028 - Racker Und Seine Freunde

August 27, 2017 | Author: gottesvieh | Category: Nature
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Short Description

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Description

RUTH SCHIRRMACHER

,,,

Racker

DIE KLEINEN TROMPETERBDCHER · BAND 28

RUTH SCHIRRMACHER

Racker und seine Freunde

DER KINDERBUCHVERLAG BERLIN

Illustrationen von Harri Parschau

Alle Rechte vorbeho Iten Prin�ed In the German Democratic Republlc Lizenz-Nr.304-270/188/66-(6O) Gesamtherstellung : Grafischer GroBbetrieb Völkerfreundschaft Dresden 111-17-20· 1306 2. Auflage

ES 9 D 1

.

Preis 1,75

Für Leser von 7 Jahren an

DAS F I N D E L K I N D " Immer wacker, immer wacker!" ratterte ein

Handwagen den Weg neben den

Schienen entlang. Den Wagen zog ein kleiner

Junge.

Er

hatte

flachsblonde

Haare und braungebrannte Beine. "Warum dürfen die Rübenblätter nicht naß sein,

Ulli?" fragte ihn eben ein

kleines Mädchen mit einer Zwiebel auf dem Kopf. Natürlich war es keine rich­ tige Zwiebel. Heidi war eines Tages mit einem gerollten Dutt in die Schule ge­ kommen. Da hatte der vorlaute Sepp ge­ rufen: " Nun guckt euch bloß die Heidi an, die hat ja eine Zwiebel auf dem Kopf!" Seitdem nannten die Kinder sie "Zwie­ belheidi", obwohl sie eigentlich Heide­ marie Weber hieß. Heidi und ihr Dutt hatten sich

inzwischen an den neuen 5

Namen gewöhnt und machten sich gar nichts daraus. Ulli war Heidis bester Freund. Er war mit ihr zusammen in einer Pioniergruppe. " Na,

du

hast

Ahnung von weise, "wenn

aber

auch

Karnickelzucht",

Regen

gar

keine

sagte

er

oder Tau in den

Magen kommt, kriegen die Kaninchen Leibdrücken und sterben. Deshalb dürfen die Rübenblätter nicht naß sein." Ulli war der Hüter und Pfleger der Kanin­ chen seiner Gruppe. Das wollte schon etwas heißen. Als er eines Tages vom Gruppennachmittag

nach

Hause

kam,

sagte er strahlend zur Mutter: " Denk nur, Mutti, wir züchten jetzt Kaninchen, die können wir dann später verkaufen. Viel­ leicht springen dabei Fanfaren für unsere Freundschaft heraus." " Und wer soll die Kaninch�n füttern und pflegen?" fragte die Mutter. 6

"Aber

Mutti, die Pflege soll ich über­

nehmen, und Futter besorgt jede Gruppe selbst", antwortete Ulli stolz. Jetzt waren Heidi und Ulli unterwegs, um die besten Kohlrübenblätter vom Acker der LPG für ihre Schützlinge zu holen. Weil der Sand immer in die Schuhe kroch, gingen beide barfuß. Die Schuhe lagen einträchtig im

Handwagen und ließen

sich spazierenfahren . .. Hiek, hiek, hiek", sagte da etwas in ihre Unterhaltung hinein, leise und kläglich, "hiek, hiek . . ." Die Kinder blieben stehen und horchten . .. Was ist das?" fragte Heidi ängstlich. .. Es kommt vom Ihlenpuhl", stellte Ulli fest. Der Ihlenpuhl war ein Teich, in dem die Gänse und Enten badeten, schnatterten und sich die Zeit vertrieben. An der Stelle, wo Schilf und Rohr auf 7

moorigem Grund wuchsen, ertönte wieder ein jämmerliches Winseln und Jaulen. "Wart einen Augenblick ," rief Ulli Heidi zu und sprang behende auf das geheim­ nisvolle Winseln zu. "Ulli, man darf nicht in den Sumpf gehen", wendete Heidi ein, als Ulli bereits wieder auftauchte und einen durchlöcherten Sack vor sie hinlegte. Ein zitterndes Etwas, zu dem zwei große dunkelbraune Augen gehörten, wühlte sich aus dem Leinentuch des Sackes. Heidi sah genau hin. "

