle ist wie zugebunden. Seinen Bammeldackel verschenken? Wie war das vorhin? Bammel kam, und der Leutnant hatte wieder frohe Augen. Bammel hatte das Heimweh weggebellt. Mischa lachte, für zwei oder drei Sekunden. Bammel verschenken? Vor Peters Augen kreiseln Annes Schleifen, sie drehen und drehen.

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6. Mischa kommt aus der Ukraine. Dorthin träumt sein Heimweh. Als Mischa so alt war wie Peter und so klein wie Anne, überfielen die deutschen Faschisten sein Land. Das Häuschen, in dem Mischa wohnte, wurde zerschossen. Mischa schlief in einer Laubhütte und fror. Jarik, das war sein Hündchen, kroch zu ihm und wärmte ihn. Das Weizenfeld war verbrannt. Mischa hungerte. Jedes Eckchen Brot aber teilte er mit Jarik, denn er hatte auch Hunger. Eines Tages bellte Jarik einen Faschistensoldaten an. Der Soldat lachte und schoß. Jarik heulte auf, lief ins Feld. Mischa suchte. Im Heu fand er Jarik. Er hatte steife Beine, eine kalte Zunge, ein blutiges Fell. Das Hündchen war tot. Mischa schrie. Die Mutti streichelte und tröstete ihn. Die Panzer mit dem roten Stern werden die Faschisten verjagen, sagte sie. Gibt es viele

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Rote Panzer? fragte Mischa. Viele, viele, sagte die Mutti, ich werde noch einen dazu kaufen. Den roten Stern kannst du selber an den Turm malen. Heute ist Mischa Panzerleutnant. Er träumt von seiner Mutti. Anne träumt von einem Sternenschiff, das Mischa in die Ukraine fliegt. Peter träumt, daß der Leutnant seine Panzerschildkröte mit traurigen Augen steuert und den Fahrfußhebel und das Kupplungspedal verwechselt. Nur Bammel kann Mischa helfen. Bammel träumt, daß der Mond ein silberner Knochen ist, der einfach nicht vom Himmel fallen will.

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7. Alles mögliche kann man verschenken. Aber Bammel? Die Hähne haben die Sonne gerufen, und bald funkelt der Morgen. Manchmal ist der Morgen klüger als der Abend. Peter kennt einen Ausweg: Vati wird es verbieten. Er ist mit dem Mähdrescher, dem gelben Riesen, auf dem Feld. Der Weizen ist rotbraun und golden, er ist reif. Der Mähdrescher rafft das Korn in breiten Schwaden. In Vatis Kopf sitzt die Sorge um das Wetter. Trotzdem hat er Zeit für Peters Geschichte. Peter erzählt und hofft. Bestimmt wird der Vater sagen: Ein Dackel paßt nicht in einen Panzer. Der Vater überlegt: Wozu wollte der Leutnant die Farbe? Da ist ein Freund traurig, und ich merke nichts. Hab nur das Wetter im Kopf. Dabei gehören beide zusammen: Die Schildkröte und der Leutnant schützen,

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was der gelbe Riese und sein Kapitän ernten. Peters Vati hat die ganze Geschichte gehört. Was sagt er zum alten Panzer? Er sagt: „Vielleicht hat der Panzer einen Orden. Vielleicht hat er viele Faschisten vernichtet. Und steht jetzt da und ruht sich aus.“ Was sagt er zu Bammel? Er sagt: „Überleg’s selber!“ Ganz einfach: Überleg’s selber. Er streichelt Bammel. Dann gibt er Gas, und der gelbe Riese heult auf und schneidet weiter das reife Korn. Wenn Anne eine traurige Geschichte hört, macht sie die Augen zu. Erst wenn die Geschichte wieder fröhlich ist, öffnet sie die Augen und atmet auf. Peter aber ist fast schon groß und – er möchte Panzerfahrer werden. Er steht mittendrin in der schweren

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Geschichte. Ihm hilft kein Augenzudrücken. Vati sagt, entscheide selber. Bammel packt das Wühlfieber. Es sitzt in seinen Pfoten und funkelt in seinen Augen. Der trockene Sand wirbelt. Bammel gräbt Mäusetunnel. Bammel spürt nichts von Peters dicken Sorgen.