" Ein junger Hund ,

rief sie erfreut und

mitleidig zugleich. ,,'ne Gemeinheit ist das ," schimpfte Ulli. Er zitterte auch, aber vor Zorn. "Tiere soll man durch den

Tierarzt töten lassen,

wenn man nicht weiß, wohin mit ihnen. " Das hier ist Tierquälerei. Heidi schimpfte nicht soviel; aber sie gab 8

Ulli recht und kümmerte sich um das kleine Wesen. Das Hündchen hatte sich im Wasser durch eines der Löcher im Sack gezwängt und war in der Todesangst mit seinem Ge­ fängnis ins Schilf gepaddelt. Heidi trock­ nete das Tier mit der Schürze ab und nahm es auf den Arm. Hier fühlte es sich wohl. Es kuschelte sich an das Mädchen. und

die

kleine.

kalte Hundeschnauze

kämpfte sich bis zu seiner Achselhöhle hinauf. Da war es warm. "Was machen wir nun?" forschte Heidi und blickte Ulli erwartungsvoll an. "Na. erst mal die Rübenblätter holen." Ulli zog entschlossen den Wagen weiter. Heidi setzte den kleinen Hund zu den Schuhen in den Wagen. "So. nun habt ihr Gesellschaft!" Aber ihr Findling hatte kein Verständnis fürs Spazierenfahren. Er bat und flehte 9

in allen Tönen seiner Hundesprache und wollte sich vor Kummer aus dem Wagen stürzen. Es half nichts, sie mußten noch einmal an­ halten. "Du bist vielleicht ein Racker", sagte Ulli und packte den Hund wieder auf Heidis Arm. Heidi

blickte auf ihr

Findelkind. " Ich

glaube, ihm wird schwindlig, er verträgt das Fahren nicht", meinte sie besorgt, "aber sonst ist er ein richtiger Racker." So bekam das Hundekind seinen Namen und wurde schließlich bis zum Feld ge­ tragen. Dort durfte es, in Heidis Schürze gewickelt, zugucken, wie die Kinder den Wagen voller Rübenblätter luden.

EI NE D U M M E GA NSG E SC H IC HT E Heidi nahm Racker kurz entschlossen mit nach Hause. " Darf ich ihn behalten?" bat sie die Mutter. Die Mutter schüttelte den

Kopf:

"Wir

müssen erst einmal sehen, wie der Hund sich entwickelt. Dann werden wir ihn wo­ anders unterbringen müssen." Heidi bettelte noch ein bißchen, aber die Mutter blieb fest. Als Bauer Weber in die L PG eintrat, hatte Heidis Mutti die Geflügelfarm der Ge­ nossenschaft übernommen.

Jeden

Tag

kakelte, schnatterte und gackerte es seit­ dem auf dem Hofe um die Wette. Auf der Geflügelfarm waren bereits drei Hunde als Wächter und Hüter. Auf Racker wartete

hier

keine

nützliche

Aufgabe

mehr. Aber er kümmerte sich nicht darum. 12

Er wurde ein kleiner, frecher Hundejunge. Wie alle Jungen heckte er viele Streiche aus. Er untersuchte in den ersten Tagen Heidis Zimmer. Auch nicht das entfern­ teste Winkelchen blieb ihm ein Geheim­ nis. Heidi wurde seine Pflegemutti. Wenn sie mit den Schularbeiten fertig war, spielte sie oft mit Racker auf der Bullenwiese. Die Bullenwiese hieß so, weil auf ihr früher einmal Bullen geweidet hatten. Jetzt waren schon lange keine mehr da, aber die Wiese hieß immer noch die Bullenwiese,

und

die

Kinder

spielten

gerne hier. Oft untersuchte Racker die

Maulwurfs­

haufen, die auf der Bullenwiese lagen. Eifrig preßte er die Nase in das Maul­ wufsloch. Racker buddelte und buddelte. Der Sand flog ihm und Heidi um die Ohren. 13