8. Strippe wird den Weg wissen, der besser ist und leichter, als Bammel zu verschenken. Strippe ist Parteisekretär und hilft allen. Da war die Sache mit den Kühen. Wohin mit den vielen Kühen? Ein großer Stall muß her. Wer mauert ihn? Strippe holte seine Maurerfreunde. Bitte: vierhundert Genossenschaftskühe in einem Stall! Hilfe! Wer kann so viel Kühe melken? Strippe besorgte ein Karussell. Die Kühe freuen sich, drehen kostenlos eine Runde und werden

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elektrisch gemolken. Und der Mist im neuen Stall? So viel Karren gibt's im ganzen Dorf nicht. Strippe und seine Freunde knobelten. Jetzt spült ein Wasserstrahl den Mist aus dem Stall, und die Kühe, jawohl, stehen auf Gummimatten, weich und sauber. Immer weiß Strippe, wie es weitergeht. Er hat grausilberne Haare vom vielen Wegewissen und Helfen. Soll er jetzt Peter helfen. Strippe hat keine Zeit, so wie fast immer. Er baut nicht an der Rohrleitung aus Plaste, nein, Strippe pusselt an einem Fernsehkasten. „Sollen die Kühe fernsehen?“ „Quak nicht rum hier!“ schimpft Strippe. Trotzdem erklärt er: „Das Fernsehauge guckt auf die Kühe, klar? Und ein einziger Mann, einer, nicht fünf, passen auf alle Kühe auf, klar?“ Strippe fummelt mit Schrauben und Dräh-

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ten umher und will sich nicht weiter stören lassen. Seine Augen sitzen in einem Kranz von grauen Fältchen, das kommt vom Altsein. Die Augen selber aber sehen jung, wie hell gewaschen aus. Das kommt vom Helfen. Soll er jetzt Peter helfen. Peter erzählt drauflos: Da war der Pionierauftrag, später der Kletterbaum. Plötzlich scheint Strippe Zeit zu haben. „Was schrieb der Soldat an den Turm?“ „Konnt ich nicht erkennen.“ Peter spricht vom traurigen Leutnant, und Strippe bekommt ärgerliche Augen. Er hat vergessen, daß auch ein sowjetischer Panzerleutnant Sorgen haben kann. Darüber ärgert sich Strippe. „Nicht mal gefragt hab ich, wozu der Leutnant die Steine braucht.“ Was sagt Strippe zum alten Panzer? „Vielleicht“, sagt er, „vielleicht ist ein Freund von Mischa im Panzer gefahren... Ein Freund, der im Kampf gefallen ist.“

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Was meint Strippe zu Bammel? Weiß er jetzt einen leichten Weg? Bestimmt ist das halb so schwer wie Fernsehaugen basteln. Peter schlägt vor: „Hilf doch, daß sie Mischa auf Urlaub schicken.“ Strippe wundert sich. Freut er sich über den leichten Weg, den Peter vorschlägt? „Klar“, sagt Strippe, „aber auch du mußt helfen, Pionier.“ „Ich helfe“, sagt Peter voll großer Hoffnung. „Also, male ein Schild, sehr groß muß es sein, so wie ein Scheunentor, und schreib darauf, ohne Fehler: Panzer wegen Urlaub geschlossen!“ Peter senkt den Kopf. Strippe brummt weiter: „Und vergiß nicht, pinsel auch gleich ein Schild für den Mähdrescher und den Kuhstall und die Gärtnerei. Schreib drauf: Alle an der Ostsee. Für die Panzer und die Genossenschaft das gleiche Schild, klar?“ 38

Peter schämt sich. Gibt es keinen leichten Weg? Soll er seinen Bammel verschenken? Strippe sagt gar nichts mehr. Das bedeutet: Überleg selber! Entscheide selber, du Pionier.

9. Annes Vater will nicht wissen, wofür der Leutnant die Blumen braucht. Und der alte Panzer interessiert ihn kein bißchen. Er murmelt: „Ein Panzer ist kein Geheimnis, er ist aus Stahl und schießt.“ Er zeigt Peter eine Blume. „Sieh, hier gibt es Geheimnisse.“ Und er erzählt Blumenmärchen. Peter denkt: Blumenmärchen sind bestimmt schön, jetzt aber gibt es wichtigere Sachen. Bestimmt hätte der Gärtner noch weitererzählt, da aber hebt Bammel sein Bein und

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duscht den Blumenzaun. Annes Vati schimpft: „Mistköter!“ Schnell fragt Peter: „Soll ich Bammel verschenken?“ „Nein!“ sagt der Gärtner, und weiter nichts. Er sagt es, ohne nachzudenken. Peter staunt: Eben noch schimpfte er und sagt. jetzt trotzdem: nein. Zuerst freut sich Peter, und sein Herz faßt einen kleinen Zipfel Hoffnung. Dann aber freut er sich nicht mehr. Er weiß, Annes Vater mag keine Panzer. Er hat Angst, sie zerdrücken seine Blumen. Er versteht nicht, daß es Panzer und Blumen geben muß. Er versteht nicht, daß der Panzer und der Mähdrescher zusammengehören. Vielleicht würde der Gärtner sogar das Urlaubsschild malen. Peter ärgert sich: Der Gärtner will dem traurigen Mischa nicht helfen. Peter ist es, als trüge er einen Sack voller

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Sorgen davon. Keine Preiselbeere mehr paßt in den Sorgensack hinein.

10. Anne fragt: „Gibt es Riesen?“ „Ja, im Märchen“, sagt Peter. „Wie groß sind sie?“ fragt Anne. „Doppelt so groß wie ein Mähdrescher, ungefähr.“ Anne überlegt: „Ist ein Riese einer von uns?“ „Ja“, sagte Peter, „es gibt gute Riesen.“ Was will Anne nur? „Kann man sich einen borgen?“ fragt sie. „Wozu?“ „Der Riese, wenn er einer von uns ist, kann alles Gute beschützen. Und ... und der Leutnant fliegt auf einem Sternenschiff in die Ukraine ... Und du behältst Bammel!“ „Das geht nur im Märchen so“, erklärt Peter

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und denkt, Anne ist wirklich noch klein wie ein Meisenschnabel. Im Märchen ist alles einfacher. Das versteht Anne. Ganz leise fragt sie: „Kann man nicht junge Bammel im Stadtkonsum kaufen?“ Peter will spotten, aber er stockt und kriegt große Augen. Ist da ein Ausweg? Der Förster hat vier Dackel. Vier Stück! Braucht er vier Dackel? Irgend etwas flüstert: Hol dir einen Ersatzbammel! „Nein“, sagt Peter laut. Schrei nicht so, flüstert es, Anne wollte einen fremden Dackel, sie hat’s gesagt. Peter flüstert: „Der Leutnant merkt’s!“ „Such dir einen mit braunem Fell, mit schwarzen Augen, mit Schlappschwanz, einen Bammel Nummer zwei.“ Da läuft Peter los, so schnell, als wolle er seinen Gedanken davonrennen. Freut sich Mischa über einen Ersatzbammel?

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Wer sollte die Kuckuckslist merken. Selbst ein Mischa nicht. Die Versuchung sitzt in Peters Kopf und macht sich breit und dick.