Wenn er keinen Schatz gefunden hatte. legte er sich endlich auf die Wiese und gähnte müde. So wuchs Racker allmählich zu einem jungen Hundeherrn heran. Er bekam ein fast schwarzes Fell. Nur die Läufe und ein Punkt über den lebhaften Augen blieben rehbraun.

Ein

hübscher

Schäferhund

wurde Racker. mit Stehohren und bau­ schigem Schwanz. Wenn Heidi in der Schule war. stromerte er gern in der Geflügelfarm herum. Im Hühnerstall war er einmal in einen gro­ ßen

Korb

mit

Eiern gesprungen.

die

Heidis Mutter für die Ablieferung gesam­ melt hatte. Heidi mußte in die Sparbüchse greifen und den Schaden bezahlen. Eine ganze Mark und sechzig Pfennig waren es gewesen. Doch eines Tages passierte ein großes Unglück. 14

o



" Heidi", hatte die

Mutter gesagt,

"es

fängt an zu regnen; hole schnell die Gössel vom Ihlenpuhl ," Heidi war flink über die Bullenwiese ge­ sprungen, um den Weg abzukürzen. Lustig kläffend machte Racker mit ihr ein Wettrennen. Natürlich war er immer der Erste. Er hatte ja auch vier Beine und Heidi bloß zwei. Er hatte es gut. "Watt,

watt,

watt",

schnatterte

sofort

Herr Gänserich, als Racker ihn mit einem freundschaftlichen Kläffer begrüßte. Der schwarzgraue Kopf des Ganters wandte sich Racker kampflustig entgegen. "Schu, schsch, schsch", wollte Heidi die Gänsemama zum Heimgehen bewegen, denn die ersten Tropfen fielen schon vom Himmel. " Nun beeilt euch, ihr dummen Viecher."

Heidi scheuchte die Gänse­

schor weiter, "gleich geht der Platzregen los." Sie hatte eine Weidengerte abge16

brochen und trieb

damit

die Gänse­

familie auf den Heimweg. " Nischsch, nischsch, nischsch", zischte der Ganter und wollte mit Heidi ein hand­ und

schnabelgreifliches

Gespräch

be­

ginnen. Da kam er schön bei Racker an. Schließ­ lich war Heidi seine Pflegernoma , Racker kläffte so wütend auf Familie Gänserich ein, daß sie Angst bekam und davonlief. Racker war stolz auf seinen

Sieg.

Er

wurde kühner und lief mit lautem Gekläff hinterdrein. Bald war er mit den Gänsen ein gutes Stück voraus. Heidi folgte ihnen ohne große Eile. ,,0 weh '" Schon von weitem konnte sie wüten­ des Knurren und jämmerliches Gekrächze hören. Federn flogen durch die Luft . .. Als Heidi näher kam, lag der Gänsepapa zerbissen auf der Bullenwiese und warf ein letztes Mal den langen Hals hin und 2 Racker 17

her. Er hatte seine Kinder vor dem ver­ meintlichen

Feind

beschützen

wollen.

Racker war böse geworden und hatte ihn ein paarmal durch die Luft geschleudert. " Racker, fort!