11. Jetzt hat der Montag ein mürrisches Gesicht bekommen. Bammel seufzt auf. Die lustigen Funken in seinen Augen sind erloschen. Sein Schwanz wedelt kein Freudensignal, er schleppt Staubfahnen. Was knarrt der Teichfrosch? Was flötet die Sumpfmeise? Was knistert der Krebs? Alles klingt Peter wie Hundedieb ... Dieb! Versteht Bammel die Tiersprache? Bammel seufzt, so wie Dackel seufzen. Der Förster wohnt hinter dem Fluß. Dorthin muß Peter. Die Binsen kratzen, und das Rohr sperrt, und die Nesseln brennen. Peter will einen

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Ersatzbammel. Er bricht durchs Rohr zum Kahn. Schuld hat schließlich der alte Panzer, der dem Leutnant die Zeit für Kinder und auch sein Lachen stiehlt. Peter stakt aus dem Schlingkraut bis zur Flußmitte, dann rudert er. Der Kahn ist alt, er zieht Wasser. Peter muß Wasser schöpfen, und sein Kahn dreht sich in die Strömung und treibt. Treibt in das Übungsgelände der Panzer. Peter rudert und schöpft, schöpft und rudert. Schilder warnen: Übungsgelände! Peter schluckt. Die Angst sitzt in den Knien und in den Händen. Die Ruder schneiden und teilen nur noch das Wasser, schieben sein Boot nicht vor und nicht zurück. Kann man Mischa wirklich mit einem gestohlenen Dackel trösten? Stechmücken umtanzen Peter. Bammel schnaubt in das Tanzen. Peters Arme

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wedeln wie wilde Windmühlenflügel. Soll er rudern? Soll er schöpfen? Im Kahn steigt und gluckst das Wasser. Peter zuckt zusammen. Ein Panzer rollt zum Fluß. Am Ufer entlang laufen sowjetische Soldaten. Einer fuchtelt mit den Armen, einer brüllt, einer winkt. Der Panzer, schön halb im Wasser, ruckt ... Das ist das letzte, was Peter erkennt, denn sein Kahn wippt schnell mit dem Bug ins Wasser und taucht langsam in den Fluß. Vor Peters Augen hängt ein Vorhang aus Wasser. Im grünen Vorhang quirlen mattgelbe Sonnentupfer. Peter strampelt. Um seine Beine wickeln sich Schlingpflanzen. Irgendwo weit weg heult Bammel. Es gurgelt in Peters Ohren. Ein Haufen fremder Töne quarrt und quorrt. Noch einmal taucht der Himmel auf und auch die Sonne in einem Wirbel von buntem Wasser.

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Peter muß das Wasser schlucken. Irgendwer zerschlägt jetzt den Himmel und zerrt an Peters Haaren.

12. Bammel schüttelt sich und sprüht Wassertropfen und Sonnenspritzer. Peter blinzelt. Er erkennt Soldatenstiefel. Soldaten zogen ihn an Haaren, Händen, Füßen aus dem Wasser, zerrten ihn ans Ufer wie eine junge Katze. Sie drücken und schütteln ihn. Peter hat Wasser geschluckt, jetzt soll er es ausspucken. Das mit dem Försterhund klappte nicht. Peter ist froh darüber, und das Frohsein ist fast so wie Mut. Vielleicht ist Mischa bei den Soldaten. Alles werde ich erzählen, nimmt Peter sich vor, und Bammel werd ich ihm schenken. Da hört Peter Mischa. „Njet karascho“, sagt Mischa.

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Bestimmt saß er im Panzer, der nicht tauchen konnte. Peters Mut fliegt weg, und er macht es wie Anne bei einer traurigen Geschichte: Ganz fest drückt er die Augen wieder zu. Alles aber wird noch schlimmer. Peter hört auch Strippe. Seine Augen klappen verwundert auf: Strippe und Mischa! Strippe auf dem Übungsgelände. Warum, was will er hier? Strippe, der Parteisekretär, spricht mit dem Panzerleutnant. Und Mischa lacht. Verrät Strippe die Sache mit dem Urlaubsschild? Jetzt traut sich Peter nicht mehr, mit Mischa zu sprechen. „He, steig aufs Fahrrad, U-Boot-Mann“, brummt Strippe. Aber sein Brummen klingt nicht böse. Aus Peters Hemd tröpfeln Wasserfäden, in seinem Haar sitzen grüne Algen, in seinem linken Hosenbein klemmt ein Seerosen-