Nach

Hause!" Was die

sonst so sanfte Heidi nie tat: Jetzt ver­ setzte Schläge

sie mit

Racker der

ein

paar

Weidengerte.

kräftige Dann

hockte sie sich neben den umgebrachten Ganter ins Gras und begann leise zu weinen. Sie weinte vor Angst, weil sie nun ohne den Ganter nach Hause kom­ men mußte, und

vor

Scham, weil sie

Racker geschlagen hatte. An Rackers Nase klebten noch einzelne Gänsefedern. Er mußte tüchtig niesen. Dann trottete er schuldbewußt heim. Den Schwanz hatte er traurig zwischen die Hinterbeine geklemmt. Heidi war elend zumute. Ober ihre Wan­ gen kullerten die Tränen. 18

Die Wolken hatten Mitleid bekommen und ließen dicke Tropfen auf Heidi, den toten Gänserich und auf die Bullenwiese fallen. Es goß in Strömen. In diesem Moment kamen zwei Kinder durch den Regen auf die Bullenwiese zu­ gelaufen. Es waren Heidis Freundin Susi und Sepp. Sie waren auf dem Heimweg vom Kartoffelsammeln. Zum Schutz gegen den Regen hatten sie sich Taschentücher auf den Kopf gepackt. An den Ecken der Taschentücher saßen Knoten, die wie kleine Zwerglein mit ihren Mützen auf den Köpfen der Kinder hockten. " Heidi, was machst du hier im Regen?" fragte Sepp überrascht. Heidi deutete weinend auf den toten Ganter. " Huhu, wenn das die Mutter er­ fährt . . . huhu . . . wird Racker fortmüssen", brachte sie schluchzend hervor. 20

Dann erzählte sie die ganze Geschichte. Susi nahm resolut den Ganter unter den

J

Arm: " Komm schnell mit, ehe es emand sieht. Wir gehen rasch zu Ulli und werden mal überlegen, was wir tun können." Heidi ließ sich widerstandslos mitnehmen. Hastig patschten sechs Kinderfüße durch den Regen. Die Gänsewitwe

war

mit

ihren

halb­

waisen Gösselkindern längst nach Hause gewatschelt: " Dat, dat, dat - rabiat, " rabiat . . . , schnatterte sie durch die still gewordene Straße von Kuckerode.

WA R U M OPA ZI ESI NG E I N E GANS V E R L EI H E N MUSSTE Nachdem· Heidi mit ihren Freunden bei Ulli angekommen war, hatte Ulli den ge­ mordeten Ganter heimlich unter dem Stroh in der Scheune versteckt. Dann hatten die vier Kinder eine Weile nachgedacht und waren zu Opa Ziesing gegangen. Opa Ziesing besaß auch ein paar Gänse. Eigentlich hieß der Opa Johann Ziesing. Aber die Kinder nannten ihn Opa, weil er schon so alt war. Opa Ziesing humpelte über das Kopf­ steinpflaster des Hofes. Er sah nicht, daß ihn die vier Kinder beobachteten, denn sie hatten sich hinter dem großen Scheu­ nentor versteckt. " Er geht jetzt in den Schafstall", sagte Ulli. "Opa Ziesing ist uns nicht böse, 22

wenn er später alles erfährt." Opa Zie­ sing hatte die Kinder lieb, das wußten alle. .. Woher hast du eigentlich das Humpeln, Opa

Ziesing?"

wollte

Sepp

einmal

wissen. ..Ja, das ist lange her", begann Opa Zie­ sing, .. vor vielen Jahren lebten bei uns noch Grafen und Barone. Viele Menschen mußten bei ihnen für wenig Geld schwere Arbeit leisten. Jeden Tag mußte ich um vier

Uhr

Männern

aufstehen und mit anderen auf die

Wiesen

und

Äcker

gehen. Während des Sommers mußten wir Gras oder Getreide mähen. ,Schnitter' nannte man uns. Jahrelang kannte ich keine andere Arbeit. Vom ewigen schie­ fen Stehen wollten das eine Bein und der Rücken nicht mehr gerade werden. So ist das gekommen." Opa Ziesing hatte geschwiegen. Sein 23

sonst so fröhliches Gesicht war ernst ge­ worden. Wie schwer hatte er es früher gehabt! Jetzt war Opa Ziesing der Schäfer der L PG. Aber er wußte nicht nur mit den Schafen umzugehen.

Er konnte über­

haupt alles - sogar Strümpfe stricken. Im Sommer schnitzte er die schönsten Pfeifen und erzählte den Kindern Ge­ schichten. Dabei flunkerte er manchmal ein bißchen. Dann blitzten seine blauen Augen immer so schelmisch, daß alle merkten: jetzt flunkert er. Und darüber freute er sich. Als Ulli wissen wollte, weshalb er so weiße Haare habe, hatte er geantwortet: "Ja, wißt ihr, die Haare sind mir vor sieb­ zehn Jahren in einem ganz kalten Winter über Nacht erfroren. Davon sind sie so weiß geworden." Dabei hatte er mit den Augen gezwinkert und gelacht. 24

Daran mußten die Kinder denken, als Opa Ziesing im Schafstall verschwand. Der Regen hatte aufgehört. Opa Ziesing wollte sicher sehen, ob seine Schützlinge keinen Schaden erlitten hatten. " Eigentlich ist es schäbig, gerade Opa Ziesing

eine

Gans

wegzunehmen",

meinte Ulli, "er ist immer so gut zu uns." "Aber wir borgen uns doch bloß eine", sagte Sepp,

"er kriegt sie ja wieder.

Anders können wir Heidi nicht so schnell aus der Patsche helfen." Sepp hatte rote

Haare und Sommer­

sprossen. Jetzt putzte er sich mit dem Ärmel seiner Jacke die Nase. Das tat er oft. Deshalb hatte ihm seine Mutter die Knöpfe auch oben am Ärmel aufgenäht. " "Au! Die Knöpfe hatten unsanft seine Nase geschrubbelt. Die anderen lachten. Alle hofften, daß er das mit dem Ärmel mal lassen würde. Ein Taschentuch hatte 25

er nämlich immer bei sich. Aber in ihm bewahrte er die kostbarsten Dinge auf: etwa ein

Taschenmesser, einen alten,

aufgerollten Draht, bunte Glasscherben und einen gebrauchten, aber noch gut erhaltenen Kaugummi. " Ich hole jetzt die Gans, und ihr müßt Schmiere

stehen",

sagte

er und

ver­

schwand. Heidi, Susi und Ulli horchten angespannt, was er ausrichten würde. Am Abend hatte die GänsewitWe aus der Geflügelfarm einen

neuen

Mann be­

kommen. Er schnatterte zusammenhang­ loses Zeug, kümmerte sich wenig um sie und war ihren Gösseln ein schlechter Vater. Aber als Heidis Mutter mit der Laterne in den Stall leuchtete, fand sie alles in Ordnung.

Sie

merkte

nicht,

daß

die

schwarzgrauen Federn auf dem Kopf des Gänsevaters mit Tinte gefärbt waren. 26

Am nächsten Tag saßen Heidi und Susi bei

ihren

Rechenaufgaben.

Doch

sie

rechneten nicht immer richtig, weil sie dauernd an den Streich denken mußten, den sie Opa Ziesing gespielt hatten. Das schlechte

Gewissen

machte

ihnen

schaffen, und sie schämten sich,

zu sehr

sogar. Heidi hatte noch nicht den Mut gefunden, den Eltern alles zu beichten. Sicherlich würde die Mutter den Schwindel mit dem Ganter bald merken. Da kamen Ulli und Sepp in die Stube gestürmt. Plautz! fiel die Tür ins Schloß. "Opa

Ziesing

sucht

seinen

Ganter!"

platzte Sepp gleich mit der Unglücksbot­ schaft heraus. Einen Augenblick war es ganz still in der Stube.