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blatt. Jetzt lachen die Soldaten. Peters wassergrünes Gesicht färbt sich rot bis zu den Ohren. Peter schämt sich. Schnell klettert er auf den Gepäckständer. Strippes Rad stöhnt und quietscht. Bammel blafft froh. In seinen Augen spiegeln wieder die lustigen Funken. Strippe pfeift. Nur Peter sitzt ein Kloß aus Ärger und Traurigkeit im Hals. Er hat nicht mit Mischa gesprochen. „Halt dich fest!“ befiehlt Strippe, und sein Rad hopst über eine Wurzel. In Peters Augen läßt der unerwartete Hopser Tränen springen. Panzerfahrer, auch wenn sie erst auf Fahrrädern hocken, heulen nicht! „Hättest wenigstens danke sagen können“, meint Strippe, „für das Rausziehen.“ Er pfeift weiter. Es ist ein scheußliches Konzert, das Quietschen, Blaffen und Pfeifen, so findet Peter.

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„Allerdings, recht hattest du, um den alten Panzer gibt es ein Geheimnis.“ Sie biegen ins Dorf. „Und“, Strippe sagt es ganz nebenbei, „morgen abend G“, noch einmal macht er Pause für drei Pfeiftöne, „ ... kommt der Panzerleutnant zu den Pionieren. Ich hab ihn eingeladen.“ Er sagt das so, als ist das gar nichts. Dann pfeift er weiter, und seine Augen leuchten. 13. Im Pionierraum stehen Blumen, ein großer Topf mit weißer Farbe, nur die Steine fehlen noch. Pioniere werden sie sammeln. Uwe, der Vorsitzende, sagt: „Beschlossen! Pionierauftrag für alle!“ Strippe sagt: „Gut beschlossen!“ Auch Peters Vati ist da. Er sagt: „Ich helfe.“ Dann brummt es auf: Der Panzer kommt. Er schiebt sich in den Hof, vorsichtig

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schwenkt er ein. Die Blumen im Pionierraum zittern und duften stärker. Im Hof steht der alte Panzer. Es sieht aus, als verschnaufe er jetzt. Es gibt ein Geheimnis! Meister Strippe hat es gesagt. Was wird Mischa erzählen? Still ist es, so still wie auf einer Sommerwiese. Kleingeduckt, ganz hinten, sitzt Peter. Er ist der einzige, der sich nicht wohl fühlt. Er möchte in ein Schneckenhaus kriechen. Hoffentlich erzählt der Leutnant nicht von dem Panzer, der nicht tauchen konnte. Peters Vati schenkt Mischa ein Riesenbrot, gebacken aus dem Korn der neuen Ernte. Das Brot duftet nach Mehl und Sonne und Backofen. Leutnant Mischa grüßt und dankt. Dann erzählt er. „Als ich so groß war wie ihr, da brannte die Erde, die Häuser brannten und das Korn und die Bäume. Die Menschen hungerten und starben. Es war Krieg. Und die Sonne

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konnte nicht scheinen, denn der Himmel war voller Rauch. Die deutschen Faschisten verbrannten mein Land. Kein Vogel sang, keine Blume duftete. Eine Mutti wollte helfen, die Faschistenräuber zu vertreiben. Sie sagte: ‚Baut einen Panzer mehr, einen für mich.’ Die Panzerbauer staunten. Die Mutti zählte, was sie gespart hatte, sie erschrak: Das Geld reichte nicht. Sie nahm ihren Ring aus Gold. Sie zählte: Es reichte noch immer nicht. So ging sie zu ihren Freunden und sammelte Geld. Dann war es soweit: Die Mutti kaufte einen Panzer.“ Uwe fragt: „Einen richtigen, einen aus Stahl, mit Ketten und Kanonen? Einen für vier Soldaten?“ „Da steht er, der T 34“, zeigt Mischa, „der alte Panzer, der heute nicht mehr richtig glänzen will.“

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Mischa erzählt weiter: „Der Panzer der Mutti zog gegen die Faschisten. Siebzehn feindliche Geschütze zerschoß er. Zwölf feindliche Panzer besiegte er. So kämpfte er bis nach Berlin hinein. Hier pflanzten die Panzersoldaten eine rote Fahne auf. Die Fahne rauschte im Wind, und das hieß: Die Sonne kann wieder scheinen, und die Vögel sollen singen und alle Blumen duften und alle Kinder lachen.“ Die Pioniere schweigen. Auf dem Hof wartet der Panzer. Auf seinem Turm lesen die Pioniere das Wort „Match“, das heißt Mutter. 14. Peter und Bammel schleichen aus dem Pionierraum. Peter weiß: Mischas Mutti kaufte den Panzer. Deshalb war Mischa traurig, als er den alten Panzer auf dem Waldbahn-

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hof grüßte. Mischa dachte an seine Mutti. So vergaß Mischa sein Lachen und auch die Kinder. Mischas Mutti gab alles. – Und Peter? Er suchte einen leichten Weg und wollte sogar einen Ersatzbammel stehlen. Jetzt aber hat sich Peter entschlossen. Er schreibt auf eine leere Heftseite und flüstert: „Bammelchen, lieb hab ich dich. Aber Mischa wird dich auch liebhaben. Bitte mach, daß er immer fröhlich ist. Und später, vielleicht, verreist du. Grüß Mischas Mutti.“ Peter setzt Bammel in den Panzerturm. Bammel staunt kein bißchen. Nur über das Stückchen Papier an seinem Halsband wundert er sich. Auf der Heftseite steht: „Geschenkt! Für die Mischa-Mutti und ihren Leutnant.“ Im Pionierraum singen sie jetzt: Druschba heißt Freundschaft ... Karascho, das ist gut.

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Peter rennt dem frohen Singen davon. Jetzt kann er nicht singen. Ihm ist wie Regen und Sonne, wie Lachen und Weinen. Peter sitzt auf der Sommerwiese, allein, mitten im hohen Gras. Er denkt an Bammel, und die Wiese scheint grau und düster. Er denkt an den lachenden Mischa, dann leuchtet die Wiese mit allen Farben der Welt. Später, am Abend sagt der Vati: „Mischa hat dich gesucht!“ Peter aber will schnell ins Bett. Keiner soll merken, wie sehr er an Bammel denkt. Er reibt sich die Augen. Im Dämmerlicht liegt Bammel vor seinem Bett. Peter preßt die Augen zu und reißt sie schnell wieder auf. Bammel hat sich zusammengerollt. Peter kneift sich. Wirklich, er träumt nicht. Da liegt Bammel und schnieft in seinen

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Pantoffel hinein. Neben dem Pantoffel liegt Peters Heftseite. Unter seinen Worten steht, mit Rotstift und unterstrichen: BOLSCHOI DANKE. BESUCH MICH MAL. MEIN HÜNDCHEN JARIK HÄTT ICH AUCH NICHT VERSCHENKT. DEIN FROHER MISCHA. Bammel schnarcht. Bestimmt träumt er, daß der Mond sich in einen silbernen Knochen verwandelt hat.

15. Hab ich mir die Geschichte ausgedacht? Einfach so wie ein Märchen? Nein. Das ist eine wahre Geschichte! Die Mischa-Mutti heißt Maria Josefina Orlowa. Ich glaube, sie lebt heute in Moskau. Und der alte Panzer, der T 34, der steht auf einem Kasernenplatz im Norden von Berlin.

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Auf einem Sockel aus runden Feldsteinen, die weiß gestrichen in den blauen Himmel leuchten. Und um den Panzer blühen im Frühling, im Sommer und im Herbst fünfzig Blumen oder auch mehr. Anne sagte mir: „Ich züchte eine Blume, die auch im Winter für den Panzer blüht und duftet.“ Peter sagte mir: „Ich werde Panzerfahrer, und so wie Mischa werd ich.“ Vielleicht darf Bammel mit zu den Soldaten?

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