" "Ob wir es ihm sagen , meinte Ulli un­

sicher, denn auch er schämte sich vor Opa 28

Ziesing. "Vielleicht hätte er uns den Gan­ ter geliehen, wenn wir ihm gleich die Wahrheit gesagt hätten." " Daß er es so schnell gemerkt hat, er hört doch ein bißchen schwer", überlegte Heidi. " Deshalb kann er doch gut sehen, du Zwiebelheidi", neckte sie Ulli. " Daß der Ganter fehlt, hat er gestern abend schon gesehen." "Wir können ihn doch nicht suchen lassen. " Wir müssen es ihm sagen. Susi war ent­ schlossen. " Nachher findet er den Ganter noch in der Geflügelfarm und denkt, wir wollten ihn mopsen." Sepp jagte ihnen ordent­ lich einen Schreck ein. Nein, sie mußten hin und Opa Ziesing ihre Sorgen und ihren Streich gestehen. Daß Opa Ziesing denken könnte, sie wollten stehlen, beunruhigte sie sehr. 29

Eine halbe Stunde später klopfte es an Opa Ziesings Tür. Auf sein freundliches " Herein" schoben sich vier schuldbewußte Kinder in seine Stube. "Opa Ziesing, wir möchten . . . Es tut uns leid . . .", Sepp fing an zu stottern. " Der Ganter . . .", wollte Heidi beginnen, aber sie wurde rot und konnte nicht weitersprechen. Und Ulli legte den toten Gänsevater mitten in die Stube. Erst dachte Opa Ziesing, es sei

5

ein

Ganter, aber dann schauten seine sonst so lustigen Augen ernst und fragend auf die

Kinder. " nicht!

" Hier stimmt

doch

etwas

Da kullerten bei den Mädchen die Tränen. Und sie erzählten Opa Ziesing alles; von Rackers Gänsemord, und daß er ganz bestimmt von den

Eltern weggebracht

würde, wenn sie von seiner Schandtat er30

führen. Daß sie deshalb sich den Ganter von Opa Ziesing "ausgeliehen" hatten, daß Ulli ihm, um ihn dem toten Gänserich ähnlich zu machen, die Kopffedern mit Tinte gefärbt hatte, und

Opa Ziesing

möge doch bloß nicht schlecht von ihnen denken. " Kannst du uns nicht helfen, Opa Zie­ sing?" fragte Heidi leise. " PapperIapapp, erst dumme Streiche machen und dann auch noch Hilfe wol­ len." Opa Ziesings Augen aber blickten schon wieder freundlicher. "Ja, ich muß mal überlegen", sagte er nach einer Weile. " Die Sache mit den vertauschten Gantern werde ich schon in Ordnung bringen, wenn ich mir meinen Gänserich von Heidis Mutter hole. Aber mit Racker muß nun etwas geschehen." Er setzte sich zu den Kindern. " Ich kann ja verstehen, daß ihr euren Racker lieb32

habt; aber habt ihr schon mal darüber nachgedacht, warum er soviel Schaden anrichtet? Er langweilt sich bei euch. Er ist ein großer Hund, da will er etwas zu tun haben. Wie wäre es, wenn ihr ihn auf die Schule schicktet, damit er etwas Ordentliches lernt?" " Hahaha, Hunde gehen doch nicht zur Schule." Sepp lachte. " Opa Ziesing, ich glaube, jetzt willst du uns wieder eine Geschichte vorflunkern." Aber Opa Ziesing blieb ernst. " Es gibt auch Schulen für HundeN, sagte er, "ihr kennt doch meinen Neffen, den WoR­ gang Lemke. Er ist bei der Volkspolizei in unserer Kreisstadt Bollerstädt und hat mir einmal erzählt, daß die Volkspolizei Hunde ausbildet. Sie werden die treuen Helfer

unserer

Polizei.

Wie

wäre

es,

wenn wir Racker zur Diensthundeschule schickten?" 3

Rccl
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